Von globalen Handelshemmnissen und hausgemachten Problemen

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Special Außenwirtschaft
Von globalen Handelshemmnissen
und hausgemachten Problemen
Der Außenhandelsreport 2010 – Aktuelle Ergebnisse einer Umfrage bei den deutschen IHKs
Im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise haben viele Nationen ihre Märkte abgeschottet. Kein Grund aber für
deutsche Unternehmen, sich von diesen Märkten zurückzuziehen, denn der Wiedereinstieg ist mit hohen Kosten
verbunden. Das unterstreicht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die Spitzenorganisation
der deutschen IHKs, in seinem aktuellen Außenwirtschaftsreport 2010. Die im September herausgegebene Publikation beruht auf der bundesweiten Befragung der IHKs. „tw“ stellt die wichtigsten Ergebnisse vor.
Für exportorientierte Unternehmen erschwerte sich der Außenhandel erheblich –
das zeigen die täglichen Anfragen der Unternehmen bei den IHKs. Im Zeichen der
weltweiten Krise schotteten die Länder
durch den Aufbau neuer Handelsschranken
ihre Märkte ab. Die Erfahrungen der IHKs
zeigen, dass deutsche Unternehmen auf
den internationalen Märkten im Jahr 2009
vermehrt mit der Einführung von Importzöllen und dem Erlass von Kontroll- und
Zulassungsvorschriften für eingeführte Güter zu kämpfen hatten. Dementsprechend
stieg im letzten Jahr die Zahl der Bescheinigungen, die von den IHKs für Außenwirtschaftszwecke ausgestellt wurden, um
4 000 auf über 439 000 Testate.
Enormer Beratungsbedarf
der Unternehmen
Die zahlreichen neuen Regelungen und die
bestehenden und komplexen Sachverhalte
im Außenwirtschaftsgeschäft haben einen
enormen Beratungsbedarf bei den Unternehmen zur Folge. Zu den unterschiedlichen Aspekten erteilten die IHKs im Jahr
2009 in über 488 000 Fällen Auskünfte oder
führten intensive Beratungen durch. 60
Prozent der Anfragen betrafen den Bereich
Zoll- und Außenwirtschaftsrecht.
Die aktuellen Schwierigkeiten, mit denen
deutsche Unternehmen im Auslandsgeschäft zu kämpfen haben, verstärken den
Eindruck, dass trotz des wirtschaftlichen
Aufschwungs in diesem Bereich in absehbarer Zeit nicht mit einer Lockerung zu
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rechnen ist. Gefragt nach den Ländern, mit
denen die deutschen Unternehmen besonders gravierende Probleme im Auslandsgeschäft hatten, nannten die IHKs insbesondere Russland (22 Prozent), die USA (15
Prozent) und den Iran (14 Prozent).
In den wichtigen Schwellenländern Russland und China erschweren vor allem Zertifizierungsanforderungen das Exportgeschäft. Europäische Normen werden in
diesen Ländern nicht anerkannt. Deshalb
müssen deutsche Unternehmen ihre Produkte erneut vor Ort bei staatlich bestimmten Zertifizierungsstellen registrieren lassen, bevor die Waren auf diesen Märkten
verkauft werden dürfen. Die Unternehmen
berichten in diesem Zusammenhang über
langwierige und kostenintensive Prüfungen.
Aber auch das chinesische und das russische Rechtssystem werden von den Unternehmen als keineswegs gefestigt und
kalkulierbar angesehen. Sich ständig ändernde Zoll- und Einfuhrvorschriften, verbunden mit umfangreichen Dokumentationspflichten, erschweren und verteuern
vor allem terminabhängige Lieferungen.
Gerade deutsche Unternehmen, die neben ihren Produkten auch einen guten
After-Sales-Service anbieten, sehen sich
häufig blockiert.
Die deutsche Wirtschaft verkennt nicht,
dass sichere und geprüfte Handelswege
eine unbedingte Voraussetzung für den
internationalen Warenverkehr sind. Jedoch darf die Einhaltung strenger Sicher-
heitsstandards und der Exportkontrollvorschriften die Unternehmen nicht über
Gebühr belasten. Deutsche Exporteure
beklagen allerdings häufig in Gesprächen
mit den IHKs, dass außer den nationalen
Sicherheitsvorschriften auch die Regelungen von Drittstaaten – vor allem die der
USA – im internationalen Warenverkehr
zu berücksichtigen sind. Die Einhaltung
der unterschiedlichen nationalen und internationalen Vorschriften erschwert das
Tagesgeschäft erheblich.
