CAE in der Energieverteilung (Leseprobe)

Werbung
3.7 Überprüfung des Spannungsfalls
157
Lösungsapproximation führen. Der wesentliche Unterschied zum Gesamtschrittverfahren
beruht darauf, dass der Spannungsvektor nicht erst komplett neu berechnet wird, sondern
dass seine bereits neu berechneten Elemente unmittelbar im nächsten Rechenschritt
verwendet werden.
Dieser Lösungsweg wird als Stromiteration oder auch als Knotenpunktverfahren
bezeichnet. Eine vergleichende Gegenüberstellung auch anderer, in CAE-gestützten
Programmen verwendeter Verfahren findet sich in [Kasikci 05].
Vorteilhaft bei dem Verfahren der Stromiteration ist der einfache Aufbau und damit das
hohe Maß an Anschaulichkeit. Nachteilig kann bei umfangreichen Netzwerken die
vergleichsweise langsame Konvergenz sein.
Aus diesem Grund arbeiten professionelle, software-basierte Werkzeuge oftmals mit
anderen Lösungsalgorithmen. Zu nennen ist hier zuallererst die Newton-RaphsonIteration, das am weitesten verbreitete Verfahren. Dieses Verfahren arbeitet mit
Lastflussgleichungen, die in der Nähe des Arbeitspunktes durch eine Taylor-Entwicklung
approximiert werden.
Grundlage ist folgende Fehlergleichung für einen Netzknoten i:
'S i
n
(Pi jQi ) U i ˜ ¦Y *ij ˜ U j*
(3.61)
j 1
Es sind die komplexen Spannungen Uj so zu finden, dass der Fehler 'Si zu Null wird,
wobei Pi und Qi die Vorgabewirk- bzw. die Vorgabeblindleistung darstellen. Yij ist das
Element in der Admittanzmatrix in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte.
Die Newton-Raphson-Iteration ist hinsichtlich der Konvergenz den meisten anderen
Verfahren überlegen, was auch die erforderliche Anzahl an Iterationsschritten reduziert.
Nachteilig ist der hohe Rechenaufwand innerhalb der einzelnen Iterationsschritte.
In [Neplan 05] wird zum Vergleich der Stromiteration und dem Newton-RaphsonVerfahren festgestellt, dass die Stromiteration in der Regel viel schneller ist als das
Newton-Raphson-Verfahren. Bei Mittel- und Niederspannungsnetzen wird danach die
Anwendung der Stromiteration empfohlen, während bei Übertragungsnetzen das NewtonRaphson verfahren zu bevorzugen ist.
Für die Anwendung im Rahmen von Projektierungsaufgaben der Energieverteilung
erscheint jedoch diese Fragestellung von nachrangiger Bedeutung. Netzausdehnung und
Anzahl der Knotenpunkte sind vergleichsweise überschaubar und die Startwerte mit den
Spannungsnenn- bzw. -bemessungswerten schon relativ nahe an der späteren Lösung.
3.7 Überprüfung des Spannungsfalls
Die Begrenzung des Spannungsfalls innerhalb einer Anlage ist erforderlich,
Fehlfunktionen oder Funktionseinbußen zu vermeiden. So ist beispielsweise
Drehmoment von direkt am Netz betriebenen Motoren proportional zum Quadrat
Spannung. Schütze und Relais arbeiten zuverlässig nur bis zu etwa 85%
Bemessungsspannung. Das Toleranzband, innerhalb dessen sich die Amplitude
um
das
der
der
der
3 Projektierung von elektrischen Anlagen
158
Netzspannung bewegen darf, ist festgelegt in [VDE 0175]. Das zulässige Spannungsband
in Niederspannungsnetzen mit 400 V beträgt r 10%.
Sind die Lastflüsse bestimmt, so sind die Bemessungsströme der Kabel, Leitungen und
Stromschienenverteiler ermittelbar unter thermischem Aspekt. Der längenbezogene
Widerstand R´ des Leiters, die längenbezogene Reaktanz X´, der Phasenwinkel M und die
Leiterlänge l bestimmen in Verbindung mit dem Betriebsstrom Ib den Spannungsfall
längs des Leiters, für den die Gleichung gilt:
'U
k ˜ I b ˜ l ˜ ( R´˜ cos M X ´˜ sin M )
Üblicherweise wird der Spannungsfall
Bemessungsspannung Ur angegeben.
