© Szasz-Fabian Erika KLIMABEWUSST BAUEN UND MODERNISIEREN Umsetzung des CO2 Minderungsprogramms in der Stadt Wolfsburg © Kirsty Pargeter 2 Grußwort Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wolfsburg, Klimaschutz ist für uns alle ein wichtiges Thema. Mir liegt besonders viel daran, dass wir in Wolfsburg unseren Teil dazu beitragen und verantwortlich mit unseren Ressourcen umgehen. Wir haben ein klares Ziel vor Augen und wollen bis 2020 die CO2-Emissionen im Stadtgebiet um mindestens 20 Prozent verringern. Wie ernst es uns damit ist, zeigt sich auch darin, dass wir zum Kreis der Unterzeichner des EU-Konvents der europäischen Bürgermeister zählen, die ebenfalls die 20-Prozent-Marke erreichen wollen. Darüber hinaus stehen wir in Kontakt mit anderen Städten, um beim Energie-Thema voneinander zu lernen. Außerdem bereiten wir mit benachbarten Kommunen die Gründung einer Energiegenossenschaft vor. Angesichts der rasanten Stadtentwicklung in Wolfsburg bekommen wir zwangsläufig neue Energieverbraucher. Immer mehr Menschen wollen in Wolfsburg wohnen. Die Stadt will und wird wachsen, es wird mehr Einwohner und damit auch mehr Gebäude geben. Durch die dynamische Entwicklung bei Volkswagen haben auch die Verkehrsflüsse zugenommen. All das deutet auf einen Mehrverbrauch von CO2 hin. Diese Entwicklung stellt uns vor die große Herausforderung, das Energiethema besonders nachhaltig anzugehen. Unser Anspruch ist es, so zu handeln, dass unsere Klimaschutz-Ziel erreichbar bleibt. Wir sind bereits auf einem guten Weg und folgen einer langfristigen Strategie. Wir haben Maßnahmen ergriffen, um unserer eigenen Gebäude energetisch zu sanieren – beispielsweise bei der Modernisierung von Rathaus, Schulen und Kindergärten. Auch die hiesigen Wohnungsgesellschaften legen viel Wert auf die energetische Sanierung ihres Bestands. Um das Einsparungsziel zu erreichen, müssen wir noch intelligenter bauen. Dabei sollten langfristig sogar Energie-Plus-Häuser zum Standard werden. Letztendlich können auch unsere Privat-Eigentümer ihren Beitrag leisten, indem Sie ihren Besitz energetisch aufwerten. Unser Angebot: Die Stadt unterstützt Ihre Haussanierung, wenn diese mindestens eine 20-prozentige CO2-Senkung bewirkt. Zahlreiche Ein- und Zweifamilienhäuser gelten in Wolfsburg als sanierungsbedürftig. Hier lässt sich also viel bewegen – und wir alle profitieren davon. In der vorliegenden Broschüre lesen Sie Näheres über das kommunale Klimaschutzkonzept, über das Förderprogramm für Altbausanierung und über unsere energetischen Maßnahmen an städtischen Gebäuden. Erfahren Sie mehr über die energieeffizienten Strategien der hiesigen Wohnungswirtschaft und über eine energetisch sinnvolle Quartiersentwicklung am Beispiel Detmerode. Lassen Sie sich informieren, inspirieren und für das Thema Energie begeistern. Ihr Klaus Mohrs 3 Städtisches Engagement für den Klimaschutz: das CO2-Minderungskonzept 4 © Sergej Toporkov Die Stadt Wolfsburg hat sich bis zum Jahr 2020 ein klares Klimaschutz-Ziel gesetzt: Sie will die CO2-Emissionen im Stadtgebiet um mindestens 20 Prozent verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, fördert die Stadt den effizienten Umgang mit Wärme und Strom, ergreift bei eigenen Gebäuden selbst Initiative und setzt auf erneuerbare Energien. Obwohl Klimaschutz für die Kommunen keine gesetzliche Pflichtaufgabe ist, stellt sich die Stadt Wolfsburg aktiv diesem Verantwortungsbereich. Damit schließt sich Wolfsburg der Zielsetzung der EU-Erklärung des „Convent of Mayors“ an. Der „Konvent der Bürgermeister“ ist eine europäische Bewegung, bei der sich die beteiligten Städte freiwillig zur Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung nachhaltiger Energiequellen verpflichten. selbst bzw. ihre Bürgerinnen und Bürger zu verantworten haben. Diese kann sie auch beeinflussen. Hier sorgen die privaten Haushalte mit rund 40 Prozent für den größten