LWL - Jugendheim Tecklenburg Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt Tecklenburgerstr. 36 a 48565 Steinfurt Tel.: 0 25 51 / 7 03 88 33 Fax.: 0 25 51 / 7 03 88 34 Handy-Nr.: 0172 / 2 08 15 15 Email: [email protected] 1.0 Formale Beschreibung der Gruppe 1.1 Räumliche Gegebenheiten 1.1.1 Ort Das Haus liegt in einer verkehrsberuhigten Lage nur wenige Fußminuten vom Steinfurter Ortskern entfernt. Kindergarten und Schulen sind für die Kinder gut zu erreichen. Es besteht eine gute Anbindung an Bus und Bahn. 1.1.2 Wohnen Das Haus wird geprägt durch eine freundliche Atmosphäre, die dem Bedürfnis nach Ruhe und Geborgenheit Rechnung trägt. Jedes Kind hat die Möglichkeit ein Einzelzimmer zu beziehen. Im Bedarfsfall (Geschwisterkinder) kann auch ein Doppelzimmer eingerichtet werden. Das Haus wird umrahmt, durch einen natürlich gehaltenen Garten, der zum Spielen und Entdecken einlädt. 1.2 Betreuungsintensität 1.2.1 Pädagogik In der Gruppe ist eine koedukative Unterbringung für bis zu 8 Kinder möglich. Bei Jugendlichen mit Entwicklungsverzögerung wird die Aufnahme im Einzelfall geprüft. Die Kinder werden im Schichtdienst betreut. Der Betreuungsschlüssel liegt bei 1: 1,5. 1.2.2 Hauswirtschaftliche Leistungen Unsere Hauswirtschaftskraft ist mit einer halben Stelle beschäftigt. 1.3 Rechtsgrundlage Hilfen zur Erziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII 1.4 Ausschlusskriterien Jede Aufnahmeanfrage wird individuell geprüft. Eine wesentliche Voraussetzung ist eine hohe Entwicklungsmotivation bei den Familien/ Pflegestellen und die ausgeprägte Bereitschaft zur Kooperation. Kinder, die aufgrund ihrer biographischen Vorerfahrungen (anhaltende Überwältigungserfahrungen, tiefes Misstrauen, massive Grenzverletzungen durch Eltern) auch perspektivisch nicht in der Lage sind sich auf ein familienanaloges System einzulassen ohne erneuten Überwältigungserfahrungen ausgesetzt zu werden. Auch bei komplizierten Fallgestaltungen wird nach kreativen und angemessenen Lösungswegen gesucht. 1.5 Personal 1.5.1 Pädagogik 0,75 Stelle Gruppenleiterin, Dipl. Sozialpädagogin, systemische Familienberaterin Fortbildung in therapeutischen Interventionstechniken 1,00 Dipl. Sozialpädagogin/ Sozialarbeiterin, systemische Familienberaterin 1,00 Dipl. Pädagogin 1,00 Sozialpädagogin, (bac.), Dipl. Heilpädagogin, Hauswirtschaftsleiterin 1,00 Dipl. Sozialpädagogin, Motopädagogin 0,34 Enschede Mitarbeiterin, Studium der Sozialarbeit 0,23 N.N. 1.5.2 0,50 Wirtschaftsbereich Hauswirtschaftskraft 2 2.0 Pädagogische Grundausrichtung 2.1 Theoretische Basis/ Menschenbild 2.1.1 Prävention "Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen." Max Frisch, schweizerischer Schriftsteller (1911-1991) Gewalt, chronische Disharmonie, Verweigerung, Ängste… Symptome, die einen positiven Entwicklungsverlauf von Kind und Familie unmöglich erscheinen lassen und in der Regel weitere Überreaktionen bedingen. Eine Chronifizierung der Störungen erscheint vorprogrammiert. Eine stationäre Aufnahme in der Klinik oder in einem Jugendhilfe Setting erfolgt um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Psychosoziale Krisen verstehen wir als eine Lebenslage, die geprägt ist von existenzieller Bedrohlichkeit, die das Bewältigungsvermögen der Betroffenen überfordern. