Safety Broschüre 2

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SICHER DURCH DEN
PRAXISALLTAG!
Ein kleiner
Ratgeber zu
Nadelstichverlet zungen
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E DITO R I A L
EDITORIAL
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PRÄVALENZ
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RECHTSLAGE
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IM PRAXISALLTAG
INFORMATIONSMATERIAL
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Dr. Stefan Baars
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Gewerbearzt beim Staatli
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Hannover
Sabine Ridder
Präsidentin des Verbandes
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medizinischer Fachberufe
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Geschäftsführer des Deu
Pflegeverbandes e. V.
Johanna Knüppel
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Fachreferentin beim Deu
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(DBfK) – Bundesverband
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Vorstandsvorsitzende des
Verbandes der DiabetesBeratungs- und Schulungs
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Prof. Dr. Andreas Wittmann
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Juniorprofessor für das Fac
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Technischer Infektionsschu
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an der Bergischen Univer
Wuppertal
Liebe Ärztin,
lieber Arzt,
liebes
Praxisteam!
Eine Nadelstichverletzung ist in den meisten Fällen nur
ein kleiner Stich oder Kratzer, sie blutet unter Umständen nicht einmal. Aber dieser Kratzer hat es in sich:
Kleinste und sogar unerkannte Verletzungen durch
benutzte medizinische Instrumente reichen aus, um mit
dem Patientenblut ausreichend Erreger für eine Infektion
in den eigenen Blutkreislauf zu übertragen (s. Seite 4).
66 Prozent der medizinischen Fachangestellten gaben in
einer Umfrage von SAFETY FIRST! an, in ihrem Leben
schon eine Nadelstichverletzung gehabt zu haben. Eine
andere Umfrage unter Ärzten kam zu dem Ergebnis: In
jeder zweiten Arztpraxis wurde innerhalb der letzten
drei Jahre mindestens eine Nadelstichverletzung gemeldet, in einigen deutlich mehr. Und das ist wohl nur die
Spitze des Eisberges: Die Dunkelziffer nicht gemeldeter
Nadelstichverletzungen liegt geschätzt zwischen 50 und
90 Prozent.
Vor Nadelstichverletzungen kann man sich schützen.
Durch verletzungssichere Instrumente und einfache
organisatorische Regeln. Mit dieser kleinen Broschüre
wollen wir für Sie die wichtigsten Punkte zusammenfassen, die beim Schutz vor Nadelstichverletzungen zu
beachten sind.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr SAFETY FIRST!-Team
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PRÄ
P RÄVA
VA LEN Z
Nadelstichverletzung
Was ist eine Nadelstichverletzung?
Als Nadelstichverletzung gilt jede Stich-, Schnitt- und
Kratzverletzung der Haut durch scharfe oder spitze
medizinische Instrumente, z. B. Kanülen, Lanzetten,
Skalpelle oder Pen-Nadeln, die durch Blut oder andere
Körperflüssigkeiten des Patienten verunreinigt sein
können (Definition gemäß TRBA 250).
Warum ist eine Nadelstichverletzung
gefährlich?
An benutzten medizinischen Instrumenten haften in
der Regel kleinste Mengen Blut oder andere Körperflüssigkeiten des Patienten. Durch Verletzungen an diesen
Instrumenten kann potentiell infektiöses Material in Ihren Körper gelangen. Zahlreiche Infektionserreger lassen
sich auf diese Weise übertragen. Dazu gehören auch
die gefährlichen Hepatitis-B- (HBV) und Hepatitis-CViren (HCV) sowie das Humane ImmundefizienzVirus (HIV).
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P R ÄVA L EN Z
Nach einem Unfall kann es sehr lange dauern, bis Klarheit über den Infektionsstatus des Mitarbeiters besteht.
Bei den Betroffenen führt diese Unsicherheit auch zu
psychischen Belastungen.
Wie häufig sind Nadelstichverletzungen?
Nur wenige Nadelstichverletzungen werden tatsächlich
gemeldet und behandelt. Viel zu häufig sehen die
Betroffenen darüber hinweg, weil sie das Risiko unterschätzen, aus Zeitdruck auf die Meldung verzichten oder
sie befürchten, dass der Unfall ihnen als persönliches
Fehlverhalten zugeschrieben wird. Eine Dunkelziffer
nicht gemeldeter Nadelstichverletzungen zwischen 50
und 90 Prozent wundert daher nicht. Schätzungen zu
Folge kommt es in Deutschland allein im stationären
Sektor jährlich zu etwa 500.000 Nadelstichverletzungen.
Wie wahrscheinlich ist eine Infektion?
Grundsätzlich ist immer davon auszugehen, dass nach
einer Nadelstichverletzung ein Infektionsrisiko besteht.
Schließlich verlaufen viele infektiöse Krankheiten, vor
allem die Hepatitis C, lange Zeit asymptomatisch und
bleiben deshalb häufig unerkannt. Laut Robert-KochInstitut sind in Deutschland etwa 500.000 Menschen
mit HBV infiziert und etwa 320.000 mit HCV.
