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Deutschland und Österreich sind im Außenhandel eng verzahnt
05.03.2015
In allen wesentlichen Produktgruppen führt Deutschland das Lieferländerranking an / Von
Axel Simer
Bonn (gtai) - Regionale Nähe, gleiche Sprache sowie kulturelle Verbundenheit und ähnlicher industrieller Ent­
wicklungsstand sind und waren die Gründe für einen enorm umfangreichen Außenhandel zwischen Deutschland
und Österreich. Mit großem Abstand ist Deutschland wichtigster Handelspartner Österreichs, umgekehrt ran­
giert Österreich trotz seines kleinen Binnenmarktes stets unter den Top-Handelspartnern Deutschlands.
Seit Jahrzehnten ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Österreichs. Allerdings hat die relative Bedeu­
tung Deutschlands - wie auch anderer großer Handelspartner etwa der USA und Italiens - im Laufe der Zeit ab­
genommen. Stammten im Jahr des EU-Beitritts Österreich noch 44% aller Importe aus Deutschland, so erreichte
der deutsche Lieferanteil 2014 lediglich gut 37% des gesamten Einfuhrwertes. Überproportional zugelegt hat in­
des der Außenhandel mit Drittstaaten, insbesondere mit der VR China, sowie die Bedeutung einiger mitteleuro­
päischer Staaten.
Außenhandel Deutschlands mit Österreich (in Mrd. Euro)
2000
2005
2010
2014 *)
Deutsche Ausfuhr
32,4
43,3
52,2
56,2
Deutsche Einfuhr
20,5
26,0
33,0
36,4
*) vorläufige Zahlen
Quelle: Destatis
In absoluten Zahlen hat jedoch der deutsche Export nach Österreich gewaltig zugelegt. Lag er 1995 noch bei 21,1
Mrd. Euro, so überschritt er bereits im Jahr 2000 mit 32,4 Mrd. Euro erstmalig die 30-Milliarden-Euro-Marke. Mit
über 56 Mrd. Euro im Jahr 2014 waren die deutschen Lieferungen gegenüber 2013 damit minimal rückläufig
(-0,1%).
Obschon die Alpenrepublik mit rund 8 Mio. Einwohnern ein vergleichsweise kleiner Markt ist, rangiert Öster­
reich unter den deutschen Top-Absatzmärkten seit vielen Jahren regelmäßig auf Platz sechs oder sieben. Als
Lieferland hat sich Österreich ebenfalls einen Stammplatz unter den Top-Ten gesichert.
Interessant ist, dass fünf der Anrainerstaaten Österreichs in beiden Verkehrsrichtungen unter den zehn bedeu­
tendsten Außenhandelspartnern zu finden sind. Die beiden wichtigsten Handelspartner sind seit vielen Jahren
Deutschland und Italien. Dabei entfielen 2014 auf den deutschen Einfuhranteil bereits über 37% der Gesamtein­
fuhr - etwa sechsmal so viel wie auf das Lieferland Nr. 2, Italien. Gut 30% der österreichischen Gesamtausfuhr
gingen 2014 nach Deutschland, nach Italien 6,5%, in die Schweiz 5%. 2005 nahm Deutschland noch rund 32% der
Exporte auf.
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DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH SIND IM AUSSENHANDEL ENG VERZAHNT
Anteile der wichtigsten Lieferländer Österreichs (in %)
Rang 3)
Land
2000
2010
2014 1)
Veränd, in % 2).
1
Deutschland
40,7
39,5
37,4
-0,9
2
Italien
7,1
6,8
6,2
0,1
3
Schweiz
3,0
5,2
5,0
-5,3
4
VR China
1,7
4,8
5,5
6,2
5
Tschechische Republik
2,6
3,7
4,2
6
USA
5,5
2,9
3,5
2,4
7
Frankreich
4,4
2,8
2,8
-3,2
8
Ungarn
3,5
2,8
3,0
3,8
9
Niederlande
3,0
2,8
2,7
2,2
10
Slowakei
1,4
2,3
2,2
-6,3
1) Januar bis November 2) Veränderung des Einfuhrwertes Januar bis November 2014 im Vergleich zum Zeitraum
Januar bis November 2013; 3) Rangfolge des Jahres 2014
Quelle: Statistik Austria
Ein Drittel der Einfuhr entfiel auf die Produktgruppe "Maschinen und Fahrzeuge", fast ein weiteres Drittel auf
"chemische Erzeugnisse" und "Vorerzeugnisse/bearbeitete Waren". Von diesen drei wichtigsten Warengruppen
verbuchten die Einfuhrwerte der SITC 6 (Vorerzeugnisse/bearbeitete Waren) sowie SITC 5 (chemische Erzeugnis­
se) 2014 ein Importplus im Vergleich zum Vorjahr.
