Diplomarbeit Die Wahrnehmung der dentofazialen Ästhetik eingereicht von Birgit Christine Lanzer Geb.Dat.: 24.04.1988 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor(in) der Zahnheilkunde (Dr. med. dent.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Klinischen Abteilung für Kieferorthopädie der Univ.-Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde unter der Anleitung von Univ.-Doz. Dr.med.dent. Frank Weiland Priv.-Doz. Dr.med.univ. Brigitte Wendl Graz, 10.12.2013 ________________ Unterschrift Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Graz, 10.12.2013 ________________ Unterschrift Gleichheitsgrundsatz Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wurde in dieser Arbeit darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden. Selbstverständlich sind alle Aussagen für beide Geschlechter gleichermaßen zutreffend. i Danksagungen An dieser Stelle möchte ich mich bei jenen Personen ganz herzlich bedanken, die mir bei der Erstellung meiner Diplomarbeit stets mit Rat und Tat zur Seite standen. Größter Dank gebührt meinem Erstbetreuer und wissenschaftlichem Vorbild Univ.Doz. Dr.med.dent. Frank Weiland, der stets mit viel Engagement, wegweisenden Ratschlägen, fachlich konstruktiven Diskussionen, wahnsinniger Geduld und nicht enden wollendem Einsatz sowohl die Durchführung der Umfrage als auch die Erstellung meiner Diplomarbeit betreut hat. Vielen herzlichen Dank für die investierte Zeit! Ebenfalls bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei meiner Zweitbetreuerin Priv.-Doz.Dr.med.univ. Brigitte Wendl für die hilfreiche Unterstützung bei der Durchführung der Umfrage im Zuge der 42. internationalen kieferorthopädischen Fortbildungstagung der ÖGKFO in Kitzbühel. Ganz besonderer Dank gilt Herrn Erich Häupl und Herrn Dipl.-Ing. Clemens Keil für ihre mühevolle Arbeit bei der Erstellung der Umfrage. Ich danke auch dem Fotografen Markus Flicker für die Geduld bei der Bildbearbeitung sowie Frau DI. Irene Mischak für die statistische Auswertung des erhobenen Datenmaterials. Ein herzliches und riesengroßes Dankeschön gilt meiner Familie für die jahrelange Unterstützung während des Studiums, angefangen von der Aufnahmeprüfung 2006 bis hin zu meiner Diplomprüfung 2014. Ich möchte mich nicht nur für die finanzielle Unterstützung, sondern vor allem für die Motivation, die aufbauenden Ratschläge und die Hilfe bedanken, mit der sie mir über all die Jahre zur Seite standen. Ohne sie wäre mein Studium in dieser Form nie möglich gewesen! Vielen herzlichen Dank! ii Inhaltsverzeichnis Danksagungen ....................................................................................................... ii Zusammenfassung................................................................................................. v Abstract................................................................................................................ vii 1 Einleitung ........................................................................................................ 1 2 Grundlagen ..................................................................................................... 6 2.1 Systematische faziale Bewertung ............................................................ 6 2.1.1 2.1.1.1 Gesichtsform.............................................................................. 7 2.1.1.2 Lippen ........................................................................................ 7 2.1.2 2.2 Frontalansicht ................................................................................... 7 Profilansicht ...................................................................................... 8 2.1.2.1 Nasolabialwinkel ........................................................................ 8 2.1.2.2 Mentolabialwinkel ...................................................................... 8 2.1.2.3 Länge der Oberlippe .................................................................. 8 2.1.2.4 Interlabialer Abstand .................................................................. 9 2.1.2.5 Lippen ........................................................................................ 9 Das ideale Lächeln .................................................................................. 9 2.2.1 Die Lippen ...................................................................................... 10 2.2.1.1 In Ruhe .................................................................................... 10 2.2.1.2 Dynamisch ............................................................................... 10 2.2.2 Die Lachkurve ................................................................................. 11 2.2.3 Die dentale Mittellinie ...................................................................... 12 2.2.4 Der bukkale Korridor ....................................................................... 12 2.2.5 Das gingivale Weichgewebe ........................................................... 13 2.2.6 Die Dentition ................................................................................... 14 2.2.6.1 Die Zahnform ........................................................................... 14 2.2.6.2 Zahngröße und Proportionen ................................................... 15 2.2.6.3 Die axiale Ausrichtung ............................................................. 16 2.2.6.4 „Connector Space“ und Kontaktpunkte .................................... 16 3 Material und Methode ................................................................................... 18 4 Ergebnisse – Resultate ................................................................................. 31 4.1 Deskriptive Statistik ................................................................................ 31 iii 4.1.1 Bukkaler Korridor: ........................................................................... 31 4.1.2 Lachkurve ....................................................................................... 33 4.1.3 Gummy smile .................................................................................. 35 4.2 4.2.1 Gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen? ........... 37 4.2.2 Gibt es einen Unterschied zwischen Patient und Kieferorthopäde? 39 4.3 5 Statistische Analyse ............................................................................... 37 Gesamtvergleich innerhalb der Bilder .................................................... 41 Diskussion .................................................................................................... 42 5.1 Studienaufbau: ....................................................................................... 42 5.1.1 Wie und warum wurde diese Studie gemacht? ............................... 42 5.1.2 Warum KFO-Patienten mit Kieferorthopäden vergleichen? ............. 43 5.1.3 Größe der Stichprobe ..................................................................... 43 5.1.4 Warum wurden diese ästhetischen Determinanten überprüft und deren "Veränderungen" in den Fotos vorgenommen? ................................... 44 5.1.5 Vergleich zum Aufbau anderer Studien ........................................... 45 5.1.6 Etwaige "Einschränkungen" des Studiendesigns ............................ 47 5.2 Ergebnisse: ............................................................................................ 48 5.2.1 Was lernt man aus diesen Ergebnissen? ........................................ 48 5.2.2 Was wurde am besten bewertet? .................................................... 49 6 Konklusion .................................................................................................... 52 7 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 53 8 Abbildungsverzeichnis .................................................................................. 60 9 Tabellenverzeichnis ...................................................................................... 62 iv Zusammenfassung Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Bewertung der dentofazialen Ästhetik. Im Zuge einer Umfrage sollte festgestellt werden, inwieweit die Meinung über Ästhetik zwischen Kieferorthopäden und Laien (diese waren kieferorthopädische Patienten) übereinstimmt. Zwei Bilder vom Gesicht eines männlichen Probanden und einer weiblichen Probandin wurden ausgewählt und mittels Adobe Photoshop CS6 so bearbeitet, dass bei beiden Probanden eine Aufnahme der gleichen Dentition in die Mundspalte projiziert wurde. Drei dentale Phänomene, der bukkale Korridor, die Lachkurve und das gummy smile wurden zur Untersuchung herangezogen. Diese wurden nun schrittweise abgeändert. Fünf Schritte wurden beim bukkalen Korridor und beim gummy smile verwendet, drei bei der Lachkurve. Daraus resultierten insgesamt 26 Bilder, die von zwei Gruppen bewertet wurden. Bei der einen Gruppe handelt es sich um österreichische Kieferorthopäden, die ihre fachliche Kompetenz durch eine dreijährige postgraduelle Ausbildung im Fach „Kieferorthopädie“ oder durch ihre Mitgliedschaft beim Austrian Board of Orthodontists nach Ablegung einer Prüfung bewiesen haben. Die anderen Gruppe bestand aus kieferorthopädischen Patienten aus einer Fachpraxis. Durch die Umfrage sollte festgestellt werden, inwieweit das ästhetische Empfinden zwischen den beiden Gruppen übereinstimmt und ob dieselben Abweichungen bei beiden Geschlechtern gleich beurteilt werden. Beim bukkalen Korridor fiel den Laien die Bewertung schwer, da sie im Vergleich zu den Kieferorthopäden nur geringe Unterschiede feststellen konnten und die Bilder alle sehr ähnlich beurteilten. Die Bewertung des gummy smile und der Lachkurve fiel ihnen leichter. Es fiel auf, dass die Reihenfolge, in der die Bilder beurteilt wurden, bei beiden Gruppen gleich war. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Reihenfolge der Bewertung der kieferorthopädischen Patienten mit jener der Kieferorthopäden übereinstimmt, jedoch liegen die Ergebnisse bei den Laien viel näher beieinander. Das heißt, den v Patienten fiel es viel schwerer Unterschiede deutlich zu erkennen und zu beurteilen als den Kieferorthopäden, die die Bilder somit strenger bewerteten. vi Abstract This dissertation deals with the assessment of dentofacial aesthetics. In the course of a survey the closeness of agreement between orthodontists and laypersons, more exactly orthopedic patients, should be determined. Two pictures of the face of a male and a female proband were selected. By using Adobe Photoshop CS6 the original pictures were adapted so that the pictures of the male and female test person showed the same dentition. The buccal corridor, the smile line and the gummy smile were altered in small steps. The buccal corridor and the gummy smile were altered in 5 steps and the smile line in 3 steps. The resulting 26 pictures were rated by groups of Austrian orthodontists, who have demonstrated their expertise through a three-year post-graduate education in orthodontics or through their membership in the Austrian Board of Orthodontists after passing an examination, and orthodontic patients. The survey aims to assess if the esthetic judgment differs between the two groups and if the same alterations are evaluated in a comparable way for both genders. The evaluation of the buccal corridor seemed to be difficult for the lay people because in contrast to the professionals there were no big differences in their rating of the different pictures. The evaluation of the gummy smile and the smile arc seemed easier. The evaluation showed that both groups evaluated the pictures in the same order. In conclusion it becomes apparent that both groups arranged the pictures in the same sequence. However, the results of the orthodontic patients did not differ a lot. The orthodontic patients had difficulties in finding the differences between the pictures whereas the orthodontic professionals evaluated more strictly. vii 1 Einleitung Die Ästhetik spielt heutzutage eine zunehmend wichtige Rolle. Da die Entscheidung der Patienten sich einer kieferorthopädischen Behandlung zu unterziehen oft primär auf ästhetischen Gründen basiert, sind das Verständnis und die Evaluierung der Faktoren, die ihre Entscheidung beeinflussen, für den richtigen Ansatz und die Durchführung der Behandlung besonders wichtig (1). Attraktivität wird mit sozialer Stärke und Erfolg in Verbindung gebracht und hat einen positiven Einfluss auf alle Gesellschaftsbereiche (2–4). Der Mund nimmt im Zentrum des Gesichts als „Blickfang“ eine besonders wichtige Rolle ein und entscheidet daher maßgeblich über den ersten Eindruck einer Person. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Zahl der Erwachsenen, die eine kieferorthopädische Behandlung wünschen, stetig steigt. Der Wunsch nach einer Optimierung der dentofazialen Ästhetik konnte schon im Jahr 1990 von Bauer und Dietrich als häufigstes kieferorthopädisches Behandlungsmotiv erwachsener Patienten, direkt gefolgt von dem Wunsch nach Zahnerhalt festgestellt werden (5). Die Auffassung von Ästhetik ist allerdings variabel und wird nicht selten durch persönliche Erfahrungen beeinflusst. Aus diesem Grund kann es vorkommen, dass die Meinung von Kieferorthopäden nicht mit der von Patienten oder Laien übereinstimmt (6). Für den kieferorthopädischen Behandler ist das Verständnis der Attraktivität des Lächelns allgemein wichtig, da Laien dieses als Parameter verwenden, um den Behandlungserfolg zu beurteilen (7). Körperliche Schönheit hat in unserer Gesellschaft eine wesentliche Bedeutung, wobei das Gesicht einen Schlüsselfaktor darstellt. Mehrere Autoren beschrieben eine Hierarchie von Charaktermerkmalen, die durch die Wahrnehmung der Ästhetik ermittelt wird. Das Gesicht stellt hierbei den wichtigsten Faktor dar (8,9). Eines der wichtigsten Gesichtsmerkmale ist das Lächeln. Goldstein befragte die allgemeine Bevölkerung nach den wichtigsten Merkmalen in Bezug auf die Ästhetik des Gesichtes: 34% wählten die Augen, 31% das Lächeln, 10% bevorzugten Haare, 5% die Gesichtsfarbe, weitere 5% die Form der Nase und 15% das allgemeine Größenverhältnis des Gesichtes (10). Bei der zwischenmenschlichen Kontaktaufnahme gilt der erste Blick den Augen, knapp 1 gefolgt vom Mund (11). Somit stellt das Lächeln eines der wichtigsten Gesichtsmerkmale in der sozialen Kontaktaufnahme dar. Viele der ästhetischen Normen haben unterschiedliche Ursprünge: Prinzipien der Kunst, durchschnittliche Messungen einer spezifischen ethnischen Population, die Beobachtung von Gruppen, denen nachgesagt wird ästhetisch bevorzugt zu sein etc. Nach Peck und Peck (12) und Oumeish (13) beeinflussen viele Faktoren wie Kultur, Einkommen und Alter die Form von Schönheitsstandards, wodurch diese keine gleichbleibende Entität darstellen. Zweifellos stammen die heutigen Standards der Ästhetik und der idealen Proportionen von der Beobachtung des menschlichen Gesichtes der frühen Kunst wie Statuen, Fresken und Münzen (8,14–16). Die alten Ägypter (5000 v.Chr.) waren wahrscheinlich die Ersten, die sich mit der Harmonie von Proportionen von Gesicht und Körper und damit mit Attraktivität befassten. Die ägyptischen Ideale von Schönheit und Harmonie spiegeln sich in den Monumenten und Skulpturen dieser Zeit wider. Bei den Griechen empfanden Bildhauer des vierten Jahrhunderts v.Chr. die Gesichtsproportionen des Gottes Apollo Belvedere und der Göttin Aphrodite als ideal was sich in ihrer Kunst reflektierte (17). Beeinflusst von Pythagoras entwickelte sich im fünften und sechsten Jahrhundert v.Chr. das Konzept des „goldenen Schnitts“, das zum ersten Mal von Euclid beschrieben wurde (17). Der goldene Schnitt ist ein mathematischer Grundsatz, der auch in der Kunst und der Architektur verwendet wird. Das Verhältnis der Proportionen beträgt 1 zu 1,618. Interessanterweise kann dieselbe Zahlenfolge durch eine Multiplikation mit 1,618 oder eine Division durch 0,618 erreicht werden. Dieses Verhältnis wird als ästhetische Proportionierung wahrgenommen. Verschiedene Gesichtsproportionen entsprechen im Idealfall dem goldenen Schnitt. Auch bei Zähnen wurde der goldene Schnitt beschrieben. Das Höhenund Breiteverhältnis der beiden zentralen Inzisivi beträgt idealerweise 1:1,618. Die Projektion der oberen Zahnbreiten in der anterioren Ansicht beträgt 1,618 (zentraler Incisivus) : 1 (lateraler Incisivus) : 0.618 (Caninus) (18). 2 Abb 1: Selbstporträtstudie von Leonardo da Vinci; Linien entsprechend dem Goldenen Schnitt eingezeichnet (www.pinterest.com) Abb 2: Proportionen der Zähne nach dem Goldenen Schnitt (www.sdmag.co.uk/articles/The Golden Proportion) 3 Eine kieferorthopädische Behandlung kann die Attraktivität des Lächelns maßgeblich beeinflussen. Einzelne Aspekte wie die Breite der Zahnkronen, die Höhe der Interdentalpapillen, gummy smile, die Verschiebung der Mittellinie und der bukkaler Korridor (Dreieck zwischen dem Unterrand der Oberlippe, dem Oberrand der Unterlippe und der bukkalen Fläche der Seitenzähne) sind in dieser Hinsicht von Bedeutung. Die symmetrische Anordnung der Zähne soll eine grundlegende Komponente der Attraktivität darstellen, sodass die Koordination der fazialen und dentalen Mittellinie die Harmonie und Balance des Gesichtes bestimmt (19–22). Während feine dentale und faziale Asymmetrien leicht akzeptiert werden, reduzieren deutliche Abweichungen den ästhetischen Gesamteindruck nachhaltig (23). Essentiell ist die transversale Komponente des Lächelns, der bukkale Korridor. Seine Bedeutung im Bezug auf die Attraktivität wurde 1958 in einer Studie über die Ästhetik von Totalprothesen von Frush und Fischer bearbeitet. Deren Ergebnis zeigte, dass die Anwesenheit eines bukkalen Korridors eine natürliche Dentition vortäuschte, wohingegen das Fehlen ein künstliches Erscheinungsbild verursacht (24). Eine „gingival smile line“, auch bekannt als gummy smile, wird von Kieferorthopäden und Kieferchirurgen als ästhetisch unvorteilhaft eingestuft. Im Gegensatz dazu empfinden Laien ein gummy smile nicht zwangsläufig als unästhetisch. Eine Studie von Kokich et al. zeigte, dass die Darstellung der Gingiva erst ab 4mm als unattraktiv empfunden wurde (25). Um die Einzelheiten des Hart- und Weichgewebes festzuhalten, werden in der Kieferorthopädie standardisierte Aufnahmen gemacht. Die drei häufigsten Fotos sind das Profilbild, eine anteriore Aufnahme mit geschlossenem Mund und eine lächelnde. Diese standardisierten Aufnahmen bieten eine gute Basis in der Beurteilung der Attraktivität des Gesichtes (26). Das lächelnde Foto wird routinemäßig verwendet, um die Ästhetik des Gesichtes und die Charakteristik des Lächelns zu beurteilen, da das gestellte Lachen reproduzierbar ist und auf Anweisung erfolgen kann (27). Mehrere Studien betrachteten den Einfluss verschiedener dentaler Eigenschaften auf die Attraktivität des Gesichtes unter Verwendung von Fotos des ganzen 4 Gesichtes (3,28–31). Shaw und Kollegen fanden, dass die Attraktivität des Gesichtes wichtiger als die individuellen dentalen Zustände ist (3). Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass die gesamte Erscheinung des Gesichtes des Patienten wichtiger als der Bereich des Mundes und damit des Lächelns ist. Es wurde gezeigt, dass die Ästhetik des Gesichtes nicht auf vereinzelten Eigenschaften des Gesichtes, sondern auf dem Gesamtbild beruht (31). In einigen Studien verwendeten Untersucher computerbasierte Methoden um dentale Gegebenheiten Abänderungen scheinen zu modifizieren. effektiv in der Diese computerunterstützten Untersuchung ästhetischer Veränderungen, aufgrund der Kontinuität der variablen Manipulation und Darstellung zu sein. Kokich und Kollegen gehörten zu den Ersten, die eine computerbasierte Fotobearbeitung an Bildern von weiblichen Lippen und Zähnen verwendeten, um die allgemeine Akzeptanz der verschiedenen Eigenschaften des Lächelns zu quantifizieren. Sie fanden heraus, dass Kieferorthopäden, allgemeine Zahnärzte und Laien in der Lage waren Diskrepanzen in den Eigenschaften des Lächelns unterschiedlicher Schweregrade zu erkennen und dass Laien weniger anspruchsvoll als praktizierende Zahnärzte bewerteten (32). Bis dato gibt es in der Fachliteratur keine klaren Angaben, ob es eine geschlechtsspezifische unterschiedliche Bewertung der ästhetischen Wirkung des Verhältnisses Weichteile – Zähne gibt. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist somit zu analysieren, ob es geschlechtsunabhängige Normen für die ästhetische Wirkung des Lächelns gibt. Die Analyse konzentriert sich auf die vertikale Position der oberen Inzisivi, die Breite des Zahnbogens sowie auf den inzisalen Verlauf entlang der Unterlippe. 5 2 Grundlagen Patienten, die sich dazu entscheiden, sich einer kieferorthopädischen Behandlung zu unterziehen, tun das aus einer Vielzahl von Gründen. Viele lassen sich aufgrund funktioneller Probleme behandeln, die meisten jedoch um die dentale Ästhetik und die Harmonie der Weichgewebe des Gesichtes zu verbessern. Das kieferorthopädische Therapieziel sollte daher, nach entsprechender Diagnose und Behandlungsplanung, sowohl eine funktionale Okklusion als auch ein harmonisches Zusammenspiel von Muskeln, Zähnen und der Kiefergelenke beinhalten (33). Es ist sehr schwierig objektiv Attraktivitätskomponenten zu definieren. Durch Röntgenbilder, Modelle und entsprechende Fotodokumentation können dentale und faziale Charakteristika beurteilt und vermessen werden und sind daher zu Behandlungsbeginn zur Gesamtbeurteilung des Gesichtes zwingend erforderlich. Entscheidend ist immer im Gedächtnis zu behalten, dass die Beurteilung keine Suche nach Abweichungen einzelner Einheiten von der Norm, sondern eine Bewertung der Proportionen im Ganzen darstellt (33). 2.1 Systematische faziale Bewertung Die klinische Beurteilung des Gesichtes ist der wichtigste Schritt aller diagnostischen Maßnahmen und sollte in systematischer Art und Weise ablaufen. Der Patient sollte in einer bequemen Position sitzen, mit einer natürlichen Kopfhaltung, entspannten Lippen und mit den Zähnen in zentraler Okklusion. Während der Beurteilung sollten zwei wichtige Punkte bedacht werden: 1. Ist es möglich die als „abnormal“ diagnostizierten dentalen, skelettalen und Weichgewebsstrukturen zu korrigieren ? 2. Wie wird sich die Korrektur auf die als „normal“ beurteilten Strukturen auswirken (33)? 6 2.1.1 Frontalansicht Primär sollte der Schwerpunkt auf eine ästhetische Frontansicht gelegt werden, da das die Ansicht ist, in der sich der Patient selbst sieht (33). 2.1.1.1 Gesichtsform Das Verhältnis zwischen der Gesichtsbreite und –höhe hat einen starken Einfluss auf die Harmonie des Gesichtes. Es beträgt in der Regel 1,3:1 bei Frauen und 1,35:1 bei Männern. Die Winkelbreite des Unterkiefers (bigoniale Breite) sollte annähernd 30% weniger als die bizygomatische Breite betragen. Die Breite und die Form der Kinnkontur sollten mit der restlichen Unterkiefer- bzw. Gesichtsform harmonieren. Das weibliche Kinn ist kleiner und ovaler, wohingegen das des Mannes größer und kantiger erscheint. Dolichoprosopische Gesichter (klein und quadratisch) werden mit vertikalen maxillären Defiziten, Masseterhypertrophie, Makrogenie und einem Klasse II Tiefbiss assoziiert. Leptoprosopische Gesichter (lang, oval und schmal) dagegen mit einem vertikalen maxillären Wachstum, schmaler Nase, mandibulären anterioren/posterioren Defiziten, Mikrogenie, hohem Gaumen und einem anterior offenen Biss (33). 2.1.1.2 Lippen Die Symmetrie der Lippen sollte sowohl in ruhender Position als auch während des Lächelns beurteilt werden. Die Gleichmäßigkeit kann durch eine Dysplasie von Gesichtsnerven, dentoskelettale Abnormitäten, posttraumatische Narbenbildungen, Gaumenspalten, Mikrosomie oder Hyperplasie beeinträchtigt sein. Bei ruhenden Lippen, wären ein interlabialer Abstand von 0-4 mm und eine Darstellung der Oberkieferfront von 1-4 mm ideal. Während des Lächelns wird die Darstellung der gesamten Frontzähne des Oberkiefers als schön angesehen (34). Jegliche Asymmetrien der Lippen müssen beachtet werden. Nach Behandlungsende sollte die vertikale Relation aller vier Oberkieferschneidezähne mit der Ober- und Unterlippe übereinstimmen (33). 7 2.1.2 Profilansicht Das Profil wird mit entspannten Lippen, falls dabei möglich, bei geschlossenem Mund und natürlicher Kopfhaltung beurteilt (35). 2.1.2.1 Nasolabialwinkel Der Nasolabialwinkel wird durch den Nasensteg und die Oberlippe gebildet. Der Winkel sollte zwischen 85 und 105 Grad betragen und wird durch die Position und die Inklination der oberen Schneidezähne und der Anatomie der Nase beeinflusst (33). 2.1.2.2 Mentolabialwinkel Der Mentolabialwinkel wird durch den Schnittpunkt der Unterlippe und des Kinns gebildet. Der Winkel ist eigentlich eine Kurve und sollte etwa 120 10 Grad betragen. Die Unterlippe, die Mentolabialfalte und die Kinnspitze sollten eine weiche, harmonische S-Kurve formen, wobei die Mentolabialfalte das Kinn in eine untere und obere Hälfte teilt (33). 2.1.2.3 Länge der Oberlippe Die Länge der Oberlippe wird von subnasal bis zur unteren Linie der Oberlippe gemessen und sollte bei Frauen 18-22 mm und bei Männern 20-24 mm betragen. Gemessen wird in entspannter Lippenposition, falls hierbei möglich bei geschlossenem Mund. Bei Patienten mit einer kurzen Oberlippe ist von den Oberkieferinzisivi weitaus mehr sichtbar, wohingegen die Schneidezähne bei Patienten mit langer Oberlippe kaum erkennbar sind. Während der Behandlungsplanung sollte darauf geachtet werden, dass die Oberlippe im Alter sukzessive länger wird (33). 8 2.1.2.4 Interlabialer Abstand Der interlabiale Abstand wird mit entspannten Lippen bewertet. Dabei wird die Distanz zwischen dem untersten Punkt der Oberlippe und dem obersten Punkt der Unterlippe bemessen, die zwischen 0-4 mm betragen sollte. Die definitive Bewertung der Relation zwischen Schneidezähnen und Oberlippe sollte aber nicht in Profilansicht erfolgen, da dabei nur die zentralen Schneidezähne, nicht aber die lateralen beurteilt werden können (33). 2.1.2.5 Lippen Die Lippen spielen in der Gesichtsästhetik eine wichtige Rolle und sollten vor Behandlungsbeginn sorgfältig betrachtet werden. Sowohl die Behandlungseffekte als auch die altersbedingten ästhetischen Veränderungen müssen berücksichtigt werden (33). 2.2 Das ideale Lächeln Margaret Hungerford schrieb 1878 „beauty is altogether in the eye of the beholder“ [Schönheit liegt im Auge des Betrachters], ist also rein subjektiv. Daher ist es nur schwer möglich, ein ideales Lächeln zu definieren, da es unter den verschiedenen Individuen, Altersklassen und Kulturen unterschiedlichste Ansichten und Auffassungen über Ästhetik gibt (36). Um ein möglichst schönes Lächeln erreichen zu können, muss der Kieferorthopäde wissenschaftliche Regeln der Ästhetik sowie Kreativität auf den jeweiligen Patienten abstimmen können. Die wesentlichen Eigenschaften des Lächelns basieren auf dem Zusammenhang von Hart- und Weichgewebe. Die Ästhetik des Lächelns kann in drei Komponenten unterteilt werden: die Lippen, das gingivale Weichgewebe und die Dentition (36). 9 2.2.1 Die Lippen Die Lippen formen sozusagen den „Rahmen“ des Lächelns und definieren somit die ästhetische Zone. Es handelt sich dabei um eine muskuläre Struktur, die in Ruhe und in Bewegung beurteilt werden muss (36). 2.2.1.1 In Ruhe In der Ruhe- bzw. statischen Lippenposition sind die Lippen leicht geöffnet und die Zahnreihen nicht in Okklusion, die periorale Muskulatur also entspannt (37). Nach prothetischen Richtlinien sollten bei entspannter Mundhaltung zwei bis vier mm der oberen Inzisivi interlabial sichtbar sein. Beeinflusst wird die Exposition der Zähne durch Faktoren wie Länge der Lippen, Alter, Rasse und Geschlecht. Die Länge der Oberlippe variiert von 10 bis 36 mm, der Durchschnitt liegt bei 20-22 mm. Gemessen wird hierbei von der Nasenbasis bis zum Rand der Oberlippe (38). Patienten mit einer langen Oberlippe zeigen automatisch weniger ihrer Oberkieferzähne und mehr ihrer Unterkieferzähne (36). Auch das Alter beeinflusst das Ausmaß der Bloßlegung der Inzisivi in Ruheposition. Durch den natürlichen Alterungsprozess kommt es zu einem Verlust der Tonizität der Gesichtsmuskeln und einer Reduktion der Elastizität der Oberlippe. Die Konsequenz ist, dass im Alter weniger der maxillären dafür mehr der mandibulären Zähne sichtbar werden. Beeinflusst wird die Exposition der Schneidezähne auch vom Geschlecht. Bei Frauen sieht man generell mehr Zähne als bei Männern (36). 2.2.1.2 Dynamisch In Bewegung können von den Lippen zwei unterschiedliche „Arten“ des Lächelns, zum einen das gestellte, zum anderen das spontane Lächeln, produziert werden. Das gestellte Lächeln ist reproduzierbar und wird mit keinerlei Emotionen verbunden. Das spontane Lächeln geschieht unfreiwillig, wird durch Emotionen 10 hervorgerufen und geht mit größeren Gesichtsbewegungen, wie einem Blinzeln der Augen und maximaler Lippenbewegung einher (39). Das Ausmaß der Zahndarstellung während des Lächelns wird vom skelettalen Muster, der Mobilität und der Länge der Oberlippe sowie der Größe und Position der Zähne beeinflusst. Die Lachlinie kann als hoch, mittel oder niedrig eingestuft werden. Eine niedrige Lachlinie liegt vor, wenn das inzisale Drittel der Frontzähne unter der Untergrenze der Oberlippe liegt. Bei einer mittleren Lachlinie ist sowohl der gesamte Zahn inklusive Papille als auch 1-2mm der Gingiva sichtbar. Bei einer hohen Lachlinie, auch bekannt als gummy smile, wird vom Unterrand der Oberlippe bis zum freien Gingivarand viel vom gingivalen Weichgewebe exponiert. Die mittlere Lachlinie ist generell wünschenswert. Das Ausmaß des sichtbaren Weichgewebes während des Lächelns ist nicht der kritischste Faktor der Ästhetik. Die Art und Weise der Darstellung in Relation zu den Zähnen und Lippen ist von ästhetischer Bedeutung (40). Innerhalb der Lippen ist die Harmonie und Symmetrie zwischen dem gingivalen Weichgewebe und der Dentition für ein ästhetisches Lächeln von Bedeutung. Weiters sollte eine Parallelität zwischen der Gingiva, den Zähnen, den Lippen und dem restlichen Gesicht bestehen. Jegliche Beeinträchtigung dieser Harmonie führt zu einem asymmetrischen, unattraktiven Lächeln. Bei einem breiten Lächeln kann durch die Mundwinkel eine imaginäre, verbindende Linie gezogen werden. Für eine optimale Symmetrie sollte diese Linie mit der Okklusionslinie und der Interpupillarlinie übereinstimmen. Weiters ist die dentale Mittellinie von Bedeutung. Um Balance und Harmonie in der anterioren Dentition zu erreichen, sollten beidseitig von der Mittellinie symmetrische Verhältnisse herrschen. Diese Symmetrie führt zu einem attraktiven Lächeln (36). 