Herausnehmbarer Zahnersatz

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9 Zahnersatz für den älteren Menschen
• parodontaler Zustand,
• ästhetische Anforderungen,
• Patientenwunsch.
Abb. 9.8
Lückengebiss eines 69-jährigen Mannes.
Zähnen vorhanden war, wodurch dem Patienten Einschränkungen bezüglich des Kaukomforts zugemutet
werden.
Sofern es die Gebisssituation zulässt (Abb. 9.8), ist neben
der Restauration einzelner Zähne mit Kronen die Versorgung mit Brücken indiziert. Indikationen sind:
• Ersatz einzelner fehlender Zähne,
• parodontal gesunde Pfeilerzähne,
• gesicherte Hygienemöglichkeiten,
• Nachsorgezuverlässigkeit,
• günstige Pfeilerprognose.
PRAXISTIPP
Kronen und Brücken sind wesentliche Elemente zur
Wiederherstellung und Sicherung im Sinne der Erhaltung der Kaufunktion, wobei bei prognostisch günstig
einzuschätzenden Pfeilern eine gesicherte Hygieneund Nachsorgemöglichkeit für den älteren Menschen
gegeben sein sollte.
Mit zunehmend greifenden Prophylaxemaßnahmen werden auch bei älteren Menschen in Zukunft mehr Zähne
erhalten bleiben, was ein gewisses Umdenken bezüglich
prothetischer Behandlungsmaßnahmen und hier insbesondere des festsitzenden Zahnersatzes notwendig
macht.
MERKE
Zukünftig wird der Anteil des festsitzenden Zahnersatzes bei Senioren zwar zunehmen, herausnehmbarer Zahnersatz vorläufig jedoch noch die Regel bleiben.
Versorgungsnotwendigkeit
zahnbegrenzter Lücken
Einflussfaktoren auf die Versorgungsnotwendigkeit von
Lücken sind:
• Kaufähigkeit,
• okklusale Abstützung,
• prognostische Einschätzung der Lückensituation,
Grundsätzlich sollte zunächst die Kaufähigkeit durch den
Patienten und den Zahnarzt abgeschätzt und beurteilt
werden. Zur Vorbeugung von Funktionsstörungen sollte
eine gleichmäßige okklusale Abstützung im Seitenzahnbereich gewährleistet sein.
Die Bewertung der einzelnen und insbesondere der von
der individuellen Patientensituation abhängigen Größe ist
vom Behandler selbst vorzunehmen und muss von diesem vor allem hinsichtlich der weiteren Betreuung im
Sinne häuslicher und professioneller Nachsorge verantwortet werden. So sollten die Patienten oder deren Betreuer – Angehörige, Pflegepersonal – eine ausreichende
Mundhygiene sichern.
MERKE
Während mit festsitzendem Zahnersatz in der Regel
zusätzliche Nischen für Beläge und die dabei auftretenden Probleme für die Reinigung – gerade für den
älteren Menschen – geschaffen werden, stellt sich der
herausnehmbare Zahnersatz diesbezüglich günstiger
dar.
Herausnehmbarer Zahnersatz
Im Folgenden soll herausnehmbarer Zahnersatz für den
älteren und alten Patienten behandelt werden. Ausgehend von der einfachen Kunststoffprothese über die Modellgussprothese und dem kombiniert festsitzend-herausnehmbaren Zahnersatz bis hin zu implantatgestützten Prothesen werden deren Anwendungsbereiche, Vorund Nachteile und die Möglichkeiten zur Versorgung des
häufig reduzierten Gebisses bei Senioren erörtert.
Kunststoffprothese
Indikationen
Zahlreiche Autoren betonen den eng umschriebenen Indikationsbereich dieser überwiegend mukosal gelagerten
Prothese, da der Kaudruck überwiegend auf die zahnlosen
Kieferkammbereiche weitergeleitet wird, was aus physiologischen Gründen abzulehnen ist. Heute kann die Kunststoffprothese daher lediglich als Immediatprothese zur Sofortversorgung von durch Extraktion oder Trauma entstandenen Lücken oder als Interimsprothese während einer
parodontal-therapeutischen Vorbehandlung bis zur Eingliederung des definitiven Zahnersatzes empfohlen werden. Im Extremfall kann die Kunststoffprothese schließlich
auch als Gewöhnungsprothese eingesetzt werden, um dem
Patienten den Übergang zur Zahnlosigkeit und die damit
verbundene neuromuskuläre Adaptation des Kausystems
sowie die psychische Umstellung zu erleichtern.
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Herausnehmbarer Zahnersatz
229
PRAXISTIPP
Als definitiver Zahnersatz ist die Kunststoffprothese
aufgrund ihres hohen Gefährdungspotenzials für die
Klammerzähne und das Prothesenlager abzulehnen.
