Neue Synthesestrategien zu kettensteifen Polyelektrolyten und deren Lösungseigenschaften Vom Fachbereich Chemie der Technischen Universität Darmstadt zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigte Dissertation vorgelegt von Dipl.-Ing. Patrick Wittmeyer aus Frankfurt am Main Berichterstatter: Prof. Dr. M. Rehahn Mitberichterstatter: Prof. Dr. E. Gruber Tag der Einreichung: 05.04.2004 Tag der mündlichen Prüfung: 17.05.2004 Darmstadt 2004 D17 Meiner Familie Diese Arbeit wurde im Fachbereich Chemie am Ernst-Berl-Institut für Technische und Makromolekulare Chemie der Technischen Universität Darmstadt unter der Leitung von Prof. Dr. M. Rehahn in der Zeit von September 2000 bis April 2004 durchgeführt. Bei Herrn Prof. Dr. M. Rehahn möchte ich mich für die interessante Themenstellung und die ausgezeichnete Betreuung bedanken. Steffen Traser danke ich für die gute Zusammenarbeit während der gesamten Studienzeit in Darmstadt. Mein Dank gilt Christoph Brinkmann und Kalle Spriestersbach für die analytischen GPC-Messungen und die Hilfe beim Aufbau der präparativen GPC. Karsten Rohde möchte ich für die MALDI-Massenspektrometrischen Untersuchungen und die zahlreichen brasilianischen Tore danken. Tibor Macko danke ich für die Hilfe bei den Trübungsmessungen. Besonders möchte ich mich bei Jens „Paule“ Langecker für die Generierung der dreidimensionalen PPP-Bilder bedanken. Richard Weiß danke ich für den Einsatz im Rahmen seiner Hauptvertiefung. Ich möchte mich weiterhin bei allen Mitarbeitern des Arbeitskreises sowohl auf der Lichtwiese als auch am DKI in der Stadtmitte für die gute Zusammenarbeit und das tolle Klima bedanken. Insbesondere Roland Klein danke ich dafür, dass er mich nach Oaheylje zum Volleyball gebracht hat. Gabi Wittmann, Ulf Schroer, Jan Malluche und Michael Roth danke ich für die auf mich übertragene Mountainbike-Begeisterung. Des Weiteren möchte ich der gesamten Arbeitsgruppe von Prof. Dr. N. A. Dencher nicht nur für die zahlreichen Stopps im vierten Stock danken, sondern auch für die Dauerleihgabe des Titrators und zahlreiche lustige abendliche Events. Bettina Schätzler, Julia Kubasch und meiner Mutter danke ich für die Durchsicht dieser Arbeit. Mein besonderer Dank gilt meiner Freundin Bettina Schätzler, die mir während meiner Doktorarbeit jederzeit hilfreich zur Seite stand. Inhaltsverzeichnis IV Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ....................................................................................................... 1 1.1 Polyelektrolyte..................................................................................................... 1 1.2 Kettensteife Polyelektrolyte ............................................................................... 5 2 Aufgabenstellung ......................................................................................... 16 3 Synthese und Charakterisierung................................................................ 17 3.1 Synthesestrategie............................................................................................... 17 3.2 Monomersynthese ............................................................................................. 20 3.3 Polymersynthese................................................................................................ 29 3.3.1 Suzuki-Polykondensation........................................................................ 29 3.3.2 Modellpolymere 58 und 59 ..................................................................... 31 3.3.3 Precursorpolymere 39 a-c ....................................................................... 39 3.3.4 Precursorpolymer 45 ac .......................................................................... 52 3.3.5 Zusammenfassung der durchgeführten Suzuki-Polykondensationen ..... 54 3.3.6 Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation.................. 55 3.3.7 Modellpolymer 59 ................................................................................... 56 3.3.8 Precursorpolymere 47 a und 47 c............................................................ 58 3.4 Polymeranaloge Umsetzungen (Quaternisierung) ......................................... 61 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate ............................ 66 4.1 Gelbildung von Modellpolymer 59 in Toluol.................................................. 66 4.2 Phasenverhalten von Precursorpolymer 39 c in Wasser............................... 67 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten .............................. 71 5.1 Theoretische Betrachtung von Polyelektrolytlösungen ................................. 71 5.1.1 Poisson-Boltzmann-Zellmodell............................................................... 71 5.1.2 Gegenionenkondensation ........................................................................ 74 5.1.3 Osmotischer Koeffizient und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen...... 77 5.2 Säure-Base-Eigenschaften von schwachen Polyelektrolyten ........................ 80 5.2.1 Protonierungsgleichgewicht von monosäurigen Basen .......................... 80 5.2.2 Protonierungsgleichgewicht von Polybasen ........................................... 84 5.3 Untersuchungsmethoden von Säure-Base-Gleichgewichten......................... 91 Inhaltsverzeichnis V 5.3.1 Potentiometrische Untersuchungen mit einer pH-Glaselektrode ............ 91 5.3.2 Quantitative NMR-Analyse .................................................................... 92 5.4 Potentiometrie als Untersuchungsmethode der Gegenionenaktivität.......... 94 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften...................................... 96 6.1 Kontrollierte Protonierung der Precursorpolymere 39 c und 47 c .............. 96 6.2 Untersuchung des Säure-Base-Gleichgewichts mittels Potentiometrie...... 102 6.3 Diskussion der Polybasen-Eigenschaften...................................................... 110 6.4 Untersuchung der Gegenionenaktivität mittels einer ionenselektiven Bromid-Elektrode ........................................................................................... 113 6.4.1 Gegenionenkondensation an den schwachen PPP-Polyelektrolyten 39 c und 47 c ................................................................................................. 113 6.4.2 Gegenionenkondensation an dem starken PPP-Polyelektrolyten 42 c.. 123 6.5 Diskussion der gemessenen Gegenionenaktivitäten..................................... 126 6.5.1 Fehlerdiskussion.................................................................................... 126 6.5.2 Vergleich mit Theorie und Literatur ..................................................... 127 7 Zusammenfassung ..................................................................................... 135 8 Experimenteller Teil.................................................................................. 137 8.1 Allgemeine Bemerkungen zur Synthese........................................................ 137 8.2 Monomersynthese ........................................................................................... 138 8.3 Katalysatorsynthese ........................................................................................ 148 8.4 Polymersynthese.............................................................................................. 149 8.5 Polymeranaloge Umsetzungen ....................................................................... 157 8.6 MALDI-Massenspektrometrie....................................................................... 159 8.7 Größenausschlusschromatographie (GPC) .................................................. 159 8.8 Dampfdruckosmometrie................................................................................. 160 8.9 Trübungsmessungen ....................................................................................... 161 8.10 Ultrafiltration .................................................................................................. 161 8.11 Potentiometrische Titrationen ....................................................................... 162 9 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................. 164 10 Literaturverzeichnis .................................................................................. 166 1 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Polyelektrolyte Als Polyelektrolyte bezeichnet man makromolekulare Verbindungen, die eine große Anzahl ionisch dissoziierbarer Gruppen tragen. Wird ein Polyelektrolyt in einem geeigneten polaren Lösungsmittel, meist Wasser, gelöst, so dissoziiert dieser in ein hochgeladenes Polyion und eine der Ladung der Polymerkette entsprechende Anzahl entgegengesetzt geladener, niedermolekularer Gegenionen1,2. Dabei unterscheidet man zwischen anionischen und kationischen Polyelektrolyten, je nachdem, ob das Polyion negative oder positive Ladungen trägt. Beispiele für einen anionischen und einen kationischen Polyelektrolyten sind in Abbildung 1.1 dargestellt. n n N SO3 Na Cl Abbildung 1.1: Anionischer Polyelektrolyt Natrium-Polystyrolsulfonat (PSS-Na; links) und kationischer Polyelektrolyt Poly(diallyldimethyl-ammoniumchlorid) (Poly-DADMAC, idealisierte Struktur; rechts) Sowohl Natrium-Polystyrolsulfonat als auch Poly-DADMAC werden den sogenannten starken Polyelektrolyten zugeordnet, denn sie liegen in wässriger Lösung unabhängig vom pH-Wert weitgehend dissoziiert vor. Schwache Polyelektrolyte, wie z. B. Polyacrylsäure oder Polyvinylamin, zeichnen sich dadurch aus, dass die enthaltenen ionisierbaren Gruppen in wässriger Lösung sowohl geladen als auch ungeladen vorliegen können. Der pH-Wert bestimmt hierbei die Lage des DissoziationsAssoziations-Gleichgewichts gemäß Abbildung 1.2 und somit die Dichte der geladenen Gruppen am Polymerrückgrat. 1 Einleitung 2 n COO n COOH n NH2 + nH + nH n NH3 Abbildung 1.2: Dissoziations-Assoziations-Gleichgewichte der schwachen Polyelektrolyte Polyacrylsäure (oben) und Polyvinylamin (unten) Aufgrund der Kombination von typischen Eigenschaften makromolekularer Verbindungen mit langreichweitigen elektrostatischen Wechselwirkungen spielen Polyelektrolyte sowohl in der Natur als auch in technischen Prozessen eine entscheidende Rolle. So übernehmen sie als Proteine wichtige Funktionen in Stoffwechselprozessen und als Nukleinsäuren3,4 (DNA, RNA) fungieren sie als Träger der Erbinformation. In der Technik werden natürliche und synthetische Polyelektrolyte vielseitig eingesetzt, z. B. als Flockungsmittel in der Wasseraufbereitung, bei der Oberflächenveredelung von Textilien und Papier, als Ionenaustauscher in der Meerwasserentsalzung, als Superabsorber in Hygieneartikeln sowie in der Pharma- und Kosmetikindustrie1,2,5. Der großen Bedeutung von Polyelektrolyten steht jedoch trotz intensiver Forschung über mehrere Dekaden hinweg ein noch immer lückenhaftes Verständnis der vielschichtigen Eigenschaften gegenüber6. Sämtliche Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten, wie z. B. hydrodynamische und kolligative Eigenschaften, werden im Gegensatz zu ungeladenen Polymeren maßgeblich von langreichweitigen elektrostatischen Wechselwirkungen der auf der Kette lokalisierten Ladungen mitbestimmt. Sie unterscheiden sich aus diesem Grund drastisch von den Lösungseigenschaften neutraler Polymere. Für ein quantitatives Verständnis der somit sehr komplexen Eigenschaften müssen sowohl intra- und intermolekulare Coulomb-Wechselwirkungen als auch osmotische und konformative Effekte berücksichtigt werden. Die Stärke der Coulomb-Wechselwirkungen wird z. B. von der Dichte der Ladungen auf dem Polymer bestimmt. Während diese bei starken Polyelektrolyten strukturell vorgegeben ist, erlaubt eine Variation des pH-Werts von Lösungen schwacher Polyelektrolyte die Einstellung einer beliebigen Ladungsdichte und somit der Stärke des Polyelektrolytcharakters. Da Stärke und Reichweite der elektrostatischen Kräfte darüber hinaus sehr stark von der Ionenstärke der Lösung abhängig sind, kann auch eine Variation der Ionenstärke zu einer sehr weitgehenden 1 Einleitung 3 Änderung des Eigenschaftsprofils einer Polyelektrolytlösung führen: In Polyelektrolytlösungen geringer Ionenstärke stoßen sich die Polyionen über große Distanzen aufgrund der Coulomb-Wechselwirkungen der geladenen Hauptketten voneinander ab. Im Falle flexibler Polyelektrolyte führen zusätzlich intramolekulare elektrostatische Kräfte zu einer Abstoßung der Kettensegmente und somit zu einer Aufweitung des Polymerknäuels bis hin zu weitgehend gestreckten Konformationen bei sehr geringer Ionenstärke7 und gleichzeitig hoher Ladungsdichte. Eine Erhöhung der Ionenstärke ist gleichbedeutend mit einer zunehmenden Abschirmung der Ladungen und somit schwächeren inter- und intramolekularen Coulomb-Wechselwirkungen. Bei sehr hoher Ionenstärke verhalten sich Polyelektrolyte aus diesem Grund fast wie ungeladene Polymere. Der hier nur vereinfacht beschriebene Knäuel-Stäbchen-Übergang von flexiblen Polyelektrolyten, hervorgerufen durch eine Erhöhung der Ladungsdichte oder eine Erniedrigung der Ionenstärke, wurde von Holm et al.8 und zahlreichen anderen theoretisch arbeitenden Gruppen9,10 mit Hilfe von molekulardynamischen sowie MonteCarlo-Simulationen untersucht. Hierbei werden neben Knäuelstrukturen (a) und gestreckten Konformationen (e) im Übergangsbereich auch „Perlenketten- strukturen“ (b, c) vorhergesagt (Abbildung 1.3). Eine Ursache für die auch experimentell bestätigte Vielfalt sich einstellender Kettenkonformationen (Sekundärstrukturen)11,12 liegt darin, dass Wasser in den meisten Fällen ein schlechtes Lösungsmittel für das Polymer-Rückgrat darstellt. Die Konformation wird somit durch ein Zusammenspiel aus elektrostatischen und Polymer-Solvens-Wechselwirkungen bestimmt13. 1 Einleitung 4 (c) (a) (b) (d) (e) Abbildung 1.3: Knäuel-Stäbchen-Übergang von flexiblen Polyelektrolyten, hervorgerufen durch zunehmende intramolekulare Coulomb-Wechselwirkung, simuliert von Darinskii et al.9 In der Vergangenheit wurde mit Hilfe verschiedenster experimenteller Methoden versucht, ein quantitatives Verständnis des Lösungsverhaltens von Polyelektrolyten zu entwickeln. Hierbei standen neben Lichtstreuung6,7, Röntgenstreuung14, Viskositätsmessungen15,16 und Leitfähigkeitsmessungen17,18 insbesondere Methoden im Vordergrund, die eine Aktivitätsbestimmung der mobilen Gegenionen erlauben. Das von der hohen Ladungsdichte hervorgerufene elektrostatische Feld bewirkt eine starke Wechselwirkung zwischen den hochgeladenen Polyionen und den entgegengesetzt geladenen mobilen Gegenionen. Diese Korrelation hat eine Reduktion der Gegenionenaktivität zur Folge, was direkt bei potentiometrischen Messungen mittels ionenselektiver Elektroden oder Messungen des osmotischen Drucks ersichtlich wird2. Um bei Untersuchungen von schwachen Polyelektrolyten die erhaltenen Ergebnisse mit der Ladungsdichte korrelieren zu können, wurden schon in der Vergangenheit die Protonierungs-Deprotonierungs-Gleichgewichte von Polybasen und Polysäuren (Abbildung 1.2) mittels pH-Glaselektroden intensiv studiert19. Hierbei konnten Abweichungen vom idealen Verhalten niedermolekularer Basen und Säuren eindeutig auf den Einfluss des großen elektrostatischen Feldes um die Polyionen zurückgeführt werden. Bisher erwies sich jedoch eine grundlegende Interpretation sämtlicher experimentell ermittelter Daten als sehr schwierig20 und damit eine umfassende theoretische Beschreibung dieser Substanzklasse als nicht möglich. Der Grund hierfür liegt in der Abhängigkeit der experimentell zugänglichen Observablen sowohl von der 1 Einleitung 5 Konformation des Polyions als auch von den elektrostatischen Wechselwirkungen der Polyionen untereinander. Diese beiden Beiträge lassen sich für flexible Polyelektrolyte im Experiment nicht voneinander separieren. Nicht zuletzt deshalb lassen heute verfügbare empirische und theoretische Modelle sowie Computersimulationen noch keine genauen Voraussagen der Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten als Funktion ihrer Konstitution sowie des Lösungsmittels zu. Bei konformativ starren Polyelektrolyten hingegen sind Konformationsänderungen strukturell ausgeschlossen, und alle beobachteten Effekte können eindeutig nur auf zwischenmolekulare Coulomb-Wechselwirkungen zurückgeführt werden. Dies sollte die genaue Interpretation der Messdaten und – damit verbunden – eine theoretische Beschreibung vereinfachen. 1.2 Kettensteife Polyelektrolyte Konformativ starre, stäbchenförmige Polyelektrolyte stellen aus oben genanntem Grund wertvolle Modellsysteme zur Entwicklung eines umfassenden theoretischen Verständnisses des Verhaltens von Polyelektrolyten in Lösung dar. Mit ihrer Hilfe sollte es möglich sein, auch konventionelle, flexible Polyelektrolyte besser zu verstehen und theoretische Modelle für deren Beschreibung zu entwickeln. Ein wichtiges Ziel ist hierbei die Herstellung quantitativer Beziehungen zwischen den Lösungseigenschaften und den molekularen Parametern des Polyelektrolyten. Auf diesen Überlegungen basierend wurde schon früher eine Reihe von Experimenten an stäbchenförmigen Polyelektrolyt-Systemen durchgeführt. Anfangs wurden als einzig verfügbare Vertreter ausschließlich Biopolymere wie die DNA3,4,21,22, das Ferredoxin23 oder das Tabak-Mosaik-Virus24 studiert. Diese Polymere erhalten ihre Stäbchengestalt allerdings erst durch Überstrukturbildung. So liegen beispielsweise die DNA und das Tabak-Mosaik-Virus (Abbildung 1.4) unter physiologischen Bedingungen helikal vor. 1 Einleitung 6 Abbildung 1.4: Stäbchengestalt des Tabak-Mosaik-Virus (links)25, hervorgerufen durch die helikale Anordnung der Hüllenproteine (rechts)26 Bei systematischen Untersuchungen an solch helikal strukturierten Biopolymeren hat sich allerdings immer wieder ihre Neigung zur Denaturierung als sehr problematisch herausgestellt. Diesbezüglich wurden insbesondere bei Variation der Ionenstärke und der Temperatur z. B. bei der DNA konformative Übergänge27 bis hin zu einer vollständigen Zerstörung der Stäbchengestalt3,28 und somit Ausbildung einer statistischen Knäuelstruktur beobachtet. Des Weiteren ist eine chemische Modifizierung der natürlichen kettensteifen Polyelektrolyte unter Erhalt der Stäbchengestalt kaum möglich. Somit ist eine Variation der molekularen Parameter wie Konstitution (z. B. Durchmesser des Stäbchens), Ladungsdichte, Ladung und Art der Gegenionen, Polymerisationsgrad und Polydispersität nicht denkbar. Aufgrund dessen wurde in den letzten Jahren verstärkt darauf hingearbeitet, intrinsisch kettensteife, wasserlösliche und thermisch sowie chemisch stabile Polyelektrolyte gezielt zu synthetisieren. Erste Untersuchungen an synthetischen kettensteifen Polyelektrolyten wurden 1983 von Berry et al.29,30 durch Lösen von neutralen heterocyclischen Polyaromaten, wie Poly(pphenylen-cis-benzobisoxazol) (1) und Poly(p-phenylen-trans-benzobisthiazol) (2) in starken protischen Säuren wie Schwefelsäure und Polyphosphorsäure ermöglicht. Hierbei wurde simultan mit dem Löseprozess gemäß Schema 1.1 die Protonierung zu den Polyelektrolyten 3 bzw. 4 erreicht. 1 Einleitung 7 O O N N H n O O N N H 1 H n 3 H N S S N H n 2 N S S N 4 H n Schema 1.1 Problematisch ist hierbei allerdings die Aggregatbildung und die tatsächlich vorliegende Semiflexibilität der protonierten Makromoleküle, die zur Verfälschung der Messwerte beitragen. Dieser Umstand wurde erst in späteren Untersuchungen von Roitman et al.31,32 festgestellt. Auch sind molekulare Parameter dieser Polyelektrolyte, wie der Polymerisationsgrad, weitgehend unbekannt, da die nicht-protonierten Basispolymere 1 und 2 aufgrund ihrer Stäbchengestalt in keinem Lösungsmittel löslich sind. Generell ist ein Grundproblem beim Studium kettensteifer Systeme die stets schlechte Löslichkeit, welche aus der Starrheit und Formanisotropie der Moleküle folgt. Der normalerweise den Lösungsvorgang der Polymere treibende Gewinn an Konformationsentropie33 ist aufgrund der starren Molekülgestalt in der Regel vernachlässigbar klein, sodass die bei der Auflösung aufzuwendende Gitterenergie nicht kompensiert werden kann. Somit sind die Polymere 1 und 2 auch erwartungsgemäß unlöslich. Die treibende Kraft für die Löslichkeit der Polyelektrolyte 3 und 4 ergibt sich entspechend allein aus den abstoßenden Coulomb-Wechselwirkungen der Polyionen und dem Entropiegewinn aus der Freisetzung der vielen Gegenionen: Bei einer zu geringen Anzahl ionischer Gruppen (zu niedrigem Protonierungsgrad) in diesen Polymeren ist Unlöslichkeit zwangsläufig die Folge. Um die Probleme zu umgehen, die von einem zu geringen Protonierungsgrad von 1 und 2 hervorgerufen werden, wurden in den 90er Jahren34,35,36,37 beispielsweise das Benzobisthiazol-Polymer 5 sowie das Poly(pphenylen-terephthalamid) 6 (Abbildung 1.5) dargestellt. Diese sind von vornherein mit geladenen Sulfonatgruppen versehen und es musste keine Protonierung vorgeschaltet werden, um Löslichkeit zu erreichen. 1 Einleitung 8 SO3Na SO3Na S O O N N C C H H N N S n 5 n 6 Abbildung 1.5: Kettensteife Polyelektrolyte 5 und 634-37 Das dritte erfolgreiche Konzept zur Erhöhung der Löslichkeit steifkettiger Polymere besteht in der Anheftung von flexiblen Seitenketten an das Polymerrückgrat. Diese bewirken zum einen eine drastische Verschlechterung der Kristallisationsfähigkeit der Stäbchenmoleküle, was zu einer Verringerung der beim Lösevorgang aufzuwendenden Gitterenergie führt. Zum anderen ist durch die flexiblen Gruppen ein großer Entropiegewinn beim Übergang in den gelösten Zustand verbunden38. Mit Hilfe dieses Konzepts gelang z. B. die Synthese kettensteifer Polymere auf Basis des Poly(pphenylen)s (PPP). Diese Polymerklasse verfügt über eine große strukturinhärente Kettensteifigkeit und ist sowohl thermisch als auch chemisch sehr stabil. So entwickelten Rehahn, Schlüter und Wegner39,40,41,42,43 Ende der 80er Jahre mittels übergangsmetall-katalysierter Polykondensation (Suzuki-Kupplung) eine effiziente Methode zur Darstellung löslicher PPP-Derivate. Hierbei erwies sich die SuzukiReaktion stets als sehr tolerant gegenüber funktionellen Gruppen in den zu verknüpfenden Aromaten. Damit bot sich dieses Konzept auch zur Herstellung von neuartigen, stäbchenförmigen Polyelektrolyten an. Zum Aufbau von PPP-Polyelektrolyten sind prinzipiell zwei unterschiedliche Synthesestrategien denkbar, die in Schema 1.2 dargestellt sind. Y Z (CH2) x Br (CH2) x A X X Y Z (CH2) (CH2) x B2 Br B(OH)2 (CH2) x (CH2) x Y Z Y Z n x B1 (CH2) x X n B(OH)2 (CH2) x X Schema 1.2 Zum einen können die gewünschten ionischen Gruppen bereits über die Monomere eingeführt und damit aus der Polymerisation direkt Polyelektrolyte44,45 erhalten werden (A). Dieses Vorgehen kann allerdings zu Problemen bei der Charakterisierung 1 Einleitung 9 der Produkte führen, da Polyelektrolyte vielfach nicht ohne weiteres mit den gängigen Methoden der Polymeranalytik zu untersuchen sind. Problematisch bei diesem direkten Weg der Polyelektrolytsynthese kann bisweilen auch die mögliche Unbeständigkeit der Seitengruppen unter den Bedingungen der Kupplungsreaktion sowie die erhöhte Wasserlöslichkeit der Monomere bei der meist im heterogenen Medium durchgeführten Suzuki-Kupplung sein. Daher erfolgt die Synthese von PPP-Polyelektrolyten häufig über Precursorrouten (B). Dabei wird zunächst ein PPP-Derivat mit ungeladenen, aber durch einfache Reaktionen in Elektrolytgruppen überführbaren Substituenten dargestellt (B1), das Precursorpolymer. Dieses wird erst nach umfassender Charakterisierung in den fertigen PPPPolyelektrolyten umgewandelt (B2). Dabei ist sehr wichtig, dass diese abschließende polymeranaloge Umwandlung möglichst ohne Nebenreaktionen verläuft. Schema 1.3 repräsentiert eines der ersten Beispiele, bei dem mit Hilfe einer solchen PrecursorStrategie die Synthese von Polyelektrolyten auf Basis des Poly(p-phenylen)s angestrebt wurde. Rau und Rehahn46,47,48 gelang durch Umsetzung des Dibromids 7 mit der Diboronsäure 8 die Darstellung des Butoxymethylen-substituierten Precursor-PPPs 9. Nach Spaltung der lateralen Benzylalkylether-Gruppen wurde das sehr gut organolösliche, Brommethylen-funktionalisierte PPP-Derivat 10 erhalten, welches schließlich in den schwachen anionischen Polyelektrolyten 11 überführt werden konnte. Vermutlich aufgrund der geringen Ladungsdichte und der zusätzlich im Polyelektrolyten verbleibenden unpolaren Substituenten erwies sich 11 jedoch sowohl in Wasser als auch in wässrigen Basen als unlöslich. 1 Einleitung 10 O C4H9 O C6H13 CH2 Br Br + (HO)2 B C4H9 C6H13 CH2 [Pd] B(OH)2 n C6H13 CH2 C6H13 CH2 C4H9 O O C 4H9 8 7 CH2 Br COOH O C4H9 O 9 Br C6H13 CH2 C6H13 CH2 B(OH)2 n CH2 O C 4H9 C6H13 CH2 Br COOH O 12 n C6H13 CH2 11 O 10 C4H9 CH2 n O CH2 CH2 n n CH2 CH2 CH2 O C 4H9 Br O 13 COOH Br 14 COOH 15 Schema 1.3 Jegliche Versuche, aus dem AB-Typ-Monomer 12 in analoger Weise über die Precursorpolymere 13 und 14 den Polyelektrolyt 15 mit erhöhter Ladungsdichte zu synthetisieren, scheiterten. Das Fehlen von solubilisierenden Seitenketten im aktivierten Intermediat 14 führte zu dessen vollständiger Unlöslichkeit und verhinderte somit die Überführung in ein konstitutionell homogenes Produkt durch den abschließenden Reaktionsschritt 14→15. Um die hier bewusst gewordenen Probleme zu lösen und somit wasserlösliche PPPPolyelektrolyte zugänglich zu machen, wurde von Rau, Rehahn et al.49,50 eine abgewandelte Precursorroute entwickelt (Schema 1.4). 1 Einleitung 11 O O (CH2 )3 SO3 Na (CH2 )6 (CH2 )6 n n (CH2 )6 (CH2 )6 (CH2 )3 SO3 Na O COO Na O 18 COO Na 19 O I N I (CH2 )6 (CH2)6 (CH2 )6 Si(CH3)3I n n (CH2 )6 n (CH2 )6 O (CH2 )6 I I N 17 16 20 CH3 CH3 I I NEt3 I H3C N CH2 CH2 N CH2 CH3 (CH2 )6 CH3 n n CH3 I H3C N CH2 CH2 N CH2 CH3 (CH2 )6 CH3 I 22 (CH2)6 CH3 (CH2 )6 NEt3 I 21 Schema 1.4 Ein zentrales Intermediat dieser verbesserten Syntheseroute stellt Precursor 16 dar, wobei die Phenoxyhexyl-Substituenten zwei Funktionen erfüllen: Zum einen wird durch die flexiblen Seitenketten die Löslichkeit aller PPP-Intermediate sichergestellt. Zum anderen ermöglicht eine Spaltung der Benzylether von 16 die Generierung des reaktiven Intermediats 17 und so letztlich die Einführung von Elektrolytfunktionalitäten. Die Synthese des zu 12 analogen Phenoxyhexyl-substituierten Bromboronsäuremonomers erwies sich zwar nicht als sehr schwierig, jedoch als sehr zeitintensiv. Die Etherspaltung 16→17 mit Trimethyliodsilan in Tetrachlormethan gelang problemlos, wenn absolut wasserfreie Bedingungen sichergestellt wurden. So konnte die vollständige Umsetzung zum strukturell einheitlichen PPP-Derivat 17 nach einer 1 Einleitung 12 Reaktionszeit zwischen einer und drei Wochen nachgewiesen werden. Durch abschließende polymeranaloge Umsetzungen des reaktiven Iod-Intermediats 17 gelang es, die anionischen PPP-Polyelektrolyte 18 und 19 sowie die kationischen PPPPolyelektrolyte 20-22 darzustellen. Die anionischen Polyelektrolyte 18 und 19 erwiesen sich trotz einer gegenüber 11 verdoppelten Ladungsdichte weder in Wasser noch in wässrigen Basen als löslich; scheinbar kann der hydrophobe Charakter des PPP-Rückgrats nicht vollständig durch die anionischen Gruppen kompensiert werden. Die kationischen Polyelektrolyte 20-22 hingegen erwiesen sich sowohl in polaren organischen Solventien als auch in Wasser als gut löslich51,52. Damit hatte sich gezeigt, dass auf obigem Syntheseweg wasserlösliche, kationische Polyelektrolyte mit hoher Ladungsdichte sehr gut darstellbar sind. Diese konnten im Hinblick auf ihre Lösungseigenschaften intensiv mit den verschiedensten Methoden, wie z. B. der Viskosimetrie53, der Membranosmometrie54,55 und der Röntgenkleinwinkelstreuung56, studiert werden. Aus Messungen der elektrischen Doppelbrechung durch Lachenmayer und Oppermann57 konnte sogar nachgewiesen werden, dass 21 in sehr verdünnten wässrigen Lösungen bei Konzentrationen von c < 0,35 g/L molekulardispers gelöst vorliegt und sich weder Assoziate noch Agglomerate bilden. Somit konnten sämtliche erhaltenen Messergebnisse eindeutig nur auf intermolekulare Coulomb-Wechselwirkungen zurückgeführt werden. Durch „Ausdünnen“ der Precursor-Funktionalitäten gemäß Schema 1.5 wurde zusätzlich die Darstellung von wasserlöslichen Polyelektrolyten mit geringerer Ladungsdichte angestrebt50,51. Hierzu wurde z. B. die Diboronsäure 23 mit dem Dibromid 24 im Sinne einer AA/BB-Polykondensation zum Precursorpolymer 25 umgesetzt. Daraus konnten analog zu Schema 1.4 die kationischen Polyelektrolyte 26-28 synthetisiert werden. 1 Einleitung 13 O O (CH2 )6 Br R R + (HO)2B Br B(OH)2 [Pd] m (CH2 )6 R n O R = C6H13 m = 1, 2 23 N R R m (CH2 )6 R 25 24 O (CH2 )6 N Et3 I I (CH2 )6 m (CH2 )6 N I n CH3 I CH3 I H3C N CH2CH2 N CH2CH3 R R m (CH2 )6 n (CH2 )6 R (CH2 )6 R N Et3 I m (CH2 )6 n CH3 I H3C N CH2CH2 N CH2CH3 CH3 I 26 CH3 27 CH3 28 Schema 1.5 Sämtliche Polyelektrolyte 26-28, die Phenyleneinheiten ohne ionische Gruppen enthalten, erwiesen sich jedoch als unlöslich in Wasser. Vermutlich kompensieren die hydrophilen kationischen Ammoniumgruppen die hydrophoben Wechselwirkungen der zylinderförmigen, unpolaren PPP-Struktur nur dann effizient genug, wenn sie eine ausreichend dichte polare „Zylinderhülle“ bilden, wie im Falle der Polyelektrolyte 20-22. Diese polare Hülle scheint sowohl eine minimale Ladungsdichte als auch eine hinreichende Homogenität aufweisen zu müssen, um Wasserlöslichkeit zu erreichen: So kann bei Polyelektrolyt 28 die beobachtete Unlöslichkeit nur auf eine inhomogene Verteilung der Ladungen zurückgeführt werden, denn 28 weist die gleiche Netto-Ladungsdichte auf wie seine löslichen Analoga 20 und 21. Parallel zu den beschriebenen Arbeiten von Rehahn et al. wurden zahlreiche weitere kettensteife Polyelektrolyte synthetisiert58, wobei jedoch die Untersuchung der Polyelektrolyteigenschaften molekulardisperser Lösungen nicht im Vordergrund stand. Die wichtigsten Beispiele sind in Abbildung 1.6 dargestellt. 1 Einleitung 14 SO3 Na (CH2 )3 COOH O n HOOC y n O 29 30 (CH2 )3 NR3 Cl NR3 Br (CH2 )3 SO3 Na (CH2 )2 (OCH2 CH2 )2OH O O n n O (OCH2 CH2 )2OH (CH2 )3 y = 1, 2 O 31 (CH2 )2 NR3 Br NR3 Cl 32 NR3 Br (CH2 )2 Me3N(CH2)6 O (CH2)6NMe3 I I n n O H13C6 C6H13 33 CH3 (CH2 )2 CH3 SO3 Na n C12 H25 34 NR3 Br SO3 Na n SO3 Na C12 H25 35 36 Abbildung 1.6: Weitere Beispiele kettensteifer Polyelektrolyte Die anionischen PPP-Polyelektrolyte 29 von Wallow und Novak 44 und 30 von Reynolds et al.45 sowie der kationische Polyelektrolyt 31 von Swager et al.59 wurden auf direktem Weg (Route A, Schema 1.2) erhalten. Das Poly(p-phenylen-ethynylen)-Derivat 31 wurde hierbei im Hinblick auf die Verwendung als Sensormaterial untersucht. Bei der Synthese der Polyelektrolyte 32-36 wurde auf Precursorstrategien (Route B) zurückgegriffen. Das PPP-Derivat 32 von Reynolds et al.60 sowie die PolyfluorenDerivate 33 von Liu et al.61 und 34 von Heeger et al.62 weisen interessante elektrooptische Eigenschaften auf. Die sulfonierten PPP-Derivate 35 und 36 von 1 Einleitung 15 Wegner et al.63 bilden in wässriger Lösung aufgrund der langen hydrophoben DodecylSeitenketten wohldefinierte Zylindermizellen und können somit zum Verständnis des Assoziationsverhaltens von Polylelektrolyten beitragen. Aus den literaturbekannten Synthesestrategien kettensteifer Polyelektrolyte lassen sich die folgenden Schlüsse ziehen: Um molekulardisperse Wasserlöslichkeit zu erreichen, muss das hydrophobe, starre Polymerrückgrat von einer ausreichenden Anzahl flexibler Seitengruppen umgeben sein, die ihrerseits polare Gruppen enthalten müssen. Andernfalls werden wasserunlösliche Polymere erhalten, wie z. B. im Falle der Polymere 26 – 28, oder es kommt zur Bildung von Assoziaten, wie bei den Polymeren 35 und 36. Aus diesem Grund konnten die Eigenschaften molekulardispers gelöster PPP-Polyelektrolyte verringerter Ladungsdichte bislang nicht studiert werden. Die Arbeiten blieben vielmehr auf eine reine Konstitutionsanalyse in organischen Lösungsmitteln bzw. auf eine Untersuchung des komplexen Assoziationsverhaltens beschränkt. 2 Aufgabenstellung 16 2 Aufgabenstellung Ziel der vorliegenden Arbeit war die Synthese, die konstitutionelle Charakterisierung sowie die Untersuchung der Lösungseigenschaften von molekulardispers wasserlöslichen, stäbchenförmigen, kationischen Polyelektrolyten auf der Basis des Poly(pphenylen)s. Im Vordergrund stand hierbei das Bestreben, PPP-Derivate zugänglich zu machen, deren molekulare Parameter, wie beispielsweise Ladungsdichte oder Art der Gegenionen, in weiten Grenzen variierbar sind. Insbesondere die Verringerung der Ladungsdichte war in früheren Arbeiten nicht möglich, da literaturbekannte PPPDerivate nur dann wasserlöslich waren, wenn sie eine sehr hohe Ladungsdichte aufwiesen. Aus diesem Grund bestand die primäre Aufgabe in der Synthese neuartiger PPP-Derivate, die bereits ohne ionische Gruppen molekulardispers wasserlöslich sind. Diese Polymere waren mit den Methoden der NMR-Spektroskopie, der MALDI-TOFMassenspektrometrie, der Osmometrie und der Gelpermeations-Chromatographie hinsichtlich ihrer Konstitution und ihres mittleren Polymerisationsgrads zu charakterisieren. Ausgehend von diesen ungeladenen Precursorpolymeren sollte durch polymeranaloge Reaktionen eine definierte Anzahl von Elektrolytfunktionalitäten eingebracht werden, um eine gezielte Einstellung der Ladungsdichte zu ermöglichen. Anschließend galt es, die Lösungseigenschaften der dargestellten PPP-Polyelektrolyte in Abhängigkeit ihrer molekularen Parameter zu studieren. Hierbei bestand die Aufgabe insbesondere darin, die Gegenionenkondensation zu untersuchen, wobei schwache und starke PPP-Polyelektrolyte miteinander verglichen werden sollten. Dazu war eine Messmethode zu entwickeln, die mit Hilfe einer ionenselektiven Elektrode die Aktivitätsbestimmung der Gegenionen als Funktion der Ladungsdichte des Polyelektrolyten erlaubt. Die erhaltenen Ergebnisse sollten theoretisch diskutiert und mit vorangegangenen osmometrischen Untersuchungen des hochgeladenen, kettensteifen PPP-Derivats 21 verglichen werden, um letztlich zu einem besseren Verständnis der Lösungseigenschaften von Polyelektrolyten beizutragen. 3 Synthese und Charakterisierung 17 3 Synthese und Charakterisierung 3.1 Synthesestrategie Zur Darstellung von kettensteifen Polyelektrolyten mit einer Ladungsdichte, die in weiten Bereichen variierbar ist, wurde auf die von Rehahn, Schlüter und Wegner39,40,41 entwickelte Synthesestrategie von Poly(p-phenylen)-Derivaten mit flexiblen, löslichkeitsvermittelnden Seitenketten zurückgegriffen. Die Grundidee bei dem in dieser Arbeit umgesetzten Vorgehen bestand darin, Oligoethylenoxid-Substituenten als löslichkeitsvermittelnde Seitenketten zu verwenden. Mit einer ausreichenden Anzahl solch polarer Substituenten sollten PPP-Derivate unabhängig von ihrer Ladungsdichte Wasserlöslichkeit aufweisen. Ähnliche Konzepte wurden schon in anderen Fällen erfolgreich verfolgt, wie z. B. bei lumineszenten PPPPolyelektrolyten zum Einsatz in Leuchtdioden60, bei der Darstellung von thermosensitiven wasserlöslichen Polymethacrylaten durch anionische Polymerisation64, im Bereich von ionenleitenden Materialien65,66,67 sowie im Falle von halbleitenden Poly(p-phenylen-ethynylen)en als Sensoren59,68. Wenn Oligoethylenoxid-Gruppen in PPP-Polyelektrolyte eingebaut werden sollen, kann die erfolgreiche Precursorroute aus Schema 1.4 jedoch nicht mehr eingeschlagen werden. Die hierbei entscheidende Stufe der Etherspaltung würde neben der gewünschten Spaltung der Phenoxyalkylgruppen zusätzlich eine Abspaltung der Oligoethylenoxidgruppen bewirken. Aus diesem Grund galt es, die Precursorroute aus Schema 1.4 grundsätzlich zu modifizieren. In Schema 3.1 ist die in dieser Arbeit verfolgte neue Syntheseroute gezeigt. 