Teil der stadtweiten CO2-Emissionen. Als weitere große Energieverbraucher folgen das Gewerbe (ohne Volkswagen) und der Verkehr mit rund 30 bzw. 25 Prozent. Die Stadt Wolfsburg zeichnet mit dem Betrieb ihrer eigenen Gebäude für rund zwei Prozent des Energie-Gesamtverbrauchs verantwortlich. Daraus zieht die Stadt die Konsequenz, auch bei den städtischen Liegenschaften mit gutem Beispiel voranzugehen und sich aktiv um die Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Gebäude zu kümmern. Das größte Potenzial wird aber in der energetischen Sanierung der Wohngebäude gesehen. Mehr darüber erfahren Sie auf den folgenden Seiten. Für eine wirkungsvolle Vorgehensweise hat der Rat der Stadt bereits 2009 ein CO2-Minderungskonzept verabschiedet. Dieses zeigt mögliche Handlungsfelder und Maßnahmen auf, die das größte Potenzial aufweisen, um die CO2-Emissionen im Wolfsburger Stadtgebiet zu reduzieren. Insgesamt stammen mehr als zwei Drittel der CO2-Emissionen aus der Automobilproduktion. Die Stadt kümmert sich um die CO2-die Emissionen, die sie Ein wesentlicher strategischer Baustein der Stadt Wolfsburg war die Gründung der Wolfsburger EnergieAgentur. Diese bietet allen Interessierten eine fachliche Beratung zu Energiefragen an. Zu den wesentlichen Aufgaben zählen dabei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, technische Konzepte und Planungen sowie die Unterstützung bei der Beschaffung von Fördermitteln. Naturgemäß lassen sich hohe Minderungspotenziale dort erzielen, wo die größten Anteile der Emissionen verursacht werden. Das CO2-Minderungskonzept der Stadt Wolfsburg konzentriert sich deshalb auf folgende Handlungsfelder: • • • • Erhöhung der Energieeffizienz von Wohngebäuden Erhöhung der Energieeffizienz im Eigenbetrieb der Stadt Erhöhung der Energieeffizienz im Verkehrssektor Erzeugung von regenerativer Energie Diese Broschüre konzentriert sich auf die angestrebte Energieeffizienz in Gebäuden. Dabei liegen die Schwerpunkte auf dem Förderprogramm für Altbausanierung, auf städtischen Maßnahmen zur energetischen Sanierung der eigenen Gebäude, auf einer energetisch sinnvollen Quartiersentwicklung (dargestellt am Beispiel Detmerode) sowie auf energieeffizienten Maßnahmen der Wohnungswirtschaft. 5 Das Förderprogramm der Stadt Wolfsburg – für Privateigentümer, die ihr Haus/Gebäude energetisch sanieren Auf den Zuschuss, fertig, los! Mit diesem Slogan richtet sich die Stadt an Privateigentümer von Immobilien. Ob eine gut gedämmte Fassade, die Dämmung des Daches oder eine effiziente Heizung geplant sind, das Förderprogramm der Stadt Wolfsburg hilft Ihren Energiebedarf zu senken und das Klima zu schützen. Als Faustregel gilt: Je älter das Haus, desto höher das Einsparpotenzial. Um entsprechend Anreize für Sanierungsaktivitäten zu schaffen, hat die Stadt das Wolfsburger Förderprogramm für die Altbausanierung aufgelegt. Dieses Angebot ist deutschlandweit einmalig! Es richtet sich an private Haus- und Wohnungseigentümer, die ihre Energiekosten senken, ihren Wohnkomfort steigern und gleichzeitig zum Klimaschutz beitragen wollen. Das Förderprogramm ist einfach, transparent und unbürokratisch. Gefördert werden insbesondere Maßnahmen zur Wärmedämmung und zur Modernisierung der Heizungsanlage. Außerdem sind auch technische Einzelmaßnah- men förderfähig. Grundsätzlich gilt für die Förderung: Je höher die Energieeinsparung, desto höher der Zuschuss! Die Wolfsburger EnergieAgentur ist als kompetenter Ansprechpartner mit der Umsetzung des Förderprogramms betraut. Sie unterstützt die Stadt Wolfsburg bei der Umsetzung folgender Ziele: • Hoher Standard bei der Sanierungsplanung durch Erstberatung bei der EnergieAgentur und Energieberatung durch BAFA-Energieberater • Hoher Standard bei der Sanierungsausführung durch die begleitende Bauüberwachung mit einem bei der EnergieAgentur gelisteten Bausachverständigen • Effizientester Einsatz städtischer