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Crisis", der "Wendepunkt" deutet die Möglichkeiten und Chancen an, die mit dieser Krise verbunden sein können. Wir fühlen uns insbesondere verantwortlich für Kinder, die aufgrund ihres aktuell gezeigten Verhaltens und einer fehlenden familiären Anbindung von langjähriger Unterbringung nach § 34 SGB VIII bedroht sind. Dabei begreift sich die Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt als zielgerichtete intervenierende Wohngruppe und fühlt sich dem Auftrag verpflichtet konstruktive Veränderungen und Entwicklungen von Kinder und deren (Herkunfts-)Familien oder zukünftigen Pflegefamilien zu ermöglichen. Unser Ziel ist es, diesen Kindern neue Perspektiven im Bereich § 33 Satz 2 SGB VIII aber auch für eine Reintegration in die Herkunftsfamilie zu eröffnen. Die Entwicklung wird im Sinne der Interaktionsmodelle, als Serie miteinander verwobener sozioemotionaler, kognitiver, motorischer und repräsentationaler Kompetenzen definiert. Die Kompetenzen einer Entwicklungsperiode verbessern die Anpassung eines Menschen an die Umwelt. Eine späte Entwicklungsperiode integriert immer frühere Kompetenzen; somit fördert die frühe Anpassung die spätere Anpassung und Integration. Eine beeinträchtigte Entwicklung kann folglich verstanden werden als ein Mangel an Integration der sozio- emotionalen, kognitiven und repräsentationalen Kompetenzen, die für Anpassung zu einen bestimmten Entwicklungszeitpunkt notwendig sind. Da frühere, einfache Strukturen in die darauf folgenden, komplexeren integriert werden, kann eine frühe Beeinträchtigung oder Funktionsstörung 3 zu größeren Folgestörungen (z.B. psychischer Erkrankung) führen. Die Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt begreift sich als einen zeitlich befristeten Lebensort, mit dem Auftrag anstehende und/ oder in der Vergangenheit nur unzureichend vollzogene Entwicklungsschritte erfolgreich zu bewältigen bez. eine Nachreifung zu initiieren. Die Kinder, die in unserer Gruppe leben, haben in der Regel eine Fülle traumatischer Erfahrungen in ihre Persönlichkeitsentwicklung integrieren müssen. Neben Misshandlung, Missbrauch und Deprivationserfahrungen können diese aber auch durch das Fehlen jeglicher Orientierung und Struktur geprägt worden sein. Die Familien sind häufig geformt durch Misstrauen, Stigmatisierung und Frustration. Die Intensiv Kinderwohngruppe möchte gemeinsam mit den Kindern, ihren Familien oder den (zukünftigen) Pflegefamilien realistische Perspektiven und konkrete Handlungsalternativen erarbeiten und umsetzten. Wir verstehen uns als eine entwicklungsorientierte Kinderwohngruppe mit dem Ziel, eine auf Dauer angelegte Lebensperspektive der Kinder zu realisieren. Unser Ziel ist es, eine stationäre Unterbringung als weitere Lebensperspektive auszuschließen. Uns ist bewusst, dass die Unterbringung in der Wohngruppe einen weiteren Risikofaktor in der Biographie des Kindes darstellt. Umso wichtiger erscheint es, dem Kind ein reflektiertes authentisches Beziehungsangebot zu bieten. Inhalte sowie Ziele der Maßnahme müssen dem Kind zu jedem Zeitpunkt transparent sein. Aufgrund des expliziten Auftrages beschränken sich die Interventionsebenen nicht auf Verhaltensmerkmale der Familie und des Kindes sondern beziehen sich auf - Intrapsychische Prozesse (Wahrnehmung, Motivation, Bewertung) - Zentrale, dyadische Beziehungen - Familien, Pflegestelle und deren Systematik - Netzwerke - Sozialraum 4 2.1.2 Integration und Normalisierung Die Kinder in der Wohngruppe sollen eine klare, verlässliche und kindgerechten Gestaltung des Alltags erfahren. Sie werden in den ortsansässigen Schulen eingeschult und nach Möglichkeit in Vereine integriert. Der Alltag wird gemeinsam gestaltet und orientiert sich an einer überschaubaren Tagesstruktur, in die neben Versorgung, Freizeit und Schule auch individuelle Trainingseinheiten des Kindes und der Familie integriert werden. Wichtig ist es uns, Veränderungsmöglichkeiten erfahrbar zu machen und zeitnah Erfolgserlebnisse aufzuzeigen. Durch die Initiierung von Basiskompetenzen und dem individuellen Kompetenzzuwachs möchten wir erreichen, dass die Motivation aller Beteiligten erhalten bleibt. In der Regel besteht das gemeinsame