Zweites Pflegestärkungsgesetz - Kassenärztliche Vereinigung

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Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II):
Änderungen zum 1. Januar 2017
Zum 1. Januar 2017 sind zahlreiche Änderungen in der Pflegeversicherung in Kraft getreten.
Auch wenn Sie diese in Ihrer Praxis und Ihrer täglichen Arbeit nicht unmittelbar betreffen,
haben wir Ihnen die wichtigsten Punkte auf einen Blick zusammengestellt, falls Sie von
Patienten auf das Thema angesprochen werden:
Begriff der Pflegebedürftigkeit
Seit 01.01.2017 gilt der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff. Er ist in § 14 SGB XI neu definiert:
„Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte
Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der
Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive
oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder
Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die
Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit
mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“
Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist auch seit dem 01.01.2017 ein
neues Begutachtungsverfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit verbunden. Mit der
Neuausrichtung wurden die bisherigen drei Pflegestufen einschließlich der erheblich
eingeschränkten Alltagskompetenz durch fünf Pflegegrade abgelöst. Künftig ist
entscheidend, wie selbstständig jemand seinen Alltag noch bewältigen kann. Dabei werden
folgende sechs Lebensbereiche (sogenannte Module) betrachtet und unterschiedlich
gewichtet:
Modul 1 Mobilität (körperliche Beweglichkeit, Treppensteigen,…)
Kognitive und kommunikative Fähigkeit (Orientierung über Ort und
Modul 2
Zeit, Verstehen von Sachverhalten, Risiken erkennen,…)
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Ängste, verbale
Modul 3 Aggression, nächtliche Unruhe, Abwehr pflegerischer und anderer
unterstützender Maßnahmen,…)
Modul 4 Selbstversorgung (Körperpflege, Ernährung, An- und Auskleiden, …)
Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder
Modul 5 therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (Arztbesuche,
Medikation, Messung und Deutung von Körperzuständen,…)
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Modul 6
(Gestaltung des Tagesablaufes u. Anpassung an Veränderungen, …)
10 %
15 %
40 %
20 %
15 %
Von den Modulen 2 und 3 fließt in die Gesamtwertung nur dasjenige mit der höheren
Gewichtung ein.
Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt mittels eines Punktesystems. Pflegebedürftigkeit
liegt vor, wenn der Gesamtpunktwert mind. 12,5 Punkte beträgt. Je schwerwiegender die
Beeinträchtigung, desto höher die Punktzahl.
Der Grad der Pflegebedürftigkeit bestimmt sich wie folgt (§ 15 SGB XI):
Pflegegrad 1: (12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte)
Geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
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Pflegegrad 2: (27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte)
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 3: (47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte)
Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 4: (70 bis unter 90 Gesamtpunkte)
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 5: (90 bis 100 Gesamtpunkte)
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen
Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Die neuen Leistungen in den fünf Pflegegraden (PG) im Überblick:
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (2016)
Leistungen
Pflegegeld (ambulant)
Pflegesachleistung (ambulant)
Entlastungsbetrag (ambulant)
- zweckgebundene Kostenerstattung Leistungsbetrag (vollstationär)
PG 1
PG 2
PG 3
PG 4
PG 5
./.
./.
316
689
545
1.298
728
1.612
901
1.995
125
125
125
125
125
125
770
1.262
1.775
2.005
max. Leistungen pro Monat in Euro
Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 gewährt die Pflegeversicherung Leistungen nach
§ 28a SGB XI:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Pflegeberatung gemäß §§ 7a und 7b
Beratung in der eigenen Häuslichkeit gemäß § 37 Abs. 3
zusätzliche Leistungen für Pflegedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen gemäß
§ 38a
Versorgung mit Pflegehilfsmitteln gemäß § 40 Abs. 1 bis 3 und 5
Finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen
Wohnumfeldes gemäß § 40 Abs. 4
zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen gemäß § 43b
Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen gemäß § 45
Versicherte, die am 31.12.2016 Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen haben,
wurden gemäß § 140 SGB XI automatisch von Pflegestufen in Pflegegrade übergeleitet. Die
Zuordnung in den neuen Pflegegrad wurde dem Versicherten von der Pflegekasse schriftlich
mitgeteilt. Eine Antragstellung oder erneute Begutachtung war hierfür nicht erforderlich. Für
die Überleitung gilt:
Personen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen:
a) von Pflegestufe I in den Pflegegrad 2
b) von Pflegestufe II in den Pflegegrad 3
c) von Pflegestufe III in den Pflegegrad 4
d) von Pflegestufe III, soweit die Voraussetzungen für einen Härtefall vorliegen in den
Pflegegrad 5
Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz:
a) ohne gleichzeitige Pflegestufe = Pflegegrad 2
b) bei gleichzeitigem Vorliegen der Pflegestufe I = Pflegegrad 3
c) bei gleichzeitigem Vorliegen der Pflegestufe II = Pflegegrad 4
d) bei gleichzeitigem Vorliegen der Pflegestufe III ohne oder mit Härtefall = Pflegegrad 5
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Der übergeleitete Pflegegrad bleibt dem Versicherten für die Dauer des Versicherungsfalls
erhalten. Dieser Bestandsschutz entfällt, wenn keine Pflegebedürftigkeit mehr vorliegt. Wird
ein höherer Pflegegrad festgestellt, gilt dieser (§ 140 Abs. 3 Satz 1 SGB XI). Der
übergeleitete Pflegegrad bleibt auch bei einem Wechsel der Pflegekasse erhalten (§ 140
Abs. 3 Satz 2 bis 4 SGB XI).
Pflegestufen orientieren
sich am Zeitaufwand
Pflegegrade orientieren
sich am Grad der
Selbständigkeit
Quelle: BMG – Januar 2016
Weitere Änderungen:
Kurzzeit- und Verhinderungspflege:
Statt bisher vier Wochen kann Kurzzeitpflege nun acht Wochen in Anspruch
genommen werden. Während einer Verhinderungspflege werden – bis zu sechs
Wochen im Jahr – 50 % des Pflegegeldes weitergezahlt.
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Versorgung mit Hilfs- und Pflegemitteln
Pflegebedürftige müssen keinen gesonderten Antrag mehr für Hilfs- und Pflegemittel
stellen, die für ihre Selbstständigkeit besonders wichtig sind oder die Pflege
erleichtern. Es ist ausreichend, wenn der Gutachter bei der Prüfung der
Pflegebedürftigkeit die Hilfsmittel empfiehlt und die pflegebedürftige Person damit
einverstanden ist. Eine ärztliche Verordnung ist nicht mehr erforderlich!
Flexiblere Gestaltung der Pflegesachleistungen:
Seit Januar 2017 fallen auch pflegerische Betreuungsmaßnahmen unter die
Regelleistungen. D. h. sie werden von der Pflegeversicherung übernommen. Damit können
Pflegebedürftige aus dem Angebot zugelassener Pflegedienste frei wählen, ob sie
körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen oder Hilfe bei der
Haushaltsführung benötigen.
Soziale Absicherung von Pflegepersonen:
Die soziale Absicherung von Pflegepersonen wird verbessert. Wer einen Angehörigen im
Pflegegrad 2 bis 5 wenigstens 10 Stunden wöchentlich an zwei Tagen pflegt, hat Anspruch
auf einen höheren Rentenbeitrag. Unterbricht die Pflegeperson ihre Beschäftigung oder gibt
sie ganz auf, werden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von der Pflegekasse für die
Dauer der Pflege übernommen.
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