Mittel: Hohe Förderung für hohe Einsparungen • Dauerhaft hohe Qualität des Programms durch laufende Evaluierung und Datenübermittlung der Fördermittelnehmer • Kombination des Wolfsburger Förderprogrammen mit den Förderprogrammen des Bundes 6 © Ingo Bartussek Die Fördertreppe und bisherige Erkenntnisse Besonders attraktiv ist die Höhe der Fördermittel. Sie liegt zwischen 2.000 Euro und 8.000 Euro pro Gebäude und richtet sich nach der Höhe der Primärenergiebedarfseinsparung. Je mehr Energie Sie sparen, desto höher ist der Zuschuss. Es lohnt sich also etwas mehr zu investieren. Um eine Förderung zu erhalten, müssen durch die Sanierung mindestens 20 Prozent des Primärenergiebedarfs Ihrer Immobilie eingespart werden. Bei Häusern mit mehreren Wohneinheiten erhöht sich die Förderung sogar entsprechend der Wohneinheiten. Die bisherige Bilanz zeigt, dass das Förderprogramm gut von den Wolfsburger Eigenheimbesitzerinnen und Eigenheimbesitzer angenommen wird. Seit November 2012 wurden über 400 Initialberatungen durchgeführt und Anträge für 94 Wohneinheiten gestellt, sowie 38 Anträge für Einzelmaßnahmen. Die beantragte Fördersumme für die Fördertreppe und die technischen Einzelmaßnahmen beträgt rund 468.000 € (Stand März 2014). 60 neue Förderanträge sind in Vorbereitung, so dass voraussichtlich weitere Mittel in Höhe von rund 450.000 € beantragt werden. Die durchschnittliche Fördersumme pro Antragsteller beträgt rund 7.500 €. Die Wolfsburger Fördertreppe Die Sanierungsmaßnahmen rechnen sich nicht nur für die Privathaushalte. Sie haben auch einen positiven Nebeneffekt: Neben der Umwelt profitiert auch die heimische Wirtschaft von der Gebäudesanierung. Studien belegen: Ein geförderter Euro löst rund neun Euro private Investition aus. Von diesen Investitionen fließen etwa 90 Prozent in die regionale Wertschöpfung und in den Mittelstand. Fördersumme pro Wohneinheit 8.000 Euro 7.100 Euro 6.400 Euro 5.600 Euro 5.000 Euro 4.300 Euro 3.800 Euro 3.000 Euro 2.400 Euro 2.000 Euro 20 30 40 50 60 70 Minderung des Primärenergiebedarfs in % 7 Wie kommen Sie an Fördergelder? Der erste Schritt für die Förderung Ihres Sanierungsvorhabens ist eine kostenlose Initialberatung im Kundenbüro der Wolfsburger EnergieAgentur. Hier erhalten Sie alle Informationen zur Förderung Ihres Projektes sowie die Kontaktdaten von Energie-Effizienz-Experten. Sie vereinbaren mit einem der Experten einen Vor-Ort-Termin und lassen für Ihr Gebäude einen Energieberatungsbericht anfertigen. Dieser Bericht enthält Angaben zu den geplanten Maßnahmen und stellt die zu erwartende Minderung des Energiebedarfs für Ihr Gebäude dar. Anschließend wird der Energieberatungsbericht zusammen mit dem Förderantrag bei der Wolfsburger EnergieAgentur eingereicht. Tipp: Die Kosten für den Energieberatungsbericht werden vom Staat bezuschusst. Um die Sicherheit der Qualität bei der Bauausführung zu gewährleisten, sehen die Förderbedingungen eine begleitende Bauüberwachung durch einen bei der EnergieAgentur gelisteten Bausachverständigen vor. Die Kosten, welche dem Bauherren hierfür entstehen, werden ebenfalls mit einem Betrag in Höhe von 20 Prozent, bemessen an der möglichen Fördersumme von der Stadt Wolfsburg, bezuschusst. Auch die KfW (Förderkreditgeber) unterstützt die Kosten für die Baubegleitung mit einem Zuschuss. Sobald die Bauarbeiten abgeschlossen sind, bestätigt der Bausach- 8 © Marco2811 verständige die ordnungsgemäße Durchführung der umgesetzten Maßnahmen und der damit verbundenen Höhe der Primärenergieeinsparung. Mit der Bestätigungsmitteilung und der Rechnung des Bausachverständigen stellen Sie in der EnergieAgentur den Antrag auf Auszahlung. Der Zuschuss wird von der Stadt Wolfsburg auf ein von Ihnen angegebenes Konto überwiesen. Der Bewilligungszeitraum für die Umsetzung der Sanierung beläuft sich auf ein Jahr und kann – in begründeten Ausnahmefällen – um ein weiteres Jahr verlängert