Die Weimarer Musikwissenschaftler Helen Geyer und Helmut Well

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Grafik: HfM Weimar
"Ungemein wertvoll": Die Weimarer
Musikwissenschaftler Helen Geyer
und Helmut Well wollen die Weimarer
Bach-Söhne durch ein Symposion
aus ihrem Schattendasein befreien
Anlässlich seines 300. Geburtstages in diesem Jahr widmet das
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena Carl Philipp Emanuel
Anlässlich seines 300. Geburtstages in diesem Jahr widmet das
Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena Carl Philipp Emanuel
Bach ein Symposion unter dem Titel "Zwischen den Zeiten: Die
Weimarer Bachsöhne - Aufbruch in die Moderne". Vor dem
Hintergrund der veränderten ästhetischen Werte seiner Zeit werden
neue Forschungsansätze zu Bachs Werk diskutiert. Die Tagung am
Donnerstag, 1. und Freitag, 2. Mai 2014 im Festsaal Fürstenhaus
der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar rückt aber auch
den Bruder von Carl Philipp Emanuel, Wilhelm Friedemann Bach, ins
Blickfeld. Der Eintritt ist frei!
Finanziell unterstützt wird das Symposion durch die Mitteldeutsche
Barockmusik, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und
das Bachfest Weimar 2014, in dessen Rahmen die Tagung
stattfindet.
Carl Philipp Emanuel und sein Bruder Wilhelm Friedemann
stehen heute im Schatten ihres großen Vaters Johann
Sebastian Bach. Das war zu ihren Lebzeiten nicht so.
Helen Geyer: Es ist dem erheblichen ästhetischen Wandel ihrer Zeit
zu verdanken, dass die beiden sehr viel anerkannter waren als ihr
Vater. Aber man muss auch bedenken, dass Hamburg, wo Carl
Philipp Emanuel ab 1768 als Musikdirektor wirkte, ihm allein über
den weltoffenen Hafen und die weltweiten Handelsbeziehungen
einen wesentlich bedeutsameren Wirkungszirkel verschaffte als
Leipzig, wo sein Vater tätig gewesen war.
Sie verorten die beiden Bach-Söhne "zwischen den Zeiten", wie
es im Titel des Symposions heißt. Was bedeutet das genau?
Helmut Well: Historiografisch passen die beiden nicht in die
bekannten Epochenschubladen. Unsere lieb gewordenen Begriffe
Helmut Well: Historiografisch passen die beiden nicht in die
bekannten Epochenschubladen. Unsere lieb gewordenen Begriffe
und Terminologien, die wir für die Barockzeit oder für die Helden der
Wiener Klassik benutzen, versagen.
Was kennzeichnete diese Zeit des Aufbruchs?
Helen Geyer: Es war eine Zeit, die durch neue wirtschaftliche
Verhältnisse bedingt war. Nicht mehr die Adelsfamilien verfügten
über die wirtschaftliche Macht, sondern sie lag in den Händen des
Handelsbürgertums. Es war auch eine Selbstfindung der
bürgerlichen Ästhetik.
Helmut Well: Die Musik ist nicht mehr nur dafür da, einem Herrscher
zu gefallen, sondern man muss sich gewissermaßen auf einem
gebildeten Markt mit seiner Musik durchsetzen. Das ist neu! Auch
gibt es zum ersten Mal richtig veröffentlichte Schulen für die
Instrumente: die Flötenschule von Johann Joachim Quantz, die
Violinschule von Leopold Mozart und die Klavierschule von Carl
Philipp Emanuel Bach. Früher wurde man an einen Hof geschickt,
um dort etwas von einem Komponisten zu lernen. Aber jetzt gibt es
eine Öffentlichkeit, die auch an Lehrwerken interessiert ist.
Wie fand der Aufbruch im musikalischen Werk konkret
Ausdruck?
Helmut Well: Während Johann Sebastian Bach für
Tasteninstrumente Suiten schrieb, komponierte sein Sohn
Klaviersonaten. Bei Haydn, Mozart und Beethoven haben sich diese
Sonaten dann zu einer Gattung entwickelt, mit der man ganz
bestimmte Ansprüche verbindet. Da entstand wirklich eine neue
Sichtweise auf das gesamte musikalische Gattungsgefüge und die
musikalische Sprache.
musikalische Sprache.
Helen Geyer: Die Bach-Söhne sind paradigmatisch für das, was
verloren gegangen ist und für den Wechsel von Bedeutung. Wir
wollen mit dem Symposion auch für eine wissenschaftliche
Gerechtigkeit sorgen. Einige Komponisten, Werke und Ästhetiken
haben sich in der Musikgeschichte durchgesetzt. Aber auch die, die
verloren gegangen sind, sind ungemein wertvoll und können heute
für einen Innovationsschub sorgen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Ina Schwanse
Nähere Informationen: www.hfm-weimar.de/366
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