2.2.2 Die Lachkurve Die Lachkurve wird als Relation zwischen der Kurvatur der Inzisalkanten der Oberkieferinzisivi und der Kurvatur der Unterlippe während eines gestellten Lächelns definiert (41). Die Inzisalkanten der maxillären Frontzähne sollten einer konvexen Kurve folgen, die mit dem Verlauf der Unterlippe übereinstimmt. 11 Während eines moderaten Lächelns sollten die lateralen Inzisivi eine Distanz von 0,5-1,5mm zur Unterlippe haben, wohingegen die zentralen Inzisivi und die Canini eine engere Lagebeziehung zur Unterlippe einnehmen (36). 2.2.3 Die dentale Mittellinie Im Idealfall sollte die dentale Mittellinie mit der fazialen Mittellinie übereinstimmen. Tatsächlich stimmen in unserer Bevölkerung nur 70% der maxillären dentalen Mittellinien mit den fazialen überein. Es werden Mittellinienverschiebungen als die Form von Abweichungen beschrieben, der von allen ästhetischen Parametern am wenigsten Beachtung geschenkt wird. Maxilläre dentale Mittellinienverschiebungen von bis zu 2mm bleiben größtenteils unbemerkt (42). Auffällig wird es dann, wenn die axiale Ausrichtung der Inzisivi inkorrekt ist. Sobald die Oberkieferschneidezähne in einem Winkel zur fazialen Mittellinie stehen, wird die dentale Gesamtästhetik negativ beeinflusst. Abweichungen von über 6 Grad wurden von Kieferorthopäden als unakzeptabel beurteilt, Laien beurteilten Angulationen von über 10 Grad als unästhetisch (43). Aus kieferorthopädischer Sicht ist eine symmetrische Ausrichtung der mandibulären und maxillären Mittellinie wünschenswert. Allerdings stimmen sie in fast drei Viertel der Bevölkerung nicht überein (44). 2.2.4 Der bukkale Korridor Der Begriff „bukkaler Korridor“, auch bekannt als „negative space“, stammt aus der zahnärztlichen Prothetik aus den späten fünfziger Jahren (24). Bei der Aufstellung von Prothesenzähnen im Zuge der Herstellung eines abnehmbaren Zahnersatzes wurde durch die Inkorporierung des bukkalen Korridors versucht, ein möglichst natürliches Erscheinungsbild zu schaffen. Definiert wird dieser Korridor als ein Raum, der zum einen von der bukkalen Oberfläche der posterioren Zähne und zum anderen von der Kommissur der Lippen während dem Lachen begrenzt wird. In einem idealen Lächeln sind bilateral bukkale Korridore evident, wodurch die Zähne optisch von den Mundwinkeln separiert werden (36). 12 2.2.5 Das gingivale Weichgewebe Die gingivalen Komponenten, die das Lächeln beeinflussen, sind die blassrosa Farbe, der Verlauf entlang der Schmelz-Zement-Grenze, die keratinisierte, orangenähnlich gestippelte Oberfläche und die fazialen Papillen, die gegen den Kontaktpunkt der Zähne hin spitz auslaufen. Entzündliche Veränderungen mit abgestumpften Papillen beziehungsweise offenen interdentalen Dreiecken und ungleichmäßigen marginalen Konturen beeinträchtigen die Ästhetik (45). Ein ungleicher Ginigivaverlauf führt, auch wenn die Gingiva völlig gesund ist, zu einer signifikanten ästhetischen Verschlechterung aller zahnärztlichen Behandlungsresultate. Vor allem bei Patienten mit einer hohen Lachlinie muss auf die Gleichmäßigkeit der Gingiva geachtet werden. Behandlungsmethoden, um eine gingivale Harmonie zu entwickeln sind die parodontale Chirurgie durch additive und resektive Eingriffe und die Kieferorthopädie durch Intrusions- und Extrusionstechniken (36). Die Ästhetik beruht auf der Balance der Gingivahöhe von den zentralen Inzisivi bis zu den Canini. Die gingivale Kontur um die zentralen oberen Schneidezähne sollte auf beiden Seiten ident sein. Die Kontur um die lateralen Inzisivi sollte im Vergleich zu den zentralen Inzisivi und Canini weiter koronal liegen und auf beiden Seiten symmetrisch sein. Dieses Szenario stellt die Gingivahöhe Klasse 1 dar (46). Variationen im Bezug auf die lateralen Inzisivi können vorkommen. Bei der Klasse 2 liegt die gingivale Kontur der seitlichen Schneidezähne apikal jener der zentralen Schneidezähne und Eckzähne. Die Canini sollten sich idealerweise gleichen und sich auf derselben Höhe wie die zentralen Inzisivi befinden (36). Bei gutem Gesundheitszustand des Parodonts sollten die interdentalen Papillen den Raum unterhalb der Kontaktpunkte benachbarter Zähne ausfüllen. Durch Parodontitis, Zahnverlust oder eine schlechte restaurative Behandlung können die interdentalen Papillen verloren gehen. Es entstehen dadurch sogenannte „black triangles“. Das Vorhandensein von „black triangles“ führt zu einer gingivalen Disharmonie und einem nicht zufriedenstellenden ästhetischen Ergebnis. Die Anwesenheit interdentaler Papillen ist von der Anwesenheit, Position und Form der Zähne, dem Support parodontaler Gewebe und dem gingivalen Phänotyp abhängig. Das Verhältnis der Kontaktpunkte zum Alveolarkamm spielt eine 13 zentrale Rolle. Wenn die Distanz der Kontaktpunkte zum approximalen Knochenkamm 5 mm oder weniger beträgt, werden die interdentalen Dreiecke vollständig ausgefüllt. Durch jeden Millimeter, um den sich diese Distanz vergrößert, sinkt die Chance einer vollständigen Füllung um 50% (47). Zahnärzte sollten die negative Auswirkung, die das Fehlen interdentaler Papillen auf die dentale Ästhetik hat, beachten, vor allem bei Patienten mit einer hohen Lachlinie. Zahlreiche Techniken aus der parodontalen Chirurgie, der Kieferorthopädie und der Prothetik, alleine oder in Kombination, können verwendet werden um die „rote Ästhetik“ zu optimieren (36). 2.2.6 Die Dentition Eine optimale Ästhetik kann nur dann erreicht werden, wenn der behandelnde Zahnarzt das nötige Verständnis und Wissen über Zahnformen, deren Anordnung, Farbe und Beschaffenheit sowie deren Relation zu anderen Strukturen des Gesichtes besitzt (48). 2.2.6.1 Die Zahnform Die Form der maxillären Inzisivi ist genetisch determiniert und variiert stark. Geometrisch betrachtet, können die Frontzähne als viereckig/quadratisch, ovoid oder dreieckig bezeichnet werden. Quadratische Frontzahnformen sind durch gerade mesiale und distale Umrisse sowie einen breiten Zervikalbereich und einer geraden Inzisalkante gekennzeichnet. Ovale Inzisivi zeigen gewölbte mesiale und distale Umrisse. Der Zahnhals ist schmäler und die Inzisalkante eher abgerundet. Dreieckige Schneidezähne weisen sehr gerade mesiale und distale Umrisse auf. Zusätzlich besteht eine starke Konvergenz von der Inzisalkante zum Zahnhals (44). Die Zahnform der Inzisivi wurde in der prothetischen Fachliteratur vielfach beschrieben. Williams deutete darauf hin, dass die Basisform der Frontzähne der umgekehrten frontalen Gesichtsform entspricht (36). Frush und Fisher schrieben, 14 dass für die Bewertung der Zahnformen das Geschlecht, das Alter und die Persönlichkeit nicht außer Acht gelassen werden dürfen (49). Im Allgemeinen haben jüngere Patienten schärfere, unverbrauchte Inzisalkanten während bei älteren Patienten schon mehr an Substanz verloren gegangen ist. Bei weiblichen Patienten wird in der Prothetik eine weichere, abgerundete Zahnform bevorzugt, wohingegen die Zahnform bei männlichen Patienten markanter gestaltet werden kann. Der Charakter des Patienten sollte bei der Wahl der Form auch einen Einfluss nehmen (36). 2.2.6.2 Zahngröße und Proportionen Die Höhe und die Relation zwischen der Länge und der Breite der individuellen Zahnkronen sind wichtige Kriterien, die bei der Herstellung eines ästhetischen Lächelns von Bedeutung sind. Die Größen und Proportionen der Zähne können sogar in ein und demselben Patienten durch physiologische und pathologische Gegebenheiten stark variieren (36). Die maxillären zentralen Inzisivi sollten die dominierenden Zähne in einem ästhetischen Lächeln darstellen. Laut einer Studie von Sterrett et al beträgt die Breiten-Längen Relation einer Oberkiefer Frontzahnkrone annähernd 0,75-0,85. Ein Verhältnis unter 0,6 würde einen langen, schmalen, eines über 0,85 einen kurzen, breiten Zahn ergeben. Im Durchschnitt hat ein oberer zentraler Inzisivus eine Länge zwischen 9,5 und 10,2 mm und eine Breite zwischen 8,1 und 8,6 mm (50). Weitere Richtlinien einer ästhetisch ansprechenden Oberkieferfront inkludieren (36): Die Breiten-Längen Relationsraten der Canini und Inzisivi sollten sich ähneln und zwischen 77% und 86% betragen. Im Durchschnitt sollten die lateralen Inzisivi zwischen 7,8 und 8,7 mm in der Länge und zwischen 6,1 und 6,6 mm in der Breite betragen. Die zentralen Inzisivi sollten jeweils 2-3 mm breiter sein. Die Länge der Canini sollte zwischen 8,9 und 10,1 mm, die Breite zwischen 7,1 und 7,6 mm betragen. Die zentralen Inzisivi sollten 1,0-1,5 mm breiter sein. 15 Die maxillären zentralen Inzisivi und Canini sollten ähnlich lang sein sowie im Durchschnitt 1,0-1,5 mm länger als die lateralen Inzisivi sein. Sobald man Form und Größe der maxillären Frontzähne determiniert hat, sollte der Schwerpunkt auf die Relation der zentralen Schneidezähne und der Eckzähne, insbesondere deren Proportionen bei Beobachtung von anterior, gelegt werden. In der Literatur wird zu diesem Zweck die Verwendung mathematischer Modelle, allen voran die „golden proportion“ beschrieben, um die ideale mesio-distale Breite der zentralen und lateralen Inzisivi und den mesialen Aspekt der Canini festzulegen (51). Durch die „golden proportion“ wird 1 als das Verhältnis der lateralen Inzisivi im Bezug auf ihr mesio-distale Breite definiert. Die zentralen Inzisivi haben folglich ein Größenverhältnis von 1,616 und die Canini ein Verhältnis von 0,618 im Vergleich zu den lateralen Inzisivi (36). 