Elektrotechnik und Maschinenbau

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Elektrotechnik undMaschinenbau
Zeitschrift des Elektrotechnischen Vereines in Wien
Schriftleitung: Ing. A. G rünhut
Nachdruck nur. mit Bewilligung der Schriftleitung, auszugsweise Wiedergabe nur mit Angabe der Quelle „E . u. M. W ien " gestattet.
Heft 52
Wien, 24. Dezember 1933
51. Jahrgang
Beitrag zur Ermittlung
des Vektordiagrammes beim Drehstromreihenschlußfnotor.
Von Dr. techn. Robert S tlx, Wien.
In h a ltsfib e rsic h t: Nach einein Üoerblick über die
Wirkungsweise des Drertstromreihenschlußmotors wird
gezeigt, wie bei Vernachlässigung der Eisensäitigung das
Vektordiagramm des Motors unter Berücksichtigung des
Magnetisierungsstromes des Zwischentransformators für
bestimmte gegebene Betriebspunkte konstruiert werden
kann.
Anschließend wird die Ermittlung des Vektordia­
grammes unter Berücksichtigung der Sättigung des Motors
und näherungsweise der des Zwischentransformators
gebracht.
Bekanntlich können dem Drehstromreihenschlußmotor bei Anordnung eines Zwischen­
transformators zwischen Ständer und Läufer
Arbeitseigenschaften gegeben werden, die von
denen des ursprünglichen Serienmotors mehr
oder minder abweichen und durch die sich der
Motor in seinem Verhalten einem Drehstromnebenschlußmotor nähert. Mittel hiezu sind
Sättigung des Zwischentransformators oder Ent­
koppelung von Primär- und Sekundärkreis des
Motors durch Anordnung eines Luftspaltes im
Transformator. In erster Linie ist es hiedurch
möglich, die Leerlaufdrehzahl zu begrenzen,
darüber hinaus können in Nähe des Synchronis­
mus Arbeitscharakteristiken ähnlich denen eines
Asynchronmotors erhalten werden.
W ährend die Theorie des Motors unter Berücks'chtigung des Magnetisierungsstromes des
Zwischentransformators in der Literatur bereits
ausführlich behandelt worden ist1), gibt es meines
Wissens keinen einfachen Weg, das Spannungs­
und Stromdiagramm für bestimmte Betriebs­
punkte zu ermitteln. Letzteres ist aber beim
Entwurf derartiger Maschinen wünschenswert,
um über die elektrischen und magnetischen
Beanspruchungen rasch einen Überblick zu er­
halten. Die Schwierigkeit liegt dabei darin, daß
Ständer- und Läuferstrom sowohl über den Motor
als auch über den Zwischentransformator magne­
tisch verbunden sind und daher in ihrer relativen
Größe zu einander nicht von vorneherein fest­
liegen. Das Vektordiagramm soll im folgenden
für den allgemeineren Fall des Motors mit
doppeltem Bürstensatz ermittelt werden, die
Ausführungsform mit einfachem Bürstensatz ist
dann als Sonderfall der Ausführungsform mit
') D r e y f u s und H i 11 e b r a n d, Zur Theorie des
Drehstromserienkollektormotors, E .u .M . 32 (1910), S. 367;
D r e y f u s und H i 11 e b r a n d, Das Kreisdiagramm des
Drehstromserienkollektormotors, E. u. M. 34 (1912), S. 389.
doppeltem Bürstensatz in der nachfolgend be­
schriebenen Diagrammkonstruktion mitenthalten.
Bezeichnungen.
Bürstenverschiebungswinkel
des
festen bzw. beweglichen Bürstensatzes,
Resultierender
Bürstenverschiebungswinkel, gleichzeitig Verschie­
bungswinkel beim M otor mit ein­
fachem Bürstensatz,
Ständeramperewindungen,
Läuferamperewindungen der Strom ­
verteilung des festen bzw. beweg­
lichen Bürstensatzes,
Resultierende Läuferamperewindungen, gleichzeitig Läuferaniperewindungen beim Motor mit einfachem
Bürstensatz,
Klemmenspannung je Phase,
Ständerstrom je Phase,
Läuferstrom je Phase,
Auf die Ständerwicklung bezogener
Läuferstrom des festen bzw. be­
weglichen Bürstensatzes,
Auf die Ständerwicklung bezogener
resultierender Läuterstrom, desgl.
bezogener Läuferstrom beim Motor
mit einfachem Bürstensatz,
Auf die Primärwicklung des Z w i­
schentransformators bezogener Läu­
ferstrom,
W indungszahl der Ständerwicklung
je Pol und Phase,
W indungszahl der Läuferwicklung
bei diametraler Bürstenstellung je
Pol und Phase (a, — <ii = n)t
Primär- und Sekundärwindungszahl
des
Zwischentransformators
je
Phase,
Motorfeld, auf Ständerwicklungsachse bezogen,
Transformatorfeld, auf Prim ärwick­
lung bezogen,
Zu «J'm gehöriger Magnetisierungs­
strom,
Zu $ 7- gehöriger Magnetisierungs­
strom,
Schlüpfung,
Ohmscher W iderstand pro Phase
der Ständer- bzw. Läuferwicklung,
Ohmscher W iderstand pro Phase
der Primär- bzw. Sekundärwicklung
des Zwischentransformators,
Induktiver W iderstand pro Phase
der Ständerwicklung bzw. Läufer­
wicklung bei Stillstand,
674
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52 24. Dezember 1933
Induktiver W iderstand pro Phase
der Primär- bzw. Sekundärwicklung
des Zwischentransformators,
Verhältnisgröße zwischen Phasen­
spannung und Motorfeld der Stän­
der- bzw. Läuferwicklung bei dia­
metraler Bürstensteilung,
Verhältnisgröße zwischen Phasen­
spannung und Motorfeld der Pri­
mär- bzw. Sekundärwicklung des
Zwischentransformators.
I.
Das Zeitvektordiagram m des Drehstromreihenschlußmotors.
Die grundsätzliche Schaltung eines derartigen
Motors mit doppeltem Bürstensatz ist in Abb. 1
zur Darstellung gebracht, wobei der Übersicht­
lichkeit halber nur eine Phase gezeichnet ist.
Bezugsachse sei die räumlicne Achse der ent­
sprechenden Ständerphase XsUs, Bürsten V e r ­
schiebungen im Uhrzei­
gersinn sollen als positiv
angesehen werden, der
Drehsinn des
Motors
sowie der Umlaufsinn
des Drehfeldes sind be­
kanntlich der Bürsten­
verschiebung entgegen­
gesetzt und erfolgen da­
her wie auch in Abb. 1
angedeutet, entgegen
Abb. 1. Grundsätzliches ^ em Uhrzeigersinne. Mit
Schaltbild, a, < 0; a , > 0. diesen
Festsetzungen
und mit Bezug auf A bb .1
ist demnach der bewegliche Bürstensatz U l V l W l
um den W inkel at aus der Ständerwicklungsachse verschoben, die entsprechende Verschie­
bung <*! des festen Bürstensatzes ist in der
Praxis entweder gleich Null oder negativ, welch
letzterer Fall auch hier angenommen wurde.
Bei Motoren mit einfachem Bürstensatz und
sechsphasiger Läuferspeisung sind zugehörige
Bürsten in der Regel
ständig diametral ge­
legen, daher ist in die­
sem Falle
at =
eil -\-u =
a,
wobei a den resul­
tierenden W inkel der
räumlichen Verschie­
bung der Läuferstrom­
verteilung gegenüber
jener des Ständers
bedeutet, die durch die
Bürsten Verschiebung
allein
hervorgerufen
wird und die gleich
der gesamten Ver­
schiebung ist, wenn
der Magnetisierungs„
....
ström im ZwischenAbb. 2. Räumliche Lage der t r a n s f o r m a t n r verAmperewindungen und des
transiormator ver
Motorfeldes.
nachlässigt
werden
kann.
Betrachtet man einen Augenblick, in welchem
der Strom in der Ständerphase XsUs gerade
seinen Höchstwert erreicht hat, so haben die
Ständeramperewindungen AWs = Jsivs die in
Abb. 2 dargestellte räumliche Richtung parallel
zu XsUs■ Die Läuferamperewindungen kann
man sich am einfachsten aus zwei Komponenten
zusammengesetzt denken, die vom Läuferstrom
und je der halben Läuferwindungszahl gebildet
werden und die den Stromverteilungen des festen
bzw. beweglichen Bürstensystems entsprechen,
die sich in der Läuferwicklung überlagern2).
Besteht keine zusätzliche zeitliche Phasenverschieoung zwischen Ständer- und Läuferstrom,
so haben bei der Schaltung nach Abb. 1 die
dem festen Bürstensystem entsprechenden Läufer­
amperewindungen A W l \ = J l • —?r- die räumliche
Richtung X l O; die absolut gleich großen, dem
beweglichen Bürstensystem entsprechenden Läu­
feramperewindungen A W l- die räumliche Rich­
tung O U l ■Durch den Magnetisierungsstrom des
Zwischentransformators eilt der Läuferstrom dem
Ständerstrom im Untersynchronismus um einen
Zeitwinkel tp nach, beide Vektoren der Läufer­
amperewindungen sind demnach auch räumlich
um einen gleich großen zusätzlichen Winkel
entgegen dem Drehsinn und im Sinn einer Ver­
größerung der Bürstenverschiebung verschoben.