werden. Ganz wichtig: Warten Sie bitte mit der Umsetzung Ihrer Maßnahme solange, bis Sie den vorläufigen Förderbescheid von der Stadt Wolfsburg erhalten haben. Bereits laufende Maßnahmen können nicht mehr bezuschusst werden. Also: erst der Antrag, dann die Maßnahme! Um die Qualität des Förderprogramms dauerhaft zu sichern, könnte Sie die Wolfsburger EnergieAgentur nach der Sanierung darum bitten, einmal im Jahr den Zählerstand Ihrer Heizung zu übermitteln. Die Daten werden anonym und ausschließlich zu statistischen Zwecken verwendet. vor Abgleich Weitere förderfähige Maßnahmen Neben der Förderung für die energetische Verbesserung Ihres Gebäudes, fördert die Stadt Wolfsburg ausgewählte technische Einzelmaßnahmen, die ebenfalls zur Energieeinsparung beitragen. Hierzu zählen der hydraulische Heizungsabgleich, der Einbau einer hocheffizienten Heizungspumpe und der Luftdichtheitstest. Um die Zuschüsse für die Einzelmaßnahmen zu beantragen, nehmen Sie bitte Kontakt mit der EnergieAgentur auf. Die Beraterinnen sagen Ihnen genau, welche Unterlagen für die Antragstellung erforderlich sind. Als Antragsteller stimmen Sie übrigens einer möglichen Überprüfung der ausgeführten Arbeiten durch die Stadt Wolfsburg zu. Vor der Antragstellung ist eine kostenfreie Initialberatung bei der EnergieAgentur in Anspruch zu nehmen. Hydraulischer Heizungsabgleich: Rund 90 Prozent aller Heizungsanlagen sind nicht oder nicht mehr optimal eingestellt. Insbesondere nach erfolgter energetischer Gebäudesanierung oder Kesseltausch sollte das Heizungssystem grundsätzlich hydraulisch abgeglichen werden. Der hydraulische Abgleich ist ein Verfahren zur Optimierung der Druckverteilung in Heizungssystemen. Mit dem hydraulischen Heizungsabgleich bewirken Sie: weniger Energieverbrauch bei optimaler Verteilung der Wärme optimale Temperaturen für Ihr Brennwertgerät Heizungen ohne störende Geräusche weniger CO2-Emissionen Den Zuschuss in Höhe von 150 Euro erhalten Interessenten auf Antrag bei der EnergieAgentur in Verbindung mit einer kostenfreien Initialberatung. nach Abgleich Heizkosten sparen Die Wärme wird nun gleichmäßig im Haus verteilt, so dass der Heizkessel weniger Brennstoff benötigt. Stromkosten senken Eine moderne Hocheffizienzpumpe unterstützt den hydraulischen Abgleich und reduziert die Stromkosten der Pumpe. Fließgeräusche vermeiden Durch das Einregulieren voreinstellbarer Thermostatventile erhalten alle Heizkörper stets die richtige Menge Wasser. Das Pfeifen und Rauschen entfällt dadurch. © co2onlie gGmbH 2012 www.meine-heizung.de Grafik: Deutscher Infografikdienst Einbau von Hocheffizienz-Heizungspumpe/n: Um den Zuschuss für den Einbau einer hocheffizienten Heizungspumpe beantragen zu können, muss spätestens zum Zeitpunkt des Einbaus ein hydraulischer Heizungsabgleich durchgeführt worden sein. Mit dem Einbau beauftragen Sie einen Fachhandwerker eines eingetragenen Sanitär-Heizung-Meisterbetriebs. Alte Heizungspumpen arbeiten oft ohne Druckregelung und verursachen mehr Stromverbrauch und somit höhere Energiekosten als Kühlschrank und Waschmaschine zusammen. Hocheffiziente Heizungspumpen hingegen sind leistungsstark und verringern ihre Pumpleistung, wenn sie nicht gebraucht werden. Für den Einbau einer Hocheffizienzpumpe wird ein Zuschuss in Höhe von 50 Euro gewährt. Die Antragstellung erfolgt bei der EnergieAgentur in Verbindung mit einer kostenfreien Initialberatung. Luftdichtheitstest (Blower-Door-Test): Der Luftdichtheitstest wird gefördert, wenn er nach dem Differenzdruckverfahren gemäß ISO 9972 (DIN EN 13829) durchgeführt wird. Dazu muss eine Person beauftragt werden, die eine erfolgreiche Prüfung des Fachverbandes Luftdichtheit im Bauwesen e.V. oder eine vergleichbare Qualifikation vorweisen kann. Um den Zuschuss von 250 Euro zu erhalten, müssen Sie den Auszahlungsantrag zusammen mit der detaillierten Rechnungskopie und dem Nachweis der fachlichen Eignung bei der Wolfsburger EnergieAgentur im Rahmen einer kostenfreien Initialberatung einreichen. 