Dennoch muss dieser Zahnersatz vorübergehend eingesetzt werden und sollte in diesem Zeitraum möglichst keine Schäden gerade im besonders gefährdeten Gebiss älterer Menschen verursachen, was durch
optimierte Planung und Herstellung bezüglich funktionsstabilisierender Kriterien, parodontalhygienische
Gestaltung und regelmäßige Nachsorge erreicht werden kann.
PRAXISTIPP
Bei Berücksichtigung der aufgezeigten behandlungsund gestaltungstechnischen Gesichtspunkte, regelmäßiger Plaquekontrolle und der aufgrund der
Prothesendynamik besonders wichtigen Nachsorge
können die schädigenden Einflüsse der Kunststoffprothese auf das Kausystem begrenzt werden. Von
entscheidender Bedeutung für den dauerhaften Behandlungserfolg sind die Unterweisung des Patienten
bezüglich Handhabung, Hygiene, Nachsorgenotwendigkeit und der deutliche Hinweis auf die spätere,
definitive prothetische Versorgung.
Wertung
Die Kunststoffprothese eignet sich als provisorischer
Zahnersatz, wenn die erörterten Kriterien zur Planung
und Herstellung dieser einfachsten Prothese beachtet
werden und die Patienten über die weitere Versorgungsnotwendigkeit aufgeklärt werden.
Modellgussprothese
Indikationen
Eingesetzt werden kann diese Prothese im reduzierten
Lückengebiss und wenn Brücken aufgrund der Restbezah-
Abb. 9.9 Kunststoffprothese mit doppelarmigen Halteklammern
und parodontienfreier Gestaltung der Prothesenbasis.
nung nicht mehr möglich sind. Auch eignet sich die Modellgussprothese für das parodontal vorgeschädigte Gebiss, sodass nicht nur die fehlenden Zähne ersetzt werden
können, sondern auch gegebenenfalls gelockerte Zähne
sekundär geschient werden. Weitere Indikationen sind
Risikopfeiler für Brücken und Kostengründe.
Anwendung
Aufgrund der eindeutig durchführbaren Umsetzungsmöglichkeit der Planung in die Konstruktion stehen nahezu
beliebige Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der Verankerung, Abstützung und Basisgestaltung zur Verfügung.
So können gegenüber der Kunststoffprothese insbesondere die Anschlussbereiche der Prothese an die Klammerzähne parodontalhygienischer gestaltet werden.
HINTERGRUND
Bereits Marxkors (1975) hat auf die besondere Bedeutung des parodontalfreien Anschlusses der Prothesenbasis an den Klammerzahn hingewiesen. Er
konnte zeigen, dass die großzügige Öffnung des
„Grenzraumes“ zwischen Klammerzahn und Prothesensattel zu einer gewissen Selbstreinigung führt und
die Plaquebildung an den prothesenseitigen Approximalflächen der Klammerzähne etwa um die Hälfte
verringert.
Die Gefahr der Traumatisierung der noch vorhandenen natürlichen Zähne und des Prothesenlagers ist bei
der Einstückgussprothese geringer. So konnte die Arbeitsgruppe um Bergmann et al. (1995) in einer Langzeitstudie über 25 Jahre nachweisen, dass eine Schädigung des Restgebisses durch klammerverankerte
Teilprothesen nicht zwangsläufig ist, sondern durch
parodontale Vorbehandlung der Zähne, korrekte Planung und Gestaltung der Prothese, Mund- und Prothesenhygiene sowie regelmäßige zahnärztliche
Nachsorge vermieden oder zumindest eingegrenzt
werden kann.
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Besondere Beachtung verdient die Gestaltung des so genannten Grenzraumes, des Anschlussbereichs zwischen
der Prothesenbasis und den noch vorhandenen natürlichen Zähnen. Die Kunststoffbasis sollte nicht bis zu den
natürlichen Zähnen ausgedehnt werden. Diese werden
lediglich von doppelarmigen Halteklammern gefasst, wodurch im Übrigen auch die dynamischen Eigenschaften
dieser Prothese verbessert werden. Das marginale Parodont wird großzügig vom Kunststoff ausgespart (Abb. 9.9).
Ebenso sollte der Grenzraum zwischen dem „Anschlusszahn“ und der Prothesenbasis soweit geöffnet werden,
dass die Approximalflächen der natürlichen Zähne, insbesondere freiliegende Wurzeloberflächenareale, und auch
die anschließenden Seitenflächen der Kunststoffprothese
bei eingesetzter Prothese mit einer Zahnzwischenraumbürste gereinigt werden können (Stark 1989).