Die resultierenden Läuferamperewindungen
A W l sind die Vektorsumme von A W n und A W l 2,
sie haben demnach (Abb. 2) die absolute Größe
und eilen räumlich den Ständeramperewindungen
um den W inkel ty-\-a nach, wobei « gegeben
ist durch
q=
51
................ (2)
und somit auch beim Motor mit doppeltem
Bürstensatz die resultierende räumliche Ver­
schiebung der Läuferamperewindungen durch
die Bürstenverschiebung allein bedeutet. Die
Vektorsumme der Ständer- und Läuferampere­
windungen ergibt die magnetisierenden Ampere­
windungen A Wm des Motors und damit auch
die augenblickliche räumliche Richtung des
Motorfeldes &m- Bei Anordnung nur eines
Bürstensatzes sind nach dem früher gesagten
AWL^ und A W l i gleichgerichtet und die ge­
samten Läuferamperewindungen demnach gleich
A W l = J l w l , ihre Nacheilung gegenüber dem
Ständer-i4lV ist ebenfalls gleich t/>-f-a.
In Abb. 3 ist das zugehörige Zeitvektor­
diagramm dargestellt, wobei ein untersynchroner
Betriebspunkt betrachtet wird ( s > 0 ) . Der auf
die Primärseite des Zwischentransformators be­
zogene Strom im Läuferkreis J l " hat die Größe
und Phase
2)
Nach S c h e n k e l , Die Kommutatormaschinen für
ein- und mehrphasigen Wechselstrom, Verlag W. de
Gruyter, Leipzig 1924.
24. Dezember 1933
Elektrotechnik und Maschinenbau, 5!. Jahrg., 1933, Heft 52
Bei der zur Deckung der im Läuferkreis auf­
tretenden Spannungen erforderlichen Zeitphase
von Ö t und J t ergibt sich für J l " die schon
oben erwähnte Nacheilung um den Zeitwinkel tp.
Die den beiden Bürstensätzen entsprechen­
den Läuferstromkomponenten J n ' und J/.,' sollen
ihrer Größe und Phase nach sinngemäß auf die
Ständerwicklung bezogen werden; infolge der
räumlichen Verschiebung ihrer Amperewindungen
675
Der gefundene Ausdruck für den auf die Primär­
seite bezogenen Läuferstrom sowie auch die
entsprechenden Ausdrücke für die Läuferamp£rewindungen Gl. (1) und (2) zeigen demnach, daß
hinsichtlich der magnetisierenden W irkung der
Läuferwicklung ein Motor mit doppeltem Bürsten­
satz und den Bürstenverschiebungen at bzw. at
gleichwertig ist einem Motor mit einfachem
Bürstensatz und der Bürstenverschiebung a sowie
der resultierenden Läuferwindunsrszahl
wobei nur der Unterschied besteht, daß die
resultierende Läuferwindungszahl wl beim Motor
mit doppeltem Bürstensatz mit der Bürstenver­
stellung veränderlich ist, beim Motor mit ein­
fachem Bürstensatze hingegen nicht.
Ständer- und Läuferstrom zusammen ergeben
den Magnetisierungsstrom des Motors
und damit Größe und Richtung des Motorfeldes.
Sind für den betrachteten Betriebspunkt
Ströme und Felder bekannt, so kann das Span­
nungspolygon unmittelbar eingezeichnet werden.
Man erhält mit den gewählten Bezeichnungen
an Hand von Abb. 1 für den Ständerkreis
Beim Läuferkreis ist einerseits zu berück­
sichtigen, daß infolge der Gegenschaltung der
beiden Transformatorwicklungen nach Abb. 1
die von Ö t im Läuferstromkreis induzierte Spannung letzterem um
um den Winkel n-\-ax für den festen, bzw. um
den Winkel a2 für den beweglichen Bürstensatz
beträgt der gesamte Nacheilwinkel gegenüber
dem Ständerstrom t / j j t a , bzw. tp-\-a-2. Be­
rücksichtigt man, daß J l mit J l " gleichphasig
ist [Gl. (3)] und demnach dem Ständerstrom
bereits um den Winkel tp nacheilt, so erhält
man schließlich die beiden folgenden Ausdrücke
für die bezogenen Läuferstromkomponenten:
wobei allgemein durch den Faktor d v ein zeit­
liches Zurückbleiben um den W inkel v ausge­
drückt sein soll.
Der resultierende, auf die Ständerwicklung
bezogene Läuferstrom J l ist die Vektorsumme
von J l \ und J l \, man erhält für denselben nach
einer kurzen Umformung mit Verwendung von
Gl. (2):
TC
voreilt; andererseits werden
infolee der Bürstenverschiebung die beiden ge­
dachten Läuferwicklungen vom Motorfeld früher
induziert als die Ständerwicklungen, und zwar
entsprechend dem W inkel at für die beweelichen
und dem Winkel
für die festen Bürsten.
Mit diesen Überlegungen erhält man demnach
als Spannungsgleichung fiir den Läuferkreis
Die Größe kl bezieht sich dabei defmitionsgemäß auf diametrale Bürstenstellung und ist
aus den Maschinenabmessungen im Einzelfalle
zu ermitteln. Da die WindungS7ahl der beiden
Ersatzläuferwicklungen gleich h -l /2 zu setzen ist,
wie dies bereits bei Ermittlung der Läufer­
amperewindungen oben berücksichtigt wurde,
sind auch in Gl. (9) die vom Motorfeld in den
beiden Läuferwicklungen induzierten Spannungen
676
entsprechend
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
der halben Windungszahl zu be­
stimmen ^Faktor
~
in Gl. (9)j.
Die gesamte vom Motorfeld in der Läuferwicklung induzierte EMK hat demnach die Größe-
Es können demnach auch die im Läuferkreis
auftretenden Spannungen genau so ermittelt
werden wie bei einem Motor mit nur einem
Bürstensatz, der resultierenden Läuferwindungszahl wl und der resultierenden Bürstenver­
schiebung a. Damit erscheint nachgewiesen, daß
Strom- und Spannungsdiagramm
für beide
Motorarten mit dieser Berücksichtigung identisch
sind, so daß im folgenden beide Ausführungs­
formen einheitlich behandelt werden sollen. Das
Spannungspolygon für Ständer- und Läuferkreis
entsprechend Gl. (8) und (9) ist ebenfalls aus
Abb. 3 zu ersehen, die Richtung von J l ist die­
selbe wie die von J l " [GL (3)], so daß die
Phasenlage des ohmschen und induktiven Ab­
falles in der Läuferwicklung gleichfalls festliegt.
Bezüglich des induktiven Abfalles in der
Läuferwi klung wurde in Gl. (9) stillschweigend
angenommen, daß derselbe der Schlüpfung pro­
portional ist. Es trifft dies indessen nur nähe­
rungsweise zu3). Die genaue Rechnung ergibt,
daß derselbe aus einem der Schlüpfung ver­
hältnisgleichen und aus einem konstanten Anteil
besteht, wobei die Aufteilurg von der Art der
Ankerwicklung, der Zahl der Bürstenbolzen und
bei zwei Bürstensätzen auch von ihrer relativen
Stellung abh ä ig t. Die Schreibweise der Gl. (9)
kann indessen beibehalten werden, wenn unter
s. xl nur der der Schlüofung proportionale An­
teil der Läuferstreuung verstanden, und der
zweite konstante Anteil zu xt hinzugezählt wird
II. E rm ittlung des Vektordiagram mes bei Vernach­
lässigung der Eisensättigung.
Soll das Vektord'agramm für einen be­
stimmten Betriebspunkt ermittelt werden, so geht
man am einfachsten von e’nem passend gewählten
Läuferstrom aus’ und bestimmt dasdergewählten
resultierenden Bürsten verschiebungaentsprechende Motorfeld
ohne vorderhand noch den
Magnetisierungsstrom j T des Transformators zu
berücksichtigen. (Parallelogramm gebildet von
J l und J l" , Abb. 4).* Die dem angenommenen
Läuferstrom und dem so erhaltenen Motorfeld
entsprechenden Spannungen
im
Läuferkreis
können sofort eingezeichnet werden (Linienzug
1'340 in Abb. 4), der resultierenden Spannung
3) Vgl. A r n o l d , Wechselstromtechnik, Bd. 5, Teil 2,
Seite 14, Julius Springer 1912.
24. Dezember 1933
(Strecke l'O) müßte nun durch das Transfor­
matorfeld das Gleichgewicht gehalten werden,
wenn kein Magnetisierungsstrom J t z u berück­
sichtigen wäre. Letzterer bedingt aber eine
gleichphasige Motorfeldkomponente A @m, so daß
sich als neues resultierendes Feld der Vektor
Om mit dem zugehörigen Magnetisierungsstrom
Jm ergibt. Der Spannung l'O wird daher nicht
bloß durch die vom Transformatorfeld her­
rührende Komponente 01, sondern auch durch
die vom A Wm im Läuferkreis hervorgerufene
Spannung 11' das Gleichgewicht gehalten.
