T4p: Thermodynamik und Statistische Physik Prof. Dr. H. Ruhl Blatt 14 (Probeklausur) Lösungsvorschlag 1. Kurze Fragen a) Welche der folgenden Zustandsgrößen sind extensiv, welche intensiv? Innere Energie E, Druck p, Temperatur T und Entropie S. Lösungsvorschlag: Intensiv: Temperatur T und Druck p. Extensiv: Innere Energie E, Entropie S. b) Für ein ein-atomiges, ideales Gas gilt der Zusammenhang zwischen Druck p, innerer Energie E und dem Volumen V : p = αE β V δ . (1) Geben Sie die numerischen Werte der Konstanten α, β und δ an. Lösungsvorschlag: Ideales Gas-Gesetz: pV = N kB T . Weiterhin wissen wir E = 23 N kB T , woraus p = 32 E/V und somit α = 2/3, β = 1 und δ = −1 folgt. c) Interpretieren Sie die Parameter a und b in der thermischen Zustandsgleichung des Van-der-Waals-Gases physikalisch: 2 N kB T N p= −a . (2) V − Nb V Lösungsvorschlag: Der Parameter a verursacht eine Druckerniedrigung im Vergleich zum idealenGas-Gesetz, da er die gegenseitige Anziehungskräfte zwischen den Molekülen berücksichtigt. Der Parameter b berücksichtigt das endliche Volumen der einzelnen Gasmoleküle, sodass das dem Gas zur Verfügung stehende Volumen V durch N mal das Eigenvolumen b verringert wird. d) Die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung ist gegeben durch w(vv , vy , vz ) = 4π m 2πkB T 3/2 2 mv − 2k T v2e B ,v = q vx2 + vy2 + vz2 . (3) Bestimmen Sie die wahrscheinlichste Geschwindigkeit vw (die Geschwindigkeit, an der die Verteilung ihr Maximum annimt). Lösungsvorschlag: dw dv ! = 0 ↔ (2v − v 3 kBmT ) = 0 ↔ v 2 kBmT = 2 → vw = q 2kB T . m e) Betrachten Sie ein quantenmechanisches System aus zwei ununterscheidbaren Bosonen, wobei jedes Boson in einem von zwei Energie-Eigenzuständen mit den jeweiligen Energien E0 = 0 und E1 = sein kann. Geben Sie die Zustandssumme dieses Systems an und begründen Sie kurz Ihre Antwort. Lösungsvorschlag: Erste Möglichkeit: Beide Teilchen im Zustand mit E0 = 0, also Eges = 0. Zweite Möglichkeit: Ein Teilchen im Zustand mit E0 = 0 und eins mit E1 , also Eges = . Dritte Möglichkeit: Beide Teilchen im Zustand mit E1 = , also Eges = 2. Da die Teilchen ununterscheidbar sind, folgt somit Z = 1 + e−β + e−2β . f ) Betrachten Sie zwei identische Systeme, deren Wärmekapazität bei konstantem Volumen, CV , folgende Temperatur-Abhängigkeit habe: CV = bT 3 , wobei b eine Konstante ist. Beide Systeme seien anfangs komplett isoliert, System 1 habe eine Temperatur T1 und System 2 habe eine Temperatur T2 . Nun werden beide Systeme in thermischen Kontakt gebracht und können ins thermische Gleichgewicht gelangen. Wie groß ist die End-Temperatur beider Körper? Lösungsvorschlag: Die Energie-Änderung von System 1 ist: Z Tf b ∆E1 = CV (T 0 )dT 0 = (Tf4 − T14 ) , 4 T1 (4) wobei Tf die End-Temperatur ist. Die Energie-Änderung von System 2 ist analog: Z Tf b ∆E2 = CV (T 0 )dT 0 = (Tf4 − T24 ) . (5) 4 T2 Es gilt Energie-Erhaltung ∆E1 + ∆E2 = 0, also: b 0 = (Tf4 − T24 + Tf4 − T14 ) , 4 woraus Tf = T14 +T24 2 1/4 (6) folgt. 2. Ultra-relativistisches Gas Falls sich Teilchen mit Geschwindigkeiten bewegen, welche vergleichbar mit der Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum sind, muss man ihre Energie relativistisch berechnen. Für sehr hochenergetische Teilchen lautet die Energie-Impuls-Beziehung für ein Teilchen mit Impuls p und Energie E: E = H(p, q) ≈ c|p|. Betrachten Sie solch ein ultra-relativistisches Gas aus N ununterscheidbaren, nicht miteinander wechselwirkenden Teilchen, welches sich in einem Volumen V befinde. a) Berechnen Sie die semi-klassische Zustandssumme dieses Systems. Lösungsvorschlag: Da die Teilchen nicht wechselwirken und ununterscheidbar sind, faktorisiert die Zustandssumme: ZN = Z1N N! (7) mit 1 Z1 = 3 h Z d3 p d3 q e−βc|p| . (8) Das Integral über die räumlichen Koordinaten liefert einen Faktor V , für das Impuls-Integral führen wir Kugelkoordinaten ein und da der Integrand nur von |p| abhängt, liefter das Integral über die Winkel einen Faktor 4π. Also haben wir Z ∞ V dp p2 e−βcp . (9) Z1 = 3 4π h 0 Wir machen die Substitution p0 = βcp und erhalten Z ∞ V 0 Z1 = 4π dp0 p02 e−p 3 (βch) 0 . (10) Das Integral ergibt gerade 2 (siehe Formelsammlung), also haben wir 1 ZN = N! 8πV (βch)3 N (11) b) Berechnen Sie die freie Energie F (T, V, N ) des ultra-relativistischen Gases als Funktion seiner natürlichen Variablen. Verwenden Sie die Stirling-Formel um das Ergebnis in eine explizit extensive Form zu bringen. Lösungsvorschlag: 1 8πV − ln N ! F = −kB T ln ZN = −N kB T ln (βch)3 N . (12) Nun verwenden wir die Stirling-Formel ln N ! = N ln N − N und erhalten 8πV − ln N + 1 (13) F = −N kB T ln (βch)3 8π V = −N kB T ln +1 , (14) (βch)3 N was explizit extensiv ist. c) Berechnen Sie nun E(T, V ) und p(T, V ). Lösungsvorschlag: ∂ ln ZN ∂β N ∂ 8πV =− ln ∂β (βch)3 = 3N kB T . ∂F Der Druck berechnet sich über p = − ∂V = N kB T /V . T E=− (15) (16) (17) 3. Paramagnet Betrachten Sie ein paramagnetisches Material, dessen Magnetisierung M folgende Abhängigkeit vom angelegten externen Magnetfeld H und der Temperatur T habe: M= AH T − T0 . (18) Hierbei sind A und T0 Konstanten und der Ausdruck ist nur für T > T0 gültig. Die Differenziale der inneren Energie E und der freien Energie F für dieses System sind gegeben durch dE = T dS + HdM dF = dE − d(T S) = −SdT + HdM (19) (20) a) Zeigen Sie, dass die Wärmekapazität bei konstanter Magnetisierung, CM , unabhängig von M ist bei konstanter Temperatur T , also CM (M, T ) = CM (T ). ∂S aus und verwenHinweis: Gehen sie dabei von der Definition CM = T ∂T M den Sie dann eine geeignete Maxwell-Relation. Lösungsvorschlag: Wir beginnen mit der Definition CM = T ∂S ∂T (21) M und betrachten nun die die partielle Ableitung ∂ 2S ∂CM =T ∂M T ∂M ∂T ∂S ∂ =T ∂T ∂M T M (22) , (23) wobei wir die Reihenfolge der Ableitungen vertauscht haben. Aus dF folgt die Maxwell-Relation ∂S ∂H − = , (24) ∂M T ∂T M also benötigen wir H(T, M ), was aus M = A H T −T0 folgt: M (T − T0 ) . A H= (25) Somit folgt − ∂S ∂M = T ∂H ∂T = M M A (26) =0 . (27) und daraus ∂CM ∂T T ∂ =T ∂T M − A M b) Finden Sie einen Ausdruck für die innere Energie E(T, M ) in Abhängigkeit von A, T0 und CM (T ). Hinweis: Verwenden Sie (19) und fassen Sie darin S als Funktion S(T, M ) auf. Lösungsvorschlag: dS = ∂S ∂T dT + M ∂S ∂M dM , (28) T woraus dE = T dS + HdM ∂S ∂S =T dT + T + H dM ∂T M ∂M T | {z } (29) (30) =CM (T ) ∂S + H dM = CM (T )dT + T ∂M T Den zweiten Term können wir weiter vereinfachen: ∂S MT M T0 T +H =− +H =− ∂M T A A . (31) . (32) Somit haben wir dE = CM (T )dT − M T0 dM A . (33) Nun integrieren wir diese Gleichung zunächst nach T : Z T E(T, M ) = CM (T 0 )dT 0 + f1 (M ) + c1 , (34) 0 wobei f1 (M ) eine beliebige, noch zu bestimmende Funktion von M ist und c1 eine Konstante, die über die Randbedingungen festgelegt werden muss. Weiterhin integrieren wir die Gleichung nach M : E(T, M ) = − M 2 T0 + g1 (T ) + d1 2A , (35) wobei g1 (T ) eine zu bestimmende Funktion von T ist und d1 eine Konstante, die auch über die Randbedingungen festgelegt werden muss. Nun müssen beide Ausdrücke übereinstimmen, woraus Z T M 2 T0 E(T, M ) = CM (T 0 )dT 0 − + cE (36) 2A 0 folgt, wobei cE = c1 + d1 gilt und über die Randbedingungen bestimmt werden muss. Dies ist der allgemeinste Ausdruck, der (33) liefert. c) Bestimmen Sie die Entropie S(T, M ). Lösungsvorschlag: Wir wissen bereits ∂S ∂S dS = dT + dM ∂T M ∂M T CM (T ) M = dT − dM . T A (37) (38) Also integrieren wir wieder: T Z dT 0 S(T.M ) = 0 S(T, M ) = − CM (T 0 ) + f2 (M ) + c2 T0 M2 + g2 (T ) + d2 2A , (39) , (40) woraus Z T S(T, M ) = dT 0 0 CM (T 0 ) M 2 + cS − T0 2A (41) mit cS = c2 + d2 folgt. 