hbs | Sanierung Flumroc: Das Bürogebäude sinnvoll und energieeffizient umgebaut Flumroc erneuerte ihren Hauptsitz. Jetzt ist das Bürohaus schöner als vorher — und ökologischer. «Eine sehr gute Wärmedämmung und viel Fotovoltaik machen das Plusenergiehaus möglich», erklärte Kurt Frei, Geschäftsführer der Flumoc AG, anlässlich der Medienorientierung von Mitte Juni in Flums. «Neue Gebäude sollen sich ab dem Jahr ——Architektur: gestalterisch ansprechende 2020 möglichst selbst mit Energie versor- Integration von Solarzellen in die Gebäu- gen», schreiben die kantonalen Energiedi- dehülle. rektoren in ihren Leitlinien. Flumroc nimmt ——Nutzerkomfort: verbesserte Arbeitsver- die Forderungen der Regierungsräte wört- hältnisse — Raumluft, Tageslicht, Grund- lich, wenn man davon absieht, dass das betriebseigene Bürohaus mehr als 30 Jahre alt risse — sowie neue Kundenzone. Alle vier Ziele liessen sich mit einer gesamt- ist. Durch die Gesamterneuerung sind drei heitlichen Erneuerung erreichen. Dass heisst: wichtige Kriterien des nachhaltigen Bauens Komfort, Gesundheit, Ökologie und Vorbild- erfüllt: Der Einsatz an grauer Energie für die funktion sind in einem Paket verschnürt. Baumassnahmen ist gering, weil die Primärstruktur des Gebäudes vollständig erhalten 1 Wie viel dämmen? Dämmstärken sind immer wieder Anlass für ist. Zweitens qualifiziert sich das Objekt im regulären Bürobetrieb als Plusenergiehaus, plätze mit geringen Umweltauswirkungen. Diskussionen. Doch mit Blick auf die Ziel- und, drittens, macht die Erneuerung das Bürohaus zukunftsfähig, also für Jahrzehnte Die vier wichtigsten Ziele: marke «Plusenergiehaus» ist die Rechnung ——Vorbild: Das erneuerte Haus passt in die bald gemacht. Denn an einem Bürohaus in Energiestrategie 2050, ist multiplikations- Grösse und Form des Flumroc-Hauptsitzes fähig und hat dadurch Beispielcharakter. mit Restaurant ist gar nicht so viel Platz für ——Konzept zur Umsetzung: sehr gute Wär- Solarzellen verfügbar, um mit dem erzeugten Im Zentrum der baulichen Massnahmen medämmung, Stromerzeugung mittels Strom den Bedarf eines nur minimal ge- stand ein höherer Arbeitskomfort für Mit- Fotovoltaik und eine zeitgemässe Gebäu- dämmten Gebäudes zu decken. Die Trans- arbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Arbeits- detechnik. missionsverluste liegen gemäss SIA-380/1- nutzbar — in Neubauqualität. Vier zentrale Ziele 2 Sanierung | hbs Berechnung bei 42,2 kWh/m2, die internen und solaren Gewinne bei 51,9/37,2 kWh/m2 Fotovoltaikanlagen: Technische Daten (brutto/netto, also mit oder ohne Ausnüt- Standort zungsgrad des Wärmegewinnes). 0,81/1,13 ist das Verhältnis dieser Grössen. Falls dieser Wert deutlich darüberliegt, ist das Plusenergie-Ziel schwierig oder kaum zu erreichen. Ein Haus gut zu dämmen, ist nur dann Bürohaus Bürohaus Fassade Dach Modultyp Beide Anlagen zusammen LG; Solar Frontier; LG290N1C-G3 SG-170-S Installierte Leistung (DC) 71,3 kWp 57,3 kWp 128,6 kWp S/O/W: sinnvoll, wenn eine Dämmstofffabrik dane- 36,4/8,8/12,1 kWp ben steht, sondern in allen Projekten, in denen zwischen Verlustminderung und Ener- Nennleistung AC 68 kVA 51,0 kVA 119 kVA gieerzeugung eine