9 Zahnersatz für den älteren Menschen
Wertung
Die Modellgussprothese eignet sich als definitiver Zahnersatz für den älteren Menschen, wenn dieser der Restbezahnung adäquat geplant und parodontalhygienisch gestaltet wird. Wesentliche Vorteile ergeben sich aus dem
nur gering invasiven Vorgehen und der daraus resultierenden geringen Belastung eines möglicherweise multimorbiden älteren Patienten während der zahnärztlichen
Behandlung. Über die gegebenenfalls sichtbaren Klammeranteile sollten die Patienten vorher informiert werden.
Kombiniert festsitzend-herausnehmbarer Zahnersatz
Indikationen und klinische Anwendung
Zur Versorgung des reduzierten Restgebisses, wie dies vor
allem bei älteren Patienten noch häufig vorkommt, eignet
sich kombiniert festsitzend-herausnehmbarer Zahnersatz
prinzipiell. Er muss jedoch so geschaffen sein, dass sowohl
der festsitzende Anteil für Mundhygienemaßnahmen, als
auch der herausnehmbare Teil für Prothesenhygienemaßnahmen gut zugänglich sind. Auch sollten die Prothesen
Abb. 9.10 Extrakoronales Geschiebe mit ausgeprägter gingivaler
Hyperplasie.
bezüglich des Einsetzens und Herausnehmens leicht
handhabbar sein, da ältere Patienten in ihrer manuellen
Geschicklichkeit und ihrem Sehvermögen häufig eingeschränkt sind.
Problembereiche
Nicht für die Versorgung des Restgebisses alter Menschen
infrage kommende Verankerungselemente sind praktisch
alle Arten von extra- und intrakoronalen Geschieben. Sie
lassen in den meisten Fällen weder eine parodontalhygienische Einarbeitung in den Zahnersatz zu – es entstehen
„Schmutznischen“ sowohl im Bereich der Kronen als auch
der Prothesen – noch lassen sich die Patrizen und Matrizen leicht reinigen (Abb. 9.10). Außerdem setzen diese
Konstruktionsarten das Beherrschen unterschiedlich ausgefeilter Techniken des Einsetzens oder Herausnehmens
einer derartig verankerten Prothese voraus.
Teleskopprothese
In der Gruppe der Teleskopkronen unterscheidet man
Vollteleskope, Verblendteleskope und Teilteleskope. Im vorliegenden Fall (Abb. 9.11) kamen diese drei Teleskopkronentypen zum Einsatz:
• Ein Vollteleskop im Seitenzahnbereich, bei dem die Innen- und Außenkrone aus Metall besteht.
• Im Frontzahnbereich eine Verblendteleskopkrone und
ein Teilteleskop, das sich dadurch auszeichnet, dass die
Sekundärkonstruktion die Primärkrone nur teilweise
umfasst und bei divergierenden Pfeilern eingesetzt werden kann.
Entscheidet man sich für dieses Behandlungskonzept, bieten sich abhängig von Zustand und Verteilung der Pfeilerzähne sowie des Prothesenlagers verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Prothesenbasis an:
• Partielle Teleskopprothesen: Wesentlicher Bestandteil ist die gegossene Basis aus einer edelmetallfreien
Legierung (Abb. 9.12). Indikation sind mehrere Pfeiler
und eine symmetrische Pfeilerzahnverteilung.
• Teleskopierende Deckprothesen: Diese werden bei
wenigen und ungünstig verteilten Restzähnen eingesetzt, wie hier bei einem unteren linken Eckzahn (Abb.
9.13). Sie zeichnen sich durch eine Kunststoffbasis aus,
in der die Teleskopkronen über ein Verstärkungsgerüst
verankert sind.
MERKE
Abb. 9.11 Teleskopprothese mit einer Vollteleskopkrone 27, Verblendteleskopkrone 22 und einem Teilteleskop auf 12.
Von außerordentlicher Bedeutung für die Prophylaxe
von Parodontalerkrankungen der Pfeilerzähne ist die
Basisgestaltung der Teleskop- und Hybridprothesen,
wobei dem Anschlussbereich von Pfeilerzahn zur Prothesenbasis, dem so genannten Grenzraum, besondere Beachtung geschenkt werden sollte.
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Herausnehmbarer Zahnersatz
Typische Basisgestaltung einer partiellen Teleskoppro-
Abb. 9.13
prothese.
Typische Basisgestaltung einer teleskopierenden Deck-
Abb. 9.14 Ausgeprägte Gingivitis als Folge
insuffizienter Grenzraumgestaltung der Sekundärkonstruktion.