Ziel von Eltern und der Pflegestelle und Kind wieder/ oder neu geordnet zusammen leben zu können. In der Vergangenheit führten mangelnde elterliche Feinfühligkeit, Erziehungsdefizite, elterliche Überforderung und/oder expansive Verhaltensweisen des Kindes zu einem Scheitern der ElternKind Beziehung. In der Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt geht es darum, die elterliche Bindungsrepräsentation in die Arbeit mit einzubeziehen und diese positiv zu verändern. Das feinfühlige Verhalten der Eltern und der potentiellen Pflegeltern im Umgang mit dem Kind soll gefördert werden, um dadurch die Möglichkeiten flexibler und kompetenter Bewältigungsstrategien und positiver Selbstentwicklung zu fördern. Die Grundlage dieser Veränderungsarbeit ist neben einem stabilen, gut strukturiertem Umfeld, indem das Kind Sicherheit und Versorgung erfährt, eine positive und wertschätzende Arbeitsbeziehung zwischen den Eltern und den potentiellen Pflegeeltern sowie dem Betreuerteam. Der Prozess wird für Kind und Eltern und Pflegeeltern transparent und überschaubar gestaltet, so dass eine Mitarbeit aller Beteiligten von Beginn an reizvoll und erfolgsorientiert stattfinden kann. Es erfolgt eine einsehbare Dokumentationsstruktur, im Sinne eines Entwicklungsordners, in dem der stattfindende Prozess dokumentiert wird. 5 2.1.3 Die pädagogische Beziehung Forschungen im Bereich der Jugendhilfe haben deutlich gemacht, dass langfristige Effekte in der Jugendhilfe in einem engen Zusammenhang zur Beziehung und zum Kompetenzgewinn stehen. Die "Beziehung" zum Kind ist die Grundlage der pädagogischen Arbeit und fordert die aktive Kooperation des Kindes. Die "Beziehung" zur Familie und die daraus resultierende Mitarbeit und Kooperation der Eltern bestimmt maßgeblich den Erfolg der Maßnahme. Unser Ziel ist es, destruktive Beziehungsstrukturen aufzulösen und die Beziehungswelten des Kindes transparent zu gestalten um so adäquates, kind- orientiertes Handeln der (Pflege-) Eltern zu ermöglichen. Besonders für den Bereich der Pflegestellen ermöglichen wir dieses über das sogenannte „Praxisprojekt“. Hier bieten wir ein Schulungskonzept, dass neben einer professionellen Erziehungshaltung, vertiefende Kenntnisse im Bereich der vorhandenen Störung und Beeinträchtigung beinhaltet sowie Möglichkeiten einer gelingenden und zukunftsorientierten Antwortfindung. Die potentiellen Pflegfamilien erhalten einen Einblick und die Möglichkeit der Beteiligung im Rahmen einer gemeinsamen Zieldefinition sowie Hilfen zur Reflexion ihres eigenen Bildes über Familie und Beziehung. Wir verstehen die Eltern und mögliche Pflegeeltern in unserem Setting als "Erziehungspartner", dem neben vielen Rechten auch eine Reihe von Pflichten zufällt. Die Einbeziehung der Eltern und Pflegeeltern in den Alltag stellt neben der Übernahme von Erziehungsverantwortung ein wesentliches Merkmal unserer Arbeit dar. Die Anforderungen werden individuell nach Entwicklungsstand der Kinder und den Möglichkeiten der Erziehungsberechtigten/Pflegeeltern abgestimmt und kontinuierlich gesteigert. Das System versteht sich als Trainingsfeld, welches optimale Möglichkeiten für Kind und Familie erarbeitet, um das gemeinsame Leben entwicklungsorientiert und positiv gestalten zu können. Als Grundlage gilt die verbindliche Tagesstruktur der Gruppe. Die Eltern/ Pflegeeltern werden in den Alltag integriert und übernehmen zunehmend mehr Erziehungsverantwortung im Alltag. Krisenhafte Zuspitzungen werden zunächst modellhaft durch die Mitarbeiter reguliert. Die (Pflege-) Eltern erhalten die Möglichkeit das konstruktive Konfliktverhalten durch Beobachtung und Reflexion in ihr eigenes Verhaltensrepertoire zu integrieren. 