Wohin mit Regenwasser ?

Werbung
Nachhaltige Wasserwirtschaft in Siedlungen
Siedlungsentwässerung bedeutete bisher, Regenwasser so schnell und vollständig wie möglich aus Siedlungsgebieten entweder zusammen mit dem häuslichen Abwasser in einem Mischkanalnetz oder in einem eigenen Regenwasserkanal abzuleiten. Bei versickerungsfähigem Untergrund, wie zum Beispiel in
Gröbenzell, wird das Dachwasser an Ort und Stelle versickert, oft allerdings
ohne Reinigung unmittelbar in Sickerschächten.
Als Alternative zur traditionellen Ableitung wird in den letzten Jahren versucht,
unter Beachtung ökologischer Erfordernisse die bisherigen Systeme zu verändern. Die Kunst der neuen, naturnahen Planung besteht darin, sich dem
Gleichgewicht des natürlichen Wasserkreislaufes möglichst weitgehend anzunähern und zugleich den Erstellungs- und Pflegeaufwand für Anlagen der Siedlungsentwässerung so gering wie möglich zu halten. Einen naturnahen Zustand
anzustreben heißt daher, dem Regenwasser trotz Realisierung eines Bauvorhabens auch weiterhin eine flächenhafte Versickerung zu erlauben.
Die wirksamste Maßnahme eines naturnahen Umgangs mit Regenwasser besteht darin, Siedlungsflächen so wenig wie möglich zu versiegeln. Auf einem
Grundstück kann die flächenhafte Versickerung über bewachsenen Oberboden
durch geeignete Gestaltung der Gartenfläche erreicht werden, zum Beispiel
durch einfach gepflasterte Rinnen zu flachen Rasenmulden. Das Regenwasser
von Wegen, Straßen und Plätzen soll möglichst weitgehend ohne Sammlung
am Rande der versiegelten Flächen versickern.
Eine erfolgreiche Planung ist aber nur möglich bei frühzeitiger, enger Zusammenarbeit von Bauherren, Architekten, Freiraumplanern, Verkehrsplanern und Entwässerungsplanern.
Lokale Agenda 21
Gröbenzell
Wohin mit
Regenwasser ?
Ziele einer nachhaltigen
Wasserwirtschaft
in Siedlungen
Rechtliche Situation
Die Bayern-Agenda 21 fasst die Leitvorstellungen der Bayerischen Staatsregierung für die nachhaltige und zukunftsweisende Entwicklung des Landes für das 21. Jahrhundert zusammen. Das Bemühen um Nachhaltigkeit
ist eine Daueraufgabe. Was im Sinne dauerhaft umweltgerechter Entwicklung zu tun ist, kann der Staat nicht
einseitig verordnen. Es bedarf dazu auch der Mitverantwortung und Mitarbeit aller gesellschaftlichen Gruppen.
Die Fortschreibung des Bayerischen Wassergesetzes im Jahre 1998 schaffte die rechtlichen Voraussetzungen
für Bürger und Planer, gesammeltes Niederschlagswasser in eigener Verantwortung, das heißt ohne eine Erlaubnis oder Genehmigung durch eine Behörde, versickern oder in oberirdische Gewässer einleiten zu können.
Allerdings müssen Bürger und Planer bestimmte rechtliche und technische Vorgaben beim Versickern oder
Einleiten in oberirdische Gewässer einhalten. Diese sind festgelegt in:
- der Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von gesammelten Niederschlagswasser (Niederschlagswasserfreistellungsverordnung – NWFreiV)
- den Technischen Regeln zum schadlosen Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in das Grundwasser (TRENGW)
- den Technischen Regeln zum schadlosen Einleiten von gesammeltem Niederschlagswasser in oberirdische
Gewässer (TRENOG).
Die Texte dieser Vorschriften sind im Internet unter /www.lfu.bayern.de/az/index.htm zu finden.
Regenwasser in Gröbenzell
Nach der heutigen Rechtslage darf in einem Ort wie Gröbenzell das Regenwasser von den Dachflächen der
meisten Gebäude und Strassen erlaubnisfrei also ohne amtliche, wasserrechtliche Genehmigung versickert oder
in Bäche eingeleitet werden. Eine Ausnahme bilden ganzflächig mit Kupfer oder Zink gedeckte Dachflächen und
Strassen mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehr von mehr als etwa 5000 Kraftfahrzeugen. Auf diesen
Flächen wird das Regenwasser so stark mit Schwermetallen oder anderen Schadstoffen verschmutzt, dass das
Landratsamt im Einzelfall entscheiden muss, was mit diesem belasteten Regenwasser zu tun ist.
