PROZESSTECHNIK FORSCHUNG Flexibel einsetzbare und hochpräzise Ultrabreitbandsensoren aus Ilmenau Mikrowellensensoren werden heutzutage im Industrieumfeld in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt, da sie das kontinuierliche, zerstörungsfreie und oft auch berührungslose Messen einzelner Parameter ermöglichen. Für diese Anwendungen haben sich verschiedene Realisierungsformen etabliert. So dienen schmalbandige Dopplersensoren der Geschwindigkeitsmessung oder FMCW (Frequency Modulated Continuous Wave) Sensoren der Füllstandsmessung oder Abstandsbestimmung. Welche Realisierungsformen genutzt werden, hängt dabei nicht nur von den messtechnischen Parametern ab, sondern auch von den Anforderungen im praktischen Betrieb. ▲ Abb. 1: Sensorhardware Kompakte Bauweise, Robustheit, Energieeffizienz und Herstellungskosten haben auf die Auswahl geeigneter Sensoren einen ebenso großen Einfluss. Dies zeigt die Grenzen klassischer Sensorkonzepte auf. Kleine und günstige FMCW-Sensoren eignen sich nicht für hochpräzise Impedanzmessungen und die hierfür eingesetzten Netzwerkanalysatoren sind komplexe, kostenintensive und verhältnismäßig langsame Geräte. An der TU Ilmenau wurde eine Technologie entwickelt, die in der Lage ist, die Vorteile der etablierten Verfahren in sich zu vereinen. Die Sensoren senden eine Pseudo-Rausch-Folge, eine sog. M-Sequenz, aus und arbeiten ultrabreitbandig (UWB). Damit sind Auflösungsvermögen sowie Messgeschwindigkeit mit dem klassischen Pulsverfahren vergleichbar. Gleichzeitig wird, wie bei FMCW-Sensoren, eine kontinuierliche Wellenform eingesetzt, wodurch hohe Amplituden vermieden werden können. Hierdurch werden die Integration der einzelnen Elektronikkomponenten und die Miniaturisierung des gesamten Sensors möglich, welches eine Reduzierung der Baugröße, des Energiebedarfs und der Herstellungskosten zur Folge hat. Weiterhin ist die genaue Kalibrierung des Sensors möglich, sodass in bestimmten Bereichen eine mit Netz◄ A bb. 2: Drei wesentliche Komponenten der berührungslosen Vitalitätsüberwachung: Bewegung/Lokalisierung (oben), Atmung (Mitte) und Puls (unten). 18 SENSOR MAGAZIN 4/2013 PROZESSTECHNIK FORSCHUNG ▲ A bb. 3: Beispiel Prozessablaufüberwachung ▲ A bb. 4: Beispiele für die Überwachung von Stoffkonzentrationen in Wasserlösungen mittels Impedanzmessung mit UWB-Sensoren. werkanalysatoren vergleichbare Funktionalität in Kombination mit hoher Messgeschwindigkeit erreicht wird. Diese Kombination von Integrierbarkeit und Kalibrierbarkeit sorgt für vielfältige Einsatzmöglichkeiten, auch und vor allem außerhalb einer Laborumgebung. So lassen sich die Sensoren für präzise Impedanzmessungen, hochauflösende Abstandsmessungen oder die berührungslose Detektion von Bewegungen einsetzen. Die Bewegung, die von den Sensoren wahrnehmbar ist, kann dabei die unterschiedlichsten Quellen und Ursachen haben. So ist es beispielsweise möglich, ohne direkte Sichtverbindung den Ausschlag einer Lautsprechermembran zu erkennen. Diese Empfindlichkeit für kleinste Bewegungen lässt einen weiteren Anwendungsbereich zu. Bei der Überwachung älterer Personen in der häuslichen Umgebung (AAL – Ambient Assited Living), deren Bedeutung aufgrund der demographischen Entwicklung in Zukunft weiter steigen wird, und in verschiedenen klinischen Situationen (z. B. im Falle von Verbrennungen) ist es von Vorteil, wenn auf das Anbringen von Elektroden mit direktem Hautkontakt verzichtet werden kann. Hier sind alternative Verfahren gefragt. Abb. 2 veranschaulicht, dass mithilfe der Sensoren nicht nur die Bewegung einer Person im Raum (Lokalisierung) und deren Atmung (Heben und Senken des Brustkorbes), sondern auch das Schlagen des Herzens (der sog. Herzspitzenstoß an der Brustoberfläche) registriert werden kann. Die Sensoren bieten folglich die Möglichkeit, Vitaldaten (Atemrate und Puls) völlig berührungslos und komfortabel aus mehreren Metern Entfernung zu erfassen. Wie beim Beispiel der Lautsprechermembran ist hierfür keine Sichtverbindung notwendig. Das Messprinzip funktioniert auch in Notfallszenarien (z. B. verrauchten Gebäuden) und durch Wände oder Mauern hindurch. Gleichzeitig ist die Sendeleistung so gering, dass der Einsatz der Sensoren unbedenklich und ohne jegliche Auswirkung auf die beobachteten Personen ist. Im Bereich der Impedanzmessung eignen sich die Sensoren besonders für die Echtzeitüberwachung von industriellen Prozessen, bei denen die frühzeitige Erkennung von Konzentrationsänderungen unterschiedlicher Prozessmedien für eine Prozessablaufkontrolle oder für die finale Qualitätssicherung von großer Bedeutung ist (Abb. 3). Die UWB-Sensoren sind in der Lage, die Konzentrationsänderungen in zu untersuchenden Stoffen (wie z.B. Flüssigkeiten) bis zum ‰-Bruchteil zu detektieren (siehe Abb. 4). Dabei analysieren die Sensoren die dielektrischen Eigenschaften des Prozessmediums mehrere hundert Mal pro Sekunde. Die Messwerte können mit einem Referenzwert oder vorherigen Werten verglichen werden, womit sich Aussagen über die zeitliche Stabilität eines Prozesses ableiten lassen. Schließlich kann das Ergebnis des Vergleichs grafisch dargestellt oder direkt als Parameter an ein Steueroder Überwachungssystem übergeben werden. ► INFO Autor: Hans-Christian Fritsch TU Ilmenau Service GmbH Ehrenbergstr. 11 98693 Ilmenau Tel.: 03677 46999-0 Fax: 03677 46999-99 E-Mail: [email protected] www.tu-ilmenau.de ANZEIGE SENSOR MAGAZIN 4/2013 19