Zu nennen sind beispielsweise die Re-Exportbestimmungen der Vereinigten Staaten. Diese besagen, dass deutsche Unternehmen, die ein Produkt herstellen und
dabei Teile aus den USA verwenden, neben
den deutschen Exportkontrollvorschriften
zusätzlich auch die Vorgaben der US-Behörden berücksichtigen müssen. Diese
verbieten mitunter den Handel mit bestimmten Ländern und Regionen der Welt
(zum Beispiel Kuba, Iran). Obwohl die USA
bei Verstößen keine gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber deutschen
Unternehmen haben, drohen diesen bei
Nichteinhaltung Nachteile in ihrem USGeschäft.
Zusätzlich initiierten die USA zahlreiche
Maßnahmen, um den internationalen Warenverkehr gegen terroristische Angriffe
sicherer zu gestalten. So müssen deutsche
Unternehmen, bevor sie Waren in die USA
liefern dürfen, einen Sicherheitscheck über
sich ergehen lassen. Die Lieferungen, die
für den US-amerikanischen Markt bestimmt sind, müssen darüber hinaus schon
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Fundierte Ergebnisse aus erster Hand
Mit dem Außenwirtschaftsreport 2010 präsentiert der Herausgeber DIHK die Ergebnisse der aktuellen Umfrage bei den Bereichen International/Außenwirtschaft
in den 80 IHKs in Deutschland. Die Umfrage wurde erstmals im Jahr 2009 durchgeführt.
Zum Hintergrund: Die IHKs unterstützen die Unternehmen in ihrer Region regelmäßig bei deren Auslandsgeschäften: mit Seminaren zu außenwirtschaftlichen
Themen, amtlichen Bescheinigungen im Außenwirtschaftsverkehr und Beratungen zu Märkten und Marktbedingungen. Sie stehen deswegen in engem Kontakt
mit den Unternehmen und erhalten Informationen aus erster Hand. Die Auswertung des DIHK wurde im August abgeschlossen.
24 Stunden vor Verschiffung den US-Behörden gemeldet werden – die gegebenenfalls
die Verladung sogar stoppen können.
Zudem beklagen die deutschen Unternehmen laut Report, dass ihnen in einer Reihe
von Drittstaaten der Zugang zu Märkten
aufgrund von Begehrlichkeiten der Zollbehörden und anderer Institutionen für außertarifliche Zuwendungen verwehrt wird.
Ein Negativbeispiel, von dem immer wieder berichtet wird, ist Deutschlands drittwichtigster Handelspartner außerhalb der
Europäischen Union: die Russische Föderation.
Auch der alltägliche Geschäftsverkehr mit
Nationen, die eine Mitgliedschaft in der
Europäischen Union anstreben, verläuft
den IHKs zufolge keineswegs reibungslos.
Komplizierte Vorschriften bei der Zollabfertigung werden von den Unternehmen
im Geschäft mit der Türkei als großes Handicap wahrgenommen. Zusätzlich zu dieser Barriere erschwert der Erlass einer
Reihe neuer Einfuhrvorschriften, zum Beispiel die Einführung einer „Exporter Registry Form“ oder von Zöllen auf Schuhe und
Krafträder in der Türkei, den Warenaustausch zwischen Deutschland und seinem
südöstlichen Handelspartner.
Die negativen Auswirkungen, die von
staatlichen Eingriffen in den Außenhandel ausgehen, zeigten sich zuletzt eindrucksvoll am Beispiel Algerien. Die Behörden dort verfügten im Herbst 2009
ohne ersichtlichen Grund eine Reihe von
neuen Einfuhrvorschriften (Konformitäts-
zertifikate für importierte Waren und Akkreditivpflicht für Importe) und verschärften bereits bestehende Vorschriften im
Außenwirtschaftsbereich. Zudem wurden
neue Zertifizierungs- und Zahlungsvorschriften erlassen. Die Maßnahmen führten dazu, dass die Geschäfte mit Algerien
kurzzeitig zum Erliegen kamen. Exporteuren wurden Hürden auferlegt, die zusätzlich zu den zeitlichen Verzögerungen
auch erhebliche Kosten verursachen, beispielsweise durch aufwendige Dokumentationspflichten.