Das Wasser soll breitflächig oder in flachen Mulden durch eine 20 cm
dicke mit Gras bewachsene Bodenschicht versickern. Durch den Oberboden werden die meisten Schadstoffe hervorragend herausgefiltert
und das Gras sorgt dafür, dass der gesammelte Schmutz immer wieder
durchwurzelt wird, so dass die Versickerungsfähigkeit auf Dauer sichergestellt ist.
In Gröbenzell wurde dies an mehreren Straßen vorbildlich gemacht,
zum Beispiel im Drosselweg. Ein etwa 50 cm breiter Streifen längs der
Straße reicht zum Versickern vollkommen aus. Muss damit gerechnet
werden, dass dieser Streifen von Autos zum Parken befahren wird, sollte er mit Rasensteinen befestigt werden, um die Versickerungsfähigkeit
auf Dauer sicher zu stellen.
Grünstreifen am Fahrbahnrand
Oktober 2007
Unser Grundwasser wird dagegen nicht ausreichend geschützt,
wenn das mit Schadstoffen belastete Straßenwasser lediglich durch
einen Streifen Rollkies versickert. Der Kies ist nicht in der Lage Öl,
Benzin oder Schwermetalle herauszufiltern. Diese Stoffe gelangen
ungehindert in das Grundwasser, insbesondere wenn es wie in Gröbenzell ohnehin recht hoch steht.
Rollkiesstreifen am Fahrbahnrand
Wasserdurchlässiges Pflaster
In Gröbenzell gibt es einige Straßen, die mit Betonsteinen gepflastert sind. Leider scheint diese Tendenz in
jüngster Zeit wieder zurück zu gehen. Gründe dafür mögen sein, dass in manchen Straßen die Bettung der
Pflastersteine unbefriedigend ausgeführt wurde, so dass es nach ein paar Jahren zum „Klappern“ der Steine
kam. Ökologisch gesehen sind wasserdurchlässige Steinpflaster jedoch sehr zu empfehlen, weil sie Schadstoffe aus dem Autoverkehr zurückhalten und damit Boden und Grundwasser schützen, die Verdunstung fördern
und damit das Kleinklima der Wohngegend verbessern und weil sie weitere Entwässerungsmaßnahmen ersparen. Es ist allerdings zu empfehlen, Beläge zu verwenden, die vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin
für diese Zwecke zugelassen wurden. Eine Geräuschentwicklung der gepflasterten Straßen kann verhindert
werden, wenn die Fugen diagonal verlaufen oder die Steine an den Kanten nicht abgeschrägt sind.
Kiesrigolen
Die Verordnung zum erlaubnisfreien Versickern von Straßenwasser gestattet, das Wasser auch in unterirdischen Anlagen zu versickern, wenn begrünte Flächen nicht zur Verfügung stehen. Allerdings ist dann anzustreben, für einen besseren Schutz des Grundwassers das Wasser linienförmig in sogenannten Rigolen, das heißt
in kiesgefüllten unterirdischen Gräben längs der Straße zu versickern. Diesen Rigolen sind zur Vorreinigung des
verschmutzten Wassers Absetzschächte vorzuschalten, in denen Laub und Sand hängen bleiben, damit die Rigolen nicht verstopfen.
Sickerschächte
Sickerschächte, die das verschmutzte Wasser punktuell in den Untergrund leiten, dürfen nach der heutigen
Rechtslage nur noch in wohlbegründeten Ausnahmefällen gebaut werden. Sie haben den ökologischen Nachteil, dass die Schadstoffe wie zum Beispiel Blei, Cadmium, Benzin oder Öl mit dem Straßenwasser konzentriert
an einer Stelle in das Grundwasser eingeleitet werden. Auf dem kurzen Weg von der Schachtsohle bis zum
Grundwasser bleibt dann keine Zeit, Schadstoffe ausreichend zurück zu halten oder biologisch abzubauen. Der
Gesetzgeber schreibt deswegen vor, dass der Abstand zwischen den höchsten Grundwasserständen der vergangenen Jahre und der Oberkante der Sandfilterschicht im Schacht mindestens 1,50 m betragen muss. Können wir das in Gröbenzell einhalten ?
