Frankfurter Benchmark-Pool Energie

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Frankfurter Benchmark-Pool Energie
Neubau-Pool 1 Oktober 2002 bis April 2003
Energetisch optimierte Neubauplanung
für komplexe Bürogebäude
Ein Leitfaden
1. Einleitung
Dieser Leitfaden ist entstanden als ein Arbeitsergebnis des Benchmark-Pools
Neubau in der Zeit von September 2002 bis April 2003. Poolteilnehmer waren
Helvetia Versicherung, Kreditanstalt für Wiederaufbau, DEKA und Vivico mit den
Projekten Ostarkarde, Neues Domizil, Skyper, Herriots und Tower 1. Eingeflossen
sind auch die Anregungen von Baumgartner und Partner, Dübendorf/Schweiz. Der
Pool wurde moderiert vom Energiereferat der Stadt Frankfurt am Main.
Weiter Informationen erhalten Sie beim Herrn Therburg, Energiereferat der Stadt
Frankfurt am Main unter der Telefonnummer 069/212-39478
2. Ausgangssituation
Die Realisation von großen Projekten ist eine hochkomplexe Angelegenheit, bei der
über einen gewissen Zeitraum sehr viele Beteiligte unter teilweise erheblichen
Interessenskonflikten zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen müssen. Die
Entscheidungsfindung in diesem Prozess kann i.d.R. nicht eindeutigen gut/schlecht,
teuer/günstig oder effizient/ineffizient Kriterien erfolgen, sondern erfolgt nahe zu
grundsätzlich in einem Interessenskonflikt. Aufgabe eines Leitfadens für energisch
optimierte Gebäude ist es deshalb vor allem, den Beteiligten in diesem
Interessenskonflikt Wege zur nachvollziehbaren und belastbaren Bewertung der
Gebäudekonzeptionen aufzuzeigen. Energieeffizienz ist dabei bei der
Gebäudeplanung zwar ein sehr wichtiges, aber nicht das dominierende Kriterium.
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Diese muss zusammen mit Fragen nach bspw. den Kosten, der Flexibilität und der
Architektur gemeinsam abgewogen werden.
3. Anforderungen an Führungsgrößen (Kennzahlen) in der Gebäudeplanung
Für den Entwurf und die Gebäudeplanung müssen Führungsgrößen definiert werden,
die eine eindeutige energetische Beurteilung des Konzeptes erlauben. Diese
Kennwerte müssen folgenden Anforderungen entsprechen:
Die Führungsgrößen müssen in jeder Phase des Gebäudezyklussees
nachprüfbar sein! Vorgaben die nicht geprüft werden, können gleich
weggelassen werden
Eine großzügige „Übergehung“ der Anforderungen in Pflichtenheften bei der Realisation und
Umsetzung von Gebäudekonzepten ist heute selbstverständlicher Planungsalltag. Ein
Einfordern der vorgegebenen Anforderungen führt u.U. zu erheblichen Widerständen und
Unruhe im Planungsteam.
Die Führungsgrößen müssen für den gesamten Lebenszyklus eines
Gebäudes Gültigkeit haben! Bei der Auswahl ist deshalb von Beginn an auf
die Eignung der Kenngrößen für den späteren Betrieb zu achten.
Die Gebäudeleittechnik ist so zu konzeptionieren, dass die gewählten
Kennwerte im späteren Betrieb schnell und problemlos erfasst und
ausgewertet werden können.
Einen Planungsprozess auf Zielkurs zu halten erfordert einen sehr hohen
Aufwand. Es macht nur Sinn solche Führungsgrößen zu definieren, der en
Einhaltung den Projektverantwortlichen so wichtig sind, dass Sie diesen
Aufwand auch bereit sind zu leisten.
Der Aufwand, der zur Erhebung der Führungsgrößen notwendig ist, muss im
Verhältnis zur Bedeutung im Planungsprozess stehen und muss für alle
Beteiligten „fair“ gestaltet sein. U.U. kann eine einfache aber ungenaue
Führungsgröße, die für die Planungsbeteiligten mit nicht zu hohem Aufwand
erhebbar ist, letztlich zu besseren Ergebnissen führen, weil diese im
Planungsteam durchsetzbar ist.
