Wissenschaftliches Gutachten zur Schätzung der Marktrisikoprämie (Equity risk premium) im Rahmen der Entgeltregulierung Prof. Richard Stehle, Ph.D. Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Humboldt-Universität zu Berlin Berlin, April 2016 1 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................. 2 I II Der Gutachtenauftrag, die Vorgehensweise und der Gutachtenaufbau .................... 5 I.1 Der Gutachtenauftrag ................................................................................. 5 I.2 Vorgehensweise und Gutachtenaufbau .......................................................... 6 Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen und Ergebnisse ........................ 11 III Rahmenbedingungen der Schätzung der Marktrisikoprämie im Rahmen der Entgeltregulierung .......................................................................................... 15 III.1 Gesetzliche und institutionelle Grundlagen ................................................... 15 III.2 Das CAPM und die WACC-Formel als wesentliche Bestandteile der Entgeltregulierung in Deutschland, dem UK und Australien ............................. 18 III.3 Andere Anwendungsgebiete der Risikoprämie ............................................... 19 III.3.a Die Ermittlung des Wertes einer Unternehmung, für die kein bzw. kein adäquater Börsenkurs existiert ..............................................................19 III.3.b Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Investitionsprojektes bzw. der Vorteilhaftigkeit von dessen Weiterführung .............................................20 III.3.c Die Ermittlung des voraussichtlichen Endwertes einer einmaligen Kapitalanlage bzw. eines Sparprozesses an einem zukünftigen Stichtag. .....21 III.3.d Die interne oder externe Beurteilung der renditemäßigen Performance von Investmentfonds ..................................................................................21 III.3.e Die Entgeltfestlegung bzw. -überwachung ...............................................21 III.4 Bundesanleihen und die „Global Financial Crisis“ (GFC) .................................. 22 III.5 Maßnahmen zur „Abfederung“ des WACC-Absinkens als Folge der globalen Finanzkrise ab 2007 .................................................................................. 24 IV Ökonomische und datenmäßige Grundlagen ....................................................... 25 IV.1 Reale vs. nominale Betrachtung .................................................................. 25 IV.2 Das CAPM und alternative Kapitalmarktgleichgewichtsmodelle, insbesondere das internationale CAPM ......................................................... 26 IV.2.a Handelt es beim CAPM um ein Modell das reale oder um ein Modell das nominale Renditen erklärt?....................................................................29 IV.2.b Die Länge der vom CAPM betrachteten Zeitperiode ..................................29 IV.3 „Wahre“ Werte vs. Schätzungen und Prognosen, „In-Sample“ Ergebnisse vs. „Out-of-Sample” Prognosen ................................................................... 30 IV.4 Arithmetisches vs. geometrisches Mittel ....................................................... 31 IV.5 Renditedaten ............................................................................................ 33 IV.5.a Aktienrendite-Zeitreihen: Grundlagen .....................................................34 IV.5.b Die Aktienrenditen-Zeitreihen von Dimson/Marsh/Staunton .......................36 IV.5.c Die Renditen festverzinslicher Wertpapiere: Grundlagen ...........................38 IV.5.d Die Bond-Renditezeitreihen von Dimson/Marsh/Staunton ..........................39 2 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IV.5.e Verbraucherpreisindizes ........................................................................40 IV.5.f V Fazit zu den für eine Schätzung der Marktrisikoprämie verfügbaren Daten. .40 Die Schätzung der Marktrisikoprämie mit dem Wright-Ansatz vs. die traditionelle Schätzung auf Basis historischer Daten für Aktien und Anleihen .......... 42 V.1 Die Schätzung auf Basis historischer Daten für Aktien und Anleihen ................ 42 V.2 Der Wright-Ansatz und seine Begründung .................................................... 