3 Synthese und Charakterisierung 18 NR2 NR2 Spacer H3CO(CH2CH2O) 3 Spacer H3CO(CH2CH2O) 3 [Pd] B(OH) 2 + Br (HO) 2 B Br n H3CO(CH2CH2O) 3 Spacer H3CO(CH2CH2O) 3 Spacer NR2 37 NR2 38 a, b, c 39 a, b, c R' X R X R N R' H3CO(CH2CH2O) 3 a: b: c: a-c: Spacer Spacer = -CH2Spacer = -(CH2)6Spacer = -(OCH2CH2)3R = -CH2CH2OCH3 n H3CO(CH2CH2O) 3 Spacer R N R' R X 40 a, b, c: R' = H, X = Cl 41 a, b, c: R' = H, X = Br 42 a, b, c: R' = CH2CH2CH3, X = Br 43 a, b, c: R' = CH2CH2CH3, X = I Schema 3.1 Die Precursorpolymere 39 a-c werden aus dem zweifach Triethylenoxid-substituierten Benzoldiboronsäure-Derivat 37 und den Dibrombenzol-Derivaten 38 a-c im Sinne einer Suzuki-AA/BB-Polykondensation synthetisiert. Anstelle der Phenoxyalkylgruppen im literaturbekannten PPP-Derivat 16 (Schema 1.4) fungieren hier tertiäre Aminogruppen als Precursorfunktionalitäten. Diese sind über verschieden lange und verschieden polare Spacer an die Polymere angebunden und zur Verbesserung der Löslichkeit zusätzlich mit Methoxyethyl-Gruppen (R) substituiert. Dass Amino-funktionalisierte Monomere in Suzuki-Polykondensationen eingesetzt werden können, wurde in der Vergangenheit durch Synthesen von kationischen PPP-Derivaten60, Polyfluoren-Derivaten61,62 und Poly(1,4-Phenylen-alt-2,5-Pyridin)-Derivaten69 gezeigt. In einem abschließenden Reaktionsschritt können die Precursorfunktionalitäten sowohl mit den Brønsted-Säuren HCl oder HBr protoniert als auch mit Alkylhalogeniden alkyliert werden. Das ungeladene Precursorpolymer 39 c wird dabei z. B. in die 3 Synthese und Charakterisierung 19 schwachen Polyelektrolyte 40 c und 41 c bzw. in die starken Polyelektrolyte 42 c und 43 c überführt. Da der Umsatz dieser polymeranalogen Reaktionen durch die Reaktionszeit bzw. durch den pH-Wert der Lösung kontrolliert werden kann, lässt sich die Ladungsdichte der Polyelektrolyte gezielt einstellen. Eine zum literaturbekannten PPP-Precursor 21 vergleichbare Dichte an Precursorfunktionalitäten kann mit Hilfe der Suzuki-Polykondensation auf zwei verschiedene Arten erreicht werden. Eine Möglichkeit besteht wiederum in der Durchführung einer AA/BB-Polykondensation gemäß Schema 3.2. Hierbei können Monomere mit unterschiedlichen oder gleichen Spacer-Gruppen verwendet werden, wie z. B. 44 a und 38 c bzw. 44 c und 38 c, die zu den Precursorpolymeren 45 ac bzw. 45 cc führen. NR2 NR2 NR2 NR2 Spacer Spacer Spacer Spacer [Pd] B(OH)2 + Br (HO)2B Br n Spacer Spacer NR2 NR2 44 a 44 c 38 c 38 c Spacer Spacer NR2 NR2 45 ac 45 cc Schema 3.2 Die zweite Möglichkeit ist in Schema 3.3 dargestellt. Sie besteht in der Umsetzung der 46 a, b, c p-Brombenzolboronsäure-Derivate im Sinne einer kondensation, welche zu den Homopolymere 47 a, b, c führt. NR2 NR2 Spacer Spacer [Pd] Br B(OH)2 n Spacer Schema 3.3 Spacer NR2 NR2 46 a, b, c 47 a, b, c Suzuki-A/B-Poly- 3 Synthese und Charakterisierung 20 Ein wesentlicher Vorteil der hier vorgestellten Syntheserouten besteht in einer gegenüber der literaturbekannten Route aus Schema 1.4 deutlich verkürzten Reaktionssequenz. So kann beispielsweise auf die langwierige Etherspaltung komplett verzichtet werden. Zusätzlich ermöglicht der Einsatz verschiedener Halogenide R-X in der letzten Stufe die Variation der Gegenionen X- und ersetzt somit ein für die literaturbekannte Precursorroute entwickeltes, zeitintensives Serum-Replacement mittels Ultrafiltration54,56. 3.2 Monomersynthese Für die Synthese der aminofunktionalisierten Precursorpolymere 39 a, b, c gemäß Schema 3.1 auf dem Wege der Suzuki-Polykondensation werden auf der einen Seite 1,4-Dibrombenzol-Derivate 38 a, b, c mit lateralen Aminogruppen und auf der anderen Seite die Oligoethylenoxid-substituierte Benzoldiboronsäure 37 benötigt. Die Darstellung von 38 a und 38 b erfolgte ausgehend von 1,4-Dibrom-2,5bis(brommethyl)benzol (48 a) bzw. 1,4-Dibrom-2,5-bis(6-bromhexyl)benzol (48 b), welche nach literaturbekannten Vorschriften46,49,70 synthetisiert werden können. Gemäß der in Vorarbeiten zusammen mit S. Traser70,71 entwickelten Umsetzung wurden 48 a, b mit Bis(2-methoxyethyl)amin umgesetzt (Schema 3.4), wobei durch Verwendung eines großen Überschusses an sekundärem Amin und milde Reaktionsbedingungen eine Quaternisierung der Aminogruppen verhindert werden konnte. Die Monomere 38 a, b wurden nach säulenchromatographischer Reinigung nahezu quantitativ in hoher Reinheit (> 98 %, 1H-NMR) erhalten. H3COCH2 CH2 Br H3COCH2 CH2 N (CH2)x (CH2)x HN(CH2CH2OCH3)2 Br Br Br Br a: 98 % b: 81 % (CH2)x Br (CH2)x H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 a: x = 1 48 b: x = 6 Schema 3.4 38 a: x = 1 b: x = 6 3 Synthese und Charakterisierung 21 Das für die Darstellung von 39 c (Schema 3.1) weiterhin benötigte neuartige Monomer 38 c wurde gemäß Schema 3.5 synthetisiert. Im ersten Schritt der Reaktionssequenz erfolgte die zweifache Bromierung des Hydrochinons (49) in 1,4-Position72. Anschließend wurde 50 mit Kalium-tert-butanolat in tert-Butanol mit käuflichem 2-(2-(2-Chlorethoxy)-ethoxy)-ethanol verethert73. Danach wurden die Hydroxytermini von 51 vollständig tosyliert74, um das reaktive Intermediat 52 zu erhalten. Dieses wurde abschließend mit einem großen Überschuss an Bis(2-methoxyethyl)amin in das Monomer 38 c überführt, welches nach säulenchromatographischer Reinigung in einer Ausbeute von 74 % in hoher Reinheit (> 98 %, 1H-NMR:Abbildung 3.1) erhalten wurde. Eine Aufreinigung des Intermediats 52 erwies sich als nicht notwendig. HO(CH2CH2O) 3 OH OH Br2 H(OCH2CH2) 3Cl Br Br Br 66% Br 84 % HO HO HO(CH2CH2O) 3 49 50 51 TsCl 98 % CH2CH2OCH3 N CH2CH2OCH3 (CH2CH2O) 3 TsO(CH2CH2O) 3 HN(CH2CH2OCH3)2 Br Br Br Br 74 % (CH2CH2O) 3 TsO(CH2CH2O) 3 N CH2CH2OCH3 52 CH2CH2OCH3 38 c Schema 3.5 Monomer 38 c zeichnet sich durch gute Wasserlöslichkeit sowohl im sauren als auch basischen Medium aus. Dies lässt schon auf der Monomerstufe vermuten, dass das Konzept des Einbaus polarer Oligoethylenoxidsubstituenten zur Umhüllung des hydrophoben Rückgrats von Poly(p-phenylen)-Derivaten zum Erfolg führen kann. In Abbildung 3.1 ist das 1H-NMR-Spektrum von 38 c sowie die zur Signalzuordnung gewählte Nummerierung Lösungsmittelsignal der (CDCl3) Wasserstoffatome treten die dargestellt. Absorptionen in Neben den dem erwarteten 3 Synthese und Charakterisierung 22 Intensitätsverhältnissen und bei den erwarteten chemischen Verschiebungen auf und es können keine zusätzlichen Signale beobachtet werden. Dies belegt die hohe Reinheit von 38 c. Bei δ = 2,76 ppm und δ = 2,79 ppm erscheinen die Protonen H9 bzw. H10 der zur Aminogruppe α-ständigen Methylengruppen. Bei δ = 3,32 ppm kann die charakteristische Absorption der Methoxy-Protonen beobachtet werden. Die Signale der Oxy-Methylen-Protonen erscheinen im Bereich zwischen δ = 3,4 ppm und 4,2 ppm in Form von Tripletts. Das aromatische Proton H3 absorbiert bei δ = 7,08 ppm. Das Inset in Abbildung 3.1 zeigt den Aromatenbereich des 13C-NMR-Spektrums von 38 c. Hier können die drei erwarteten Absorptionen der aromatischen Kohlenstoffatome C1 (δ = 111,42 ppm), C3 (δ = 119,23 ppm) und C2 (δ = 150,36 ppm) identifiziert werden. 4 5 O 6 O 7 8 10 9 O 11 CH2 CH2 OCH3 N OCH3 11 CH2 CH2 OCH3 Br Br 1 H3COCH2CH2 2 N 3 3 9, 10 (CH2 CH2 O) 3 H3COCH2CH2 2 3 1 8 4 5 67 140 120 Chemical Shift (ppm) CDCl3 7 6 5 4 Chemical Shift (ppm) 3 2 Abbildung 3.1: 1H-NMR-Spektrum (Inset: Aromatenbereich des 13C-NMR-Spektrums) von 38 c (CDCl3, 25 °C) Das in der AA/BB-Polykondensation (Schema 3.1) als weiteres Monomer benötigte Oligoethylenoxid-substituierte Benzol-1,4-diboronsäure-Derivat 37 wurde ausgehend von 2,5-Dibromhydrochinon (50) dargestellt (Schema 3.6). In einem ersten Schritt wurde 50 mit dem zuvor tosylierten Triethylenglykolmonomethylether 53 umgesetzt66 . Nach Umkristallisation wurde reines 54 in 78 %iger Ausbeute erhalten. 3 Synthese und Charakterisierung 23 1) BuLi H CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 2) B(OMe)3 3 H3C(OCH2CH2) 3OTs 3) HCl 53 (HO)2B B(OH)2 Br Br Br 67 % 78 % OH Br H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 HO 50 54 37 Schema 3.6 Die Umwandlung von 54 in die Diboronsäure 37 erwies sich hingegen als schwieriger. In der Literatur wird die Reaktionsführung für die Synthese von alkyl- und alkoxysubstituierten Benzolboronsäuren folgendermaßen beschrieben39,40,66,75: Zuerst werden die in n-Hexan oder Diethylether gelösten Brombenzolderivate je nach Edukt bei -78 °C, -30 °C, 0 °C oder 25 °C mit n-Butyllithium versetzt. Anschließend wird die Temperatur der Reaktionsmischung auf 25 °C bzw. auf 60 °C erhöht und für mehrere Stunden gerührt. Nach Zugabe von Trimethylborat in der Kälte und erneutem Erwärmen werden nach abschließender Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure die entsprechenden Boronsäurederivate erhalten. Nach einer auf diese Weise durchgeführten Reaktionssequenz konnte statt dem gewünschten Produkt 37 ausschließlich dehalogeniertes B (Schema 3.7) oder zusätzlich kleine Mengen an nahezu unverändertem Edukt 54 isoliert werden. Unverändertes 54 wurde hauptsächlich dann gefunden, wenn nur ein geringer Überschuss an n-Butyllithium eingesetzt wurde. Dies kann eine Konsequenz davon sein, dass selbst nach Umkristallisation und sorgfältigem Trocknen von 54 noch Wasser in den äußerst polaren Oligoethylenoxidseitenketten enthalten ist, was dazu führt, dass das hinzugefügte Organolithiumreagenz schon vor dem gewünschten Halogen-Metall-Austausch 54→A gemäß Schema 3.7 mit dem im Edukt enthaltenen Wasser abreagiert. Dieses Problem konnte durch einen größeren Überschuss an n-Butyllithium gelöst werden. Dehalogeniertes B kann ausschließlich durch eine Folgereaktion des dilithiierten Intermediats A gebildet werden, z. B. durch schnelle Nebenreaktion eines sehr reaktiven Intermediats A noch vor der Zugabe des Trimethylborats. Alternativ ist ebenfalls eine zu geringe Reaktivität von A gegenüber Trimethylborat und somit die Bildung von B erst nach der abschließenden Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure denkbar. Um zu klären, ob Lithiumintermediat A zum Zeitpunkt der Trimethylborat-Zugabe noch existiert, wurde der Halogen-Metall-Austauschprozess bei verschiedenen Temperaturen, in verschiedenen Lösungsmitteln und mit verschiedenen Reaktionszeiten durchgeführt. 3 Synthese und Charakterisierung 24 Anschließend wurde jeder Ansatz mit Deuteriumoxid anstelle von Trimethylborat versetzt und NMR-spektroskopisch untersucht, ob eine Umsetzung zum deuterierten Produkt C erfolgte (Schema 3.7). H3CO(CH2CH2O) 3 H H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 2 eq n-BuLi H20 Li Br Br H B Li D20 H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 54 H3CO(CH2CH2O) 3 A D D H3CO(CH2CH2O) 3 C Schema 3.7 In der Versuchsreihe wurde festgestellt, dass unter Verwendung von Diethylether bei Temperaturen oberhalb -40 °C bis -30 °C der Halogen-Metall-Austausch einsetzt und nach Deuteriumoxidzugabe stets C isoliert werden konnte. Dies bedeutet gegenüber den literaturbekannten alkyl- und alkoxysubstituierten Benzolbromiden eine sehr viel höhere Reaktivität von 54. Das deuterierte Produkt C konnte auch dann isoliert werden, wenn die Reaktionslösung zwischen der n-Butyllithium-Zugabe und der Deuteriumoxid-Zugabe für mehrere Stunden bei Raumtemperatur gerührt wurde. Dies bedeutet, dass auch bei Durchführung der Reaktionssequenz aus Schema 3.6 unter Standardbedingungen Dilithiumbenzolderivat A während der Trimethylborat-Zugabe noch existiert und erst im abschließenden Schritt der Hydrolyse mit verdünnter Salzsäure zum dehalogenierten Derivat B abreagiert. Das Lithiumintermediat A ist unter diesen Bedingungen folglich gegenüber Trimethylborat nicht reaktiv genug. Die erhöhte Geschwindigkeit des Halogen-Metall-Austauschs sowie die außerordentliche Stabilität von A scheint von den Oligothylenoxid-Substituenten hervorgerufen zu werden. Dies kann durch die Möglichkeit einer effektiven intramolekularen Komplexierung der Lithium-Funktionalitäten von A erklärt werden, was schematisch in Abbildung 3.2 dargestellt ist. Analoge Strukturen werden in anderen Zusammenhängen ebenfalls postuliert, wie z. B. bei der anionischen Polymerisation von 3 Synthese und Charakterisierung 25 Oligoethylenoxid-substituierten Methacrylaten64 . Sie stehen im Einklang mit neuen Untersuchungen über die noch immer nicht vollständig verstandenen Strukturbildungen von Aryllithiumverbindungen in Lösung insbesondere unter Berücksichtigung von Aggregation und Etherchelatisierung76. O O O Li O O Li O O O A Abbildung 3.2: Schematische Darstellung der intramolekularen Komplexierung des Lithiumintermediats A durch die Triethylenoxid-Substituenten Die Effektivität der intramolekularen Komplexierung und damit die Reaktivität von A ist sowohl abhängig von der Temperatur als auch vom verwendeten Lösungsmittel. So steht ein komplexierendes Lösungsmittel wie Diethylether oder THF stets in Konkurrenz zu den chelatisierenden Triethylenoxid-Substituenten, wobei THF als stärkere Lewis-Base die Chelatkomplexe besser aufzubrechen vermag77. Aus diesem Grund wurde für die Reaktionssequenz (Halogen-Metall-Austausch und anschließende Umsetzung von A mit Trimethylborat) von nun an THF statt Diethylether verwendet. Hierbei wurde festgestellt, dass A schon bei Temperaturen unter -10 °C von entstandenem n-Butylbromid alkyliert wird und zusätzlich bei zu langer Reaktionszeit aufgrund der erhöhten Reaktivität zu dehalogeniertem B abreagiert. Eine schnelle Durchführung der Reaktion bei noch tieferen Temperaturen zwischen -90 °C und -70 °C sowie die Verwendung des sterisch anspruchsvolleren s-Butyllithium ermöglichte letztlich die Reaktion von A mit Trimethylborat. Das entstandene Benzol-1,4bis(boronsäuredimethylester)-Derivat wurde bei der anschließenden Hydrolyse mit wässriger Salzsäure in 37 überführt. Da sich die Abtrennung der hierbei aus dem überschüssigen Trimethylborat zusätzlich entstehenden Borsäure als sehr schwierig erwies, wurde im Gegensatz zu Literaturvorschriften das Trimethylborat noch vor der Hydrolyse im Vakuum entfernt. Auf diese Weise konnte 37 nach anschließender Extraktion der salzsauren wässrigen Phase mit Chloroform und Umkristallisation aus Toluol in hoher Reinheit (> 98 %, 1H-NMR: Abbildung 3.3 (oben)) in einer sehr guten Ausbeute von 67 % erhalten werden. 3 Synthese und Charakterisierung 26 Um zusätzlich Poly(p-phenylen)-Derivate 45 ac, 45 cc oder 47 a-c gemäß Schema 3.2 oder Schema 3.3 zugänglich zu machen, werden aminofunktionalisierte Diboronsäurederivate 44 a-c oder Bromboronsäurederivate 46 a-c benötigt. Ob diese direkt aus ihren Bromanaloga 38 a-c gemäß der für die Darstellung von 37 entwickelten Reaktion synthetisiert werden können, sollte am Beispiel der Diboronsäure 44 a mit Aminofunktionen an einem Methylen-Spacer überprüft werden (Schema 3.8). H3COCH2 CH2 H3COCH2 CH2 H3COCH2 CH2 N Br 1) s-BuLi H3COCH2 CH2 N 2) B(OMe)3 3) HCl Br (HO)2B B(OH)2 57% H3COCH2 CH2 H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 38 a 44 a Schema 3.8 Tatsächlich gelang die Synthese von 44 a bei unveränderter Reaktionsführung in 57 %iger Ausbeute. Eine abschließende Neutralisation der nach der Hydrolyse sauren, klaren Reaktionslösung hatte direkt die Kristallisation von 44 a als Dihydrat in hoher Reinheit (> 97 %, 1H-NMR: Abbildung 3.3 (unten)) zur Folge. Abbildung 3.3 zeigt die 1H-NMR-Spektren und als Inset die Aromatenbereiche der 13CNMR-Spektren der Diboronsäuren 37 (oben) und 44 a (unten) sowie die zur Signalzuordnung gewählte Nummerierung der Wasserstoffatome. Das Auftreten sämtlicher Signale bei den erwarteten chemischen Verschiebungen δ und in den erwarteten Intensitäten beweist die gelungenen Synthesen von 37 und 44 a. Im aliphatischen Bereich der 1 H-NMR-Spektren können analog zu Monomer 38 c (Abbildung 3.1) zwischen δ = 2,5 ppm und δ = 4,0 ppm alle Signale den zur Aminogruppe α-ständigen Methylen-Protonen, den Methoxy-Protonen sowie den OxyMethylen-Protonen zugeordnet werden. Im Aromatenbereich erscheinen neben den Signalen der Protonen H3 bei δ = 7,27 ppm (37) bzw. δ = 7,54 ppm (44 a) zusätzlich die Signale der Boronsäure-Protonen B(OH)2. Diese absorbieren im Falle des Monomers 37 bei δ = 7,83 ppm und im Falle des Monomers 44 a noch weiter tieffeldverschoben bei δ = 9,25 ppm. Im Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums von 37 (Inset Abbildung 3.1) sind gegenüber 38 c deutliche Unterschiede erkennbar. Aufgrund des Austauschs 3 Synthese und Charakterisierung 27 von Brom gegen den noch stärkeren Elektronenakzeptor Bor erfahren sämtliche Signale der aromatischen Kohlenstoffatome einen Tieffeldshift, insbesondere das des C1Kohlenstoffatoms. Die Signale der Diboronsäure 37 sind demnach bei δ = 119,01 ppm (C3), δ = 124,90 ppm (C1) und δ = 157,15 ppm (C2) zu beobachten. Die aromatischen C-Atome der Diboronsäure 44 a absorbieren bei δ = 137,06 ppm (C1), δ = 137,66 ppm (C3) und δ = 140,09 ppm (C2). 4 5 O (HO)2B 6 7 O 8 O 9 OCH3 B(OH)2 B(OH)2 1 2 OCH3 3 3 H3CO(CH2 CH2 O)3 2 3 6-9 1 4 5 140 120 Chemical Shift (ppm) 5 4 OCH3 3 CH2 CH2OCH3 N 2 6 H2O (HO)2B H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 6 CH2 CH2OCH3 B(OH)2 1 2 3 5 1 4 3 B(OH)2 140 120 Chemical Shift (ppm) 9 8 7 6 5 Chemical Shift (ppm) 4 Abbildung 3.3: 1H-NMR-Spektren (Inset: Aromatenbereiche der (oben) und 44 a (unten) (d6-DMSO, 25 °C) 3 2 13 C-NMR-Spektren) von 37 Die Darstellung des Bromboronsäurederivats 46 c aus Schema 3.3 und des Diboronsäurederivats 44 c mit Triethylenoxid-Spacern zwischen Phenylenring und Aminofunktion aus Schema 3.2 gelang nicht in Analogie zu Schema 3.8. Zwar konnten die gewünschten Produkte 46 c und 44 c bei schon beschriebener Reaktionsführung NMR-spektroskopisch sogar als entstandene Hauptprodukte nachgewiesen werden, 3 Synthese und Charakterisierung 28 jedoch scheiterte eine Abtrennung der dehalogenierten Nebenprodukte. Dies ist jedoch eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Erreichen hoher Molekulargewichte bei der angestrebten Suzuki-Polykondensation. Aufgrund der verzweigten, flexiblen Substituenten stellte sich zum einen eine Kristallisation als unmöglich heraus. Zum anderen scheiterten bisher zahlreiche Versuche säulenchromatographischer Reinigung an der sehr hohen Polarität der Produkte bei einem vermutlich zu geringen Polaritätsunterschied zwischen den Boronsäurederivaten 46 c, 44 c und ihren dehalogenierten Analoga. Wahrscheinlich werden die Boronsäurefunktionalitäten von den Oligoethylenoxid-Substituenten effektiv abgeschirmt wodurch Wechselwirkungen mit der stationären Phase stark verringert werden. Eine im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr verfolgte Methode besteht möglicherweise in der Verwendung von basischen Ionenaustauschern, von denen bekannt ist, dass sie Arylboronsäuren in Hydroxyborate überführen und somit ionisch zu binden vermögen. In der Literatur78 wird von einer derartigen Immobilisierung von Boronsäuren zum Zwecke einer Festphasen-Suzuki-Kupplung berichtet. Auf diesem Weg könnte in zukünftigen Experimenten eine Isolierung insbesondere der Bromboronsäure 46 c gelingen. Zusätzlich zu den Diboronsäuren 44 a und 37 wurde die Benzol-1,4-diboronsäure (56) und deren Dipropandiolester 57 synthetisiert. Dazu wurde gemäß Schema 3.9 1,4-Dibrombenzol (55) in die Di-Grignard-Verbindung überführt, mit Trimethylborat umgesetzt und anschließend mit verdünnter Schwefelsäure zu 56 hydrolysiert71,79. Durch Umsetzen von 56 mit 1,3-Propandiol unter azeotroper Entfernung des Wassers wurde der Dipropandiolester 57 nach Umkristallisation in einer Gesamtausbeute von 53 % in hoher Reinheit (> 98 %, 1H-NMR) erhalten. 1) Mg 2) B(OMe)3 3) H2SO4 Br (HO)2 B 62 % Br 55 Schema 3.9 HO HO O B(OH)2 85 % 56 O B B O O 57 3 Synthese und Charakterisierung 3.3 29 Polymersynthese 3.3.1 Suzuki-Polykondensation Die Palladium-katalysierte Aryl-Aryl-Kupplungsreaktion nach Suzuki80,81,82 und Miller83 spielt eine wichtige Rolle bei der Synthese von Naturstoffen, pharma- zeutischen und agrochemischen Produkten, Spezialchemikalien sowie im Bereich der funktionalen Polymere84. Hierbei handelt es sich um eine schonende und regiospezifische Verknüpfung zwischen Arylboronsäuren bzw. ihren zyklischen Estern und Arylhalogeniden. Als Katalysatoren werden oftmals Palladium(0)-Komplexe mit Triphenylphosphin-Liganden verwendet, die entweder direkt als Tetrakis-(triphenylphosphin)palladium (0) (Pd0(PPh3)4) eingesetzt werden oder in situ aus Bis(dibenzylidenaceton)palladium (0) (Pd0(dba)2) und Triphenylphosphin gebildet werden85. Des Weiteren werden auch PdII-Precursoren eingesetzt, wie z. B. Palladiumacetat (PdII(OAc)2), die mit Triphenylphosphin im Reaktionsgemisch zu den entsprechenden aktiven Pd0-Verbindungen reduziert werden. Hierbei wird kontrovers diskutiert, ob Triphenylphosphin86 oder ein geringer Anteil des Boronsäure-Edukts87 als Reduktionsmittel wirkt. Im zweiten Fall würden die stattfindenden oxidativen Boronsäurespaltungen als Nebenreaktionen den Umsatz der Suzuki-Kupplung beeinträchtigen. Dies hätte beim Aufbau von Polymeren die Generierung von Endgruppen bzw. die Abweichung vom idealen stöchiometrischen Verhältnis der Monomerfunktionalitäten zur Folge und würde entsprechend zu geringen Polymerisationsgraden führen. Um dieses Problem zu vermeiden, werden im Bereich der Polymerchemie fast ausschließlich Pd0-Katalysatoren verwendet. Die derzeitigen Forschungsschwerpunkte im Bereich der Suzuki-Reaktion liegen in der Synthese und Untersuchung von Katalysatorsystemen, die bereits bei milden Bedingungen möglichst sogar unreaktive Arylchloride in guten Ausbeuten zu kuppeln vermögen88,89. Industriell interessant sind hierbei insbesondere Reaktionen, die ohne Verwendung eines organischen Lösungsmittels vollständig in Wasser ablaufen können90, bei denen der kostspielige Katalysator an polymeren Trägern immobilisiert ist91 oder durch einfache Phasenseparation92 aus dem Reaktionssystem zurückgewonnen werden kann. Auf dem erstgenannten Weg konnten vor wenigen Jahren erste technische Anwendungen realisiert werden93, wie z. B. zur kommerziellen Darstellung von 2Cyano-4’-methylbiphenyl (100 t/a, Firma Hoechst, 2001), einer wichtigen Zwischen- 3 Synthese und Charakterisierung 30 stufe bei der Synthese von Medikamenten zur Behandlung von Bluthochdruck 88. Die neuesten Studien im Bereich der niedermolekularen Chemie ermöglichen eine beschleunigte Suzuki-Reaktion durch Erhitzen mittels Mikrowellenbestrahlung94,95 sowie eine Reaktionsführung in phosphinligandenfreien96, lösungsmittelfreien97 oder sogar übergangsmetallfreien Systemen in Wasser98. Auch auf dem Gebiet der Polymerchemie wurden kürzlich erste erfolgreiche Suzuki-Polykondensationen durch Erhitzen mittels Mikrowellenbestrahlung erzielt99. In Schema 3.10 ist der Mechanismus der palladiumkatalysierten Kupplungsreaktion in Form eines Katalysezyklus dargestellt, wie er z. B. bei Verwendung des Katalysators Pd(PPh3)4 beschrieben wird100,85. Schema 3.10 Der Katalysezyklus beginnt mit der Abspaltung von zwei Liganden (L) der stabilen Palladium(0)-Spezies PdL4. Dabei bildet sich die konformativ ungesättigte und damit aktivierte Spezies PdL2. An diese Spezies erfolgt eine oxidative Addition des Arylhalogenids im Sinne einer Insertionsreaktion, die durch elektronenreiche Liganden am Metall sowie elektronenarme Arylhalogenide begünstigt wird 85. In einem anschließenden Schritt erfolgt nach Aktivierung des Boronsäurederivats durch Anlagerung einer Base die Transmetallierung, bei der sich unter Abspaltung von 3 Synthese und Charakterisierung 31 Borsäure und Halogenid ein zweiter Aromat an das Palladium anlagert. Abschließend wird durch reduktive Eliminierung unter Rückbildung der aktiven PdL2-Spezies eine Aryl-Aryl-Bindung geknüpft, wobei raumerfüllende Liganden begünstigend wirken. In neueren Untersuchungen mit den sterisch anspruchsvolleren Phosphinliganden P(t-butyl)2(1-adamantyl) und P(t-butyl)3 konnte gezeigt werden, dass PalladiumIntermediate mit nur einem Phosphinliganden eine gegenüber PdL2 noch aktivere Spezies darstellen und nach oxidativer Addition entsprechend zu Palladium(II)Komplexen führen, in denen das Metall dreifach koordiniert vorliegt101. Als Nebenreaktionen der Suzuki-Kupplung werden die Reduktion der Halogentermini39, die Protodeborierung der Boronsäuregruppe98,102 , die Eigenkupplung von zwei Arylboronsäuren87 sowie die Insertion der aktiven PdL2-Spezies in die PhosphorKohlenstoff-Bindung des Phosphan-Liganden103 beschrieben. Die zuletzt beschriebene Nebenreaktion, die bei der Synthese von Poly(p-phenylen)-Derivaten im Sinne einer Suzuki-Polykondensation neben dem Einbau von Kettenenden auch den Einbau von flexiblen phosphorhaltigen Einheiten und Verzweigungen zur Folge hat, kann durch Verwendung von Palladiumkatalysatoren mit Tri(o-tolyl)phosphinliganden104 [Pd0(P(o-Tol)3)3] zurückgedrängt werden. In neueren Untersuchungen wird berichtet, dass Phosphor bei Verwendung geringer Katalysatorkonzentrationen (< 5 mol%) in 400 Wiederholungseinheiten nur durchschnittlich einmal eingebaut wird und dies deshalb vernachlässigt werden kann. Die höchsten Molekulargewichte wurden hier unter Verwendung von Palladium(0) mit para-substituierten Tri(p-tolyl)phosphinliganden [Pd0(P(p-Tol)3)3] erzielt105,106. 3.3.2 Modellpolymere 58 und 59 In Modellversuchen wurden die Polymere 58 und 59 gemäß Schema 3.11 aus den Monomeren 54 und 57 bzw. 37 dargestellt. Hierbei stand die Fragestellung im Vordergrund, ob die Vielzahl der Oligoethylenoxid-Seitengruppen insbesondere bei Verwendung des neuartigen Monomers 37 die Suzuki-Polykondensation stört und somit zu geringen Polymerisationsgraden führt. Als Grund hierfür wären koordinative Wechselwirkungen zwischen den Oligoethylenoxid-Substituenten und einer aktiven Palladium-Spezies denkbar. 3 Synthese und Charakterisierung 32 H3CO(CH2CH2O) 3 O + B O [Pd] O 82 % B O (OCH2CH2) 3OCH3 H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 58 57 Br Br n H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 [Pd] 54 + (HO)2B B(OH)2 H3CO(CH2CH2O) 3 74 % n H3CO(CH2CH2O) 3 37 59 Schema 3.11 Dazu wurden die exakt äquimolar eingesetzten Monomere im heterogenen System THF / wässrige Natriumhydrogencarbonat-Lösung unter intensiver Phasendurchmischung in Gegenwart von 0,2 bis 1 mol% Palladium(0)-Katalysator für eine Woche unter Rückfluss erhitzt. Als Katalysatoren wurden Pd(PPh3)4 oder Pd(P(p-Tol)3)3 verwendet, die durch Umsetzung von Palladiumchlorid mit Triphenylphosphin107 bzw. Tri-p-tolylphosphin108 mit Hydrazin in DMSO auf literaturbekannten Wegen synthetisiert wurden. Es erwies sich als günstig, im Verlauf der Polykondensation (am besten nach vier Tagen) 5 mol% der Diboronsäure 57 bzw. 37 und ca. 0,05 mol% Palladiumkatalysator nachzudosieren, um einen vermutlich durch Nebenreaktionen entstehenden Unterschuss an Diboronsäure zu kompensieren. Nach fünf Tagen begann aufgrund der geringeren Anzahl an Oligoethylenoxidgruppen 58 gelartig aus der organischen Phase auszufallen, während in einem parallelen Versuch das hochsubstituierte Polymer 59 komplett löslich blieb. Nach dem Ausfällen aus n-Hexan wurden die Modellpolymere 58 und 59 in Ausbeuten von 82 % bzw. 74 % erhalten. Die ausgefallenen flockigen Niederschläge und die erhaltenen guten Ausbeuten deuteten schon auf ein Gelingen der Suzuki-Polykondensation unter den beschriebenen Bedingungen hin, unabhängig davon, ob Pd(PPh3)4 oder Pd(P(p-Tol)3)3 verwendet wurde. Weiterhin konnte in zusätzlichen, hier nicht beschriebenen Versuchen kein Einfluss von der Art des eingesetzten Diboronsäurederivates (als freie Boronsäure oder als zyklischer Ester) beobachtet werden. Bei einer Umsetzung von 54 mit 57 im heterogenen System Toluol / Wasser unter sonst unveränderten Reaktionsbedingungen 3 Synthese und Charakterisierung 33 konnten hingegen nur ölige, nicht ausfällbare Produkte erhalten werden. NMRspektroskopische Untersuchungen ließen entsprechend auf einen erreichten Polymerisationsgrad von Pn < 5 schließen. Eine Ursache für diese Beobachtung könnte darin liegen, dass Toluol für die vorliegenden polaren Monomere und für das entstehende polare Polymer ein zu schlechtes Lösungsmittel darstellt. Folglich wären die Monomere im heterogenen System Toluol / Wasser zu einem signifikanten Anteil in der wässrigen Phase gelöst, während der aktive Palladium-Katalysator in der organischen Phase gelöst ist. Dies hätte einen negativen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit und würde somit zu vermehrten Nebenreaktionen und schließlich geringen Polymerisationsgraden führen. Um dieses Problem zu umgehen, wurden in den folgenden Polymerisationen statt Toluol und Wasser stets das polare organische Lösungsmittel THF und Wasser verwendet. Da die Modellpolymere 58 und 59 gut in Chloroform löslich sind, konnte deren einheitliche Konstitution mittels NMR-Spektroskopie belegt werden. In Abbildung 3.4 ist stellvertretend das 1H-NMR- und 13C-NMR-Spektrum von Polymer 59 inklusive der zur Signalzuordnung gewählten Nummerierung der Kohlenstoff- Wasserstoffatome dargestellt. Die charakteristischen Absorptionen im 1 bzw. H-NMR- Spektrum zeigen die für Polymere typische Verbreiterung, treten im erwarteten Intensitätsverhältnis auf und können eindeutig den Protonen der Wiederholungseinheiten zugeordnet werden. Bei δ = 3,34 ppm absorbieren die Methoxy-Protonen und zwischen δ = 3,4 ppm und δ = 4,2 ppm erscheinen die Oxymethylen-Protonen der Triethylenoxidseitenketten. Im aromatischen Bereich beobachtet man ein Signal des aromatischen Protons H3 bei δ = 7,06 ppm. Zusätzlich können neben dem Lösungsmittelsignal (CDCl3) einige wenige Signale sehr geringer Intensität beobachtet werden, die brom- und wasserstofftragenden Endgruppen oder Katalysatorresten zugeordnet werden können (*). Da diese eine zu geringe Intensität für eine NMR-Endgruppenanalyse aufweisen, können mittlere Polymerisationsgrade zwischen Pn = 10 und Pn = 20 abgeschätzt werden. Darüber hinaus treten keine Signale auf, die auf ortho- oder meta-verknüpfte Phenyleneinheiten hindeuten. Auch das 13 C- NMR-Spektrum erlaubt mit Hilfe von DEPT-Experimenten eine eindeutige Zuordnung der Signale. Bei δ = 58,91 ppm tritt die charakteristische Absorption des C-Atoms der Methoxy-Gruppe auf. Zwischen δ = 69,03 ppm und δ = 71,84 ppm erscheinen die Oxymethylen-Protonen. Die Signale der aromatischen Kohlenstoffatome treten bei δ = 117,15 (C3) ppm, δ = 127,55 (C1) ppm und δ = 150,13 (C2) ppm auf. 3 Synthese und Charakterisierung 4 O 5 6 7 O 8 O 34 OCH2 9 OCH3 OCH3 1 2 3 OCH3 CDCl3 n 6-8 H3CO(CH2 CH2O)3 2 1 3 9 140 CDCl3 120 100 Chemical Shift (ppm) 80 60 4 3 5 ** 7 6 5 4 Chemical Shift (ppm) 3 Abbildung 3.4: 1H-NMR-Spektrum (unten) und 13C-NMR-Spektrum (oben) von Modellpolymer 59 (CDCl3, 25 °C) Zur genaueren Untersuchung der Modellpolymere 58 und 59 im Hinblick auf die Art der Endgruppen sowie die erhaltenen Molmassen und Molmassenverteilungen wurden die Polymere mittels MALDI-TOF-Massenspektrometrie, Gelpermeationschromatographie und Dampfdruckosmometrie untersucht. Für die MALDI-Massenspektrometrie wurde eine Lösung des Polymers 59 und der Matrix 1,8,9-Trihydroxyanthracen in Chloroform gelöst und auf einem Probenträger eingedampft. In Abbildung 3.5 ist ein repräsentatives Massenspektrum von Modellpolymer 59 dargestellt. 3 Synthese und Charakterisierung 35 11 12 2H 1,0 H+Br 2H H+Br 15 2H H+Br H+Br H+Br 2H H+Br 20 21 2H H+Br 19 2H H+Br 18 2H H+Br 17 2H H+Br H+Br 2Br H+Br 2H 16 2Br 2H 2Br H+Br 14 2Br 2H H+Br 2H H+Br 5 4 2H H+Br 7 6 2H 2H 9 8 0,4 0,2 13 2H 0,6 2H Intensität 0,8 H+Br H+Br 2H 10 0,0 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000 Masse / Ladung [g/mol] Abbildung 3.5: MALDI-TOF-Massenspektrum des Modellpolymers 59 (aus CHCl3, 1,8,9Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Es sind Signalgruppen erkennbar, die im Masse-Ladungs-Verhältnis einen Abstand von m/z = 400 g/mol voneinander aufweisen, was der Molmasse einer Wiederholungseinheit entspricht. Die Signale, deren Masse-Ladungs-Verhältnisse den Natriumaddukten der Molekülionen mit zwei Wasserstoffendgruppen (2H) zugeordnet werden können, sind in Abbildung 3.5 mit dem entsprechenden Polymerisationsgrad n beschriftet. Hierbei sind Peaks von Polymerisationsgraden zwischen n = 4 und n = 21 zu beobachten. Zusätzlich sind in jeder Signalgruppe Peaks meist mit etwas geringerer Intensität erkennbar, die von Molekülionen mit einer (H+Br) oder sogar zwei (2Br) Bromidendgruppen hervorgerufen werden. Boronsäureendgruppen konnten bei keiner der durchgeführten Synthesen von 58 und 59 nachgewiesen werden. Die Vielzahl der detektierten Bromidendgruppen und das Fehlen von Boronsäureendgruppen trotz eines während der Polykondensation erfolgten Nachdosierens der Diboronsäure 37 zeigt, dass die Protodeborierung die am häufigsten ablaufende Nebenreaktion ist. Aus sterischen und elektronischen Gründen kann erwartet werden, dass mit den vorliegenden Monomeren unter den beschriebenen Reaktionsbedingungen die oxidative Addition im Katalysezyklus geschwindigkeitsbestimmend ist. So ist bekannt, dass Ortho-Substituenten und insbesondere Elektronendonoren am 3 Synthese und Charakterisierung 36 Arylhalogenid die oxidative Addition erschweren. Der Schritt der reduktiven Eliminierung hingegen sollte aufgrund des hohen sterischen Anspruchs der Substituenten begünstigt ablaufen. Somit wäre eine Beschleunigung der PalladiumInsertion, z. B. durch Aktivierung des Arylhalogenids, der Schlüssel zu höheren Umsätzen und folglich noch höheren Polymerisationsgraden. Dies bestätigte sich bei Untersuchungen von Schlüter 106, der bei Suzuki-Polykondensationen unter Verwendung von aktiveren Iod-Aryl-Monomeren höhere Molekulargewichte erzielte als unter Verwendung von Brom-Arylverbindungen. Aus dem Massenspektrum allein lässt sich keine präzise Aussage bezüglich der Molekulargewichtsverteilung und des erhaltenen mittleren Polymerisationsgrads treffen. Es wurde zwar berichtet, dass mittels MALDI-TOF-Massenspektrometrie prinzipiell eine quantitative Bestimmung der Oligomerverteilung von PPP-Derivaten möglich ist. Allerdings können viele Fehlerquellen die Ergebnisse stark verfälschen. So weisen die Oligomere auch im vorliegenden Fall nur maximale Molmassen von 4500 g/mol auf109. Bei höheren Molmassen treten offenbar aufgrund einer schlechteren Desorption von hochmolekularen Polymeren in die Gasphase starke Abweichungen auf. Um genauere Aussagen zur mittleren Molmasse sowie zur Molekulargewichtsverteilung treffen zu können, wurden gelpermeationschromatographische Experimente mit THF als Elutionsmittel durchgeführt. In Abbildung 3.6 sind zwei GPC-Kurven (UVDetektion) von Modellpolymer 59 dargestellt, wobei die aufgetragenen Molmassen durch Kalibration gegen Polystyrol bekannter Polymerisationsgrade ermittelt wurden. Bei der Suzuki-Polykondensation von 59 wurde einerseits ein Katalysator verwendet, der ein halbes Jahr unter Stickstoff bei -20 °C gelagert wurde (schwarze Kurve) und andererseits wurde der Katalysator einen Tag vor der Polykondensation synthetisiert (rote Kurve). Analog zu Untersuchungen aus der Literatur 105 konnte auch hier beobachtet werden, dass sogar in der Kälte unter Schutzgas eine Alterung des Pd-Katalysators eintritt und dies in Suzuki-Polykondensationen zu geringeren Molmassen der Polymere führt (Abbildung 3.6). Ein signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Katalysatoren Pd(PPh3)4 und Pd(P(p-Tol)3)3 wurde in zahlreichen, hier nicht beschriebenen Modellversuchen nicht beobachtet. 