Wir zahlen zu viel! Warum klappt es nicht mit billigeren Parallelimporten? Markus Saurer 3. April 2017, Zürich Zur Hochpreisinsel Schweiz • Rudolf Strahm (TA vom 25. Oktober 2016): «Man nimmt einfach hin, dass Schweizer Detailhandelsunternehmen und KMU für die importierten Markenartikel und Importlieferungen schätzungsweise 15 Mrd. Franken mehr an ausländische Hersteller bezahlen als die Detailhandelsketten im Ausland.» – • Geplante Volksinitiative «Stopp der Hochpreisinsel – für faire Preise»: (Kartellgesetzliche) Massnahmen zur Gewährleistung der diskriminierungsfreien Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Ausland. – • M.S.: Das ist in allen reichen Ländern so. Die Schweizer zahlen an schweizerische Hersteller (Exporteure) noch viel mehr mehr. (Re-Importverbote...) M.S.: Diese Initiative beendet die schweizerische Marktwirtschaft, naja, fast. Paulus Akademie / Prof. Wirz: «Wir zahlen zu viel! Warum klappt es nicht mit billigeren Parallelimporten?» – M.S.: Weil die Parallelimporteure keine Altruisten sind. 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 2 Ein paar Grundlagen in 15 Minuten • Meine ev. bizarr anmutenden Aussagen... sind nicht in 15 Minuten zu beweisen. • Die Sache ist kompliziert...die Simplifizierer haben die Oberhand. • Ich kann nur ein paar Grundlagen skizzieren. 1. Wettbewerb 2. Nützliche und schädliche Preisdifferenzierung (Ergebnis des Wettbewerbs, Marktversagen, Staatsversagen) 3. Parallelhandel (kein wichtiger Teil des Wettbewerbs) 4. Das Kartellgesetz genügt 5. Schlussworte 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 3 1. Wettbewerb Hersteller Marken, No-Names (interbrand) Handel (intrabrand) Problem (Zwang?) Ja/nein Wettbewerb Wettbewerb nein Nirvanavorstellung der WEKO, oft nicht effizient (doppelte Marginalisierung, Trittbrettfahrer, Hold-up u.v.m.) Wettbewerb Selektiver Vertrieb Preisbindungen Vertikale Restriktionen nein hier greift WEKO oft zu unrecht ein, Parallelimport«problematik», schädliche Hochpreisinselinitiative Wettbewerb Marktmacht / Kartell ja im Prinzip irrelevant ja 3. April 2017 | Markus Saurer Buchhandelskartell verboten Migros-Coop «Kuschelduopol»? Aufgabenbereich für KG Marktmacht / Kartell Handelshemmnisse Bemerkungen Aufgabenbereich für Liberalisierung Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 4 2. Nützliche und schädliche Preisdifferenzierung (1/2) Kunden 1 10 100 1'000 10'000 11'000 Fixkosten 1'000'000 1'000'000 1'000'000 1'000'000 1'000'000 1'000'000 Zusatzkosten 100 1'000 10'000 100'000 1'000'000 1'100'000 Gesamtkosten 1'000'100 1'001'000 1'010'000 1'100'000 2'000'000 2'100'000 Durchschnittskoten • 1'000'100 100'100 10'100 • 1'100 200 191 1’000 Reiche (zahlen jeden Preis) 10’000 Arme (können sich nur Preis von 150 leisten Also werden 1’000 Reiche zu je 600 und 10’000 Arme zu je 150 bedient. (Alles in $) Parallelhändler PH (Arbitrageure): • PH bedienen 100 Reiche zu je 400, zahlen je 150 und erzielen Gewinn von 25’000. Diese Reichen «gewinnen» 20’000. • Die übrigen Reichen müssen neu 650 zahlen und «verlieren» 45’000. • Die Arbitrage führt hier nur zur Umverteilung. In der Realität mit preissensiblen Nachfragern führt sie aber zu Effizienzverlusten! 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 5 2. Nützliche und schädliche Preisdifferenzierung (2/2) • Die Preisdifferenzierung ist volkswirtschaftlich effizient, wenn sie Ergebnis des Wettbewerbs ist. Anbieter, die im Wettbewerb ihre Preise national und international nicht effizient differenzieren, gehen unter. Der Wettbewerb erzwingt Preisdifferenzierung! • Unelastischere Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft (Schweizer!, Norweger, Dänen, reiche Amerikaner, die Zürcher) zahlen höhere Preise als weniger elastische Kunden mit niedrigerer Zahlungsbereitschaft (Einwohner von Burkina Faso, Griechen, Berner, Neuenburger und Appenzeller). • Die Menge steigt! Das ist das entscheidende Mass für Nützlickeit. (Das sollten Rudolf Strahm und die WEKO prüfen.) • Schädlich kann Preisdifferenzierung sein, wenn der Wettbewerb nicht spielt (Marktversagen) oder wenn staatliche Einflüsse ein Übermass an Preisdifferenzierung zur Folge haben. (Nationale Erschöpfung im Patentrecht, Cassis-de-Dijon-Ausnahmen, Schutz der Landwirtschaft, übertriebene Swissness-Regeln ....) 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 6 3. Parallelhandel, Parallelhandelsverbote und Verbote der Verbote Selektive (oder exklusive) Vertriebssysteme im Import oder Export: Es wird vertraglich vereinbart, dass keiner der Vertriebspartner (auch nicht der Hersteller) gebietsfremde Händler oder Kunden beliefert. (Aktiver oder passiver Gebietsschutz.) Hersteller im Ausland: Parallelimporte (inkl. Direktimporte) 3. April 2017 | Markus Saurer Hersteller im Inland: Re-Importe (inkl. Direkt-Re-importe) Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! Preisbindung (resale price maintenance RPM) 7 4. Das Kartellgesetz genügt • Das KG bietet der WEKO alle nötigen Instrumente, um gegen schädliche Preisdifferenzierung vorzugehen. • Sie sollte nicht gegen Preisdifferenzen vorgehen (tut sie auch nicht), sondern gegen Marktmachtmissbräuche, schädliche Kartelle und potenziell schädliche Unternehmenszusammenschlüsse. • Ursachentherapie. • Aber man muss die Ursache zuerst nachweisen. (BMW, Elmex u.a. sind schlechte Beispiele – da hätten die Konsumenten genügend Ausweichmöglichkeiten – nützen sie diese nicht, sind sie unelastisch oder selber schuld). • Die wichtigste Ursachen schädlich hoher Preise in der Schweiz sind staatliche Regulierungen – hier kann die WEKO nur Empfehlungen abgeben... Die Preisüberwachung ebenfalls. 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 8 5. Schlussworte • Die Hochpreisinselinitiative ist extrem gefährlich. • Sie will eine Symptomtherapie, faktisch eine allgemeine Preisregulierung und gelenkten Wettbewerb (relative Marktmacht) ins KG einführen. • Die Hersteller in der Schweiz (Schweizer und Ausländer) werden damit im internationalen Wettbewerb auf Dauer Probleme bekommen. • Gegen schädliche Preisdifferenzen wird diese Therapie kaum etwas nützen. 3. April 2017 | Markus Saurer Paulus Akademie | Wir zahlen zu viel! 9