43 V.3 Die empirische Untermauerung durch die Siegel-Grafik .................................. 45 V.3.a USA ...................................................................................................45 V.3.b Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) .......................48 V.3.c Deutschland ........................................................................................50 V.3.d Australien ...........................................................................................52 V.3.e Fazit ...................................................................................................52 V.4 Die Verwendung des CAPMs durch ausgewählte nationale Regulierungsbehörden ............................................................................... 52 V.4.a Deutschland ........................................................................................54 V.4.b UK .....................................................................................................55 V.4.c Australien ...........................................................................................55 V.4.d USA ...................................................................................................56 V.5 Die Schätzung der CAPM Risikoprämie auf Basis von historischen Daten .......... 57 V.5.a UK .....................................................................................................57 V.5.b Australien ...........................................................................................57 V.5.c Andere Länder .....................................................................................59 VI Andere Schätzverfahren für die zukünftige Marktrisikoprämie und/ oder die zukünftige Aktienrendite .................................................................................. 60 VI.1 Das Dividendendiskontierungsmodell in der Form: Aktuelle Dividendenrendite plus historische Wachstumsrate der Dividenden.................. 60 VI.2 Das Dividendendiskontierungsmodell unter Verwendung der Dividendenschätzungen von Finanzanalysten ................................................ 62 VI.3 Rein empirisch ermittelte Zusammenhänge .................................................. 62 VI.4 Die Schätzung der Risikoprämie bzw. der langfristigen nominalen oder realen Aktienrendite durch Expertenbefragungen .......................................... 62 VI.5 Die Kombination von alternativen Schätzwerten bzw. -verfahren .................... 62 VII Schätzung und Festlegung der anderen Eingangsparameter des CAPMs ................. 64 VII.1 Risikoloser Zinssatz und Inflationsrate ......................................................... 64 VII.2 Beta ........................................................................................................ 66 VIII Literaturverzeichnis ......................................................................................... 67 VIII.1 Bücher und wissenschaftliche Aufsätze ........................................................ 67 VIII.2 Gutachten ................................................................................................ 72 VIII.3 Berichte, Verlautbarungen und Stellungnahmen von Behörden, betroffenen Parteien,Verbänden und Beratungsunternehmen ........................................... 74 3 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 VIII.4 Entscheidungen von Regulierungsbehörden, Spruchkammern und Gerichten .... 76 IX Anhang A: Die Stellungnahmen und Festlegungen der australischen Regulierungsbehörden zur Marktrisikoprämie, insbesondere zum WrightVorschlag zur Schätzung der Prämie.................................................................. 78 IX.1 Telekommunikationsnetz-Entscheidungen der Australian Competition & Consumer Commission (ACCC) ................................................................... 78 IX.1.a Public inquiry into final access determinations for fixed line services, 09. Okt. 2015, .................................................................................................78 IX.1.b Mobile Termination Access Service, Final Access Determination, 24. Aug. 2015 ..................................................................................................79 IX.1.c Public inquiry to make a final access determination for the Wholesale ADSL service, Final Report, Mai 2013, (177 Seiten, einschließlich der Anhänge) ...80 IX.2 Stromnetz- und Gasnetz-Entscheidungen des Australian Energy Regulators (AER) ...................................................................................................... 