Einleiten in Bäche
Führt eine Straße längs eines Baches, so kann das Wasser in der
Regel ohne Erlaubnis dort eingeleitet werden. Vorbildlich geschieht
dies zum Beispiel an der Gröbenbachstraße oder am Weiherweg,
wo das Wasser direkt über die Schultern der Straße in den Bach
fließen kann. Oft findet man in Gröbenzell aber auch niedrige
Bordsteine, die ein direktes Ablaufen des Regenwassers über die
Böschungen in den Bach verhindern. Das Wasser muss dann
längs des Bordsteins zum nächsten Gully laufen, wo es punktuell
in den Bach eingeleitet wird. Dies stellt wirtschaftlich und ökologisch keine optimale Lösung dar. Während das verschmutzte
Wasser auf dem grasbewachsenen Weg über eine Böschung noch
ausgezeichnet von Partikeln und Öl gereinigt wird, gelangen diese
Stoffe durch die punktuelle Einleitung über Rinnen oder Rohre
unmittelbar in das Gewässer. Selbst wenn man auf Bordsteine
nicht verzichten möchte, könnten „Zahnlücken“ in Meterabständen
den direkten Abfluss über die Böschung ermöglichen. Bau und
Unterhalt von Straßeneinläufen und den Rohrleitungen in den Bach
könnten entfallen.
Weiherweg
Ausblick
Die erkennbaren negativen Folgen der herkömmlichen Regenwasserableitung geben Veranlassung, über sinnvolle Maßnahmen und Verfahren zum Rückhalt und zur Versickerung von Regenwasser vor Ort nachzudenken.
Dort, wo natürliche Landschaften mit ihren Gewässersystemen noch zu finden sind, ist in der Regel eine hohe
Ästhetik und Harmonie anzutreffen. Auf Menschen üben sie eine starke Anziehung aus und sind beliebte Erholungsgebiete.
2
Oktober 2007
Wasser in der Stadt mit Brunnen, Wasserläufen und offenen Gewässern war seit alters her ein attraktives Element in allen Stadtkulturen und ist es bis heute geblieben. Viele Städte verdanken dem Wasser ihre Originalität
im Stadtbild: Venedig, Freiburg, Amsterdam, Aachen ... . Wasser initiiert Lebendigkeit, Frische und Wohlbefinden einer Stadt. Warum muss die Schönheit abfließenden Regenwassers in Schächten und Rohrleitungen versteckt und schnellstmöglich abgeleitet werden?
Schon Franz von Assisi (* 1182) wusste den Wert des Wassers hoch zu schätzen und brachte dies auch im
„Gesang an Bruder Sonne“ mit folgenden Zeilen zum Ausdruck:
Laudato si, o mi Signore ...
... Lob sei Dir mein Herr durch Schwester Wasser,
Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar und rein ...
Wir haben die Chance, Franz von Assisi´s „Schwester Wasser“ wieder erlebbar in unser städtisches Leben einzubeziehen und sie nicht nur auf schnellem Weg vom Dach über das Fallrohr in einen Sickerschacht oder vom
Gehweg über den Straßeneinlauf in die öffentliche Kanalisation zu zwingen. Das erlaubnisfreie Versickern oder
Einleiten von Niederschlagswasser in Bäche und Seen ist eine Herausforderung an den Einzelnen, sich seiner
Verantwortung für einen naturnahen und schützenden Umgang mit diesem Element bewusst zu werden. Ohne
erreichte Sicherheitsstandards aufgeben zu müssen kann man Regenwasser auch so sammeln und ableiten,
dass es in seinem Strömen, Perlen, in Wasserspeiern und offenen Rinnen, in bewachsenen Mulden, Gräben
und Teichen wieder erlebbar und sinnlich erfahrbar wird.
Bearbeitung: Dr. Erhard Meißner; Gröbenzell
Leiter des Arbeitskreises Wasser: Dr. Hans-Jürgen Rosemann (Tel. 08142 / 52489)
Stellvertreter: Ernst-Robert Rodehack (Tel. 08142 / 8671)
3
Oktober 2007
Herunterladen