6 2.2 Besondere Zielsetzungen 2.2.1 Partizipation Partizipation beginnt bei uns bereits vor der eigentlichen Aufnahme. Die Erfahrungen, Wahrnehmungen und Erwartungen der beteiligten Personen sollten bereits zu Beginn in alle weiteren Überlegungen und Planungen einbezogen werden und fortlaufend reflektiert und auf ihre Kongruenz überprüft werden. Das Aufzeigen von Konflikten, unterschiedlichen Handlungsansätzen, Erwartungshaltungen und nicht deckungsgleichen Zieldefinitionen bildet einen wesentlichen Baustein unserer Arbeit. Die Kinder lernen in der Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und eigene Wünsche und Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. Die Kinder und ihre Familien erhalten alle relevanten Informationen, um sich im neuen Umfeld zurecht zu finden. Aufgrund eines klar strukturierten Beschwerdemanagements ist sowohl den Kindern, wie auch den Eltern, von Beginn an die Möglichkeit des kritischen Austausches eröffnet. Durch regelmäßig erfolgende Elternabende können die (Pflege-) Eltern ihre Wünsche und Vorstellungen aber auch Erfahrungen einbringen. Diese Form der Arbeit bietet den Eltern die Möglichkeit eines Erfahrungsaustausches untereinander. Im Sinne einer "Psychoedukation" werden die Eltern aber auch die Kinder (nach Absprache) über die jeweiligen Störungsbilder und den damit verbundenen Interventionen aufgeklärt. 2.2.2 Bildungsvermittlung Kinder aus hochbelasteten Familien haben häufig einen sehr eingeschränkten Zugang zur klassischen Bildungsvermittlung. Aufgrund der unterschiedlichen Stressoren, die auf die Kinder einwirken sind Bildungserfolge selten. In der Gruppe erhalten die Kinder eine differenzierte Förderung der schulischen Fertigkeiten. Dabei werden Fertigkeiten, die in der Vergangenheit nicht erlernt/ vermittelt wurden berücksichtigt. Durch das gemeinsame Erleben von Festen und Ritualen werden Werte und Normen vermittelt, die wesentliche Bestandteile der westlichen Kulturen darstellen. Ziel ist es den Kindern, aber auch den Erwachsenen ein breites Spektrum kultureller Erlebnisse und Erfahrungen nahe zu bringen wie; Musik, Theater, Tanz, künstlerisches Gestalten. Dies soll auch dazu dienen, die Ausdrucksmöglichkeiten der Kinder und Familien um ein vielfaches zu erweitern. 7 2.3 Besondere Schwerpunkte 2.3.1 Das Aufnahmeverfahren bzw. – prozess Grundsätzliche Bedingung für eine Aufnahme in die Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt ist der Wunsch aller Beteiligten einen gemeinsamen Veränderungsprozess einzugehen. Am Ende der Maßnahme sollte das Leben in einer Familie stehen. Kinder die aufgrund ihrer frühen Traumatisierung aktuell im Familienleben oder im Kontakt/ Abhängigkeit mit einzelnen Erwachsenen überfordert sind, sollen innerhalb des Betreuungszeitraumes in die Lage versetzt werden sich vertrauensvoll auf ein familiäres Setting einzulassen. Das Aufnahmeverfahren wird durch die MitarbeiterInnen der Intensiv- Kinderwohngruppe Steinfurt so schonend wie möglich realisiert. Darunter verstehen wir: - Entwicklung einer von Akzeptanz geprägten Arbeitsatmosphäre - Vorstellung der Räumlichkeiten, der MitarbeiterInnen und der geplanten Arbeitsschritte - Darlegung der sich eröffnenden Möglichkeiten für Familie/ Pflegestelle und Kind. - Zwei MitarbeiterInnen sind am Gespräch beteiligt - Es ist ausreichend Zeit vorhanden, die Räume sind vorbereitet - Das Ziel ist die Konsensbildung aller Beteiligten zur vorliegenden Fragestellung und dem daraus resultierenden Auftrag. - Ziel ist der Abschluss eines entsprechenden Kooperationsvertrages aus dem die erste Zielvorstellung und die damit verbundene Aufgabenverteilung hervorgehen. - Zeitnahe HPG zur Überprüfung der geleisteten Arbeit in allen Funktionsbereichen und zur weiteren Zielformulierung. Eine Aufnahme ist angezeigt bei: - Kindern, die z.Zt. aufgrund