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Es gibt keine allgemeingültigen Führungsgrößen. Je nach Umfang und Art des
Projektes und Interessenslage des Investors müssen diese für jedes Projekt
neu definiert werden
Der Schlüssel für den Erfolg liegt:
a) bei der frühen Implementierung der Zielgrößen (vor dem
Architekturwettbewerb) und
b) bei dem konsequenten Controlling der vorgegebenen Zielgrößen
(Gute Erfahrungen gab es mit der Einrichtung eines unabhänigen
separaten Controllers)
3. Energieverbrauch als Führungsgröße
Einheit:
kWh pro EBF und Jahr
EBF = Energiebezugsfläche Empfehlung: oberirdische BGF
3.1
Primärenergiebedarf
Mit Einführung der ENEV ist die Primärenergie als Bewertungseinheit bundesweit
etabliert worden. Bei der primärenergetischen Bewertung wird die vorgelagerte
Energieverbrauchskette, die zur Bereitstellung des Energieträgers vor Ort anfällt mit
einem Primärenergiefaktor berücksichtigt. Strom wird bspw. mit dem Faktor 3, die
Nutzung von Gas oder Heizöl zur Wärmeerzeugung nur mit dem Faktor 1,1 bewertet.
Die Einfachheit dieser einzigen Zahl, darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die Ermittlung des Primärenergiebedarfs auf der Grundlage einer differenzierten
Abschätzung aller Energieverbräuche des Projektes erfolgen muss.
Im Bundesprogramm „Solarbau Monitor“ wird eine Primärenergiebedarf von 100
kWh/(m²a) (ohne Bedarf für alle steckbaren Geräte (Arbeitshilfen)) für alle
teilnehmenden Projekte als Zielmarge vorgegeben. Das Projekt „Ostarkarde“ der
KfW in Frankfurt ist im Rahmen dieses Programmes erstellt und in der Planung mit
diesem Kennwert gesteuert worden.
Alternativ zu dem Primärenergiebedarf kann auch die Summe der Energiekosten pro
Jahr und Quadratmeter herangezogen werden.
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3.2
Endenergiebedarf
Endenergien sind die Energieträger, die in das Gebäude hinein gelangen. In der
Regel sind dies Erdgas, Erdöl, Fernwärme und Strom. Diese Energiemengen sind
durch die Abrechungen der Energieversorger im späteren Betrieb am einfachsten zu
ermitteln und zu bewerten.
3.3
Spezifizierung der Energieverbraucher
Die Wärme, vor allem aber der Strom wird in Gebäuden für die unterschiedlichsten
Zwecke verwendet. Deshalb ist eine Differenzierung auf die wichtigsten
Verbrauchsgruppen sehr hilfreich, um Gebäude, bzw. Gebäudeplanungen
transparent zu machen. Wesentliche Verbraucher in Gebäuden sind: Heizung,
Brauchwassererwärmung, Wärme für Kälteerzeugung, Beleuchtung, Lüftung,
Kälteerzeugung und Arbeitshilfen (Geräte).
Um den Energieverbrauch von Bürogebäuden vergleichbar zu machen, empfiehlt es
sich, Nutzungszonen der Gebäude, die einen untypisch hohen spezifischen
Verbrauch haben separat auszuweisen und die entsprechenden Energieverbräuche
zuzuordnen. Dies trifft im Wesentlichen auf Nutzungsflächen wie
Küche/Restaurant/Catering, Händlerflächen und EDV-Zentralen zu.
4. Verbrauchs- und nutzungsunabhängige Kennwerte
Die bisher aufgeführten Kennwerte basieren alle auf dem Energieverbrauch. Dieser
ist stark nutzerabhängig und die Abschätzung im Rahmen eines Planungsprozess
nie eindeutig zu bestimmen. Bei der Abschätzung der Verbräuche hat derjenige, der
dies vornimmt einen sehr großen Spielraum, die Ergebnisse zu variieren. Handfest
werden diese Werte erst dann, wenn die Ersteller der Prognose auch für eklatante
Abweichungen im späteren Verbrauch in die Pflicht genommen werden können.