Abb. 9.15 Gesunde Gingiva eines Teleskoppfeilerzahnes mit supragingivalem
Verlauf der Präparationsgrenze.
Abb. 9.14
Abb. 9.15
Partielle Teleskopprothese
Während die Forderungen nach offenem Grenzraum und
parodontalfernem Verlauf des Prothesengerüsts auch für
Teleskopprothesen erhoben werden, zeigt die klinische
Beobachtung häufig das Gegenteil:
• Das Modellgussgerüst wird breitflächig an das Außenteleskop herangeführt. Der Grenzraum ist so durch Lotnaht und Kunststoff verschlossen oder nur ungenügend
geöffnet.
• Der basale Übergang zwischen Sattelkunststoff und Gerüst ist selten abgegrenzt und bündig, vielmehr liegen
dünne Kunststoffschichten dem Metall auf, die trotz
haftvermittelnder Systeme Spaltbildungen provozieren.
Die oft ausgedehnte Gingivitis an den Pfeilerzähnen
kommt durch das Zusammenwirken mehrerer Komponenten zustande (Abb. 9.14):
• Erhöhte Plaqueretention infolge unsauberer Ausarbeitung des Grenzraumbereiches,
• Eingeschränkte Selbstreinigung durch den eingeengten
Grenzraum,
• Mechanisches Trauma der Gingiva aufgrund des direkten Kontaktes mit den Zahnersatzmaterialien,
• Chemisch-toxische Schädigung durch metallische und
kunststoffliche Korrosionsprodukte aus der in unmittelbarer Nähe zur marginalen Gingiva liegenden Kontakt-
stelle der unterschiedlichen Legierungen, der Lotnaht
und des Kunststoffes.
Grenzraumoptimierung
Prinzipiell sollte der Grenzraum zwischen der Außenkrone und dem Anschluss an die Prothesen möglichst
weit geöffnet werden, damit eine gewisse Selbstreinigung
dieses Bereiches gewährleistet und somit die Plaqueanlagerung reduziert wird. Die Gestaltung des Grenzraumes
und deren Folgen sind den Abbildungen 9.15 und 9.16 zu
entnehmen. Hier befinden sich auf der Prothese, auf den
Primärkronen und im Anschluss daran nahezu keine Beläge. Die Gingiva dieser Pfeilerzähne erscheint reizfrei.
Im Folgenden sollen zahntechnische Möglichkeiten für
eine parodontalfreundliche Verbindung zwischen Teleskopkrone und der Gerüstprothese aufgezeigt werden,
die einen offenen Grenzraum ergeben, und die korrekte
Verarbeitung der beteiligten Prothesenwerkstoffe zulassen (Holste et al. 1990):
• Die herkömmliche Methode, das Gerüst unmittelbar an
die Approximalfläche der Sekundärkrone zu löten, kann
dadurch optimiert werden, dass die der Krone zugewandte Anschlussfläche des Prothesensattels im Modellguss gestaltet wird, und die mit Kunststoff unterfütterbare Retention parodontalfern beginnt. Hierbei ist
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Abb. 9.12
these.
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9 Zahnersatz für den älteren Menschen
Abb. 9.16 Optimale Grenzraumgestaltung mit parodontalfernem
Anschluss der Kunststoffbasis.
Abb. 9.17 Modellgussgerüst für eine Teleskopprothese mit stufenförmigem Anschluss für den Sattelkunststoff.
Abb. 9.18 Parodontalhygienische Gestaltung des Grenzraumbereiches einer partiellen Teleskopprothese.
Abb. 9.19 Deckprothesenkonstruktion mit Verstärkungsgerüst
und bukkal offener Basisgestaltung.
der Ansatz für den Sattelkunststoff stufenförmig zu gestalten.
• Das Gerüst selbst wird nicht spitzwinklig, sondern
stumpf an die Außenkrone herangeführt, sodass nach
dem Verlöten eine Wölbung entsteht, die gut poliert
werden kann und vom Patienten leicht sauber zu halten
ist (Abb. 9.17 und 9.18). Zusätzlich wird die Gefahr der
Korrosion und des direkten Einwirkens eventueller Korrosionsprodukte auf das marginale Parodont verhindert.
Basisgestaltung
Teleskopierende Deckprothese
Da teleskopierende Deckprothesen aufgrund der häufig
stark reduzierten Pfeileranzahl im Prinzip dental abgestützte Totalprothesen sind, folgt ihre Basisgestaltung in
den zahnlosen Kieferbereichen weitgehend totalprothetischen Kriterien. Die Deckprothesen werden jedoch zusätzlich möglichst mit einem individuell gegossenen vollunterfütterbaren Modellgussgerüst verstärkt. Im Bereich
der Pfeilerzähne muss die Basis nach parodontalen und
funktionellen Kriterien gestaltet werden.