massiver Verhaltensauffälligkeiten, wie z.B. Teilnahmslosigkeit, Sprachentwicklungsverzögerungen, motorischen Auffälligkeiten, Wahrnehmungsdefiziten, unterentwickeltem Sozialverhalten, mangelnder Versorgung nicht in ein Familiensystem integrierbar sind. - Kindern aus Familien– Überforderungssystematiken und ein Pflegesystemen, pädagogisch– die therapeutisches aufgrund akuter Krisenmanagement benötigen. Ziel der Maßnahme ist es, Kontaktflächen innerhalb des familiären Kontextes für Reintegrationsaufgaben zu stärken 8 - Kindern aus Herkunftssystemen, bei denen aufgrund objektiver Faktoren (z.B. Sorgerechtsstreitigkeiten) eine Unterbringung im Sinne kurzfristiger Perspektivklärung und Diagnostik nicht möglich ist. 2.3.2 Eine Diagnostik differenzierte Diagnostik unter pädagogischen, psychotherapeutischen sowie motopädagogischen Gesichtspunkten ermöglicht eine ätiologische Einschätzung der vorliegenden Störung/ Auffälligkeiten und erste darauf abgestimmte Arbeitshypothesen. Im Rahmen der Diagnostik arbeiten wir neben der differenzierten Verhaltensbeobachtung in unterschiedlichen Lebensbereichen mit standardisierten Testverfahren und Erhebungsinstrumenten. Diese ermöglichen im weiteren Verlauf - Erstellung individueller Entwicklungs- und Förderpläne, die abgestimmt sind auf den erhobenen Bedarf. - Kontinuierliche Überprüfung der erhobenen Befunde sowie die geleisteten Entwicklungsschritte 2.3.3 Reintegration versus Lebensort Das Ziel der Maßnahme soll es sein, eine stationäre Unterbringung nach §34 SGB VIII dauerhaft zu vermeiden. Dabei ist das primäre Ziel die Integration des Kindes in ein familiäres Umfeld. Wir begreifen uns als einen zeitlich begrenzten Lebensort, an welchem wir das Kind und seine Familie/ Pflegefamilie auf dem Weg zum weiteren familiären Zusammenleben begleiten und unterstützen wollen. Kinder, die zum Aufnahmezeitpunkt nicht in ein familiäres System integriert werden können und die Rückkehr in die Herkunftsfamilie zunächst ausgeschlossen ist, sollen die Möglichkeit erhalten, in eine (zeitlich befristete) Vollzeitpflege nach § 33 SGBVIII integriert zu werden. Im Rahmen einer Pflegevermittlung benennen wir folgende Arbeitsziele - Aufbau einer produktiven Arbeitsbeziehung zu den potentiell künftigen Bezugspersonen - Erläuterung der im Begutachtungsprozess deutlich gewordenen und für die potentiellen Bezugspersonen relevanten Faktoren 9 - Schaffen von Kommunikationsstrukturen zwischen den Bezugspersonen und dem Kind, ohne dabei eine Überforderungssituation für die beteiligten Personen zu provozieren - Schrittweise Annäherung der beteiligten Personen, wobei das Tempo in der Regel durch das Kind bestimmt wird - Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwischen dem Kind und den potentiellen Bezugspersonen - Differenzierte und individuelle Schulung der Pflegestelle durch In-house- Seminare; Beratung sowie Prozessbegleitung 2.3.4 Hilfeplanverfahren Das Hilfeplanverfahren wird altersentsprechend mit dem Kind vorbereitet. Wünsche und Vorstellungen des Kindes werden in das Verfahren integriert. Ebenso betrachten wir es als selbstverständlich die Eltern/ Pflegestelle in die Vorbereitung der Hilfeplanung einzubinden. Das Hilfeplanverfahren dient uns und der Familie/ Pflegestelle als ein wesentliches Instrument um die Hilfe auf Sinnhaftigkeit und Erfolg zu überprüfen. 