5
R ECH TSLAG E
Die obersten Regeln für den Arbeitsschutz sind im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) festgehalten. Konkretisiert
wird es durch Verordnungen und Technische Regeln.
Relevant für den Umgang mit Biologischen Arbeitsstoffen (also dem Blut von Patienten) ist die Biostoffverordnung (BioStoffV) und die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250.
Daraus ergeben sich folgende Pflichten
für den Arbeitgeber:
Gefährdungsbeurteilung
(§4 BioStoffV)
Um ein angemessenes Schutzniveau
zu definieren und passende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, müssen
Arbeitgeber in jedem Betrieb eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und diese anlassbezogen (z. B. nach Unfällen) und ansonsten
spätestens alle zwei Jahre überprüfen und ggf.
aktualisieren. Die Gefährdungsbeurteilung muss sorgfältig dokumentiert werden.
Organisation (§8 BioStoffV)
Die Arbeit muss so organisiert werden, dass die Gefährdung der physischen und psychischen Gesundheit des
Mitarbeiters möglichst gering ist.
Schulung (§14 BioStoffV)
Mitarbeiter müssen unterwiesen werden bevor sie eine
risikobehaftete Aufgabe übernehmen.
Stand der Technik (§ 8 BioStoffV)
Die Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter müssen
dem Stand der Technik entsprechen.
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R E CH T S L AG E
Was sind Sichere Instrumente?
Die TRBA 250 nennt eine Reihe von Kriterien, die verletzungssichere Instrumente
erfüllen müssen:
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R ECH TSLAG E
Mit der Neufassung
vom Juli 2013 fordert
die BioStoffV unter
anderem:
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Die Bereitstellung und Verwendung medizinischer
Instrumente mit integriertem Sicherheits- und Schutzmechanismus. (§11, Absatz 2)
Die Entsorgung scharfer und spitzer medizinischer
Instrumente in geeigneten Behältern. Das gilt auch
für verletzungssichere Instrumente.
Die TRBA 250 konkretisiert dies:
■ Verletzungssichere Instrumente sind „bei allen
Tätigkeiten einzusetzen, bei denen durch mögliche
Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder
angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten
gehören insbesondere Blutentnahmen, sonstige Punktionen zur Entnahme von Körperflüssigkeiten, Legen
von Gefäßzugängen.“ (TRBA 250, 4.2.5)
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C HE C K L I S T E
Die folgende Liste hilft
Ihnen bei der Bewertung
Ihrer Produkte!
✔ Die
Sicherheitseinrichtung kann problemlos aktiviert werden.
✔ Die Sicherheitseinrichtung erlaubt eine ausreichende Sicht auf
das Arbeitsumfeld.
✔ Die Anwendung eines neuen Produktes erfordert nicht mehr
Zeit als das herkömmliche System.
✔ Die Anwendung des neuen Produktes erhöht nicht die Zahl
der erforderlichen Einstiche beim Patienten.
✔ Lagekorrekturen bei Fehlpunktionen sind möglich.
✔ Der Patient beklagt keine vermehrten Schmerzen bei der
Anwendung des neuen Produktes.
✔ Man kann gut erkennen, ob die Sicherheitseinrichtung
aktiviert wurde.
✔ Die Sicherheitseinrichtung funktioniert zuverlässig.
✔ Die Sicherheitseinrichtung gewährleistet einen erhöhten Schutz
bei der Entsorgung.
✔ Bei Lanzetten: Der Bluttfluss ist ausreichend.
✔ Insgesamt beurteile ich das Produkt als gut handhabbar/
praktikabel.
✔ Ich würde das neue Produkt nach Beendigung der Testphase
gerne weiter einsetzen.
✔ Die Sicherheitseinrichtung wurden Stichverletzungen
sicher verhindert.
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I M PRA XI SALLTAG
Worauf
sollten
Sie
achten?
Sprechen Sie auch mit
Ihrem Laborpartner:
Die meisten Labore
bieten Sichere Instrumente verschiedener
Hersteller an.
Nadelstichverletzungen passieren vor allem, wenn es
schnell gehen muss und wenn der Arbeitsplatz eng,
unübersichtlich oder schlecht beleuchtet ist.
Das A und O für den Arbeitsschutz sind daher sorgfältig überlegte und geplante Arbeitsabläufe sowie übersichtlich gestaltete Arbeitsplätze. Dadurch lässt sich das
Verletzungsrisiko bereits signifikant verringern.
Informieren Sie Ihre Mitarbeiter
Nadelstichverletzungen werden nach wie vor häufig
nicht ernst genug genommen. Machen Sie Nadelstichverletzungen zum Thema in Ihren Besprechungen,
Dokumentieren Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung und
vermeiden Sie persönliche Schuldzuweisungen.
Verletzungssichere Instrumente
Sichere Instrumente schützen vor Nadelstichverletzungen. Aber es kommt auch hier auf die richtige Anwendung an. Testen Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern
unterschiedliche Sichere Instrumente verschiedener
Hersteller, bevor Sie sich für ein Produkt entscheiden.