Da die Spannungskomponente 01 dem
Transformatorfelde Ö T um y
der parallelen
voreilt, sowie 11'
Motorfeldkomponente A
um
7t
u -- — voreilt, schließen die beiden Strecken
01 und 11' den resultierenden Biirstenverschie-
Abb. 4. Diagrammermittlung für einen untersynchronen
Betriebspunkt. s > 0 .
bungswinkel a miteinander ein. Infolgedessen
liegt Punkt 1 auf einem Kreis durch 0 und 1'
mit dem Zentriwinkel 2 a (Mittelpunkt M). Das
Größenverhältnis der beiden Strecken Öl und 11'
ist aus den Maschinenabmessungen bekannt,
es ist:
w obei & t/A
bei Vernachläss'gung derSättigung
unveränderlich ist, so daß Punkt 1 nach Auf­
zeichnung eines ähnlichen Hilfsdreieckes mit
dem angegebenen Seitenverhältnis und Zentri­
winkel sofort gefunden werden kann. 13 stellt
der Größe und Phase nach die vom resultieren­
den Motorfeld in der Läuferwicklung induzierte
Spannung dar; Dreieck 1 1'3 ist ähnlich dem
24. Dezember 1933
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
Dreieck gebildet von Omo, A Om und Om und eilt
7t
dem letzteren um den W inkel a — — vor.
Damit sind nun alle Ströme und Spannun­
gen im Läuferkreis bekannt, das Spannungs­
diagramm des Ständerkreises kann an Hand von
Abb. 3 unmittelbar eingetragen werden. Die auf
diese Weise erhaltene Klemmenspannung U
wird mit der wirklichen Netzspannung nicht
übereinstimmen, bei gleichbleibender Eisen­
sättigung ändern sich jedoch alle Strecken ver­
hältnisgleich, so daß das erhaltene Diagramm
nur dem Maßstab nach zu ändern ist.
ln Abb. 5 ist das gleiche Diagramm noch
einmal für einen übersynchronen Betriebspunkt
Abb. 5. Diagrammermittlung für einen übersynchronen
Betriebspunkt. s < 0 .
zur Darstellung gebracht, wobei angenommen
ist, daß der induktive Abfall 34 im Läuferkreis
dem Läuferstrom bereits um
7t
voreilt.
Infolge
der geänderten Relativbewegung zwischen Läufer­
wicklung und Motorfeld haben die von letzterem
induzierten Spannungen die entgegengesetzte
Richtung; der früher ermittelte Voreilwinkel
71
a — y bezieht sich daher hier auf die Voreilung
der negativ genommenen Spannungskomponente
zur zugehörigen Feldkomponente, also zum Bei­
spiel auf Strecke l ' l und Feldkomponente A Ö m
in Abb. 5. Da andererseits die von dem mit
A Om gleichphasigen O t induzierte Spannung 01
71
letzterem unverändert um — voreilt, schließen
die beiden zueinander gehörigen Strecken 01
und 11' hier den W inkel n — a miteinander ein;
Punkt I liegt daher ebenfalls auf einem Kreis
durch 0 und 1 'mit den Zentriwinkeln 2 n — 2a
bzw. 2 a. Die weitere Ermittlung des Vektor-
677
diagrammes kann in der bereits beschriebenen
Form durchgeführt werden.
W ährend demnach im untersynchronen Be­
reich der Transformatormagnetisierungsstrom im
Sinne einer Schwächung des Motorfeldes, einer
scheinbaren Vergrößerung der Bürstenverschie­
bung und damit der Stromaufnahme für ein ge­
gebenes Drehmoment wirkt, tritt im Übersyn­
chronismus die entgegengesetzte W irkung ein.
Bei gegebener Klemmenspannung und genügend
hoher Drehzahl wird Stromaufnahme und Lei­
stungsaufnahme klein, so daß der Motor eine
ausgesprochene Leerlaufdrehzahl aufweist, über
welcher er zum Generator wird. Da es sich im
übersynchronen Betriebsbereich in der Regel
um Motordrehmomente handelt, die gleich oder
kleiner sind als das Nennmoment, spielt der
Einfluß der Motorsättigung eine geringere Rolle,
so daß die beschriebene Ermittlung des Diagrammes in der Regel zum Ziele führen wird.
Insbesondere kann an Hand von Abb. 5 unter­
sucht werden, welcher Transformatormagnetisierungsstrom notwendig ist, um bei einer ge­
gebenen übersynchronen Drehzahl das Dreh­
moment Null zu erhalten.
Das Drehmoment jeder Drehfeldmaschine
ist bekanntlich proportional dem Produkt aus
Läuferamperewindungen mal derzu diesen räum­
lich senkrecht stehenden Feldkomponente und
daher auch proportional dem Flächeninhalt des
Parallelogrammes, gebildet von A W l und 4 Ws
in Abb. 2. Letzterem ist aber das Parallelogramm,
gebildet von J l und Js in Abb. 3, 4 und 5 auf
Grund der früheren Betrachtungen ähnlich, so
daß das Drehmoment auch dem Flächeninhalt
dieses letzteren Parallelogrammes verhältnisgleich
gesetzt werden kann. Das Drehmoment wird
also gleich Null, wenn Js gleich Null oder
gleichphasig mit J l wird. Bei Änderung des
magnetischen Widerstandes des Zwischentrans­
formators ändert sich auch J 7 und dement­
sprechend A Öm und 1' 1 (Abb. 5). Da der Winkel
n — a zwischen den Strecken 01 und l ' l dabei
ungeändert bleibt, ist der schon früher ermittelte
Kreis mit dem Mittelpunkt M der geometrische
Ort des Punktes 1 bei Änderung des magneti­
schen Widerstandes des Zwischentransformators.
Da nun J j der Strecke l ' l verhältnisgleich
7t
ist und ihr um den konstanten Winkel a — —
nacheilt, beschreibt auch der Endpunkt des
Vektors Js als Ortskurve einen (in Abb. 5 nicht
dargestellten) Kreis, der aus dem durch die
Maschinenabmessungen
gegebenen Verhältnis
von Strecke 11' zu J t leicht bestimmt werden
kann. Der Schnittpunkt derselben mit J l liefert
den gesuchten Endpunkt der Vektoren Js und j 7,
womit auch der zugehörige Wert von A O m und
die Strecke 1' 1 sowie Punkt 1 bestimmt werden.
Aus dem erhaltenen Transformatormagnetisierungsstrom j 7 und der zugehörigen Transfor­
678
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heit 52
matorsekundärspannung 01 kann der magne­
tische Widerstand im Zwischentransformator
unmittelbar errechnet werden, der nötig ist, um
bei derangenommenen Drehzahl das Drehmoment
Null zu erhalten.
III. Die Berücksichtigung der Eisensättigung des
Motors.
Die Berücksichtigung der Eisensättigung
des Motors ist besonders im Bereich größerer
Drehmomente und kleinerer Bürstenverschie­
bungen erforderlich, da sich hiebei verhältnis­
mäßig starke Motorfelder
ergeben und möge an
Hand von Abb. 7 für
einen
untersynchronen
Betriebspunkt erläutert
werden. Abb. 6 stellt die
magnetische Charakteri­
stik des Motors dar, die
als bekannt vorausge­
setzt werden soll. Die
Eisensättigung des Zw i­
schentransformators sei
Abb. 6.
weiter vernachlässigt, der
Motorcharakteristik.
Magnetisierungsstrom
desselben soll durch konstanten magnetischen
Widerstand im Feldkreis (Luftspalt) bedingt sein.
Als Ausgangspunkt sei wieder ein passend
gewählter Läuferstrom ( J l und J l " in Abb. 7)
24. Dezember 1933
J t bedingt nach dem Früheren im untersyn­
chronen Bereich eine Schwächung des Motor­
feldes und eine Phasenverschiebung desselben
im Sinne einer Voreilung (Abb. 4), durch die
Sättigung ist aber jetzt die Verringerung des
Motorfeldes kleiner als die des zugehörigen
Magnetisierungsstromes J«, infolgedessen sind
die beiden Vektoren j T und A <Dm, die die Än­
derung von j Mo und
der Größe und Rich­
tung nach darstellen, nicht mehr gleichphasig.
Man kann sich indessen die Änderung von
J mo und 0 mo in zwei Komponenten zerlegt denken,
deren eine die Verminderung des absoluten Be­
trages berücksichtigt (J t und A Ö m in Abb. 7)
und deren andere in einer Drehung von J m bzw.
0 m um den W inkel e besteht. Die beiden Größen
J t und A
sind dabei nicht wie früher ein­
ander proportional, sondern hängen durch die
magnetische Charakteristik des Motors mitein­
ander zusammen (Abb. 6). Der im Läuferkreis
auftretenden, nach Abschnitt II zu ermittelnden
Spannung l'O wird dann durch beide Anderungskomponenten das Gleichgewicht gehalten.