2.2.6.3 Die axiale Ausrichtung Die Längsachse der Frontzähne sollte mit dem Verlauf der Mittellinie übereinstimmen. In Relation zur Mittellinie können die Inzisivi nach mesial oder distal gekippt stehen. Wenn die axiale Inklination der oberen Schneidezähne nach mesial ausgerichtet ist, wird ein ästhetisch ansprechenderes Resultat erreicht. In einem ästhetischen Lächeln ist die axiale Neigung jedes Zahnes variabel. Die dominierenden zentralen Inzisivi sollten symmetrisch ausgerichtet sein. Mit zunehmendem Abstand zur Mittellinie steigt der Grad des mesialen Tippings (36). 2.2.6.4 „Connector Space“ und Kontaktpunkte Als „Connector Space“ wird jene Fläche bezeichnet, in der benachbarte Frontzähne aufeinandertreffen. Im Vergleich zum Kontaktpunkt handelt es sich dabei nicht um einen Punkt im eigentlichen Sinn, sondern um eine Fläche. In einem ästhetischen Lächeln bezieht man sich in der Relation auf die „50-40-30 Regel“ (52). Der ideale „Connector Space“ zwischen den zentralen Inzisivi beträgt 16 50% der Länge der Krone, zwischen den zentralen und den lateralen Inzisivi beträgt er 40% und zwischen den lateralen Inzisivi und den Eckzähnen 30%. Die Prozentangaben beziehen sich jeweils auf die Länge der Zahnkronen der zentralen Inzisivi. Der eigentliche Kontaktpunkt bezieht sich auf einen kleineren Bereich. Er liegt in der Front eher koronal und wandert bei den hinteren Zähnen immer weiter nach apikal (36). Abb 3: Connector Space und Kontaktpunkte im anterioren Bereich 17 3 Material und Methode Ein männlicher Proband und eine weibliche Probandin wurden mit einer Spiegelreflexkamera Nikon D3100 vor demselben blauen Hintergrund fotografiert. Die Fotos zeigen das gesamte Gesicht mit lachendem, leicht geöffnetem Mund. Mit einer Fotobearbeitungssoftware1 wurden die Zähne der beiden Probanden retuschiert und es wurden bei beiden Fotos dieselben, ästhetisch ansprechenden Zähne eingefügt („Ausgangsdentition"). Abb 4: Ausgangsdentition Abb 5: Originalfoto 1 Abb 6: Ausgangsfoto Adobe Photoshop CS6 18 Abb 7: Originalfoto Abb 8: Ausgangsfoto Es wurde bei beiden Probanden die gleiche Ausgangsdentition verwendet, um den etwaigen Einfluss der unterschiedlichen eigenen Dentition auszuschalten und somit das Geschlecht als Einflussfaktor isoliert betrachten zu können. Ausgehend von diesen Bildern wurden die drei für diese Untersuchung gewählten dentalen Phänomene von einem Fotografen mit einer Fotobearbeitungssoftware (Adobe Photoshop CS6) in kleinsten Schritten abgeändert. Für den bukkalen Korridor wie für das gummy smile als Maß für die Breite und die vertikale Position des oberen Zahnbogens wurden fünf Schritte verwendet. Die Lachlinie (die Kongruenz zwischen Unterlippe und der Schneidekanten der oberen Inzisivi) wurde in drei Schritten verändert. 19 Abb 9: Bukkaler Korridor 100% weiblich Abb 10: Bukkaler Korridor 100% männlich Abb 11: Bukkaler Korridor 96% weiblich Abb 12: Bukkaler Korridor 96% männlich 20 Abb 13: Bukkaler Korridor 92% weiblich Abb 14: Bukkaler Korridor 92% männlich Abb 15: Bukkaler Korridor 88% weiblich Abb 16: Bukkaler Korridor 88% männlich 21 Abb 17: Bukkaler Korridor 84% weiblich Abb 18: Bukkaler Korridor 84% männlich Die Reduzierung der Zahnbogenbreite erfolgte um jeweils 4 Prozent, wobei bei der ersten Abbildung die Zahnreihen den gesamten Raum von einem Mundwinkel zum anderen ausfüllen, bei den darauffolgenden Bildern wurde die Breite um je 4 Prozent reduziert. Bei der letzten Abbildung beträgt der Raum, der von Zähnen ausgefüllt ist, nur mehr 84 Prozent der gesamten Mundbreite. Diese Abänderungen wurden sowohl beim weiblichen als auch beim männlichen Probanden in gleicher Weise durchgeführt. Durch die Verkleinerung resultiert so ein immer größer werdendes schwarzes Dreieck, der bukkale Korridor, der vom Unterrand der Oberlippe, vom Oberrand der Unterlippe und von den bukkalen Zahnleisten der Prämolaren begrenzt wird. 22 Abb 19: Lachkurve 0mm weiblich Abb 20: Lachkurve 0mm männlich Abb 21: Lachkurve 2mm weiblich Abb 22: Lachkurve 2mm männlich 23 Abb 23: Lachkurve 4mm weiblich Abb 24: Lachkurve 4mm männlich Die Abänderung der Lachkurve erfolgte in 3 Stufen. Bei der ersten Stufe verläuft die Kontur der oberen Schneidezähne, Eckzähne und Prämolaren genau entlang des Oberrandes der Unterlippe. Bei der zweiten Stufe beträgt der Abstand zwischen der Kontur der Zähne und der Unterlippe 2mm, bei der dritten Stufe 4mm. Zusätzlich wurde bei der zweiten und dritten Stufe die Lachlinie zunehmend abgeflacht. Auch das gummy smile als Maß für die vertikale Position der Dentition wurde ebenso wie der bukkale Korridor in 5 Stufen abgeändert. Bei der ersten Stufe bedeckt der Unterrand der Oberlippe 1,5mm der zervikalen Zahnkrone der zentralen Frontzähne. Bei der zweiten Stufe enden die Zahnkronen direkt am Unterrand der Oberlippe. Bei den folgenden drei Stufen ist der zervikale Bereich der Zahnkrone erst 1,5mm, dann 3mm und zuletzt 4,5mm vom unteren Rand der Oberlippe entfernt, wodurch immer mehr Gingiva exponiert wird. 24 Abb 25: gummy smile -1,5mm weiblich Abb 26: gummy smile -1,5mm männlich Abb 27: gummy smile 0mm weiblich Abb 28: gummy smile 0mm männlich 25 Abb 29: gummy smile 1,5mm weiblich Abb 30: gummy smile 1,5mm männlich Abb 31: gummy smile 3mm weiblich Abb 32: gummy smile 3mm männlich 26 Abb 33: gummy smile 4,5mm weiblich Abb 34: gummy smile 4,5mm männlich Insgesamt resultierten daraus 26 Bilder, die in, per Zufallsgenerator bestimmter Reihenfolge, von zwei Gruppen, insgesamt 100 Testpersonen, beurteilt wurden. Bei der einen Gruppe handelte es sich um 32 männliche und 18 weibliche österreichische KieferorthopädInnen, die ihre fachliche Kompetenz durch eine dreijährige postgraduelle kieferorthopädische Ausbildung oder durch ihre Mitgliedschaft beim Austrian Board of Orthodontists nach Ablegung einer Prüfung bewiesen haben. Die zweite Gruppe bestand aus 20 männlichen und 30 weiblichen erwachsenen kieferorthopädischen Patienten aus einer Fachpraxis für Kieferorthopädie und aus der kieferorthopädischen Abteilung der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik Wien mit einem Altersdurchschnitt von 35,94 Jahren. Die älteste Testperson war 56, die jüngste 18 Jahre alt. Jedes der 26 Bilder wurde von jedem Probanden beurteilt. Hierzu konnte die Attraktivität eines jeden Bildes mit einem „Schieber" gewertet werden: ganz links „weniger attraktiv“ bis ganz rechts „sehr attraktiv“. Sobald der Schieber vom Probanden an der gewünschten Position platziert wurde, wurde durch einen Klick auf „Weiter“ die Bewertung festgehalten und es erschien die darauffolgende Abbildung. Die Bilder erschienen in randomisierter Reihenfolge, um eine etwaige Beeinflussung auf Basis der schrittweisen Veränderungen der Bilder möglichst 27 gering zu halten. Zusätzlich konnten bereits beurteilte Bilder nicht nochmals zum Vergleich angeschaut werden. Durch den roten Balken an der linken Seite konnten die Probanden erkennen, wie viele Fotos bereits bewertet wurden. Die zu bewertende Abbildung erschien jeweils gelb. Nach Abschluss einer Bewertung wechselte ein Kästchen die Farbe von rot auf grün. Sobald der gesamte Balken grün erschien, war das Ende der Umfrage erreicht. Vor dem Abschicken der Ergebnisse musste der Name der jeweiligen Testperson angegeben werden. Da es sich um eine öffentlich zugängliche Internetseite handelte, musste sichergestellt werden, dass nur die Ergebnisse der für uns relevanten Testpersonen zur Auswertung herangezogen wurden. Die Auswertung erfolgte allerdings anonymisiert. Abb 35: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung 28 Abb 36: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung Abb 37: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung 29 Die Akquirierung der Testpersonen der Gruppe der Kieferorthopäden erfolgte an der 42. Internationalen Kieferorthopädischen Fortbildungstagung der Österreichischen Gesellschaft für Kieferorthopädie ÖGKFO in Kitzbühel im März 2013, sowie durch direkte Kontaktaufnahme per E-Mail. Die zweite Gruppe der kieferorthopädischen Patienten wurde in der Privatpraxis von Univ.-Doz Dr.med.dent. Frank Weiland und an der kieferorthopädischen Abteilung der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik Wien gesammelt. Anhand dieser computerbasierten Umfrage sollte festgestellt werden, ab welchem Ausmaß die gewählten Abweichungen als ästhetisch, beziehungsweise nicht mehr als ästhetisch empfunden werden, ob dabei geschlechtsspezifische Unterschiede erkennbar werden und inwieweit die Ergebnisse der Kieferorthopäden von jenen der Laien abweichen. Nach Rücksprache mit Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Peter Rehak, Mitglied der Ethikkommission der Medizinuniversität Graz, wurde für diese Studie kein Votum derselben benötigt. 30 4 Ergebnisse – Resultate 4.1 Deskriptive Statistik 4.1.1 Bukkaler Korridor: Gruppe Patient Geschlecht bukkaler corridor weiblich 100% 96% 92% 88% 84% männlich 100% 96% 92% 88% 84% Kieferorthopäde weiblich 100% 96% 92% 88% 84% männlich 100% 96% 92% 88% 84% Tabelle 1: Bewertung bukkaler Korridor Min 7 1 3 4 5 3 17 13 7 12 7 15 9 1 1 21 14 4 11 1 Max 100 99 99 100 100 100 100 100 99 100 99 96 93 93 87 96 93 95 100 98 Mittelwert 52,4 51,7 57,2 48,2 49,5 57,7 61,3 58,7 52,3 56,8 61,0 62,7 53,0 47,0 38,7 65,5 65,6 63,0 56,8 51,5 Standardabw. 