Erasmus Studiensemester 2012 in Padua Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen 29.07.2012 Ein Semester in Padua zu studieren war für mich eine sehr gute Entscheidung. Die Chance, eine so intensive Zeit mit sehr schöner Umgebung, fremder Sprache, guter Universität und vielen europäischen Kontakten zu verbringen war für mich einmalig. Ich kann es uneingeschränkt empfehlen! Um allen nachfolgenden Studenten Entscheidung und Organisation etwas zu erleichtern, werde ich mich in diesem Bericht auf die Themen konzentrieren, die mich selbst im Vorfeld am meisten interessiert haben: Vorbereitung und Organisation aller Formalitäten (vor allem auf italienischer Seite), Unterkunft in Padua, Universität und Kurswahl sowie Leben in Padua. Zunächst sollte ein Blick auf die Internetseite der Universität Padua (www.unipd.it) geworfen und die Abläufe und Formulare für die Anmeldung eingesehen werden; darüber hinaus wird ein informatives Handbuch für alle internationalen Studenten angeboten. Ich habe im Vorfeld einige Zeit darauf verwendet, diesen Ablauf zu verstehen und das Handbuch zu lesen, was mir in Nachhinein in der turbulenten Anfangzeit ein Vorteil war. Grundsätzlich müssen einige Monate vor Antritt des Auslandssemesters (Termine auf der Internetseite prüfen!) ein Anmeldeformular mit einigen Anhängen an das Sekretariat für Studierende gesendet (Learning Agreement, Versicherungsnachweis, Ausweiskopie etc.) sowie die Anmeldung für den SASSA Service (www.sassa.org) vorgenommen werden. SASSA Service ist eine Einrichtung der Universität, die für die Organisation der Unterbringung der internationalen Studenten zuständig ist (auch wenn man diesen Dienst nicht in Anspruch nehmen möchte, muss die Anmeldung dort erfolgen). Ich habe mich dort in Padua für einen Wohnheimsplatz beworben und kann das auch weiterempfehlen. Ein Wohnheim in Padua hat den Vorteil, dass man direkt in Kontakt sowohl mit vielen italienischen Studenten als auch Erasmusstudenten kommt, was den Start sehr erleichtern kann. Eine Besonderheit italienischer Wohnheime ist die Art der Organisation: es besteht eine 24h-Rezeption, an die man sich bei Fragen oder Problemen mit dem Zimmer jederzeit wenden kann. Dazu gibt es verschiedene Einrichtungen für alle Bewohner – z.B. Partyraum, Waschmaschinen, PC-Räume. Nachteilig ist dabei die wohnheimstypische Unruhe, die Kontrolle durch die Rezeption (keine Gäste im Zimmer nach 23 Uhr – und das wird ernsthaft durchgesetzt!) und die Wärme in den Zimmern im Sommer. Es gibt in und um Padua einige Wohnheime, die mehr oder weniger zu empfehlen sind - viele liegen relativ weit vom Stadtzentrum entfernt, so dass mit dem Fahrrad 10-15min nötig sind, um zur Universität oder ins Zentrum zu kommen. Auf die Wahl des Wohnheims hat man zunächst keinen Einfluss, man kann lediglich einige grobe Prioritäten festlegen. Nach der Zimmerzuteilung lässt sich allerdings in der Regel noch auf Nachfrage ein Wechsel des Wohnheims realisieren. Bei der Ausstattung der Zimmer gibt es ebenfalls einige Unterschiede; vorher auf der SASSA-Internetseite nachschauen! Ich selbst war im CornaroWohnheim, das ein ganz guten Kompromiss zwischen Lage und Ausstattung darstellt; eines der besseren in Padua. Ein Nachteil ist die Lage im Nordteil der Stadt, der nur über einige Brücken erreichbar ist, da die Bahnschienen die Stadt durchteilen. Ausgerechnet an der Hauptbrücke am Bahnhof ist ein etwas zwielichtiges Viertel, das man entsprechend häufig durchqueren muss. Im Nachhinein ist immer