Es entspricht dabei der Feldkomponente
A Ö>m eine Spannungskomponente 21'. der J t‘
proportionalen und phasengleichenTransformatorfeldkomponente (Pr'eine Spannungskomponente
52, die J t um -y voreilt. Punkt 5 ist dabei
Abb. 7. Diagrammercnittlung für einen untersynchronen
Betriebspunkt bei Berücksichtigung der Eisensättigung.
angenommen und wie früher das entsprechende
Motorfeld
ohne Berücksichtigung von j 7
ermittelt. DerTransformatormagnetisierungsstrom
vorderhand noch unbekannt, er. muß aber jeden­
falls auf einer Geraden g liegen, wenn die
Motorcharakteristik im fraglichen Bereich durch
die Tangente i ersetzt wird (Abb. 6), wobei die
Lage von g durch einen vorderhand willkürlich
angenommenen Wert von J t z u bestimmen ist.
Es kann aber auch Kurve h als geometrischer
Ort von Punkt 5 punktweise fiir verschiedene
angenommene Werte von J t unter Verwendung
der genauen Motorcharakteristik
konstruiert
werden, im Grenzfall J t = — Jmo wäre das
Motorfeld gleich Null und nur ein — Jmo ent­
sprechendes Transformatorfeld vorhanden, wel­
ches die Spannungskomponente 63 im Läufer­
kreis hervorrufen würde. Punkt 6 ist demnach
auch der Endpunkt der Kurve h.
Durch die Verdrehung des Motorfeldes um
den W inkel e (Motorfeldkomponente J 0m") er­
fährt der zugehörige Spannungsvektor 13 im
Läuferkreis eine Verdrehung um den gleichen
Winkel; die Verdrehung des Magnetisierungs­
stromes J Afo bedingt die Stromkomponente J t "
und eine diesem proportionale und phasengleiche
Transformatorfeldkomponente Ö t- Da voraus­
setzungsgemäß die magnetische Charakteristik
des Zwischentransformators geradlinig ange­
nommen wurde, kann man sich Ö>t " durch Ver­
drehung eines fiktiven Transformatorfeldes her­
vorgerufen denken, das dem Strom Jmo als
Magnetisierungsstrom entsprechen würde. Die
fiktive Spannung im Läuferkreis, die diesem
24. Dezember 1933
Elektrotechnik UBd Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
Feld entsprechen würde, ist entgegengesetzt der
für J t‘ = — JAjo_ermittelten Spannung und somit
durch Vektor 36 gegeben. Die tatsächlich auf­
tretende Spannung, die durch J t" bzw. &r"
hervorgerufen wird, ergibt sich dann als Kreis­
bogen durch Verdrehung der fiktiven Spannung
36 um den W inkel e.
Die unter dem Einfluß von A
und J t"
auftretende
resultierende
Verschiebung des
Punktes 1' im Spannungsdiagramm des Läufer­
kreises erhält man somit, wenn man mit Punkt
6 als Mittelpunkt Punkt 1' nach 1" verschiebt,
wobei die beiden Radiusvektoren 61' und 61"
den Winkel e miteinander einschließen. Kreis­
bogen 1" 1' stellt, wie man sich leicht überzeugen
kann, die geometrische Summe der Spannungen,
hervorgerufen durch J t" und A <Üm" dar. Der
W inkel e und damit Punkt 1" sind nun dadurch
gegeben, daß nach der Verdrehung durch Ein­
fügung^ der beiden Spannungskomponenten 21'
und 52, die die Verringerung des Motorfeldes
seinem absoluten Werte nach berücksichtigen,
das Spannungspolygon im Läuferkreis geschlossen
sein muß. Hiebei nehmen entsprechend der
gleichzeitigen Drehung auch von A
und J 7'
die beiden Vektoren 21' und 52 die neue Lage
2"1" und 02" ein, derart daß das ganze Dreieck
1' 5 2 einen Kreisbogen um Punkt 6 beschreibt,
um die neue Endlage 1"02" zu erreichen. Man
erhält demnach auf einfachste Weise den noch
unbekannten Punkt 5, in dem man mit 6 als
Mittelpunkt durch 0 einen Kreisbogen legt und
diesen mit g bzw. A^zum Schnitt bringt.
679
Ist die Sättigung des Zwischentransformators
nicht vernachlässigbar, so kann die beschriebene
Konstruktion nur näherungsweise angewendet
werden. Besonders ist zu berücksichtigen, daß
die fiktive Spannung 36, die einem Transfor­
matorfeld mit dem Magnetisierungsstrom J mo
entspricht, an Hand einer geradlinigen Ersatz­
charakteristik des Zwischentransformators zu
ermitteln ist, wobei die letztere so angenommen
werden muß, daß sie mit der tatsächlichen
Charakteristik des Zwischentransformators den
Punkt J t , ® t gemeinsam hat. Da dieser Punkt
noch nicht bekannt ist, kann die Ersatzcharakte­
ristik und damit die Strecke 36 vorerst nur
geschätzt werden, wobei, da die Lage von Punkt
5 und damit Strecke 52 von der Lage des Mittel­
punktes 6 nahezu unabhängig ist, die Feldkom­
ponente 0 t im vorhinein mit großer Annäherung
bestimmt und so ein Rückschluß auf das tat­
sächlich zu erwartende Transformatorfeld ge­
zogen werden kann.
Hat man auf diese Weise für den ange­
nommenen Läuferstrom das Vektordiagramm
ermittelt und auch das Spannungspolygon des
Ständerkreises eingezeichnet und damit die zu­
gehörige Klemmenspannung Ü bestimmt, so muß
bei größeren Abweichungen derselben von der
tatsächlichen Netzspannung das Diagramm mit
einem korrigierten Läuferstrom neuerlich gezeich­
net werden. Die einfache Maßstabsänderung
nach Abschnitt II vernachlässigt die veränder­
liche Sättigung und ist daher nur bei geringen
Abweichungen der erhaltenen Klemmenspannung
von der Netzspannung zulässig.
Die neue Stromversorgungsanlage des Wiener Burgtheaters.
Von I hr. Heinz Hausner und Ing. Kurt Pltsch, W ien.
Inhaltsübersicht: In den Theaterferien 1932 wurde
die gesamte Stromversorgungsanlage des W iener Burgthcaters vollständig umgebaut. Der Ablauf des ersten
Betriebsjahres der neuen Anlage soll zum Anlaß ge­
nommen werden, eine kurze Beschreibung der Anlage
711 geben.
Allgemeines.
Bei der Projektierung der neuen Stromver­
sorgungsanlage des Burgtheaters mußte von der
im Theatergesetz aufgestellten Forderung nach
gleichzeitigem Anschluß an zwei voneinander
unabhängige Stromquellen ausgegangen werden.
Im Hinblick auf die unbedingte Notwendigkeit
von Gleichstrom ergab sich als geeignete Lösung
die Kombination einer für den Gesamtstromver­
brauch einer ganzen Vorstellung auslangenden
Akkumulatorenbatterie mit einer an das städtische
Drehstromnetz angeschlossenen Drehstrom-Gleichstrom-Umformeranlage. An Stelle der bisher im
Betrieb befindlichen zwei großen Umformersätze,
die meist unterbelastet liefen, wurden Quecksilberdampf-Glasgleichrichter aufgestellt, die an und für
sich mit besserem Wirkungsgrad arbeiten und
überdies zufolge der weitgehenden Unterteilung
der Gesamtleistung auf mehrere Gleichrichter­
einheiten
den Gesamtwirkungsgrad wesentlich
verbessern. Als Verteilspannung wurde 220 V
gewählt1).
R äum liche A nordnung.
Die neue Stromversorgungsanlage mußte in
einem Teil der Räume der alten Zentrale, die im
Keller, zwei Stockwerke unter dem Niveau der
Ringstraße liegen, untergebracht werden. Wie
trotz der schwierigen Verhältnisse — überaus
dicke Fundamentmauern und Aufteilung auf
mehrere, gar nicht einheitliche, ungünstig dimen­
sionierte Räume — den Anforderungen an eine
neuzeitliche Schalt- und Umformeranlage ent­
sprochen worden ist, zeigt Abb. 1.
Durch die gewählte Anordnung ist einerseits eine
weitgehende Anpassung in der Anordnung der Apparate
an den elektrischen Energieweg erzielt worden, anderer­
seits sind die einer Bedienung und W artung bedürftigen
Einrichtungen auf benachbarte Räume und in übersicht­
licher Anordnung zusammengefaßt, wobei die Längen der
mit größeren Intensitäten beanspruchten Leitungen auf
ein Minimum reduziert worden sind. Die Hochspan­
nungsanlage ist hufeisenförmig um den Bedienungsgang
angeordnet. Auf der rechten Seite desselben liegen die
Antriebe der Hoehspaniiungsschalter. Auf der linken
’ ) E. u. M. 51 (1933), Die Lichttechnik 10 (1933) S. 1 ff.
680
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52 24. Dezember 1933
richterschränken angesaugt wird. Da der Gleichrichterraum keine direkte Frischluftzufiihrung erhalten konnte,
wurde ein Ventilator vorgesehen, der die Luft aus dem
Gleichrichterraum absaugt.
Elektrische Disposition.
Abb. 1. Grundriß der
Anlage. (Bezeichnung
der einzelnen Räume
im Kreis):
Q l.R. G le ich rich te r;
H.V.
