BERUFSBILDUNG NR. 11 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT Berufsbildung in Lettland – Übersicht Überblick Finanzierung der Berufsbildung Lettland steht vor der Aufgabe, eine kohärente nationale Strategie im Bereich der beruflichen Erstausbildung und Fortbildung zu entwickeln. Die Reformen befinden sich in ihrer Anfangsphase, wobei der Schwerpunkt auf der Erstausbildung liegt. Die Reformen hängen in hohem Maße von der Förderung durch PHAREProgramme ab. Als wichtigste Tätigkeiten wurden die Lehrpläne für zehn Berufsbilder und fünf allgemeine Fächer modernisiert, Schulausrüstungen verbessert und an 18 Schulen Schulungen für Lehrkräfte und Schulleiter erteilt. Zur Zeit wird ein neues Berufsbildungsgesetz ausgearbeitet, um die Berufsbildung in Lettland europäischen Standards anzugleichen. Die berufsbildenden Einrichtungen Lettlands werden hauptsächlich aus dem Staatshaushalt finanziert, wobei die zuständigen Ministerien den Schulen das Geld zuweisen. Es besteht eine eindeutige Unterscheidung zwischen der Grundfinanzierung und Entwicklungsausgaben. Die Grundfinanzierung, auf die 97% der Mittel entfallen, deckt die Ausgaben für die Unterhaltung einer Bildungseinrichtung, Honorare für die Angestellten des Bildungszweigs, Beförderungsausgaben, Energie und andere Ressourcen ab. Die Entwicklungsausgaben werden für erhebliche Neuerungen und Veränderungen im Bereich der Bildungstätigkeiten sowie für strategische Investitionen eingesetzt. Zuständige Einrichtungen Für die Fortbildung gliedern sich die Finanzmittel wie folgt: Staatliche Mittel für die Umschulung von Arbeitslosen 47,5%, von den Lernenden bestrittene Unterrichtsgebühren 38%, Unternehmen, Organisationen 10%, Gemeindemittel 2,2%, andere Quellen 2,2%. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft gibt Verordnungen, Erlasse und Leitlinien für die Erstausbildung und die Fortbildung heraus. Es koordiniert die Entwicklung von Lehrplänen, legt den Anteil der allgemeinbildenden Fächer und ihr Niveau fest und ist für die Rechtsvorschriften verantwortlich, die sämtliche beruflichen Bildungseinrichtungen betreffen. Die Berufsbildungsabteilung des Ministeriums erkennt die Befähigungsnachweise und neuen Berufsbildungsprogramme für staatliche und private Einrichtungen an und bewertet die bestehenden. Spartenministerien (Landwirtschaft, Wohlfahrt und Kultur) legen Lehrplannormen für berufsbildende Fächer an den ihnen unterstehenden Schulen fest, verwalten Mittel und erstellen Rechtsvorschriften, welche die für diese Schulen spezifischen Fragen regeln. Das Ministerium für Wohlfahrt ist für die Ausbildung und Umschulung von Arbeitslosen zuständig. CEDEFOP 98 Fortbildung Die Abteilung Fortbildung des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft hat zusammen mit dem Lettischen Erwachsenenbildungsverband landesweit 25 regionale Erwachsenenbildungszentren eingerichtet. Die dem Ministerium für Wohlfahrt unterstehende Staatliche Anstalt für Beschäftigung ist zuständig für die Registrierung von Arbeitslosigkeit, Beratung, Bildungsarbeit und Umschulung. Den Zahlen der Staatlichen Anstalt für Beschäftigung zufolge besuchten 1995 von der Gesamtzahl der Arbeitslosen 7,6% Umschulungskurse. Die Privatwirtschaft bietet verschiedene Arten von Lehrgängen an, in denen Unterricht erteilt wird, der nicht zu einem Abschluß führt. Die betriebliche Ausbildung in den neu entstandenen Unternehmen befindet sich in BERUFSBILDUNG NR. 11 der Entwicklung, wobei sie keiner offiziellen Qualitätskontrolle unterliegt. Internationale Unterstützung Beiträge von Spendern beliefen sich in bezug auf das Jahr 1996 auf 14% des Berufsbildungsetats. Die wichtigste internationale Unterstützung hängt mit PHAREProgrammen zusammen (5,5 Mio. ECU zwischen 1994 und 1996), und ihre Auswirkungen auf die Erstausbildungen sind bereits spürbar. Das Ziel dieser Projekte besteht darin, die Modernisierung und Refor men des beruflichen Erstausbildungswesens in den Bereichen Curriculaentwicklung, Lehrerausbildung, Verbesserung der Lehrmittel, Partnerschaften mit Schulen in der EU, Entwicklung der Bildungspolitik und Verbreitung von Ergebnissen zu unterstützen. Eines der Programme betrifft die postsekundäre betriebliche Aus- und Weiterbildung. Für den Zeitraum 1997–2000 wird sich das Ministerium für Bildung und Wissenschaft um PHARE-Unterstützung für das Reformprogramm „Berufsbildung 2000“ bemühen, um ein sekundäres und postsekundäres allgemeines und berufliches Bildungssystem zu entwickeln und einzuführen. PHARE fördert ferner über seine Personalfortbildungs- und Berufsbildungsprogramme den sozialen Dialog und die Heranbildung von Politikgestaltern und unterstützt die vom nationalen Amt für Statistik vorbereitete Marktuntersuchung. Mit Deutschland, Dänemark, Kanada und dem Nordischen Ministerrat bestehen umfangreiche bilaterale Kooperationsprojekte, die darauf abzielen, die Fortbildung von Unternehmensmitarbeitern, den Aufbau eines betrieblichen Ausbildungsnetzes, die Schaffung eines Ausbildungszentrums für Metallverarbeitungstechnik, EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT Bildungsmaßnahmen für Arbeitslose und Weiterbildung für Erwachsene, ein Lehrerausbildungssystem und die Verbesserung betrieblicher Bildungsarbeit zu unterstützen bzw. Projekte dafür zu entwickeln. Nationale Prioritäten Die wichtigsten nationalen Prioritäten sind: ❏ ein Konzept für die Berufsbildung zu schaffen; ❏ ein Berufsbildungsgesetz vorzubereiten; ❏ die Ergebnisse der Pilotphase von PHARE-Programmen zu verbreiten; ❏ ein nationales System für Berufs- und Bildungsnormen zu entwickeln; ❏ die postsekundäre und tertiäre Berufsbildung aufzubauen; ❏ eine Ausbildung von Lehrkräften und Schulleitern zu entwickeln. Einrichtung einer nationalen Beobachtungsstelle Die Europäische Stiftung für Berufsbildung hat sich für die Einrichtung einer nationalen Beobachtungsstelle in Lettland (untergebracht im Akademischen Informationszentrum, Valnu iela 2, LV-1098 Riga) eingesetzt. Die nationale Beobachtungsstelle sammelt und analysiert Informationen über Entwicklungen des Berufsbildungswesens und des Arbeitsmarktes. Auf der Grundlage dieser Informationen geben die nationale Beobachtungsstelle und die Stiftung regelmäßig Landesberichte über Entwicklungen der Berufsbildung in Lettland heraus. CEDEFOP 99