9 Energetische Sanierung und Quartiersgestaltung Städtebauliche Kriterien für die energetische Sanierung am Beispiel des Stadtteils Detmerode Der Stadtteil Detmerode wird von von den Wolfsburgern aufgrund seiner besonderen städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten hoch geschätzt. Knapp 50 Jahre nach der Entstehung ist die Bausubstanz in die Jahre gekommen und ein unzureichender Wärmeschutz verlangt nach einer energetischen Sanierung. Bauliche Maßnahmen zum Wärmeschutz oder zur Erneuerung der Haustechnik können allerdings das äußere Erscheinungsbild von Siedlungen verändern. Um die Homogenität zu erhalten, engagiert sich die Stadt Wolfsburg stark für die Wahrung der städtebaulichen und architektonischen Eigenart ihrer Stadtteile. Mit dem Projekt „Detmerode – Städtebauliche Qualitäten gemeinsam sichern“ ist die Stadt deshalb in einen Dialog mit betroffe- nen Hauseigentümern getreten. In mehreren Workshops wurde in Zusammenarbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern Detmerodes ein Handlungsleitfaden für die Modernisierung von Einfamilienhäusern entwickelt. Der Leitfaden dient als Orientierungshilfe bei Bau- und Umbaumaßnahmen und klärt relevante Fragen zur energetischen Sanierung. Neben diesem Ratgeber unterbreitet die Stadt das Angebot einer kostenfreien und individuellen Bau- und Energieberatung vor Ort. Dieses wurde, Stand Oktober 2013, bereits von rund 50 Haushalten in Detmerode in Anspruch genommen. Veränderungen des Sichtmauerwerks z.B. durch Putzflächen oder verkleidete Außendämmung sollten aus Gründen der städtebaulichen Homogenität vermieden werden. Die energetische Sanierung sollte hier in Form einer Innendämmung durchgeführt werden. Um die Proportionen zu wahren, ist eine Außendämmung, mit einer Vorsatzschale mit rotem Ziegelmauerwerk, nur dann zu erwägen, wenn die gesamte Häuserzeile saniert wird. 10 Ein besonderes Augenmerk richtet sich bei den Sanierungsaktivitäten auf die gestaltprägenden Elemente der ursprünglichen Bebauung. Hierzu gehören Dächer, Attikakrempen, Wände, Fenster, Hauseingänge und Vordächer. Deshalb sollten die baulichen Maßnahmen darauf zielen, vor allem farblich, in Bezug auf die Materialien den gestalterischen Ursprung zu erhalten. Mit einer Außendämmung wird das Erscheinungsbild der Gebäude stark verändert. In einigen Stadtquartieren, wie etwa Detmerode, ist deshalb ein behutsamer Umgang gefragt. Möglicherweise wäre eine Innendämmung auch eine Alternative. Inzwischen gibt es dafür zahlreiche bauphysikalisch bewährte und preiswerte Lösungen. Ein wesentliches Gestaltungsmerkmal einer Siedlung ist die Optik der Dächer. Gleichzeitig hängen die Sanierungsmöglichkeiten von der Konstruktionsart des Daches ab. Die größten Energieeinsparpotenziale besitzen die Dachflächen, die häufig als Kaltdächer auf den eingeschossigen Bungalowformen gebaut wurden. Durch Sanierungen des Daches als größte Bauteilfläche können bereits hohe Energieeinsparungen erreicht werden. Neben den Dächern stellen auch die Fenster Einsparpotenziale dar. Vor der Fenstererneuerung gilt es allerdings zu berücksichtigen, wie die Fassade des Hauses beschaffen ist. Fenster und Außenwände sollten einen annähernd gleichen U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizienten) aufweisen. Dieser Wert beschreibt den Wärmeverlust durch ein bestimmtes Bauteil. Wenn die Fenster gut abgedichtet sind, die Außenwände aber nach wie vor schlecht gedämmt, sammelt sich die feuchte Raumluft an den Wänden. Mögliche Detailausbildung einer Attika bei einem Warmdach mit nachträglich aufgebrachter Wärmedämmung. Der Wärmeschutz bei Haustüren lässt sich häufig schon durch das Einbringen einer neuen Türdichtung oder durch eine Bodenschiene erhöhen. Beim Einbau einer neuen Tür empfiehlt es sich, gleichzeitig die Außenwand zu sanieren, um eine mögliche Schimmelbildung zu verhindern. Außerdem sollten die Gestaltungsmerkmale des ursprünglichen Models aufgegriffen werden. Bei den meisten Altbauten entsteht zwischen dem Keller und dem Erdgeschoss ein erheblicher Energieverlust. Es empfiehlt sich die Dämmung von unten. 