Konferenzielle Vernehmlassung 19. April 2004 H+ vorläufige Stellungnahme zur Revision (2bis) des KVG H+ nimmt zum Vorgehen sowie nach der vom EDI vorgeschlagenen Reihenfolge zu den Vorschlägen Risikoausgleich, Pflegetarife, Versichertenkarte, Spitalfinanzierung, Vertragsfreiheit, Prämienverbilligung und Kostenbeteiligung Stellung. Vorgehen H+ bedauert es, dass die Ablehnung der 2. KVG-Revision im Winter 2003 durch den Nationalrat nicht als Chance zum Neuanfang im Gesundheitswesen genutzt worden ist. Eine Systemkonsolidierung und Systemoptimierung reicht nicht aus, um den heutigen und vor allem den zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Die konferenzielle Vernehmlassung vom 19. April in diesem Tempo sowie mit so vielen Teilnehmern unterschiedlichsten Gewichts und mit der beliebigen Durchmischung von Spitzen- und Unterverbänden ist eines demokratischen Prozesses unwürdig. Die Spitäler sind mehr als andere von der vorgeschlagenen Revision betroffen. Die Gesundheitsdirektoren haben aus diesen Gründen für sich den richtigen Schluss gezogen und sich der Massenveranstaltung verweigert. Risikoausgleich Die Versicherer haben unter dem gültigen Risikoausgleich Risiken selektioniert, das heisst, teure Patienten abgeschoben oder nicht aufgenommen. Jede Neuregelung ist genau dahin zu überprüfen, dass diese durch die Einheitsprämien bedingten Fehlanreize reduziert werden. Dies insbesondere auch darum, weil den Krankenversicherern mit verschiedenen Massnahmen und geplanten Neuerungen weitere Instrumente zur möglichen Risikoselektion gegeben werden. Erwähnt seien hier insbesondere die geforderte systematische Übermittlung von Diagnosen auf Rechnungen und die Aufhebung des Vertragszwangs im ambulanten Bereich (siehe dazu unten Vertragsfreiheit). Spitalfinanzierung (Leistungsentschädigung) Der mittelfristig geplante Übergang zum dual-fixen Finanzierungsmodus ohne die notwendige Anpassung der Rahmenbedingungen erscheint voreilig. Viele der sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen sind nicht gelöst, oder wurden bis heute noch gar nicht zur Kenntnis genommen. Ein bedeutender Schritt ist die Revision der VKL. Insbesondere muss hier klarer definiert werden, was 100% der Betriebskosten sind, wer die ärztliche Weiterbildung bezahlt, was Investitionen sind und wie diese in die Rechnung einfliessen. H+ Die Spitäler der Schweiz, Geschäftsstelle, Lorrainestr. 4A, Postfach 302, 3000 Bern 11, Tel. 031 335 11 11, Fax 031 335 11 70, www.hplus.ch 1/3 Konferenzielle Vernehmlassung 19. April 2004 H+ vorläufige Stellungnahme zur Revision (2bis) des KVG Noch sind Auswirkungen nicht oder zuwenig bekannt. Diese müssen erst abgeklärt werden. Sicher ist, dass die Umwälzung aller Kosten auf die Grundversicherung einen Niederschlag in den Prämien finden werden. Dann ist jede derzeitige Massnahme mit dem noch genau zu bestimmenden Endziel Monismus abzustimmen. Hüftschüsse bringen hier die Gesundheitspolitik nicht weiter. Das Thema muss neu als Leistungsentschädigung aufgegleisst werden. Dabei fordert H+ insbesondere: • • • • Die Verankerung der unternehmerischer Freiheit auch für die stationären Leistungserbringer Die Gleichbehandlung aller Leistungserbringer unabhängig von Ihrer Trägerschaft Die Klärung respektive Auflösung der Mehrfachrolle der Kantone Prospektive Preise statt vergangenheitsbezogene Tarife Mit der übergangsweise geplanten Fortführung der gültigen Spitalfinanzierungsregeln werden all diese Aspekte nicht berücksichtigt. Vertragsfreiheit Die vorgeschlagene Vertragsfreiheit ist gefährlich, weil sie auch stationäre Leistungserbringer umfasst, also Art. 35 für alle Leistungserbringer anstatt Art. 36 nur für freipraktizierende Ärzte betrifft. Die ambulante Behandlung in Spitälern mit deren Infrastruktur unterscheidet sich wesentlich von jener der