Solange die verbrauchsorientierten Kenngrößen noch mit Unsicherheiten behaftet
sind, macht es Sinn, die Planung zusätzlich mit einigen wesentlichen physikalischen
Eckwerten zu steuern, die eindeutig ausgewiesen werden können und
dementsprechend auch nachprüfbar sind.
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5. Auflistung geeigneter Kennwerte
Im Anhang sind entsprechend den vorher genannten Kriterien geeignete und
bewährte Kennwerte aufgelistet. Für jedes Projekt kann daraus eine Matrix sinnvoller
Kennwerte ausgewählt werden. Für Projekte, in denen die Bereitschaft vorhanden ist,
einen relativ hohen Aufwand für die Ermittlung der Verbräuche zu leisten, reicht die
Primärenergie als Führungsgröße völlig aus. Das Planungsbeispiel der Ostarkarde
der KfW zeigt dies. Durch diese Gesamtanforderung ergeben sich in der Ausführung
im Detail Freiheiten, die sich positiv auf das Projekt auswirken. Für jede
Alternativenentscheidung muss allerdings die Auswirkung auf den Verbrauch
ermittelt und aufgezeigt werden.
Für den Einstieg mag es sicher einfacher und pragmatischer sein, mit den
verbrauchsunabhängigen Werten zu beginnen.
Wo vorhanden, sind in den Tabellen Zielwerte angegeben. Diese sind als
Anhaltswert zu verstehen. Im Laufe der nächsten Zeit werden diese Zielwerte mit
Ergebnissen aus Projekten weiter ergänzt und verifiziert werden. Dort wo es
Qualitätsstandstandards gibt, sind diese erwähnt und die entsprechenden Werte
genannt.
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Anhang:
Kommentar
Anhaltswerte
1.
Verbrauchsorientierte Kennwerte
1.1
Primärenergiekennzahl
1.2
Endenergie
von
bis
100
300
Einheit
kWh/m²a Solarbaumonitor <100 (ohne Arbeitshilfen)
Anforderungen der ENEV für den
Wärmerelevanten Teil des Energiebedarfs
Ab 2006 nach der EU Richtlinie
"Energieeffizienz in Gebäuden" verpflichtend für
jedes Gebäude anzugeben
Bilanzierung der Energieformen und -mengen, die von außen in das Gebäude eingebracht werden.
(Entspricht beim bestehenden Gebäude den Rechnungen der EVU´s etc.)
Erdgas
kWh/m²a
Flüssiggas
kWh/m²a
Erdöl
kWh/m²a
Fernwärme
kWh/m²a
Summe thermische Energieträger
30
Strom
25
50
Summe Endenergie
55
100
50
kWh/m²a Solarbaumonitor <40
Bei Einsatz von Absorptionskälte Wert
entsprechend erhöhen
kWh/m²a
kWh/m²a Solarbaumonitor <70
Minergie <40: Heizung, Warmwasser, el.
Lüftung, nicht Beleuchtung, Klimatisierung
unklar
1.3. Endenergie nach Verbrauchsgruppen differenziert (bezogen
auf das gesamte Gebäude)
Differenzierung der Verbräuche auf die wesenlichen Verbrauchsgruppen im Gebäude
(Definitionen und Berechnungen nach SIA 380/4 oder LEE)
Wärme:
Heizung
kWh/m²a
Brauchwasser
kWh/m²a
Wärme für Kälte
kWh/m²a
Strom:
Zentrale Dienste (ZD)
kWh/m²a Küchen, Aufzüge, Zentrale EDV und
Kommunikation, etc
kWh/m²a
Beleuchtung (BL)
Küftung Klima (LK)
1.4
Belüftung
kWh/m²a
Befeuchtung
kWh/m²a
Kälteerzeugung
kWh/m²a
Diverse Technik (DT)
kWh/m²a Warmwassererzeugung, Sonstiges
Arbeitshilfen (AH)
kWh/m²a Bürogeräte, steckbare Geräte
Nutzungszonen, die spezifisch einen bürountypischen hohen Verbrauch aufweisen
Die aufgeführten Nutzungen können den Stromverbrauch eines Gebäudes erheblich beeinflussen, so dass eine
Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben ist. Für eine Bewertung des Gesamtgebäudes sollten diese herausgerechnet werden
Restaurant, Küche, Catering
Fläche (BGF)
m²
Stromverbrauch
kWh/m²a
Nicht Stockwerksserver
EDV Zentralen
Fläche (BGF)
m²
Stromverbrauch
kWh/m²a
Händlerflächen
Fläche (BGF)
m²
Stromverbrauch
kWh/m²a
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2.