H a u p tv erteilun g : H.A. H o ch ­
spannungsanlage.
(Bezeichnung der einzel­
nen Schalttafeln und Ap­
parate):
O iG iG jQ le ic h ric h te r; A\AiAi
A pparateschränke;
7\7»7i
T ransform atoren; Ü S Gletchrlchter-Steueiung; ß| B i B at­
teriesch alttafeln ; Z , Z , Zellenschalter; O V Uleichstrom-Hauptverteilung ; D V D rehstrom -Hauptverteilung: S M b p an n u n g i- M e B ta W ;
/ Isolatior.s-M eßtafel; S Schreibtisch; ST Steuer- und MeBtafel für
die H ochspannungs-Schaltanlage; LT Licht-Transform ator.
//.
Seite erfolgt die Betätigung des Regeltransforinators. Am Ende des
Bedienungsganges ist eine
Meß- und Steuertafel für
die 5 kV-Anspeisung ein­
gebaut. Im anschließenden
Hauptverteilraum sind an
beiden Längsseiten die
Drehstromund
die
Gleichstroin-Haupt-Verteilschalttafel aufgestellt.
Dem Schreibtisch des Bedienungsmannes
gegen­
über ist eine Tafel mit
drei
Lichtband-Voltmeterns) für die drei Span­
nungssysteme
angeord­
net. Besonderes Augen­
merk wurde auf die An­
ordnung der Gleichrich­
ter wegen der Kühlung
der Kolben gerichtet. Die
Vorderseite der Gleich­
richterschränke teilt den
Raum in zwei Hälften,
von denen ohne weitere
Vorkehrungen
für
den
Luftumlauf nur der Teil
hinter den Schränken in
Betracht kommt. Um die
Luft des ganzen Raumes
für die Kühlung heran­
zuziehen, wurden zusätz­
liche
Uinleitungskanäle
angeordnet,
durch
die
auch Luft vor den GleichJ) Vgl. F ü r n b e r g ,
E. u. M. 51 (1933) S. 565:
besonders Abb. 6 auf
S. 568.
Der gesamte Aufbau der elektrischen f'nergieversorgungsanlage ist im Prinzipschaltbild (Abb. 2)
angegeben. Die beiden 5 kV-Schalter der beiden
von den Unterwerken Alsergrund und Neubadgasse ankommendcn Kabel sind derart elektrisch
und mechanisch verriegelt, daß stets nur eines
derselben auf die Hauptsammelschienen einge­
schaltet werden kann, so daß das zweite Kabel
immer als Reserve dient. An die liauptsammel­
schienen sind einerseits zwei Transformatoren mit
je 50 kVA zur Drehstrom-Licht- und Kraftver­
sorgung des Theaters und andererseits drei
Gleichrichter - Haupt - Transformatoren (Schaltung
Dreieck/Doppelzickzack) angeschlossen, die zur
Spannungsregelung mit Stufenschaltern, mit An­
zapfungen im Nullpunkt versehen sind; sie können
sowohl von Hand aus, als auch motorisch ge­
steuert werden und ermöglichen eine Regelung
der Gleichspannung in 31 Stufen von 200 bis 360 V.
Dieser große Regelbereich ist dadurch bedingt,
daß die Gleichrichter sowohl zur unmittelbaren
Speisung des Netzes, als auch zur Ladung der
Akkumulatorenbatterien herangezogen werden. An
jeden Regeltransformator ist eine eigene unab­
hängige, sechsphasige Gleichrichterapparatur an­
geschlossen, deren Nenndauerstrom 250 A be­
Abb. 2. Gesamt-Schaltbild.
Hochspannungsanlage 5 kV, 50 Hz.
K.N. Kabel N e u b ad ; K.A. K abel A ls e rg ru n d ; St.E.W . Sam melscbiene in der Unterstation der Städt.
E lektrizitätsw erke, 5 kV , 50 H z; L.T. L icht-T ransform ator; K.T. Kralt-Transformator.
Drehstrom-Hauptverteilung, 220 V, 50 Hz.
D.K.A. D reh stro m - K raftableltu n g en: B.H. A bleitung B ü hnenhaus; Z //.A b leitu ng Zuschauerhaus;
Z.R. A bleitung Zuschauerraum .
Gleichrichter-Anlage.
G.T. G leichrichter-Transform atoren; K. Q u ecksilberdam pf- Q las- Q lelchrichtei- K olben; Z Zuschaltrelais; 0 . G lättungseinrichtung.
Gleichstrom-Hauptverteilung, 220 V.
B.E. Ableitung Btlhneo-Effsktbeleuchtung; Z.H. A b leitu n g Z uschauerhaus; ß .//.; A bleitung B tihni rhaus; O.K.A. A bleitung G leichstrom -K raftableitungen.
24. Dezember 1933
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
trägt. Gleichstromseitig sind zwei Sammelschienensysteme vorgesehen, auf die die Gleichrichter über
einen Umschalter angeschlossen werden können.
An das eine System ist direkt das Gleichstrombeleuchtungsnetz angeschlossen,
während das
zweite für die Batterieladung dient.
Die Betriebsbedingungen, die an die Gleich­
richteranlage gestellt werden, sind infolge des
besonderen Verwendungszweckes sehr umfang­
reich: sie betreffen die direkte Versorgung des
Gleichstromnetzes durch die Gleichrichter mit
lastabhängiger, selbsttätiger Zu- und Abschaltung
der einzelnen Gleichrichtereinheiten und Regelung
der abgegebenen Spannung von Hand aus; die
Ladung der Akkumulatorenbatterie mit entspre­
chender Spannungsregelung von Hand aus und die
ständige Betriebsbereitschaft der Akkumulatoren­
batterien, die selbsttätig dauernd in geladenem
Zustand zu halten sind.
Um nun diese verschiedenen Betriebserforder­
nisse der Stromversorgungsanlage zu beherrschen,
wurden die Gleichrichter mit einer selbstätigen
Steuerung versehen. Die Funktion dieser Steue­
rung zerfällt in drei Teile, und zwar:
a) Zu- u n d A b s c h a l t u n g . Der Bühnen­
betrieb bringt in sehr weiten Grenzen schwan­
kende Belastungen mit sehr großen Belastungs­
stößen (bis zu 60 bis 80 vH des Maximalstromes)
mit sich. Zur Anpassung an die Belastungsschwan­
kungen werden die Gleichrichtereinheiten je nach
dem Strombedarf selbsttätig ohne Zeitverzögerung
zu- und abgeschaltet, um immer nur so viel Ein­
heiten in Betrieb zu haben, als der jeweiligen
Belastung entspricht. Insbesondere die Forderung
der momentanen Zuschaltung läßt sich bei auto­
matischen Quecksilberdampf - Gleichrichtern viel
einfacher und betriebssicherer durchführen als bei
rotierenden Umformern, die zufolge ihres hohen
Trägheitsmomentes beträchtliche Anlaufzeiten be­
nötigen und daher für einen solchen Betrieb nicht
in Betracht kommen. Von wesentlicher Bedeutung
für die jederzeitige Betriebsbereitschaft der im
Burgtheater zur Aufstellung gelangten Quecksilberdampf-Gleichrichter ist die Ausrüstung der Gefäße
mit Kontraktionszündung nach Ing. F. G e y e r3).
da. abgesehen von der vollkommenen Betriebs­
sicherheit, auch die für die Zündung nötige Zeit
auf Bruchteile von Sekunden herabgemindert
worden ist. Die Zu- und Abschaltung der einzelnen
Einheiten erfolgt in bekannter Weise durch Strom­
relais, die durch Schließen von Hilfskontakten den
entsprechenden Impuls auf die Steuerapparatur
geben.
b) G l e i c h h a l t u n g
der
Spannung
d e r e i n z e l n e n E i n h e i t e n . Um eine gleiche
Lastaufteilung auf mehrere im Parallelbetrieb be­
findliche Gleichrichtereinheiten zu erreichen, ist
es notwendig, die Spannung der einzelnen Einheiten
gleich hoch zu halten. Insbesondere im Hinblick
auf die Forderung nach momentaner Zuschaltung
im Betrieb ist eine Spannungsregelung der zuzuschaltendcn Einheiten n a c h dem Einschaltkominando des Zuschaltrelais unmöglich. Es ist daher
*) Vgl. H. H e r t e l e
51 (1933) S. 141 ff.
und F. Q e v e r, E. u. M.
681
notwendig, daß die für das Zuschalten vorbe­
reiteten Einheiten bereits vorher auf die Spannung
der im Betrieb befindlichen Gleichrichtereinheiten
geregelt sind.
Die einzelnen Gleichrichter müssen in belie­
biger Zusammenfassung zur direkten Netzspeisung,
bzw. zur Ladung der Batterien verwendet werden
können. Es ist selbstverständlich, daß die Span­
nungsregeleinrichtungen in beiden Fällen von­
einander vollkommen unabhängig sein müssen, um
ein getrenntes Regeln der Spannungen der auf
Netzbetrieb bzw. Ladebetrieb arbeitenden Gleich­
richter zu ermöglichen.