3 Synthese und Charakterisierung 37 1,0 0,8 Intensität 0,6 0,4 0,2 0,0 1000 10000 100000 Molmasse (g/mol) Abbildung 3.6: Gelpermeationschromatogramme von Modellpolymer 59 aus zwei Ansätzen (UV-Detektion, Molmasse mit Polystyrol kalibriert, Temperatur: 30 °C, Lösungsmittel: THF) In Tabelle 3.1 sind die aus der Gelpermeationschromatographie mittels Polystyrolkalibration erhaltenen gewichtsmittleren Molekulargewichte Mw, zahlenmittleren Molekulargewichte Mn, Polydispersitäten PD sowie die aus Mn berechneten Polymerisationsgrade Pn von 59 dargestellt. Hinzugefügt sind die Ergebnisse aus dampfdruckosmometrischen Messungen von 58 und 59 in Chloroform. GPCExperimente von Modellpolymer 58 wurden aufgrund der Unlöslichkeit im Elutionsmittel THF nicht durchgeführt. Tabelle 3.1: Ergebnisse aus gelpermeationschromatographischen osmometrischen Messungen der Modellpolymere 58 und 59 Polymer 58 59 59 Katalysator Gelpermeationschromatographie Mn Mw Lagerzeit Pn PD [g/mol] [g/mol] 6 Monate 6 Monate 16400 9000 22 1,8 1 Tag 29200 13100 33 2,2 und dampfdruck- Osmometrie Mn Pn [g/mol] 7100 15 9000 22 11500 29 Für Modellpolymer 59 werden mittels GPC und Dampfdruckosmometrie zahlenmittlere Molekulargewichte Mn zwischen 9000 g/mol und 13100 g/mol ermittelt, während das 3 Synthese und Charakterisierung 38 MALDI-TOF-Massenspektrum (Abbildung 3.5) ein Maximum der Peakintensität bei 4500 g/mol aufweist und Moleküle über 8000 g/mol überhaupt nicht detektiert werden. Dies bestätigt die Vermutung, dass während des MALDI-Experiments aus der breiten Molekulargewichtsverteilung bevorzugt niedermolekulare Fraktionen in die Gasphase desorbieren und somit die Detektion von hochmolekularen Fraktionen verhindert wird, obwohl die Methode prinzipiell bis in Bereiche von 5·105 g/mol eingesetzt werden kann110. Sowohl aus der GPC als auch aus der Osmometrie ließ sich ein mittlerer Polymerisationsgrad des Polymers 59 zu Pn = 22 bestimmen, wenn der verwendete Katalysator 6 Monate unter Schutzgas gelagert wurde. Wurde ein Katalysator verwendet, der einen Tag vor der Suzuki-Reaktion synthetisiert wurde, konnten höhere Molmassen erreicht werden. Hierbei führte die Methode der GPC mit Pn = 33 im Vergleich zur Osmometrie mit Pn = 29 zu einer 14 %igen Überschätzung des Polymerisationsgrads. Grund hierfür ist das größere hydrodynamische Volumen des in THF gelösten, kettensteifen Polymers 59 gegenüber dem zur Kalibration verwendeten, in Lösung knäuelförmig vorliegenden, flexiblen Polystyrol. Der daraus resultierende Fehler scheint sich jedoch erst bei Polymerisationsgraden über Pn = 22 auszuwirken. Darunter können die GPC-Ergebnisse weiterhin als gute Abschätzung betrachtet werden. Dieser Befund steht im Einklang mit Untersuchungen von Wegner et al.111. Hier wird beispielsweise bei einem tatsächlichen zahlenmittleren Molekulargewicht von Mn = 21000 g/mol ein Fehler von 27 %, bei Mn = 36000 g/mol ein Fehler von 44 % und bei Mn = 90000 g/mol sogar ein Fehler von 100 % beobachtet. Da eine Wiederholungseinheit von Polymer 58 aus zwei Phenyleneinheiten besteht (vgl. Schema 3.11), ist ein mittlerer Polymerisationsgrad von Pn = 15 gleichbedeutend mit der Verknüpfung von durchschnittlich 30 Phenyleneinheiten. Dies entspricht exakt dem in der Literatur beschriebenen Wert für identisch aufgebaute statistische Copolymere mit verschieden langen Oligoethylenoxid-Seitengruppen66 . Bei Polymer 59, dessen Wiederholungseinheit nur eine Phenylen-Gruppe enthält, wurde ein nahezu identisches Ergebnis erzielt: Es wurden durchschnittlich bis zu 29 Phenyleneinheiten verknüpft (Pn = 29). Das bedeutet, dass der mittlere Polymerisationsgrad in der gleichen Größenordnung liegt, der auch bei der Synthese des Precursorpolymers 16 erzielt wurde. Hier wurde von mittleren Polymerisationsgraden unfraktionierter Proben zwischen Pn = 32 (Blaul56) und Pn = 40 (Brodowski50) berichtet. Durch fraktionierende 3 Synthese und Charakterisierung 39 Fällung konnte sogar ein mittlerer Polymerisationsgrad von Pn = 48 (Wittemann54) erreicht werden. Die Molmassenverteilung ist gemäß einer Polykondensationsreaktionen sehr breit. Es wurden entsprechend hohe Polydispersitäten von PD = 1,8 und PD = 2,2 ermittelt. Dies liegt im Bereich von literaturbekannten PPP-Systemen, bei denen von Polydispersitäten zwischen PD = 1,6 (Brodowski50) für ausgefällte Polymere und PD = 3,3106 für nicht ausgefällte Produkte berichtet wird. Zusammenfassend lassen sich die durchgeführten Suzuki-Polykondensationen als sehr erfolgreich bewerten. Unter Verwendung der für einfache Polykondensationen geltenden Carothers-Gleichung (Pn = (1-p)-1) ergibt sich rechnerisch ein Umsatz p (0 ≤ p ≤ 1) der Suzuki-Reaktion von p = 0,97, wenn ein Polymerisationsgrad von Pn = 29 erreicht wird. Vermutlich limitieren zwar die als Elektrondendonoren wirkenden Alkoxysubstituenten am Arylhalogenid den Polymerisationsgrad, jedoch kann der hohen Dichte der Oligoethylenoxidseitenketten von 59 kein negativer Einfluss zugeschrieben werden. 3.3.3 Precursorpolymere 39 a-c Auf Grundlage der erfolgreich durchgeführten Suzuki-Polykondensationen von 58 und 59 galt es zu überprüfen, ob die Synthese der Modellpolymere auf die der Precursorpolymere übertragbar ist und welchen Einfluss die Amino-Substituenten an den Monomeren auf die Suzuki-Polykondensation haben. Die Precursorpolymere 39 a-c, die sich lediglich in Art und Länge der Spacer-Gruppen voneinander unterscheiden, sollten gemäß Schema 3.12 aus der Diboronsäure 37 und den Dibromiden 38 a-c dargestellt werden. Hierbei wurde auf die für Modellpolymer 59 optimierten Reaktionsbedingungen zurückgegriffen. 3 Synthese und Charakterisierung 40 H3CO(CH2CH2O) 3 R2N n H3CO(CH2CH2O) 3 [Pd] 39 a NR2 Spacer H3CO(CH2CH2O) 3 NR2 R2N H3CO(CH2CH2O) 3 (CH2)6 [Pd] B(OH) 2 + Br (HO) 2 B Br n H3CO(CH2CH2O) 3 Spacer H3CO(CH2CH2O) 3 NR2 [Pd] NR2 37 (CH2)6 39 b 38 a, b, c R2N H3CO(CH2CH2O) 3 a: b: c: a-c: Spacer = -CH2Spacer = -(CH2)6Spacer = -(OCH2CH2)3R = -CH2CH2OCH3 H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2)3 n (OCH2 CH2)3 R2N 39 c Schema 3.12 Dazu wurde die Diboronsäure 37 mit dem Dibrombenzol-Derivat 38 a, 38 b oder 38 c im heterogenen System THF / Wasser mit NaHCO3 und dem Katalysator Pd(PPh3)4 oder Pd(P(p-Tol)3)3 umgesetzt. Bei der Verwendung des Monomers 38 a und dem Katalysator Pd(PPh3)4, der für mehrere Monate gelagert wurde, zeigte sich allerdings, dass kein Precursorpolymer 39 a erhalten wurde. Aus der organischen Phase der Reaktionsmischung nach dem Abdampfen des Lösungsmittels wurde stattdessen ein Gemisch aus protodeboriertem B und unveränderter Dibromverbindung 38 a isoliert (Schema 3.13). 3 Synthese und Charakterisierung 41 R2N H3CO(CH2CH2O) 3 [Pd] 37 + 38 a + Br Br H3CO(CH2CH2O) 3 NR2 B 38 a Schema 3.13 In Abbildung 3.7 ist ein für das erhaltene Produktgemisch repräsentatives 1H-NMRSpektrum inklusive Aromatenbereich des 13 C-NMR-Spektrums sowie die zur Signal- zuordnung gewählte Nummerierung der Atome dargestellt. Analog zu den schon diskutierten Monomer-NMR-Spektren aus Abbildung 3.1 und Abbildung 3.3 wurden alle Signale den Protonen bzw. den Kohlenstoffatomen von B und 38 a zugeordnet. 6 5 (H3COCH2CH2)2N 9' - 4' H3CO(CH2CH2O) 3 4 Br 1' 2' Br 1 2 H3CO(CH2CH2O) 3 OCH3 1' 3 NR2 3 1' 2' 2 6 1 5 4 6'-9' 3 CDCl3 7 140 120 Chemical Shift (ppm) 4' 5' 6 5 4 Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.7: 1H-NMR-Spektrum (Inset: Aromatenbereich des erhaltenen Produktgemischs aus B und 38 a (CDCl3, 25 °C) 3 2 13 C-NMR-Spektrums) des Bei Verwendung eines direkt vor der Suzuki-Reaktion synthetisierten PalladiumKatalysators konnten NMR-spektroskopisch zusätzlich zu 38 a und B geringe Anteile von Oligomeren nachgewiesen werden. Polymere konnten hingegen in keinem Fall isoliert werden. 3 Synthese und Charakterisierung 42 Das Fehlschlagen der Suzuki-Polykondensation deckt sich mit Ergebnissen aus früheren Modelluntersuchungen70. Hierbei wurden die Polymere 60 a und 60 b unter den oben beschriebenen Bedingungen der Suzuki-Polykondensation aus Benzol-1,4-diboronsäure (56) und 38 a bzw. 38 b dargestellt. R2N R2N (CH2)6 n n (CH2)6 NR2 NR2 60 a 60 b Abbildung 3.8: Strukturformeln der Polymere 60 a und 60 b Auch hierbei zeigte sich, dass bei der Synthese von 60 a stets geringere Polymerisationsgrade erzielt wurden als bei der Synthese von 60 b. Scheinbar stören Aminofunktionen dann den Katalysezyklus sehr effizient, wenn sie in α-Position der 1,4-Dibrombenzolderivate angeordnet sind. In allen anderen Fällen wird kein Einfluss auf die Polykondensation detektiert: entsprechend können als aminofunktionalisierte Monomere neben 38 b sowohl 1,4-Dibrombenzolderivate mit Aminofunktionen in δ-Position der Seitenkette60,61 als auch 2,5-Dibrompyridin69 in Suzuki- Polykondensationen problemlos eingesetzt werden. Als Grund hierfür können koordinative Wechselwirkungen der Aminofunktionen mit der katalytisch aktiven Palladiumspezies vermutet werden, die nur eintreten, wenn die Aminofunktionen einen bestimmten Abstand zum Reaktionszentrum aufweisen. Die Synthese der Precursorpolymere 39 b und 39 c, deren Aminogruppen an Hexylbzw. Triethylenoxid-Spacern angeordnet sind, gelang problemlos unter den in Kapitel 3.3.2 beschriebenen Standardbedingungen. 39 b wurde nach Abdampfen des Lösungsmittels aus der organischen Phase und anschließender Gefriertrocknung aus Dioxan als filmbildendes, elastomeres Material erhalten. 39 c konnte durch Eintropfen der organischen Phase in n-Hexan ausgefällt werden, wobei leicht gelbliches, pulverförmiges Polymer anfiel. Beide Polymere sind in polaren organischen Solventien, wie z. B. THF, Dichlormethan und Chloroform, Precursor 39 c darüber hinaus sogar in Wasser, gut löslich. Aus diesem Grund konnte die Struktur von 39 b und 39 c mittels NMR-Spektroskopie (Abbildung 3.9, Abbildung 3.10) verifiziert werden. 3 Synthese und Charakterisierung 43 H3COCH2 CH2 N CH2 CH2 OCH3 10 8 9' - 4' 6 H3CO(CH2CH2O) 3 4 9 11 OCH3 7 5 1 1' 2' 3' 2 H3CO(CH2CH2O) 3 3 n (CH2 )6 11, 5'-9' N CH2 CH2 OCH3 CDCl3 H3COCH2 CH2 10 4' 3 3' 5-8 4, 9 * * 7 6 5 4 3 Chemical Shift (ppm) CDCl3 11, 2 1 OCH3 4'-9' 9, 10 4-8 2' 1 2 1' 3 3' 150 100 50 Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.9: 1H-NMR-Spektrum Precursorpolymer 39 b (CDCl3, 25 °C) (oben) und 13 C-NMR-Spektrum (unten) von Im 1H-NMR-Spektrum von 39 b sind die Signale der Alkyl-Spacer-Protonen als drei verbreiterte Peaks bei δ = 1,24 ppm und δ = 1,47 ppm (H5-8) sowie bei δ = 2,55 ppm (H4, H9) zu beobachten. Die in α-Position zur Aminogruppe angeordneten Protonen H10 absorbieren bei δ = 2,76 ppm. Die charakteristischen Signale der Methoxy-Protonen erscheinen bei δ = 3,33 ppm während die Signale der Oxy-Methylen-Protonen zwischen δ = 3,40 ppm und δ = 4,15 ppm auftreten. Im Aromatenbereich können die beiden Absorptionen bei δ = 6,88 ppm und δ = 7,15 ppm eindeutig den Protonen H3 bzw. H3’ zugeordnet werden. Das 13 C-NMR-Spektrum zeigt die Signale der Alkyl-Kohlenstoff- atome und die Signale der NCH2-Gruppen zwischen δ = 26,75 ppm und δ = 55,45 ppm. 3 Synthese und Charakterisierung 44 Die Signale der Methoxy-Kohlenstoffatome können in Form zweier kaum unterscheidbarer Peaks bei δ = 58,79 ppm und δ = 58,97 ppm beobachtet werden. Die OCH2-Kohlenstoffatome absorbieren zwischen δ = 69,17 ppm und δ = 71,86 ppm. Die aromatischen Kohlenstoffatome erscheinen bei δ = 116,76 ppm (C3’); 130,27 ppm (C3); 131,15 ppm (C1’); 137,02 ppm und 137,95 ppm (C1, C2) sowie 150,03 ppm (C2’). Die Signalzuordnung in den NMR-Spektren von 39 c (Abbildung 3.10) wurde wie bei 39 b durchgeführt. Aufgrund der Substitution der Alkyl-Spacer durch Triethoxygruppen werden unter δ = 2,5 ppm (1H-NMR) bzw. δ = 50 ppm (13C-NMR) keine Signale beobachtet. 10 9' - 4' CH2 CH2 OCH3 4-9 H3CO(CH2CH2O) 3 OCH3 11 (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 1 1' 2' 3' H3CO(CH2CH2O) 3 CDCl3 CH2 CH2 OCH3 2 3 n (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 6 - 8, 11 6' - 9' 5, 5' 9, 10 4, 4' 3, 3' ** 7 6 5 4 Chemical Shift (ppm) 3 CDCl3 9, 10 4 - 8, 11 OCH3 4' - 9' 2, 2' 1, 1' 140 3, 3' 120 100 80 Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.10: 1H-NMR-Spektrum Precursorpolymer 39 c (CDCl3, 25 °C) (oben) und 13 60 C-NMR-Spektrum (unten) von Im 1H-NMR-Spektrum erscheinen die erwarteten Absorptionen der NCH2-Protonen (δ = 2,75 ppm), der Methoxy-Protonen (δ = 3,32 ppm), der Oxy-Methylenprotonen 3 Synthese und Charakterisierung 45 (3,40 ppm < δ < 4,15 ppm) sowie der aromatischen Protonen H3 und H3’ (δ = 7,06 ppm). Die 13C-NMR-Signale im Aliphatenbereich treten bei δ = 54,32 ppm und δ = 54,46 ppm (NCH2), bei δ = 58,79 ppm und δ = 58,95 ppm (OCH3) und zwischen δ = 68,87 ppm und δ = 71,86 ppm (OCH2) auf. Im Aromatenbereich weisen die Kohlenstoffatome C3 und C3’ mit δ = 117,15 ppm, C1 und C1’ mit δ = 127,53 ppm sowie C2 und C2’ mit δ = 150,13 ppm jeweils die gleichen chemischen Verschiebungen auf. Die in Abbildung 3.9 bzw. Abbildung 3.10 dargestellten 1H- und 13 C-NMR-Spektren belegen die entstandenen wohldefinierten PPP-Strukturen von 39 b und 39 c. Da die Endgruppenabsorptionen (*) in den 1H-NMR-Spektren von 39 b und 39 c ebenso geringe Intensitäten aufweisen wie bei dem Modellpolymer 59 (Abbildung 3.4), kann auch hier auf erreichte Polymerisationsgrade zwischen Pn = 10 und Pn = 20 geschlossen werden. Die erfolgreiche Synthese von 39 b und 39 c konnte auch in Untersuchungen mittels MALDI-TOF-Massenspektrometrie belegt werden. In Abbildung 3.11 ist das Massenspektrum des Precursors 39 c dargestellt, welches aus THF mit 1,8,9-Trihydroxyanthracen als Matrix erhalten wurde. Um zu überprüfen, welchen Einfluss das Nachdosieren der Diboronsäure 37 im Verlauf der Suzuki-Reaktion hat, wurde im Folgenden ein Polymer untersucht, bei dessen Synthese auf das Nachdosieren verzichtet wurde. Es sind Signalgruppen von n = 1 bis n = 6 zu beobachten, die alternierend aus jeweils zwei, ein und drei einzelnen Peaks bestehen. Die Signalgruppen mit zwei Peaks (m/z ≈ 1000 g/mol; 2000 g/mol; 3000 g/mol; 4000 g/mol; 5000 g/mol) können den Protonenaddukten der Moleküle n = 1 bis n = 6 zugeordnet werden, in denen die Monomere 37 und 38 c jeweils in der gleichen Anzahl eingebaut sind. Hierbei können entweder zwei Wasserstoffendgruppen (2H) oder eine Bromid- und eine Wasserstoffendgruppe (H+Br) beobachtet werden. Die einzeln auftretenden Peaks (m/z ≈ 1400 g/mol; 2400 g/mol; 3400 g/mol; 4400 g/mol) werden von Protonenaddukten der Moleküle hervorgerufen, in denen der Monomerbaustein 37 die beiden Endgruppen stellt. Die Boronsäuregruppen wurden scheinbar vollständig durch Wasserstoff (2H) substituiert. Die Signalgruppen mit drei Peaks (m/z ≈ 1700 g/mol; 2700 g/mol; 3700 g/mol; 4700 g/mol; 5700 g/mol) resultieren aus Molekülen, in denen der Monomerbaustein 38 c die beiden Endgruppen stellt. Hier werden entsprechend zwei Wasserstoffendgruppen (2H), eine Bromid- und eine Wasserstoffendgruppe (H+Br) sowie zwei Bromidendgruppen (2Br) beobachtet. 46 H+Br 3 Synthese und Charakterisierung 2Br 1,0 2 H+Br 3 H+Br 4 H+Br H+Br 2H H+Br 2Br 2H H+Br 2H 2H H+Br 2Br 6 2H H+Br 2H 2H 2H 2H 0,2 5 2Br 2H 0,4 2H 2H 2Br 2H H+Br H+Br H+Br 0,6 1 2H Intensität 0,8 0,0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 Masse / Ladung [g/mol] Abbildung 3.11: MALDI-TOF-Massenspektrum des Precursorpolymers 39 c (aus THF, 1,8,9Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Die Signalgruppen mit drei Peaks und hierin insbesondere das Signal der Polymermoleküle mit ein und zwei Bromidendgruppen weisen die höchsten Intensitäten auf. Dies stellt einen Unterschied zum Massenspektrum des Modellpolymers 59 (Abbildung 3.5) dar, aus dem auf einen großen Anteil von Wasserstoffendgruppen in 59 geschlossen werden konnte. Die Vielzahl der in 39 c beobachteten Bromidendgruppen kann als direkte Konsequenz der schon diskutierten Nebenreaktionen verstanden werden. Aufgrund dieser ergibt sich im Verlaufe der Suzuki-Reaktion ein Unterschuss an Diboronsäure und Bromid-Endgruppen verbleiben im Polymer. Nur durch ein Nachdosieren der Diboronsäure, wie im Falle des Modellpolymers 59, können die verbliebenen Bromidendgruppen abreagieren. Es wurde festgestellt, dass schon durch Anwesenheit geringster Mengen an Säure die enthaltenen Aminofunktionen der Precursorpolymere 39 b und 39 c zumindest teilweise protoniert werden. Vereinzelt reichten dafür schon Spuren an HCl in Chloroform oder der Trockenvorgang der Polymere über Phosphorpentoxid aus. Eine stattgefundene Protonierung kann im 1H-NMR-Spektrum auf einfache Weise nachgewiesen werden (vgl. Kapitel 6.1) und durch Zugabe von Natriumcarbonat zu einer Polymerlösung in Chloroform gelingt die Deprotonierung zu 39 b bzw. 39 c problemlos. 3 Synthese und Charakterisierung 47 Nach dem Lagern von 39 b und 39 c als Feststoffe für einige Tage an Luft konnten die Polymere nicht mehr vollständig aufgelöst werden. Um dieses Phänomen näher zu untersuchen, wurden Lösungsversuche mit 39 c unter Verwendung von Lösungsmitteln durchgeführt, die sich unmittelbar nach der Synthese noch als geeignet erwiesen haben, wie z. B. THF, Dichlormethan, Chloroform, DMF, DMSO, Triethylenglykol und Wasser. In diesen Versuchen konnte Polymer 39 c selbst durch starkes Erhitzen und heftiges Rühren nicht mehr vollständig in Lösung gebracht werden. Der unlösliche Anteil wurde durch Filtration abgetrennt; er betrug nach acht Wochen Lagerzeit des Precursors 39 c an Luft ca. 7 % seiner Gesamtmasse. Ein anschließendes Lagern von löslichem 39 c als Feststoff hatte eine erneute Bildung von unlöslichem Material zur Folge. Beim Lagern von Lösungen des Precursors 39 c konnte dieses Phänomen hingegen nicht beobachtet werden. Die Lösungen verblieben unabhängig vom Lösungsmittel stets klar, es bildete sich weder eine Trübung noch ein Niederschlag. Für die Bildung des unlöslichen Materials aus 39 c gibt es zwei mögliche Ursachen: Entweder neigt das PPP-Derivat 39 c zur Agglomeration bzw. sogar zur Kristallisation oder 39 c wird z. B. durch den Einfluss von Luftsauerstoff chemisch vernetzt. Eine Agglomeration kann vermutlich nicht als alleinige Ursache für die beobachtete Unlöslichkeit in den verschiedensten Lösungsmitteln auch bei Temperaturen von 150 °C angenommen werden. Ferner konnte die Kristallisation von 39 c durch Untersuchungen des unlöslichen Materials mittels Röntgenweitwinkelstreuung ausgeschlossen werden. Da zusätzlich bei keinem der Modellpolymere 58 und 59 dieses Phänomen beobachtet werden konnte, liegt die Ursache vermutlich in den in 39 c enthaltenen Aminofunktionen. In Abbildung 3.12 sind die IR-Spektren des löslichen sowie unlöslichen Anteils von 39 c dargestellt. Die Bandenzuordnung erfolgte mit Hilfe gängiger Tabellenwerke167. 3 Synthese und Charakterisierung 48 100 1720 1669 80 50 798 1212 60 949 862 1486 1452 1344 1259 70 2871 40 1103 1065 Transmission [%] 90 30 3000 2500 2000 1500 1000 600 -1 Wellenzahl [cm ] Abbildung 3.12: FTIR-Spektrum des löslichen (schwarz) und unlöslichen (rot) Anteils von 39 c Die IR-Spektren des unlöslichen und löslichen Anteils von 39 c weisen eine sehr ähnliche Lage der Absorptionsbanden auf. Das sehr breite Signal bei ν~ = 2871 cm-1 kann den (C-H)-Valenzschwingungen und die beiden Banden bei ν~ = 1486 cm-1 und 1452 cm-1 können den (C-H)-Deformationsschwingungen der Methylen- sowie Methylgruppen zugeordnet werden. Die Absorption bei ν~ = 1344 cm-1 könnte durch die (O-H)-Deformationsschwingung des im Polymer enthaltenen Wassers hervorgerufen werden. Bei ν~ = 1212 cm-1 und ν~ = 1065 cm-1 erscheinen die Signale der (C-O)Valenzschwingung der Arylalkylether, während die Signale der Dialkylether bei ν~ = 1103 cm-1 beobachtet werden können. Im IR-Spektrum weisen fast alle Absorptionen des löslichen Anteils von 39 c eine höhere Intensität auf als die des unlöslichen Anteils. Die einzigen Ausnahmen treten bei ν~ = 1720 cm-1, 1669 cm-1, 1259 cm-1 und 798 cm-1 auf. Diese Schwingungsbanden sind ein Hinweis auf zusätzliche funktionelle Gruppen im unlöslichen Anteil. Hierbei wären unter anderem N-Oxide denkbar, die sich durch Oxidationsprozesse der tertiären Amine gebildet haben könnten. Die (N-O)-Valenzschwingung wird in früheren Untersuchungen je nach vorliegendem Bindungscharakter bei sehr unterschiedlichen Wellenzahlen im Bereich von 1250 cm-1 > ν~ > 950 cm-1 beobachtet. So kann beispielsweise in Pyridin-N-Oxid das Signal der (N-O)-Valenzschwingung bei einer 3 Synthese und Charakterisierung 49 Wellenzahl von ν~ = 1250 cm-1 detektiert werden, während in tertiären N-Oxiden Wellenzahlen von 970 cm-1 > ν~ > 950 cm-1 beobachtet werden112. Die Ursache hierfür liegt in der unterschiedlichen Stärke der N-O-Bindung: In Pyridin-N-Oxid weist die NO-Bindung einen partiellen Doppelbindungscharakter auf, in tertiären N-Oxiden hingegen nicht. Die im unlöslichen Anteil von 39 c beobachteten Signale bei ν~ = 1720 cm-1 und 1669 cm-1 liegen allerdings bei deutlich höheren Wellenzahlen, die nur im Falle von vorliegenden N=O-Doppelbindungen von Nitrit- (-O-N=O)- oder Nitrosogruppen (-C-N=O)- erklärbar wären. So wurden ähnlich hohe Frequenzen beispielsweise bei 2,2,2-Trifluorethylnitrit (ν~ = 1736 cm-1 und 1695 cm-1) und Nitrosylbromid (ν~ = 1800 cm-1) detektiert. Bei Alkylnitriten wurde zusätzlich zur (-O-N=O)-Valenzschwingungsbande stets eine Absorption bei ν~ = 814 cm-1 - 751 cm-1 beobachtet, die als Valenzschwingung der (N-O)-Einfachbindung interpretiert wurde 112. Im IR-Spektrum von 39 c kann dieser Peak bei ν~ = 798 cm-1 ebenfalls beobachtet werden. Zusammenfassend lassen sich sind die IR-spektroskopischen Ergebnisse als deutlicher Hinweis darauf interpretieren, dass Oxidationsprozesse des Stickstoffs zu einer chemischen Vernetzung des Precursorpolymers 39 c und somit zur Entstehung von unlöslichen Verbindungen führen. Genauere Aussagen zur Struktur dieser Verbindungen sind zur Zeit noch nicht möglich. Fraktionierung des Precursorpolymers 39 c Um kettensteife Polyelektrolyte zugänglich zu machen, die sich lediglich in ihren Polymerisationsgraden unterscheiden und enge Molekulargewichtsverteilungen aufweisen, wurde Precursorpolymer 39 c mit Hilfe der GPC fraktioniert. Hierzu wurden zunächst Vorversuche mit einer analytischen GPC-Säule (8 x 300 mm) durchgeführt, deren Füllmaterial aus Polystyrol bestand, welches mit Divinylbenzol vernetzt war. Bei diesen Versuchen erwies es sich als erforderlich, dem verwendeten Elutionsmittel (THF) 0,5 Vol.% Triethylamin hinzuzufügen, um die Aminofunktionen des Precursors 39 c vollständig zu deprotonieren und adsorptive Wechselwirkungen des Polymers mit der stationären Phase zu verhindern. Mit einem angelegten Lösungsmittelfluss von 1 mL/min gelang es, 100 µL einer Lösung von 39 c der Konzentration c = 2 mg/mL innerhalb einer halben Stunde aufzutrennen. Hierbei konnte das zahlenmittlere Molekulargewicht von 39 c zu Mn = 4200 g/mol bestimmt werden. Dieses für 3 Synthese und Charakterisierung 50 analytische Zwecke optimale System wurde schließlich auf einen präparativen Maßstab übertragen. Dazu wurde die analytische GPC-Säule durch eine präparative Säule (40 x 350 mm) mit dem gleichen Füllmaterial ersetzt. Anschließend wurden in insgesamt 44 Läufen jeweils 300 µL einer Lösung von 39 c im Elutionsmittel (c = 40 mg/mL) auf die GPC-Säule aufgegeben und für 20 min ein Lösungsmittelfluss von 20 ml/min angelegt. Beginnend mit dem Zeitpunkt der Detektion des Polymers (UV-Detektion), d. h. ca. acht Minuten nach der Aufgabe, wurden für jeweils vier Minuten alle 30 s Fraktionen gesammelt (Fraktion 1-8). Das Peakmaximum wurde in jedem der 44 Läufe nach ca. drei Minuten durchlaufen. Die folgenden bei einer Laufzeit von vier bis acht Minuten eluierenden Oligomerfraktionen wurden getrennt aufgefangen. Die aufgegebene, unfraktionierte Polymerprobe sowie die hochmolekularen Fraktionen 2-6 wurden schließlich mit Hilfe der analytischen GPC bezüglich ihrer Molekulargewichtsverteilung analysiert. Die erhaltenen Ergebnisse sind in Tabelle 3.2 zusammengefasst. Zusätzlich sind in Abbildung 3.13 die Chromatogramme der Fraktionen 2 bis 6 gezeigt, wobei die Peakflächen jeder Fraktion die aus der präparativen GPC erhaltenen Massenanteile an Polymer 39 c repräsentieren. Fraktion 6 1,0 Fraktion 5 0,8 Intensität Fraktion 4 0,6 Fraktion 3 Fraktion 2 0,4 0,2 0,0 1000 10000 100000 Molmasse (g/mol) Abbildung 3.13: Gelpermeations-Chromatogramme der Fraktionen 2 bis 6 des Precursorpolymers 39 c aus der präparativen GPC (UV-Detektion, Molmasse mit Polystyrol kalibriert, Temperatur: 25 °C, Lösungsmittel: THF + 0,5 Vol.% NEt3) 3 Synthese und Charakterisierung 51 Tabelle 3.2: Ergebnisse aus der präparativen GPC von Precursorpolymer 39 c. Die Molekulargewichtsverteilung der Fraktionen wurde durch analytische GPC bestimmt. Die Kalibration erfolgte gegen Polystyrol (PS). Fraktion Laufzeit [min] unfraktioniertes Polymer 1 8,0 – 8,5 2 8,5 – 9,0 3 9,0 – 9,5 4 9,5 – 10,0 5 10,0 – 10,5 6 10,5 – 11,0 7 11,0 – 11,5 8 11,5 – 12,0 Oligomere 12,0 – 16,0 Masse [mg] 528 (100 %) 13 (2 %) 16 (3 %) 26 (5 %) 43 (8 %) 63 (12 %) 79 (15 %) 71 (13 %) 45 (9 %) 145 (27 %) analytische GPC (PS-Kalibrierung) Mn Mw Pn PD [g/mol] [g/mol] 11000 4200 4 2,6 34800 27400 27 1,3 21000 17200 17 1,2 13700 10500 10 1,3 9500 7400 7 1,3 6600 5200 5 1,3 - Die präparative GPC ergab neun Fraktionen mit einer Gesamtmasse von 501 mg, was 95 % der aufgegebenen Polymermenge entspricht. Es wurden hierbei zahlenmittlere Molmassen von bis zu Mn = 27400 g/mol bei einer engen Molekulargewichtsverteilung (PD ≤ 1,3) erzielt. Der mit der analytischen GPC bestimmte mittlere Polymerisationsgrad von Pn = 4 des aufgegebenen Polymers 39 c scheint allerdings unrealistisch niedrig zu liegen. Ein Vergleich der Endgruppenabsorptionen der aromatischen Protonen im 1 H-NMR- Spektrum des Rohprodukts 39 c (Abbildung 3.10) mit den Endgruppenabsorptionen des Modellpolymers 59 (Abbildung 3.4) lässt vielmehr auf ein dem Modellpolymer 59 entsprechendes Pn zwischen 10 und 20 schließen. Die GPC führt hier offensichtlich zu einer signifikanten Unterschätzung des Molekulargewichts, was im Gegensatz zu den Ergebnissen aus Kapitel 3.3.2 steht. Vermutlich vermag das dem Laufmittel zugesetzte Triethylamin die adsorptiven Wechselwirkungen des Polymers mit dem Säulenmaterial nicht vollständig zu unterdrücken, die Polymerketten eluieren entsprechend später und scheinen ein geringeres Molekulargewicht aufzuweisen. Aus diesem Grund dürfen die in Tabelle 3.2 und Abbildung 3.13 dargestellten Ergebnisse nur relativ zueinander betrachtet werden. Als sehr problematisch erwies sich die äußerst schnelle „Alterung“ der fraktionierten Polymere 39 c. Schon nach zwei Tagen waren die aus der präparativen GPC erhaltenen 3 Synthese und Charakterisierung 52 Fraktionen vollkommen unlöslich. Aus diesem Grund konnte Fraktion 1 mit der höchsten mittleren Molmasse nicht mittels analytischer GPC untersucht werden. Die im Vergleich zur unfraktionierten Probe beobachtete drastische Beschleunigung dieses Phänomens kann nicht durch die diskutierten chemischen Vernetzungsreaktionen erklärt werden. 3.3.4 Precursorpolymer 45 ac Um Polymer 45 ac darzustellen, welches gegenüber 39 b und 39 c eine erhöhte Dichte an Precursorfunktionalitäten aufweist, wurde das Benzol-1,4-diboronsäure-Derivat 44 a mit dem 1,4-Dibrombenzol-Derivat 38 c unter den beschriebenen Standardbedingungen der Suzuki-Polykondensation umgesetzt (Schema 3.14). Aus der organischen Phase konnte nach Abdampfen des Lösungsmittels jedoch in Analogie zu Schema 3.13 statt 45 ac ausschließlich protodeboriertes 61 a und Monomer 38 c isoliert werden. Zusätzlich wurden im Produktgemisch NMR-spektroskopisch auch geringe Mengen unveränderter Diboronsäure 44 a nachgewiesen. Sogar unter Verwendung des direkt vor der Reaktion synthetisierten, sehr aktiven Katalysators Pd(PPh3)4 konnten in diesem Fall keine oligomeren Produkte nachgewiesen werden. R2N R2N (OCH2 CH2)3 R2N R2N n (OCH2 CH2)3 B(OH)2 + Br (HO)2B Br [Pd] (OCH2 CH2)3 NR2 R2N 45 ac R2N (OCH2 CH2)3 NR2 R2N 44 a + 38 c + 44 a R = -CH2CH2OCH3 38 c NR2 61 a Schema 3.14 3 Synthese und Charakterisierung 53 Aminofunktionalitäten, die mittels Methylen-Spacern am Monomer angebunden sind, verhindern folglich sehr effizient die Suzuki-Polykondensation, sowohl bei Verwendung von Aminomethylen-substituierten Dihalogeniden (Schema 3.13) als auch bei Aminomethylen-substituierten Diboronsäuren (Schema 3.14). Neben der schon diskutierten Koordination des Stickstoffatoms mit der aktiven Palladiumspezies kann das Stickstoffatom in Monomer 44 a zusätzlich in intramolekulare Wechselwirkung mit dem Boratom treten. Es ist bekannt, dass zyklische Diethanolamin-Boronsäureester aufgrund der Ausbildung von Donor-Akzeptor-Komplexen 62 (Abbildung 3.14) eine verminderte Aktivität in Suzuki-Kupplungen aufweisen113. Von Aminomethylensubstituierten Arylboronsäurederivaten 63 (Abbildung 3.14) wird in anderem Zusammenhang sogar berichtet, dass diese zwischen pH 6 und pH 12 als intramolekulares Salz vorliegen114. Derartige intramolekulare Säure-Base-Reaktionen, wie sie analog zu 62 und 63 auch bei Monomer 44 a unter den SuzukiStandardbedingungen erwartet werden dürfen, scheinen sich bei der Umsetzung von 44 a mit 38 c zusätzlich zur auftretenden Palladium-Koordination negativ auf die Suzuki-Polykondensation auszuwirken und sogar die Bildung von Oligomeren zu verhindern. OH R B OH O NH B O 62 N 63 Abbildung 3.14: Intramolekulare Wechselwirkungen zwischen Bor und Stickstoff in den Boronsäurederivaten 62113 und 63 114 3 Synthese und Charakterisierung 54 3.3.5 Zusammenfassung der durchgeführten Suzuki-Polykondensationen Aus den durchgeführten Suzuki-Polykondensationen lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen. Die Darstellung von PPP-Precursorpolymeren mit tertiären Aminofunktionen an jeder zweiten Phenyleneinheit gelingt dann sehr gut, wenn die Aminofunktionen im Monomer durch den Einbau geeigneter Spacergruppen (Hexyloder Triethoxy-Spacer) einen ausreichenden Abstand vom Reaktionszentrum aufweisen. Dabei können Molekulargewichte in der Größenordnung von 10000 g/mol bis 15000 g/mol erreicht werden. Durch präparative GPC können Fraktionen mit deutlich höheren Molmassen isoliert werden. Monomere mit Methylen-Spacern haben sich aufgrund der koordinierenden Wirkung der direkt am Reaktionszentrum angeordneten Stickstoffatome als ungünstig herausgestellt. Eine weitere Erhöhung des Umsatzes der Suzuki-Polykondensation und somit das Erreichen noch höherer Polymerisationsgrade der Poly(p-phenylen)-Derivate scheint möglich zu sein. Dies könnte beispielsweise durch den Einsatz von noch aktiveren Palladium-Katalysatoren gelingen. Zusätzlich kann die Verwendung von aktiveren Dihalogeniden zu höheren Umsätzen führen. Diesbezüglich wird in der Literatur 88 zum Beispiel von einer Aktivierung von alkoxysubstiuierten Arylchloriden durch Anbindung stark elektronenziehender [Cr(CO)3]-Komplexe berichtet. Weiterhin könnten als Monomere die schon diskutierten aktiveren Iod-Analoga106 eingesetzt werden. Um PPP-Polyelektrolyte durch Suzuki-Polykondensationen zugänglich zu machen, in denen eine Ammoniumfunktionalität sehr nah an der Polymerhauptkette angeordnet ist, wäre es denkbar, statt 38 a Dibrompyridin-Derivate zu verwenden, die schon erfolgreich in Suzuki-Polykondensationen zum Einsatz kamen69 . Eine weitere Möglichkeit liegt in der Quaternisierung des Dibromids 38 a und somit in der Bildung von nicht komplexierend wirkenden Ammoniumfunktionen schon auf der Monomerstufe. Darüber hinaus bietet sich die Synthese von PPP-Derivaten mit elektronenziehenden Nitro-Substituenten und anschließender Reduktion zu Aminen nach literaturbekannten Vorschriften115 an. polymeranaloger 3 Synthese und Charakterisierung 55 3.3.6 Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation Da die Darstellung von Precursorpolymeren mit zwei tertiären Aminosubstituenten an jeder Phenyleneinheit auf dem Wege der Suzuki-Polykondensation (Schema 3.2 und Schema 3.3) bisher nicht gelang, galt es, hierfür eine alternative Aryl-ArylKupplungsreaktion zu wählen. T. Yamamoto gelang die Darstellung einer Vielzahl von Poly(p-phenylen)-, Polypyridin- und Polythiophen-Derivaten116 durch eine schon in den 70er Jahren im Bereich der niedermolekularen Chemie entwickelte Nickel(0)-promovierte Kupplungsreaktion117,118. Hierbei werden die entsprechenden Dibrom-Monomere mit einem Gemisch aus Bis(1,5-cyclooctadien)nickel(0) (Ni(COD)2) und dem neutralen Liganden 2,2’-Bipyridin (Bpy) oder Triphenylphosphin (PPh3) im Sinne einer Polykondensation gemäß Schema 3.15 umgesetzt. Der als dehalogenierendes Reagenz wirkende Nickel(0)-Komplex wird im Laufe der Reaktion zu Ni+2 oxidiert und muss daher im Gegensatz zum Palladiumkatalysator in der Suzuki-Polykondensation in stöchiometrischen Mengen eingesetzt werden. R Br Ni(COD)2 COD, Bpy R Br DMF, 60 °C R Br Ni(COD)2 COD, Bpy R Br DMF, 60 °C N R Br n S Ni(COD)2 COD, PPh3 Br DMF, 60 °C N n R S n COD = 1,5-Cyclooctadien Bpy = 2,2'-Bipyridin Schema 3.15 In den letzten Jahren wurde die Nickel(0)-promovierte Kupplungsreaktion verstärkt zum Aufbau von elektrolumineszenten Polymeren eingesetzt119. Hierbei zeigte sich, dass eine Durchführung der Reaktion unter Mikrowellenbestrahlung, verglichen mit 3 Synthese und Charakterisierung 56 konventionellem Erhitzen, zu höheren Polymerisationsgraden bei deutlich verkürzter Reaktionszeit führt120. Der Mechanismus der Nickel(0)-promovierten Aryl-Aryl-Kupplung wird bis heute sehr kontrovers diskutiert84. Allgemein akzeptiert ist hierbei das Durchlaufen einer oxidativen Addition und einer reduktiven Eliminierung analog zur Suzuki-Reaktion. Ein angenommener Mechanismus ist in Schema 3.16 dargestellt121,116: Nach der oxidativen Addition des Arylhalogenids an die reaktive Ni(0)-Verbindung erfolgt durch Metathese die Bildung einer Diaryl-Nickel(II)-Spezies, die in einer abschließenden reduktiven Eliminierung zur Diarylverbindung abreagiert. Alternativ vorgeschlagene Reaktionsmechanismen Nickel(IV) 117 beinhalten 121,122 Intermediate sowie und Nickel(III)- . oxidative Addition Ni 0 Ln + Nickel(I)- R L +2 Ni Br R Br L Metathese L 2 R +2 L +2 R Ni Br Ni R + Ni +2 L2Br2 L L reduktive Eliminierung R + Ni 0 Ln R Schema 3.16 3.3.7 Modellpolymer 59 Um zu untersuchen, ob sich die Nickel(0)-promovierte Polykondensation prinzipiell zur Verknüpfung der vorliegenden sehr polaren Monomere 54, 38 a und 38 c eignet, wurde in Modellversuchen die Synthese des schon auf dem Wege der Suzuki-Kupplung erfolgreich synthetisierten Polymers 59 angestrebt. Hierzu wurde das Triethylenglykolsubstituierte Dibrombenzolderivat 54 mit einem Überschuss an Bis(1,5- cyclooctadien)nickel(0) sowie 2,2’-Bipyridin und 1,5-Cyclooctadien in einer Mischung aus DMF und Toluol für 6 d auf 80 °C erhitzt (Schema 3.17). Zum Abtrennen der Nickelsalze wurde das in Chloroform gelöste Rohprodukt intensiv mit einer wässrigen 3 Synthese und Charakterisierung 57 Ethylendiamintetraacetat-Lösung gewaschen und nach dem Ausfällen aus n-Hexan in 89 %iger Ausbeute erhalten. H3CO(CH2CH2O) 3 Br H3CO(CH2CH2O) 3 Ni(COD)2 COD, Bpy Br 89 % n H3CO(CH2CH2O) 3 H3CO(CH2CH2O) 3 54 59 Schema 3.17 Die einheitliche Konstitution des dargestellten Modellpolymers 59 konnte analog zu Abbildung 3.4 NMR-spektroskopisch belegt werden. In Abbildung 3.15 sind die Aromatenbereiche der 1 H-NMR-Spektren dargestellt, wie sie nach erfolgreicher Synthese von 59 mit Hilfe der Nickel(0)-promovierten Polykondensation (links) bzw. der Suzuki-Polykondensation (rechts) erhalten wurden. CDCl3 CDCl3 3 3 * * * 7.25 7.00 6.75 Chemical Shift (ppm) *** 7.25 7.00 6.75 Chemical Shift (ppm) Abbildung 3.15: Aromatenbereiche der 1H-NMR-Spektren von 59, synthetisiert durch Nickel(0)-promovierte Polykondensation (links) und Suzuki-Polykondensation (rechts) (CDCl3, 25 °C) In beiden NMR-Spektren ist das Signal des aromatischen Protons H3 bei δ = 7,06 ppm zu beobachten. Die zusätzlich auftretenden Endgruppensignale (*) weisen jedoch im Falle der eingeschlagenen Nickel-promovierten Syntheseroute höhere Intensitäten auf, was einem geringeren Polymerisationsgrad entspricht. Diese Beobachtung steht im Einklang mit früheren Untersuchungen von Rehahn und Schlüter43. 3 Synthese und Charakterisierung 58 3.3.8 Precursorpolymere 47 a und 47 c Um die Precursorpolymere 47 a und 47 c mit zwei Aminofunktionen an jeder Phenyleneinheit zugänglich zu machen, wurden die Dibrommonomere 38 a bzw. 38 c unter den in Kapitel 3.3.7 beschriebenen Reaktionsbedingungen gemäß Schema 3.18 umgesetzt. R2N NR2 n Spacer NR2 Br Br Ni(COD)2 COD, Bpy 47 a R2N Spacer (OCH2 CH2)3 NR2 38 a, c a: Spacer = -CH2c: Spacer = -(OCH2CH2)3a, c: R = -CH2CH2OCH3 n (OCH2 CH2)3 R2N 47 c Schema 3.18 Zur Aufarbeitung der Produkte wurden die Lösungsmittel abdestilliert und der erhaltene Rückstand wurde intensiv mit Chloroform extrahiert. Hierbei wurde festgestellt, dass vermutlich aufgrund der komplexierenden Wirkung der Aminofunktionen große Mengen an Nickel in die organischen Phase eingetragen wurden. Diese konnten im Falle von 47 c durch mehrmaliges, intensives Waschen der organischen Phase mit wässriger EDTA-Lösung abgetrennt werden. Anfangs verfärbte sich hierbei die wässrige EDTA-Lösung grünlich. Erst nach dem dritten Waschvorgang wurde keine Verfärbung der EDTA-Lösung mehr beobachtet. Nach dem Abdestillieren des Lösungsmittels wurden filmbildende, zähe, gelbliche Feststoffe erhalten, die sich nicht aus n-Hexan ausfällen ließen. Im Gegensatz dazu gelang im Falle von 47 a die Abtrennung des Nickels nicht auf die oben beschriebene Weise. Hier wurde nach dem Waschen der organischen Phase mit EDTA und Abdestillieren des Lösungsmittels ein schwarzes, öliges Produkt erhalten. 