Prinzipiell unterscheidet man im Bereich der Pfeilerzähne:
• Geschlossene Basisgestaltung: Die Pfeilerzähne sind
komplett von der Prothesenbasis umschlossen.
• Bukkal offene Basisgestaltung: Im Bereich der Pfeilerzähne ist der Kunststoff bukkal ausgespart, wird allerdings lingual zur Stabilisierung der Prothese belassen
(Abb. 9.19)
• Zirkumpapillär offene Basisgestaltung: bukkale und
orale Aussparung des Prothesenkunststoffes. Diese
Form scheint aufgrund der Forderungen nach parodontfernen Konstruktionen in parodontal-hygienischer Hinsicht auch für die Deckprothese am günstigsten, lässt
sich jedoch nur durchführen, wenn
– ein Verstärkungsgerüst das Frakturrisiko der Basis minimiert,
– genügend Platz für dieses Gerüst in der Vertikalen
vorhanden ist,
– die Platzverhältnisse eine ausreichende approximale
Öffnung zulassen,
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Herausnehmbarer Zahnersatz
– die Ästhetik nicht beeinträchtigt wird,
– keine Sprachstörungen infolge der Öffnung des Grenzraumes auftreten,
– und die Prognose für den Erhalt des betreffenden
Pfeilerzahnes günstig ist.
Auswirkungen der Grenzraumgestaltung
an einem Patientenbeispiel
Sollte eine Öffnung der Basis aus funktionellen Gründen
nicht möglich sein, lässt sich durch entsprechende Ausarbeitung der beteiligten Werkstoffe zumindest eine
glatte und übergangslose Oberfläche im Bereich der Sekundärkronen erzielen. Die Modellgusskonstruktion wird
im Anschlussbereich an die Sekundärkrone im okklusalen
Drittel angesetzt, sodass die Kunststoffbasis mit einem
gewissen Abstand zur marginalen Gingiva ausgearbeitet
werden kann. Das Gerüst wird komplett silikatisiert, um
einen chemischen Verbund zum Kunststoff zu gewährleisten. Anschließend wird die fertig gestellte Sekundärkonstruktion insbesondere im Pfeilerumfeldbereich optimal ausgearbeitet (Abb. 9.20 und 9.21).
Dieser Unterschied beruht auf der mangelnden Hygienemöglichkeit der geschlossenen Basiskonstruktion und auf
dem anaeroben Milieu, das unter der geschlossenen
Konstruktion vorherrscht. Dadurch kommt es zu Gingiva-
Abb. 9.20 Darstellung des Anschlusses des Verstärkungsgerüstes
an die Sekundärkrone.
Abb. 9.21 Optimal ausgearbeitete Basis im Anschlussbereich an
die Sekundärkrone.
b
Abb. 9.22a, b Gebisssituation einer 73-Jährigen mit einer offenen
partiellen Teleskopprothese im Oberkiefer mit gesunder Gingiva
und einer Deckprothese im Unterkiefer mit ausgeprägten Gingivitiden.
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Sehr eindrucksvoll sind die Folgen der unterschiedlichen
Basisgestaltung bei einer 73-jährigen Seniorin zu erkennen, die im Oberkiefer mit einer partiellen Teleskopprothese mit offener Basisgestaltung und im Unterkiefer mit
einer teleskopierenden Deckprothese mit geschlossener
Basisgestaltung versorgt wurde. Zum Zeitpunkt der Aufnahme trug die Patientin die Prothesen erst zwei Monate
(Abb. 9.22a, b):
• Die gerötete und odematöse Gingiva im Bereich der
Pfeilerzähne des Unterkiefers deutet auf eine ausgeprägte Gingivitis hin.
• Die Parodontien der Oberkiefer-Pfeilerzähne erscheinen
nahezu reizfrei bei sicherlich ähnlicher Mundhygiene.
Grenzraumoptimierung
a
233
9 Zahnersatz für den älteren Menschen
reizungen infolge korrosiver Veränderungen der Zahnersatzmaterialien, vor allem des Metalls. Außerdem können
durch Ausscheidungsprodukte, wie Toxine (besonders anaerober Bakterien), Parodontopathien entstehen.
Wertung
Teleskopprothesen erfüllen die an Zahnersatz für ältere
Menschen gestellten Anforderungen nahezu ideal:
• Aufgrund der Abnehmbarkeit der Konstruktionen sind
sowohl die Primäranker als auch die Sekundäranker für
häusliche und professionelle Mundhygienemaßnahmen
gut zugänglich, wodurch parodontale Erkrankungen
der Pfeilerzähne, Karies und auch Erkrankungen der
prothesenbedeckten Mundschleimhaut verhindert werden.