Um nun die verschiedenen Betriebserforder­
nisse der Stromversorgungsanlage zu beherrschen,
wurden die Gleichrichter mit einer selbsttätigen
Steuerung versehen. Der Grundgedanke dieser
Steuerung ist kurz folgender4).
Zur Festlegung der Reihenfolge der Zuschaltung
der einzelnen Gleichrichtereinheiten bei Netzbetrieb und
zur Aufteilung der Einheiten auf Netz- bzw. Ladebetrieb
dient ein Steuerraster, auf dem durch Einfuhren von
Stöpseln in Buchsen die entsprechenden Verbindungen
der Steuerleitungen durchgeführt werden. Um zu
erreichen, daß die parallel arbeitenden Gleichrichter
gleiche Spannung abgeben, das heißt, daß die Stufen­
schalter der Gleichrichter-Transformatoren auf der
gleichen Stufe stehen, sind die Stufcnschaltcrantriebe
über eine Relaiseinrichtung elektrisch miteinander ge­
kuppelt. I)as Stöpseln des Steckers im Steuerraster hat
eine Aufwärtsbcwegug des Antriebes des Stufenschalters,
dessen Ruhestellung zwangsläufig die tiefste Stellung
ist, zur Folge. Erreicht der Stufenschalter des zuzuschal­
tenden Gleichrichters die gleiche Stellung auf der sich
der Stufenschalter des bereits im Betrieb befindlichen
Gleichrichters befindet, geben also beide Einheiten nun
gleiche Spannung ab, so w ird über Hilfskontakte an
den Stufenschaltern ein Steuerkreis geschlossen, der die
Aufwärtsbewegung des Stufenschalters des zuzuschal­
tenden Gleichrichters unterbricht.
Gleichzeitig wird
der Hochspannungsschalter des Gleichrichterabzweiges.
ferner Erregung und Zündung eingeschaltet. Damit ist
der Gleichrichter in Betrieb gesetzt und gibt Strom ab.
Der die Grundlast übernehmende Gleichrichter, das
heißt also jener, welcher als erster eingeschaltet wird
und dauernd im Betrieb bleibt, wird durch geeignete
Ausbildung des Steuerstöpsels und entsprechende Schal­
tung der Steuerleitungen sofort, also auf der tiefsten
Stufe, eingeschaltet.
Die Spannungsregelung dieses Gleichrichters erfolgt
mit Hilfe der Steuerdruckknönfe für „Spannung höher“
bzw. „Spannung tiefer“ . Das Einschaltkommando für die
weiteren Gleichrichter wird, wie bereits erwähnt, von den
Zuschaltrelais gegeben. Arbeiten mehrere Gleichrichter
parallel, werden diese durch Betätigung der Druckknöpfe
gleichzeitig höher, bzw. tiefer geregelt. Sollte der Stufen­
schalter infolge mechanischer Verschiedenheiten der
Motorantriebe über die Stellung des Stufenschalters des
im Betrieb befindlichen Gleichrichters hinaufregeln, wird
durch Ansprechen eines Zeitrelais der zuzuschaltendc
Gleichrichter auf die richtige Stellung zurückgeregelt.
Die Relaiseinrichtung ist derart ausgebildet, daß jeder
der drei Gleichrichter zur Übernahme der Grundlast ver­
wendet wrrdon kann.
Die Stoßbelastungsversuche, welche mit der
Stromversorgungsanlage gemacht wurden, haben
gezeigt, daß die Forderung der augenblicklichen
Zuschaltung der einzelnen Einheiten vollkommen
erfüllt wurde. Belastungsspitzen bis zu 700 A
wurden von der Gleichrichteranlage ohne jede
Zeitverzögerung aufgenommen. In diesem Falle
schalteten sich zwei weitere Einheiten augen*) Vgl. H. B e r t e i e . ETZ 54 (1933) S. 371.
682
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
24. Dezember 1933
blicklich zu, wobei sich die Last vollständig singende Bogenlampe nach S i m o n — ergeben,
gleichmäßig auf die nunmehr in Betrieb befind­ das den Bühnenbetrieb stören würde. Ursache
lichen drei Einheiten aufteilte.
liiefür ist die Welligkeit des von den (ileichrichtern
c)
B e g r e n z u n g des B a t t e r i e s t r o gelieferten Stromes. Das Oszillogramm (Abb. 3)
ni e s. Die beiden Batterien sind jede unabhängig zeigt den von den Gleichrichtern bei Glühlampen­
voneinander mit einem eigenen Doppelzellen- speisung
ohne Oberwellenglättung
gelieferten
Schalter mit elektrischem Fernantrieb ausgerüstet. Gleichstrom, im Vergleich mit einer normalen
Der Anschluß der beiden Ladeseiten erfolgt an die Wechselspannung von 50 Hz. Die Welligkeit be­
Ladeschiene der Gleichrichter. Um den Forderungen trägt dabei wegen der starken Allsregelung zirka
nach voller Betriebsreserve in der Stromversor­ 14 5 vH.
gung ganz nachzukommen, sind die AkkumulaEingehende Versuche'’) haben nun ergeben,
daß die bei Sechsphasenbetrieb in der Spannung
auftretende erste Oberwelle von 300 Hz erst dann
Abb. 3.
Spuiiniingsoszillogramm
eines
Qleiohrichters.
Sechsphasen-
torenbatterien dauernd an die Gleichstromsammei­
schienen angeschlossen. Um nun eine Entladung
der Batterie durch Abfließen größerer Ströme
zufolge der Spannungsschwankungen zu vermei­
den. ist in die Batterieableitungen je ein Steuer­
relais eingebaut, welches unter Vermittlung der
Entladezellcnschalter während der Arbeitszeit der
Gleichrichter den Ausgleichsstrom in der Entlade­
leitung auf etwa 10 vH des Nennstromes be­
schränkt. Ist zum Beispiel die Spannung der
Abb. 5. Glättungseinrichtung.
Abb. 4. Spannungsoszillogranini
eines SechspliasetiOleiehriehters bei Parallelbetrieb mit Batterien.
Gleichrichter höher als die der Batterien, fließt
also Strom in die Batterie, wird durch die Relais­
einrichtung der Zellenschalter der Batterie höher
gesteuert, die Spannung der Batterie also selbst­
tätig an die Spannung der parallellaufenden Gleich­
richter angeglichen.
Unabhängig von den Ladeeinrichtungen für
die Hauptbatterie erfolgt die Versorgung der Not­
beleuchtungsanlage. Die Ladeleitungen für die
Notbeleuchtungs-Akkumulatoren enden an der Not­
beleuchtungsladetafel, die mit Rücksicht auf den
Übergang von 110 auf 220 V vollständig umge­
baut werden mußte.
Auf der Gleichstrom-Hauptverteiltafel sind die
Oberwellenglättungseinrichtungen für die Licht­
kreise aufgebaut. Die an vielen Stellen verwen­
deten Bogenlampenscheinwerfer würden nämlich
bei Betrieb mit Strömen, wie sie direkt von
Gleichrichtern geliefert werden, ein Geräusch —
kein Bogenlampengeräusch hervorbringen kann,
wenn die Welligkeit unter 07 vH liegt.
Durch bloße Parallelschaltung der beiden
großen Akkumulatorenbatterien zu den Gleich­
richtern ergab sich wohl eine beträchtliche Reduk­
tion der Welligkeit auf 37 vH wie sie in Oszillo­
gramm (Abb. 4) dargestellt ist, doch reichte nach
dem Vorerwähnten dies nicht aus.
Die gebräuchlichen Einrichtungen zur Oberwellen-Entstörung8) gehen von dem Prinzip aus,
5) Die Messungen über die Beeinflussung der von
den ö . S. S. W . gelieferten Scheinwerferbogenlampen
durch die Welligkeit des gelieferten Gleichstromes und
die Aufnahme der Oszillogramnie Abb. 3 und 4 w ur­
den gemeinsam von den Lieferanten der Scheinwerfer
und der Elin durchgefiihrt und der Oszillograph in freund­
licher Weise von den ö . S. S. W . zur Verfügung gestellt.
6) Vgl. O. K. M a r t i u. H. W i n o g r a d , Mercury
Are Power Rectifier, Mc. G raw Hill Publ. Co., London
1930, siehe S. 4 1 8 ... 420 (Deutsche Ausgabe übersetzt
und erweitert von Dr. G r a m i s c h, Stromrichter, Ver­
lag Oldenbourg, München 1933).
24. Dezember 1933
Elektrotechnik und Maschinenbau, 51. Jahrg., 1933, Heft 52
parallel zum Verbraucher einen Stromkreis geringen
Oberwellen Widerstandes zu legen, der sozusagen den
Oberwellenstrom aufsaugt und diesen zur Erzeu­
gung eines Spannungsabfalles in einer im Haupt­
stromkreis liegenden Drossel heranzuziehen, so daß
auf diese Weise die Oberwellenspannung vor, das
heißt außerhalb des Verbrauchers abgesetzt wird.