Auch verletzungssichere Instrumente müssen in einem
geeigneten Kanülenabwurfbehälter entsorgt werden.
Dieser muss in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes
stehen und darf nicht überfüllt sein. Ansonsten kann es
passieren, dass Instrumente nach Gebrauch zunächst
abgelegt und erst in einem zweiten Schritt beseitigt
werden. Das ist eine der Hauptursachen für Nadelstichverletzungen.
Auch Reinigungspersonal kann von Nadelstichverletzungen betroffen sein. Auch deshalb müssen Sie auf
sachgemäße Entsorgung scharfer und spitzer Instrumente achten.
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E S IS T PA S S I E RT …
Sofortmaßnahmen nach einer Nadelstichverletzung
Kommt es doch zu einer Nadelstichverletzung, so sollte
die Stichwunde sofort desinfiziert werden. Es ist ratsam, zügig einen Durchgangs-Arzt aufzusuchen, den
Immunstatus des Betroffenen zu klären und ggf. eine
Postexpositionsprophylaxe durchzuführen. Diese würde
bei dem Risiko einer Hepatitis B-Infektion eine sofortige Impfung und bei dem Risiko einer HIV-Infektion
eine sofortige prophylaktische Therapie beinhalten. Bei
konkretem Verdacht auf eine mögliche HIV-Infektion
ist es dabei wichtig, dass diese Maßnahmen möglichst
innerhalb von 2 Stunden nach dem Vorfall ergriffen
werden. Deshalb müssen Sie bereits im Vorfeld klären,
wo sowohl die erforderliche fachkundige Beratung und
Therapieentscheidung als auch der Beginn der Therapie
möglich ist (meist in einem HIV-Zentrum). Bei unbekanntem Infektionsstatus des Patienten sollte auch sein Blut
serologisch getestet werden.
Um im Notfall schnell die richtigen Entscheidungen zu
treffen, müssen Sie in der Praxis einen Ablaufplan vorhalten, aus dem hervorgeht, was nach einer Nadelstichverletzung zu tun ist und welche Ärzte zu kontaktieren
sind.
Erleidet ein Mitarbeiter eine Nadelstichverletzung, fallen
durch die Behandlung und den Arbeitsausfall Kosten an.
Um gegenüber der Berufsgenossenschaft auf der sicheren Seite zu sein, ist es wichtig, jede Nadelstichverletzung zu dokumentieren und ggf. auch der Berufsgenossenschaft zu melden.
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Weitere Infos:
www.nadelstichverletzung.de
G U T ZU WI SSEN
Informationen für Ärzte
Merkblatt „Nadelstichverletzungen in der Arztpraxis“
des Runden Tisches Niedersachsen. Als Download
verfügbar unter: www.runder-tisch-hannover.de
CD-ROM der Unfallkasse Nordrhein Westfalen
„Kleiner Stich mit Folgen“ im Internet unter:
www.infektionsschutz.gesundheitsdienstportal.de
Verschiedene Informationen zu dem Thema finden
sich auf dem Gesundheitsportal der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen: www.gesundheitsdienstportal.de
„Risiko Virusinfektion – Übertragungsweg Blut“.
Im Internet unter: www.bgw-online.de
Quellen und Literaturauswahl:
TRBA 250, 4.3.5.
Wittmann A., Zylka-Menhorn V.: „Arbeitsschutz: Verletzungssichere Instrumente für Kliniken
und Praxen obligatorisch“ aus dem Deutschen Ärzteblatt 2007; 104(10): A-624 / B-549 / C-528
Wicker S., Rabenau H.F.: Nadelstichverletzungen bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen: Berufsrisiko oder vermeidbare Infektionsgefährdung? Krh-Hyg+Infverh 2007c; 27: S. 86–90
Wittmann A., Zeljka-Menhorn V., Neukirch B., Hofmann F.: Gesamtwirtschaftliche Kosten
durch Nadelstichverletzungen und mögliche Nutzen durch die Einführung Sicherer Instrumente.
Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2007; 42: S. 132
Wittmann A.: Verletzungen an spitzen und / oder scharfen Gegenständen im Gesundheitsdienst
– Ein Beitrag zur Abschätzung der Risiken, Wuppertal 2005
Wittmann A., Baars S. (Hrsg): Nadelstichverletzungen Änderungen im Arbeitsschutz durch die
Neufassung der TRBA 250, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, ecomed MEDIZIN, 2007
Siegmann S., Muth T.: Einstellung von Teilnehmern eines „Unternehmermodells für Arztpraxen“ zum Arbeitsschutz, Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2010; 45; 6: S.323-324
Baars St., Gebhardt A., Hafemann H., Köpsel H.-J.: Arbeitsschutzmängel in Arztpraxen
Sicherheitskanülen und Infektionsschutz, Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2010; 45; 6: S.
338-339
Bildnachweise: www.shutterstock.de
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E-Mail: [email protected]
Webseite: www.nadelstichverletzung.de
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