11 Sinnvolle Erneuerung der Haustechnik Detmerode wird durch ein Hochdruck-Raumwärmenetz (HDRW) versorgt. Die Wärmeversorgung erfolgt bei den meisten Einfamilienhäusern direkt, d.h., die Wärme fließt auch mit hohem Druck durch das Hausnetz, ohne durch einen Wärmeüberträger vom Netz des Versorgers getrennt zu sein. Eine Systemumstellung auf Niederdruck ist mit Kosten verbunden, ermöglicht aber eine individuelle und leichtere Regulierung der Heizungsanlage. Auf Wunsch lässt sich eine Niederdruck-Heizung mit einer Solaranlage kombinieren. Mit Hilfe eines hydraulischen Heizungsabgleichs, der Erneuerung von Heizkörpern und Pumpen sowie mit Ventilanpassungen lassen sich Mögliche Detailausbildung einer Attika bei einem Warmdach mit Energieverluste verhindern und Vernachträglich aufgebrachter Wärmedämmung. brauchseinsparungen bewirken. 12 Der hydraulische Abgleich bewirkt in aller Regel eine effizientere Nutzung des Heizmediums, eine bessere Wärmeverteilung im Gebäude, weniger Geräusche und eine Reduzierung des Stromverbrauchs. Der Markt bietet inzwischen zahlreiche Photovoltaikanlagen. Bei Dachsanierungen können beispielsweise auch Photovoltaikelemente als Dachbahnen – anstelle von Bitumen – zum Einsatz kommen. Wenn die Tragfähigkeit des Flachdaches das Aufstellen von einer Photovoltaikanlage erlaubt, dann sollte ein Neigungswinkel der Solarmodule von ca. 15 Grad nicht überschritten werden, um eine ruhige Gestaltung der Dachlandschaft zu wahren. Eigene Gebäude der Stadt Wolfsburg Energetische Sanierungsplanung im kommunalen Gebäudebestand In Deutschland findet man derzeit wohl keine andere Großstadt, die je Einwohner so intensiv in die eigenen Immobilien investiert wie Wolfsburg. Über 300 Millionen Euro umfassen die verschiedenen Hochbauprojekte, die zwischen 2011 und ca. 2015 realisiert werden. Von den Investitionen profitieren Schulen, Kindertagesstätten sowie Sport-, Sozial- und Verwaltungsbauten. Dabei steht immer auch der nachhaltige Gedanke im Vordergrund. Alle Maßnahmen berücksichtigen deshalb sowohl neue Nutzererfordernisse als auch energetische und umweltpolitische Gesichtspunkte. Bei Untersuchungen an der Rathausfassade zeigten sich alterungsbedingte Schäden, die eine Sanierung der Fassade unbedingt erforderlich machten. Im Rahmen der Sanierung wurde besonders viel Wert auf die energetische Verbesserung und den Denkmalschutz gelegt. Es wurde geprüft , wie sich verschiedene Varianten von Dämmstärken, Fassaden- und Dachaufbauten auf den künftigen Energieverbrauch auswirken. Danach wurde die maximal wirtschaftlich mögliche Dämmstärke gewählt, die dem Erscheinungsbild und dem Denkmalschutz am besten entspricht. Beispiel Rathaus Wolfsburg setzt ein klares Zeichen, wenn das Rathaus als Aushängeschild einer Stadt auf hohem Niveau nachhaltig saniert wird. Bei der Sanierung bestand die Herausforderung, sowohl dem Denkmalschutz gerecht zu werden als auch den laufenden Betrieb des Gebäudes aufrechtzuerhalten. Beide Aufgabenstellungen konnten angemessen gelöst werden. Neben der Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes in Rathaus B stand ab März 2012 die abschnittsweise Generalsanierung von Rathaus A im Fokus. Erneuert wurden die über dreißig Jahre alten Fenster des zehngeschossigen Verwaltungshochhauses und der Büroräume im Ratstrakt. Die neuen Fenster sind geprüfte Sonderanfertigungen und bewirken eine deutliche Verbesserung des Wärme- und Schallschutzes. Die Außenarbeiten konnten im laufenden Betrieb und innerhalb nur eines Jahres durchgeführt werden. Parallel zur Gebäudehülle werden auch die technischen Anlagen wie Heizung und