(3.62)
'U
als
bezogene
Größe
auf
die
Der in Gleichung (3.62) verwendete Faktor k nimmt in Gleich- und Wechselstromnetzen
den Wert k = 2, in Drehstromnetzen den Wert k = —3 an.
In praktischen Anwendungen interessiert zumeist weniger der Spannungsfall an einem
einzelnen Leiter als vielmehr der am Verbraucher gemessene Spannungsfall.
Zum zulässigen Spannungsfall finden sich unterschiedliche Festlegungen:
VDE 0113-1 besagt, dass der Spannungsfall nicht größer als 5% sein darf. Dabei wird
nicht angegeben, für welche Strecke diese Distanz gilt. Da sich diese Vorschrift auf die
elektrische Ausrüstung von Maschinen bezieht, wird die Interpretation derartig
vorgenommen, dass darunter die Zuleitung von der Hauseinführung bis zur Maschine
verstanden wird.
Die Festlegungen in [VDE 0100]1 sind in sich noch nicht abgeschlossen. Die Werte
dürfen beim Anlauf von Motoren und Verbrauchern mit hohen Einschaltströmen
überschritten werden. Die Empfehlung lautet, dass der Spannungsfall zwischen
Hauseinführung und Verbrauchsmittel nicht größer als 4% der Nennspannung des Netzes
sein soll.
Innerhalb von Wohngebäuden werden in DIN 18015 Teil 1 weitere Aussagen zum
Spannungsfall gegeben. Danach darf der Spannungsfall von der Messeinrichtung bis zum
Anschlusspunkt der Verbrauchsmittel 3% nicht überschreiten. Gleichzeitig wird auch die
Einhaltung der VDE [0100]2 gefordert.
Nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von
Tarifkunden (AVBEltV) darf zwischen Ende des Hausanschlusses und dem Zähler ein
maximaler Spannungsfall von 0,5% auftreten.
Die technischen Anschlussbedingungen (TAB) für den Anschluß an das
Niederspannungsnetz geben leistungsabhängige Werte vor für den Spannungsfall
zwischen der Übergabestelle des EVU´s und dem Zähler.
Bild 3.10 zeigt in einer Gegenüberstellung die relevanten Definitionen:
1
2
Teil 520
Teil 520
3.8 Kurzschlussstromberechnung
159
Bild 3-10: Festlegungen zum zulässigen Spannungsabfall
3.8 Kurzschlussstromberechnung
Die Kurzschlussstromberechnung ist erforderlich, um nachfolgend die Betriebsmittel
ausreichend widerstandsfähig gegen die hohen dynamischen und thermischen
Beanspruchungen während des Fehlerfalls dimensionieren zu können.
Dabei ist die Kurzschlussstromberechnung grundsätzlich für alle Orte des Netzes
durchzuführen, an denen es zu einem Kurzschluss kommen kann. Zu unterscheiden ist
dabei zwischen dem symmetrischen (dreipoligen) Kurzschluss und dem unsymmetrischen
Kurzschluss. Die Berechnung des symmetrischen Kurzschlusses ist vergleichsweise
einfach und stellt daher auch die bevorzugte Variante der Kurzschlussstromberechnung
bei Projektdokumentationen dar. Die Beschränkung auf ausschließlich diesen Fall ist
jedoch eine Vereinfachung, deren Zulässigkeit zunächst unter Berücksichtigung des
gesamten Netzes zu überprüfen wäre. Diese Überprüfung setzt jedoch die Kenntnis der
Mit-, Gegen- und Nullimpedanzen voraus, die erst im Zusammenhang mit der
Berechnung des unsymmetrischen Kurzschlussstroms behandelt werden. Daher soll erst
später diese Thematik erneut aufgegriffen werden.
3.8.1 Symmetrischer Kurzschluss
Der symmetrische Kurzschluss stellt einen dreipoligen Kurzschluss (mit oder ohne
Erdberührung) dar. Aufgrund dieser Symmetrie kann die Berechnung wieder im
einphasigen System erfolgen. Bild 3-11 zeigt einen 20 kV / 400 V - Netzausschnitt in
Herunterladen