3.0 Pädagogische Regelleistung 3.1 Kinder 3.1.1 Leistungen zur Förderung des jungen Menschen 3.1.1.1 Emotionale Förderung Wir gehen davon aus, dass positiv erlebte Bindungserfahrungen auch zukünftig die Bindungsrepräsentation des Menschen beeinflussen. Durch das gemeinsame Leben in der Gruppe, erfahren die uns anvertrauten Kinder eine verlässliche und kindorientierte Versorgung und damit oft erstmals die Regulation ihrer Grundbedürfnisse. Auf dieser Basis sind sie in der Lage sich mit den Themen Konflikt, Grenzsetzung und Verantwortung auseinander zusetzen. Die Möglichkeit zur Veränderung ist so gegeben. Stärken des Kindes und der Familie werden gemeinsam herausgearbeitet und gefördert um so das Selbsterleben positiv zu gestalten. Anforderungen des Alltags können so eher als positive Herausforderung gewertet und bewältigt werden. 10 Um die Kinder bei dem Aufbau ihrer sozialen Kompetenzen zu unterstützen, werden folgende Bereiche inhaltlich erarbeitet. - Kommunikation / Interaktion Gefühle - Selbst und Fremdwahrnehmung - Beziehungsaufbau - Wünsche und Bedürfnisse - Beziehungen und Freundschaften pflegen - Konfliktmanagement Dies erfolgt altersentsprechend in einem Gruppenangebot und wird im Alltag immer wieder an konkreten Beispielen geübt, so dass sich die neuen Handlungsstrategien des Kindes verfestigen und zu einer spürbaren Selbstwerterhöhung des Kindes beitragen. 3.1.1.2 Kognitive Förderung Vermittlung von Selbstmanagement- Strategien und Fertigkeiten - Motivation durch Maximierung des Ausmaßes persönlicher Kontrolle beim Kind - Motivation durch selbst gesetzte Ziele - Motivation durch Erhöhung der Selbstwirksamkeit - Motivation durch Selbststeuerung und Selbstmotivation des Verhaltens - Motivation durch maximale Transparenz - Motivation durch das Prinzip der Freiwilligkeit 3.1.1.3 Körperliche Förderung Im Rahmen der ganzheitlichen Betreuung ist das Umfeld und auch der Alltag der Intensiv Kinderwohngruppe Steinfurt so strukturiert und gestaltet, dass den Kindern ein vielfältiges Angebot der körperlichen Erfahrungsmöglichkeiten offeriert wird. - Spielwiese im Garten für Ball und Bewegungsspiele - Regelmäßige, Wetter unabhängige Aktivitäten an der frischen Luft - Regelmäßiges Schwimmen, Besuch von Spiel- und Sportplätzen in der Umgebung - Sportliche Aktivitäten 11 - Gezielte Förderung bei vorhandenen Entwicklungsrückständen (begleitet durch Ergotherapie und Motopädie) 3.1.1.4 Entwicklung von Lebenstüchtigkeit - Tagesstrukturierende Maßnahmen, die sich an den Bedürfnissen der Kinder nach Verlässlichkeit, Regelmäßigkeit und Ritualen orientieren - Vermittlung von altersentsprechenden lebenspraktischen Fähigkeiten durch die Einbeziehung der Alltagsbewältigung wie z.B. Einkauf, Zubereitung von Mahlzeiten, spielerischer Umgang mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten und der Gestaltung ihrer Lebenswelt - Erlernen demokratischer Grundstrukturen durch eine alters- und situationsbezogene Partizipation (Gestaltung des Umfeldes, Gestaltung der Freizeitaktivitäten, Einkauf, Kochen) - Anleitung zur Körperhygiene und Zahnpflege - Vorbereitung und Begleitung von Arztbesuchen - Altersentsprechende ausgewogene Ernährung - Verantwortung für die Gesundheitsfürsorge 3.2 Herkunftsfamilie /Pflegestelle 3.2.1 Leistungen zur Verbesserung der Erziehungsbedingungen Basierend auf den formulierten Veränderungswünschen der Erziehungsberechtigten, entwickeln wir Handlungspläne, die mithilfe individueller Trainingseinheiten zunächst in dem geschützten Rahmen der Gruppe und später im familiären Umfeld erprobt und angewandt werden. 3.2.2 Einbeziehung der Sorgeberechtigten in den Erziehungsprozess Als pädagogische Ziele auf den Sorgeberechtigten bezogen benennen wir - Aufbau einer produktiven Arbeitsbeziehung zu den Sorgeberechtigten - Klärung der Beziehungsmuster innerhalb des Familiensystems - Unterstützung der Eltern zu pädagogischen Fragestellungen - Hilfestellung und Begleitung bei der Gestaltung der Kontakte zwischen Familie und Kind - Gezielte Unterstützung bei der Erkennung/Weiterentwicklung eigener innerfamiliärer erzieherischer Ressourcen als Vorbereitung der Reintegration 12 3.2.3 Leistungen