Auch Behinderungen in
Deutschland und der EU
Nicht nur im internationalen Geschäft stoßen deutsche Unternehmen auf Schran-
ken und Barrieren. Gefragt nach den am
häufigsten genannten Behinderungen in
Deutschland und der EU im Auslandsgeschäft, nennen 51 Prozent der IHKs die geltenden Exportvorschriften, die insbesondere für mittelständische Unternehmen
nur schwer einzuhalten sind. Ein Großteil
der täglichen Beratungen der IHKs befasst
sich mit Fragen zur Exportkontrolle und zu
Zollvorschriften. Zusätzlich haben deutsche Unternehmen mit Problemen bei der
Exportfinanzierung zu kämpfen.
Auch wenn nur wenige Waren (Rüstungsund Dual-use-Güter) und Adressatenländer von Exportkontrollen betroffen sind,
verunsichern die vorgeschriebenen Prüfungen für jede Ausfuhrsendung die Unternehmen. Die aufwändigen Kontrollverfahren, deren lange Dauer und deren
Über 1,5 Millionen Ursprungszeugnisse und Bescheinigungen
Der Rückgang im Außenwirtschaftsverkehr des letzten Jahres findet seinen Niederschlag auch in der Zahl der von den IHKs im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags ausgestellten Ursprungszeugnissen: Im Jahr 2009 wurden rund 1,1 Millionen
Ursprungszeugnisse herausgegeben – über neun Prozent weniger als im Vorjahr.
Der im Vergleich zu den Exportzahlen (minus 17,9 Prozent) geringere Rückgang
bei der Zahl der ausgestellten Ursprungszeugnisse begründet sich durch das Verhältnis von Warenwert zu Lieferumfang: Auch wenn sich mitunter der Wert einzelner Lieferungen verringert hat, war für die Ausfuhr trotzdem jeweils ein Ursprungszeugnis erforderlich.
Die Zahl der Bescheinigungen hat hingegen um 1,1 Prozent auf mehr als 439 000
zugenommen. Insgesamt stellten die IHKs somit 1,526 Millionen Ursprungszeugnisse und Bescheinigungen aus – 6,3 Prozent weniger als im Vorjahr.
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ungewisser Ausgang schrecken mittelständische Unternehmen von Geschäften mit den betroffenen Ländern ab. Ein
Beispiel sind Lieferungen in den Iran, wo
Unternehmen unter anderem über verschleppte Genehmigungsverfahren und
abgelehnte Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen berichten.
Für den Handel kommt erschwerend hinzu, dass vielfach die Zollverwaltung Waren aller Art in sensible Länder erst dann
passieren lässt, wenn die Unbedenklichkeit ausdrücklich nachgewiesen ist. Diese
unkalkulierbare Entscheidungspraxis der
Zollbehörden ist aus Sicht der Unternehmen unbefriedigend.
Im letzten Jahr verabschiedete sich die
deutsche Zollverwaltung von der Ausfuhrabfertigung in Papierform und führte
ein elektronisches Abfertigungssystem
ein. Die IHKs berichten, dass vor allem bei
mittelständischen Unternehmen die Umstellung auf das neue System einen erhöhten Informations- und Beratungsbedarf nach sich zog. Gerade zu Beginn der
Umstellung verliefen die Ausfuhrverfahren an den Außengrenzen der EU, zum
Beispiel in Belgien, nicht reibungslos, da
der Systemwechsel nicht ausreichend
mit den anderen EU-Mitgliedstaaten abgestimmt war.
Durch die Einführung der elektronischen
Ausfuhrabfertigung wurden die bisherigen Verfahrensvereinfachungen aus der
„Papierwelt“ durch die Zollbehörden widerrufen. Die bislang genehmigten Vereinfachungen mussten unter erschwer-
ten Bedingungen für das elektronische
Verfahren neu beantragt werden. Parallel
wurde für jeden international tätigen Akteur eine europäische Registriernummer
eingeführt – in der Beantragung lag erneut eine Belastung für die Unternehmen.
Dank der Erholung auf den Weltmärkten
erwarten deutsche Unternehmen jetzt
wieder mehr Aufträge aus dem Ausland.
Allerdings ist für viele Unternehmen die
Finanzierung ihres Auslandsgeschäfts
schwierig. 23 Prozent der IHKs nennen
Schwierigkeiten bei der Exportfinanzierung als das Hauptproblem für im Auslandsgeschäft tätige Unternehmen.