3 Synthese und Charakterisierung 59 Die anschließende NMR-spektroskopische Untersuchung zeigte ferner, dass nur geringe Anteile oligomerer Produkte entstanden sind. Im Gegensatz dazu konnte die einheitliche Konstitution von 47 c mittels NMRSpektroskopie nachgewiesen werden. In Abbildung 3.16 sind das 1H-NMR- und das 13 C-NMR-Spektrum sowie die gewählte Nummerierung der Wasserstoff- und Kohlenstoffatome dargestellt. Die Absorptionen treten in den erwarteten Intensitätsverhältnissen auf. Eine eindeutige Signalzuordnung konnte analog zum strukturverwandten Precursor 39 c (Abbildung 3.10) durchgeführt werden. CDCl3 OCH3 3 9, 10 * CDCl3 * 6 - 8, 11 * 7.25 7.00 6.75 Chemical Shift (ppm) 3 5 4 *** 7 6 5 4 Chemical Shift (ppm) 3 9, 10 10 11 CH2 CH2 OCH3 4-9 4 - 8, 11 (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 CDCl3 1 n 2 3 (OCH2 CH2 )3 OCH3 CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 2 1 140 3 120 100 80 Chemical Shift (ppm) 60 Abbildung 3.16: 1H-NMR-Spektrum (oben) (Inset: Aromatenbereich) und 13C-NMR-Spektrum von Precursorpolymer 47 c (CDCl3, 25 °C) Durch Vergrößerung der Ansätze bei gleichbleibendem Lösungsmittelvolumen während der Polykondensation wurde eine signifikante Erhöhung des Polymerisationsgrads von 3 Synthese und Charakterisierung 60 47 c erreicht. Dies wird beim Betrachten der Endgruppenabsorptionen (*) im vergrößerten Aromatenbereich des Abbildung 3.16). Trotz der 1 H-NMR-Spektrums von 47 c deutlich (Inset Aminofunktionalisierung von 47 c treten die Endgruppensignale in sehr viel geringeren Intensitäten auf als die des Modellpolymers 59 (vgl. Abbildung 3.15 (links)) und es kann entsprechend ein mittlerer Polymerisationsgrad zwischen Pn = 10 und Pn = 20 abgeschätzt werden. Im MALDI-TOF-Massenspektrum (Abbildung 3.17) können die Oligomere des Precursorpolymers 47 c zwischen n = 2 und n = 9 eindeutig als Protonenaddukte nachgewiesen werden. Bei den Endgruppen handelt es sich ausschließlich um Wasserstoffatome, Nebenreaktionen die vermutlich gebildet werden während und der dadurch Polykondensation den maximal durch erreichbaren Polymerisationsgrad limitieren. Intensität 0,8 5 4 3 1,0 2 6 0,6 0,4 7 0,2 8 9 0,0 1000 2000 3000 4000 5000 Masse / Ladung [g/mol] Abbildung 3.17: MALDI-TOF-Massenspektrum des Precursorpolymers 47 c (aus THF, 1,8,9,Trihydroxyanthracen-Matrix, Polyethylenglykolkalibrierung) Precursorpolymer 47 c ist analog zu 39 c direkt nach der Synthese sowohl in polaren organischen Solventien als auch in Wasser sehr gut löslich und kann von Säuren leicht protoniert werden. Nach dem Lagern von 47 c als Feststoff an Luft wurde auch hier die Bildung eines unlöslichen Anteils beobachtet. 3 Synthese und Charakterisierung 61 Während die Synthese des Precursors 47 c mit Triethylenoxid-Spacern zu wohldefinierten Polymeren führte, wurden bei der Synthese von 47 a mit MethylenSpacern nur geringe Anteile oligomerer Produkte erhalten. Die Ursachen hierfür können neben elektronischen Gründen wiederum koordinative Wechselwirkungen zwischen den Aminofunktionen und der aktiven Nickel-Spezies sein. Diese Wechselwirkungen werden offensichtlich auch hier durch den Einbau geeigneter Spacergruppen (z. B. Triethoxy-Spacer) drastisch reduziert, was letztlich die Polykondensation von 47 c ermöglicht. Zusammenfassend lässt sich die Nickel(0)-promovierte dehalogenierende Polykondensation als geeignete Methode zur Synthese aminofunktionalisierter Poly(pphenylen)-Derivate bewerten, vorausgesetzt, die Aminofunktion ist nicht in α-Position zur Phenyleneinheit angeordnet. Die Intensitäten der Endgruppenabsorptionen in den 1 H-NMR-Spektren lassen darauf schließen, dass die erreichbaren mittleren Molmassen etwas unter denen der über Suzuki-Polykondensationen zugänglichen Polymere liegen. 3.4 Polymeranaloge Umsetzungen (Quaternisierung) In einem abschließenden Reaktionsschritt wurde Precursorpolymer 39 c gemäß Schema 3.19 durch Quaternisierung der Aminofunktionen mit Propylbromid bzw. Propyliodid in die starken Polyelektrolyte 42 c bzw. 43 c überführt. Die Umsetzung von Alkylhalogeniden mit tertiären Aminen wird in der Literatur123 unter dem Namen Menschutkin-Reaktion geführt. Sie ist für ihre hohen Umsetzungsgrade bei sehr geringem Anteil an Nebenreaktionen bekannt, die sogar die Synthese von Polymeren ermöglicht (Polyionene)124. 3 Synthese und Charakterisierung 62 R R2N H3CO(CH2CH2O) 3 X R N H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2)3 (OCH2 CH2)3 X n H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2)3 n H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2)3 R2N R N 39 c R X 42 c: X = Br 43 c: X = I R = -CH2CH2OCH3 Schema 3.19 Dazu wurde Polymer 39 c mit einem großen Überschuss an Propylbromid ohne Zusatz eines weiteren Lösungsmittels umgesetzt. Hierbei erwiesen sich Wasserfreiheit der Edukte und Feuchtigkeitsausschluss während der Reaktion als sehr entscheidend für das Gelingen der Quaternisierung. Nach dem Erhitzen unter Rückfluss für 9 d fiel der äußerst polare Polyelektrolyt 42 c aus dem Reaktionsgemisch aus und konnte in 96 %iger Ausbeute isoliert werden. In polaren organischen Solventien, wie z. B. Chloroform, Dimethylsulfoxid, Acetonitril und DMF sowie in Wasser zeichnet sich 42 c durch eine sehr gute Löslichkeit aus. Mit Hilfe der NMR-Spektroskopie gelang es, den erreichten Umsatz der Reaktion (Quaternisierungsgrad) zu bestimmen. In Abbildung 3.18 ist das erhaltene 1H- und 13CNMR-Spektrum dargestellt. Im Protonenspektrum treten die Absorptionen der PropylProtonen bei δ = 0,90 ppm (H14) und 1,74 ppm (H13) auf, eine Integration dieser Signale lässt auf einen Quaternisierungsgrad des Polyelektrolyts 42 c von α’ ≈ 0,8 schließen. Die zu den verbliebenen tertiären Aminogruppen α-ständigen Methylen-Protonen (H9#, H10#) erscheinen analog zum Edukt 39 c (H9 und H10 in Abbildung 3.10) bei δ = 2,72 ppm, während sie durch die Quaternisierung der Stickstoffatome und eine daraus resultierende Entschirmung der Kerne einen Tieffeld-Shift erfahren. Der sehr viel größere Anteil der quaternisierten NCH2-Protonen (H9, H10, H12) in 42 c ⊕ absorbiert aus diesem Grund im Bereich der Oxy-Methylenprotonen zwischen δ = 3,40 ppm und δ = 4,15 ppm. Aus der geringen Intensität des Signals bei δ = 2,72 ppm lässt sich der Anteil an verbliebenen tertiären Aminofunktionen im 3 Synthese und Charakterisierung Polyelektrolyt bestimmen. 63 Hierbei bestätigt sich der zuvor berechnete Quaternisierungsgrad von α’ ≈ 0,8. Die Absorptionen der Methoxy-Protonen und der aromatischen Protonen H3 und H3’ treten, verglichen mit dem Edukt, nahezu unverändert bei δ = 3,30 ppm bzw. δ = 7,04 ppm auf. Br 9' - 4' 4-9 H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2 )3 12 13 14 CH2 CH2 CH3 N CH2 CH2 OCH3 CH2 CH2 OCH3 10 11 OCH3 1 1' 2' H3CO(CH2CH2O) 3 3' n CH2 CH2 OCH3 (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 5 - 12 CH2 CH2 CH3 Br 5' - 9' 2 3 CDCl3 4, 4' 3, 3' 14 9#, 10# 13 H2O * 7 6 5 4 3 Chemical Shift (ppm) 2 1 CDCl3 4 - 12 4' - 9' OCH3 14 2, 2' 1, 1' 140 3, 3' 120 9#, 10# 100 80 60 Chemical Shift (ppm) 13 40 20 0 Abbildung 3.18: 1H-NMR-Spektrum (oben) und 13C-NMR-Spektrum (unten) von PPPPolyelektrolyt 42 c (CDCl3, 25 °C) mit einem Quaternisierungsgrad α’ ≈ 0,8 Im 13 C-NMR-Spektrum erscheinen die Signale der Propyl-Kohlenstoffatome bei δ = 10,55 ppm (C14) bzw. 16,06 ppm (C13) und die der Methoxy-Kohlenstoffatome bei δ = 58,88 ppm sowie δ = 59,05 ppm. Im Bereich zwischen δ = 60,11 ppm und 3 Synthese und Charakterisierung 64 δ = 71,82 ppm können die OCH2-Gruppen sowie die ⊕NCH2-Gruppen (C9, C10, C12) detektiert werden. Das zusätzliche Signal bei δ = 54,43 ppm wird durch die unvollständige Quaternisierung hervorgerufen und kann den Kohlenstoffatomen C9# und C10# zugeordnet werden. Die aromatischen Kohlenstoffatome absorbieren bei δ = 117,13 ppm (C3, C3’), δ = 127,67 ppm (C1, C1’) und δ = 150,22 ppm (C2, C2’). Die Darstellung des Polyelektrolyts 43 c mit Iodid-Gegenionen gelang wie auch bei 42 c, in dem das Precursorpolymer 39 c mit einem Überschuss an Propyliodid umgesetzt wurde. Als optimales Reaktionsmedium für die Alkylierung mit dem aktiveren Propyliodid stellte sich das Lösungsmittel THF heraus. Nach 5 d Erhitzen unter Rückfluss begann das zunehmend stärker quaternisierte Produkt aufgrund der steigenden Polarität aus der Reaktionslösung auszufallen, bevor 43 c nach 7 d mit einer Ausbeute von 90 % als nahezu vollständig quaternisierter Feststoff anfiel. Sowohl beim Ammoniumbromid-Polyelektrolyt 42 c als auch beim AmmoniumiodidPolyelektrolyt 43 c ist keine chemische Vernetzungsreaktion analog zum Polyamin 39 c denkbar. Entsprechend erwiesen sich 42 c und 43 c auch nach dem Lagern als Feststoff für mehrere Monate an Luft stets als vollständig wasserlöslich. Ein Abbruch der abschließenden Quaternisierungsreaktion bei unvollständigem Umsatz ermöglicht auf der hier entwickelten Precursor-Route die Synthese von Polyelektrolyten mit einer gegenüber dem vollständig quaternisierten PPP-Derivat 43 c verringerten Ladungsdichte. Eine genaue Untersuchung des zeitlichen Verlaufs der Quaternisierungsreaktion ist hierbei Voraussetzung für eine gezielte Einstellung der Ladungsdichte. Hierzu wurden 100 mg des Polymers 39 c in 5 mL THF bzw. Dichlormethan gelöst und mit einem bezogen auf die Aminogruppen zwanzigfachen Überschuss an Propyliodid unter Rückfluss erhitzt. In regelmäßigen Abständen wurden Proben von 0,5 mL entnommen, die mittels 1H-NMR-Spektroskopie untersucht wurden. Durch Integration der NCH2- und der Propyl-Signale konnten die Quaternisierungsgrade α’ der entnommenen Polymerproben bestimmt werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3.19 dargestellt. 3 Synthese und Charakterisierung 65 1,0 0,8 α' 0,6 0,4 0,2 0,0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 Reaktionszeit [h] Abbildung 3.19: Verlauf des Quaternisierungsgrads bei der Umsetzung von 39 c mit einem Überschuss an Propyliodid in THF bei 65 °C (▲) bzw. in Dichlormethan bei 40 °C (●), aufgetragen gegen die Reaktionszeit Bei Verwendung des Lösungsmittels THF wird aufgrund der höheren Reaktionstemperatur erwartungsgemäß ein deutlich schnellerer Anstieg des Quaternisierungsgrades beobachtet: Nach ca. 5 d sind bei 65 °C bereits 40 % der Aminofunktionen quaternisiert, wohingegen in Dichlormethan nach 5 d bei 40 °C nur 20 % der Aminofunktionen quaternisiert vorliegen. Bei Verwendung von THF ist die Quaternisierungsreaktion nach ca. 7 d vollständig abgeschlossen. Analog zur in Kapitel 5.2.2 und 6.2 beschriebenen Erniedrigung der Basizität im Verlauf der Protonierung von Polybasen, könnte hier eine Erniedrigung der Nukleophilie der Stickstoffatome mit steigendem Quaternisierungsgrad α’ und steigender Zahl positiver Ladungen auf der Polymerkette erwartet werden. Dies hätte ein Absinken der Reaktionsgeschwindigkeit bei steigendem α’ zur Folge und sollte entsprechend in Abbildung 3.19 zu beobachten sein. Im Gegensatz dazu kann man deutlich erkennen, dass die Steigung im Laufe der Reaktion nicht abnimmt. Erklären lässt sich dieser Sachverhalt durch die Verwendung des nur schwach polaren Lösungsmittels THF (εr = 7,4) bei der Quaternisierung im Gegensatz zur Verwendung des stark polaren protischen Lösungsmittels Wasser (εr = 78,3) bei Protonierungsexperimenten. Während die Ammoniumhalogenid-Funktionalitäten in Wasser vollständig zu Ammoniumionen und Halogenidionen dissoziieren, liegen sie in THF größtenteils undissoziiert vor. Dies bedeutet, dass sich während der Quaternisierungsreaktion kein positives Potential an der Polymerkette aufbaut. 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 66 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate Die dargestellten PPP-Derivate zeichnen sich durch ein Zusammenwirken des hydrophoben, starren Phenylen-Rückgrats und der hydrophilen, flexiblen Seitenketten aus. Dies führt zu einer Reihe interessanter Lösungsphänomene, die im folgenden Abschnitt kurz beschrieben und diskutiert werden sollen. 4.1 Gelbildung von Modellpolymer 59 in Toluol Modellpolymer 59 ist im äußerst polaren protischen Lösungsmittel Wasser unlöslich, zeigt hingegen in polaren organischen Solventien eine sehr gute Löslichkeit. Beim Übergang zu unpolaren Lösungsmitteln, wie beispielsweise Toluol, kann wiederum ein Rückgang der Lösungstendenz beobachtet werden. Im Falle von Toluol gelang das Auflösen von 59 nur durch Erhitzen auf 100 °C unter Rühren. Beim anschließenden Erkalten der Lösung wurde reproduzierbar die Gelierung des gesamten Probevolumens beobachtet, wenn Polymer-Konzentrationen zwischen 10 und 20 g/L eingestellt wurden. Anschließendes Rühren oder leichtes Erwärmen führte zum Zerfall der Gele in trübe, viskose Flüssigkeiten. Diese konnten beliebig oft durch Erhitzen und Abkühlen in neue Gele überführt werden. In Abbildung 4.1 sind zwei repräsentative polarisationsmikroskopische Aufnahmen einer Gelprobe dargestellt, die zuvor auf einem Glasobjektträger verstrichen wurde. 100 µm Abbildung 4.1: Polarisationsmikroskopische Aufnahmen des Gels Modellpolymer 59 in Toluol (Probe auf Glasobjektträger eingedampft) 100 µm bestehend aus 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 67 Bei den mikroskopischen Untersuchungen konnten die verschiedenartigsten Strukturen beobachtet werden, die sich sowohl in Größe als auch in Form voneinander unterschieden. In vielen Fällen wurden Bilder erhalten, deren Strukturierungen den Aufnahmen aus Abbildung 4.1 entsprachen. Direkt nach dem Aufbringen des Gels auf den Objektträger wurden hauptsächlich sehr feine Strukturen gefunden, wie sie noch in kleinen Bereichen der linken Aufnahme zu beobachten sind. Mit zunehmendem Abdampfen des Toluols wurden gröbere Strukturen erhalten, die bei vollständig trockenen Proben der rechten Aufnahme aus Abbildung 4.1 entsprachen. Vermutlich handelt es sich bei den beobachteten Strukturen um teilkristalline oder flüssigkristalline Bereiche, die sich im Laufe des Trocknens zu immer größeren Strukturen zusammenlagern. Untersuchungen der Gele mittels optischer Mikroskopie und Raster-Kraft-Mikroskopie von Dr. Uwe Beginn lassen die Annahme zu, dass die zum Teil im Mikroskop beobachtbaren Entmischungs- und Kristallisationsvorgänge die Ursache für die stattfindende Gelierung sind125. Diese Vermutung scheint plausibel zu sein, da schon das zu 59 strukturverwandte Polymer 58 für seine hohe Tendenz zur Seitenkettenkristallisation bekannt ist66. Eine genauere Aufklärung der Gelstruktur gelang bisher nicht. 4.2 Phasenverhalten von Precursorpolymer 39 c in Wasser Mit der Synthese der Precursorpolymere 39 c und 47 c gelang erstmals die Darstellung von Poly(p-phenylen)-Derivaten, die auch dann wasserlöslich sind, wenn sie noch keine ionischen Gruppen an der Polymerkette tragen. Wässrige Lösungen von 39 c weisen eine untere kritische Lösungstemperatur (LCST = lower critical solution temperature) auf, unterhalb der eine homogene Lösung beobachtet wird, während oberhalb dieser Temperatur eine Trübung eintritt. Diese Besonderheit des Systems kann auf die Balance zwischen hydrophilen und hydrophoben Gruppen des Polymers zurückgeführt werden. Sie stellt ein für polare Polymere bekanntes temperaturabhängiges Phasenverhalten dar und wird derzeit im Hinblick auf die Herstellung von „intelligenten Materialien“ von vielen Arbeitsgruppen untersucht126,127. Poly(N-isopropylacrylamid) ist hierbei wohl einer der bekanntesten Vertreter, dessen wässrige Lösungen eine LCST von ungefähr 32 °C aufweisen128. Zur quantitativen Untersuchung des LCST-Verhaltens des in dieser Arbeit dargestellten Precursorpolymers wurden wässrige Lösungen von 39 c der Polymerkonzentrationen 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 68 10 g/L sowie 1 g/L jeweils zweimal in Folge auf ca. 70 °C erhitzt und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Währenddessen wurde mittels einer Fotozelle die Intensität von durch die Probelösung gestrahltem Licht bestimmt. In Abbildung 4.2 sind die zeitlichen Verläufe der Temperatur (schwarz) und der normierten Intensität (rot) während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus für die Konzentration 10 g/L (oben) und 1 g/L (unten) dargestellt. Die jeweils ersten Zyklen führten zu vergleichbaren Ergebnissen. 1,0 70 Temperatur [°C] 50 0,6 40 0,4 30 0,2 20 10 70 20 30 0,0 1,0 60 0,8 50 0,6 40 0,4 30 Intensität 0,8 60 0,2 20 0,0 0 10 20 30 40 Zeit [min] Abbildung 4.2: Verlauf der Temperatur und der normierten Lichtintensität während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus der Trübungsexperimente von wässrigen Lösungen des Polymers 39 c der Konzentration 10 g/L (oben) und 1 g/L (unten) In Abbildung 4.2 wird bei beiden Polymerkonzentrationen der Phasenübergang während der Heizperiode durch einen sprunghaften Abfall der gemessenen Lichtintensität deutlich, die beim Abkühlen ebenso sprunghaft wieder ansteigt. Das Phasenverhalten während des Aufheizens und während des Abkühlens ist hierbei 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 69 nahezu identisch. Dies wird in Abbildung 4.3 deutlich, in der die gemessene Lichtintensität gegen die Temperatur aufgetragen ist. 1,0 Kühlen 10 g/L 0,6 Heizen Kühlen Heizen Intensität 0,8 0,4 1 g/L 0,2 0,0 20 30 40 50 60 70 Temperatur [°C] Abbildung 4.3: Gemessene Lichtintensität als Funktion der Temperatur während des zweiten Heiz-Kühl-Zyklus der Trübungsexperimente von wässrigen Lösungen des Precursorpolymers 39 c der Konzentrationen 10 g/L (links) und 1 g/L (rechts) Aus Abbildung 4.3 lassen sich die Entmischungstemperaturen der wässrigen Lösungen von 39 c bestimmen. Bei einer Polymerkonzentration von 10 g/L (links) beträgt diese ca. 42 °C und bei 1 g/L (rechts) ca. 57 °C. Die Ursache für den stattfindenden Phasenübergang liegt in der Balance zwischen hydrophilen und hydrophoben Wechselwirkungen. Bei niedriger Temperatur sind die Polymer-Solvens-Wechselwirkungen stärker als die Polymer-Polymer-Wechsel- wirkungen. Hier stellt Wasser ein gutes Lösungsmittel dar. Die mit steigender Temperatur abnehmende Lösemittel-Qualität und die somit zunehmenden PolymerPolymer-Wechselwirkungen führen schließlich zur Phasenseparation129. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei das komplizierte Zusammenwirken von hydrophoben Wechselwirkungen einerseits sowie inter- und intramolekularen Wasserstoffbrückenbindungen andererseits129,130. Ein Übergang vom neutralen Precursor 39 c zu seinen geladenen Analoga 40 c bis 43 c durch Protonierung bzw. Quaternisierung hat eine Verschiebung der HydrophilieHydrophobie-Balance in Richtung eines sehr viel hydrophileren Systems zur Folge. 4 Lösungseigenschaften der ungeladenen PPP-Derivate 70 Dies führt zu deutlich stärkeren Polymer-Solvens-Wechselwirkungen über den gesamten Temperaturbereich und somit letztlich zum Ausbleiben des LCSTPhasenverhaltens. In den folgenden Kapiteln sollen nun die Lösungseigenschaften von wässrigen Polyelektrolytlösungen im Mittelpunkt stehen, die hauptsächlich durch CoulombWechselwirkungen bestimmt werden. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 71 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 5.1 Theoretische Betrachtung von Polyelektrolytlösungen Die Lösung eines in Wasser vollständig dissoziierten Polyelektrolyten zeigt bezüglich ihrer thermodynamischen Eigenschaften aufgrund der hohen Ladungsdichte auf dem Polyion große Abweichungen vom idealen Verhalten. Auch Transporteigenschaften wie die spezifische Viskosität einer Lösung zeigen sich gegenüber den Eigenschaften entsprechender Lösungen ungeladener Makromoleküle völlig verändert1,2. Um dies zu plausibilisieren, soll im Folgenden zunächst der Einfluss des elektrostatischen Feldes der Polyionen auf die Aktivität der Gegenionen und – im Falle von schwachen Polyelektrolyten – auf das Säure-Base-Gleichgewicht diskutiert werden. 5.1.1 Poisson-Boltzmann-Zellmodell Das starke elektrostatische Feld um das Polyion führt zu einer bestimmten räumlichen Verteilung der Gegenionen. Diese kann mit Hilfe der Poisson-Boltzmann-Gleichung131 beschrieben werden. Da diese eine nichtlineare Differentialgleichung zweiter Ordnung darstellt, kann sie analytisch nur durch Einführung von Näherungen gelöst werden. Die sogenannte Debye-Hückel-Theorie132 stellt eine Näherung zur analytischen Lösung der Poisson-Boltzmann-Gleichung dar. Sie wurde entwickelt, um die räumliche Verteilung von gelösten, niedermolekularen Ionen zu bestimmen und daraus Rückschlüsse auf ihre Aktivität als Funktion der Konzentration ziehen zu können. In dem verwendeten Modell werden ausschließlich elektrostatische Wechselwirkungen der als Punktladungen betrachteten Ionen zugrunde gelegt. Weiterhin wird angenommen, dass die elektrostatische Energie zwischen den Ionen sehr viel kleiner ist als die thermische Bewegungsenergie. Aus der Debye-Hückel-Theorie ergibt sich als ein wichtiges Ergebnis das durch die Ionenatmosphäre abgeschirmte elektrostatische Potential ψ im Abstand r um ein Ion der Ladung zi · e (Gleichung (5.1)). ε0 und εr sind hierbei die Dielektrizitätskonstanten des Vakuums bzw. des Lösungsmittels: 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten ψ (r ) = zi ⋅ e ⎛ r 1 ⋅ exp⎜⎜ − 4πε 0 ε r r ⎝ λD 72 ⎞ ⎟⎟ ⎠ (5.1) Die Debye-Länge λD und die darin enthaltene Ionenstärke I sind durch Gleichung (5.2) gegeben, wobei ci die Konzentration des gelösten Ions in [mol/m3] bedeutet. λD wird im Rahmen der Debye-Hückel-Theorie als Radius der Ionenwolke um das Zentralion interpretiert. ⎛ε ε k T ⎞ λ D = ⎜⎜ 0 r B2 ⎟⎟ ⎝ 2N Ae I ⎠ 1/ 2 mit I = 1 2 ci ⋅ z i ∑ 2 (5.2) In Polyelektrolytlösungen hingegen kann die Coulomb-Energie nicht mehr als klein gegenüber der thermischen Energie betrachtet werden. Aufgrund der hohen Ladungsdichte auf den Polyionen kommt es somit zu einer Gegenionenverteilung, die die Korrelation gelöster niedermolekularer Ionen, wie sie durch die Debye-HückelTheorie beschrieben wird, bei weitem übertrifft. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften von Polyionen und niedermolekularen Gegenionen ist auch das einfache Modell der sphärischen Ionenatmosphäre auf Polyelektrolytlösungen nicht mehr anwendbar. Im Gegensatz zur Debye-Hückel-Theorie sind in Polyelektrolytlösungen die Polyionen das Zentrum ihrer eigenen Gegenionenatmosphäre. Sie partizipieren dabei nicht an der Atmosphäre anderer, beispielsweise dem System hinzugefügter Fremdionen133. Eine theoretische Beschreibung gestaltet sich wegen des vorliegenden Vielteilchenproblems, bestehend aus den Paarwechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilchensorten (Polyion-Polyion, Polyion-Gegenion, Gegenion-Gegenion), als sehr schwierig. Da sich die einzelnen Paarwechselwirkungen jedoch um mehrere Größenordnungen voneinander unterscheiden134, kann das komplizierte Vielteilchenproblem näherungsweise auf ein Einteilchenproblem reduziert werden. Dies wurde im sogenannten Zellmodell135 realisiert: Im Rahmen dieses Modells wird das gesamte Volumen der Polyelektrolyt-Lösung gemäß Abbildung 5.1 in gleich große zylinderförmige Zellen mit dem Radius R0 unterteilt. Jede Zelle enthält im Zentrum genau ein zylinderförmiges, unendlich langes Polyion mit dem Radius aP, wobei eine homogene, mittlere Oberflächenladung angenommen wird. Die tatsächliche Anzahl der 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 73 Polyionen in der Lösung bestimmt hierbei die Zellenanzahl, woraus sich die direkte Verknüpfung des Zellvolumens mit der Polyelektrolytkonzentration ergibt. Da sich zusätzlich dazu in jeder Zelle eine der Ladung des Polyions entsprechende Anzahl an Gegenionen befindet, die ihrerseits als Punktladungen betrachtet werden, ist jede Zelle nach außen elektrisch neutral. Die Elektroneutralität garantiert eine elektrostatische Entkopplung der Zellen, die Berechnung der Wechselwirkungen und somit der Gegenionenverteilung reduziert sich damit auf die Komponenten einer Zelle. 2ap 2R0 Abbildung 5.1: Geometrie des Zellmodells für kettensteife Polyelektrolyte. Es sind drei Zellen mit dem Zylinderradius R0 dargestellt, in denen jeweils ein Polykation mit dem Radius aP und eine der Ladung des Polykations entsprechenden Zahl an Gegenionen (–) angeordnet sind. Die positiven Ladungen des Polykations werden durch (+) symbolisiert. In den 50er Jahren gelang es mehreren Arbeitsgruppen135 mit Hilfe des Zellmodells die Poisson-Boltzmann-Gleichung für ein zylindrisches Polyion ohne Fremdsalz analytisch zu lösen. Aus der erhaltenen Gegenionenverteilung lassen sich durch Berechnung der freien elektrostatischen Energie experimentell bestimmbare Größen wie der osmotische Druck, der mittlere Aktivitätskoeffizient und sogar der Verlauf von Titrationskurven schwacher Polyelektrolyte berechnen136,137. Insbesondere die Untersuchungen der kationischen PPP-Polyelektrolyte 21 und 22 mittels SAXS und Membranosmometrie in den letzten Jahren zeigten hierbei, dass sowohl die mit dem Zellmodell berechnete Gegenionenverteilung als auch der vorhergesagte osmotische Druck von Lösungen kettensteifer Polyelektrolyte hoher Ladungsdichte relativ gut mit den Experimenten übereinstimmen55,56. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 74 5.1.2 Gegenionenkondensation Misst man den osmotischen Druck Π eines Polyelektrolyts in verdünnter Lösung, so wird die diskutierte Korrelation zwischen dem Polyion und seinen Gegenionen direkt ersichtlich. Der gemessene osmotische Druck Π ist nämlich deutlich kleiner als der für eine ideale Lösung freier Gegenionen erwartete Druck Πid. Die Abweichung von der Idealität wird durch den osmotischen Koeffizienten φ beschrieben, der somit ein Maß für die Gegenionenkondensation darstellt: Π Π id φ= (5.3) Der Begriff „Kondensation“ wurde ursprünglich von Oosawa138 im Rahmen seiner Zwei-Phasen-Theorie in Analogie zur Gas-Flüssig-Kondensation eingeführt, wobei er zwischen freien und an das Polyion gebundenen Gegenionen unterschied. Physikalisch kann die Gegenionenkondensation folgendermaßen verstanden werden: Energetisch kann es günstiger sein, dass ein Teil der Gegenionen in unmittelbarer Umgebung des Polyions lokalisiert ist, wodurch die apparente Gesamtladung des Polyelektrolyts reduziert wird. Die Zahl der kondensierten Gegenionen ergibt sich aus der Konkurrenz zwischen dem Enthalpiegewinn durch elektrostatische Wechselwirkungen einerseits und dem Entropieverlust durch „Einfangen“ der vormals freien Gegenionen andererseits2. Ein wichtiger Parameter zur Quantifizierung der Gegenionenkondensation ist der Ladungsparameter ξ des Polyelektrolyts. Er ist gemäß Gleichung (5.4) definiert als Verhältnis der Bjerrumlänge lB und dem axialen Abstand der Ladungen bP auf der Polymerkette: ξ= lB bP (5.4) Die Bjerrumlänge lB ist derjenige Abstand zweier Elementarladungen e in einem Medium mit der Permittivität ε = ε0 · εr, bei dem die Coulomb-Wechselwirkung gerade gleich der thermischen Energie kB · T ist: 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten lB = 75 e2 4πε ⋅ k BT (5.5) Der Einfluss des Ladungsabstands bP bzw. des Ladungsparameters ξ auf die Gegenionenkondensation ist in Abbildung 5.2 schematisch dargestellt. Während bei großem Ladungsabstand bP ≥ lB bzw. ξ ≤ 1 eine Gegenionenkondensation weitgehend ausbleibt (A und B), ist diese bei kleinem Ladungsabstand bP < lB bzw. ξ > 1 energetisch begünstigt (C). bP > lB ξ<1 A bP = lB ξ=1 B bP < lB C ξ>1 Abbildung 5.2: Schematische Darstellung der Gegenionenkondensation in Abhängigkeit vom axialen Ladungsabstand bP auf der Polymerkette bzw. dem Ladungsparameter ξ Manning führte das Konzept der Gegenionenkondensation weiter, indem er das Polyion in der nach ihm benannten Manning-Theorie139 als unendlich langes Stäbchen betrachtete, auf dem in jeweils gleichen Abständen bP diskrete Ladungen aufgebracht sind („line of charge“). Es wird angenommen, dass Wechselwirkungen zwischen zwei oder mehr Polyionen vernachlässigbar sind und die Dielektrizitätskonstante an jeder Stelle der des reinen Lösungsmittels entspricht. Gemäß der Manning-Theorie kondensieren in Lösungen von Polyelektrolyten mit hoher Ladungsdichte (ξ > 1) und einfach geladenen Gegenionen genau so viele Gegenionen auf dem Polyion, dass der effektive Ladungsparameter auf den Wert ξeff = 1 reduziert wird. Bei Polyelektrolyten mit geringer Ladungsdichte (ξ < 1) findet keine Kondensation statt und es gilt: ξeff = ξ. Für ξ > 1 ergibt sich direkt der Bruchteil fξ der kondensierten Gegenionen140, der im Allgemeinen als Manning-Fraktion bezeichnet wird: 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten fξ = 1 − 1 76 (5.6) ξ Entsprechend ist der Anteil der nicht kondensierten Gegenionen, bzw. der nicht durch die kondensierten Gegenionen kompensierte Ladungsanteil des Polyelektrolyts, gegeben durch (1- fξ) = (ξ)-1. Gleichung (5.6) impliziert, dass die Anzahl der Gegenionen in der kondensierten Phase nicht von der Polyelektrolyt-Konzentration abhängt und somit auch für den Fall unendlicher Verdünnung erhalten bleibt140 . Die mobilen, nicht kondensierten Gegenionen unterliegen den langreichenden elektrostatischen Wechselwirkungen mit dem hochgeladenen Polyion, das durch den reduzierten Ladungsparameter ξeff charakterisiert ist. Die auf diese Weise separierten langreichweitigen Coulomb-Wechselwirkungen können nun durch die Debye-HückelNäherung beschrieben werden. Aus der auf diese Weise berechneten freien Energie des Systems leitete Manning in seinen „Limiting-Laws“ für den Fall unendlicher Verdünnung Grenzgesetze thermodynamischer Eigenschaften ab 139. Für den osmotischen Koeffizienten φ folgt daraus: φ= 1 2ξ φ =1− ξ 2 für ξ > 1 (5.7) für ξ < 1 (5.8) und für den Aktivitätskoeffizienten der Gegenionen γP: γP = 1 ξ⋅ e ⎛ ξ⎞ γ P = exp⎜ − ⎟ ⎝ 2⎠ für ξ > 1 (5.9) für ξ < 1 (5.10) Es muss hervorgehoben werden, dass φ und γP als experimentell bestimmbare Größen den Anteil der tatsächlich freien Gegenionen repräsentieren. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass (1 - φ) bzw. (1 - γP) nicht nur die Fraktion der kondensierten Gegenionen darstellt, sondern zusätzlich den Effekt der Debye-Hückel-Wechselwirkung auf die mobilen Gegenionen139 beinhaltet. Aus diesem Grunde gilt: (1 φ- ) > ξf bzw. (1 - γP) > fξ. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 77 5.1.3 Osmotischer Koeffizient und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen Für ideale Lösungen ist der osmotische Druck Πid durch die van’t Hoffsche Gleichung (5.11) gegeben, wobei ci die Konzentration jeder Komponente darstellt: Π id = RT ∑ c i (5.11) i Betrachtet man die Lösung einer Polybase, wie z. B. Polyvinylamin, im Verlaufe einer Protonierung mit HBr ohne Zusatz von Fremdsalz, so ergibt sich die Summe der gelösten Komponenten aus der Konzentration des Polymers cP und der Summe seiner Bromidgegenionen. Die Konzentration der Gegenionen kann aus dem Produkt der Konzentration aller ionisierbarer Gruppen cN und ihrem tatsächlich ionisiert vorliegenden Anteil α berechnet werden. Entsprechend gilt für den idealen osmotischen Druck: Π id = RT ⋅ (c P + α ⋅ c N ) Für hochmolekulare Polyelektrolyte und hohe (5.12) Dissoziationsgrade α gilt näherungsweise: Π id ≈ RT ⋅ α ⋅ c N (5.13) Aufgrund der starken Abweichung von der Idealität ist der gemessene osmotische Druck Π von Polyelektrolytlösungen niedriger als der nach Gleichung (5.12) berechnete. Die Abweichung von der Idealität kann durch die Einführung des Akivitätskoeffizienten γP beschrieben werden141: Π = RT ⋅ (cP + α ⋅ c N ⋅ γ P ) (5.14) Mit der Definition des osmotischen Koeffizienten φ aus Gleichung (5.3) ergibt sich aus (5.12) und (5.14): φ= c + α ⋅ cN ⋅ γ P Π = P ≈γ P cP + α ⋅ cN Π id (5.15) Für hochmolekulare Polyelektrolyte und hohe Dissoziationsgrade kann analog zu (5.13) die Polymerkonzentration vernachlässigt werden und der osmotische Koeffizient φ entspricht dem Aktivitätskoeffizienten γP. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 78 Wird dem System Fremdsalz hinzugefügt, beispielsweise NaBr der Konzentration cNaBr, so ist der osmotischen Druck der Polyelektrolyt-Salz-Lösung in einem sehr großen Konzentrationsbereich142 gegeben durch die Summe aus dem osmotischen Druck des Polyelektrolyts inklusive seiner Gegenionen ΠP und dem osmotischen Druck des niedermolekularen Salzes ΠNaBr. Für den osmotischen Koeffizienten φ gilt somit Gleichung (5.16), wobei der Aktivitätskoeffizient des Fremdsalzes vernachlässigt werden kann (γNaBr = 1)1,136,138. φ= Π P + Π NaBr Π id = c P + α ⋅ c N ⋅ γ P + 2c NaBr ⋅ γ NaBr c P + α ⋅ c N + 2c NaBr (5.16) Analog kann die Aktivität aller Bromidionen aBr- aus der Summe der Aktivität der Gegenionen (α · cN · γP) und der Aktivität der Bromidionen des Fremdsalzes (cNaBr · γNaBr) berechnet werden. Für den Aktivitätskoeffizienten γBr- gilt folglich141,143: γ Br = − α ⋅ c N ⋅ γ P + c NaBr ⋅ γ NaBr α ⋅ c N + c NaBr mit γ Br − = a Br − c Br − (5.17) Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die hier beschriebene, von Katchalsky et al.141,143 gefundene, Äquivalenz von φ und γP im Widerspruch zu den Limiting Laws (Gleichung (5.7) bis (5.10)) aus der Manning Theorie steht. Der osmotische Koeffizient φ und damit auch der Aktivitätskoeffizient γP werden hauptsächlich von der Ladungsdichte auf der Polymerkette bestimmt: Eine steigende Ladungsdichte hat einen schnellen Abfall von φ und γP zur Folge. Steigt die Ladungsdichte über einen bestimmten Betrag an, so sind φ und γP in erster Näherung umgekehrt proportional zum Dissoziationsgrad α des schwachen Polyelektrolyts, d. h. das Produkt α · γP = i bzw. α · φ = i ist konstant und wird als effektiver Dissoziationsgrad bezeichnet143 . In Abbildung 5.3 ist die Abhängigkeit des effektiven Dissoziationsgrads i vom Dissoziationsgrad α für verschiedene Polysäuren gezeigt, wobei auf den strukturell vorgegebenen Abstand b zwischen zwei benachbarten ionisierbaren Gruppen auf der Kette normiert wurde 143. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 79 Abbildung 5.3: Normierter effektiver Dissoziationsgrad (α · φ / b), aufgetragen gegen den normierten Dissoziationsgrad (α / b)143 : aus dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell berechnet (——) mit (a) ξ = ξstrukturell, (b) ξ = 1,5 · ξstrukturell und (c) ξ = 2 · ξstrukturell sowie den experimentellen Daten für Polyacrylat (○), Polymethacrylat (●), Polyphosphat (○), Carboxymethylcellulose (□) und Alignat (■). Es hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die Messergebnisse nur dann befriedigend mit dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell beschrieben werden können, wenn ein höherer Ladungsparameter ξ angenommen wird als er sich aus den strukturellen Daten berechnen lässt1,55. In Abbildung 5.3 können dann gute Übereinstimmungen zwischen Theorie und Experiment beobachtet werden, wenn die Ladungsdichte der kettensteifen Systeme (Carboxymethylcellulose und Alignat) um den Faktor 1,5 und die der flexiblen Systeme um den Faktor 2 zu hoch angenommen werden. Die beschriebene Konstanz der effektiven Dissoziation ist aus biophysikalischer Sicht sehr wichtig, denn in metabolischen Prozessen spielt der Protonen-Transport eine entscheidende Rolle. Durch die hierbei auftretenden Änderungen der lokalen Protonenkonzentrationen in der Zelle könnten starke Fluktuationen des osmotischen Drucks erwartet werden, was jedoch nicht der Wirklichkeit entspricht: Bei der Bindung von Protonen an natürliche Polyelektrolyte verändern sie deren Dissoziationsgrad und gleichzeitig den osmotischen Koeffizienten der Gegenionen. Aufgrund des konstanten effektiven Dissoziationsgrads verändert sich der osmotische Druck nicht – die Lösung kann als osmotisch gepuffert bezeichnet werden 133. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 5.2 80 Säure-Base-Eigenschaften von schwachen Polyelektrolyten 5.2.1 Protonierungsgleichgewicht von monosäurigen Basen Nach der Definition von Brønsted und Lowry handelt es sich bei Säuren um Protonendonoren und bei Basen um Protonenakzeptoren. In wässriger Lösung einer Base B kann folgende Gleichgewichtsreaktion formuliert werden (Schema 5.1). Schema 5.1 B + H2O BH+ + OH- Da die konjugierte Säure BH+ selbst eine Brønsted-Säure darstellt, lässt sich das Basengleichgewicht auch in der folgenden Form (Schema 5.2) schreiben. Schema 5.2 BH+ + H2O B + H3O+ Dieses Gleichgewicht kann im Falle einer verdünnten Lösung nach dem Massenwirkungsgesetz mit der Ionisations- oder Säurekonstanten KS und deren negativen dekadischen Logarithmus pKS (Gleichung (5.18)) beschrieben werden. KS = a(H 3 O + ) ⋅ a(B) a(BH + ) pKS = - lg KS (5.18) Die Hydroniumionenaktivität a(H3O+) spielt eine zentrale Rolle in vielen Prozessen und ihre Größe variiert über einen weiten Bereich, der pH-Skala. Der pH-Wert ist gemäß Gleichung (5.19) definiert. pH = - lg a(H3O+) (5.19) Eine Anwendung, in der Säurekonstanten und pH-Werte eine wichtige Rolle spielen, ist die Säure-Base-Titration. Im Folgenden soll allgemein abgeleitet werden, wie sich der 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 81 pH-Wert ändert, wenn eine schwache Base mit einer starken Säure titriert wird. Diese Ableitung erfolgt analog zum in der Literatur144 beschriebenen umgekehrten Fall. Zu einer Lösung der schwachen Base B des Volumens VB und der Konzentration B0 wird eine starke Säure HX der Konzentration A titriert. Das Volumen VA der zugegebenen Säure erhöht im Laufe der Titration das Gesamtvolumen auf V = VB + VA. Im gesamten Verlauf der Titration bleibt die Elektroneutralität gewahrt, d. h. für die Konzentrationen muss gelten: [BH+] + [H3O+] = [X-] + [OH-] (5.20) Da die schwache Base B vorgelegt wird, ändert sich während der Titration die Stoffmenge an B nur durch Protonierung zu BH+. Die Summe der Stoffmengen von B und BH+ bleibt konstant, die Summe der Konzentrationen b ändert sich durch die Volumenzunahme der Lösung. mit b = [BH+] + [B] = b BO ⋅ VB V A + VB (5.21) Die Stoffmenge an X--Anionen ist wegen der vollständigen Dissoziation der starken Säure zu jedem Zeitpunkt durch A·VA gegeben, in deren Konzentration s wieder das Gesamtvolumen eingeht: mit s = [X-] = s A ⋅VA V A + VB (5.22) Weiterhin ist das Verhältnis von [B] zu [BH+] laut Gleichung (5.18) durch die Säurekonstante KS und die Hydroniumionenaktivität a(H3O+) bestimmt, wobei die Aktivitäten näherungsweise durch die Konzentrationen ersetzt werden können: [H 3 O + ] ⋅ [B] KS = [BH + ] (5.23) 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 82 Durch Einsetzen von [B] = b - [BH+] aus Gleichung (5.21) in Gleichung (5.23) erhält man nach Umformen: [BH + ] = [H 3 O + ] ⋅ b K S + [H 3 O + ] mit b = BO ⋅ VB V A + VB (5.24) Setzt man [BH+] aus Gleichung (5.24) sowie [X-] aus Gleichung (5.22) in die Elektroneutralitätsbeziehung (5.20) ein und drückt die Hydroxidionenkonzentration [OH-] mit Hilfe des Ionenprodukts von Wasser durch [OH-] = KW / [H3O+] aus, so erhält man: KW [H 3 O + ] ⋅ BO ⋅ VB A ⋅VA + + [H 3 O + ] = + V A + VB [H 3 O + ] ( K S + [H 3 O ]) ⋅ (V A + VB ) (5.25) Diese Gleichung drückt die Hydroniumionenkonzentration [H3O+] als Funktion der zugegebenen Volumina an starker Säure aus. Da es sich hierbei um eine kubische Gleichung bezüglich [H3O+] handelt, ist die Umformung zu Gleichung (5.26), die die Berechnung der benötigten Volumina zum Erreichen eines beliebigen pH-Werts ermöglicht, einfacher als die Lösung der Gleichung (5.25) bezüglich [H3O+]. + 2 + + 2 + 3 BO ⋅ [ H 3 O ] − K S ⋅ KW − KW [ H 3 O ] + K S ⋅ [ H 3 O ] + [ H 3 O ] = + + 2 + + 2 + 3 VB A ⋅ K S ⋅ [ H 3 O ] + A ⋅ [ H 3 O ] + K S ⋅ KW + KW ⋅ [H 3 O ] − K S ⋅ [ H 3 O ] − [ H 3 O ] VA (5.26) In Abbildung 5.4 sind auf diese Weise berechnete Verhältnisse der Stoffmengen an zugegebener Säure A·VA zur Stoffmenge an vorgelegter Base B0·VB als Funktion des pHWerts für verschiedene Basen dargestellt. Dieses Stoffmengenverhältnis wird als Neutralisationsgrad β definiert: β= A ⋅VA BO ⋅ VB (5.27) Der Äquivalenzpunkt ist erreicht, wenn die Stoffmenge an zugegebener Säure der Stoffmenge an vorgelegter Base entspricht, folglich der Neutralisationsgrad β = 1 beträgt. Als Pufferbereich wird der Bereich bezeichnet, in dem der pH-Wert der Lösung 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 83 bei Säurezugabe am wenigsten sinkt. Aus Abbildung 5.4 wird deutlich, dass dies für einen Neutralisationsgrad 0,1 < β < 0,9 zutrifft. 12 10 pH 8 6 4 2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 β Abbildung 5.4: Änderung des pH-Werts während der Titration einer schwachen Base mit einer starken Säure. Der Neutralisationsgrad β wurde gemäß Gleichung (5.26) und (5.27) berechnet, wobei eine Säurekonzentration von A = 1 mol/L und eine Anfangsbasenkonzentration von B0 = 0,02 mol/L sowie die literaturbekannten pKS-Werte145 der folgenden Basen bzw. ihrer konjugierten Säuren eingesetzt wurden: NEt3 (—pKS = 10,75), NH3 (—pKS = 9,25), N(EtOEtOMe)3 (—pKS = 7,52) und Ac-(—pKS = 4,75). Für den Pufferbereich können die folgenden Näherungen gemacht werden: Die Konzentration an protonierter Base [BH+] ist allein durch die zugegebene Menge an Säure und damit laut Gleichung (5.22) durch s gegeben. Vernachlässigt ist hierbei die geringe Ionisation von BH+. Umgekehrt ist die Konzentration an nicht protonierter Base [B] näherungsweise gegeben durch die Differenz aus der Gesamtkonzentration an vorgelegter Base b (als B und BH+) und der in der Lösung vorliegenden Konzentration an zugegebener Säure s. Damit geht die Säurekonstante KS aus Gleichung (5.23) näherungsweise über in: KS = [H 3 O + ] ⋅ (b-s) s (5.28) 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 84 Durch Umformen erhält man die Henderson-Hasselbalch-Gleichung: pH = pK S − lg s b-s (5.29) Diese kann mit dem Protonierungsgrad α folgendermaßen geschrieben werden: [BH + ] ≈β mit α = [BH + ] + [B] α pH = pK S − lg 1−α Der Protonierungsgrad α kann im Pufferbereich einer pH-Titration (5.30) unter Vernachlässigung der Eigendissoziation des Salzes der schwachen Base BH+ näherungsweise mit dem Neutralisationsgrad β gleichgesetzt werden. Bei einem Protonierungsgrad von α = 0,5 gilt mit Gleichung (5.30): pH = pKS, was bedeutet, dass man den pKS-Wert direkt durch eine pH-Messung bestimmen kann. 5.2.2 Protonierungsgleichgewicht von Polybasen Bei Polybasen sind im Gegensatz zu einsäurigen Basen eine Vielzahl ionisierbarer Gruppen an einem Molekül lokalisiert. Die Auswirkungen von mehr als einer ionisierbaren Gruppe pro Molekül auf das Protonierungsgleichgewicht soll im Folgenden erläutert werden. Lapanje et al.146 untersuchte das Protonierungsverhalten von Polyethylenimin (C) sowie dessen oligomerer Homologen Ethylendiamin (A) und Diethylentriamin (B). In Abbildung 5.5 sind die bei der Protonierung mit Salzsäure erhaltenen Titrationskurven dargestellt. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten H2 N H2 N NH2 N 85 NH2 N H H 0 0,5 1 0 0,5 1 0 n 1 2 Zugabe von HCl [eq] Abbildung 5.5: Von S. Lapanje et al.146 aufgenommene pH-Werte von wässrigen Lösungen der Basen (A) Ethylendiamin, (B) Diethylentriamin und (C) Polyethylenimin als Funktion der zugegebenen Menge an HCl. Die Äquivalente eq beziehen sich auf die Gesamtzahl der vorhandenen Amino- bzw. Iminogruppen. Für den Fall der zweisäurigen Base Ethylendiamin können zwei ausgeprägte Pufferbereiche und zwei definierte Äquivalenzpunkte entsprechend der beiden enthaltenen Aminofunktionen beobachtet werden. Die Basenstärke der zweiten Aminofunktion ist durch die schon vorhandene positive Ladung des ersten Ammoniumions deutlich herabgesetzt. Folglich ist der pKS-Wert für den zweiten Protonierungsschritt (pKS,2 ≈ 7) deutlich kleiner als für den ersten (pKS,1 ≈ 10). Schon bei der dreisäurigen Base Diethylentriamin sind potentiometrisch nicht mehr alle drei Protonierungsschritte separierbar. Es ist nur noch ein Pufferbereich sowie ein Äquivalenzpunkt bei zugegebenen 2/3 eq HCl vorhanden. Dieser ist der Protonierung der beiden primären Amine zuzuordnen. Bei der Protonierung von Polyethylenimin ist weder eine ausgeprägte Pufferwirkung noch ein scharfer Äquivalenzpunkt zu beobachten. Das Protonierungsverhalten von Oligo- und Polybasen im Vergleich zu einsäurigen Basen ist also nicht mehr ausschließlich bestimmt durch die Charakteristik der funktionellen Gruppe mit einer einzigen definierten Säurekonstanten. Vielmehr wird das Gleichgewicht zusätzlich durch das elektrostatische Potential beeinflusst, das von den an der Kette lokalisierten Ladungen aufgebaut wird. Die Anzahl der ionisierbaren Gruppen und der Abstand zwischen ihnen beeinflussen neben der Ionenstärke der Lösung die Größe des Potentials. Diese Faktoren bestimmen, ob die einzelnen n Protonierungsschritte potentiometrisch separiert und somit, wie im Beispiel des Ethylendiamins, die mikroskopischen pK-Werte (pKS,n) ermittelt werden können. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 86 Bei Polybasen wie auch bei Polysäuren ist die Auftrennung in einzelne Protonierungsschritte aufgrund der hohen Anzahl ionisierbarer Gruppen in keinem Fall möglich. Hier ist meist eine kontinuierliche Verschiebung der Basen- bzw. Säurestärke mit steigendem Protonierungsgrad α zu beobachten, was sich z. B. in Form der schlechten Pufferwirkung in Abbildung 5.5 (C) widerspiegelt. Diese Verschiebung kann durch Berechnung der apparenten Ionisationskonstanten pKapp für jeden gemessenen pH-Wert im Verlauf der Titration veranschaulicht werden. Im Falle der Polybasen ergibt sich im Gleichgewichtsfall mit der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) für pKapp: pK app = pH + lg α 1−α (5.31) Bei Polybasen sinkt pKapp mit steigendem Protonierungsgrad α. Diese Abnahme der Basenstärke resultiert aus dem positiven Potential, welches sich bei steigendem Protonierungsgrad α immer stärker am Makromolekül aufbaut und somit eine immer stärker werdende thermodynamische Abstoßung Betrachtung, der Protonen vom Polyion hervorruft. Eine ursprünglich von Overbeek und Katchalsky147 beschrieben, führt zu Gleichung (5.32). Die Ionisationskonstante pKapp im Verlauf der Protonierung ist gegeben durch die Differenz aus der intrinsischen Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers pK0 und der Änderung der freien elektrostatischen Energie Gel der Polyelektrolytlösung. Der Term (dGel / dα) kann auch als die Arbeit verstanden werden, die benötigt wird, um ein Proton gegen das elektrostatische Potential ψ aus unendlichem Abstand an die Polyelektrolytoberfläche (∆Gel) zu bringen2. pK app = pK 0 − 0,4343 ⎛ dGel ⎞ ⋅⎜ ⎟ RT ⎝ dα ⎠ mit (dGel / dα) = ∆Gel = NA·e·ψ (5.32) Der Titrationsverlauf einer Polysäure mit einer starken Base kann ebenfalls mit Gleichung (5.31) und (5.32) beschrieben werden. Hierbei muss statt des Protonierungsgrads α der Neutralisationsgrad α’ eingesetzt werden, der durch α’ = 1 – α gegeben ist. Im Falle von Polysäuren steigt pKapp mit steigendem Neutralisationsgrad α’. Fortschreitende Deprotonierung führt zum Aufbau eines negativen Potentials, was 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 87 eine Erniedrigung der Säurestärke zur Folge hat. Entsprechend ändert sich das Vorzeichen des Terms (dGel / dα) in Gleichung (5.32). Stellvertretend für Polybasen und Polysäuren ist in Abbildung 5.6 die Änderung von pKapp im Verlauf einer Titration von (A) Polyvinylamin bzw. (B) Polyacrylsäure dargestellt, wie sie von van Treslong et al.148 bzw. Nagasawa et al.149 erhalten wurden. (A) (B) Abbildung 5.6: Verlauf der apparenten Ionisationskonstanten pKapp während der Titration von (A) Polyvinylamin mit Salzsäure 148 und (B) Polyacrylsäure mit Natronlauge 149. Kern150 sowie Katchalsky und Spitnik151 beschrieben erstmals phänomenologisch den Verlauf des pH-Werts bei der Titration von Polysäuren mit der „erweiterten HendersonHasselbalch-Gleichung“. Analog zu Gleichung (5.30) lautet diese für Titrationen von Polybasen: pH = pK 0,5 − n ⋅ lg α 1−α für α = 0,5 gilt: pK0,5 = pKS = pH (5.33) Mit den Konstanten pK0,5 und n kann Gleichung (5.33) an eine experimentell ermittelte Titrationskurve angepasst werden. Die Konstanten beschreiben die Größe des elektrostatischen Potentials und sind aus diesem Grunde abhängig vom untersuchten Polyelektrolyt sowie von der Ionenstärke der Lösung. Ist das Potential vernachlässigbar 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 88 klein, so gilt unabhängig vom Protonierungsgrad pK0,5 = pKS sowie n = 1. Gleichung (5.33) geht dann in die einfache Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) über. Da Gleichung (5.33) den Verlauf des pH-Werts bei Titrationen von Polybasen und Polysäuren meist nur für Protonierungsgrade nahe α = 0,5 gut beschreibt, wurde von M. Mandel152 vorgeschlagen, die apparente Ionisationskonstante pKapp aus Gleichung (5.31) und (5.32) durch folgende Reihenentwicklung anzunähern: pKapp = pK0 + ϕ1·α + ϕ2·α2 (5.34) Hierbei bedeutet pK0 wiederum die intrinsische Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers, die durch die Charakteristik der einzelnen ionisierbaren Gruppe gegeben ist, während der Koeffizient ϕ1 durch die Anordnung der ionisierbaren Gruppen im Polymer bestimmt ist. Im Falle von Polysäuren nimmt ϕ1 positive Werte an 152, während bei Polybasen negative Werte erhalten werden 148. Der Koeffizient ϕ2 wird als abhängig von einer Störung der mittleren Ladungsanordnung (z. B. durch Kettenaufweitung) beschrieben. Alle drei beschriebenen Parameter sind zusätzlich von der Ionenstärke der Lösung abhängig. Um die Abhängigkeit der Ionisationskonstante pKapp vom Protonierungsgrad α und damit den pH-Verlauf bei der Titration einer Polybase bzw. Polysäure verstehen und vorhersagen zu können, wurden eine Reihe von theoretischen Modellen entwickelt. Diese können unterteilt werden in die sogenannten meanfield-Modelle, denen unter angenommener statistischer Ladungsverteilung auf der Polymerkette ein zeitgemitteltes Potential zugrunde liegt, und in Modelle, die mit diskreten Ladungsverteilungen arbeiten. Ziel bei der Entwicklung der meanfield-Modelle war stets, die Änderung der freien elektrostatischen Energie (dGel / dα) aus Gleichung (5.32) im Verlauf der Titration zu berechnen. Dazu wurde das elektrostatische Potential um die Polymerkette bestimmt, die als unendlich langer Zylinder betrachtet wurde. Dies gelang entweder durch numerische Lösung153 der Poisson-Boltzmann-Gleichung oder analytisch unter Verwendung des in Kapitel 5.1 beschriebenen Zellmodells136,142,143,154. Eine gute Übereinstimmung zwischen meanfield-Theorie und Experiment wurde immer dann festgestellt, wenn Polymere verwendet wurden, bei denen erstens keine zu großen konformativen Änderungen während der Titration auftreten und zweitens die Ladungen 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 89 nicht zu dicht angeordnet sind und somit Wechselwirkungen der nächsten Nachbarn vernachlässigt werden dürfen. Bei höheren Neutralisationsgraden genügt beispielsweise Polyacrylsäure149,153,155 diesen Anforderungen sehr gut. Marcus156 und etwas später Lifson157 führten in diesem Zusammenhang erstmals ein Modell ein, das auf einer diskreten Ladungsverteilung beruht. Es wurde durch statistische Betrachtung der repulsiven Wechselwirkungen der geladenen Gruppen auf der Polymerkette mit deren nächsten Nachbarn gleicher Ladung abgeleitet. Katchalsky et al.158 beobachtete eine zufrieden stellende Übereinstimmung dieses Modells mit den Polybaseneigenschaften von Polyvinylamin. Bei ähnlichen Untersuchungen von Polyethylenimin konnte durch zusätzliche Einbeziehung der übernächsten Nachbarn eine noch bessere Übereinstimmung erreicht werden159. Abbildung 5.7 repräsentiert eine von Borkovec160 veröffentlichte übersichtliche Darstellung der Ergebnisse der beiden beschriebenen Modelle inklusive einer Computersimulation für das Verhalten einer linearen, kettensteifen Polybase. Abbildung 5.7: Berechnete Titrationskurven einer linearen, kettensteifen Polybase160 a) ohne Berücksichtigung von Wechselwirkungen der an der Kette lokalisierten Ladungen (einsäurige Base mit pKS = 10), b) nach dem „mean-field“-Ansatz, c) nach dem Modell der diskreten Ladungen unter ausschließlicher Berücksichtigung der nächsten Nachbarn und d) mit Hilfe einer Computersimulation. Mit dem „mean-field“-Ansatz ergibt sich eine breite Protonierungsstufe über den gesamten pH-Bereich, die den scharfen Übergang und die damit verbundene gute Pufferwirkung der einsäurigen Base ersetzt. Das Modell der nächsten Nachbarn hingegen sagt einen um α = 0,5 symmetrischen, s-förmigen Verlauf des pH-Werts 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 90 vorher, was zwei voneinander unterscheidbare Protonierungsstufen impliziert, wie es bei Dibasen (Abbildung 5.5 A) beobachtet wird. Dies kann mit einer Stabilisierung des intermediären Zustands von alternierend protonierten und deprotonierten Gruppen erklärt werden. Einen vollständig anderen Ansatz zur Beschreibung von Titrationskurven 161 veröffentlichten Manning und Holtzer , der einige Jahre später von Manning162,163 weiterentwickelt wurde. Die Grundidee liegt in der Anwendung des in Kapitel 5.1 beschriebenen Modells der Gegenionenkondensation für eine Linienladung unendlicher Länge. Auf dieser Basis ist theoretisch, d. h. ohne Verwendung anpassbarer FitParameter, eine Vorhersage des Verlaufs der apparenten Ionisationskonstanten pKapp möglich. Da die Manning-Theorie oberhalb einer kritischen Ladungsdichte das Auftreten der Phase kondensierter Gegenionen vorsieht, wird an der entsprechenden Stelle der Titrationskurve ein signifikanter Sprung von pKapp vorhergesagt, der experimentell nie gefunden wurde. Durch weitere Modifizierungen dieses Modells durch Satoh et al.164 gelang zwar eine Vorhersage von Titrationskurven ohne pHSprung, gute Übereinstimmungen mit Experimenten konnten aber trotzdem nicht erzielt werden2. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Titrationsverhalten von Polybasen und Polysäuren bisher nur phänomenologisch beschreibbar ist. Je nach Struktur des Polymers sind dazu einzelne der oben diskutierten Modelle geeignet. Als sehr problematisch bei der Interpretation der Messdaten erwies sich hierbei in der Vergangenheit der nicht quantifizierbare Einfluss der schon diskutierten konformativen Effekte137,149,152,165. Zuverlässige Voraussagen des Titrationsverhaltens von Polysäuren oder Polybasen in Abhängigkeit ihrer Struktur sind unter anderem aus diesem Grund bisher noch nicht möglich. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 5.3 91 Untersuchungsmethoden von Säure-Base-Gleichgewichten Eine Untersuchung von Protonierungen und Deprotonierungen erfordert stets eine exakte Bestimmung des pH-Werts. Dies ist z. B. durch potentiometrische Messungen unter Verwendung von pH-Elektroden möglich. Im Vordergrund steht hierbei meistens die Aufnahme des pH-Werts während eines Titrationsexperiments (vgl. Abbildung 5.4). Durch Verwendung von spektroskopischen Methoden können zusätzlich die genauen Konzentrationen der protonierten und der nicht protonierten Spezies bestimmt werden. Dafür eignen sich insbesondere die UV/VIS- und die NMR-Spektroskopie. Im Folgenden sollen die Grundlagen der in dieser Arbeit verwendeten Methoden der Potentiometrie und der NMR-Spektroskopie erläutert werden. 5.3.1 Potentiometrische Untersuchung mit einer pH-Glaselektrode Das mit einer pH-Glaselektrode gemessene Potential E genügt der Nernstschen Gleichung (5.35) mit dem Standardpotential der Messkette E0 und dem Diffusionspotential Ed. E = EO + RT ⋅ ln a H + + E d F (5.35) Ersetzt man die Aktivität aH+ durch das Produkt aus Aktivitätskoeffizient γH+ und Protonenkonzentration [H+], erhält man Gleichung (5.36). E = EO + RT ⋅ ln 10 RT ⋅ ln 10 ⋅ lg [H + ] + ⋅ lg γ H + + E d F F (5.36) Diese Gleichung beschreibt das lineare Verhalten des gemessenen Potentials E in Bezug auf den Logarithmus der Protonenkonzentration. Durch Kalibration der Messkette mit Pufferlösungen bekannter pH-Werte können folglich die pH-Werte unbekannter Proben bestimmt werden. Lineares Verhalten bezüglich des Logarithmus der Protonenkonzentration ergibt sich, wenn sowohl der Aktivitätskoeffizient γH+ als auch das Diffusionspotential Ed konstant sind. Eine unterschiedliche Ionenstärke von 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 92 Kalibrationslösung und Probelösung kann jedoch Einfluss auf γH+ und Ed haben und verursacht eine entsprechende Abweichung von der Linearität. Eine Untersuchung dieser Abweichung wurde in der Literatur166 beschrieben. Sie betrug maximal 0,1 pHEinheiten und ist deshalb im Rahmen dieser Arbeit vernachlässigbar klein. 5.3.2 Quantitative NMR-Analyse Das Säure-Base-Gleichgewicht aus Schema 5.1 kann mit Hilfe der NMR-Spektroskopie untersucht werden. Ziel ist es, bei verschiedenen pH-Werten die Konzentrationen von [BH+] und [B] und damit den Protonierungsgrad α zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass es z. B. 1H- oder 13C-NMR-Signale gibt, die im protonierten und deprotonierten Zustand der Base ausreichend unterschiedlichen chemischen Verschiebungen unterliegen. Diese können dann als intramolekularer „Sensor“ dienen. Da es sich bei der betrachteten Säure-Base-Reaktion um ein dynamisches Gleichgewicht handelt, ist die Signalform stark abhängig von der Geschwindigkeit des Austauschprozesses in Bezug auf die NMR-Zeitskala. Diese Abhängigkeit ist in Abbildung 5.8 dargestellt167. Austauschgeschwindigkeit δm δX-B δX-BH+ δ Abbildung 5.8: Schematische Darstellung der Kernresonanzspektren für einen Prozess X-B (+ H+) X-BH+ in Abhängigkeit von der Austauschgeschwindigkeit167 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 93 Abbildung 5.8 gibt den Fall wieder, dass X-BH+ und X-B bei langsamem Austausch Singulettabsorptionen gleicher Intensität zeigen, die dann bei schnellem Austausch zu einem doppelt so intensiven Signal bei δm verschmelzen. Da die Dynamik der meisten Säure-Base-Gleichgewichte bezogen auf die NMRZeitskala sehr hoch ist168 und entsprechend ein gemitteltes Signal beobachtet wird, kann aus der Signallage auf den Protonierungsgrad α geschlossen werden. In Abbildung 5.9 ist nun die Signallage sehr schneller Austauschprozesse für fünf verschiedene Protonierungsgrade α dargestellt 168. δX-B δX-BH+ α Abbildung 5.9: Schematische Darstellung 168 von fünf Kernresonanzspektren für einen sehr schnellen Prozess X-B (+ H+) X-BH+ in Abhängigkeit vom Protonierungsgrad α Jedes hier dargestellte Spektrum besteht aus einem scharfen Singulett. Die Lage dieses Signals variiert von der chemischen Verschiebung der vollständig protonierten Spezies δX-BH+ bis zur chemischen Verschiebung der vollständig deprotonierten Spezies δX-B. In dem Bereich dazwischen ändert sich δ linear mit der relativen Konzentration168,169: δ= δ X − BH + ⋅ [BH + ] + δ X − B ⋅ [B] [BH + ] + [B] = δ X − BH + ⋅ α + δ X − B ⋅ (1 − α ) (5.37) Durch NMR-Messungen während einer pH-Titration kann aus der chemischen Verschiebung δ mit Gleichung (5.37) der Protonierungsgrad α bei verschiedenen pHWerten bestimmt werden, falls die Grenzverschiebungen δX-BH+ und δ X-B bekannt sind. 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 5.4 94 Potentiometrie als Untersuchungsmethode der Gegenionenaktivität Die Gegenionenkondensation von Polyelektrolyten wurde im Rahmen dieser Arbeit potentiometrisch unter Verwendung einer ionenselektiven Elektrode untersucht. Die Grundlagen sollen im Folgenden beschrieben werden. Das Potential E zwischen einer ionenselektiven Elektrode und einer geeigneten Referenzelektrode ist gegeben durch die Nernstsche Gleichung. Diese lautet im Falle einer Bromidelektrode analog zu (5.35) und (5.36), wobei hier die Aktivität aBr- bzw. die Konzentration cBr- und der Aktivitätskoeffizient γBr- der Bromidionen eingesetzt wurden: E = EO + = EO + RT ⋅ ln a Br − + E d F (5.38) RT ⋅ ln 10 RT ⋅ ln 10 ⋅ lg c Br − + ⋅ lg γ Br − + E d F F (5.39) Das Potential E verhält sich unter Annahme eines konstanten Aktivitätskoeffizienten γBr- und eines konstanten Diffusionspotentials Ed linear bezüglich des Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Deshalb kann analog zur Messung des pH-Werts durch Kalibration der Messkette mit Lösungen bekannter Bromidionenkonzentration die Bromidionenkonzentration einer niedermolekularen Probelösung bestimmt werden. Hierbei muss sichergestellt sein, dass die Probelösung keine Störionen (z. B. Cl-, I-) enthält, die neben den Bromidionen das Potential E ebenfalls verändern. Bei der Untersuchung einer Polyelektrolytlösung ist ein Teil der zu bestimmenden Ionen kondensiert, d. h. die Aktivitätskoeffizienten γBr- der niedermolekularen Kalibrationslösung und der Polyelektrolytlösung sind nicht gleich. Vielmehr drückt γBrim Falle einer Polyelektrolytlösung die Abweichung vom idealen Verhalten ohne Gegenionenkondensation aus und muss experimentell bestimmt werden. Dies ist durch Aktivitätsmessungen bei bekannten Bromidkonzentrationen möglich, vorausgesetzt die Änderung des Diffusionspotentials Ed ist vernachlässigbar. Auf diese Weise wurden z. B. von Olofsson und Zacharov170 mit einer natriumselektiven Elektrode bzw. einer chloridselektiven Elektrode die Aktivitäten der jeweiligen Ionen in Lösung während der schrittweisen Deprotonierung von Polyacrylsäure bestimmt. Die Polybasen Polyethylenimin und Polyvinylamin wurden während Protonierungsversuchen diesbezüglich von van Treslong und Moonen171 5 Grundlagen zur Untersuchung von Polyelektrolyten 95 sowohl osmometrisch als auch potentiometrisch untersucht. Zusätzlich sind in der Literatur weitere Aktivitätsmessungen der Gegenionen von Polyvinylalkoholsulfonat172, Polyacrylaten173 und ionischen Polysacchariden174 beschrieben. Die für die Bestimmung der Gegenionenkondensation obligatorische Umrechnung der gemessenen Aktivitäten in tatsächliche Konzentrationen erfolgte hierbei stets durch Kalibration gegen niedermolekulare Salzlösungen. Dieses Vorgehen wird von Mandel1 und Ise175 als problematisch und fehlerbehaftet bewertet, da eine Beeinflussung der Messungen durch Wechselwirkung der hochgeladenen Polyionen mit der Elektrode sowie sich ändernde Diffusionspotentiale176 unberücksichtigt bleibt. In dieser Arbeit erfolgte die Auswertung der Daten auf einem anderen Weg. Die hierzu benötigten Variablen sollen an dieser Stelle eingeführt werden: Nimmt man an, dass die kondensierten Gegenionen nicht zum Potential E beitragen, d. h. eine Aktivität von Null besitzen, gilt für das Potential E von Polyelektrolytlösung neben Gleichung (5.39) auch (5.40): E = EO + RT ⋅ ln 10 RT ⋅ ln 10 ⋅ lg c app + ⋅ lg γ app + E d F F (5.40) Hierbei bedeutet capp die Konzentration der freien, also „messbaren“ Bromidionen, deren Aktivitätskoeffizient dem γapp Aktivitätskoeffizienten niedermolekularer Lösungen entspricht und somit unabhängig vom Grad der Gegenionenkondensation ist. Durch Gleichsetzen von (5.39) und (5.40) ergibt sich für den relativen Anteil freier Bromidionen γ*Br-: γ * Br = − c app c Br − = γ Br − γ app (5.41) Dieser geht für verdünnte Lösungen (γapp ≈ 1) 133,136,141,172 in den Aktivitätskoeffizienten γBr- über. In diesem Fall kann capp mit der Aktivität aBr- gleichgesetzt werden. Die Konzentration der messbaren Bromidionen capp kann wie bei einer niedermolekularen Probelösung mit unbekannter Bromidkonzentration durch externe Kalibration mit Lösungen bekannter Bromidionenkonzentration unter Annahme eines für beide Lösungen gleichen Diffusionspotentials Ed bestimmt werden. Die Möglichkeit einer internen Kalibration ist in Kapitel 6.4 beschrieben. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 96 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6.1 Kontrollierte Protonierung der Precursorpolymere 39 c und 47 c Die Precursorpolymere 39 c und 47 c verhalten sich in wässriger Lösung als Polybasen und können den „schwachen Polyelektrolyten“ zugeordnet werden. Durch Zugabe von Säuren werden die tertiären Aminogruppen in den Seitenketten protoniert. Der eingestellte pH-Wert der Lösung bestimmt hierbei die Lage des Protonierungsgleichgewichts (Schema 6.1) und damit die Ladungsdichte auf der Polymerkette. Cl (H3COCH2 CH2 )2N H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2 )3 (H3COCH2CH2)2 NH H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2)3 +2n HCl H3CO(CH2CH2O) 3 x n (OCH2 CH2 )3 -2n HCl x H3CO(CH2CH2O) 3 (H3COCH2 CH2 )2N n (OCH2 CH2)3 (H3COCH2CH2)2 NH 39 c: x = 1 47 c: x = 0 40 c: x = 1 64 c: x = 0 Cl Schema 6.1 Um die Lösungseigenschaften der dargestellten Polyelektrolyte in Abhängigkeit von der Ladungsdichte genau untersuchen zu können, muss der Anteil an protonierten Aminogruppen (Protonierungsgrad α) als Funktion des pH-Werts der Lösung bestimmt werden. In der Literatur werden neben der Potentiometrie in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger spektroskopische Methoden zur quantitativen Untersuchung von Protonierungs-Deprotonierungs-Gleichgewichten beschrieben. So wurden z. B. von Sumaru et al.177 die Polybasen Polyvinylamin und Polyallylamin sowie die Polysäure Polyvinylsulfonsäure durch UV/VIS-Spektroskopie unter Verwendung eines pHIndikators untersucht. Auch die NMR-Spektroskopie hat sich z. B. bei Untersuchungen von Aza-Makrozyklen178, oligomeren Homologen des Polyethylenimins sowie Poly(propylenimin)-Dendrimeren179 und Polyvinylamin180 als besonders wertvoll 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 97 herausgestellt. Hierbei konnten die Protonierungsgleichgewichte der verschiedenen enthaltenen Aminogruppen separiert werden. Um das Potential der NMR-Spektroskopie für das hier vorliegende System zu evaluieren, wurden Modell-Experimente mit dem niedermolekularen tertiären Amin 65 durchgeführt (Schema 6.2), welches ein nahezu identisches Substitutionsmuster wie die Aminogruppe im Precursorpolymer 39 c und 47 c aufweist. (CH2 CH2 O)2 CH3 H3C(OCH2CH2) 2 Cl + HCl N H3C(OCH2CH2) 2 (CH2 CH2 O)2 CH3 - HCl 65 (CH2 CH2 O)2 CH3 NH (CH2 CH2 O)2 CH3 66 Schema 6.2 Dazu wurden 0,2 mmol des Modellamins 65 in 10 mL Deuteriumoxid (cN = 20 mmol/L) gelöst und durch Zugabe von 1 M Natronlauge ein pH-Wert von 11,41 eingestellt. Von dieser Lösung wurden 0,8 mL entnommen und NMR-spektroskopisch untersucht. Anschließend wurden sukzessive kleinste Mengen 1 M Salzsäure hinzugefügt und nach jeder Zugabe erneut NMR-Spektren von entnommenen Proben aufgenommen. Die pHWerte der Lösungen wurden mit einer Glaselektrode bestimmt, die zuvor mit den Pufferlösungen pH 4,00, pH 7,00 und pH 10,00 kalibriert wurde. Eine Korrektur bezüglich des Isotopeneffekts erfolgte nicht. In Abbildung 6.1 ist eine repräsentative Serie von 1 H-NMR-Spektren inklusive Nummerierung der Atome dargestellt. der zur Signalzuordnung gewählten 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6 7 8 OCH3 (CH2 CH2 O)2 CH3 9 H3COCH2CH2OCH2 CH2 98 6-8 N 9 (CH2 CH2 O)2 CH3 pH = 11,41 pH = 8,74 pH = 8,41 8 pH = 7,90 8 pH = 7,40 8 pH = 6,83 8 pH = 4,85 4.0 3.5 Chemical Shift (ppm) 3.0 2.5 Abbildung 6.1: 1H-NMR-Titrationsexperiment mit Modellverbindung 65 in Deuteriumoxid bei 25 °C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen sind mit einem Pfeil markiert. Aus den 1H-NMR-Spektren ist klar zu sehen, dass die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H9) als Sensor des Protonierungszustands fungieren können. Die Signale der NCH2-Protonen erfahren mit abnehmendem pH-Wert einen Tieffeldshift von δ = 2,82 ppm bei pH 11,41 nach δ = 3,55 ppm bei pH 4,85. Dieser Shift ist eine direkte Folge der weniger starken magnetischen Abschirmung der betrachteten Protonen, wenn das Nachbaratom eine positive Ladung trägt. Diese Beobachtung steht im Einklang mit vielen in der Literatur178,181,182,183,184,185 beschriebenen 1H-NMRTitrationen. Sowohl im Falle der vollständigen Protonierung als auch im Falle fehlender 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 99 Protonierung können für die CH2-Protonen scharfe Tripletts beobachtet werden, während im pH-Bereich dazwischen die Signale breit und unstrukturiert vorliegen. Diese Verbreiterung liegt vermutlich daran, dass die Geschwindigkeiten der auftretenden Protonenaustauschprozesse in der Größenordnung des 1 H-NMR- Zeitfensters liegen. Das oben beschriebene Experiment wurde schließlich mit den Precursorpolymeren 39 c und 47 c wiederholt, wobei die gleiche Konzentration cN = 20 mmol/L eingestellt wurde. Die erhaltenen 1H-NMR-Spektren sind in Abbildung 6.2 und Abbildung 6.3 dargestellt. Es wird deutlich, dass diese analog zu denen des Modellamins 65 interpretiert werden können. Auch hier tritt bei beiden Polymeren der Tieffeldshift der NCH2-Protonen mit steigendem pH-Wert in gleichem Maße auf. Die Nummerierung der Atome erfolgte gemäß Abbildung 3.10 bzw. Abbildung 3.16. OCH3 4, 4' 5, 5' 6 - 8, 11, 6' - 9' 9,10 pH = 11,60 pH = 7,99 pH = 7,10 pH = 6,95 pH = 6,11 pH = 2,65 4.0 3.5 Chemical Shift (ppm) 3.0 2.5 Abbildung 6.2: 1H-NMR-Titrationsexperiment mit Precursorpolymer 39 c in Deuteriumoxid bei 25 °C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H9, H10) sind mit einem Pfeil markiert. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 100 OCH3 9,10 4 5 6 - 8, 11 pH = 12,49 pH = 8,15 pH = 7,67 pH = 7,13 pH = 6,70 pH = 5,81 pH = 2,60 4.0 3.5 ppm 3.0 2.5 Abbildung 6.3: 1H-NMR-Titrationsexperiment mit Precursorpolymer 47 c in Deuteriumoxid bei 25 °C. Die zur Aminogruppe α-ständigen Methylenprotonen (H9, H10) sind mit einem Pfeil markiert. In Abbildung 6.4 sind die 13 C-NMR-Spektren der vollständig deprotonierten und vollständig protonierten Amine 65 (A bzw. B), 39 c (C bzw. D) sowie 47 c (E bzw. F) dargestellt. Hierbei wird deutlich, dass im Falle der 13C-NMR-Spektroskopie das Signal der zur Aminogruppe β-ständigen Methylenkohlenstoffatome (C8, C11) dem größten Shift bei der Protonierung unterliegt. Im Gegensatz zu den Ergebnissen aus der 1HNMR-Spektroskopie handelt es sich hierbei sogar um einen Hochfeldshift mit abnehmendem pH-Wert. So absorbieren die β-Kohlenstoffatome C8 des deprotonierten 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 101 Modellamins 65 bei δ = 70,86 ppm, während die des protonierten bei δ = 66,81 ppm absorbieren. Dies steht in voller Übereinstimmung mit Ergebnissen aus 13 C-NMR- Titrationen, die in der Literatur178,181,186 beschrieben sind. 6, 7 8 9 OCH3 (A) 8 (B) 4 - 8, 11 4' - 9' 9, 10 (C) 4-7 4' - 9' 8, 11 (D) 4 - 8, 11 (E) 4-7 8, 11 (F) 70 65 ppm 60 55 Abbildung 6.4: Aliphatenbereich der 13C-NMR-Spektren des Modellamins 65 in Deuteriumoxid bei 25 °C (deprotoniert (A) bzw. protoniert (B)), der Polybase 39 c (deprotoniert (C) bzw. protoniert (D)) sowie der Polybase 47 c (deprotoniert (E) bzw. protoniert (F)). 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6.2 102 Untersuchung des Säure-Base-Gleichgewichts mittels Potentiometrie Um die Säure-Base-Gleichgewichte insbesondere für die Polybasen noch genauer zu untersuchen, wurden zusätzlich zu den NMR-Untersuchungen aus Kapitel 6.1 weitere Titrationsexperimente durchgeführt. Ziel war die Erhöhung der Genauigkeit der NMR-Messungen, da diese durch die Verbreiterung der NMR-Signale (vgl. Abbildung 6.1 bis Abbildung 6.3) doch stark fehlerbehaftet sind. Weiterhin galt es zu überprüfen, wie die Verwendung des Lösungsmittels Wasser statt Deuteriumoxid die Lage des Gleichgewichts beeinflusst. Die wichtigste Aufgabe lag jedoch darin, Titrationskurven insbesondere bei deutlich geringerer Polyelektrolytkonzentration aufzunehmen, was mit NMR-Experimenten durch die relativ geringe Sensitivität der Methode schlechter möglich ist. Aus diesem Grund wurden mit Hilfe einer pH-Glaselektrode und eines pH-Meters Titrationskurven aufgenommen, ohne dass der Lösung Proben entnommen wurden. In orientierenden Vorversuchen wurde das niedermolekulare Modellamin 65 bzw. der Precursor 39 c in 10 mL Wasser gelöst (cN = 20 mmol/L) und der sich nach 2 min eingestellte pH-Wert bestimmt. Anschließend wurde 1 M Salzsäure oder 1 M Natronlauge in kleinen Schritten hinzugefügt. Die aufgezeichneten pH-Werte sind in Abbildung 6.5 gegen die zugegebenen Mengen an Salzsäure bzw. Natronlauge aufgetragen. 12 Modellamin Precursor 10 pH 8 6 4 2 -1,5 -1,0 NaOH -0,5 0,0 0,5 1,0 Zugabe [N-eq] von 1,5 2,0 HCl Abbildung 6.5: pH-Wert von wässrigen Lösungen (10 mL) des Modellamins 65 (■) und des Polymers 39 c (■) der Aminokonzentration cN = 20 mmol/L, aufgetragen gegen die hinzugefügte Menge an Salzsäure bzw. Natronlauge. Die Äquivalente eq beziehen sich auf die Zahl der Aminogruppen. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 103 Es ist erkennbar, dass sowohl für das niedermolekulare Amin 65 als auch für das Polymer 39 c zwischen pH = 10 und pH = 4 der Übergang von der deprotonierten in die protonierte Form erfolgt. Die jeweiligen Wendepunkte bei pH = 10 bzw. pH = 4 können den Neutralisationsgraden β = 0 bzw. β = 1 zugeordnet werden, welche näherungsweise den Protonierungsgraden α = 0 bzw. α = 1 entsprechen. Im stärker alkalischen bzw. im stärker sauren pH-Bereich wird die Pufferwirkung des Wassers dominierend und die Amine liegen außerhalb der Wendepunkte ausschließlich in der vollständig deprotonierten bzw. vollständig protonierten Form vor. Die Titrationskurve des Precursors 39 c ist gegenüber der des Modellamins 65 nach links verschoben. Dies spiegelt den schon in Kapitel 3.3 diskutierten Fall wider, dass der Precursor vermutlich während der Aufarbeitung mit Spuren an Säure reagiert hat und folglich hier schon ohne Zugabe an Säure zu etwa 25 % protoniert vorlag. Bei allen nun folgenden pH-Titrationen wurde das niedermolekulare Modellamin 65, der Precursor 39 c oder 47 c in Wasser gelöst und zusätzlich zwischen 10 µL und 50 µL 1 M Natronlauge hinzugefügt, um sicherzustellen, dass zu Beginn der Titration alle Aminofunktionalitäten deprotoniert vorlagen. Anschließend erfolgte zur Erhöhung der Genauigkeit die schrittweise Zugabe an 1 M Salzsäure mit einem automatischen Dosimeter in einem zeitlichen Abstand von jeweils zwei Minuten. Die gemessenen pHWerte wurden während des gesamten Zeitraums durchgehend mit einem Computer erfasst. Das Erreichen eines konstanten pH-Signals und damit des Gleichgewichtszustands konnte nach jedem Dosierungsschritt beobachtet werden. Der Protonierungsgrad α wurde bei der Auswertung mit Hilfe der beiden Wendepunkte bei α = 0 und α = 1 kalibriert. Dies führte zu einer Überprüfbarkeit von Einwaagefehlern und erlaubte eine Vernachlässigung der Volumenzunahme im Verlauf der Titration. In Abbildung 6.6 sind auf diesem Wege ermittelte Titrationskurven von wässrigen Lösungen (10 mL) des Modellamins 65 (■) und der Precursorpolymere 39 c (■) und 47 c (■) dargestellt. Die Konzentration bezogen auf die Stickstoffatome betrug cN = 20 ± 2 mmol/L. Die durchgezogene Linie (—) entspricht einem Fit der Modellamin-Messwerte mit der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) und spiegelt das erwartete Verhalten einer niedermolekularen Base mit einem pKS-Wert von 7,52 wider. Dieser pKS-Wert ist im Vergleich zu anderen Stickstoffbasen145, wie z. B. Triethylamin (pKS = 10,75) oder Ammoniak (pKS = 9,25), deutlich kleiner. Die relativ geringe Basizität von 65 resultiert aus dem Substitutionsmuster, was durch den Vergleich mit der literaturbekannten Basenstärke von Triethanolamin145 (pKS = 7,77) 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 104 deutlich wird. In beiden Fällen setzen die Ethoxysubstituenten die Basenstärke herab. Als Grund hierfür sind neben elektronischen Einflüssen auch Einflüsse durch Wasserstoffbrückenbindungen denkbar. Die geringe Basenstärke erweist sich in zweierlei Hinsicht als sehr vorteilhaft: Erstens können zur Kalibration beide Wendepunkte herangezogen werden - der Wendepunkt bei einem Protonierungsgrad von α = 0 wird mit steigendem pKS-Wert der Base immer schlechter detektierbar (vgl. Abbildung 5.4). Zweitens erfolgt die komplette Titration in nur schwach alkalischer Lösung, wodurch der störende Kohlendioxideintrag durch die umgebende Luft gering bleibt. Zusätzlich sind in Abbildung 6.6 die Ergebnisse aus den NMR-spektroskopischen Untersuchungen (∆, ∆, ∆) abgebildet. Die Protonierungsgrade α wurden aus den chemischen Verschiebungen δ der 1H-NMR-Spektren bei unterschiedlichen pH-Werten (Abbildung 6.1 bis Abbildung 6.3) mit Hilfe der Gleichung (6.1) berechnet. Diese setzt eine lineare Abhängigkeit des Tieffeldshifts (δ – δX-B) mit dem Protonierungsgrad α voraus und kann durch Umformen von Gleichung (5.37) erhalten werden. Hierbei entspricht δX-B bzw. δX-BH+ den chemischen Verschiebungen der Protonen H9 und H10 der vollständig deprotonierten bzw. vollständig protonierten Spezies. α= δ − δ X −B δ X − BH + − δ X − B (6.1) 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 105 10 9 pH 8 7 6 5 4 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.6: pH-Wert von wässrigen Lösungen (10 mL) des Modellamins 65 (■ bzw. ∆) , der Precursorpolymere 39 c (■ bzw. ∆) und 47 c (■ bzw. ∆) der Aminokonzentration cN = 20 mmol/L, aufgetragen gegen den potentiometrisch (Quadrate) bzw. NMRspektroskopisch (Dreiecke) bestimmten Protonierungsgrad α Obwohl die tertiären Aminogruppen der drei Basen 65, 39 c und 47 c ein nahezu identisches Substitutionsmuster aufweisen, unterscheiden sich die Kurvenverläufe voneinander. Während im alkalischen Bereich zwischen 10 > pH > 8,5 die Messpunkte in allen drei Fällen sehr gut durch die Henderson-Hasselbalch-Gleichung mit einem pKS von 7,52 beschrieben werden, weichen die Messpunkte der Polybasen mit steigender Protonierung immer stärker davon ab. So liegen die pH-Werte bei einem Protonierungsgrad von α = 0,5 im Falle des Modellamins 65 bei pH = 7,5, im Falle des Precursors 39 c bei pH = 7,1 und im Falle des Precursors 47 c sogar bei pH = 6,6. Die Basizität scheint also in dieser Reihenfolge abzunehmen. Diese Tendenzen werden auch durch die Messpunkte aus den NMR-spektroskopischen Untersuchungen wiedergegeben. Die NMR-Daten der Precursorpolymere 39 c (∆) und 47 c (∆) stimmen innerhalb der Fehlertoleranz von ± 0,2 pH-Einheiten mit den potentiometrisch ermittelten Titrationskurven (■ bzw. ■) gut überein, was das angenommene lineare Verhalten der chemischen Verschiebung mit α für die Polybasen 39 c und 47 c bestätigt. Die NMR-Daten des Modellpolymers 65 (∆) liegen hingegen etwa 0,5 pH-Einheiten über der potentiometrisch ermittelten Kurve (■). Ein Grund für 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 106 diese Diskrepanz ist die Verwendung von Deuteriumoxid statt Wasser bei den NMRMessungen, ohne dass die ermittelten pH-Werte korrigiert wurden. In der Literatur wurde der Isotopeneffekt bei Säure-Base-Titrationen unter Verwendung von pHGlaselektroden vielfach untersucht187,188,189. Von allen Arbeitsgruppen wurde festgestellt, dass der tatsächliche pD-Wert einer Deuteriumoxid-Lösung mit einer pHElektrode meist durch einfache Addition des angezeigten pH-Werts mit 0,4 ermittelt werden kann: pD = pHabgelesen + 0,4 (6.2) Von R. B. Martin190 wurden zusätzlich Ionisationskonstanten in Wasser (pKS) mit denen in Deuteriumoxid (pKD) verglichen und es wurde empirisch folgender Zusammenhang gefunden: pKD = 1,015 ⋅ pKS + 0,45 (6.3) Bei der Ermittlung von Säurekonstanten in Deuteriumoxid mit Hilfe einer pHGlaselektrode unter Verwendung der abgelesenen pH-Werte heben sich die Konstanten in den Gleichungen (6.2) und (6.3) in der Mehrzahl der Fälle auf. Dass dies im Falle des Modellamins 65 nicht so genau zutrifft, konnte aus dem identisch geführten potentiometrischen Experiment in Deuteriumoxid statt Wasser bestätigt werden: Die Messpunkte (■) verschieben sich um etwa 0,3 pH-Einheiten ins Basische und entsprechen dann näherungsweise den Ergebnissen aus der NMR-spektroskopischen Untersuchung. Die ermittelte Tendenz in der Basenstärke 65 > 39 c > 47 c entspricht dem erwarteten Verhalten von Polybasen im Vergleich zu niedermolekularen Basen und kann folgendermaßen erklärt werden: Der Grad der Protonierung wird durch die Charakteristik der funktionellen Gruppe (Substitutionsmuster des Amins) und zusätzlich durch das elektrostatische Potential aller geladenen Gruppen an der Polymerkette bestimmt. Das positive Potential, welches sich bei steigendem Protonierungsgrad α immer stärker am Makromolekül aufbaut, bewirkt eine immer stärker werdende Abstoßung der Protonen. Die Polybase verhält sich folglich mit steigendem Protonierungsgrad α immer weniger basisch. Da in der Polybase 47 c die 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 107 Aminofunktionen dichter angeordnet sind, wirkt sich der elektrostatische Effekt stärker aus. Um die Konzentrationsabhängigkeit des Polyelektrolyteffekts zu untersuchen, wurden die oben beschriebenen Titrationen zusätzlich bei niedrigerer Basenkonzentration wiederum in 10 mL wässriger Lösung vorgenommen. In Abbildung 6.7 sind die Messergebnisse des Modellamins 65 und der Precursor 39 c und 47 c der Aminokonzentration cN = 2,0 ± 0,2 mmol/L und cN = 20 ± 2 mmol/L gemeinsam dargestellt. Zusätzlich ist die Titrationskurve des wasserlöslichen Monomers 38 c abgebildet, welches im Gegensatz zum Modellamin 65 zwei Aminofunktionen besitzt. 10 9 pH 8 7 6 5 4 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.7: pH-Wert von wässrigen Lösungen (10 mL) des Modellamins 65 (■ bzw. ▲), der Precursorpolymere 39 c (■ bzw. ▲) und 47 c (■ bzw. ▲) sowie des Monomers 38 c (■) der Aminokonzentrationen cN = 20 mmol/L (Quadrate) bzw. cN = 2 mmol/L (Dreiecke), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Verlauf des pH-Werts im Falle des Modellamins 65 zeigt erwartungsgemäß fast keine Abhängigkeit von der vorgelegten Basenkonzentration. Das Titrationsverhalten des Monomers 38 c mit zwei Aminofunktionen entspricht nicht dem einer zweisäurigen Base, d. h. es können keine zwei Pufferbereiche wie in Abbildung 5.5 (A) beobachtet werden. Vielmehr verhält sich das Monomer 38 c mit einem einzigen Pufferbereich identisch wie das Modellamin 65. Dies bedeutet, die beiden Aminofunktionen müssen als zwei voneinander getrennte Basensysteme betrachtet werden, die Protonierung des 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 108 ersten Amins beeinflusst die Protonierung des zweiten nicht. Eine gegenseitige Beeinflussung tritt also erst nach dem Verknüpfen der Monomere zu den Polymeren auf. Dies steht im Einklang mit Ergebnissen, die in der Literatur beschrieben sind: so wird von Häußling et al.191 während einer pH-Titration des Hexaamins 67 (Abbildung 6.8) die Beeinflussung der beiden tertiären Amine als Funktion ihres Abstands für x = 2, 3 und 4 untersucht. Hierbei wird berichtet, dass bereits für x = 4 die beiden Aminogruppen in der Titrationskurve nicht mehr unterscheidbar sind und somit maximal noch eine geringe Wechselwirkung vorliegen kann. Dies wird in theoretischen Untersuchungen von Borkovec192 bestätigt, der Wechselwirkungsparameter der aliphatischen Dibasen H2N-(CH2)x-NH2 in Abhängigkeit von der Anzahl der Methylengruppen bestimmte. H 2N NH2 N H 2N C H2 N x NH2 67 Abbildung 6.8: Von Häußling et al. 191 potentiometrisch untersuchtes Hexaamin 67 Im Falle der Polybasen 39 c und 47 c wird die erwartete Konzentrationsabhängigkeit des elektrostatischen Effekts bestätigt. Bei einer Aminokonzentration von cN = 2 mmol/L verhalten sich die Polybasen noch weniger basisch als bei cN = 20 mmol/L. Eine geringere Polyelektrolytkonzentration ist gleichbedeutend mit einer geringeren Ionenstärke der Lösung. Folglich sind die Ladungen weniger stark abgeschirmt und beeinflussen die Protonierung in stärkerem Maße. Die Erhöhung der Ionenstärke durch die Zugabe an Säure während der Titration hat keinerlei Einfluss auf die erhaltenen Messkurven. Dies konnte mittels zweier direkt aufeinander folgender Titrationen der Polybasen 39 c und 47 c bestätigt werden: zuerst erfolgte durch Titration mit 1 M Säure die Protonierung und anschließend durch Titration mit 1 M Natronlauge die Deprotonierung. Innerhalb der geschätzten Fehlergrenzen von ± 0,2 pH-Einheiten war keine Hysterese erkennbar. Um den diskutierten elektrostatischen Effekt insbesondere für die Polybasen separat quantifizieren zu können, wird aus den Titrationskurven (Abbildung 6.7) mit Hilfe der Gleichung (6.4) der sogenannte apparente pK-Wert (pKapp) als Funktion des Protonierungsgrads α berechnet. Dieser drückt die Basenstärke des Amins zu jedem Zeitpunkt der Titration aus. Gleichung (6.4) kann durch Umformen der Henderson- 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 109 Hasselbalch-Gleichung (5.30) erhalten werden und stellt eine Näherung für den Pufferbereich einer Titrationskurve dar. pK app = pH + lg α 1−α (6.4) Die auf diese Weise berechneten pKapp-Werte sind in Abbildung 6.9 in vergrößertem Maßstab gegen den Protonierungsgrad α aufgetragen. 7,5 pKapp 7,0 6,5 6,0 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.9: pKapp des Modellamins 65 (■ bzw. ▲), der Precursorpolymere 39 c (■ bzw. ▲) und 47 c (■ bzw. ▲), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α bei den Aminokonzentrationen cN = 20 mmol/L (Quadrate) bzw. cN = 2 mmol/L (Dreiecke). Die durchgezogenen Linien entsprechen einem Fit der Messpunkte durch eine Reihenentwicklung gemäß Gleichung (5.34). Erwartungsgemäß ist der apparente pK-Wert des Modellamins 65 bei einer Aminokonzentration von cN = 20 mmol/L mit pKapp = 7,5 nahezu über den kompletten Protonierungsbereich konstant und somit unabhängig von α. Eine Abweichung kann nur für α < 0,1 und α > 0,9 beobachtet werden, was bestätigt, dass die HendersonHasselbalch-Gleichung nur im Pufferbereich gültig ist. Aus diesem Grund beziehen sich alle weiteren Diskussionen ausschließlich auf den Bereich 0,1 < α < 0,9. Da der Pufferbereich bei einer Verringerung der Basenkonzentration kleiner wird, ergeben sich für die Konzentration cN = 2 mmol/L geringe Abweichungen von pKapp = 7,5. Da diese 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 110 im Bereich 0,1 < α < 0,9 weniger als 0,1 pK-Einheiten betragen, wird der daraus resultierende Fehler im Folgenden vernachlässigt. Das Sinken der pK-Werte der Polybasen 39 c und 47 c mit zunehmender Protonierung repräsentiert den steigenden elektrostatischen Effekt. So ergeben sich für den vollständig protonierten Precursor 39 c je nach Konzentration die apparenten pK-Werte pKapp = 6,9 bzw. pKapp = 6,3 sowie für 47 c pKapp = 6,2 bzw. pKapp = 5,9. Dies bedeutet eine Veränderung der Ionisationskonstanten KS im Verlauf der Protonierung über mehr als eine Zehnerpotenz. 6.3 Diskussion der Polybasen-Eigenschaften Das potentiometrische Verhalten von zahlreichen flexiblen polymeren Basen, wie z. B. Polyvinylamin158,177,180,193 oder Polyethylenimin159,194,195, von flexiblen polymeren Säuren, wie z. B. Polyacrylsäure149,196 und Polymethacrylsäure149,154,197 sowie von amphoteren Polymeren198 wurde in der Vergangenheit ausführlich untersucht und diskutiert. In diesen Fällen wird von einer Veränderung der Ionisationskonstanten KS im Laufe der Titration über zwei bis hin zu sechs Zehnerpotenzen und folglich von noch dominierenderen intramolekularen elektrostatischen Wechselwirkungen berichtet. Die in dieser Arbeit gefundene Verringerung von KS über weniger als zwei Zehnerpotenzen zeigt das Gelingen der angestrebten Synthese von kettensteifen Polyelektrolyten mit geringer Ladungsdichte. Da eine Fit der Messdaten der Polybasen 39 c und 47 c mit der erweiterten Henderson-Hasselbalch-Gleichung (5.30) nur für einen kleinen Bereich um α = 0,5 gelingt, wurde stattdessen der Verlauf der apparenten Ionisationskonstante pKapp zwischen 0,1 < α < 0,9 mit der von Mandel152 vorgeschlagenen Reihenentwicklung (Gleichung (5.34)) angenähert. In Abbildung 6.9 sind die entsprechenden Fitfunktionen mit den in Tabelle 6.1 aufgelisteten drei Parametern pK0, ϕ1 und ϕ2 als durchgezogene Linien dargestellt. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 111 Tabelle 6.1: Parametersätze der Reihenentwicklung pKapp = pK0 + ϕ1·α + ϕ2·α2 Polybase cN pK0 ϕ1 ϕ2 39 c 20 mmol/L 7,28 -0,32 -0,14 39 c 2 mmol/L 7,11 -1,00 0,18 47 c 20 mmol/L 7,31 -1,88 0,76 47 c 2 mmol/L 7,33 -2,68 1,11 Der angepasste Parameter pK0 liegt bei allen Titrationen im Bereich 7,33 > pK0 > 7,11 und somit sehr dicht an dem pK-Wert des Modellamins 65 (pK = 7,5). Im Rahmen der Messgenauigkeit kann pK0 analog zu den Untersuchungen von Mandel152 (Polyacrylsäure) und Fenyo et al.199 (teilhydrolysiertes Polyacrylamid) als intrinsische Ionisationskonstante des ungeladenen Polymers interpretiert werden. Für die Konstante ϕ1 ergibt sich bei allen Messkurven ein negativer Wert. Dies repräsentiert die Erniedrigung von pKapp bei zunehmender Protonierung der Polybase und wurde auch von van Treslong148 bei der Untersuchung der Polybasen Polyvinylamin und Polyethylenimin festgestellt. Innerhalb der vier tabellierten Parametersätze steigt der Betrag von ϕ1 sowohl bei geringerer Konzentration der Polybase und somit geringerer Ionenstärke der Lösung als auch bei dichterer Anordnung der ionisierbaren Gruppen. Damit wird die in der Literatur152 beschriebene Abhängigkeit der Konstante ϕ1 von der Stärke der elektrostatischen Wechselwirkung der Ladungen auf der Kette bestätigt. Qualitativ gleicht die Form der gemessenen Titrationskurven von 39 c und 47 c (Abbildung 6.6 und Abbildung 6.7) der in Abbildung 5.7 (b) dargestellten Titrationskurve, die mit dem „mean-field“-Ansatz berechnet wurde. Die Messkurven unterscheiden sich von der Titrationskurve einer monosäurigen Base ohne intramolekulare elektrostatische Wechselwirkungen ausschließlich durch eine etwas schlechtere Pufferwirkung verbunden mit einer breiteren Protonierungsstufe. Es gibt aufgrund der hier durchgeführten Messungen keinerlei Hinweise auf den Einfluss von Wechselwirkungen der „nächsten Nachbarn“. Dies würde sich, wie in Abbildung 5.7 (c) dargestellt, in einem zusätzlichen Äquivalenzpunkt bei α = 0,5 zeigen. In der Literatur wird dieses Phänomen ausschließlich bei flexiblen Polybasen und Polysäuren mit einer sehr hohen Dichte ionisierbarer Gruppen beschrieben, wie z. B. Polyvinylamin158,180,200 und Polyethylenimin159,200 bzw. Polyfumarsäure201 sowie Polymaleinsäure202. Hierbei führen starke elektrostatische Wechselwirkungen oder Wasserstoffbrückenbindungen zu 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 112 einer enthalpischen Begünstigung des Protonierungsgrads α = 0,5, bei dem die ionisierbaren Gruppen alternierend protoniert und deprotoniert vorliegen. Problematisch beim Vergleich der Ergebnisse von pH-Titrationen mit theoretischen Modellen ist stets die Vielzahl von Einflüssen auf die Messungen. Während die elektrostatischen Wechselwirkungen der Ladungen auf der Polymerkette mit den im Theorieteil diskutierten Modellen und Computersimulationen relativ gut zu beschreiben sind und die Stäbchenkonformation intrinsisch vorgegeben ist, konnten die komplexen Wechselwirkungen zwischen Polyionen, Lösungsmittelmolekülen und kondensierten Gegenionen bisher noch nicht eindeutig separiert werden203. So führt beispielsweise die Hydratation von geladenen Gruppen in ihrer direkten Umgebung zu einer Erniedrigung der Dielektrizitätskonstante Neubildung oder Bruch des von Lösungsmittels203,161. Weiterhin Wasserstoffbrückenbindungen die beeinflussen Stärke der Wechselwirkungen. Auch der Einfluss des Polymerisationsgrads wird bis heute sehr kontrovers diskutiert. In den meisten theoretischen Modellen gilt das Titrationsverhalten als unabhängig von der Kettenlänge, in Untersuchungen mittels Computersimulationen wurden hingegen deutliche Abhängigkeiten gefunden204. Diese resultieren unter anderem aus einer ungleichmäßigen Ladungsverteilung auf dem Polymer: Am Kettenende wird eine höhere Ladungsdichte vorhergesagt als im mittleren Teil der Kette205. Anhand der gemessenen pH-Titrationskurven können aus diesem Grund noch keine eindeutigen Aussagen zur Gegenionenkondensation getroffen werden. Dies sollte mit Hilfe der in Kapitel 6.4 beschriebenen Methode zur separaten Bestimmung der Gegenionenkondensation gelingen. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6.4 113 Untersuchung der Gegenionenaktivität mittels einer ionenselektiven Bromid-Elektrode 6.4.1 Gegenionenkondensation an den schwachen PPP-Polyelektrolyten 39 c und 47 c Die angestrebte Untersuchung der Gegenionenkondensation als Funktion der Ladungsdichte der kettensteifen schwachen Polyelektrolyte 39 c und 47 c sollte unter Verwendung der Daten aus den pH-Titrationen möglich sein: Der Protonierungsgrad α als Funktion des pH-Werts ist bekannt und kann bei angenommener statistischer Ladungsverteilung direkt mit der Ladungsdichte korreliert werden. Eine Methode zur Bestimmung der Aktivität von mobilen Gegenionen stellt die Potentiometrie mit Hilfe einer ionenselektiven Elektrode dar. Das elektrochemische Potential zwischen einer ionenselektiven Elektrode und einer geeigneten Referenzelektrode ist ein Maß für die Aktivität der mobilen Gegenionen (Gleichung 5.38). In dieser Arbeit wurde eine Einstabmesskette verwendet, die aus einer ionenselektiven Bromid-Elektrode und einer Ag/AgCl-Referenzelektrode aufgebaut war. Es wurden Protonierungsexperimente durchgeführt, die den schon in Kapitel 6.2 beschriebenen pH-Titrationen entsprachen. Dazu wurden 10 mL einer wässrigen Stammlösung des Modellamins 65 oder des Precursors 39 c (cN ≈ 20 mmol/L) mit 50 µL 1 N NaOH versetzt und schrittweise mit einem automatischen Dosimeter in einem zeitlichen Abstand von jeweils zwei Minuten 1 N HBr zugegeben. Zuerst wurde der Verlauf des pH-Werts mittels einer pH-Glaselektrode aufgezeichnet. Durch Kalibrierung auf die beiden Wendepunkte bei α = 0 und α = 1 konnte das zudosierte Volumen an Säure mit dem Protonierungsgrad α korreliert und die genaue Konzentration cN bestimmt werden. Dabei wurde bei jedem Experiment festgestellt, dass die Verwendung von HBr statt HCl innerhalb der Fehlertoleranz von 0,2 pHEinheiten keinen Einfluss auf die Titrationskurve hatte. Anschließend wurden 10 mL der ursprünglichen Stammlösung der gleichen Prozedur unterzogen, wobei nun bei bekanntem Verlauf des Protonierungsgrads α mit Hilfe einer ionenselektiven BromidElektrode die Aktivität der Bromid-Gegenionen als Funktion des Protonierungszustands bestimmt wurde. Während der Titration wurde die gemessene Potentialdifferenz zwischen der Bromid- und der Referenzelektrode durchgehend mit einem Computer erfasst. Der Verlauf der Potentialdifferenz mit zunehmendem Protonierungsgrad α ist 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 114 für den Fall des Modellamins 65 in Abbildung 6.10 dargestellt. Bei der Berechnung der Bromidionenkonzentration cBr- wurde die Volumenzunahme im Verlauf der Titration berücksichtigt. -230 -220 -210 E [mV] -200 -190 -180 α=0 α>0 -170 Linearer Fit y = -54,7 * log x - 319,8 -160 -150 10 -3 3x10 -3 10 -2 3x10 -2 cBr [mol/L] _ Abbildung 6.10: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung des Modellamins 65 (cN = 20 mmol/L) während der Titration mit HBr, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen cBr- Die schwarzen Messpunkte repräsentieren die Neutralisation der zu Beginn zugegebenen Natronlauge, während die roten Messpunkte die zunehmende Protonierung des Modellamins 65 von α = 0 bis α = 1 darstellen. Die gemessene Potentialdifferenz verhält sich gemäß Gleichung (5.39) über den kompletten Messbereich linear zum Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Die geringe Abweichung von dieser Geraden kann mit dem Einfluss der pH-Wertänderung während der Titration begründet werden. Die kaum erkennbaren Wendepunkte in Abbildung 6.10 bei α = 0 und α = 1 stimmen mit den Wendepunkten des s-förmigen Verlaufs des pH-Werts überein. Diese geringe Abweichung (maximale Abweichung < 0,5 %) beweist die gute Selektivität der Elektrode bezüglich Bromidionen. Der daraus resultierende Fehler wird in den folgenden Auswertungen deshalb nicht berücksichtigt. Nach der vollständigen Protonierung wurde das Modellamin 65 durch Zugabe einer äquivalenten Menge an 1 N NaOH deprotoniert. Diese Deprotonierung hatte, wie 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 115 erwartet, keinen Einfluss auf die Aktivität der Gegenionen, die gemessene Spannung blieb im gesamten Verlauf der NaOH-Zugabe konstant. In Abbildung 6.11 ist der Potentialverlauf dargestellt, der sich bei Protonierung des Precursors 39 c unter ansonsten gleichen Bedingungen ergibt. -220 -215 -230 -220 -210 -205 -210 -200 E [mV] -200 10 -2 2x10 -2 -190 -180 α=0 HBr-Titration (α > 0) NaOH-Titration (α > 0) Linearer Fit y = -52,9 * log x - 309,6 -170 -160 -150 10 -3 3x10 -3 10 -2 3x10 -2 cBr [mol/L] _ Abbildung 6.11: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung der Polybase 39 c (cN = 17 mmol/L) während der Titration mit HBr, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen cBr-. Das Inset zeigt eine Vergrößerung für den Bereich cBr- > 10-2 mol/L . Die schwarzen Messpunkte symbolisieren wiederum den Bereich der Neutralisation der anfangs zugesetzten Menge an Natronlauge. Erst im Verlauf der roten Messpunkte setzt die Protonierung des Precursors 39 c ein. Hierbei ist eine deutliche Abweichung vom linearen Verhalten festzustellen. Dies ist eine direkte Konsequenz der Gegenionenkondensation: Einige Bromidionen kondensieren am Polyelektrolyt und tragen nicht mehr zum gemessenen Potential bei. Die Gegenionenkondensation wird mit steigendem Protonierungsgrad und damit steigender Ladungsdichte immer größer. Folglich weicht die rote Messkurve immer stärker vom linearen Verlauf ab. Ab einer 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 116 Bromidkonzentration von cBr- = 2·10-2 mol/L ist der Protonierungsgrad α = 1 erreicht; eine weitere HBr-Zugabe erhöht die Ladungsdichte des Polyelektrolyts nicht weiter. Aus diesem Grund kann für cBr- > 2·10-2 mol/L im vergrößerten Bereich von Abbildung 6.11 erneut lineares Verhalten (rote Gerade) beobachtet werden. Nach der vollständigen Protonierung wurde der Precursor 39 c durch schrittweise Zugabe von 1 N Natronlauge deprotoniert. Im Gegensatz zur Deprotonierung des Modellamins 65 ist hierbei ein Einfluss auf die Aktivität der Gegenionen deutlich messbar: Die blauen Messpunkte in Abbildung 6.11 zeigen eine ansteigende Potentialdifferenz bei fortlaufender Deprotonierung bis zum Erreichen der schwarzen Regressionsgeraden. Die tatsächliche Bromidionenkonzentration cBr- bleibt während der Deprotonierung nahezu konstant, sie erniedrigt sich lediglich durch die geringe Volumenzunahme. In Abbildung 6.12 ist der Verlauf der Potentialdifferenz als Funktion der NaOH-Zugabe vergrößert dargestellt. α 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 -0,2 -0,4 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 -222 -220 E [mV] -218 -216 -214 -212 Zugabe von NaOH [eq] Abbildung 6.12: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode einer wässrigen Lösung der vollständig protonierten Polybase 39 c (cN = 17 mmol/L) während der Titration mit Natronlauge, aufgetragen gegen die hinzugefügten Äquivalente [eq] Natronlauge. Die ansteigende Potentialdifferenz bis zur zugegebenen Menge von einem Äquivalent Natronlauge spiegelt die geringere Gegenionenkondensation bei Herabsetzung der 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 117 Ladungsdichte des Polyelektrolyts wider. Die im Falle der vollständig protonierten Polybase kondensierten Bromidionen werden zunehmend frei und tragen ab α = 0 wieder vollständig zum messbaren Potential bei. Eine weitere Zugabe über 1,0 eq Natronlauge bewirkt erwartungsgemäß keine Änderung der gemessenen Spannung mehr. Um quantitative Aussagen zur Gegenionenkondensation treffen zu können, muss eine Kalibration der gemessenen Potentialdifferenz mit der Konzentration der Bromidionen vorgenommen werden. Durch die beschriebene Methode ist eine interne Kalibration der Messwerte sehr gut möglich. Das lineare Verhalten der schwarzen Messpunkte aus Abbildung 6.11 inklusive der nach der vollständigen Deprotonierung ermittelten Spannung E = -221 mV zeigt das „ordnungsgemäße“ Arbeiten im linearen Bereich der Elektrode während der kompletten Messzeit. Die lineare Regression durch diese Punkte diente in den folgenden Auswertungen als interne Kalibration, mit der zu jeder gemessenen Spannung E die sogenannte apparente Bromidkonzentration capp berechnet wurde. Aus dem horizontalen Abstand jedes Messpunkts von der Regressionsgeraden (cBr- – capp) konnte die Konzentration der kondensierten Gegenionen direkt bestimmt werden. Der Quotient capp/cBr- entspricht gemäß Gleichung 5.41 dem Aktivitätskoeffizienten der Bromidionen γ*Br-, der, wie der osmotische Koeffizient, den Anteil an nicht kondensierten Gegenionen darstellt. Er ist in Abbildung 6.13 sowohl für die HBrals auch für die NaOH-Titration gegen den Protonierungsgrad α aufgetragen. Dass eine externe Kalibration gegen eine niedermolekulare Salzlösung bekannter Bromidkonzentration im Gegensatz zur internen Kalibration sehr fehlerbehaftet sein kann, wird durch Vergleich der Geradengleichung aus Abbildung 6.11 mit der Geradengleichung aus Abbildung 6.10 deutlich. Bei vollständiger Protonierung des Precursors 39 c, die bei einer tatsächlichen Bromidkonzentration von cBr- ≈ 2,0·10-2 mol/L erreicht ist, wurde z. B. eine Potentialdifferenz von E = -210 mV gemessen (Abbildung 6.11). Diese entspricht laut interner Kalibration einer apparenten Bromidkonzentration von capp = 1,3·10-2 mol/L. Im Modellamin-Experiment hingegen ergibt sich für die gleiche Potentialdifferenz eine apparente Bromidkonzentration von capp = 1,0·10-2 mol/L. Damit ergeben sich aus der internen Kalibration 65 % und aus der externen Kalibration 50 % freie, messbare Bromidionen. Diese große Differenz bestätigt die in der Literatur veröffentlichten Vorbehalte1,175 gegenüber auf diese Weise durchgeführten externen Kalibrationen. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 118 1,0 HBr-Titration NaOH-Titration 0,9 γ*Br - 0,8 0,7 0,6 0,5 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.13: Aktivitätskoeffizient der Bromidionen γ*Br-, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Anteil freier, nicht kondensierter Bromidionen sinkt im Verlauf der Säurezugabe zwischen α = 0 und α = 1 von γ*Br- ≈ 1 bis γ*Br- ≈ 0,65 ab und bleibt bei Zugabe von HBr über α = 1 hinaus nahezu konstant. Dies bedeutet, dass bei der mit Precursor 39 c maximal erreichbaren Ladungsdichte etwa 35 % der insgesamt vorhandenen Bromidionen am Polyelektrolyt kondensiert sind. Bei der anschließenden Titration mit NaOH werden die Gegenionen sukzessive wieder frei, wobei γ*Br- während der Rücktitration deutlich größer ist als während der HBr-Titration. Die Differenz ∆γ*Brzwischen Hin- und Rücktitration von bis zu ∆γ*Br- = 0,1 kann mit dem Vorhandensein unterschiedlicher Konzentrationen an Natriumbromid zum jeweiligen Zeitpunkt erklärt werden. Während der gesamten HBr-Zugabe ist eine konstante Stoffmenge Natriumbromid vorhanden, die durch Neutralisation der anfangs zugesetzten Natronlauge entstand. Im Verlauf der Deprotonierung entsteht für jedes zugesetzte Äquivalent Natronlauge eine entsprechende zusätzliche Menge an Natriumbromid. Diese nicht konstante Fremdsalzkonzentration von Natriumbromid muss bei der Interpretation der Gegenionenkondensation berücksichtigt werden. Sowohl bei osmometrischen Untersuchungen1,3,55,143,206,207 als auch bei potentiometrischen Aktivitätsuntersuchungen172,208,209,210,211 von synthetischen und natürlichen Polyelektrolyten wurde in der Literatur oftmals die Gültigkeit einer einfachen „Additivitätsregel“ bestätigt. Danach ist der osmotische Druck einer Polyelektrolyt- 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 119 Salz-Lösung gegeben durch die Summe aus dem osmotischen Druck des Polyelektrolyts inklusive seiner Gegenionen und dem osmotischen Druck des niedermolekularen Salzes (Gleichung 5.16). Dies gilt analog auch für die Aktivität der Bromidionen (Gleichung 5.17 und 5.41), d. h. der Aktivitätskoeffizient γ*Br- aller Bromidionen kann aufgeteilt werden in den Aktivitätskoeffizienten γP der Gegenionen des Polyelektrolyts und in den Aktivitätskoeffizienten γNaBr (≈ 1) der Bromidionen des Fremdsalzes. Damit gilt für den Anteil nicht kondensierter Bromidionen γ*Br-: γ * Br = − c app c Br − ≈ a Br − c Br − = α ⋅ c N ⋅ γ P + c NaBr ⋅ γ NaBr α ⋅ c N + c NaBr (6.5) Bei erneuter Betrachtung des vergrößerten Bereichs von Abbildung 6.11 wird auch durch die hier beschriebenen Experimente die Gültigkeit der Additivitätsregel bestätigt. Bei HBr-Zugabe über α = 1 hinaus bleibt die Aktivität der Gegenionen α·cN·γP konstant und für die Gesamtaktivität der Bromidionen aBr- ergibt sich aBr- = const. + cHBr · γHBr. Da γHBr = γNaBr ergibt sich für das Potential E bei cBr- > 2·10-2 mol/L eine Gerade (rote Linie) mit einer annähernd gleichen Steigung wie die interne Kalibrationsgerade (schwarze Linie). Der aus Gleichung (6.5) separierbare Aktivitätskoeffizient γP der Gegenionen des Polyelektrolyts wurde für alle Messpunkte berechnet, indem die zu jedem Zeitpunkt der Titration bekannte Fremdsalzkonzentration cNaBr und die experimentell bestimmten Aktivitätskoeffizienten γ*Br- sowie der Aktivitätskoeffizient γNaBr = 1 eingesetzt wurden. In Abbildung 6.14 ist der Protonierungsgrad α aufgetragen. berechnete Aktivitätskoeffizient γP gegen den 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 120 HBr-Titration NaOH-Titration 1,0 0,9 γP 0,8 0,7 0,6 0,5 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.14: Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γP des Polyelektrolyts 39 c, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Der Verlauf von γP spiegelt den vom Einfluss des Fremdsalzes „bereinigten“ Aktivitätskoeffizienten wider und lässt sich damit direkt mit osmotischen Koeffizienten, bestimmt aus fremdsalzfreien Systemen, vergleichen. Der Aktivitätskoeffizient γP sinkt mit zunehmender Protonierung zwischen 0,3 < α < 1 von γP = 0,80 bis γP = 0,61. Die Werte für γP der HBr- und NaOH-Titration entsprechen sich in diesem Bereich sehr gut, die Differenz beträgt maximal ∆γP = 0,03. Bei Protonierungsgraden von α < 0,2 wird der Betrag α·cN in Zähler und Nenner der Gleichung (6.5) sehr klein und folglich der relative Messfehler sehr groß. Die Messwerte weichen aus diesem Grund erheblich vom erwarteten idealen Verhalten der Gegenionen (γP = 1) für einen Protonierungsgrad α → 0 und somit einer Ladungsdichte ξ → 0 ab. Mit den Aktivitätskoeffizienten γP aus Abbildung 6.14 kann die effektive Ladung i pro Aminofunktion für jeden Protonierungszustand berechnet werden: i = α · γP. Sie bezieht sich genauso wie γP auf ein fremdsalzfreies System. In Abbildung 6.15 ist die effektive Ladung i gegen den Protonierungsgrad α für die HBr- und die NaOH-Titration aufgetragen. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 1,0 121 HBr-Titration NaOH-Titration 0,8 i 0,6 0,4 0,2 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.15: Effektive Ladung i pro Aminofunktion der Polybase 39 c, aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α Die Berechnung der effektiven Ladungen i aus Hin- und Rücktitration führen zu identischen Ergebnissen. Die Abweichung von der Diagonalen verdeutlicht die Herabsetzung der effektiven Ladung durch die Kondensation der zu den Polykationen entgegengesetzt geladenen Bromidionen. Durch identisch geführte Titrationsexperimente mit der Polybase 47 c wurden auf die oben beschriebene Weise die Aktivitätskoeffizienten γP und die effektiven Ladungen i als Funktion von α bei dichterer Anordnung der Aminofunktionen an der Polymerkette ermittelt. In Abbildung 6.16 und Abbildung 6.17 sind die aus Hin- und Rücktitration berechneten Mittelwerte von γP und i der Polybasen 39 c und 47 c gemeinsam dargestellt. Erwartungsgemäß kondensiert im Fall der strukturell vorgegebenen höheren Ladungsdichte des Polyelektrolyts 47 c eine größere Anzahl an Gegenionen: So sinkt der Aktivitätskoeffizient bei vollständiger Protonierung bis auf γP = 0,49 ab und die effektive Ladung überschreitet den Wert i = 0,49 nicht. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 122 1,0 0,9 γP 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,0 0,2 0,4 α 0,6 0,8 1,0 Abbildung 6.16: Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γP des Polyelektrolyts 39 c (■) und 47 c (■), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α 1,0 0,8 i 0,6 0,4 0,2 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 α Abbildung 6.17: Effektive Ladung i pro Aminofunktion des Polyelektrolyts 39 c (■) und 47 c (■), aufgetragen gegen den Protonierungsgrad α 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 123 6.4.2 Gegenionenkondensation an dem starken PPP-Polyelektrolyten 42 c Um die Lösungseigenschaften der schwachen PPP-Polyelektrolyte 39 c und 47 c mit denen starker PPP-Polyelektrolyte vergleichen zu können, wurde zusätzlich die Gegenionenkondensation des Polyelektrolyts 42 c untersucht. Da dieser direkt aus der Polybase 39 c durch polymeranaloge Quaternisierung dargestellt wurde, unterscheidet er sich strukturell von der schon untersuchten vollständig protonierten Polybase 39 c nur durch eine zusätzliche Propylgruppe an jeder Ammoniumgruppe. Um sicherzugehen, dass der quaternisierte Polyelektrolyt 42 c bei der Messung keinerlei Spuren von niedermolekularen Verunreinigungen enthielt, wurde dieser vor der Messung durch Ultrafiltration gereinigt. Dazu wurden 200 mg des Polyelektrolyts 42 c mit jeweils 9,5 L Wasser in einer Ultrafiltrationszelle zuerst über eine Membran mit einer Ausschlussgrenze von 3000 g/mol und anschließend über eine Membran mit einem Ausschlussgrenze von 5000 g/mol bei einem Wasserdruck von 1 bar gereinigt. Beide Membranen bestanden aus regenerierter Cellulose. Mit Hilfe der schon beschriebenen ionenselektiven Elektrode wurde die Aktivität der Bromidionen in wässrigen Lösungen des Polyelektrolyts 42 c unterschiedlicher Konzentrationen bestimmt. Dazu wurden 3 mL Wasser mit einem automatischen Dosimeter in 50 µL-Schritten zuerst mit 0,75 mL einer Natriumbromid-Lösung (cNaBr = 3,32 mmol/L) und anschließend mit 4,9 mL einer Lösung des gereinigten Polyelektrolyts 42 c (cN = 32,0 mmol/L) versetzt. Das Zudosieren erfolgte jeweils im Abstand von zwei Minuten. Die während des kompletten Zeitraums gemessene Potentialdifferenz zwischen Bromid- und Referenzelektrode wurde mit einem Computer erfasst. In Abbildung 6.18 ist die Potentialdifferenz gegen die tatsächlich in der Lösung vorliegende Bromidionenkonzentration cBr- aufgetragen. Bei der Berechnung von cBrwurde die Volumenzunahme berücksichtigt. Die schwarzen Messpunkte repräsentieren die Zugabe der Natriumbromid-Lösung, während die roten Messpunkte die Zugabe der Polyelektrolytlösung darstellen. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 124 -200 -180 E [mV] -160 -140 NaBr-Titration Polyelektrolyt-Titration Linearer Fit y = -51,8 * log x - 311,9 -120 -100 -80 10 -4 10 -3 10 -2 3x10 -2 cBr [mol/L] _ Abbildung 6.18: Gemessene Potentialdifferenz E zwischen Bromid- und Referenzelektrode während der Zugabe von 0,75 mL einer Natriumbromidlösung (cNaBr = 3,32 mmol/L) und 4,9 mL einer Lösung des Polyelektrolyts 42 c (cN = 32,0 mmol/L) zu 3 mL Wasser, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen cBr- Die gemessene Potentialdifferenz während der Zugabe der Natriumbromid-Lösung verhält sich gemäß Gleichung (5.39) wiederum linear zum Logarithmus der Bromidionenkonzentration. Diese Linearität konnte in Kontrollexperimenten mit Natriumbromidkonzentrationen bis über cBr- = 3·10-2 mol/L hinaus nachgewiesen werden. Analog zu Abbildung 6.11 ist, beginnend mit der Zugabe des Polyelektrolyts 42 c, die Aktivität der zugegebenen Bromidionen durch die Gegenionenkondensation reduziert und die roten Messpunkte weichen vom linearen Verlauf ab. Mit der entwickelten Methode der internen Kalibration (vgl. Kapitel 6.4.1) wurde zu jeder gemessenen Spannung E aus der linearen Regression durch die schwarzen Messpunkte die apparente Bromidkonzentration capp und der Aktivitätskoeffizient γ*Br- = capp/cBr- berechnet. Da bereits bewiesen wurde, dass sich die Aktivitäten der Bromidionen des Natriumbromids und der Bromidgegenionen des Polyelektrolyts additiv verhalten, konnte der Aktivitätskoeffizient γP wiederum aus Gleichung (6.5) separiert und für jeden Messpunkt berechnet werden. Der in Gleichung (6.5) enthaltene Protonierungsgrad α ist im Falle des vorliegenden starken Polyelektrolyts 42 c als Quaternisierungsgrad und damit als konstant zu betrachten. Gemäß den Ergebnissen aus den 1H-NMR-spektroskopischen Untersuchungen wurde hierfür ein Quaternisierungs- 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 125 grad von α’ = 0,8 eingesetzt. In Abbildung 6.19 sind die Aktivitätskoeffizienten γ*Brund γP als Funktion der Bromidionenkonzentration cBr- dargestellt. 1,0 γ*Br - 0,9 0,8 0,7 γ*Br (NaBr-Titration) - γ*Br (Polyelektrolyt-Titration) - γP 0,6 0,5 γP (Polyelektrolyt) 0,4 0 5x10-4 0,005 0,010 0,015 cBr [mol/L] _ Abbildung 6.19: Aktivitätskoeffizient der Bromidionen γ*Br- und Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γP des Polyelektrolyts 42 c, aufgetragen gegen die Konzentration an Bromidionen cBr- Die erhaltenen Aktivitätskoeffizienten γ*Br- = 1 während der gesamten NatriumbromidZugabe bestätigen die hohe Genauigkeit der internen Kalibration. Die Abweichung von der Horizontalen bei sehr geringen Konzentrationen (cBr- < 2·10-4 mol/L) zeigt die untere Grenze des linearen Arbeitsbereichs der Messkette. Im Verlauf der Polyelektrolyt-Zugabe sinkt der Aktivitätskoeffizient von γ*Br- = 1 bis γ*Br- = 0,53. Die steigende Polyelektrolytkonzentration führt zu einer wachsenden Konzentration kondensierter Bromidionen, was einem abnehmenden Anteil freier Bromidionen gleichzusetzen ist. Der von Fremdsalz bereinigte Aktivitätskoeffizient der Gegenionen γP erweist sich über den kompletten Konzentrationsbereich mit γP = 0,52 als konstant. Die mit der Erhöhung der Konzentration einhergehende Erhöhung der Ionenstärke wirkt sich also in dem hier untersuchten Konzentrationsbereich noch nicht auf die Gegenionenkondensation aus. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 6.5 126 Diskussion der gemessenen Gegenionenaktivitäten 6.5.1 Fehlerdiskussion Bei der Bestimmung von Aktivitäten mittels ionenselektiver Elektroden liegt die am schwierigsten abschätzbare Fehlerquelle im experimentell nicht zugänglichen Diffusionspotential Ed aus der Nernstschen Gleichung (5.38)1,175,176: Es ist prinzipiell nicht bekannt, inwieweit Wechselwirkungen der hochgeladenen Polyionen mit der Elektrode sowie sich ändernde Diffusionspotentiale zu Messfehlern führen. Da jedoch bei sämtlichen hier 1,3,55,143,206,207 osmometrischen durchgeführten und Messungen potentiometrischen die in Untersuchungen früheren 172-174,208-211 gefundene Additivitätsregel bestätigt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Fehler durch Verwendung der entwickelten internen Kalibration vernachlässigbar klein ist. So kann weder im Falle der Polybasen 47 c und 39 c ein signifikanter Unterschied des Aktivitätskoeffizienten γP zwischen HBr- und NaOH-Titration gefunden werden, noch verändert sich γP des quaternisierten Polyelektrolyts 42 c bei steigender Konzentration. Eine weitere Fehlerquelle liegt in der Konzentrationsbestimmung der untersuchten Polyelektrolyte. Während bei den Untersuchungen der Polybasen 47 c und 39 c die Konzentration cN der Lösung durch vorherige pH-Titration genau bestimmt werden konnte, wurde die Konzentration der quaternisierten Polyelektrolytlösungen 42 c gravimetrisch bestimmt. Durch intensive Reinigung von 42 c durch Ultrafiltration konnte hierbei jedoch der aus Verunreinigungen resultierende Einwaagefehler minimiert werden. Zusammengefasst lässt sich für die Aktivitätskoeffizienten γP des Polyelektrolyts 42 c und der vollständig protonierten Polybasen 47 c und 39 c ein Fehlerbereich von ± 0,1 abschätzen. Bei sehr geringer Protonierung von 47 c und 39 c kann dieser Fehler überschritten werden. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 127 6.5.2 Vergleich mit Theorie und Literatur Die stäbchenförmigen, schwachen PPP-Polyelektrolyte 47 c und 39 c sowie der stäbchenförmige, starke PPP-Polyelektrolyt 42 c waren Gegenstand der beschriebenen potentiometrischen Untersuchungen. Um die hier erhaltenen Ergebnisse quantitativ interpretieren zu können und dabei strukturelle Parameter der Polyelektrolyte zu berücksichtigen, wurde mit einem Computerprogramm versucht, eine wahrscheinliche Kettenkonformation von 47 c, 39 c und 42 c zu ermitteln. Hierbei wurde das Programm TINKER 4.1 verwendet, das auf einer empirischen Kraftfeldberechnung (molecular mechanics) beruht. Die dreidimensionalen Strukturen wurden durch Energieminimierung intramolekularer Wechselwirkungen ohne die Betrachtung von Gegenionen, Lösungsmitteleffekten oder intermolekularer Wechselwirkungen erhalten und können aus diesem Grund nur als Anhaltspunkt für die tatsächliche Struktur in wässriger Lösung betrachtet werden. Die dafür benötigten atomaren Parameter wurde aus dem MM3-Basissatz212 entnommen. Die graphische Darstellung der Ergebnisse erfolgte mit dem Programm RasMol 2.7.2.1. In Abbildung 6.20 ist exemplarisch ein zum vollständig protonierten oder quaternisierten Polymer 47 c analoger PPP-Polyelektrolyt mit 40 verknüpften Phenyleneinheiten und zwei Bromidendgruppen aus zwei verschiedenen Blickrichtungen gezeigt. Zur Vereinfachung sind die Stickstoffatome jeweils mit drei Methylgruppen substituiert. Der obere Teil der Abbildung repräsentiert den Blick entlang der gesamten Poly(p-phenylen)-Hauptkette, während im unteren Teil der Blick senkrecht dazu, auf einen Ausschnitt der Polymerkette inklusive einer Endgruppe (links), zu sehen ist. Die geladenen Ammonium-Funktionalitäten sind durch blaue Kugeln visualisiert, während die Kohlenstoff- und Wasserstoffatome grau, die Sauerstoffatome rot sowie das Bromatom grün dargestellt sind. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 128 26 Å 4,4 Å Abbildung 6.20: Mögliche Kettenkonformation des vollständig protonierten oder quaternisierten Polymers 47 c bestehend aus 40 Phenyleneinheiten (oben: Blick entlang der gesamten PPPHauptkette, unten: Blick senkrecht auf einen Teil der PPP-Hauptkette mit Bromidendgruppe (links), Stickstoff: blau, Kohlenstoff und Wasserstoff: grau, Sauerstoff: rot, Brom: grün) In Abbildung 6.20 ist deutlich die für Poly(p-phenylen)-Derivate erwartete zylinderförmige Struktur erkennbar, wobei das Polymerrückgrat ein geringes Maß an Flexibilität zeigt. Dies steht in qualitativer Übereinstimmung mit Kristallstrukturuntersuchungen von unsubstituierten Oligo(p-phenylen)en213 sowie mit viskosimetrischen111,214 und molekulardynamischen215 Untersuchungen von PPP-Derivaten mit flexiblen Seitenketten. Zusätzlich entspricht Abbildung 6.20 der Vorstellung, dass die Konformation weitgehend Ammonium-Gruppen durch bestimmt ist. eine Die Abstandsmaximierung hochflexiblen der geladenen Triethylenoxid-Spacer ermöglichen hierbei eine relativ gleichmäßige Verteilung der Ladungen auf einem Zylindermantel, was insbesondere bei Betrachtung des oberen Teilbildes deutlich wird. Im unteren Teilbild kann durch den relativ klein gewählten Ausschnitt der PPPHauptkette von nur 14 Phenyleneinheiten besonders der Einfluss des Kettenendes 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 129 beobachtet werden: Im Sinne der Maximierung des Abstands weisen die AmmoniumFunktionalitäten nach links in Richtung Kettenende. Aus den Kettenkonformationen konnten schließlich die folgenden strukturellen Parameter der untersuchten PPP-Polyelektrolyte 47 c, 39 c und 42 c bestimmt werden: Der mittlere Abstand der Ladungen von der Zylinderachse beträgt aP ≈ 13 Å (vgl. Kapitel 5.1.1) und die Länge der Wiederholungseinheit beträgt 4,4 Å bei 47 c (vgl. Abbildung 6.20) bzw. 8,5 Å bei 39 c und 42 c. Durch Division der Länge einer Wiederholungseinheit durch die mittlere Anzahl der Ladungen pro Wiederholungseinheit (2 · α) bzw. (2 · α’) konnte der mittlere Abstand zwischen den auf die Zylinderachse projizierten Ladungen bP (vgl. Kapitel 5.1.2) in Abhängigkeit ihres Protonierungs- bzw. Quaternisierungsgrads ermittelt werden. Aus der Bjerrum-Länge lB (lB = 7,15 Å bei 25 °C in Wasser216) und bP ließ sich letztlich gemäß Gleichung (5.4) der Ladungsparameter ξ bestimmen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6.2 zusätzlich mit den in der Literatur55 veröffentlichten Parametern von PPP-Polyelektrolyt 21 aufgeführt. Tabelle 6.2: Strukturelle Parameter aP, bP und ξ der hier untersuchten PPP-Polyelektrolyte 47 c, 39 c und 42 c als Funktion des Protonierungs- bzw. Quaternisierungsgrads bei einer Messtemperatur von 25 °C, sowie des literaturbekannten55 PPP-Polyelektrolyts 21 bei einer Messtemperatur von 40 °C Aus Tabelle Polyelektrolyt aP [Å] bP [Å] ξ 47 c (0 < α ≤ 1) 13 2,2 · α –1 3,25 · α 39 c (0 < α ≤ 1) 13 4,25 · α -1 1,68 · α 42 c (α’ = 0,8) 13 5,31 1,35 21 7 2,15 3,40 6.2 ist ersichtlich, dass im Rahmen der durchgeführten Aktivitätsuntersuchungen der Ladungsparameter der schwachen Polyelektrolyte im Laufe der Protonierung von ξ = 0 (bei vollständig deprotoniertem 47 c und 39 c) bis ξ = 3,25 (bei vollständig protoniertem 47 c) variiert wurde. Der Ladungsparameter des starken Polyelektrolyts 42 c mit dem Quaterisierungsgrad α’ = 0,8 betrug ξ = 1,35. In Abbildung 6.21 sind die in Kapitel 6.4.1 bzw. Kapitel 6.4.2 ermittelten Aktivitätskoeffizienten γP der Gegenionen der schwachen PPP-Polyelektrolyte 47 c und 39 c sowie des starken PPP-Polyelektrolyts 42 c gegen den jeweiligen 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 130 Ladungsparameter ξ aufgetragen. Zum Vergleich ist der durch membranosmometrische Untersuchungen fremdsalzfreier Lösungen bestimmte55 osmotische Koeffizient φ des PPP-Polyelektrolyten 21 (ξ = 3,40) hinzugefügt. Weiterhin sind das Manning-Limit des Aktivitätskoeffizienten γP sowie das Manning-Limit des osmotischen Koeffizienten φ eingezeichnet, die gemäß Gleichung (5.7) bis (5.10) berechnet wurden. 1,0 γP , φ 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 ξ Abbildung 6.21: Aktivitätskoeffizient γP von 47 c (■), 39 c (■) und 42 c (▲) sowie osmotischer Koeffizient φ von 21 (▲)55, aufgetragen gegen den Manning-Parameter ξ. Die durchgezogene Linie stellt das Manning-Limit von γP dar, während die gepunktete Linie das Manning-Limit von φ repräsentiert. In Abbildung 6.21 ist zu sehen, dass bei einem Ladungsparameter ξ > 0,5 sowohl die gemessenen Aktivitätskoeffizienten γP der Gegenionen von 47 c, 39 c und 42 c als auch der osmotische Koeffizient φ von 21 über dem jeweils zu betrachtenden Manning-Limit liegen. Dies entspricht bei erster Betrachtung einem realistischen Ergebnis, da das Manning-Limit für unendlich verdünnte Lösungen abgeleitet wurde und somit prinzipiell nicht experimentell zugänglich ist: Eine reale Konzentration weist stets eine höhere Ionenstärke auf als unendlich verdünnte Lösungen, die Ladungen der Polyionen werden stärker abgeschirmt und ein höheres γP bzw. φ ist die Folge. Für ξ < 0,5 können keine präzisen Aussagen bezüglich des Aktivitätskoeffizienten γP getroffen werden, denn bei den entsprechend geringen Protonierungsgraden wurde ein sehr großer Messfehler festgestellt (vgl. Abbildung 6.14). 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 131 Die Messpunkte der starken PPP-Polyelektrolyte 42 c und 21 liegen sehr nahe am jeweiligen Manning-Limit, d. h. die untersuchten realen Lösungen dürfen zumindest näherungsweise als stark verdünnt betrachtet werden. Hierbei scheint die geringe Konzentration an Fremdsalz (cNaBr < 0,7 mmol/L) während der Messung von 42 c keinen signifikanten Einfluss zu haben. Da weiterhin bei der Bestimmung des Aktivitätskoeffizienten γP von 42 c das erhaltene Ergebnis in einem sehr großen Konzentrationsbereich von 1 mmol/L < cBr- < 16 mmol/L verifiziert wurde, sollten auch die untersuchten Lösungen der schwachen Polyelektrolyte 47 c und 39 c (HBr-Titration: 2 mmol/L < cBr- < 20 mmol/L) eine ausreichend hohe Verdünnung aufweisen. Dementsprechend sollte auch hier die Manning-Theorie zu näherungsweise korrekten Voraussagen von γP führen. In Abbildung 6.21 sind im Falle von 47 c und 39 c jedoch sehr große Abweichungen der experimentell ermittelten Aktivitätskoeffizienten γP vom Manning-Limit zu beobachten, wobei für 47 c und 39 c nahezu identische Ergebnisse erzielt wurden. Qualitativ das gleiche Bild zeigt sich bei Betrachtung von Abbildung 6.22, in der die normierte effektive Ladung i/b gegen den normierten Protonierungsgrad bzw. Dissoziationsgrad α/b aufgetragen ist. Hierbei ist b als Abstand der ionisierbaren Gruppen definiert und somit ist α/b proportional zum Ladungsparameter ξ. Zum Vergleich sind die Literaturdaten flexibler Polysäuren und die Ergebnisse aus dem Poisson-BoltzmannZellmodell aus Abbildung 5.3 hinzugefügt. Die effektive Ladung i ist im Falle der hier durchgeführten Aktivitätsuntersuchungen gegeben durch i = α · γP und im Falle der in der Literatur beschriebenen osmometrischen Untersuchungen durch i = α · φ. 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 132 Abbildung 6.22: Normierte effektive Ladung i/b, aufgetragen gegen den normierten Protonierungs- bzw. Dissoziationsgrad α/b. Aktivitätsuntersuchungen: 47 c (■), 39 c (■) und 42 c (▲); osmometrische Untersuchungen von Blaul55: 21 (▲); keine Gegenionenkondensation, d. h. γP = 1 bzw. φ = 1 (------); berechnet aus dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell (——) mit (a) ξ = ξstrukturell, (b) ξ = 1,5 · ξstrukturell und (c) ξ = 2 · ξstrukturell; Polyacrylat (○), Polymethacrylat (●), Polyphosphat (○), Carboxymethylcellulose (□) und Alignat (■)143. Die in der Literatur143 beschriebenen osmometrischen Untersuchungen von Polysäuren zeigen gemäß Abbildung 6.22 stets, dass die effektive Ladung von Polyelektrolyten über einem bestimmten Ladungsparameter ξ unabhängig vom Dissoziationsgrad α ist (vgl. Kapitel 5.1.3). Die mit steigendem Dissoziationsgrad α größere Ladungsanzahl wird durch Kondensation einer entsprechenden Anzahl an Gegenionen gerade kompensiert. Dies steht im qualitativen Einklang mit der Manning-Theorie und dem Poisson-Boltzmann-Zellmodell. Eine quantitative Beschreibung mit dem PoissonBoltzmann-Zellmodell gelang hingegen nur, wenn ein höherer Ladungsparameter ξ angenommen wurde als er sich aus den strukturellen Daten berechnen lässt. Auffällig ist hierbei, dass für die flexiblen Systeme (Polyacrylat, Polymethacrylat, Polyphosphat) der Ladungsparameter um den Faktor 2 (Linie c) erhöht werden muss, während für die kettensteiferen Systeme (Carboxymethylcellulose, Alignat) ein Faktor von 1,5 (Linie b) ausreichend ist. Bei den starren PPP-Systemen 42 c und 21 kann näherungsweise sogar der unveränderte strukturelle Ladungsparameter ξ (Linie a) eingesetzt werden. Dies kann damit begründet werden, dass im Falle flexibler Polyelektrolyte eine Krümmung 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 133 der Polymerkette zu einem kürzeren effektiven Ladungsabstand führt und somit eine höhere effektive Ladung angenommen werden muss. Die Graphen der Polybasen 47 c und 39 c zeigen nicht den erwarteten Verlauf: Die effektive Ladung wächst mit steigendem Protonierungsgrad immer weiter und erreicht keinen konstanten Wert. Dies bedeutet in Analogie zu Abbildung 6.21, dass scheinbar weniger Gegenionen am Polyelektrolyten kondensieren als erwartet wird. Im Folgenden sollen drei Ursachen beschrieben werden, die neben der schon diskutierten Ionenstärke zu höheren Aktivitätskoeffizienten γP und osmotischen Koeffizienten φ führen können als theoretisch vorhersagt: In der Manning-Theorie wird ausschließlich der axiale Abstand der Ladungen auf der Kette bP betrachtet, der Abstand der Ladungen von der Zylinderachse aP wird hingegen vernachlässigt. Ein großer Abstand aP führt jedoch zu einer großen Zylinderoberfläche und somit zu einer geringen Dichte der Elektrolytfunktionalitäten auf diesem Zylinder. Entsprechend verringert sich die Gegenionenkondensation bei großem aP. Die Ergebnisse des Poisson-BoltzmannZellmodells143 aus Abbildung 6.22 beziehen sich auf einen Abstand der Ladungen von der Zylinderachse von aP = 6 Å. Der tatsächliche Abstand aP der PPP-Polyelektrolyte 47 c, 39 c und 42 c wurde mit aP ≈ 13 Å hingegen deutlich höher abgeschätzt. Als zweites stellt der Polymerisationsgrad der untersuchten Polyelektrolyte eine denkbare Einflussgröße dar. Theoretische Studien8,217 haben gezeigt, dass Kettenendeffekte, wie sie auch in Abbildung 6.20 (unten) beobachtet werden können, einen Einfluss auf die Ladungsverteilung der Gegenionen besitzen: An den Kettenenden herrscht ein geringeres elektrostatisches Potential als in der Mitte der Polylelektrolytketten. Dies führt zu einer Akkumulation der Gegenionen in der Mitte der Ketten und im Extremfall sehr kurzer Oligomere zu einer Reduktion der Gegenionenkondensation. Als dritter Punkt wäre eine Abschirmung der positiven Ladungen der hier untersuchten PPP-Polyelektrolyte durch die polaren Oligoethylenoxid-Substituenten denkbar. Dies würde eine Verringerung der effektiven Ladung jeder Ammoniumgruppe bedeuten und hätte ebenfalls eine geringere Gegenionenkondensation zur Folge. Diese drei beschriebenen Überlegungen können zwar prinzipiell Ursachen für eine geringere Gegenionenkondensation sein. Sie müssten allerdings für alle hier untersuchten PPP-Polyelektrolyte im gleichen Maße gelten. Dementsprechend erklären sie nicht den großen Unterschied der gemessenen Aktivitätskoeffizienten γP zwischen den schwachen Polyelektrolyten 47 c und 39 c einerseits und dem starken Polyelektrolyten 42 c andererseits. Vielmehr kann aus dem Ergebnis des starken 6 Untersuchung der Polyelektrolyt-Eigenschaften 134 Polyelektrolyts 42 c darauf geschlossen werden, dass sowohl die Manning-Theorie als auch das Poisson-Boltzmann-Zellmodell im hier vorliegenden System eine gute Näherung darstellen und die oben beschriebenen Überlegungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die gefundene Abweichung der Messwerte der schwachen Polyelektrolyte 47 c und 39 c muss folglich eine andere Ursache haben. Günde hierfür könnten eine unterschiedlich effektive Hydratation der AmmoniumFunktionalitäten sowie eine unterschiedlich starke Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen sein. So wäre es denkbar, dass im Falle der protonierten Ammoniumfunktionalitäten die Hydratation deutlich effektiver ist und somit die Gesamtladung des Polyions im Vergleich zum quaternisierten System von vornherein stärker erniedrigt ist. Der Einfluss der Solvatation auf Polyelektrolyteigenschaften wird auch in der Literatur vielfach diskutiert218,219. So wurden beispielsweise bei thermodynamischen Untersuchungen an Polyvinylammoniumsalzen Hinweise auf anomale Wasserstrukturen in der Nähe der Polyionen gefunden 193. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Untersuchung des starken Polyelektrolyts 42 c eindeutig gezeigt hat, dass die Methoden der Osmometrie und der Aktivitäts- bestimmung zu vergleichbaren Ergebnissen führen, obwohl in der Literatur diesbezüglich oftmals von großen Unterschieden je nach angewendeter Methode berichtet wird218,220,221. Darüber hinaus wird auch in dieser Arbeit deutlich, dass die vielschichtigen Eigenschaften von Polyelektrolyten bis heute noch nicht vollständig verstanden sind. Um so wichtiger erscheinen die hier erzielten Ergebnisse der kettensteifen Modellsysteme im Hinblick auf eine angestrebte, umfassende theoretische Beschreibung aller Polyelektrolyte. 7 Zusammenfassung 135 7 Zusammenfassung Im Rahmen dieser Arbeit wurden neuartige Syntheserouten zu wasserlöslichen, stäbchenförmigen, kationischen Polyelektrolyten auf der Basis des Poly(p-phenylen)s (PPP) entwickelt. Diese Syntheserouten zeichnen sich dadurch aus, dass eine breite Variation der molekularen Parameter der Polyelektrolyte bei einer im Vergleich zu literaturbekannten Routen verkürzten Reaktionssequenz möglich ist. Die für den Aufbau der Polymere notwendige Verknüpfung der Phenyleneinheiten in 1,4-Position wurde durch Palladium-katalysierte Suzuki-Polykondensation oder Nickel(0)- promovierte dehalogenierende Polykondensation erreicht. Auf diesem Weg wurden zunächst ungeladene Precursorpolymere dargestellt, die neben löslichkeitsvermittelnden Oligoethylenoxid-Seitenketten zusätzlich tertiäre Aminofunktionen als Vorläufer der ionischen Gruppen tragen. Diese ungeladenen Polymere sind sehr gut in organischen Lösungsmitteln wie beispielsweise THF, Dichlormethan oder Dimethylsulfoxid löslich. Sie stellen darüber hinaus bis heute die einzigen Vertreter von PPP-Derivaten dar, die bereits ohne ionische Gruppen wasserlöslich sind. Die Precursorpolymere wurden mit den Methoden der NMR-Spektroskopie, der MALDI-TOF-Massenspektrometrie, der Dampfdruckosmometrie und der Gelpermeations-Chromatographie (GPC) charakterisiert. Hierbei wurde festgestellt, dass im Mittel eine selektive Verknüpfung von 15 bis 30 Phenyleneinheiten in 1,4-Position erreicht wurde. Mit Hilfe der analytischen GPC konnte gezeigt werden, dass eine Auftrennung der Polymerproben in Fraktionen mit einer engen Molekulargewichtsverteilung (Polydispersität PD ≤ 1,3) möglich ist. Das Lagern der Amino-funktionalisierten PPP-Derivate als Feststoff an Luft führte im Falle unfraktionierter Proben zur Bildung von unlöslichen Anteilen bzw. im Falle fraktionierter Proben zu vollständiger Unlöslichkeit. Die Ursache hierfür konnte im Rahmen dieser Arbeit noch nicht eindeutig geklärt werden. Die IR-spektroskopischen Untersuchungen legen allerdings nahe, dass Oxidationsprozesse des Stickstoffs hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Die dargestellten Precursorpolymere wurden anschließend durch zwei unterschiedliche polymeranaloge Reaktionen in geladene Systeme überführt: Zum einen wurden die enthaltenen tertiären Aminofunktionen durch Umsetzung mit HCl oder HBr protoniert, zum anderen wurden sie mit Propyliodid oder Propylbromid quaternisiert. Während der Protonierung der Precursorpolymere wurde die Lage des Protonierungsgleichgewichts in Abhängigkeit vom pH-Wert der Lösung mittels NMR-Spektroskopie und 7 Zusammenfassung 136 Potentiometrie verfolgt. Hierbei wurde festgestellt, dass sich die Basenstärke der Aminogruppen im Laufe der Protonierung erniedrigt, ein für schwache Polyelektrolyte typisches Verhalten. Die auf diese Weise erhaltenen, schwachen und starken Polyelektrolyte wurden hinsichtlich der Gegenionenkondensation untersucht. Diese stellt ihrerseits eine herausragende Eigenschaft von Polyelektrolyten in wässriger Lösung dar. Dazu wurde eine Messmethode entwickelt, die mit Hilfe einer ionenselektiven Elektrode die Aktivitätsbestimmung der Bromid-Gegenionen bei gleichzeitiger interner Kalibration erlaubt. So war es möglich, die Gegenionenkondensation der schwachen Polyelektrolyte 47 c und 39 c als Funktion ihres Protonierungsgrads sowie die des starken Polyelektrolyts 42 c bei konstantem Quaternisierungsgrad zu studieren. Damit wurden erstmals kettensteife Polyelektrolyte mit einer in weiten Grenzen variierbaren Ladungsdichte untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass sowohl die hier untersuchten schwachen als auch starken Polyelektrolyte ein deutlich geringeres Maß an Gegenionenkondensation zeigen als flexible Polyelektrolyte. Dies entspricht in erster Näherung dem theoretisch erwarteten Verhalten: Während bei flexiblen Systemen die effektive Ladungsdichte des Polyions durch Krümmung der Polymerkette in unbekanntem Maß erhöht ist, so ist sie bei kettensteifen Polyelektrolyten strukturell vorgegeben. In Lösungen der schwachen Polyelektrolyte 47 c und 39 c wurde darüber hinaus unabhängig vom eingestellten Protonierungsgrad ein signifikant geringerer Anteil kondensierter Gegenionen gefunden als theoretisch vorhergesagt wird. Diese Abweichung kann auf der Grundlage bisheriger Modellvorstellungen nicht erklärt werden. So muss an dieser Stelle erneut hervorgehoben werden, wie notwendig eine Erweiterung der theoretischen Grundlagen zur Beschreibung von Polyelektrolyten ist. Die hier erzielten Ergebnisse können in Zukunft einen wichtigen Beitrag dazu leisten. 8 Experimenteller Teil 137 8 Experimenteller Teil 8.1 Allgemeine Bemerkungen zur Synthese Alle verwendeten Chemikalien wurden von den Firmen Acros, Sigma-Aldrich, VWR, Strem oder Lancaster in der erforderlichen Qualität bezogen und ohne weitere Reinigung direkt eingesetzt. Die Lösungsmittel Diethylether und THF wurden über Natrium/Benzophenon in einer Stickstoffatmosphäre getrocknet und vor Gebrauch frisch destilliert. Wenn angegeben, wurden die Reaktionen unter Stickstoff an einer Stickstoff-Vakuum-Linie durchgeführt. Bei der Darstellung des Palladiumkatalysators und bei den Palladium-katalysierten Kupplungsreaktionen wurde außerdem auf Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung geachtet, da der Katalysator nicht nur sauerstoffsondern auch lichtempfindlich ist. Hierbei wurde die Apparatur nicht nur mehrmals evakuiert und mit Stickstoff belüftet, sondern zusätzlich das Reaktionsgemisch zu Beginn 3-4 mal unter starkem Rühren entgast. Das verwendete Wasser wurde vorher separat entgast. Der für die Yamamoto-Kupplungen verwendete Katalysator Bis(1,5cyclooctadien)nickel(0) wurde von der Firma Strem bezogen und ohne weitere Reinigung eingesetzt. Die dargestellten aminofunktionalisierten Precursorpolymere unterliegen zum Teil schon bei Anwesenheit geringer Mengen an Säure einer Protonierung der tertiären Amine, sichtbar im 1H-NMR-Spektrum. So wurde vereinzelt festgestellt, dass schon Spuren an HCl im Lösungsmittel Chloroform diesbezüglich ausreichen. Deshalb wurde in diesen Fällen vor weiteren Untersuchungen und polymeranalogen Umsetzungen eine Deprotonierung durchgeführt: Dazu wird eine Lösung des Polymers in Chloroform mit einer Spatelspitze Natriumcarbonat für eine halbe Stunde gerührt. Nach dem Filtrieren und Entfernen des Lösungsmittels im Vakuum wird der vollständig deprotonierte Precursor erhalten. Die jeweils angegebenen Stoffmengen der Polymere beziehen sich stets auf die Monomereinheiten und sind daher vom Polymerisationsgrad unabhängig. Die 1H-NMR- und 13 C-NMR-Spektren wurden mit den Spektrometern WM-300 (1H-NMR bei 300 MHz und 500 MHz und 13 C-NMR bei 75.5 MHz) und AM-500 (1H-NMR bei 13 C-NMR bei 125 MHz) der Firma Bruker im Institut für Organische Chemie an der Technischen Universität Darmstadt aufgenommen. Die chemischen Verschiebungen sind in ppm (δ-Skala) angegeben. Als interner Standard diente 8 Experimenteller Teil 138 Tetramethylsilan. Die Signalmultiplizitäten werden wie folgt abgekürzt: s = Singulett, d = Dublett, t = Triplett, q = Quartett, m = Multiplett. Die 1 13 C-NMR-Spektren sind H-breitbandentkoppelt, die Signalzuordnung erfolgte mittels DEPT-Spektren und, falls erforderlich, zusätzlich mit zweidimensionalen Spektren (1H,1H-COSY bzw. 1H,13CHSQC). 8.2 Monomersynthese 1,4-Dibrom-2,5-bis[bis-(2-methoxyethyl)aminomethyl]benzol (38 a) 5 4 Br H3COCH2 CH2 6 CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 Br 1 2 3 N H3COCH2 CH2 10,0 g (23,7 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(brommethyl)benzol (48 a) werden in 500 mL Chloroform gelöst und für die Dauer von 4 Stunden zu 126,3 g (948,3 mmol, 40 eq) Bis(2-methoxyethyl)amin bei 65 °C zugetropft. Die Lösung wird über Nacht bei 65 °C gerührt. Anschließend wird das Lösungsmittel und das überschüssige Bis(2-methoxyethyl)amin im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird säulenchromatographisch gereinigt (Laufmittel: Essigsäureethylester, stationäre Phase: basisches Aluminiumoxid (Teilchengröße 0,05-0,15 mm, pH = 9,5)). Ausbeute: 12,21 g (98 %) gelbbräunliche Kristalle 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,80 (t, 8H, H5); 3,33 (s, 12H, OCH3); 3,49 (t, 8H, H6); 3,75 (s, 4H, H4); 7,79 (s, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 54,43 (C5); 58,60 (C4); 58,91 (OCH3); 71,26 (C6); 122,70 (C1); 133,94 (C3); 139,39 (C2). 8 Experimenteller Teil 139 1,4-Dibrom-2,5-bis[6-bis-(2-methoxyethyl)aminohexyl]benzol (38 b) 10 11 CH2 CH2 OCH3 N 8 6 4 Br 1 9 CH2 CH2 OCH3 7 5 Br 2 3 (CH2 )6 H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 10,0 g (17,8 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(6-bromhexyl)benzol (48 b) werden in 500 mL Chloroform gelöst und für die Dauer von 4 Stunden zu 94,8 g (712 mmol, 40 eq) Bis(2-methoxyethyl)amin bei 65 °C zugetropft. Die Lösung wird über Nacht bei 65 °C gerührt. Anschließend wird das Lösungsmittel und das überschüssige Bis(2-methoxyethyl)amin im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird säulenchromatographisch gereinigt (Laufmittel: Essigsäureethylester, stationäre Phase: basisches Aluminiumoxid (Teilchengröße 0,05-0,15 mm, pH = 9,5)). Ausbeute: 9,6 g (81 %) gelbbräunliches Öl 1 H NMR (CDCl3): δ = 1.33 (m, 4H, H7), 1.38 (m, 4H, H6), 1.46 (m, 4H, H8), 1.55 (m, 4H, H5), 2.51 (t, 4H, H9), 2.63 (t, 4H, H4), 2.71 (t, 8H, H10), 3.34 (s, 12H, OCH3), 3.46 (t, 8H, H11), 7.34 (s, 2H, H3). 13 C NMR (CDCl3): δ = 26.87 (C8), 27.30 (C7), 29.31 (C6), 29.85 (C5), 35.54 (C4), 54.93 (C10), 55.45 (C9), 58.95 (OCH3), 71.22 (C11), 123.13 (C1), 133.84 (C3), 141.32 (C2). 8 Experimenteller Teil 140 2,5-Dibromhydrochinon (50) OH Br 1 HO Br 2 3 Zu einer Suspension von 22,0 g (200 mmol, 1 eq) Hydrochinon (49) in 200 mL Eisessig tropft man unter Rühren 64,0 g (400 mmol, 2 eq) Brom. Dabei läßt man die Temperatur nicht über 35 °C ansteigen. Es entsteht eine klare Lösung, bevor nach 15-30 min Rohprodukt aus dem Reaktionsgemisch auskristallisiert. Nach 1 h wird der Feststoff abgesaugt und mit 50 mL Wasser gewaschen. Die Mutterlauge wird mit 500 mL Wasser versetzt und weitere Fraktionen des nach 20 h in der Kälte auskristallisierten Rohprodukts werden abgesaugt. Das erhaltene Rohprodukt wird zweimal aus Wasser umkristallisiert, wobei jeweils einige Topfen Eisessig zugesetzt werden. Ausbeute: 35,2 g (66 %) farblose plättchenförmige Kristalle 1 H-NMR (d6-DMSO): δ = 7,05 (s, 2H, H3); 9,85 (s, 2H, OH). 13 C-NMR (d6-DMSO): δ = 108,14 (C1); 109,35 (C3); 147,22 (C2). 2,5-Dibrom-1,4-bis(hydroxytris(oxyethylen))benzol (51) 4 5 O Br 6 O 7 8 O 9 OH Br 1 2 3 HO(CH2 CH2 O)3 Eine Suspension von 18,05 g (67,4 mmol, 1 eq) 2,5-Dibromhydrochinon (50) in 75 mL tert-Butanol wird unter Stickstoff zu einer Suspension von 16,65 g (148,4 mmol, 2,2 eq) Kalium-tert-butanolat in 75 mL tert-Butanol gegeben. Nachdem das Reaktionsgemisch für 2,5 h bei 90 °C unter Rückfluss erhitzt wird, werden 25 g (148,3 mmol, 2,2 eq) 2-(2-(2-Chlorethoxy)-ethoxy)-ethanol während 1,5 h zugetropft. Anschließend wird für weitere 65 h auf 90 °C erhitzt. Das auf Raumtemperatur abgekühlte Reaktionsgemisch 8 Experimenteller Teil 141 wird filtriert und der Rückstand mit Dichlormethan (100 mL) extrahiert. Anschließend wird das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das in 400 mL Dichlormethan gelöste Rohprodukt wird mit 2 N HCl-Lösung (2 x 50 mL) und Wasser (100 mL) gewaschen, über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Abschließend wird der erhaltene rötliche ölige Rückstand aus 800 mL Ispropanol bei -20 °C umkristallisiert. Ausbeute: 30,17 g (84 %) farblose Kristalle 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,65 (t, 2H, OH); 3,51-3,71 (m, 16H, H6-9); 3,81 (t, 4H, H5); 4,06 (t, 4H, H4); 7,08 (s, 2H, H3) . 13 C-NMR (CDCl3): δ = 61,83 (C9); 69,66; 70,22; 70,55; 71,21; 72,63 (C4-8); 111,42 (C1); 119,17 (C3); 150,33 (C2). 2,5-Dibrom-1,4-bis((p-tosyl)-tris(oxyethylen))benzol (52) 4 5 O 6 O 7 8 O 9 O SO2 10 13 14 11 Br 12 Br 1 2 3 SO2 O(CH2CH2 O)3 Eine Lösung von 19,23 g (36,13 mmol, 1 eq) 2,5-Dibrom-1,4-bis(hydroxytris(oxyethylen))benzol (51) in 50 mL Chloroform wird unter Stickstoff bei einer Temperatur von 2 °C mit 11,8 mL (144,4 mmol, 4 eq) Pyridin versetzt. Anschließend werden 20,66 g (108,4 mmol, 3 eq) Tosylchlorid in kleinen Portionen bei einer Temperatur von 2 °C hinzugefügt. Die Reaktionsmischung wird für 4 h bei 2 °C gerührt und über Nacht bei Raumtemperatur stehen gelassen. Es werden 250 mL Chloroform hinzugefügt und mit 2 N HCl-Lösung (2 x 80 mL) und Wasser (2 x 100 mL) gewaschen. Die organische Phase wird über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das so erhaltene mit etwas Toluolsulfonsäure verunreinigte Rohprodukt wird für nachfolgende Umsetzungen direkt verwendet. Ausbeute: 29,77 g (98 %) klares, gelbliches Öl 8 Experimenteller Teil 1 142 H-NMR (CDCl3): δ = 2,36 (s, 6H, H14); 3,50-3,78 (m, 16H, H5-8); 4,02 (t, 4H, H4); 4,09 (t, 4H, H9); 7,06 (s, 2H, H3); 7,26 (d, 4H, H12); 7,72 (d, 4H, H11). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 21,76 (C14); 68,84; 69,41; 69,70; 70,25; 70,92; 71,12 (C4-9); 111,42 (C1); 119,16 (C3); 128,07 (C11); 129,93 (C12); 133,05 (C10); 144,91 (C13); 150,35 (C2). 2,5-Dibrom-1,4-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))benzol (38 c) 4 5 O 6 O 7 8 O 10 9 11 CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 Br Br 1 H3COCH2CH2 2 N 3 (CH2 CH2 O) 3 H3COCH2CH2 12,11 g (14,40 mmol, 1 eq) 2,5-Dibrom-1,4-bis((p-tosyl)-tris(oxyethylen))benzol (52), gelöst in 175 mL Chloroform, werden innerhalb von 3 h zu 76,7 g (576 mmol, 40 eq) Bis(2-methoxyethyl)amin bei 65 °C getropft. Die Lösung wird über Nacht unter Rückfluss erhitzt. Anschließend wird das Lösungsmittel und das überschüssige Bis(2-methoxyethyl)amin im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird säulenchromatographisch gereinigt (stationäre Phase: Kieselgel, Partikelgröße: 0,063-0,200 mm). Es eluieren mit dem Lösungsmittelgemisch Essigsäureethylester/ Triethylamin 50:1 zunächst die Nebenprodukte von der Säule, bevor mit dem Lösungsmittelgemisch Essigsäureethylester / Triethylamin 1:1 das gewünschte Produkt eluiert. Nach dem Entfernen des Lösungsmittelgemischs im Vakuum wird das Produkt erhalten. Ausbeute: 8,07 g (74 %) klares, leicht gelbliches Öl 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,76 (t, 8H, H10); 2,79 (t, 4H, H9); 3,32 (s, 12H, OCH3); 3,45 (t, 8H, H11); 3,57 (t, 4H, H8); 3,62 (m, 4H, H7); 3,73 (m, 4H, H6); 3,85 (t, 4H, H5); 4,11 (t, 4H, H4); 7,08 (s, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 54,46 (C9); 54,55 (C10); 58,76 (OCH3); 69,55 (C5); 69,81 (C8); 70,25 (C4); 70,50 (C7); 71,07 (C6); 71,20 (C11); 111,42 (C1); 119,23 (C3); 150,36 (C2). 