Für alle großen Industriebranchen gilt, dass sie sehr eng mit der entsprechenden deutschen verwoben sind. Viele
deutsche Industriekonzerne produzieren auf beiden Seiten der deutsch-österreichischen Grenze. Ein großer Teil
des Außenhandels ist daher auch reiner inter-company-Handel, obschon darüber keine gesicherten statistischen
Angaben vorliegen.
Enge Handelspartnerschaft ist Markenzeichen des Kfz-Bereichs
Mit über 13 Mrd. Euro Importwert im Zeitraum Januar bis November 2014 ist die Branche Kfz/Kfz-Teile eine der
wichtigsten Produktgruppen des gesamten Außenhandels. Fast die Hälfte aller Einfuhren stammt aus Deutsch­
land. Wichtigste Position der Brancheneinfuhr sind Pkw (SITC 781), auf die 2014 bereits 6,2 Mrd. Euro entfielen,
mit einem deutschen Lieferanteil von gut 52% vor Frankreich mit 6%. In diesem Segment hat der Anteil deut­
scher Importe in den letzten Jahren sogar kontinuierlich zugelegt, während bei anderen traditionelle Autobau­
nationen - Frankreich, Italien, Japan, USA - eine rückläufige Tendenz zu Buche schlägt. Zweitwichtigste Position
ist die Sammelposition der Kfz-Teile SITC 784 mit einem Einfuhrwert von 3,3 Mrd. Euro und einem deutschen
Anteil von 47% vor Italien mit gut 8%.
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DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH SIND IM AUSSENHANDEL ENG VERZAHNT
Anteile der wichtigsten Lieferländer an den Importen von Kfz und Kfz-Teilen (in %) 1)
2000
2010
2014 2)
Veränd. 2014/13 3)
Deutschland
48,8
50,2
47,3
-0,6
.Pkw 4)
49,4
51,9
52,4
0,6
Italien
5,8
6,9
5,5
-0,1
.Pkw 4)
5,2
5,2
2,5
-8,3
Frankreich
6,2
6,0
5,3
-5,5
.Pkw 4)
10,7
7,4
5,9
0,2
Tschechische Republik
2,7
4,3
4,8
14,3
.Pkw 4)
4,4
5,0
4,8
14,8
Belgien/Luxemburg
3,4
3,2
4,5
-7,4
.Pkw 4)
5,9
3,1
5,6
-3,5
1) erfasst sind die SITC-Positionen 78, 778, 773 sowie Kfz- Motoren aus SITC 713; 2) Januar bis November, 3) Ver­
änderung des Lieferwertes von Januar bis November 2014 im Vergleich zu Januar bis November 2013, 4) SITC 781
Quelle: Eurostat
Die enge Verzahnung der deutschen und österreichischen Kfz-Branche belegt, dass das BMW-Motorenwerk der
bedeutendste Produzent des Landes ist. Auf Rang zwei folgt Magna Steyr, die für Mercedes die G-Klasse und
für BMW den Mini produziert, vor MAN Truck & Bus, die Lkw und Spezialfahrzeuge fertigen. Die Bosch-Gruppe
firmiert ebenfalls unter den Großen der Branchen.
Chemie bedeutendste Importgruppe
Bedeutendste Produktgruppe bei den österreichischen Importen ist die Chemie (SITC 5) mit 16,7 Mrd. Euro Ein­
fuhrwert in den ersten elf Monaten des Jahres 2014. Das waren rund 3% mehr als im Vergleichszeitraum des
Vorjahres. Mit einem Anteil von rund 40% führte 2014 Deutschland das Ranking der Lieferländer vor der
Schweiz und den USA an. Die Branche ist nach dem Maschinenbau die zweitbedeutendste Industriebranche des
Landes und umfasst zahlreiche nationale Unternehmen mittlerer Größe. Wie in vielen anderen Ländern führen
allerdings einige Großkonzerne die Produktionsstatistik an. Branchenprimus ist die österreichische OMV, das
größte Unternehmen des Landes mit einem Konzernumsatz von über 40 Mrd. Euro pro Jahr. Zu den führenden
Produzenten zählen neben Novartis und dem Wiener Borealis-Konzern auch Beiersdorf, Henkel, Boehringer-In­
gelheim und BASF.