Durch die Auftragseinbrüche im Jahr 2009
mussten zahlreiche Unternehmen deutliche Bonitätsherabstufungen hinnehmen.
Gleichzeitig zeigen sich internationale
Finanzierungsgeber angesichts der Risiken bei der Kreditvergabe zurückhaltender. Erschwerend für das Auslandsgeschäft kommt hinzu, dass auch die
Handelspartner im Ausland ihrerseits
Probleme haben, ausreichend finanzielle
Mittel für ihre Geschäfte mobilisieren zu
können.
Erhalt des Auslandsgeschäfts
ist prioritär
In den Beratungsgesprächen mit den Unternehmen wurde deutlich, dass es in
Zeiten der Krise für die Unternehmen besonders wichtig ist, sich nicht von ihren
ausländischen Märkten zurückzuziehen.
Ansonsten laufen sie Gefahr, das Gefühl
für die Zielmärkte zu verlieren und einmal aufgegebene Geschäftskontakte
nicht ohne Weiteres wiederbeleben zu
können. Insbesondere mittelständische
Unternehmen gaben in den Gesprächen
an, dass sie – auch wenn sie eigene Vertriebsniederlassungen im Ausland schließen müssten – vielfach durch Kooperationen mit Handelsvertretern auf den
ausländischen Märkten präsent bleiben.
Die wichtigsten Themen in den Beratungsgesprächen mit den Unternehmen
waren nach Angaben der IHKs – abgesehen von Anfragen zum Zoll- und Außenwirtschaftsrecht – Informationen über
ausländische Märkte (Rang 1). Zudem
fragten die Unternehmen besonders
häufig allgemeine Rechtsinformationen
(Rang 2) nach. Auf Rang 3: Hilfe beim
Aufbau und der Pflege von Geschäftskontakten.
Zahlreiche Unternehmen – das zeigt die
Umfrage bei den IHKs – haben die Krise
genutzt, um sich im Auslandsgeschäft
neu zu positionieren. Sie investierten, um
für die Zeit nach der Krise gut gerüstet zu
sein, und nahmen in vielen Bereichen
notwendige Umstrukturierungen vor, um
ihre Kosten zu senken – beispielsweise
durch die Anmietung von Büro- oder Lagerkapazitäten zu besseren Konditionen.
Dementsprechend berichten die IHKs
auch über ein Interesse der Unternehmen an den Themenbereichen Investitionen (Rang 4) und Finanzierung im Außenwirtschaftsgeschäft (Rang 5).
www.dihk.de
IT.NRW aktuell: Niederlande 2010 wieder wichtigster Handelspartner
Die Niederlande waren im ersten Halbjahr Nordrhein-Westfalens wichtigstes
Abnehmerland: Es wurden Waren im
Wert von 8,3 Milliarden Euro (gegenüber
Vorjahreszeitraum: plus 9,6 Prozent)
dorthin exportiert. Wie Information und
Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, folgten Frankreich (7,4 Milliarden Euro; plus 13,8 Prozent) und das Vereinigte Königreich
(fünf Milliarden Euro; plus 20,2 Prozent)
auf den Plätzen zwei und drei. Alle EU-
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Länder (EU 27) zusammen nahmen Waren im Wert von 51 Milliarden Euro ab,
das waren etwa zwei Drittel der gesamten NRW-Exporte.
Auch bei den Importen führten die Niederlande mit beachtlichem Vorsprung
die Rangliste der wichtigsten Lieferländer an: Bezogen wurden Waren im Wert
von knapp 13,7 Milliarden Euro (plus 21,5
Prozent). Auf den nächsten Plätzen rangierten die Volksrepublik China (7,5 Milli-
arden Euro; plus 25,1 Prozent), Belgien
(5,8 Milliarden Euro; plus 12,3 Prozent)
und Frankreich (5,8 Milliarden Euro; plus
5,7 Prozent). Nahezu zwei Drittel der
NRW-Importe kamen aus EU-Ländern.
Die Exporte der NRW-Wirtschaft summierten sich im ersten Halbjahr nach
vorläufigen Ergebnissen auf 78,3 Milliarden Euro – 15,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Wert der Importe stieg um 15,3
Prozent auf 83,9 Milliarden Euro.
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