24,8 22,0 23,8 24,8 24,9 23,1 19,2 23,4 26,0 24,7 25,8 20,8 24,4 26,9 26,2 19,8 19,3 20,5 23,4 26,0 31 Abb 38: Ergebnisse bukkaler Korridor Folgende Ergebnisse wurden gefunden: der ästhetische Eindruck wird bei der weiblichen Person schlechter bewertet als bei der männlichen Testperson die unterschiedliche Bewertung der kieferorthopädischen Patienten und der Kieferorthopäden ist bei der männlichen Person weniger ausgeprägt als bei der weiblichen Person eine Zahnbogenbreite, die den Mundspalt zur 96% ausfüllt, wird von den Kieferorthopäden sowohl bei der weiblichen als auch bei der männlichen Testperson am besten bewertet, 84% am schlechtesten 32 eine Zahnbogenbreite, die den Mundspalt zur 96% beim männlichen Probanden bzw. 92% bei der weiblichen Probandin ausfüllt wird von den kieferorthopädischen Patienten am besten bewertet, 88% am schlechtesten Die Streuung ist in beiden Beurteilungsgruppen groß 4.1.2 Lachkurve Gruppe Patient Geschlecht weiblich männlich Kieferorthopäde weiblich männlich Lachkurve 0mm 2mm 4mm 0mm 2mm 4mm 0mm 2mm 4mm 0mm 2mm 4mm Min 8 6 0 4 18 0 4 3 2 1 7 0 Max 100 100 100 100 100 100 100 98 85 99 100 100 Mittelwert 66,0 60,2 40,2 52,9 73,4 67,5 66,5 59,1 29,8 57,2 76,5 67,6 Standardabw. 25,3 25,8 30,0 28,4 21,1 23,7 26,0 22,8 21,6 25,0 21,2 22,4 Tabelle 2: Bewertung Lachkurve 33 Abb 39: Ergebnisse Lachkurve Folgende Ergebnisse wurden gefunden: beim weiblichen Gesicht wird die Kongruenz der Verbindungslinie der Inzisivi mit der Unterlippe als ästhetisch am ansprechendsten bewertet beim männlichen Gesicht wird eine höhere, geradere Lachlinie attraktiver gesehen Der Trend der Bewertung ist bei kieferorthopädischen Patienten und Kieferorthopäden ähnlich 34 4.1.3 Gummy smile Gruppe Patient Geschlecht weiblich gummy smile -1,5mm 0mm +1,5mm +3mm +4,5mm männlich -1,5mm 0mm +1,5mm +3mm +4,5mm Kieferorthopäde weiblich -1,5mm 0mm +1,5mm +3mm +4,5mm männlich -1,5mm 0mm +1,5mm +3mm +4,5mm Tabelle 3: Bewertung gummy smile Min 3 24 0 0 0 3 23 17 0 0 17 11 1 0 0 13 25 2 0 0 Max 100 100 100 89 78 99 100 100 100 99 98 100 94 74 64 100 98 100 80 63 Mittelwert 54,1 63,5 45,2 22,8 11,8 54,7 68,5 62,8 37,0 18,2 58,9 63,9 36,4 17,4 7,8 65,2 72,3 60,5 29,8 9,4 Standardabw. 24,6 22,4 27,5 21,3 17,8 24,1 23,0 23,2 27,1 22,1 21,0 23,2 23,6 16,8 11,1 22,0 17,2 24,1 22,9 11,4 Abb 40: Ergebnisse gummy smile 35 Folgende Ergebnisse wurden gefunden: Die Lage der Oberlippe genau abschließend mit dem gingivalen Verlauf der oberen Frontzähne wird sowohl bei der männlichen als auch bei der weiblichen Person von beiden Testgruppen am besten bewertet ein ausgeprägtes gummy smile (+4,5 mm) wird am schlechtesten bewertet die Ästhetik der weiblichen Person wurde schlechter bewertet als die der männlichen Person Die Streuung ist in beiden Beurteilungsgruppen groß 36 4.2 Statistische Analyse 4.2.1 Gibt es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen? Ein etwaiger Geschlechtsunterschied wurde mit einem t-Test für abhängige Stichproben überprüft. Signifikante Unterschiede (p<0.05) sind rot markiert. Signifikanz p Unterschied Patient: bukkaler Korridor 100% 0,221 Patient: bukkaler Korridor 96% 0,013 Patient: bukkaler Korridor 92% 0,730 Patient: bukkaler Korridor 88% 0,301 Patient: bukkaler Korridor 84% 0,066 KFO: bukkaler Korridor 100% 0,295 KFO: bukkaler Korridor 96% 0,407 KFO: bukkaler Korridor 92% 0,007 Mann besser KFO: bukkaler Korridor 88% 0,010 Mann besser KFO: bukkaler Korridor 84% 0,000 Mann besser Mann besser Tabelle 4: bukkaler Korridor Während die kieferorthopädischen Patienten das männliche und das weibliche Gesicht mit Ausnahme der Zahnbogenbreite von 96% der Lippenspalte kaum unterschiedlich bewerteten, sahen die beurteilenden Kieferorthopäden bei den Werten 84%, 88% und 92% einen signifikanten Unterschied. Von beiden Gruppen wurde das männliche Gesicht besser bewertet als das weibliche. 37 Signifikanz p Unterschied Patient: Lachkurve 0mm 0,002 Frau besser Patient: Lachkurve 2mm 0,001 Mann besser Patient: Lachkurve 4mm 0,000 Mann besser KFO: Lachkurve 0mm 0,009 Frau besser KFO: Lachkurve 2mm 0,000 Mann besser KFO: Lachkurve 4mm 0,000 Mann besser Tabelle 5: Lachkurve Bei der Lachkurve ist der Geschlechterunterschied statistisch hochsignifikant. Während ein Verlauf der Schneidezahnkanten entlang der Unterlippe beim weiblichen Gesicht von beiden Gruppen besser als beim männlichen Gesicht bewertet wird, wird ein höherer, flacherer Verlauf der Schneidekanten beim männlichen Gesicht ästhetischer gefunden. Signifikanz p Unterschied Patient: gummy smile -1,5mm 0,888 Patient: gummy smile 0mm 0,155 Patient: gummy smile +1,5mm 0,000 Mann besser Patient: gummy smile +3mm 0,000 Mann besser Patient: gummy smile +4,5mm 0,001 Mann besser KFO: gummy smile -1,5mm 0,040 Mann besser KFO: gummy smile 0mm 0,027 Mann besser KFO: gummy smile +1,5mm 0,000 Mann besser KFO: gummy smile +3mm 0,000 Mann besser KFO: gummy smile +4,5mm 0,034 Mann besser Tabelle 6: gummy smile Die Gruppe der kieferorthopädischen Patienten bewertete die Lage der Oberlippe genau abschließend mit dem gingivalen Verlauf der oberen Frontzähne sowohl bei der männlichen als auch bei der weiblichen Person ähnlich. Bei allen anderen Bewertungen wurde das männliche Gesicht höher bewertet als das weibliche. Die 38 Kieferorthopäden gaben bei allen Gingiva-Höhen dem Mann eine höhere Bewertung. 4.2.2 Gibt es einen Unterschied zwischen Patient und Kieferorthopäde? Ein etwaiger Unterschied zwischen den Bewertungsgruppen wurde mit einem tTest für abhängige Stichproben überprüft. Signifikante Unterschiede (p<0.05) sind rot markiert. Signifikanz p weiblich: bukkaler Korridor 100% 0,135 weiblich: bukkaler Korridor 96% 0,018 weiblich: bukkaler Korridor 92% 0,404 weiblich: bukkaler Korridor 88% 0,841 weiblich: bukkaler Korridor 84% 0,072 männlich: bukkaler Korridor 100% 0,042 männlich: bukkaler Korridor 96% 0,665 männlich: bukkaler Korridor 92% 0,348 männlich: bukkaler Korridor 88% 0,398 männlich: bukkaler Korridor 84% 0,313 Unterschied KFO höher KFO höher Tabelle 7: bukkaler Korridor Die Kieferorthopäden bewerteten die Zahnbogenbreite von 96% der Lippenspalte beim weiblichen Gesicht sowie einen Zahnbogen, der die Lippenspalte ausfüllt, höher als die kieferorthopädischen Patienten. 39 Signifikanz p weiblich: Lachkurve 0mm 0,913 weiblich: Lachkurve 2mm 0,813 weiblich: Lachkurve 4mm 0,067 männlich: Lachkurve 0mm 0,432 männlich: Lachkurve 2mm 0,446 männlich: Lachkurve 4mm 0,989 Unterschied Tabelle 8: Lachkurve In der Bewertung der Lachkurve gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den kieferorthopädischen Patienten und den Kieferorthopäden. Signifikanz p weiblich: gummy smile -1,5mm 0,315 weiblich: gummy smile 0mm 0,935 weiblich: gummy smile +1,5mm 0,121 weiblich: gummy smile +3mm 0,225 weiblich: gummy smile +4,5mm 0,215 männlich: gummy smile -1,5mm 0,025 männlich: gummy smile 0mm 0,348 männlich: gummy smile +1,5mm 0,650 männlich: gummy smile +3mm 0,184 männlich: gummy smile +4,5mm 0,020 Unterschied KFO höher Patient höher Tabelle 9: gummy smile Bei der Bewertung des Ausmaßes der sichtbaren Gingiva beim Lachen wurden nur 2 statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Bewertungsgruppen festgestellt: Während beim ausgeprägten gummy smile beim männlichen Gesicht die Gruppe der kieferorthopädischen Patienten eine höhere Bewertung abgaben, schätzten die Kieferorthopäden eine leichte Darstellung der Gingiva als ästhetisch ansprechender ein. 40 4.3 Gesamtvergleich innerhalb der Bilder Um die beste Bewertung pro Bild zu finden, wurden alle Bewertungen zusammengenommen und sortiert. Female Male Tabelle 10: Gesamtvergleich Es gibt Ähnlichkeiten in beiden Diagrammen, der Geschlechterunterschied in der Lachkurve ändert die Reihenfolge am Anfang aber deutlich. Auch das Ende beider Listen ist ähnlich. 41 5 Diskussion 5.1 Studienaufbau: 5.1.1 Wie und warum wurde diese Studie gemacht? Mithilfe der Software Adobe Photoshop CS6 wurden an zwei Ausgangsfotos eines männlichen und weiblichen lachenden Gesichtes jeweils drei dentale Phänomene verändert: Die Breite des Zahnbogens in Relation zur Breite der Lippenspalte (bukkaler Korridor), die Höhe des Gingivaverlaufes in Relation zum Verlauf der Oberlippe (gummy Smile) und die Kongruenz der Verbindungslinie der oberen Schneidekanten zur Unterlippe (Lachkurve). Insgesamt resultierten daraus pro Proband 13 Bilder, wobei der bukkale Korridor und das gummy Smile in fünf Stufen, die Lachkurve in drei Stufen abgeändert wurden. Es gibt in der Literatur bereits mehrere ähnliche Studien. Allerdings wurde bis dato noch nicht die gleiche Dentition bei beiden Geschlechtern auf einen etwaigen geschlechtsspezifischen Unterschied in der ästhetischen Bewertung untersucht. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war somit festzustellen, ob dieselben Abweichungen bei einem weiblichen Probanden gleich bewertet werden wie bei einem männlichen, wo etwaige Unterschiede feststellbar sind und wie groß die Unterschiede in der Bewertung zwischen Kieferorthopäden und kieferorthopädischen Patienten sind. Das Besondere an dieser Studie ist der Vergleich zwischen einem männlichem und einem weiblichen Probanden. In anderen Studien wurde meist eine Testperson verwendet und das Foto dann so bearbeitet, dass zum einen das ganze Gesicht, zum anderen nur das untere Gesichtsdrittel oder nur die Mundpartie sichtbar war. 42 5.1.2 Warum KFO-Patienten mit Kieferorthopäden vergleichen? Ein häufiger Grund für die Durchführung einer kieferorthopädischen Behandlung ist der Wunsch nach einer ästhetischen Verbesserung des dentalen Erscheinungsbildes. Es ist bekannt, dass es zwischen Kieferorthopäden und Laien Auffassungsunterschiede über die optimale dentofaziale Ästhetik gibt (32,53). Interessanter und für die klinische Arbeit von größerer Bedeutung ist aber vielmehr die Einschätzung kieferorthopädischer Patienten, zumal diese sich meist eingehender mit dem Thema Ästhetik befasst haben als Laien im Allgemeinen. Daher scheint es zielführend, die Meinung der Kieferorthopäden mit jener ihrer Patienten zu vergleichen, um zu veranschaulichen, inwieweit kleinste Veränderungen der Ästhetik beurteilt werden und ab welchem Ausmaß eine Abänderung als unästhetisch empfunden wird. Bis dato wurde ein derartiger Vergleich in der Literatur nicht publiziert. 