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DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH SIND IM AUSSENHANDEL ENG VERZAHNT
Anteile der wichtigsten Lieferländer an den Importen chemischer Erzeugnisse 1) (in %)
2000
2010
2014 2)
Veränd. 2014/13 3)
Deutschland
45,6
42,9
39,6
0,0
.medizinische u. pharmazeutische Erzeugnisse
33,5
28,9
26,3
0,1
Schweiz
9,0
13,4
13,0
2,0
.medizinische u. pharmazeutische Erzeugnisse
17,0
27,1
25,7
2,3
USA
3,4
5,9
8,4
6,3
.medizinische u. pharmazeutische Erzeugnisse
7,7
12,3
19,3
5,9
Niederlande
6,7
5,8
5,8
-0,2
.medizinische u. pharmazeutische Erzeugnisse
5,8
4,7
3,9
-1,5
Italien
6,3
5,1
4,9
17,6
.medizinische u. pharmazeutische Erzeugnisse
5,8
4,7
3,9
-1,5
1) SITC 5; 2) Januar bis November; 3) Veränderung des Lieferwertes von Januar bis November 2014 im Vergleich
zu Januar bis November 2013
Quelle: Eurostat
Fast die Hälfte der Branchengesamteinfuhr entfällt auf medizinische und pharmazeutische Produkte. Hier hat
Deutschland als Lieferant nur knapp die Nase vor der Schweiz und den USA vorn.
Die Hälfte aller Maschinenimporte stammt aus Deutschland
Eine ausgesprochen starke Stellung hat Deutschland darüber hinaus im Maschinenbau, der in einer weiten Ab­
grenzung - mit Motoren und elektrischen Maschinen - die bedeutendste nationale Industriebranche ist. In der
engen Abgrenzung der SITC-Positionen 72 bis 74 entfielen auf die Einfuhr in den ersten elf Monaten 2014 bereits
über 10 Mrd. Euro, etwa 2,7% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Etwa die Hälfte aller Maschinen
stammt traditionell aus Deutschland, wenn auch im Laufe der Jahre der Lieferanteil um einige Prozentpunkte
abgenommen hat.
Anteile der wichtigsten Lieferländer an den Importen von Maschinen 1) (in %)
2000
2010
2014 2)
Veränd. 2014/13 3)
Deutschland
53,8
50,9
48,0
0,2
Italien
9,6
10,1
11,1
4,4
Schweiz
6,3
5,6
4,4
-1,4
Tschechische Republik
2,1
2,8
3,9
9,2
Frankreich
3,7
3,4
2,9
-5,1
1) SITC 72 bis 74; 2) Januar bis November; 3) Veränderung des Lieferwertes von Januar bis November 2014 im
Vergleich zu Januar bis November 2013
Quelle: Eurostat
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Die wichtigsten Abnehmer von Maschinen und Anlagen in Österreich sind die Branchen Metallerzeugung und verarbeitung, Chemie, Nahrungs- und Genussmittel sowie der Maschinenbau selbst. Wichtige Einfuhrprodukt­
gruppen sind Bau- und Baustoffmaschinen, Pumpen und Kompressoren sowie Fördertechnik.
Da die inländische Maschinenbauindustrie sehr gut aufgestellt ist, entfällt ein Großteil der Importe auf Teile.