freipraktizierenden Ärzte. Die unterschiedliche Finanzierung von stationären und ambulanten Behandlungen innerhalb desselben Spitals oder der Institution wird - wie bisher - zur Fehlbehandlung der Patientinnen und Patienten und dadurch zu volkswirtschaftlichen Mehrkosten führen. Dieser Umstand wird durch die Vertragsfreiheit potentiell verschärft. Dies dient niemandem, schadet aber den Patientinnen und Patienten. Wegen der Verknüpfung von ambulanten und stationären Behandlungen in einem Spital wird einmal mehr in die unternehmerische Freiheit der Spitäler massiv eingegriffen. Zudem darf den Versicherern bei den heute gültigen Rahmenbedingungen nicht freie Hand bei der Auswahl der Leistungserbringer gelassen werden. Zwei Gefahren sind hervor zu heben: 1. Die Negativselektion teurer Patientinnen und Patienten über die Auswahl ihrer Leistungserbringer, zum Beispiel Ärzte mit vorwiegend alten Patienten (medizinisch nicht gewollte Risikoselektion); 2. Die nicht-medizinische Risikoselektion: Der Ausschluss nach willkürlichen Prinzipien. Hier muss das Gesetz klar festlegen, nach welche Kriterien Leistungserbringer ausgeschlossen werden dürfen. Die Einführung der Vertragsfreiheit muss mit klaren Rahmenbedingungen, der Einführung des Monismus und mit einem verbesserten Risikoausgleich abgestimmt werden. H+ Die Spitäler der Schweiz, Geschäftsstelle, Lorrainestr. 4A, Postfach 302, 3000 Bern 11, Tel. 031 335 11 11, Fax 031 335 11 70, www.hplus.ch 2/3 Konferenzielle Vernehmlassung 19. April 2004 H+ vorläufige Stellungnahme zur Revision (2bis) des KVG Pflegetarife H+ hat sich in Vorverhandlungen bereit erklärt, der Aufstockung der beiden Tarifstufen 3 und 4 (gemäss VO KLV Art. 9a Abs. 2) und danach einer befristeten Weiterführung der angewandten Finanzierung zuzustimmen. Im Gesetz wird jetzt nur die Befristung festgelegt, ohne dass die Aufstockung annähernd besprochen wird. Da das vorschlagende Bundesamt das gleiche für Revision und Aufstockung ist, müssen zuerst die festzulegende Höhe der Tarifstufen diskutiert werden. Eine Befristung bis zum 31.12.2006 erscheint angesichts der vorliegenden Lösungsvorschläge für die Neufinanzierung als zu lange, bevorteilt sie doch den Status quo und damit die Versicherer, die nun kaum noch Anreize haben, einer national einheitlichen Lösung der sie belastenden Pflegekosten Hand zu bieten. Versichertenkarte Da sich die Versichertenkarte alleine auf administrative Informationen beschränkt, hat sie keine wesentlichen Einsparungspotentiale, vereinfacht aber den administrativen Aufwand der Spitäler und wird deshalb von H+ unterstützt. Es müssen aber Regeln ihrer Anwendung insbesondere bei deren Fehlen zum Zeitpunkt der Behandlung aufgestellt werden. Der Vernehmlassungstext vermischt die Versichertenkarte mit der Patientenkarte, die unter anderem doppelte Untersuchungen vermeiden soll. Dies sollte in der folgenden Botschaft nicht mehr vorkommen, verwirrt es doch nur. Prämienverbilligung Die Prämienverbilligung ist Sozialpolitik. Für H+ stellt sich die Frage, ob diese im Rahmen des Krankenversicherungsgesetztes stattfinden muss oder gesetzlich nicht separat gehandhabt werden soll. Kostenbeteiligung Die Kostenbeteiligung ist ein Anreiz zur Steigerung der Selbstverantwortung und wird als solcher von H+ unterstützt. Eine Erhöhung der Kostenbeteiligung kann hingegen epidemiologisch und medizinisch nicht sinnvoll sein. Sie muss unter diesen Gesichtspunkten noch einmal diskutiert und abgewogen werden. In wie weit die Kostenbeteiligung sozialpolitisch abgefedert werden muss, soll dann wiederum ausserhalb des (Kranken-) Versicherungsgesetzes geregelt werden (siehe dazu oben Prämienverbilligung). H+ Die Spitäler der Schweiz, Geschäftsstelle, Lorrainestr. 4A, Postfach 302, 3000 Bern 11, Tel. 031 335 11 11, Fax 031 335 11 70, www.hplus.ch 3/3