5.1.3 Größe der Stichprobe Während in den meisten Studien die Bilder von 20 bis 40 Testpersonen beurteilt wurden, wurde in dieser Arbeit eine Anzahl von insgesamt 100 Testpersonen erreicht. Diese teilten sich in zwei Gruppen zu je 50 Testpersonen. Bei der einen Gruppe handelt es sich um 32 männliche und 18 weibliche österreichische KieferorthopädInnen, die eine dreijährige postgraduelle Ausbildung im Fach „Kieferorthopädie“ absolvierten oder ihr Fachwissen durch ihre Mitgliedschaft beim Austrian Board of Orthodontists nach Ablegung einer Prüfung bewiesen haben. Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um 20 männliche und 30 weibliche erwachsene, kieferorthopädische PatientInnen mit einem Altersdurchschnitt von 35,94 Jahren. Die jüngste Testperson war 18 Jahre alt, die älteste 56 Jahre. Die Größe der Stichproben wurde statistisch als ausreichend groß ausgewiesen. 43 5.1.4 Warum wurden diese ästhetischen Determinanten überprüft und deren "Veränderungen" in den Fotos vorgenommen? Breite des Zahnbogens im Vergleich zur Lippenspalte (bukkaler Korridor): 100%, 96%, 92%, 88%, 84% Lage der Oberlippe zum gingivalen Verlauf der oberen Frontzähne (gummy smile): -1,5mm, 0mm, 1,5mm, 3mm, 4,5mm Kongruenz der inzisalen Verbindungslinie zur Unterlippe (Lachkurve): 0mm, 2mm, 4mm Das Ausmaß der durchgeführten Veränderungen wird in diversen Studien unterschiedlich gehandhabt. So wird von Ioi et al. (2009) der bukkale Korridor in Schritten von 5% von 0% bis 25% verändert (54). Moore et al. (2005) veröffentlichte eine Studie, in der Werte von 28%, 22%, 15%, 10% und 2% untersucht wurde. Martin et al. (55) veröffentlichten eine Arbeit, in der sie den Wert um jeweils 4% reduzierten: 100%, 96%, 92%, 88%, 84%. Auch in dieser Arbeit wurde darauf geachtet, die Schritte nicht zu groß zu gestalten. Beim gummy smile publizierten Kokich et al. (2001) eine Studie in der ebenfalls Abänderungen in 4 Stufen untersucht wurden. Es wurden Schritte von 2mm von 0mm bis 6mm verwendet (56). Um eine genauere Einschätzung zu ermöglichen, wurden in der vorliegenden Studie Schritte von 1,5mm verwendet. Bei der Lachkurve wurden drei Schritte im Abstand von 2mm gewählt. Die ideale Lachkurve liegt laut Kokich bei 2mm (32). Daher wurde sie um je 2mm nach oben und unten verändert. Im Vergleich zu anderen Studien wurde mit einer großen Anzahl an dentalen Phänomenen gearbeitet und die Umfrage so sehr umfangreich gestaltet. In vielen Arbeiten wird nur der bukkale Korridor oder die Symmetrie des Frontzahnbereiches mit Mittellinienverschiebungen und Zahngrößendiskrepanzen bearbeitet. 44 5.1.5 Vergleich zum Aufbau anderer Studien In der kieferorthopädischen Fachliteratur gibt es einige Veröffentlichungen, die sich mit der dentofazialen Ästhetik beschäftigen. Die meisten basieren auf Umfragen anhand nachbearbeiteter Fotos. Allerdings differieren Studienaufbau und Durchführung teilweise erheblich. Kokich et al. (1999) waren die Ersten, die versuchten computerunterstützte Bilder zu verändern, um die Akzeptanz über die Eigenschaften des Lächelns zu quantifizieren. Dabei wurden in der Abbildung eines weiblichen Mundes Zahnpositions- und größenveränderungen vorgenommen. Sie fanden heraus, dass Kieferorthopäden, Zahnärzte und Laien in der Lage waren Abweichungen zu erkennen, dass Laien aber im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen weniger kritisch bewerteten Kieferorthopädische (32). Selbiges Patienten zeigt konnten sich zwar auch in geringfügige dieser Studie. Abweichungen erkennen, ihre Bewertungsergebnisse lagen aber deutlich näher beieinander als bei der Gruppe der Kieferorthopäden. Havens et al. (2010) untersuchten die Rolle des gestellten Lachens in Bezug auf die Ästhetik des Gesichtes. Sie arbeiteten mit Fotos von 48 Frauen, wobei von jeder einmal nur die Mundpartie, einmal das gesamte Gesicht mit Mundpartie und einmal das gesamte Gesicht ohne Mundpartie (diese wurde durch eine graue „Box“ ersetzt) gezeigt wurde. Die Bilder wurden von 20 Laien ohne jeglichen Bezug zur Kieferorthopädie und von 20 Kieferorthopäden hinsichtlich Gingiva, Zahnfarbe, Augen, Haare, Lippen, Gesamtharmonie, Haut, Zahnform, Zahnanordnung jeweils vor und nach kieferorthopädischer Behandlung beurteilt. Wie auch bei dieser Studie zeigte sich, dass die Reihenfolge der Bewertung beider Gruppen übereinstimmte. Weiters lagen die Ergebnisse beider Gruppen aber näher beieinander (57). Flores-Mir et al. (2004) arbeiteten ebenfalls mit drei verschiedenen Bilderansichten: einmal mit dem ganzen Gesicht, einmal mit dem unteren Gesichtsdrittel und einmal mit dem Ausschnitt der Zähne von 18 Studenten einer Universitätsklinik. Es wurden jeweils drei Patientenbeispiele für einen offenen Biss, einen Tiefbiss, einen Kreuzbiss, einen Kopfbiss und einen Engstand sowie ein Idealgebiss ausgesucht. Beurteilt wurde nur von Laien, wobei jedes Foto 45 maximal 20 Sekunden betrachtet werden konnte und auf bereits bewertete kein Zugriff mehr möglich war. Bewertet wurde an einer analogen Skala von 0 (am wenigsten attraktiv) bis 100 (sehr attraktiv). Die Bilder, die nur den Ausschnitt der Mundpartie zeigten, wurden hier besser bewertet als jene, auf denen das Gesicht als Ganzes sichtbar war. Auch zeigte sich, dass kein Unterschied zwischen der Bewertung eines idealen Gebisses und eines Kopfbisses sowie kein Unterschied zwischen der Bewertung eines offenen Bisses, eines tiefen Bisses, eines Kreuzbisses und einer Engstandsituation vorlagen. Das heißt, Laien differenzierten nicht zwischen der Morphologie der Malokklusion, sie bewerteten sie generell als unästhetisch (1). Rodrigues et al. (2009) arbeiteten mit dem Foto eines männlichen Probanden, bei dem einerseits das gesamte Gesicht und andererseits nur die Mundpartie sichtbar war. Verändert wurden dabei die Mittellinie um 3mm, die Achse der lateralen Inzisivi um 10 Grad, das Diastema mediale um 1mm und die Lachkurve von einer positiven zu einer negativen Kurvatur. Beurteilt wurde von 20 Laien, jeweils 10 Männern und 10 Frauen. Für die Beurteilung wurden die Fotos in zwei Gruppen unterteilt: Fotos des Gesichtes und Fotos der Mundpartie. Die Reihenfolge innerhalb der Gruppen war immer unterschiedlich. Zuerst wurden alle Fotos einer Gruppe zusammen gezeigt mit der Aufgabenstellung diese von „wenig attraktiv“ bis „sehr attraktiv“ aufzureihen, danach wurden die Fotos einzeln von 0 bis 10 bewertet. Die Bewertung musste sich dabei pro Bild um mindestens eine Dezimalstelle unterscheiden. Hierbei zeigte sich, wie auch bei unserer Studie, dass das Vorhandensein einer Abweichung nicht automatisch als unästhetisch bewertet wurde (58). Unter den vielen weiteren Studien sei noch die Veröffentlichung von Ker et al. (2008) hervorzuheben. Die Autoren entwickelten ein computerunterstütztes Bewertungssystem, womit eine annähernd stufenlose Veränderung und Bewertung einzelner Aspekte der dentalen Ästhetik möglich waren. Die Beurteilung fand anhand eines Ausschnitts eines geschlechtsneutralen Mundes statt. In zwei hintereinander folgende Studien wurden von insgesamt 300 Laien einmal 28 und einmal 26 Bilder bewertet. Verändert wurden dabei die Lachkurve, der bukkale Korridor, das gummy smile, der Kronentorque, die Mittellinie, der Overbite, das Verhältnis zwischen zentraler und lateraler Inzisivi, die Größe der 46 zentralen Schneidezähne und die Okklusionsebene. Bis zum Ende durchgeführt wurde die Umfrage von 243 Teilnehmern. Das laut ihnen wichtigste Ergebnis war die Erkenntnis über die Reichweite der Akzeptanz. Die Laien tolerierten einen großen Bereich von Variabilitäten aller untersuchten Phänomene (59). Es existieren eine Vielzahl weiterer Studien, die sich mit der dentofazialen Ästhetik befassen, jedoch gibt es keine, die sich, wie es in dieser Arbeit gemacht wurde, mit dem direkten Vergleich eines männlichen und eines weiblichen Probanden mit der gleichen künstlich eingefügten Dentition beschäftigt. In dieser Diplomarbeit sollte somit untersucht werden, inwieweit das Geschlecht einen Einfluss auf die Beurteilung derselben Abweichungen hat. Da das Gesicht eher als Ganzes beurteilt wird und nicht nur der Teilbereich Mund, wurden Gesichtsfotos eines jungen Mannes und einer jungen Frau verwendet (11). Während mehrere Studien einen Vergleich zwischen Kieferorthopäden und Laien in der Beurteilung der dentofazialen Ästhetik durchführten, wurde als Vergleichsgruppe zu Kieferorthopäden nie eine Gruppe aus kieferorthopädischen Patienten verwendet. Für die Kommunikation zwischen Behandler und Patient ist es von großer Bedeutung, Kenntnisse über etwaige Unterschiede in der Bewertung der dentofazialen Ästhetik zu haben. 