8 Experimenteller Teil 143 α-(p-Tosyl)-triethylenglykolmonomethylether (53) 4 1 2 SO2 O 6 5 O O 7 9 8 10 O 3 Zu einer Lösung von 32,8 g (200 mmol, 1,05 eq) Triethylenglykolmonomethylether in 50 mL THF werden 60 mL einer wässrigen NaOH-Lösung (5 M) hinzugefügt. Anschließend kühlt man die Reaktionsmischung auf 5 °C und tropft 36,2 g (190 mmol, 1 eq) Tosylchlorid, gelöst in 50 mL THF, zu. Danach wird für 2 h bei Raumtemperatur gerührt. Die organische Phase wird abgetrennt und die wässrige Phase mit tertButylmethylether (3 x 50 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden mit Wasser (3 x 100 mL) gewaschen, über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Ausbeute: 54,37 g (90 %) klares, farbloses Öl 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,45 (s, 3H, ArCH3); 3,37 (s, 3H, OCH3); 3,51-3,63 (m, 8H, H7-10); 3,68 (t, 2H, H6); 4,16 (t, 2H, H5); 7,34 (d, 2H, H2); 7,79 (d, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 21,73 (ArCH3); 59,11 (OCH3); 68,73 (C5); 69,36 (C6); 70,61 ;70,80 (C7-9); 71,97 (C10); 128,06 (C3); 129,92 (C2); 133,03 (C4); 144,91 (C1). 2,5-Dibrom-1,4-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol (54) 4 5 O Br 6 O 7 8 O 9 OCH3 Br 1 2 3 H3CO(CH2CH2O)3 Eine Suspension von 47,12 g (148,0 mmol, 2 eq) α-(p-Tosyl)-triethylenglykolmonomethylether (53), 20,10 g (75,0 mmol, 1 eq) 2,5-Dibromhydrochinon (50) und 31,10 g (225,0 mmol) Kaliumcarbonat in 180 mL DMF wird unter Stickstoff für 5 h bei 80 °C gerührt. Anschließend wird die Reaktionsmischung für weitere 20 h bei Raumtemperatur gerührt. Nach Zugabe von 150 mL tert-Butylmethylether filtriert man und extrahiert den Rückstand mit tert-Butylmethylether (3 x 100 mL). Anschließend 8 Experimenteller Teil 144 werden die Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Der ölige Rückstand wird in 150 mL tert-Butylmethylether gelöst und mit 2M NaOH-Lösung (2 x 50 mL) gewaschen. Danach wird die organische Phase mit Wasser gewaschen (3 x 50 mL), über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Der rötliche ölige Rückstand wird aus 1 L EtOH bei -20 °C umkristallisiert. Ausbeute: 32,76 g (78 %) farblose Kristalle 1 H-NMR (CDCl3): δ = 3,38 (s, 6H, OCH3); 3,55 (m, 4H, H9); 3,65-3,70 (m, 8H, H7,8); 3,77 (m, 4H, H6); 3,87 (t, 4H, H5); 4,13 (t, 4H, H4); 7,15 (s, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 59,13 (OCH3); 69,65 (C4); 70,26; 70,67; 70,81; 71,17 (C5-8); 72,04 (C9); 111,42 (C1); 119,19 (C3); 150,38 (C2). 2,5-Bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol-1,4-diboronsäure (37) 4 5 O (HO)2B 6 O 7 8 O 9 OCH3 B(OH)2 1 2 3 H3CO(CH2 CH2 O)3 Zu einer Lösung von 8,0 g (14,3 mmol) 2,5-Dibrom-1,4-bis(1,4,7,10- tetraoxaundecanyl)benzol (54) in 120 mL THF werden unter Stickstoffatmosphäre 24,2 mL (31,5 mmol, 2,2 eq) einer 1,3-molaren sek-Butyllithiumlösung in Cyclohexan bei -90 °C zugegeben. Nachdem sich das Reaktionsgemisch während 5 min auf -70 °C erwärmt hat, werden schnell 30 mL (267 mmol, 19 eq) Trimethylborat unter starkem Rühren zugegeben. Anschließend wird über Nacht bei Raumtemperatur gerührt. Die erhaltene Lösung wird filtriert und im Vakuum vom Lösungsmittel und vom überschüssigen Trimethylborat befreit. Das erhaltene glasig erstarrte leicht gelbliche Produkt wird mit 40 mL 1 N HCl-Lösung versetzt und für 24 h bei Raumtemperatur gerührt. Danach wird mit Chloroform (3 x 70 mL) extrahiert, die organische Phase über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird durch starkes Rühren für 24 h in einem Gemisch aus 200 mL Toluol 8 Experimenteller Teil 145 und 3 mL einer 2 N HCl-Lösung ausgefällt. Nach dem Abfiltrieren wird der Feststoff aus 250 mL Toluol umkristallisiert und im Vakuum getrocknet. Ausbeute: 4,71 g (67 %) farblose, nadelförmige Kristalle 1 H-NMR (d6-DMSO): δ = 3,23 (s, 6H, OCH3); 3,38-3,62 (m, 16H, H6-9); 3,77 (t, 4H, H5); 4,14 (t, 4H, H4); 7,27 (s, 2H, H3); 7,83 (s, 4H, B(OH)2). 13 C-NMR (d6-DMSO): δ = 57,96 (OCH3); 67,90; 68,67; 69,55; 69,64; 71,17 (C4-9); 119,01 (C3); 124,90 (C1); 157,15 (C2). 2,5-Bis[bis(2-methoxyethyl)aminomethyl]benzol-1,4-diboronsäure (44 a) 5 4 (HO)2B H3COCH2 CH2 N H3COCH2 CH2 Zu einer 6 CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 B(OH)2 1 2 3 Lösung von 2,0 g (3,8 mmol) 1,4-Dibrom-2,5-bis[bis-(2- methoxyethyl)aminomethyl]benzol (38 a) in 20 mL THF werden unter Stickstoffatmosphäre 6,8 mL (9,5 mmol, 2,5 eq) einer 1,4-molaren sek-Butyllithiumlösung in Cyclohexan bei -90 °C zugegeben. Nachdem sich das Reaktionsgemisch während 5 min auf -65 °C erwärmt hat, werden schnell 15 mL (134 mmol, 35 eq) Trimethylborat unter starkem Rühren zugegeben. Anschließend wird über Nacht bei Raumtemperatur gerührt. Die erhaltene Lösung wird filtriert und im Vakuum vom Lösungsmittel und vom überschüssigen Trimethylborat befreit. Das erhaltene glasig erstarrte leicht gelbliche Produkt wird mit 20 mL 2 N HCl-Lösung versetzt und für 4 h bei Raumtemperatur gerührt. Danach wird die Lösung mit gesättigter Na2CO3-Lösung versetzt, bis ein pH-Wert von 8 erreicht ist. Das ausgefallene Rohprodukt wird abfiltriert, mit Wasser gewaschen und anschließend aus 100 mL Toluol umkristallisiert. Ausbeute: 1,07 g (57 %) farblose Kristalle des Dihydrats 8 Experimenteller Teil 1 146 H-NMR (d6-DMSO): δ = 2,67 (t, 8H, H5); 3,16 (s, 12H, OCH3); 3,31 (s, 4H, H2O); 3,39 (t, 8H, H6); 3,72 (s, 4H, H4); 7,54 (s, 2H, H3); 9,25 (s, 4H, B(OH)2). 13 C-NMR (d6-DMSO): δ = 51,78 (C5); 57,79 (OCH3); 61,00 (C4); 69,12 (C6); 137,06 (C1); 137,66 (C3); 140,09 (C2). Benzol-1,4-diboronsäure (56) (HO)2B 1 B(OH)2 2 Zu einer Mischung aus 5,0 g (210 mmol, 2,1 eq) Magnesiumspänen und 50 mL THF in einer Stickstoffatmosphäre tropft man unter Rühren 8 mL einer Lösung von 23,6 g (100 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrombenzol (55) in 150 mL THF. Nachdem die exotherme Grignard-Reaktion gestartet ist, wird die restliche Dibromidlösung so zugetropft, dass die Reaktionsmischung fortwährend leicht siedet. Anschließend erhitzt man für 20 h unter Rückfluss, wobei sich eine gräuliche Suspension bildet. Diese wird bei –70 °C innerhalb von 1,5 h unter starkem Rühren zu einer Lösung von 22,3 mL (200 mmol) Trimethylborat in 40 mL Diethylether unter Stickstoff getropft. Die Reaktionsmischung wird langsam auf Raumtemperatur gebracht und 20 h stehen gelassen. Anschließend verdünnt man mit 30 mL Diethylether und hydrolysiert durch Einbringen in eine Mischung aus 200 g Eis und 6 mL konz. Schwefelsäure. Nach 10-minütigem Rühren werden 10 mL tert-Butylmethylether und 125 mL Wasser hinzugefügt. Die wässrige Phase wird mit tert-Butylmethylether (3 x 40 mL) extrahiert, die vereinigten organischen Phasen mit Wasser (2 x 50 mL) gewaschen und über MgSO4 getrocknet. Das Lösungsmittel wird im Vakuum entfernt, das erhaltene Rohprodukt mit n-Hexan (100 mL) gewaschen und anschließend im Vakuum getrocknet. Ausbeute: 10,35 g (62 %) farblose Kristalle 1 H-NMR (d6-DMSO): δ = 7,74 (s, 4H, H2). 13 C-NMR (d6-DMSO): δ = 127,57 (C2). 8 Experimenteller Teil 147 Benzol-1,4-bis(boronsäure-1,3-propandiol-diester) (57) O O B B 1 O 2 O 10,35 g (62,44 mmol, 1 eq) Benzol-1,4-diboronsäure (56) und 9,1 mL (125 mmol, 2 eq) 1,3-Propandiol werden in 250 mL Dichlormethan aufgeschlämmt und das Lösungsmittel wird fast vollständig abdestilliert. Durch fünfmalige Zugabe von Dichlormethan und anschließendem Abdestillieren wird sukzessive das entstehende Wasser azeotrop entfernt. Von der so erhaltenen gelben Lösung entfernt man das Lösungsmittel im Vakuum und kristallisiert das Rohprodukt aus Dichlormethan bei -20 °C um. Ausbeute: 13,03 g (85 %) farblose Kristalle 1 H-NMR (CDCl3): δ = 1,93 (tt, 4H, OCH2CH2CH2O); 4,05 (t, 8H, OCH2CH2CH2O); 7,66 (s, 4H, H2). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 27,52 (OCH2CH2CH2O); 62,08 (OCH2CH2CH2O); 132,84 (C2). 8 Experimenteller Teil 8.3 148 Katalysatorsynthese Tris(tri-p-tolylphosphin)palladium(0) Eine Suspension von 0,583 g (3,29 mmol, 1 eq) Palladiumchlorid und 5,00 g (16,4 mmol, 5 eq) Tri-p-tolylphosphin in 30 mL DMSO wird unter Stickstoff auf 150 °C erhitzt, wobei eine gelborange homogene Lösung entsteht. Nachdem das Reaktionsgemisch auf 120 °C abgekühlt ist, werden 0,67 mL (13,8 mmol, 4,2 eq) Hydrazinmonohydrat langsam zugetropft, wobei eine Gasentwicklung sichtbar wird. Anschließend wird die Mischung auf Raumtemperatur gebracht, und es werden 15 mL Ethanol als Fällungsmittel hinzugefügt. Nach 30 min Rühren bei Raumtemperatur ist das Rohprodukt als gelber Feststoff ausgefallen. Nun wird das Rohprodukt unter Stickstoff in einer Schlenkfritte abfiltriert, mit Ethanol (2 x 20 mL) sowie mit Diethylether (2 x 20 mL) gewaschen und im leichten Stickstoffstrom getrocknet. Ausbeute: 2,68 g (80 %) hellgelbe Kristalle Tetrakis(triphenylphosphin)palladium(0) Eine Suspension von 0,886 g (5,0 mmol, 1 eq) Palladiumchlorid und 6,55 g (25,0 mmol, 5 eq) Triphenylphosphin in 60 mL DMSO unter Stickstoff wird auf 160 °C erhitzt, wobei eine gelborange homogene Lösung entsteht. Nachdem das Reaktionsgemisch auf 120 °C abgekühlt ist, werden 0,97 mL (20 mmol, 4 eq) Hydrazinmonohydrat langsam zugetropft, wobei eine Gasentwicklung sichtbar wird. Nach 30 min Rühren bei Raumtemperatur ist das Rohprodukt als gelber Feststoff ausgefallen. Nun wird das Rohprodukt unter Stickstoff in einer Schlenkfritte abfiltriert, mit Ethanol (2 x 20 mL) sowie mit Diethylether (2 x 20 mL) gewaschen und im leichten Stickstoffstrom getrocknet. Ausbeute: 5,2 g (90 %) hellgelbe Kristalle 8 Experimenteller Teil 8.4 149 Polymersynthese Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-1,4-phenylen] (58) 4 5 O O 7 8 O 9 OCH3 1' 1 2 H3CO(CH2 CH2 O)3 6 3 2' n Es werden 0,881 g (1,572 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol (54), 0,386 g (1,572 mmol, 1 eq) Benzol-1,4-bis(boronsäure-1,3-propandioldiester) (57) und 4,2 g NaHCO3 (50 mmol, 32 eq) in 60 mL THF und 40 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 4 mg (0,004 mmol, 0,25 mol%) Tris(tri-p-tolylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt, wobei nach 2 d 19 mg (0,08 mmol, 5 mol%) des Diboronsäureesters 57 und ca. 1 mg (0,001 mmol) Palladiumkatalysator zugegeben werden. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Chloroform (3 x 30 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 15 mL Chloroform aufgenommen und durch Eintropfen in 500 ml n-Hexan ausgefällt. Ausbeute: 615 mg (82 %) schwach gräuliches, pulverförmiges Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 3,35 (b, 6H, OCH3); 3,52 (m, 4H, H9); 3,65 (m, 12H, H6-8); 3,83 (m, 4H, H5); 4,18 (m, 4H, H4); 7,13 (b, 2H, H3); 7,71 (b, 4H, H2’). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 58,95 (OCH3); 69,23 (C4); 69,76; 70,48; 70,64; 70,79 (C5-8); 71,86 (C9); 116,68 (C3); 129,09 (C2’); 130,65 (C1’); 136,78 (C1); 150,44 (C2). 8 Experimenteller Teil 150 Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen] (59) 4 O 5 6 O 7 8 9 O OCH3 1 2 3 n H3CO(CH2 CH2 O)3 a) Suzuki-Polykondensation Es werden 0,457 g (0,816 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol (54), 0,400 g (0,816 mmol, 1 eq) 2,5-Bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol-1,4diboronsäure (37) und 2,1 g NaHCO3 (25 mmol, 31 eq) in 15 mL THF und 10 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 2 mg (0,002 mmol, 0,2 mol%) Tris(tri-p-tolylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt, wobei nach 4 d 20 mg (0,04 mmol, 5 mol%) der Diboronsäure 37 und ca. 6 mg (0,006 mmol) Palladiumkatalysator zugegeben werden. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Chloroform (3 x 30 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 15 mL Chloroform aufgenommen und durch Eintropfen in 500 ml n-Hexan ausgefällt. Ausbeute: 481 mg (74 %) schwach gräuliches, pulverförmiges Polymer b) Nickel(0)-promovierte Polykondensation Es werden 0,117 g (0,75 mmol, 1,5 eq) 2,2’-Bipyridin und 0,21 g (0,75 mmol, 1,5 eq) Bis(1,5-cyclooctadien)nickel(0) unter Stickstoff in einer Mischung aus 6 mL entgastem Toluol und 4 mL entgastem DMF gelöst. Nach Zugabe von 0,1 mL (0,8 mmol, 1,6 eq) 1,5-Cyclooctadien wird die tiefblaue Lösung unter Rühren für 40 min auf 80 °C erhitzt. Anschließend wird eine Lösung von 0,280 g (0,50 mmol, 1eq) 1,4-Dibrom-2,5bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol (54) in 3 mL Toluol hinzugefügt und für 6 d unter Rühren auf 80 °C erhitzt. Nach dem Erkalten werden die Lösungsmittel im Vakuum komplett entfernt. Der Rückstand wird unter starkem Rühren für 3 d mit 30 mL Chloroform extrahiert. Anschließend wird filtriert und das Lösungsmittel wird 8 Experimenteller Teil 151 im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 25 mL Chloroform aufgenommen und zunächst für ca. 3 d mit wässriger EDTA-Lösung (25 mL) so oft gewaschen bis die EDTA-Lösung farblos bleibt. Schließlich wird mit Wasser (25 mL) kurz nachgewaschen. Die erhaltene organische Phase wird über MgSO4 getrocknet, filtriert und durch Eintropfen in 350 mL n-Hexan das Polymer ausgefällt. Ausbeute: 179 mg (89 %) gelbliches Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 3,34 (b, 6H, OCH3); 3,50 (m, 4H, H9); 3,60 (m, 12H, H6-8); 3,75 (m, 4H, H5); 4,10 (m, 4H, H4); 7,06 (b, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 58,91 (OCH3); 69,03 (C4); 69,82; 70,42; 70,56; 70,65 (C5-8); 71,84 (C9); 117,15 (C3); 127,55 (C1); 150,13 (C2). Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis(bis(2methoxyethyl)aminomethyl)-1,4-phenylen] (39 a) CH2 CH2 OCH3 H3CO(CH2CH2O) 3 N CH2 CH2 OCH3 H3CO(CH2CH2O) 3 n N CH2 CH2 OCH3 H3COCH2 CH2 Es werden 0,843 g (1,602 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(bis(2-methoxyethyl)aminomethyl)benzol (38 a), 0,785 g (1,602 mmol, 1 eq) 2,5-Bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol-1,4-diboronsäure (37) und 4,1 g NaHCO3 (49 mmol, 31 eq) in 30 mL THF und 20 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 4 mg (0,004 mmol, 0,25 mol%) Tris(tri-p-tolylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt, wobei nach 4 d 40 mg (0,08 mmol, 5 mol%) der Diboronsäure 37 und ca. 12 mg (0,012 mmol) Palladiumkatalysator sowie nach 6 d 0,2 mL (1,8 mmol) Brombenzol zugegeben werden. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Chloroform (2 x 50 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden über MgSO4 getrocknet, 8 Experimenteller Teil 152 filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das oligomere Rohprodukt ließ sich nicht aus n-Hexan ausfällen und wurde nicht weiter aufgereinigt. Ausbeute: 1,14 g (93 %) dunkler, öliger Rückstand Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis(6-bis(2methoxyethyl)aminohexyl)-1,4-phenylen] (39 b) H3COCH2 CH2 N CH2 CH2 OCH3 10 8 9' - 4' 6 H3CO(CH2CH2O) 3 7 5 1 1' 2' H3CO(CH2CH2O) 3 4 11 9 3' 2 3 n (CH2 )6 N CH2 CH2 OCH3 H3COCH2 CH2 Es werden 0,544 g (0,816 mmol, 1 eq) 1,4-Dibrom-2,5-bis(6-bis(2-methoxyethyl)aminohexyl)benzol (38 b), 0,400 g (0,816 mmol, 1 eq) 2,5-Bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol-1,4-diboronsäure (37) und 2,1 g NaHCO3 (25 mmol, 31 eq) in 15 mL THF und 10 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 3 mg (0,003 mmol, 0,37 mol%) Tris(tri-p-tolylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt, wobei nach 4 d 20 mg (0,04 mmol, 5 mol%) der Diboronsäure 37 und ca. 8 mg (0,008 mmol) Palladiumkatalysator zugegeben werden. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Chloroform (3 x 30 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Anschließend wird das Rohprodukt aus 10 mL Dioxan gefriergetrocknet. Ausbeute: 570 mg (77 %) filmbildendes, elastomeres Polymer 8 Experimenteller Teil 1 153 H-NMR (CDCl3): δ = 1,24; 1,47 (b, 16H, H5-8); 2,55 (b, 8H, H9, H4); 2,76 (b, 8H, H10); 3,33 (m, 18H, OCH3); 3,40-3,79 (m, 28H, H11, H5’-9’); 4,04 (m, 4H, H4’); 6,88 (b, 2H,H3’); 7,15 (b, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 26,75; 27,52; 29,97; 31,14; 33,09 (C4-8); 53,79; 55,45 (C9-10); 58,79; 58,97 (OCH3); 69,17; 69,61; 70,48; 70,63; 70,77; 71,86 (C11,C4’-9’); 116,76 (C3’); 130,27 (C3); 131,15 (C1’); 137,02; 137,95 (C1, C2); 150,03 (C2’). Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis((bis(2methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))-1,4-phenylen] (39 c) 10 9' - 4' 4-9 H3CO(CH2CH2O) 3 11 CH2 CH2 OCH3 (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 1 1' 2' H3CO(CH2CH2O) 3 3' CH2 CH2 OCH3 2 3 n (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 Es werden 3,803 g (4,987 mmol, 1 eq) 2,5-Dibrom-1,4-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)tris(oxyethylen))benzol (38 c), 2,444 g (4,987 mmol, 1 eq) 2,5-Bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)benzol-1,4-diboronsäure (37) und 12,6 g NaHCO3 (150 mmol, 30 eq) in 10 mL THF und 10 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 40 mg (0,035 mmol, 0,7 mol%) Tetrakis(triphenylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Chloroform (3 x 50 mL) extrahiert. Nach dem Waschen mit Wasser (2 x 150 mL) werden die vereinigten organischen Phasen über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 50 mL Chloroform aufgenommen und durch Eintropfen in 1 L n-Hexan ausgefällt. Ausbeute: 4,86 g (97 %) schwach gelbliches, pulverförmiges Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,75 (b, 12H, H9-10); 3,32 (b, 18H, OCH3); 3,40-3,80 (m, 44H, H5-8,11, H5’-9’); 4,10 (m, 8H, H4, H4’); 7,06 (b, 4H, H3, H3’). 8 Experimenteller Teil 154 13 C-NMR (CDCl3): δ = 54,32; 54,46 (C9-10); 58,79; 58,95 (OCH3); 68,87; 69,05; 69,61; 69,84; 70,44; 70,65; 71,05; 71,86 (C4-8,11, C4’-9’); 117,15 (C3, C3’); 127,53 (C1, C1’); 150,13 (C2, C2’). Poly[2,5-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))-1,4-phenylen-alt-2,5bis(bis(2-methoxyethyl)aminomethyl)-1,4-phenylen] (45 ac) CH2 CH2 OCH3 H3COCH2CH2 CH2 CH2 OCH3 N (OCH2CH2) 3 N CH2 CH2 OCH3 H3COCH2CH2 CH2 CH2 OCH3 n (OCH2CH2) 3 N CH2 CH2 OCH3 N H3COCH2CH2 Es werden 0,423 g (0,859 mmol, 1,07 eq) 1,4-Diboronsäure-2,5-bis[bis(2- methoxyethyl)aminomethyl]benzol-Dihydrat (44 a), 0,610 g (0,800 mmol, 1 eq) 2,5Dibrom-1,4-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))benzol (38 c) und 2,1 g NaHCO3 (25 mmol, 31 eq) in 10 mL THF und 10 mL Wasser vorgelegt. Danach wird der Kolbeninhalt unter starkem Rühren entgast und 12 mg (0,010 mmol, 1,25 mol%) Tetrakis(triphenylphosphin)palladium im Stickstoffgegenstrom zudosiert. Anschließend wird 7 d unter leichtem Rückfluss erhitzt. Nach dem Abkühlen der Reaktionsmischung auf Raumtemperatur wird die organische Phase abgetrennt und die wässrige Phase mit Dichlormethan (2 x 50 mL) extrahiert. Die vereinigten organischen Phasen werden über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Ausbeute: 0,93 g eines dunklen, öligen Rückstands bestehend aus einer Mischung von 1,4-Bis[bis-(2-methoxyethyl)aminomethyl]benzol (61 a), unverändertem 1,4-Dibrombenzol-Derivat 38 c und unveränderter Diboronsäure 44 a 8 Experimenteller Teil 155 Poly[(2,5-bis(bis(2-methoxyethyl)amino)methyl)-1,4-phenylen] (47 a) CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 n N CH2 CH2 OCH3 H3COCH2 CH2 Es werden 0,514 g (3,30 mmol, 1,65 eq) 2,2’-Bipyridin und 0,84 g (3,0 mmol, 1,5 eq) Bis(1,5-cyclooctadien)nickel(0) unter Stickstoff in einer Mischung aus 12 mL entgastem Toluol und 10 mL entgastem DMF gelöst. Nach Zugabe von 0,4 mL (3,2 mmol, 1,6 eq) 1,5-Cyclooctadien wird die tiefblaue Lösung unter Rühren für 35 min auf 80 °C erhitzt. Anschließend wird eine Lösung von 1,052 g (2,00 mmol, 1eq) 2,5-Dibrom-1,4-bis(bis(2-methoxyethyl)aminometyl)benzol (38 a) in einem Gemisch aus 4 mL Toluol und 1 mL DMF hinzugefügt und für 6 d unter Rühren auf 80 °C erhitzt. Nach dem Erkalten werden die Lösungsmittel im Vakuum komplett entfernt. Der Rückstand wird unter starkem Rühren für 3 d mit 50 mL Chloroform extrahiert. Anschließend wird filtriert und das Lösungsmittel wird im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 35 mL Chloroform aufgenommen und zunächst für ca. 3 d mit wässriger EDTA-Lösung (35 mL) so oft gewaschen bis die EDTA-Lösung farblos bleibt. Schließlich wird mit Wasser (35 mL) kurz nachgewaschen. Die erhaltene organische Phase wird über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Das oligomere Rohprodukt ließ sich nicht aus n-Hexan ausfällen und wurde nicht weiter aufgereinigt. Ausbeute: 649 mg (89 %) dunkler öliger Rückstand 8 Experimenteller Teil 156 Poly[2,5-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))-1,4-phenylen] (47 c) 10 11 CH2 CH2 OCH3 4-9 (OCH2 CH2 )3 N CH2 CH2 OCH3 1 n 2 3 (OCH2 CH2 )3 CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 Es werden 0,257 g (1,65 mmol, 1,65 eq) 2,2’-Bipyridin und 0,42 g (1,5 mmol, 1,5 eq) Bis(1,5-cyclooctadien)nickel(0) unter Stickstoff in einer Mischung aus 6 mL entgastem Toluol und 4 mL entgastem DMF gelöst. Nach Zugabe von 0,2 mL (1,6 mmol, 1,6 eq) 1,5-Cyclooctadien wird die tiefblaue Lösung unter Rühren für 40 min auf 80 °C erhitzt. Anschließend wird eine Lösung von 0,762 g (1,00 mmol, 1eq) 2,5-Dibrom-1,4bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))benzol (38 c) in 2 mL Toluol hinzugefügt und für 6 d unter Rühren auf 80 °C erhitzt. Nach dem Erkalten werden die Lösungsmittel im Vakuum komplett entfernt. Der Rückstand wird unter starkem Rühren für 3 d mit 30 mL Chloroform extrahiert. Anschließend wird filtriert und das Lösungsmittel wird im Vakuum entfernt. Das erhaltene Rohprodukt wird in 25 mL Chloroform aufgenommen und zunächst für ca. 3 d mit wässriger EDTA-Lösung (25 mL) so oft gewaschen bis die EDTA-Lösung farblos bleibt. Schließlich wird mit Wasser (25 mL) kurz nachgewaschen. Die erhaltene organische Phase wird über MgSO4 getrocknet, filtriert und das Lösungsmittel im Vakuum entfernt. Ausbeute: 434 mg (72 %) gelbliches Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 2,73 (b, 12H, H9-10); 3,28 (b, 12H, OCH3); 3,36-3,90 (m, 24H, H5-8,11); 4,07 (b, 4H, H4); 7,03 (b, 2H, H3). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 54,46 (C9-10); 58,73 (OCH3); 68,88; 69,65; 70,34; 70,63; 71,07 (H4-8,11); 117,13 (C3); 127,47 (C1); 150,08 (C2). 8 Experimenteller Teil 8.5 157 Polymeranaloge Umsetzungen Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis((bis(2methoxyethyl)-1-propyl)-tris(oxyethylen)-ammoniumbromid)-1,4-phenylen] (42 c) Br 9' - 4' 4-9 H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2 )3 12 13 14 CH2 CH2 CH3 N CH2 CH2 OCH3 CH2 CH2 OCH3 10 2' H3CO(CH2CH2O) 3 11 1 1' 3' n (OCH2 CH2 )3 2 CH2 CH2 OCH3 3 Br N CH2 CH2 OCH3 CH2 CH2 CH3 Es werden 0,542 g (0,540 mmol, 1 eq) vollständig unprotoniertes Poly[2,5-bis(1,4,7,10tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))-1,4-phenylen] (39 c) in 40 mL (54,16 g, 440 mmol, 815 eq) 1-Propylbromid unter Stickstoffatmosphäre gelöst und für 9 d unter Rückfluss erhitzt. Das nahezu vollständig quaternisierte Produkt fällt während der Reaktion aus, wird abfiltriert, im Vakuum getrocknet und schließlich aus Wasser gefriergetrocknet. Ausbeute: 0,65 g (96 %) schwach gelbliches, pulverförmiges Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 0,90 (b, 6H, H14); 1,74 (b, 4H, H13); 3,30 (b, 18H, OCH3); 3,40- 3,95 (m, 60H, H5-12, H5’-9’); 4,09 (m, 8H, H4, H4’); 7,04 (b, 4H, H3, H3’). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 10,55 (C14); 16,06 (C13); 58,88; 59,05 (OCH3); 60,11; 63,15; 64,45; 66,03; 69,15; 69,82; 70,36; 70,49; 70,55; 71,06; 71,82 (C4-12, C4’-9’); 117,13 (C3, C3’); 127,67 (C1, C1’); 150,22 (C2, C2’). 8 Experimenteller Teil 158 Poly[2,5-bis(1,4,7,10-tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis((bis(2methoxyethyl)-1-propyl)-tris(oxyethylen)-ammoniumiodid)-1,4-phenylen] (43 c) I 9' - 4' 4-9 H3CO(CH2CH2O) 3 (OCH2 CH2 )3 12 13 14 CH2 CH2 CH3 N CH2 CH2 OCH3 CH2 CH2 OCH3 10 2' H3CO(CH2CH2O) 3 11 1 1' 3' n 2 3 (OCH2 CH2 )3 I CH2 CH2 OCH3 N CH2 CH2 OCH3 CH2 CH2 CH3 Es werden 0,140 g (0,140 mmol, 1 eq) vollständig unprotoniertes Poly[2,5-bis(1,4,7,10tetraoxaundecanyl)-1,4-phenylen-alt-2,5-bis((bis(2-methoxyethyl)amino)-tris(oxyethylen))-1,4-phenylen] (39 c) und 0,54 mL (0,95 g, 5,5 mmol, 40 eq) 1-Propyliodid in 8 mL THF unter Stickstoffatmosphäre gelöst und für 7 d unter Rückfluss erhitzt. Das nahezu vollständig quaternisierte Produkt fällt während der Reaktion aus, wird abfiltriert, im Vakuum getrocknet und schließlich aus Wasser gefriergetrocknet. Ausbeute: 0,17 g (90 %) schwach gelbliches, pulverförmiges Polymer 1 H-NMR (CDCl3): δ = 0,88 (b, 6H, H14); 1,71 (b, 4H, H13); 3,28 (b, 18H, OCH3); 3,40- 3,90 (m, 60H, H5-12, H5’-9’); 4,06 (m, 8H, H4, H4’); 7,01 (b, 4H, H3, H3’). 13 C-NMR (CDCl3): δ = 10,51 (C14); 16,17 (C13); 58,84; 59,14 (OCH3); 60,29; 63,21; 64,41; 65,94; 69,12; 69,77; 70,29; 70,41; 70,49; 71,75 (C4-12, C4’-9’); 116,35 (C3, C3’); 126,65 (C1, C1’); 149,26 (C2, C2’). 8 Experimenteller Teil 8.6 159 MALDI-Massenspektrometrie Die Aufnahme der MALDI-Massenspektren erfolgte mit dem Spektrometer AnalyticalKompact MALDI 4 der Firma Kratos (Beschleunigungsspannung: 20 kV, delayed extraction, Stickstofflaser: 337 nm) am Deutschen Kunststoff-Institut in Darmstadt. Als Matrix wurde 1,8,9-Trihydroxyanthracen verwendet, die erhaltenen atomaren Masseneinheiten wurden durch Kalibrierung mit Polyethylenglykolstandards bekannter Molmassen verifiziert. 8.7 Größenausschlusschromatographie (GPC) Die gelpermeationschromatographischen Untersuchungen erfolgten mit den drei verschiedenen Anlagen A, B und C: System A (Analyse des Modellpolymers 59 ohne Aminofunktionalitäten) Mobile Phase: THF Temperatur: 30 °C Pumpe: Waters 510 Injektion: Autosampler TSP AS 100 (Injektionsvolumen 100 µL) Säulensatz: PL Gel Mixed-B, C und D (Partikelgröße: 5 µm, Länge 30 cm, Durchmesser 0,75 cm) der Firma PSS Flussrate: 1 mL/Min Messzeit: 30 min Detektor: RI-Detektor Waters RI 410 Datenerfassung: WINGPC V. 6.01 der Firma PSS Kalibration: Polystyrol-Standards der Firma PSS System B (Analyse des Precursorpolymers 39 c mit Aminofunktionalitäten) Mobile Phase: THF + 0,5 Vol.% NEt3 Temperatur: Raumtemperatur Pumpe: Millipore Modell 510 Injektion: manuell (Injektionsvolumen 100 µL) 8 Experimenteller Teil Säule: 160 SDV (Partikelgröße: 10 µm, Länge 30 cm, Durchmesser 0,8 cm) der Firma PSS Flussrate: 1 mL/Min Messzeit: 30 min Detektor: RI-Detektor Waters RI 410 Datenerfassung: Waters Millenium32-Software Kalibration: Polystyrol-Standards der Firma PSS System C (Präparative Fraktionierung des Precursorpolymers 39 c Mobile Phase: THF + 0,5 Vol.% NEt3 Temperatur: Raumtemperatur Pumpe: Spectra Series P100 der Firma Thermo Separation Products Injektion: manuell (Injektionsvolumen 300 µL) Säule: PSS SDV präparativ (Partikelgröße: 10 µm, Länge 35 cm, Durchmesser 4 cm) Flussrate: 20 mL/Min Messzeit: 30 min Detektor: UV-Detektor Waters 490E (bei 254 nm) Datenerfassung: Data Manager DM400, TriSEC-Software Version 3 der Firma Viscotek Kalibration: 8.8 % Dampfdruckosmometrie Die Molekulargewichtsbestimmungen mittels Dampfdruckosmometrie wurden mit dem Gonotec Dampfdruckosmometer Osmomat 070 bei 35 °C durchgeführt. Nach Bestimmung der Zellkonstanten durch Kalibration des Osmometers mit Benzil wurde das zahlenmittlere Molekulargewicht Mn aus jeweils drei Messungen von vier verschieden konzentrierten Polymerlösungen in Chloroform im Konzentrationsbereich zwischen 5 g/L und 25 g/L ermittelt. Die angegebenen zahlenmittleren Molekulargewichte Mn sind mit einem Messfehler von ungefähr 10 % behaftet. 8 Experimenteller Teil 8.9 161 Trübungsmessungen Die Trübungsmessungen wurden mit der in Abbildung 5.1 gezeigten Apparatur durchgeführt. Sie wurde an der Montanuniversität Leoben (Österreich) im Institut für Chemische Kunststoffe konstruiert222. Reagenzglas Thermometer Heizblock Lichtquelle Photodiode Magnetrührer Rührfisch Abbildung 8.1: Schematischer Aufbau der Apparatur zur Trübungsmessung222 Ein Reagenzglas mit darin enthaltener wässriger Polymerlösung wurde in einem Heizblock in zwei aufeinanderfolgenden Zyklen auf ca. 70 °C erhitzt und anschließend wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Der Temperaturverlauf der Lösung während des Heiz- und Kühlzyklus wurde mit einem Thermometer bestimmt und aufgezeichnet. Gleichzeitig wurde die Intensität von Licht, welches durch die Lösung gestrahlt wurde, mit einer Photodiode gemessen und aufgezeichnet. 8.10 Ultrafiltration Vor der Untersuchung des quaternisierten Polyelektrolyts 42 c hinsichtlich der Gegenionenaktivität wurden sämtliche niedermolekularen Verunreinigungen durch Ultrafiltration entfernt. Hierzu wurden Ultrafiltrationszellen verwendet, die in ihrer Bauart denen der Firma AMICON (MILLIPORE) entsprechen. Sie haben ein Volumen von 350 mL und sind bis zu 5 bar druckstabil. Die verwendeten Membranen wurden von der Firma MILLIPORE bezogen und besitzen einen Durchmesser von 90 mm. Dabei handelt es sich um asymmetrische Membranen aus regenerierte Zellulose, bei denen die sehr dünne Membranschicht zur Stabilisierung auf einer stabilen, aber 8 Experimenteller Teil 162 flexiblen Stützschicht mit wesentlich größerer Porenweite aufgebracht ist. Die untere Molmassengrenze (Cut-Off) für die Durchlässigkeit eines Polymers wird durch die Güte der Membran bestimmt. Sie wird bei Membranen der Firma MILLIPORE als nominelle Molekulargewichtsgrenze (Nominal Molecular Weight Limit, NMWL) in Daltons angegeben. Diese kann nur als grober Anhaltspunkt dienen, da die Trennschärfe stark von der Beschaffenheit des Membranmaterials (mikroskopische Struktur, Porengeometrie) und von den Eigenschaften der zu messenden Polymerlösung (Molmassenverteilung, Struktur des Polymers) abhängt. Bei der Reinigung der Polymerlösung durch Ultrafiltration kommt als weiterer Parameter der Druck in der Ultrafiltrationszelle hinzu, da bei steigendem Druck die Trennschärfe abnimmt. In dieser Arbeit wurden die folgenden Membranen verwendet: PLBC 09005 (regenerierte Cellulose, 90 mm, NMWL: 3000) und PLCC 09005 (regenerierte Cellulose, 90 mm, NMWL: 5000). Der für die Filtrationen angelegte Druck von 1 bar wurde einer Stickstoff-Druckgasflasche entnommen. Der Ultrafiltrationszelle war ein Vorratsgefäß mit einem Volumen von 2 L vorgeschaltet, so dass in Abhängigkeit der Porengröße der verwendeten Membran bis zu mehreren Stunden kein Lösungsmittel nachgefüllt werden musste. 8.11 Potentiometrische Titrationen Für die potentiometrischen Titrationen wurde das Labor-pH-Meter CG 843 der Firma Schott (Genauigkeit: ± 0,1 mV) und der Dosimat Microlab P mit den Glasspritzen 1705 TLL (50µL), 1750 TLLX (500 µL) und 1005 P-TLL (5 mL) der Firma Hamilton verwendet. Die pH-Messungen wurden mit den pH-Glaselektroden (Einstabmessketten) InLab® 423 der Firma Mettler Toledo und Blue Line 14 pH der Firma Schott durchgeführt, die jeweils zu gleichen Ergebnissen führten. Die verwendeten Glaselektroden wurden mit den Standardpuffern pH 4,00 ± 0,02 (20 °C), pH 7,00 ± 0,02 (20 °C) und pH 10,00 ± 0,02 (20 °C) der Firma Roth vor jeder Messung kalibriert. Für die ionenselektiven Messungen kam die als Einstabmesskette konzipierte Bromid-Elektrode 9635 BN ionplus der Firma Thermo Orion zum Einsatz. Diese vereint eine bromidselektive Festkörpermembran-Elektrode und eine Ag/AgClReferenzelektrode in einer Bauform und ermöglicht somit Messungen von kleinen Volumina. 8 Experimenteller Teil 163 Bei den Titrationen wurde Wasser als Lösungsmittel eingesetzt, das einer Reinstwasseranlage vom Typ MILLI-Q der Firma Millipore entnommen wurde. Das System bestand aus einem Aktivkohlefilter (Super-C Carbon Cartridge), zwei Ionenaustauschern (Ion-Ex Cartridge) und einem nachgeschalteten Filter für organische Verunreinigungen (Organex-Q Cartridge). Die Leitfähigkeit des entnommenen Wassers betrug stets weniger als 0,6 µS/cm. Das ebenfalls als Lösungsmittel verwendete Deuteriumoxid wurde von der Firma Deutero GmbH bezogen und direkt eingesetzt. Weiterhin wurden die Maßlösungen 1 M Natronlauge (Roth) und 1 M Salzsäure (Roth) sowie eine wässrige 1 M Bromwasserstofflösung verwendet, die durch Verdünnen der 47 %igen Bromwasserstoffsäure Suprapur® (Merck) erhalten wurde. Die Probelösungen wurden während der Titrationen nicht thermostatisiert, die Temperatur lag stets zwischen 16 °C und 25 °C. Die Messungen erfolgten an Luft ohne Schutzgasatmosphäre. Bei den durchgeführten Titrationen wurde die Säure bzw. Lauge schrittweise alle zwei Minuten automatisch zudosiert, jeweils in 0,5-µL-Schritten im Falle der 50-µL-Spritze und in 5-µL-Schritten im Falle der 500-µL-Spritze. Die Zugabe der NaBr- bzw. Polyelektrolytlösung erfolgte in 50-µL-Schritten mit einer 5-mL-Spritze. Das pH-Meter übermittelte während der gesamten Messzeit von ca. 1,5 h bis 3 h jeweils im Zeitabstand von 5 s den aktuell angezeigten Messwert an einen angeschlossenen Computer, an dem die Datenerfassung mit dem Programm MultiLab pilot 3.0 der Firma Schott erfolgte. Die vollständige Einstellung des Gleichgewichtszustandes nach jedem Zudosieren konnte anhand der konstanten Messwerte spätestens nach einer Minute immer bestätigt werden. Zur Auswertung der pH-Titrationen wurde jeweils ein Messwert aus dem konstanten Bereich betrachtet, während bei den Messungen mit der Bromid-Elektrode zur Erhöhung der Genauigkeit jeweils 10 Messwerte gemittelt wurden. Die ermittelten pH-Werte bei Messungen in Deuteriumoxid statt in Wasser wurden nicht korrigiert. 9 Abkürzungsverzeichnis 164 9 Abkürzungsverzeichnis a aP b bP B + BH Bu capp fξ Aktivität Radius des Polyions im Poisson-Boltzmann-Zellmodell axialer Abstand zweier ionisierbarer Gruppen auf der Polymerkette axialer Ladungsabstand auf der Polyelektrolytkette Base konjugierte Säure Butyl scheinbare Bromidionenkonzentration, bestimmt aus Akivitätsmessung durch Kalibration tatsächliche Konzentration an Bromidionen Konzentration an Stickstoffatomen Konzentration an Natriumbromid Polyelektrolyt-Konzentration (Stoffmenge der Ketten pro Volumen) N,N-Dimethylformamid Dimethylsulfoxid Elementarladung Äquivalente elektrochemisches Potential Standardpotential der Messkette Diffusionspotential Ethyl Manning-Fraktion (Bruchteil der kondensierten Gegenionen) Gel i I kB KD KS KW lB M Me Mn Mw n n NA freie elektrostatische Energie effektive Ladung bezogen auf eine Aminogruppe Ionenstärke Boltzmann-Konstante Säurekonstante / Ionisationskonstante in Deuteriumoxid Säurekonstante / Ionisationskonstante in Wasser Ionenprodukt des Wassers Bjerrum-Länge Molarität [mol/L] Methyl zahlenmittleres Molekulargewicht gewichtsmittleres Molekulargewicht Anzahl der Wiederholungseinheiten Konstante aus der erweiterten Henderson-Hasselbalch-Gleichung Avogadro-Konstante cBrcN cNaBr cP DMF DMSO e eq E E0 Ed Et 9 Abkürzungsverzeichnis p pD pH pK0 pK0,5 pKapp pKD pKS pKW PD Pn R R0 T THF Ts Xα α’ β γapp γBrγ*BrγNaBr 165 Umsatz negativer dekadischer Logarithmus der D+-Konzentration negativer dekadischer Logarithmus der H+-Konzentration intrinsische Ionisationskonstante bei einem Protonierungsgrad von α = 0 Konstante aus der erweiterten Henderson-Hasselbalch-Gleichung (bei α = 0,5 gilt: pK0,5 = pKS = pH) mit Henderson-Hasselbalch ermittelter apparenter pKS-Wert negativer dekadischer Logarithmus der Säurekonstanten in Deueriumoxid negativer dekadischer Logarithmus der Säurekonstanten in Wasser negativer dekadischer Logarithmus des Ionenprodukts von Wasser Polydispersität PD = Mw / Mn zahlenmittlerer Polymerisationsgrad Gaskonstante Radius der Zylinderzelle im Poisson-Boltzmann-Zellmodell Temperatur Tetrahydrofuran p-Toluolsulfonat Halogenidion Protonierungsrad Quaternisierungsrad Neutralisationsgrad Aktivitätskoeffizient der freien, nicht kondensierten Bromidionen Aktivitätskoeffizient aller Bromidionen experimentell ermittelter Aktivitätskoeffizient: γ*Br- = capp / cBrAktivitätskoeffizient der Bromidionen von Natriumbromid (γNaBr ≈ 1) ε0 Aktivitätskoeffizient der Bromidgegenionen des Polyelektrolyts ohne Natriumbromid-Fremdionen Dielektrizitätskonstante des Vakuums εr relative Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels λD ν~ Debye-Länge ξ Ladungsparameter ξeff effektiver Ladungsparameter Π osmotischer Druck ϕ1, ϕ2 φ Koeffizienten aus der Reihenentwicklung der apparenten Ionisationskonstanten von Mandel osmotischer Koeffizient ψ elektrostatisches Potential γP Wellenzahl [cm-1] 10 Literaturverzeichnis 166 10 Literaturverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 M. 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Patrick Wittmeyer 5.4.2004 Nieder-Ramstädter Str. 27 64283 Darmstadt Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich meine Dissertation selbständig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe. Weiterhin erkläre ich, noch keinen Promotionsversuch unternommen zu haben.