Als Saugkreise können ziemlich gleichwertig Kon­
densatoren, Resonanzkreise oder Akkumulatoren­
batterien verwendet werden. Die in der Anlage
eingebaute Glättungseinrichtung verwendet als
Saugkreis die Batterie und kompensiert die
zufolge ihrer eigenen Induktivität an ihren Klem­
men auftretende Oberwellen - Restspannung. Die
genaue Abstimmung wurde nicht auf dem nahe­
liegenden Weg der Änderung des Übersetzungs­
verhältnisses des Kopplungssystems durch An­
zapfungen in Stufen, sondern — über Vorschlag
der ö . S. S. W . — kontinuierlich durch Verän­
683
derung der gegenseitigen Induktivität der auf zwei
Hälften aufgespaltenen Wicklungen erzielt7).
Die Ausführung der Glättungseinrichtung zeigt
Abb. 5. Diese ist als eisenloser Lufttransformator
mit zwei gleichen Wicklungsteilen, deVen gegen­
seitige Induktivität durch Veränderung des Ab­
standes vergrößert bzw. verkleinert werden kann,
ausgeführt.
Genaue Beobachtungen im Betrieb haben
ergeben, daß unter allen Betriebsverhältnissen
Geräusche in den Bogenlampen vermieden sind
und daß selbst in unmittelbarer Nähe der Bogen­
lampe kein Unterschied zwischen reinem Batterie­
betrieb und Gleichrichterbetrieb gefunden werden
kann.
Die Planung und Aufstellung der kompletten
Gleichrichteranlage wurde von der „Elin“ A.-G.
für elektrische Industrie, Wien, durchgeführt.
■)
VkI.
II
M im ik e ie .
K. u.
M. 51
(1<M3) S.
IIS
Tariftagung des Verbandes der Elektrizitätswerke in Wien.
Anläßlich der 3). H ausversam m lung des Verbandes
der Elektrizitätswerke (21. bis 23. September 1933) wurden
die mit der Gestaltung der Tarife zusammenhängenden
Fragen in mehreren Vorträgen behandelt.
Dr. J. O r n i g als Vorsitzender dieser Tariftagung
hob in seinem Bericht „ D a s P r o b l e m d e r n e u ­
z e i t l i c h e n T a r i f b i l d u n n “ die Ausnutzung der
Anlagen als dringlichste Aufgabe und damit die Bedeu­
tung der Stromtarife hervor, die den Werken die Er­
haltung und Ausnutzung ihrer Anlagen, dem Verbraucher
weitestgehende Verwendung der Elek rizität sichern sollen.
Insbesondere sollen die zur Aufstellung gel ingenden Richt­
linien für die neuen Anwendungsgebiete, wie Kochen,
Speicher usw. die beste Tarifgestaltung finden helfen.
Sie muß dem Wesen der Elektrizität gerecht werden. Das
Überwiegen fester Kosten und der Mangel an Speicher­
fähigkeit sind bestimmend. Bereithaltungsgebühr ist daher
ebenso wie bei der Wohnungsvermietung (Miete auch
bei Nichtbenutzung) zu verlangen. Gestehungskosten und
Wertschätzung sind die Grundlagen. Hiezu muß der
Tarif folgenden Anforderungen entsprechen: Keine zusätz­
lichen Ausgaben erfordern, einfach und einheitlich sein,
den Erzeugunesbedingungen der Werke und den An­
wendungsmöglichkeiten des Abnehmers Rechnung tragen.
Die Form *n der Tarife führen demgemäß vom reinen
kWh-Tarif zum Tarif mit Gebühren und zum R jgelverbrauchstarif und Tarif mit Mindestzahlung als Abarten.
Ing. R G a b l e r : . G e s t e h u n g s k o s t e n u n d
W e r t s c h ä t z u n g als G r u n d l a g e derTarife*.
Die Gestehungskosten sind in Erzeugungs-, Hoch- und
Niederspannungsfo'tleitungs-und in Kundenkosten (Strom ­
verrechnung. Werbung) zu unterteilen; sie hängen von
der Menge, der Art der Leistungsbere'tstellung und der
Liefersicherheit ab. Von diesen sind mengenabhängig die
Arbeitskosten (meist nur von untergeordneter Bedeu­
tung), die übrigen, außer Kundenkosten, sind Lei­
stungskoste i . Nach diesen sind die Ausgaben aufzu­
teilen. Während die Arbeitskosten leicht zu ermitteln sind,
erfordert die Aufteilung der Leistuneskosten auf die einzelnenVerbrauchergruppen genaueKenntnis der Belastungs­
verhältnisse, da sie nach den Anteilen der Abnehmer an
der Werkshöchstlast errechnet werden müssen. Zweck­
mäßig werden fünf Hauptgruppen von Groß- und Klein­
verbrauchern, letztere in sieben Untergruppen (Haushalt,
fünf Gruppen Gewerbe, Landwirtschaft) unterschieden.
Für die Gestehungskosten je kW h gilt die Beziehung
K = ri (a + 6) + m' c + d + e a'.
n‘ der Anteil an der Werkshöchstlast in kW , m'die Höchstlas
einesAbnehmersinkW, a'sein Jahresverbrauch, adieErzeugungskosten für 1 kW Höchstlast, b die Hoch-, c die Nieder­
spannungskosten je kW , d die Kundenkosten je Abnehmer
und e die arbeitsabhängigen Kosten je kWh. Sehr wichtig
ist die W ertschätzung von seiten des Verbrauchers, was
sich auch graphisch darstellen läßt. Theoretisch wird bei
unendlich hohen (niedrigen) Stromkosten unendlich wenig
(viel) verbraucht. Dazwischen liegen nun die witkiichen
Ziffern, und zwar nach den Untersuchungen von Dr. R o h r ­
b e c k bei deutschen Städten auf einer der Hyperbel sich
nähernden Kurve. M ultipliziert mau die Preise m it den
Verbrauchszahlen, so ergibt sich eine sehr flache Kurve,
die bei einem bestimmten Strompreis einen Höchstwert
aufweist. Das zeigt, daß bei einem reinen kWh-Tarif durch
Preisänderung keine wesentliche Mehrung der Einnahmen
erzielt werden kann, vorausgesetzt, daß das Gebiet elek­
trisch nahezu voll erfaßt ist. Um bei niedrigem Arbeits­
preis, der Vorbedingung für eine weitere Verbrauchs­
steigerung, die Gestehungskosten der Absatzvermehrung
decken zu können, ist der Gebühren- und der Regelverbrauchstarif üblich, beide bei Haushaltungen am zweck­
mäßigsten auf die Wohnungsgröße bezogen, ersterer den
Gestehungskosten, letzterer der W ertschätzung am ent­
sprechendsten.
Ing. H. S c h m i d : „ W e t t b e w e r b a n d e r e r
E n e r g i e q u e l l e n “ . Mit dem elektrischen L i c h t kann
preislich nur Gas- und Petroleumlicht in Wettbewerb
treten. Der Oas-Auerb-enner kommt, da er nur für eine
Lichtstärke einer 60 W -Lampe gebaut wird, als W ett­
bewerber mit der viel anpassungsfähigeren elektrischen
Lampe im allgemeinen nicht in Betracht. Das Vordringen
der Petroleumbeleuchtung ist eine Krisenerscheinung
hauptsächlich bei Kleinabnehmern, die sich mit geringster
Lichtstärke begnügen. Bei der K r a f t v e r s o r g u n g
ist der Dieselmotor der schärfste Wettbewerber. Hier
spielen die Anlagekosten (Verzinsung, Tilgung) eine
wesentliche Rolle; hiebei sind die reinen M oto'kosten durch
Generator und Schaltanlage maßgebend (20 bis 25 vH)
erhöht. Auch die Belastungsverhältnisse spielen eine
große Rolle; so sind die Gestehungskosten einer kWh
einer 10 kW-Dieselanlage bei 24no ^etriebsstunden und
nur 600 Ausnutzungsstunden der Höchstlast etwa doppelt
so hoch wie bei 2400 Ausnutzungsstunden. Aus den Er­
sparnissen des Strombezuges (bei 30 g kW h) macht sich
ein io kW- D/esHmotor nach sieben Jahren bezahlt, wobei
aber gar nichts für Reserve vorgeseben ist. — Bei der
Lieferung von Elektrowärme ist der W ärm epreis und die
Güte der W ärmeübertragung ausschlaggebend Bei letzterer
ist die Flektrizität unübertroffen (f'amtnenlos, anpassungs­
fähig, ohne Rückstände), daher die Eignung für Kochen,
Glühen, Setzmaschinen usw. Bei der elektrochemischen
Verbrauchergrunpe ist die Fremdversoreung dort gegeben,
wo die Leistungen gering sind und die Ausnutzung schlecht
ist. — Die Vorzüge des Stromhezues faßt der Vortragende
zusammen in größere Betriebssicherheit bei W egfall der
Reserveanlagen, jederzeitige Betriebsbereitschaft ohne
684
Elektrotechnik und Maschinenbau, Sl. Jahrg., 1933, Heft 52 24. Dezember 1933
Mehrkosten, anpassungsfähige Bedarfsdeckung, keine
Vorsorgen für Betriebsstoffe, keine Ruß- und Lärm­
belästigung.