• Durch die gleichmäßige Abstützung der Prothesenzähne und Teleskopkronen wird eine harmonische Okklusion gewährleistet, wobei für die Deckprothetik das
Prinzip der bilateral balancierten Okklusion zur funktionellen Stabilisierung der Prothesen zu empfehlen ist.
• Infolge der sekundären Verblockung der Pfeilerzähne
wird das Restgebiss stabilisiert und das Prothesenlager
vor Überlastung geschützt.
• Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil stellt die in den
meisten Fällen problemlose Erweiterbarkeit oder Ergänzbarkeit dar, wodurch auch Pfeiler ungünstiger
Prognose in die Konstruktion mit einbezogen werden
können. So können frakturierte Teleskopkronen durch
andere stiftverankerte Verankerungselemente ersetzt
werden.
HINTERGRUND
Insgesamt bewährten sich Teleskopprothesen. Intensivere Nachsorge war lediglich bei männlichen Patienten erforderlich, die mit Deckprothesen im UK versorgt waren (Stark und Schrenker, 1998). In einer
vergleichenden Befragung von Patienten, die sowohl
eine Teleskopprothese in einem Kiefer als auch einen
anderen Prothesentyp im anderen Kiefer trugen, wurden die Teleskopprothesen durchweg günstiger bewertet. So waren die Senioren mit dem Prothesensitz,
dem Prothesenhalt und dem Tragekomfort überaus
zufrieden. Auch konnten sie mit den Teleskopprothesen gegenüber den anderen Prothesentypen besser
kauen (Schrenker und Stark 1996).
Klinische Anwendung
Zur Versorgung von devitalen Pfeilerzähnen haben sich
wurzelkanalverankerte Halteelemente bewährt. Die Hybridprothese beinhaltet eine Vielzahl konstruktiver Möglichkeiten zur Versorgung eines extrem reduzierten Restgebisses. So gleichen diese Prothesen häufig einer Totalprothese, die allerdings nicht nur schleimhautgelagert,
sondern auch dental abgestützt ist. Die Idee, auch Zahnwurzeln mit unsicherer Prognose im Kiefer zu belassen
und darüber eine Totalprothese zu konstruieren, verfolgt
das Ziel, die mit zunehmendem Zahnverlust und Lebensalter fortschreitende Resorption des Alveolarfortsatzes zu
verlangsamen oder zu verhindern. Des weiteren weiß
man heute, dass Patienten mit Hybridprothesen stärker,
effektiver und sensibler kauen können, als Totalprothesenträger, da für die neuromuskuläre Funktion des Kausystems die physiologischen Reize der parodontalen Rezeptoren von entscheidender Bedeutung sind. Auch kann
eine Hybridprothese aufgrund ihrer totalprothesenähnlichen Konstruktion zur Vorbereitung auf eine totale Prothese dienen und die damit verbundene neuromuskuläre
Adaptation des Kausystems an die Zahnlosigkeit erleichtern.
Hybridanker
Die zahnärztliche Prothetik kennt heute verschiedene
Möglichkeiten zur Abstützung und Verankerung hybrider
Prothesen. In der einfachsten Form sollten aus kariesund korrosionsprophylaktischen Gründen zur rein vertikalen Abstützung der Prothesen Wurzelkappen aus
Gold bevorzugt werden. Wurzelkappen ohne Retentionselemente sind bei parodontal stark reduzierten Zahnwurzeln zum Erhalt des Alveolarfortsatzes indiziert. Des Weiteren können sie angewandt werden, wenn für ein retentives Element nicht genügend Platz vorhanden und
eine zusätzliche Prothesenretention nicht unbedingt erforderlich ist. Schließlich können auch finanzielle Gründe
einen Verzicht der Haltelemente notwendig machen
(Abb. 9.23).
Hybridprothese
MERKE
Hybridprothesen eignen sich ebenso wie die Teleskopprothesen sehr gut zur Versorgung des reduzierten
Gebisses älterer Menschen und erfüllen die an Zahnersatz für ältere Menschen gestellten Anforderungen.
Insbesondere die Option der Erweiterbarkeit bis hin
zur Totalprothese zeichnet diesen Zahnersatz aus.
Abb. 9.23 Einfache Wurzelkappen auf den devitalen Pfeilerzähnen
34 und 33.
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234
Herausnehmbarer Zahnersatz
235
Abb. 9.24 Patrize des Gerber-Retentionszylinders auf dem wurzelkanalgefüllten
Pfeilerzahn 43.