4. Van-der-Waals-Gas Betrachten Sie ein Van-der-Waals-Gas mit fester Teilchenzahl in einem Volumen V bei Temperatur T . a) Zeigen Sie nun zuerst allgemein mit Hilfe einer geeigneten Maxwell-Relation folgende Identität: ∂p − p dV + CV dT (42) dE = T ∂T V Lösungsvorschlag: dE = T dS − pdV . (43) Mit S = S(T, V ) folgt dann dS = ∂S ∂T dT + V ∂S ∂V dV (44) T und somit ∂S ∂S − p dV + T dT dE = T ∂V T ∂T V | {z } . (45) =CV ∂p Aus dF haben wir die Maxwell-Relation ∂V T = ∂T , woraus V ∂p dE = T − p dV + CV dT ∂T V ∂S (46) folgt. b) Bestimmen Sie aus dem ersten Hauptsatz und dem Ergebnis aus a) eine Beziehung zwischen den Differenzialen dV und dT für einen adiabatischen Prozess. Lösungsvorschlag: Für einen adiabatischen Prozess gilt δQ = 0 und somit dE = δA = −pdV . Also müssen sich die restlichen Terme in (46) zu Null addieren: ∂p T dV + CV dT = 0 (für adiabatische Prozesse) . (47) ∂T V c) Zeigen Sie nun für das Van-der-Waals-Gas, dass für einen adiabatischen Prozess (V − N b)T CV /N kB = const. (48) gilt, indem Sie den Zusammenhang aus b) integrieren. Hinweis: Trennung der Variablen. Lösungsvorschlag: Für das Van-der-Waals-Gas haben wir ∂p N kB = ∂T V V − Nb , (49) also N kB T dV = −CV dT V − Nb (für adiabatische Prozesse) (50) oder äquivalent dazu dV CV =− dT V − Nb N kB T . (51) Integriert man nun beide Seiten, erhält man ln V2 − N b CV T2 =− ln V1 − N b N kB T1 , (52) woraus V2 − N b = V1 − N b T1 T2 CV /N kB (53) und somit (V − N b)T CV /N kb = const. (54) folgt. 5. Otto-Prozess Für ein ein-atomiges, ideales Gas soll nun folgender Kreisprozess mit V1 > V2 , T2 < T3 und T4 > T1 untersucht werden (Otto-Prozess): (T1 , V1 ) adiabatisch → (T2 , V2 ) V =const. → (T3 , V2 ) adiabatisch → (T4 , V1 ) V =const. → (T1 , V1 ) a) Zeichnen sie für diesen Kreisprozess das entsprechende p − V − Diagramm. Lösungsvorschlag: b) Berechnen Sie die Arbeit, die das Gas in jedem Zyklus verrichtet. Lösungsvorschlag: In den Schritten 2 → 3 und 4 → 1 ist δA = 0 da dV = 0. Für die Adiabaten gilt dE = δA, also 3 A1→2 = N kB (T2 − T1 ) (55) 2 3 A3→4 = N kB (T4 − T3 ) . (56) 2 Die am Gas verrichtete Arbeit ist dann A = A1→2 + A3→4 und die vom Gas verrichtete Arbeit ist dann −A. c) Berechnen Sie jeweils für jeden Teilschritt die Wärmemenge und geben Sie an, wann Wärme zugeführt und wann Wärme abgegeben wird. Hinweis: Die innere Energie ist E(T ) = 32 N kB T . Lösungsvorschlag: Für die Adiabaten gilt δQ = 0, für die anderen beiden Prozesse gilt (da dE = δQ): 3 Q2→3 = N kB (T3 − T2 ) > 0 2 3 Q4→1 = N kB (T1 − T4 ) < 0 2 → aufgenommene Wärme (57) → abgegebene Wärme (58) d) Zeigen Sie, dass der Wirkungsgrad des Otto-Prozesses gegeben ist durch ! T T1 1 − T14 ηOtto = 1 − . (59) T2 1 − TT23 Lösungsvorschlag: η= 3 N kB (T1 − T2 + T3 − T4 ) −A = 2 3 Q2 → 3 N kB (T3 − T2 ) 2 T1 − T4 =1− T2 − T3 ! T4 1 − T1 T1 =1− T2 1 − TT32 (60) (61) (62) e) Verwenden Sie, dass für eine adiabatische Zustandsänderung T V γ−1 = const. gilt, um T1 T2 (63) T1 V1γ−1 = T2 V2γ−1 (64) ηOtto = 1 − zu zeigen. Lösungsvorschlag: Für die Adiabaten gilt T4 V4γ−1 = T3 V3γ−1 . T1 T4 Da aber V1 = V4 und V2 = V3 gilt, folgt daraus ηOtto = 1 − T1 T2 . (65) = T2 T3 und somit (66)