Lüftung des Rathauses modernisiert. Und der Aufwand hat sich gelohnt: Erwartet werden Heizenergieeinsparungen durch die bisher durchgeführten Maßnahmen für Rathaus A und den Ratstrakt von 25 bis 30 Prozent und mindestens 80 Tonnen Einsparungen CO2 pro Jahr. 13 Die hier beschriebenen Maßnahmen machen deutlich, dass die Stadt Wolfsburg sich Ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst ist und mit gutem Beispiel vorangeht. • Theater Wolfsburg – Generalsanierung, ca. 30 Mio. Euro • Schulzentrum Fallersleben – Generalsanierung mit Teilneubau, ca. 30 Mio. Euro • Neue Schule – Neubau Sekundarstufe I, ca. 20 Mio. Euro • BBS I – Teilabriss und Neubau/Anbau, ca. 12 Mio. Euro • Heinrich-Nordhoff-Gymnasium Haus D–Generalsanierung, ca. 6 Mio. Euro • Sporthalle Heinrich Heine Straße–Neubau Dreifeldhalle, ca. 5 Mio. Euro • Ostfalia Hochschule – Generalsanierung, ca. 4 Mio. Euro • Sportkomplex Sandkamp – energetische Sanierung, ca. 2 Mio. Euro • Drömlingstadion – Neubau Funktionsgebäude, ca. 1,5 Mio. Euro Theoretische Einsparungen (Primärenergie und CO2) nach Sanierung 200 80 250 100 150 60 100 40 50 20 0 Bestand Öl ENEV 200930%1 Pellet* Primärenergiebedarf in kWh/m2a CO2-Emission T/a 14 Bestand Öl ENEV 200930%1 Pellet* 0 CO2-Emission T/a • Die Anforderungen nach EnEV für modernisierten Altbau werden um 65 % unterschritten • Die Anforderungen für Neubau nach EnEV werden um 38 % unterschritten • Die CO2-Emissionen werden um 58 % verringert Ein Überblick über weitere Projekte mit separaten Energieplanungen (Stand 2013): Primärenergiebedarf kWh/m2a Beispiel Mehrzweckhalle Nordsteimke Eines der ersten Objekte im Sportstätten-Sanierungsprogramm war die Mehrzweckhalle Nordsteimke (Investitionssumme 1,55 Mio. Euro). Die Hauptbestandteile der Sanierung bezogen sich dabei auf die Wärmedämmung und Konstruktionsänderung des Daches, auf das Wärmedämmverbundsystem der Fassaden und den Austausch der Fenster und Türen. Außerdem wurde die Heizungszentrale saniert, eine Holzpelletheizung eingebaut und die Hallenbeheizung auf Strahlungswärme umgebaut. Durch intensive Untersuchungen konnten sehr effiziente Lösungen gefunden werden. Insgesamt wurden nicht nur Komfort und Nutzbarkeit des Sportzentrums deutlich verbessert. Zukünftig können auch folgende positive Werte erwartet werden: Ökologische Verantwortung Die NEULAND modernisiert und baut energiebewusst Zu den wichtigsten Zukunft saufgaben der Wohnungswirtschaft zählen nachhaltige Energiekonzepte. Immerhin entstehen rund 30 Prozent des gesamten Energiebedarfs im Immobilienbereich, davon allein 21 Prozent durch das Heizen der Räume. Mit einem ökologischen Schwerpunkt stellt sich die NEULAND ihrer Verantwortung als kommunale Wohnungsgesellschaft . Sie verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz. Neben dem energieeffizienten Neubau ist die Werterhaltung und energetische Optimierung der Bestände besonders wichtig. Von diesem Ansatz profitieren NEULAND-Kunden ebenso wie die Stadtentwicklung. Dass Denkmalschutz und Energieeffizienz vereinbar sind, zeigt beispielsweise das NEULAND-Projekt in der Gustav-FreytagStraße 1. Hier modernisierte die Wohnungsgesellschaft 2013 für rund 700.000 Euro ein denkmalgeschütztes Mehrfamilienhaus. Keller und Dach wurden gedämmt und die einfachverglasten Kastenfenster aus Holz gegen moderne Doppelflügel-Holzfenster mit Dreifachverglasung getauscht. Außerdem wurden zentrale Wohnraumlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung einge- baut. Insgesamt verbesserte sich dadurch die Energiebilanz des Gebäudes deutlich. Der Verbrauch konnte von 180 Kilowattstunden im Jahr pro Quadratmeter Wohnfläche auf 115 Kilowattstunden reduziert werden. Im Sommer 2013 vermeldete die NEULAND die Fertigstellung des zweiten Abschnitts der Modernisierung an der Neuen Burg in Detmerode. Diese Maßnahme ist Bestandteil einer Gesamtquartiersentwicklung, die mit dem im Jahr 2011 abgeschlossenen ersten Bauabschnitt begonnen hatte. Von der Kellerdecke bis zum Dach wurden Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 134 Wohnungen energetisch, technisch und optisch modernisiert. 