in der Zusammenarbeit mit sonstigen Institutionen Die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen erfolgt in der Regel im Rahmen einer konstruktiven, zielgerichteten Arbeitsatmosphäre. Aufgrund des expliziten Auftrages Kinder in ein familiäres System zu integrieren, ist eine enge Zusammenarbeit mit dem zuständigen Pflegekinderdiensten sinnhaft. Als Grundleistung benennen wir Regelmäßiger, fachlich orientierter Austausch - Offen gestaltete Kooperationsflächen Die Zusammenarbeit erfolgt mit - Schulen (Vorschule, Grundschule, weiterführende Schulen und Sonderschulen) - Kindergärten - Ärzten/Kliniken - Therapeuten (Logopädie, Ergotherapie, Motopädie, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) - Anderen Jugendhilfeträgern 4.0 Anschlussperspektiven Strukturell gestörte Familiensysteme benötigen in der Regel langfristige Hilfe. Im Anschluss der erfolgreichen Maßnahme sollte ein gemeinsames Zusammenleben der Familie möglich sein. Destruktive Familienstrukturen sollten soweit aufgelöst sein und neu erlebte Beziehungsstrukturen bereits leicht gefestigt sein, so dass die Familie/ Pflegefamilie in der Lage ist künftige Entwicklungsaufgaben, Konflikte und sowie Krisen gemeinsam mit ambulanten Hilfen und konstruktiv zu bewältigen. Die neu in eine Pflegefamilie zu vermittelnden Kinder haben sich in ihrer Entwicklung stabilisiert und positiv besetzte Beziehungsflächen im Sinne einer Familienfähigkeit entwickelt. Durch die detaillierte Kenntnis des Kindes und der Pflegefamilie kann dieser Integrationsprozess ohne wesentliche Reibungsverluste weiter mit begleitet werden. 13 5.0 Maßnahmen der Qualitätssicherung 5.1 Ebene der Strukturqualität Wir arbeiten mit 5,3 festen pädagogischen Stellen. Dieser Personalschlüssel schafft Rahmenbedingungen, die es den MitarbeiterInnen ermöglichen, die Strukturqualität auf einem hohen Niveau zu erhalten. Die Qualität der Arbeit wird auch in einem hohen Maß durch die Identifikation der/des einzelnen Mitarbeiterin/Mitarbeiters bestimmt. In diesem Bereich ist es uns wichtig, die MitarbeiterInnen in ihrer persönlichen Weiterentwicklung/Qualifikation zu unterstützen. Die räumlichen Bedingungen wurden nach dem Bedarf der Gruppe realisiert - Ausreichende Spiel- und Nutzflächen - Angenehme und flexibel nutzbare Raumaufteilung - Helle freundliche Grundatmosphäre und unterstützen in wesentlichen Bereichen die Umsetzung des Auftrages. 5.2 Ebene der Prozessqualität Wir gehen davon aus, dass ohne ausgereifte Qualitäten in diesem Bereich eine sinnhafte und verantwortliche Realisierung der Aufträge nicht möglich ist. Daher ist ein Schwerpunkt der Arbeit - Entwicklung differenzierter Dokumentationsstrukturen, die eine klare Beantwortung der leitenden Fragestellung ermöglicht. - Kontinuierliche Reflexion/Evaluation der geleisteten Arbeit - Das Bewusstsein, dass dieser Prozess der Entwicklung nie abgeschlossen sein wird 5.3 Ebene der Ergebnisqualität Die Qualität unserer Arbeit definieren wir in folgenden Bereichen - Verlässlichkeit und Exaktheit der vereinbarten Dienstleistung - Bereitschaft und Fähigkeit, Wünsche soweit als möglich zu berücksichtigen - Kompetenz der MitarbeiterInnen - Höflichkeit der MitarbeiterInnen - Glaubwürdigkeit der Zusage der MitarbeiterInnen - Gefühl der persönlichen Sicherheit im Kontakt mit der Intensiv Kinderwohngruppe 14 - Verständliche Informationen über alle für die Klienten relevanten Handlungsschritte - Verständnis für die persönlichen Nöte der Klienten - Angenehmer äußerer Eindruck der Räumlichkeiten und der MitarbeiterInnen Wir nutzen die Möglichkeiten der Evaluation als Planungs- und Entscheidungshilfe und haben damit das primäre Ziel, praktische Maßnahmen zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu entscheiden. 15