Verbrauchs- und nutzungsunabhängige Kennzahlen
Kennwerte, die unabhängig von der Nutzung des Gebäudes eine hohe Effizienz sicherstellen
2.1
Gebäudehülle
Mittlerer U-Wert Hüllfläche inkl. Glasflächen,
inkl. Wärmebrücken
W/m²K
Mittlerer U-Wert Fassade (mit Rahmen)
W/m²K
g-Wert Fenster und Verschattung für Glasanteil
-
Minergie: <0,2
Vermeidung von Wärmebrücken und hohen
f
Minergie:
<1,3
Minergie: <0,15
Für Glasanteil der Fassade > 30 % siehe SIAMerkblatt 2021 "Gebäude mit hohem Glasanteil Behaglichkeit und Energieeffizienz
2.2
Auslegungsparameter Büroflächen
Temperatur min
21-22
Temperatur max
2.3
2.4
21-22
26 gleitend
°C
°C
Feuchte min
-
-
Feuchte max
-
-
%
%
Kältebedarf
-
-
W/m²
Luftförderung
Luftwechsel
1,3
2
1/h
Luftwechsel
40
50
m³/Person
Durckverlust Gesamt Zuluft bzw Abluft
900
1600
Pa
Wirkungsgrad Motor+Ventilator
80
90
%
Spez. Leistung Ventilator (bez. auf m³ gef.
Luft pro Stunde)
0,5
1
W/(m³/h)
Kälteerzeugung
Kompressionskälte
Kaltwassertemperatur
6
16
°C
Kondensationstemperatur
50
38
°C
Leistungsziffer
3
4,5
kW/kW
Absorptionskälte
Kaltwassertemperatur
°C
Kondensationstemperatur
°C
Leistungsziffer
kW/kW
Free Cooling
Maximalaußentemperatur für Free Cooling
17
°C
Leistungsziffer bei Tmax
4,5
6
kW/kW
Leistungsziffer bei T=0°C
20
30
kW/kW
Maximale Außentemperatur, bei der Free
Cooling eingesetzt werden kann
Arbeitszahl Summe Kälteerzeugung
Die Arbeitszahl ist die Summe aller Verbräuche über das Jahr gemittelt, bezogen auf eine kWh erzeugt Kälte
Die Verbräuche beinhalten alle Nebenverbraucher
2.5
Strom
kWh/kWh
Wärme
kWh/kWh
Wasser
l/kWh
Helle Raumgestaltung, Nur Leuchtmittel mit EUEffizienzklasse A, nur EVG,
Beleuchtung
Spez. Inst. Leistung pro 100 Lux Beleuchtungs
2
1,5
W/m² (NF)
10
8
W/m² (NF)
Spezifische installierte Leistung
Büro
Verkehrsflächen
W/m² (NF)
Tiefgarage
W/m² (NF)
Nur Geräte mit Energielabel oder gleichwertig
einsetzen
Die Anhaltswerte sind im eigentlichen Sinne als „Anhaltswerte“ zu verstehen. Diese Werte basieren z.T. auf einer soliden
Datenbasis, z.T sind es aber auch erste Abschätzungen, die im Laufe der Zeit weiter verfeinert werden. Außerdem wird für die
Zukunft Unterteilung nach Gebäudearten vorgenommen werden, um den spezifischen Gegebenheiten unterschiedlicher
Gebäude Rechnung zu tragen.
2.6
Arbeitshilfen
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