wirtschaftliche Balance Aufstellwinkel 15° 90° — erreicht werden muss. Anzahl Module 246 337 582 Einverstanden! Aber wie steht es mit der S/O/W: 214/52/71 grauen Energie? Diesbezüglich ist die Dämmstärke weniger heikel als allenfalls Unterkonstruktionen aus Metall und PV-Zellen. Denn der Dämmstoff lässt sich rezyklieren (in diesem Fall nur einen Steinwurf entfernt), Module Leistung Modul 290 Wp 170 Wp Installierte Fläche 403,4 m 413,9 m 817,3 m2 Prognostizierter Ertrag 63 500 kWh 40 500 kWh 104 000 kWh 2 — 2 die Aufhängung wurde aus Gründen der Verlustminimierung sehr stark optimiert; die gehängten Fotovoltaikmodule an innova- Flumroc FBD 550 14 cm; Vakuumdämmung PV-Module haben, wie mehrfach belegt, sehr tiven Unterkonstruktionen in zwei Versionen zweimal 2,5 cm; Wärmedämmung mit Ge- kurze energetische Rückzahlfristen. (siehe Workshop Wärmebrücken). fälle Flumroc MEGA 2 cm bis 10 cm; zweila- Die Nordwestfassade ist kompakt aufgebaut, gige Abdichtung aus Polymer-Bitumen 1 cm; Anschauungsunterricht mit einer verputzten Aussenwärmedäm- Trennvlies 0,5 cm; Splitfüllung mit Höhen- Die Flumroc-Zentrale bietet für Architekten mung. Weil die eingesetzte Steinwolle sehr ausgleich 3 cm bis 5 cm; Betonplatten 4 cm. und Fassadenbauer reichlich Anschauungs- formstabil ist, sind diese dunklen Farben Flachdach: Der Dachrand wurde erhöht, um unterricht. Denn die Bauhülle des Gebäudes erst möglich. Aufbau: Backstein 15 cm; Wär- PV-Module im gleichen Raster an der Dach- ist mit fünf verschiedenen hochdämmenden medämmung Flumroc COMPACT 32 cm; stirne montieren zu können; die raffinierte Systemen eingepackt: Aussenputz 0,7 cm bzw. 1,5 cm. Die begehbaren Terrassen sind mit Flumroc- Lösung schafft Raum für zusätzliche Wärme- Steinwolle und -Vakuumdämmung geschützt. medämmung Flumroc FBD 550 36 cm; Wär- Aufbau: Betondecke 34 cm; Wärmedämmung medämmung Flumroc MEGA 6 cm (Dämmkeil Die Südost-, Südwest- und die Nordostfassade sind hinterlüftet. Wärmedämmung mit 30 cm Flumroc DUO. Befestigt sind die vor- dämmung. Aufbau: Betondecke 22 cm; Wär- 3 holzBaumarktschweiz 04/2014 | 19 hbs | Sanierung entlang des Dach- temen, wie zum Beispiel GFT Thermico von randes, Flumroc Gasser Fassadentechnik oder dem RSD-Sys- MEGA 8 cm bis tem von Rogger Fasteners sind es nur einige 6 cm; zweilagige Prozente. Diese Lösungen spielen in einer Abdichtung aus ganz anderen Liga. Die GFT-Konsole besteht Energiebezugsfläche 2995 m2 Polymer-Bitumen 1 cm; Vegetations- aus einem glasfaserverstärkten Kunststoff- Gebäudehüllzahl 1,23 Stab mit Alu-Flanschen auf beiden Seiten. Gebäudehüllfläche 3676 m2 substrat für Dachbegrünung Der punktuelle Wärmebrückenverlust χ beträgt 0,0009 W/K je Konsole, pro m2 mit 1,8 Davon Fenster 651 m2 8 cm oder Gummischrotmatte 1 cm und Rundkies 6 cm zur Befestigung des Mon- Konsolen 0,0016 W/K. Beim RSD-System tagesystem der Fotovoltaik-Module. werden zwei um 15° abgewinkelte Schrauben Dämmung der Kellerdecke mit 20 cm Flum- 4 Erneuerung Bürohaus Flumroc: Energie- und Gebäudedaten Gebäude Heizwärmebedarf Projektwert Qh 27,2 kWh/m2 durch die Wärmedämmung in der Primärstruktur verschraubt. Diese Stahlschrauben Grenzwert Qh,li 60,3 kWh/m2 