Ing. E. S c h o b e r t : „H a u s h a 111 a r i f e“ . Der
Vortragende wies darauf hin, daß die Haushalte, darunter
besonders die neuen Siedlungen weites Neuland für die
Elektrizitätsanwendung seien ; hier wäre der tägliche Kopf­
verbrauch von 0 '5kW h leicht auf 3'5kW n, selost 12k Wh
zu steigern. Kochen und Elektrospeicher sind krisen­
feste Abnehmer und günstig für die Belastung; Vollelektrisierung bedingt zudem Ersparnis an Installation
für die Siedlung. W ichtig ist die W ahl der richtigen
Tarife; sie sollen einfach, einheitlich und werbend sein und
daher möglichst mit einem einzigen Zähler auskommen.
Der Gebührentarif erfüllt am besten diese Forderungen;
er muß nur auf die richtige Bezugsgröße, zum Beispiel
die Wohnungsgröße, abgestimmt sein. Sehr wichtig ist
aber auch der Preis der Elektrogeräte, der noch mehr
den Möglichkeiten des Kunden angepaßt werden muß.
Beim Wettbewerb zwischen G as und Elektrizität muß
immer das W ohl der Gesamtwirtschaft beachtet werden.
Es hat keinen Sinn, neue Investitionen in den Elektrizi­
tätswerken für jene Zwecke zu machen, die die vor­
handenen Gaswerke befriedigen können.
Ing. V. N i e t s c h : „ G e w e r b l i c h e T a r i f e “.
In der Gruppe Gewerbe ist eine Vielfalt von Stromver­
brauchern aufgenommen, die auch nicht unter Gewerbe
im eigentlichen Sinne zu verstehen sind, wie Ärzte,
Kanzleien usw. Auch die Verwendungsart der Elektrizität
ist hier m annigfach' Licht, Kraft und W ärm e sind vielfach
gemischt. Es ist daher sehr schwierig, einheitliche Tarife
aufzustellen, gleichwohl sollen einheitliche Richtlinien
angestrebt werden. Hiefür kom m t außer dem G rund­
gebührentarif der anpassungsfähigere Regelverbrauchstarif in Fraee.
Ing. F. P i c h l e r : „ T a r i f e i n d e r L a n d w i r t ­
s c h a f t “. Haushalt und Betrieb sind hier untrennbar
verbunden. Kraft wird in erster Linie geschätzt, danach
kommt die Beleuchtung der W irtschaf'sräum e. Elektro­
wärme komm t in österre'ch nur für einige Sonderzwecke
(Milchaufbereitung usw.) in Betracht. Elektrisches Kochen
ist weeen des billigen Holzanfalles praktisch ausgeschlossen.
Der Jahresverbrauch ist niedrig, etwa 30 bis 120 kW h bei
Wirtschaften bis 10 ha. Belastungsschwierigkeiten ergeben
sich in den Druschzeiten, die aber mittels Fahrplan über­
wunden werden können. Der Gruppenausgleich ist gut,
die Werksbelastung beträgt 0M5 Dis 0'1 des Gesamtanschlußwertes. Die festen Kosten der Stromversorgung
sind außerordentlich hoch (80 bis 96 vH der Gesamtkosten) und werden am besten in Form von Netzbeiiragskosten oder durch Übernahme der Niederspannungsvertei­
lung durch Genossenschaften hereingebracht. Ungünstig
wirkt sich noch der Sparsinn der Bevölkerung aut den
Stromverbrauch aus. Daher kommt für die Landwirt­
schaft nur der (Jebührentarif mit hoher Grundgebühr, am
besten auf den Grundbesitz bezogen oder der Pauschaltarif,
auf Anschlußwert und Grundbesitz bezogen, in betracht.
In der folgenden Wechselrede zerstreute Dir. B e r o n
die Besorgnisse, daß bei steigender Kochbelastung durch
zeitliches Zusammentreffen von Kochspilze und Nach­
mittagsspitze, wie es im Herbst und Frühjahr der Fall
ist, die Belastung über die Winterspitze steigen könnte.
Unter der Annahme, daß eine fünfprozentige Erhöhung
der Winterspitze durch Kochbelastung wegen der vor­
handenen Reserven der Werke noch keine zusätzlichen
Einrichtungen erfordert, ergibt sich bei Benützung einer
annähernd allgemein gültigen Tageskochkurve, daß sich
die Herbstspitze (die Winterspitze gleich 100 vH ange­
nommen) nicht übermäßig erhöht, zum Beispiel in Wien
von 68 auf 75 vH, Innsbruck von 75 auf 83 vH. Nach den
bisherigen Erfahrungen beträgt die mittägige Koch­
belastung etwa 3 vH des Anschlußwertes der Herde.
100 kW Werksbelastung entsprechen 80 kW Abnehmer­
leistung. 5 vH hievon für Kochbelasiung ergelen 4.100/3 =
= 133 kW in der Winter-Mittagsspitze zulässigen Herd­
Anschlußwert. Den Herd zu 4 kW gerechnet, ergibt sich,
daß man für 100 kW Winterhöchstlast etwa 30 bis 35
Herde anschließen kann, ohne daß die Werksleistung
vergrößert zu werden braucht.
Im Schlußwort betonte Dr. O r n i g nochmals die
W ichtigkeit der Tarifgestaltung als Grundlage des Haus­
haltes der Elektrizitätswerke, die Notwendigkeit, Unter­
suchungen innerhalb der Werke zur Gewinnung der er­
forderlichen Unterlagen anzustellen und stellte als Ziel
auf, an Stelle der heut'gen Vielfalt der Tarife und der
Verrechnungsarten in diesen eine Einheitlichkeit treten
zu lassen in Erfüllung der Aufgabe: des Dienstes am
Kunden.
Patentbericht.
inaschine ausgeglichen und die Erregung des Synchron­
generators mittels eines an die Leitung angeschlosscneu
Spannungsreglers gesteuert. W enn der Regler entspre­
chend den Spannungsverhältnissen das Feld des Motors
bis zu einem bestimmten W ert schwächt, kann dieser
kein seiner Belastung entsprechendes Drehmoment
mehr entwickeln und fällt außer Tritt. Um dies zu
verhindern, verwenden die S S W . Berlin, einen Hilfs­
regler, der das Feld der Synchronmaschine entspre­
chend ihrer Belastung auf einem zur Aufrechterhaltung
des Synchronismus notwendigen W ert hält.
(D. R. P. Nr. 570 662.).
Eine einfache Einrichtung zum Regeln von Strom­
kreisen in Abhängigkeit vorn Leistungsfaktor, gemäß
einer Erfindung der A E G , Berlin, besteht darin, daß
einer an das Netz angeschalteten Hilfsblindlast ein
Relais so zugeordnet wird, daß es von der Differenz
der Ströme vor und hinter der Hilfsblindlast beeinflußt
wird. Die eine Spule des Differentialrelais ist vor, die
andere hinter der Hilfsblindlast in Reihe mit dem Netz
geschaltet. Soll der Leistungsfaktor mittels Konipensationsblindwiderständen geregelt werden, wird als Hilfs­
blindlast je nachdem, ob induktiver oder kapazitiver
Nutzstrom vorliegt, eine Kapazität bzw. eine Induktivität
gewählt, damit auch die Hilfsblindlast im Sinne der
Kompensation wirkt.
(D. R. P. Nr. 568 688.)
Elektrische Regulierung.
Regelung von Ein- und M ehrphasenanlagen.
(Fortsetzung au» Heft 51, Seite 672.)
F ernst euerungseinrichtungen.
Bei Einrichtungen zuin Überlagern von Steuer­
strömen netzfremder Frequenz in Drehstromnetzen kann
es V orkom m en, daß eine Komponente des Netzstromes
auf den Stator des Steuergenerators kommt. Trifft aber
eine W elle der Frequenz a auf den Stator eines Syn­
chrongenerators, der eine Frequenz b erzeugt, so wird
eine Zusatzwelle der Frequenz a + 2 b reflektiert, je
nach der Drehrichtung der Maschine und der Drehfelder. Nach einer Erfindung der S S W , Berlin (H.
A u e r , Nürnberg), muß der Uberlagerungsgenerator so
an das Netz gelegt sein, daß das Statordrehfeld und
das vom Netzstrom herrührende Drehfeld gegenläufig
sind. In diesem Falle liegt die reflektierte W elle am
weitesten entfernt von der Generatorwelle
(D. R. P. Nr. 559 268.)
Bei Einrichtungen der genannten Art für veränder­
liche Steuerfrequenz mit einem in Reihe mit der Über­
lagerungsstromquelle geschalteten, aus Kapazität und
Selbstinduktion bestehenden Schwingungssystem wird
nach Vorschlag von S S W , Berlin (G. M ü n s t e r e r.
Nürnberg), die Abstimmung des Schwingungssystems auf
die jeweilige Überlagerungsfrequenz durch Änderung der
Kapazität und der Selbstinduktion in annähernd gleichem
Verhältnis erzielt.
( ö . P. Nr. 128 191.)
E i n r ic h t u n g e n zur Phasen- und F r e q u e n z ­
regelung.
eine
Schwankungen des Leistungsfaktors werden durch
mit dem Kraftstromkreis verbundene Synchron­
(F ortsetzung folgt.)
Metall markt.
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