5.1.6 Etwaige "Einschränkungen" des Studiendesigns Für die Bewertung wurden die Bilder in einer zufälligen Reihenfolge am Bildschirm gezeigt, um eine möglichst unvoreingenommene Beurteilung zu ermöglichen. Sobald ein Foto beurteilt und der „Weiter“ Button betätigt wurde, konnte nicht mehr rückgeblendet werden. Dadurch gab es keine Vergleichsmöglichkeit zu den vorhergehenden Bildern. Laut dem Feedback der Beurteiler war das Abgeben einer Beurteilung schwierig, da die Abweichungen bei einigen Bildern nur sehr gering waren und da zur Beurteilung der Kursor zwischen „weniger attraktiv“ und „mehr attraktiv“ ohne Orientierung an einem Zahlenwert bewegt werden konnte. Zusätzlich wurde die Beurteilung dadurch erschwert, dass die Gesichtsform und die Form der Mundpartie bei den beiden Probanden sehr unterschiedlich waren. Es handelt sie bei den beiden zwar um ein Geschwisterpaar, trotzdem war es 47 schwierig für die Beurteiler die Bilder miteinander zu vergleichen, da die Form der Lippen sehr unterschiedlich war und dadurch nicht gleich viel der Zähne sichtbar war. 5.2 Ergebnisse: 5.2.1 Was lernt man aus diesen Ergebnissen? Die Ausdehnung des bukkalen Korridors, des gummy smile und der Lachkurve haben sehr wohl einen Einfluss auf die Ästhetik des Gesichtes. Die Lachkurve wurde von Kieferorthopäden und Laien in etwa gleich bewertet. Sowohl die Kieferorthopäden als auch die Patienten bewerteten bei der weiblichen Testperson 0mm am besten und 4mm am schlechtesten, beim männlichen Probanden wurden 2mm am besten und 0mm am schlechtesten bewertet. Deutlich schwieriger erschien die Bewertung des gummy smile, da bei der Beurteilung beider Gruppen einige Ausreißer feststellbar waren. Am besten wurde jedoch bei beiden Gruppen und beiden Geschlechtern der Wert von 0mm, am schlechtesten jener von 4,5mm beurteilt. Bei der Bewertung des bukkalen Korridors fiel auf, dass die kieferorthopädischen Patienten Schwierigkeiten hatten, da bei der Beurteilung keine großen Unterschiede feststellbar waren. Die Bewertung der Kieferorthopäden war hier deutlich strenger. 48 5.2.2 Was wurde am besten bewertet? Abb 41: KFO: bukkaler Korridor 96% Abb 42: KFO: bukkaler Korridor 96% Abb 43: Patient: bukkaler Korridor 92% Abb 44: Patient: bukkaler Korridor 96% 49 Beim bukkalen Korridor bewerteten die Kieferorthopäden sowohl bei der weiblichen Probandin als auch beim männlichen Probanden 96% am besten, die kieferorthopädischen Patienten beurteilten bei der weiblichen Testperson 92% und bei der männlichen 96% am höchsten. Abb 45: KFO und Patient: Lachkurve 0mm Abb 46: KFO und Patient: Lachkurve 2mm Insgesamt wurde bei der weiblichen Probandin sowohl von den Kieferorthopäden als auch von den Patienten die Lachkurve mit 0mm am besten beurteilt, beim männlichen Probanden schnitt die Lachkurve mit 2mm am besten ab. 50 Abb 47: KFO und Patient: gummy smile 0mm Abb 48: KFO und Patient: gummy smile 0mm Beim gummy smile wurde sowohl von den Kieferorthopäden als auch von den Patienten bei beiden Testpersonen 0mm am besten bewertet. 51 6 Konklusion Beim bukkalen Korridor fiel den Laien die Bewertung offensichtlich schwer, da sie im Vergleich zu den Kieferorthopäden nur geringe Unterschiede feststellen konnten und die Bilder daher alle sehr ähnlich beurteilten. Die Bewertung des gummy smile fiel ihnen leichter. Die Bilder wurden von den kieferorthopädischen Patienten in derselben Reihenfolge beurteilt wie von den Kieferorthopäden. Am höchsten wurde bei beiden Gruppen und beiden Geschlechtern der Wert von 0mm, am niedrigsten jener von 4,5mm bewertet, wobei aber eine große Anzahl der Patienten die größte Abweichung von 4,5mm noch als akzeptabel beurteilt hat. Somit haben die Kieferorthopäden strenger beurteilt. Auch bei der Lachkurve fiel auf, dass die Reihenfolge, in der die Bilder beurteilt wurden, bei beiden Gruppen gleich war. Bei der weiblichen Testperson wurde 0mm am besten und 4mm am schlechtesten beurteilt, beim männlichen Probanden wurden 2mm am besten und 0mm am schlechtesten bewertet. Die Laien hatten jedoch bei der Beurteilung von je zwei Punkten Schwierigkeiten. Bei den weiblichen Bildern beurteilten sie 0mm und 2mm annähernd gleich, bei den männlichen Bildern 2mm und 4mm sehr ähnlich. Demnach konnten die kieferorthopädischen Patienten offensichtliche Abänderungen in den Bildern klar beurteilen, allerdings bei geringen Abweichungen kaum Unterschiede feststellen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass die Reihenfolge der Bewertung der kieferorthopädischen Patienten mit jener der Kieferorthopäden übereinstimmt, jedoch liegen die Ergebnisse bei den Laien viel näher beieinander. Das heißt, den Patienten fiel es viel schwerer, Unterschiede deutlich zu erkennen und zu beurteilen als den Kieferorthopäden, die die Bilder somit strenger bewerteten. 52 7 Literaturverzeichnis 1. Flores-Mir C, Silva E, Barriga MI, Lagravère MO, Major PW. Lay person’s perception of smile aesthetics in dental and facial views. Journal of Orthodontics [Internet]. 2004 Sep 1;31 (3 ):204–9. 2. Keating CF. Attractiveness. Gender Social and the Physiognomy Psychology Quarterly of Dominance [Internet]. and American Sociological Association; 1985 Mar 1;48(1):61–70. 3. Shaw WC, Rees G, Dawe M, Charles CR. The influence of dentofacial appearance on the social attractiveness of young adults. American Journal of Orthodontics [Internet]. 1985 Jan;87(1):21–6. 4. Giddon DB. 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Bukkaler Korridor 100% weiblich ................................................................... 20 Abb 10: Bukkaler Korridor 100% männlich ........................................................... 20 Abb 11: Bukkaler Korridor 96% weiblich............................................................... 20 Abb 12: Bukkaler Korridor 96% männlich ............................................................. 20 Abb 13: Bukkaler Korridor 92% weiblich ....................................................................... 21 Abb 14: Bukkaler Korridor 92% männlich ............................................................. 21 Abb 15: Bukkaler Korridor 88% weiblich ....................................................................... 21 Abb 16: Bukkaler Korridor 88% männlich ............................................................. 21 Abb 17: Bukkaler Korridor 84% weiblich............................................................... 22 Abb 18: Bukkaler Korridor 84% männlich ............................................................. 22 Abb 19: Lachkurve 0mm weiblich................................................................................... 23 Abb 20: Lachkurve 0mm männlich ....................................................................... 23 Abb 21: Lachkurve 2mm weiblich ......................................................................... 23 Abb 22: Lachkurve 2mm männlich ....................................................................... 23 Abb 23: Lachkurve 4mm weiblich ......................................................................... 24 Abb 24: Lachkurve 4mm männlich ....................................................................... 24 Abb 25: gummy smile -1,5mm weiblich ................................................................ 25 Abb 26: gummy smile -1,5mm männlich............................................................... 25 Abb 27: gummy smile 0mm weiblich ............................................................................. 25 Abb 28: gummy smile 0mm männlich ................................................................... 25 Abb 29: gummy smile 1,5mm weiblich .......................................................................... 26 Abb 30: gummy smile 1,5mm männlich ................................................................ 26 60 Abb 31: gummy smile 3mm weiblich ............................................................................. 26 Abb 32: gummy smile 3mm männlich ................................................................... 26 Abb 33: gummy smile 4,5mm weiblich .......................................................................... 27 Abb 34: gummy smile 4,5mm männlich ................................................................ 27 Abb 35: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung ......................................... 28 Abb 36: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung ......................................... 29 Abb 37: Bewertungsseite: www.oegzmk.at/bewertung ......................................... 29 Abb 38: Ergebnisse bukkaler Korridor .................................................................. 32 Abb 39: Ergebnisse Lachkurve ............................................................................ 34 Abb 40: Ergebnisse gummy smile ........................................................................ 35 Abb 41: KFO: bukkaler Korridor 96% ............................................................................ 49 Abb 42: KFO: bukkaler Korridor 96% ................................................................... 49 Abb 43: Patient: bukkaler Korridor 92% ....................................................................... 49 Abb 44: Patient: bukkaler Korridor 96%................................................................ 49 Abb 45: KFO und Patient: Lachkurve 0mm .................................................................. 50 Abb 46: KFO und Patient: Lachkurve 2mm .......................................................... 50 Abb 47: KFO und Patient: gummy smile 0mm ............................................................. 51 Abb 48: KFO und Patient: gummy smile 0mm ...................................................... 51 61 9 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bewertung bukkaler Korridor ............................................................... 31 Tabelle 2: Bewertung Lachkurve .......................................................................... 33 Tabelle 3: Bewertung gummy smile ..................................................................... 35 Tabelle 4: bukkaler Korridor ................................................................................. 37 Tabelle 5: Lachkurve ............................................................................................ 38 Tabelle 6: gummy smile ....................................................................................... 38 Tabelle 7: bukkaler Korridor ................................................................................. 39 Tabelle 8: Lachkurve ............................................................................................ 40 Tabelle 9: gummy smile ....................................................................................... 40 Tabelle 10: Gesamtvergleich ................................................................................ 41 62