alles gutgegangen und ich habe auch von keinen anderen Problemen dort gehört, zu Beginn hat man jedoch ein etwas "komisches" Gefühl an dieser Ecke der Stadt. Weitere empfehlenswerte Wohnheime sind meiner Meinung nach das Copernico- sowie das Ederle-Wohnheim; weniger raten würde ich aufgrund der weit entfernten Lage zum Colombo-Wohnheim. Einmal in Italien angekommen führt der erste Weg zum SASSA Service, der die erste Anmeldung vornimmt, anschließend geht's direkt zum Wohnheim. Daraufhin werden in den nächsten Tagen die weiteren Besuche beim Sekretariat für Studierende, beim International Office und beim SAOS Service absolviert. Hierzu hält man sich einfach an die Reihenfolge der Schritte, die im Handbuch der Universität beschrieben wurde und geht mit seinen Unterlagen zu den entsprechenden Stellen. Hier trifft man sofort viele andere Erasmusstudenten mit den gleichen Anliegen. Insgesamt benötigt man in Padua drei Mal eine sogenannte "Marca da Bollo", eine italienische Gebührenmarke für aktuell je 14,62 €. Zwei Mal zu Beginn, ein Mal am Ende des Aufenthaltes. Diese lassen sich in allen Tabakgeschäften kaufen und werden bei der Ausstellung verschiedener Dokumente benötigt. Im International Office erhält man außerdem das (i.d.R. unterschriebene) Learning Agreement zurück, dass man im Vorfeld nach Italien gesendet hat. Dies wurde dem zuständigen Koordinator in der Zwischenzeit zur Unterschrift vorgelegt. In meinem Fall ist dies jedoch (ausnahmsweise) nicht geschehen, so dass ich in den nächsten Tagen in die Sprechstunde meines Koordinators gegangen bin um dies nachzuholen. An dieser Stelle ließen sich entsprechend auch Änderungen am Learning Agreement vornehmen. Gut zu wissen ist, dass sich in Padua grundsätzlich auch Kurse an anderen Fakultäten belegen lassen, beispielsweise an der Wirtschaftsfakultät; natürlich entsprechend in Absprache mit dem Koordinator. Die Universität bietet für alle Austauschstudenten einen kostenlosen Sprachkurs an, den ich empfehlen kann. Eigene Motivation vorausgesetzt, lassen sich hier gut Italienischkenntnisse wiederholen oder verbessern. Vor der Abreise nach Italien muss dazu ein Einstufungstest auf der Webseite der Universität durchgeführt werden. Anschließend erhält man in der ersten Semesterwoche eine Rückmeldung und Einteilung in einen entsprechenden Kurs. Falls sich dieser als unpassend herausstellt, kann auch nachträglich noch gewechselt werden. Das Niveau und die Durchführung des Lehrangebots an der Universität habe ich im Grunde als mit dem unsrigen vergleichbar empfunden. Die Kurse sind trotz der italienischen Lockerheit meistens auch gut besucht und werden von den Studenten ernst genommen. Ich habe Kurse in englischer Sprache besucht und hatte daher mit der Sprache keine Probleme. In Nachhinein würde ich mich auch für italienische Kurse entscheiden, denn selbst mit Grundkenntnissen lassen sich die zum Verständnis notwendigen Vokabeln schnell lernen und man kann der Vorlesung zumindest folgen. Auf diese Weise kann man aus einem wesentlichen größeren Kursangebot wählen. Lebenswichtig in Padua ist die Anschaffung eines Fahrrades und eines sicheren Schlosses. Der öffentliche Nahverkehr ist eher umständlich zu nutzen und zudem nachts mehr oder weniger außer Betrieb und die Distanzen sind auf Dauer einfach zu groß um immer zu Fuß unterwegs zu sein. Für den Kauf eines Rades bieten sich die Möglichkeiten ins Fahrradgeschäft zu gehen oder im Park ein (vermutlich) gestohlenes Rad zu nehmen. Zweiteres ist die gängige Praxis in Padua; man muss mit 20-30 € für ein altes Fahrrad rechnen. Daraufhin sollte allerdings mindestens die gleiche Summe in ein Fahrradschloss investiert werden, da man sich andernfalls mehrfach ein neues Rad anschaffen muss. Wer Platz im Gepäck hat könnte auch darüber nachdenken, das Schloss bereits aus Deutschland mitzunehmen. Mit dem Fahrrad ausgerüstet lassen sich nun auch alle weiteren Aktivitäten in Angriff nehmen. Wichtig ist hier - vor allem zu Beginn - die ESN-Organisation. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe italienischer Studenten, die regelmäßig Veranstaltungen und Events für die Erasmus-Studenten organisieren, angefangen bei einer Stadtführung über Ausflüge ins Umland bis hin zu zahlreichen Partys. ESN verkauft eine Mitgliedskarte für 10€, die man sich unbedingt anschaffen sollte. Man erhält hierdurch viele Rabatte in der Stadt, die die Ausgabe für die Karte bereits nach 1-2 Abenden wieder wettmachen. So bekommt man bespielsweise in den beiden "Hauptclubs" für die internationalen Studenten - Fishmarket und Factory erhebliche Rabatte auf den Eintritt und die Getränke. Darüberhinaus trifft man sich in Padua gerne abends in der Stadt auf den Piazzen oder dem Prato della Valle, die Kneipen werden eher weniger angesteuert. Zudem schließen abends nahezu sämtliche Kneipen bereits um 24 Uhr, so dass sich viel Leben unter freiem Himmel abspielt - oder man den Weg Richtung Factory oder Fishmarket antritt. Im Alltag in Padua gibt es täglich offene Mensen, die ein gutes Angebot aufweisen. Für 3 € (halbes Essen) oder 4 € (volles Essen) bekommt man ein gutes Mittag- oder Abendessen. Typisch italienisch gibt es in der Regel Pasta und/oder Fleisch, dazu ohne weitere Kosten eine Beilage, Getränke und ein Dessert. Besonders empfehlenswert ist die Forcellini-Mensa, die jedoch etwas außerhalb liegt. Gute Erfahrungen habe ich außerdem damit gemacht, mir für den Italienaufenthalt eine Internetkreditkarte zuzulegen (z.B. bei DKB oder comdirect); damit lässt sich an jedem Geldautomaten kostenfrei Geld abheben. Neben dem wirklich schönen Padua mit seinen Highlights (Prato della Valle, Basilica di St. Antonio, Piazzen, Capella di Scrovegni) habe ich viele Touren in Italien unternommen und kann das nur weiterempfehlen. Reisen ist vergleichsweise günstig mit Bus oder Bahn und viele Ziele lassen sich von Padua aus gut erreichen - so z.B. Venedig, Verona, Florenz oder Rom. Hier kann es sich lohnen (sofern man in einer Gruppe unterwegs ist) nach Ferienwohnungen Ausschau zu halten. Diese sind häufig günstiger als Hostels und bieten einen wesentlich besseren Komfort. Am Ende des Aufenthaltes müssen entsprechend des Handbuches noch einige Formalitäten erledigt werden. So müssen vor allem das Transcript of Records und das Certificate of Erasmus Grant ausgestellt werden. Für das Transcript of Records müssen in der Regel die Noten in dem sogenannten "Libretto", dem Stammbuch der Studenten (dies erhält man zu Beginn) zum Sekretariat mitgebracht werden. Dazu werden die Noten zuvor von den Professoren an entsprechenden Terminen (Appelli) in die Stammbücher eingetragen. Alles in allem war die Zeit in Padua großartig. Ich beginne sie bereits zu vermissen. Bei einem Auslandsaufenthalt bieten sich viele neue Erfahrungen und ein spannendes Leben, an das der heimatliche Alltag nicht herankommt. Ich würde die Entscheidung sofort noch ein zweites Mal genau so fällen. Ich wünsche allen nachfolgenden Austauschstudenten in Padua ein tolle Zeit - ihr werdet sie haben!