sind mit glasfaserverstärktem Kunststoff Workshop Wärmebrücken Transmissionswärme- ummantelt. Chi-Wert χ: 0,0081 W/K, pro m verlust In hochdämmenden Aussenwandkonstruk- mit 2 Schraubenpaaren und einer zusätz- Lüftungswärmeverlust 22,2 kWh/m2 tionen machen Wärmebrücken einen viel lichen Einzelschraube: 0,02 W/K. grösseren Anteil aus als in wenig geschütz- Die gerahmten PV-Module sind an waag- Interne Gewinne 26,4 kWh/m2 ten Wänden. In einer hinterlüfteten Fassade rechten Aluprofilen mittels Hutprofilen be- Solare Gewinne 25,6 kWh/m2 mit einer Unterkonstruktion aus Aluminium festigt. Jedes einzelne Modul lässt sich ein- Ausnützungsgrad 0,74 kWh/m2 mit Thermo-Stopper gehen 40 Prozent der zeln aushängen. Die Verkleidung mit Rock- U-Werte Verluste auf das Konto der Befestigungsan- panel (Platten aus stark gepresster Stein- Kompaktfassade 0,10 W/m2 K ker (Dämmstärke 30 cm). Bei einer Dämm- wolle) ist an einer senkrechten Unterkon- Hinterlüftete Fassade 0,11 W/m2 K stärke von 14 cm sind es nur 25 Prozent. struktion sichtbar verschraubt. Bei der Was immer noch viel ist, denn mit den Sys- GFT-Lösung besteht diese Unterkonstruk- Flachdach 0,09 W/m2 K Terrasse begehbar 0,09 W/m2 K Kellerdecke, Erd- 0,12 W/m2 K roc TOPA. 2 Energiebilanz 42,2 kWh/m2 geschossboden Boden Untergeschoss 0,38 W/m2 K Fenster Verglasung: Aufbau 3-fach-Isolierverglasung Verglasung: U-Wert 0,5 W/m2 K Fenster-U-Wert 0,80 W/m2 K Normformat g-Wert 0,47 Lufterneuerung Thermisch wirksamer Aussenluftvolumenstrom 0,50 m3/m2 h Luftvolumenstrom 7820 m3/h Bedarfsdeckung 5 20 | holzBaumarktschweiz 04/2014 Anteil Fernwärme 23 kWh/m2 Ertrag Fotovoltaik 34,7 kWh/m2 Sanierung | hbs tion aus horizontalen und vertikalen Aluschienen, die an Konsolen verschraubt sind. Kosten der umfassenden Erneuerung: Anteile Beim Rogger-System sind vertikale Holzlat- Gebäudehülle, wovon ein grosser Anteil auf Unterhalt und Instand- ten auf den horizontalen Aluprofilen ver- haltung entfällt schraubt. Diese sind durch Rogger-Schrau- Erneuerung der Innenräume: Kundenzone, Büros, Elektro- und ben an der Primärstruktur befestigt. Die IT-Installation vertikale Holzlattung ermöglicht eine Hin- Zusatz Plusenergie respektive Minergie-A und Minergie-P: Gebäude- terlüftung. Zwischen vorgehängten Modulen und Rockpanel-Platten und der Steinwolle-Wärmedämmung wirkt die Hinterlüftung (8 cm) — mit positivem Effekt auf die Stromerzeugung, weil gekühlte Solarzellen mehr 52 % 19 % 17 % hülle, Technik (z. B. Lüftungsanlage), Fotovoltaik Notwendiger Unterhalt nach 30 Jahren: Empfang, WC-Anlagen, 12 % Asbestsanierung, Umgebung Total 100 % Kilowattstunden bringen als überhitzte. Das auch noch! Vorher oder nachher schrauben? Gesamtsanierungen sind immer auch An- Noch ein wesentlicher Unterschied: Die lass, das Gebäude, vor allem dessen Grund- RSD-Schrauben kommen nach der Verle- risse, teilweise geänderten Abläufen und gung der Wärmedämmung in die Konstruk- Arbeitsweisen anzupassen. Diese Chance tion, die GFT-Konsolen müssen vorgängig wurde genutzt. Im Erdgeschoss docken das verschraubt werden. Am Beispiel der Rog- Flumroc-Restaurant und ein Ausstellungs- ger-Schrauben lässt sich der Wärmebrü- 7 