Abb. 9.25
Abb. 9.25
tentive Verbindung zwischen Zahnwurzel und Zahnersatz
ist eine starre Verbindung, die keinerlei Resilienzwege
oder andere Bewegungen zulässt. Bei Bedarf können die
Ringfeder oder der Retentionskern, der auf der Lötbasis
aufgeschraubt ist, ausgewechselt werden (Abb. 9.24).
Ein Problem beim Einsatz des Gerber-Retentionszylinders
ist sein hoher Platzbedarf, was sowohl zu funktionellen
Störungen durch Einengung des Zungenraumes als auch
zu ästhetischen Problemen vor allem im Frontzahnbereich führen kann. Alternativ kann der geringer dimensionierte Mini-Gerber PLUS (Fa. Cendres & Métaux SA, BielBienne) angewandt werden, der sich durch einen Kunststoffeinsatz auszeichnet und sich bezüglich seines Verschleißverhaltens besonders bewährt hat.
Abb. 9.26 Zahntechnisch korrekt und parodontalhygienisch einpolymerisierte Matrize eines Kugelankers.
MERKE
Hybridanker weisen ein gutes Verschleißverhalten
auf. So bleiben die Friktionskräfte in Bereichen, die
sowohl physiologisch vom Parodontium toleriert werden als auch noch genügend Halt für die Hybridprothese gewährleisten.
Abhängig vom Retentionsbedarf der Prothese, vom Platzangebot über der Wurzelkappe und der Restbezahnung
kommen verschieden stabile und verschieden dimensionierte Ankerelemente zum Einsatz. Aus der Vielzahl der
hybridprothetischen Halteelemente sollen nur kurz einige
klinisch bedeutsame Verankerungselemente herausgegriffen werden, deren Einsatz sich gerade für den älteren
Patienten eignet.
Retentionszylinder
Der Retentionszylinder nach Gerber (Fa. Cendres & Métaux SA, Biel-Bienne) ist eine Wurzelverankerung, die als
Verbindungselement für partielle und hybride Prothesen
dient. Der gegenseitige Halt von Matrize und Patrize beruht auf dem so genannten „Druckknopfprinzip“. Eine in
das Matrizengehäuse eingelassene Ringfeder schnappt
beim Zusammenführen vom Matrize und Patrize in die
Ringnut des Retentionskernes. Die somit hergestellte re-
Kugelanker
Anker ähnlichen Wirkprinzips sind zum Beispiel der
Dalbo-B-Anker (Fa. Cendres & Métaux SA, Biel-Bienne)
und das Degussa-Kugelanker-System (Fa. DeguDent, Hanau), die in der Horizontalen starr sind, jedoch aufgrund
der Patrizenkugel Vertikal- und Rotationsbewegungen zulassen. Hier ein klinischer Fall mit noch einem Pfeilerzahn
im Unterkiefer, einem Kugelanker auf 43 (Abb. 9.25). Sehr
gut ist hier auch die Einarbeitung des Sekundärankers in
die Prothesenbasis einer Deckprothese zu sehen.
PRAXISTIPP
Der Sekundäranker sollte nicht direkt an das Verstärkungsgerüst angelötet werden – die elastischen Eigenschaften des Ankers würden sonst verlorengehen –, sondern wird manschettenartig vom Gerüst
umgeben und einpolymerisiert (Abb. 9.26).
Zylinderanker
Ein weiteres starres zylindrisches Verankerungselement
ist der Dalbo-Z-Anker (Fa. Cendres & Métaux SA, BielBienne), ein teleskopartiges Verbindungselement für partielle und hybride Prothesen. Die mehrfach geschlitzte
Hülse ergibt zusammen mit dem einpolymerisierten
PVC-Ring eine dauerhafte Friktion auf dem Patrizenkopf
und ermöglicht ein leichtes Zusammenfügen und Trennen
der beiden Ankerteile sowie ein nachträgliches Aktivieren
der Matrize. Ein Austausch des aktivierten Teiles ist hier
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Abb. 9.24
Patrize eines Kugelankers.
9 Zahnersatz für den älteren Menschen
Abb. 9.27 Patrize eines Dalbo-Z-Ankers auf 13 als Kombinationselement zur Teleskopkrone 12.
im Gegensatz zum Gerber-Retentionszylinder mit größerem Reparaturaufwand verbunden. Aufgrund des ähnlichen Wirkprinzips eignet sich dieser Anker sehr gut zur
Kombination mit Teleskopkronen (Abb. 9.27).
Totalprothesen
Verliert der ältere Mensch seine letzten Zähne, wird die
Versorgung mit Totalprothesen notwendig. In den meisten Fällen können heute bei ausreichend vorhandenem
Prothesenlager funktionierende Totalprothesen eingegliedert werden, wenn es gelingt, die künstlichen Zähne in ein
funktionelles Gleichgewicht der Muskelkräfte von Zunge
und Wange, dem so genannten Kauschlauch zu platzieren.