80 IX.2.a Die Rate of Return Guideline .................................................................81 IX.2.b Jemena Gas Networks' Access Arrangement 2015–20, Final Decision, Juni 2015 ..................................................................................................82 IX.2.c ActewAGL (ACT) - Access arrangement 2016-21 ......................................84 IX.2.d Australian Gas Networks (SA) Access Arrangement 2016 to 2021 ..............84 IX.2.e Jemena Electricity Networks (Vic) Ltd, 2016-20 Electricity Distribution Price Review ...............................................................................................86 IX.3 Stellungnahmen und Verfahren der Queensland Competition Authority (QCA) ...................................................................................................... 86 IX.3.a Cost of capital: market parameters, Final Decision, August 2014 ...............86 X IX.4 Stellungnahmen und Verfahren des Independent Pricing and Regulatory Tribunal (IPART) von New South Wales ........................................................ 88 IX.5 Weitere australische Regulierungsbehörden .................................................. 88 Anhang B: Die Stellungnahmen und Festlegungen der britischen Regulierungsbehörden zur Marktrisikoprämie, insbesondere zum WrightVorschlag zur Schätzung der Prämie.................................................................. 90 X.1.a Ofcom (2011 und 2015): Mobile call termination......................................90 X.1.b Competition Commission (März 2014) ....................................................93 XI Anhang C: Das Sharpe/Lintner Capital Asset Pricing Model (CAPM) ....................... 94 XII Anhang D: Daten und ihre Probleme ................................................................. 95 XIII Anhang E: Vergleich von arithmetisch, geometrisch und implizit ermittelten Marktrisikoprämien auf Basis der Damodaran-Daten für die USA 1928 – 2014 ........ 98 4 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 I Der Gutachtenauftrag, die Vorgehensweise und der Gutachtenaufbau I.1 Der Gutachtenauftrag Die für den Bereich Telekommunikation verantwortliche Abteilung der Bundesnetzagentur (BNetzA) hat mich beauftragt, ein Gutachten zur Schätzung der zukünftigen Marktrisikoprämie zu erstellen. Diese ist einer der drei Eingangsparameter des Capital Asset Pricing Model (CAPM), das der Ermittlung der Eigenkapitalkosten in der Entgeltregulierung zugrunde liegt. Die weitere diesbezügliche Verwendung des CAPMs ist unstrittig, auf sie wird im Gutachten deshalb nur kurz eingegangen. Die Eigenkapitalkosten stellen wiederum einen wichtigen Eingangsparameter in die WACC-Formel zur Berechnung der durchschnittlichen Kapitalkosten dar, die ebenfalls unstrittig ist. Neben der zukünftigen Marktrisikoprämie sind der zukünftige risikolose Zinssatz und das zukünftige nichtdiversifizierbare Risiko der regulierten Aktivitäten (das Beta) Eingangsparameter der CAPM-Gleichung. Alle drei müssen im Rahmen des Regulierungsbescheides im Einklang miteinander geschätzt werden, also mehrere Monate vor Beginn der Regulierungsperiode. Die Schätzung der Risikoprämie ist besonders schwierig, da deren Höhe auch im Nachhinein nicht beobachtet werden kann. Der Schwerpunkt des Gutachtens soll laut Auftrag auf der Frage liegen, ob die derzeit zur Schätzung der Marktrisikoprämie verwendete Methode durch den Wright-Ansatz ergänzt oder sogar ganz ersetzt werden soll und gegebenenfalls auf welche Weise. Bei der derzeit verwendeten Schätzmethode für die zukünftige Marktrisikoprämie wird für jedes Jahr des zugrunde liegenden historischen Betrachtungszeitraums die Überrendite von Aktien, d. h. die Differenz aus der nominalen Rendite des „Marktportefeuilles aller Aktien“ (approximiert für Deutschland durch die DAX-Änderungsrate) und der nominalen Rendite von Bundesanleihen (approximiert für Deutschland durch den REXP-Index) berechnet und über die einbezogenen Jahre der Mittelwert gebildet. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass der Erwartungswert der so berechneten Überrendite im Zeitablauf konstant ist. Deren historischer Mittelwert ist deshalb der beste Schätzwert für den Erwartungswert der zukünftigen Prämie. Diese Vorgehensweise wird in der englischsprachigen Literatur oft als „Historical (risk) premium approach“ bezeichnet. Wir bezeichnen sie als die auf traditionelle Weise (aus historischen Renditedaten) ermittelte Marktrisikoprämie, da auch beim Wright-Ansatz die Marktrisikoprämie auf Basis von historischen Daten geschätzt wird, allerdings nur auf Basis von historischen Aktienrenditen. Dem Wright-Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass der Erwartungswert der realen Rendite des Marktportefeuilles aller Aktien im Zeitablauf konstant ist. Dieser wird in einem ersten Schritt durch den historischen Durchschnittswert geschätzt. Der aktuelle Schätzwert für die zukünftige Marktrisikoprämie ergibt sich aus der Differenz zwischen dem historischen Durchschnittswert und dem verwendeten risikolosen Realzinssatz.1 Bei dieser Vorgehensweise variiert die Risikoprämie also im Zeitablauf. Fällt der risikolose 1 Oft wird auch eine nominale Marktrisikoprämie nach dem Wright-Ansatz wie folgt berechnet (vgl. Frontier (2016), S. 30, RN 90): Der historische Durchschnittswert der realen Aktienrendite wird mithilfe der aktuell erwarteten Inflationsrate in einen Erwartungswert der nominalen Rendite des Marktportefeuilles umgerechnet. Davon wird der verwendete risikolose Nominalzinssatz abgezogen. Diese Vorgehensweise wird u. a. bevorzugt, wenn kein risikoloser Realzinssatz beobachtet werden kann und die nominalen Eigenkapitalkosten geschätzt werden sollen. Beide Berechnungsweisen führen zu fast identischen Ergebnissen, vgl. hierzu Abschnitt IV.1. Für unsere folgenden Erörterungen spielt dieser Unterschied eine untergeordnete Rolle. 5 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Zinssatz z. B. um 1 %, dann steigt der Schätzwert für die Marktrisikoprämie um 1 %. Oft wird deshalb von einer (vollkommen) inversen Beziehung zwischen der Marktrisikoprämie und dem risikolosen Zins gesprochen. Auf die ökonomischen und nicht-ökonomischen Begründungen der beiden Vorgehensweisen ist einzugehen, ebenso auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie gegebenenfalls die praktische Umsetzung. Der Unterschied zwischen der realen und der nominalen Risikoprämie ist zu erläutern. Beide Schätzverfahren können so modifiziert werden, dass nicht unterstellt wird, dass die zu schätzende Größe, also die Marktrisikoprämie bzw. die erwartete reale Aktienrendite, im Zeitablauf vollkommen konstant ist, sondern (leicht) variiert. In diesem Fall muss bei beiden Vorgehensweisen in einem ersten Schritt die zukünftige Höhe der jeweiligen „Schlüsselgröße“ mithilfe eines geeigneten Verfahrens prognostiziert werden. Prinzipiell könnte der risikolose Zins eine Eingangsgröße für diese Schätzungen darstellen. Ein wichtiger derartiger Vorschlag ist, dass die jeweiligen Schlüsselgrößen mithilfe eines Dividendendiskontierungsmodells geschätzt werden, bei dem an die Stelle der historischen Renditen historische Wachstumsraten für die Dividenden oder Gewinne treten oder Analystenschätzungen zum zukünftigen Dividenden- und Gewinnwachstum verwendet werden (implizite Marktrisikoprämie). Aktuell (Ende Februar 2016) hat die Diskussion um den Wright-Ansatz in Australien einen geringeren Stellenwert, sie hat sich inzwischen stärker dem Dividendendiskontierungsmodell zugewandt. Ich werde also auch vertieft auf die vielfältigen Ausprägungen des Dividendendiskontierungsmodells eingehen. Auf die Dividendendiskontierungsmodelle ist in einer Weise, die eine eigenständige Anwendung durch die BNetzA ermöglicht, allerdings nur einzugehen, falls die grundlegenden Erörterungen zum Ergebnis führen, dass sie für Deutschland im Rahmen der Festnetz-, Mobilfunk- und UKW-Entgeltregulierung derzeit oder in naher Zukunft in Frage kommen. Unstrittig ist auch, dass im Telekommunikationsbereich weiterhin unterstellt wird, dass das CAPM für einen internationalen Kapitalmarkt gilt. Für die Schätzung der internationalen Marktrisikoprämie sind deshalb historische Aktien- und Anleiherenditen nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Länder erforderlich. Vielfach