Nationale Hersteller dominieren den Markt vor den Dependancen ausländischer Hersteller. Regelmäßig über­
steigen die Ausfuhren die Einfuhren, ein Großteil sind zudem Zulieferungen an deutsche Maschinenbauer. Dabei
sind österreichische Firmen mit ihren Endprodukten oft erfolgreich bis sehr erfolgreich in Nischensegmenten:
Beispielsweise ist Doppelmayr weltweit führend im Seilbahngeschäft, Starlinger bei Anlagen zur Produktion ge­
webter Kunststoffsäcke, Engel bei Spritzgussmaschinen. Wintersteiger aus Ried/Oberösterreich ist nach eigenen
Angaben globaler Branchenprimus bei Skiservice-Maschinen, Holzdünnschnittmaschinen und Maschinen für
Feldversuche und Saatzucht. Das Umsatzranking führen indes der österreichische Konzern Andritz und Liebherr
Austria an.
Relativ losgelöst von der allgemeinen Konjunktur haben sich die Einfuhren von Medizintechnik entwickelt. Sie
sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gestiegen und werden zukünftig weiter zulegen. Wachstums­
treiber sind hier die längere Lebenserwartung, der medizinische Fortschritt und ein gestiegenes Gesundheitsbe­
wusstsein. Von 2000 bis 2013 stieg der Importwert von Medizintechnik (einschließlich Orthopädietechnik) um
85% auf 1,3 Mrd. Euro. Den selben Betrag verbuchten die Statistiker für Januar bis November 2014, gegenüber
dem Vergleichszeitraum des Vorjahres ein beachtliches Plus von 13%.
Mit deutlichem Vorsprung ist auch in diesem zukunftsträchtigen Markt Deutschland das Lieferland Nummer
eins. Hersteller aus den Niederlanden und Belgien haben in den letzten Jahren ihre Position deutlich verbessern
können und belegen in der Lieferstatistik in etwa gleichauf die Ränge zwei und drei. Bei Elektrodiagnosegeräten
haben sich darüber hinaus 2014 Korea (Rep.) mit einem Anteil von 12% und die VR China mit 10% deutlich ge­
genüber Deutschland aufgeholt, dass in dieser Produktgruppe lediglich auf 26% kam.
Anteile der wichtigsten Lieferländer an den Importen von Medizintechnik 1) (in %)
2000
2010
2014 2)
Veränd. 2014/13 3)
Deutschland
41,6
44,2
37,2
-2,3
Niederlande
8,7
11,9
13,9
14,2
Belgien
2,9
7,0
10,4
26,4
USA
13,4
6,0
4,8
2,2
Schweiz
6,6
5,3
4,2
21,8
1) SITC 774, 872, 8996; 2) Januar bis November; 3) Veränderung des Lieferwertes von Januar bis November 2014
im Vergleich zu Januar bis November 2013
Quelle: Eurostat
Wie wird sich der Industriestandort Österreich in den nächsten Jahren entwickeln? Diese Frage stellen sich die
Wiener Bundesregierung, Presse und Konjunkturinstitute regelmäßig und fürchten um Verluste von Arbeitsplät­
zen. Insgesamt zeigt sich, dass sich eine Deindustrialisierung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Importe
und die Struktur der gesamten Handelsbilanz nicht abzeichnet. Wahrscheinlicher ist es, dass sich die Schwach­
punkte der nationalen Wirtschaftsentwicklung nicht nachhaltig verändern werden. Dies ist in erster Linie die
enge Verzahnung mit der deutschen Wirtschaft. Nur wenn die Konjunktur in Deutschland rund läuft, sind auch
die Auftragsbücher der Industrieunternehmen Österreichs gefüllt, und der Außenhandel der relevanten Indus­
triesektoren floriert. Anfang 2015 sind die Aussichten in Deutschland gut und dürften das so trübe Bild der Kon­
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DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH SIND IM AUSSENHANDEL ENG VERZAHNT
junkturperspektiven Österreichs, das zum Jahreswechsel 2014/15 vorherrschte im Laufe der nächsten Monate si­
cherlich aufhellen.
Ein zweiter Schwachpunkt, der in den nächsten Jahren möglicherweise zu einer starken Stütze der Wirtschaft
und des Außenhandels reifen könnte, ist die vielbeschworene kulturelle Nähe zu den Märkten in Mittel- und
Südosteuropa. Von ihrem Wachstum und ihrer Entwicklung wird Österreich nachhaltig profitieren. Viele Unter­
nehmen, auch deutsche, nutzen bereits den Produktionsstandort Österreich für diese Märkte und steuern ihren
ganzen Service und Vertrieb von Wien für die Region CEE-Central and Eastern Europe.
(A.S.)
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