ckeneffekt quantifizieren: Mit den Schrauben beträgt der U-Wert 0,12 W/m2 K, ohne, raum an den neuen und grosszügigen Empfangsraum an. Änderungen auch in den zwei Bürogeschossen: Viele Mitarbeite- also in einer ungestörten Fläche, 0,11 W/m2 K gegenüber konventioneller Technik. Pea- rinnen und Mitarbeiter arbeiten in «kleinen — ungefähr 10 Prozent Minderung durch die nuts sind das nicht, angesichts einer sum- Grossraumbüros», die eine Teamarbeit er- Befestigung bei einer Dämmstärke von 30 cm. mierten Fassadenfläche in der Schweiz von leichtern. Die neuen Raumfolgen bewähren Die Einsparpotenziale durch diese raffi- über 700 Mio. m2. (Unter www.sfhf.ch ist ein sich im betrieblichen Alltag und sind be- nierte Befestigung liegt — je nach Ver- Konfigurator verfügbar, der mit ein paar liebt. Dies gilt auch für die neuen Sanitäran- gleichsbasis — zwischen 10 und 20 Prozent Klicks den Gesamt-U-Wert errechnet.) lagen und die erweiterte Infrastruktur für die Kommunikation. Denn auch in der Flum- 6 Und wie viel Fotovoltaik? roc-Zentrale ist der Datentransfer eine ent- Bei mehrgeschossigen Bauten ist die Dach- scheidende Grundlage für effizientes Arbei- fläche in der Regel zu klein, um den Ener- ten. (pd/red) giebedarf mit solaren Gewinnflächen zu decken. Auch im Flumser Bürohaus entfal- www.flumroc.ch len nur 61 Prozent des Stromertrages auf die PV-Module auf dem Dach. Die Fassaden sollten also — nach Massgabe ihrer Orientierung — in die Stromerzeugung einbezogen werden. In Flums ist das der Fall (Tabelle). Schwieriger ist die visuelle Integration in die Fassaden. Um zu verhindern, dass die PV-Module nicht additiv auf eine «fertige» Wand aufgedoppelt sind, wie dies leider nur allzu oft der Fall ist, müssen die Module Teil der Architektur sein. Das gelingt nur, wenn die PV-Zellen das gestalterische Vokabular 1 Kurt Frei, Geschäftsführer der Flumroc AG, anlässlich der Medienorientierung. 2 Die vollständig erneuerte Firmenzentrale von Flumroc mit der charakteristischen Fassade. 3 Entree mit Betriebsrestaurant und Küche (links) sowie Kundenausstellung (rechts): Grundriss Erdgeschoss. 4 Abläufe vereinfachen: «Kleine Grossraumbüros» für die Teamarbeit. Grundriss 1. Obergeschoss. 5 Die hohe Formstabilität von Steinwolle lässt auch dunkle Farben in Kompaktfassaden zu. des Gebäudes und der Fassade aufnehmen. 6 Auch gut gedämmte Fassaden lassen sich noch optimie- Die Fassadengestaltung des Architekturbü- ren: Schnitt durch die hinterlüftete Fassade im Bereich ros Viridén + Partner unterstützt diesen der Brüstung mit GFT-Konsolen Thermico zur Vorhängung Effekt, indem die Farben der Fenster nach von PV-Modulen. oben heller werden. Dem Betrachter bieten 7 S ie haben allen Grund zur Freude: Die verantwortlichen des sich damit dunkle Glasbänder, die durch ei- Projektes v.l.n.r.: Damian Gort, Kaufmännischer Leiter bei nen steingrauen Farbverlauf gebrochen Flumroc, Kurt Frei, Geschäftsführer der Flumroc AG, Karl werden. Ein sehr schönes Beispiel für PV- Viridén, Architekturbüro Viridén + Partner AG, sowie Peter Integration — zu besichtigen in Flums. Schibli, Geschäftsführer und Inhaber der Heizplan AG. holzBaumarktschweiz 04/2014 | 21