MERKE
Das Problem bei der Versorgung mit einer Totalprothese besteht darin, dass die gesamten Kaukräfte
über die Totalprothesen auf das Prothesenlager übertragen werden, wodurch diese oralen Strukturen unphysiologisch belastet werden.
Eingliederung und Instruktion
Der Eingliederung von herausnehmbarem Zahnersatz und
insbesondere von Totalprothesen sollte besondere Beachtung geschenkt werden, da diese Prothesen prinzipiell
nicht mehr an natürlichen Zähnen oder Implantaten verankert sind, sondern rein schleimhautgelagert in ihrer
Funktion bestehen müssen.
Abhängig von vorherigen subjektiven Erfahrungen der
Patienten mit partiellen und totalen Prothesen stehen
sie dem neuen totalen Zahnersatz eher kritisch oder positiv gegenüber. Dies ist auch wesentlich von der oralen
Gesamtsituation, von der Anzahl und der Lokalisation
der zuletzt verloren gegangenen Zähne und schließlich
auch vom Alter und allgemeinen Gesundheitszustand
der Patienten abhängig.
Haben Patienten bereits partielle oder totale Prothesen
über einen längeren Zeitraum mit Erfolg getragen, werden sie sich leichter an die neuen Totalprothesen gewöhnen. Der Übergang vom festsitzenden zum herausnehmbaren Zahnersatz in Form von partiellen Prothesen stellt
die Patienten bereits vor Anpassungsprobleme, da prinzi-
piell mehr Zahnersatzmaterial in die Mundhöhle eingebracht werden muss als dies bei Kronen und Brücken zum
Ersatz der einzelnen fehlenden Zähne notwendig war.
Auch muss sich das Vertrauen der Patienten gegenüber
der Funktionsweise einer rein mukosal gelagerten Totalprothese erst noch entwickeln. Besonders schwierig ist
dies für ältere Menschen, die bisher noch keine Erfahrungen mit diesem Zahnersatztyp sammeln konnten.
Je älter die Patienten sind, desto schwieriger wird es für
sie, sich an die neuen Prothesen zu gewöhnen. Ebenso
können auch die aus zahnärztlicher Sicht optimalen
neuen Prothesen die alten „bequemen“ Prothesen nicht
sofort gleichwertig ersetzen. Senioren stehen in der Regel
der Eingliederung skeptisch gegenüber, insbesondere
wenn erstmalig eine Totalprothese eingesetzt wird und
gegebenenfalls unmittelbar vorher zahlreiche Zähne verloren gegangen sind.
PRAXISTIPP
Jeder Patient muss ausführlich bezüglich Handhabung, Funktion, Gebrauch und seinem Verhalten mit
der neuen Prothese aufgeklärt werden. Insbesondere
für ältere Patienten sind diese Hinweise schriftlich zu
formulieren.
Der Patient muss darauf hingewiesen werden, dass
sich konstruktionsbedingt und abhängig von den oralen Gegebenheiten seine Erwartungen hinsichtlich
Sitz, Halt, Kauvermögen und Ästhetik nicht immer
vollständig erfüllen lassen und die Totalprothese
„Zahnersatz“ im eigentlichen Sinne darstellt.
Implantatverankerter Zahnersatz
Eine bedeutende Weiterentwicklung bezüglich der Stabilisierung von Totalprothesen hat sich für ältere Menschen
mit ungünstigen anatomischen Verhältnissen durch die
Entwicklung der oralen Implantologie ergeben. Mit deren
Hilfe wurde es möglich, Totalprothesen über verschiedene
Retentionselemente zu verankern und so einen wesentlichen Beitrag zur Wiederherstellung der Kaufunktion
und zum Schutz des Prothesenlagers vor Überlastung zu
leisten.
Entscheidend für einen dauerhaften Erfolg in der Implantologie und für die Bewährung von Zahnersatz auf Implantaten ist die interaktive Zusammenarbeit zwischen
der Implantologie und der zahnärztlichen Prothetik. Beginnend mit der Untersuchung und Beratung der Patienten sowohl von chirurgischer als auch von prothetischer
Seite wird das therapeutische Vorgehen kontinuierlich
abgestimmt und der Patient gemeinsam behandelt.
Indikationen
Unter Beachtung allgemeiner und lokaler Kontraindikationen können Implantate auch beim älteren Menschen
eingesetzt werden. Sie haben jedoch nur dann eine gute
Prognose, wenn die Implantation bei einem motivierten
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