15 Durch das hochwertige hybride Fassadensystem – eine Kombination aus Wärmedämmverbundfassade und Aluminium-Vorhangfassade – fügen sich die zehn Wohnhäuser harmonisch in das bestehende Konzept des ersten Bauabschnitts ein und bestechen dennoch durch die individuelle Optik. Nicht nur äußerlich haben die Gebäude deutlich an Qualität gewonnen. Sie erreichen auch einen Endenergiebedarf, der nach der Energiesparverordnung 2009 dem eines Neubaus entspricht. Dazu tragen neben der Wärmedämmung im besonderen Maße auch die neuen Fenster bei. Seit dem Sommer 2013 modernisiert die NEULAND Wohnungsgesellschaft nach den neuesten Energiestandards auch im Hellwinkel 22 Wohnhäuser mit insgesamt 162 Wohnungen in Innenstadtnähe. Zur Senkung des Energieverbrauchs erhalten die Häuser unter anderem eine neue Gebäudehülle. Diese umfasst ein Wärmedämmverbundsystem, Dämmung der Kellerdecken und der obersten Geschossdecke sowie neue Fenster. 16 Das Thema Energie spielt auch in Zukunft für die NEULAND eine wesentliche Rolle. Insgesamt 310 Millionen Euro wird die Wohnungsgesellschaft in den nächsten fünf Jahren in den Bau von neuen Wohnungen und die Modernisierung ihrer Bestände investieren. Bis 2018 werden bis zu 800 neue Wohnungen entstehen. Im Mittelpunkt der ersten, sich derzeit in der Umsetzung befindlichen, Neubauprojekte Goethepark, Neue Burg und Suhlgartenkarree steht neben der Realisierung von modernstem Wohnraum das Thema Energieeffizienz. Erstmals in Wolfsburg wird die NEULAND nahezu energieautarke Häuser im KfW 40-Standard bauen. Im Goethepark entstehen sogar Plusenergiehäuser. Mit dem damit verbundenen Energiekonzept leistet die Wohnungsgesellschaft Pionierarbeit. Denn alle drei Projekte sehen eine von fossilen Brennstoffen unabhängige dezentrale Energieversorgung durch Geothermie, Solarthermie sowie Photovoltaik (Goethepark und Neue Burg) und eine Einsparung von rund 80 Tonnen CO2 pro Jahr vor. © Marcus Kretschmar 17 Ausblick So geht es weiter Klimaschutz ist und bleibt für uns alle ein wichtiges Thema. Trotz der Herausforderung des Einwohnerzuwachses will die Stadt Wolfsburg das gesetzte Klimaschutz-Ziel erreichen und bis 2020 die CO2-Emissionen im Stadtgebiet um mindestens 20 Prozent verringern. Daher gilt weiterhin, die vorhandenen Wohngebiete energetisch zu sanieren. Die Beratungsangebote für die Wolfsburger Gebäudebessitzer werden weiter ausgebaut. Bei neu entstehenden Wohnquartieren wird der Einsatz von regenerativer Energien gleich mit in die Planung einbezogen. Die Stadt wird bei ihren eigenen Gebäuden die Sanierungsaktivitäten konsequent fortsetzen. Für den in den letzten Jahren rapide zugenommenen Verkehr wird es darauf ankommen, im Rahmen eines Mobilitätsmanagements attraktive Angebote für den ÖPNV zu entwickeln. Diese müssen insbesondere den Einpendlern gute Alternativen zum Auto bieten und sie schnell und effizient an ihren Arbeitsplatz bringen. Klima- und energiebewusst mit den Ressourcen umzugehen und neue Energiequellen zu nutzen: Das ist und bleibt der Anspruch der Stadt Wolfsburg. Insgesamt befindet sich die Stadt bereits auf einem guten Weg, der engagiert und konsequent weitergegangen werden muss. 18 © WMG Wolfsburg © Matthias Leitzke Impressum Herausgeber: Stadt Wolfsburg Umweltamt Rathaus B Porschestraße 49 38440 Wolfsburg Konzept / Projektkoordination / Umsetzung: Wolfsburger EnergieAgentur GmbH Heßlinger Straße 1-5 38440 Wolfsburg www.energieagentur-wolfsburg.de Redaktionelle Unterstützung: Thomas Beyer www.siesta.de Fotografie / Abbildungen: Stadt Wolfsburg, WMG, Fotolia, Matthias Leitzke (www.photodesign-wolfsburg.de), Wolfsburger EnergieAgentur GmbH Layout und Design: GRUNDDESIGN GmbH 1. Auflage: April 2014 19