werden in diesem Zusammenhang die von Dimson/Marsh/Staunton seit circa 2002 jährlich veröffentlichten Werte verwendet, die sich aktuell auf den Zeitraum seit 1900 und auf 23 Länder erstrecken. In meinem Gutachten von 2010 habe ich von der Verwendung dieser Daten im TKBereich abgeraten und vorgeschlagen, in die Schätzung nur Datenreihen einzubeziehen, deren Qualität bereits überprüft wurde. Auch auf diesen Aspekt der Schätzung ist einzugehen, ebenso auf die damit zusammenhängenden Probleme wie die Wahl eines historischen Betrachtungszeitraumes und die Gewichtung im Fall, dass ein vollkommen integrierter internationaler Kapitalmarkt unterstellt wird. Schließlich ist zu überprüfen, ob andere Aspekte der in meinem Gutachten von 2010 zur Schätzung der Risikoprämie und des risikolosen Zinssatzes vorgeschlagenen Vorgehensweise zu ändern sind. Dazu zählt beispielsweise die Verwendung des Mittelwertes aus arithmetischem und geometrischem Mittel, die konkrete Wahl des risikolosen Zinssatzes, die Verwendung eines 10-jährigen Durchschnittswertes für diesen Zinssatz, die Anwendung der exponentiellen Glättung und die Wahl des Indexes für die Beta-Berechnung. I.2 Vorgehensweise und Gutachtenaufbau Bei der Schätzung der Eigenkapitalkosten auf Basis des CAPMs handelt es sich um eine ökonomisch gut begründete Vorgehensweise, die im Rahmen der Entgeltregulierung 6 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 „weltweit“ Anwendung findet. Da es sich allerdings um ein höchst abstraktes Modell handelt, ist bei der Umsetzung eine Vielzahl von Detailproblemen zu lösen. Darüber, wie die einzelnen Detailprobleme am besten gelöst werden, existiert in der Wissenschaft und noch mehr bei den involvierten Praktikern eine Vielzahl von unterschiedlichen Meinungen und Verbesserungsvorschlägen. Die Lösung der Detailprobleme wird insbesondere für die Regulierungsbehörde dadurch erschwert, dass zwischen vielen Detailproblemen ein Zusammenhang herrscht, der bei der Lösung beachtet werden muss. Aktuell kommt hinzu, dass die Zinssätze in den vergangenen Jahren stark gefallen sind (vgl. Abschnitt III.4). Wie in meinem Gutachten für die BNetzA (2010), auf das ich mich oft beziehe,2 stütze ich mich in meinen Ausführungen und Empfehlungen stark auf die in Fußnote 5 genannten „weltweit“ führenden Lehrbücher des Gebietes Finance, insbesondere Brealey/Myers/Allen (2014), Welch (2014) und Koller/Goedhart/Wessels (2015), auf die wissenschaftliche Literatur, auf Entgeltfestlegungen von Regulierungsbehörden in Deutschland, dem UK, in Australien und den USA sowie auf weitere Dokumente im Zusammenhang mit diesen Festlegungen. Im folgenden Kapitel II werden die wichtigsten Ergebnisse und Empfehlungen im Sinne einer „Executive Summary“ zusammengefasst und kurz begründet. Prinzipiell könnte beides, die reale Marktrisikoprämie als auch die erwartete reale Rendite des Marktportefeuilles aller Aktien, im Zeitablauf konstant sein, nämlich dann, wenn real risikolose Wertpapiere existierten und der Realzins im Zeitablauf ebenfalls konstant wäre. Wissenschaftlich ist unstrittig, dass alle drei genannten Größen im Zeitablauf nicht konstant sind, sondern leicht variieren. Mit Theorien bzw. Modellen kann zurzeit jedoch keine Aussage darüber getroffen werden, welche der drei Größen im Zeitablauf am wenigsten variiert. Dies kann zurzeit nur durch empirische Untersuchungen geklärt werden. Ob und gegebenenfalls wie Änderungen im Zeitablauf prognostiziert werden können, ist ebenfalls eine Frage, die nur auf empirische Weise geklärt werden kann. Wright et al. (2003) begründen ihren Vorschlag zur Schätzung der Risikoprämie hauptsächlich mit einer auf Siegel (1994) zurückgehenden Grafik über historische Aktienrenditen für die USA (ihre Abbildung 2.4 auf S. 32), die ich im Folgenden als Siegel-Grafik bezeichne. Aktuell verwenden fast alle britischen Regulierer den Wright-Ansatz, wobei sie u. a. auf diese Grafik Bezug nehmen. Australische Regulierungsbehörden haben den Wright-Ansatz in den vergangenen zwei bis drei Jahren intensiv erörtert und verwenden ihn in ihren Festlegungen nicht oder nur am Rande. Diese Vorgehensweise wurde gerade (26.02.2016) von der Revisionsinstanz „Australian Competition Tribunal“ bestätigt. Ich habe leider keinen repräsentativen Überblick über die Festlegungen von Regulierungsbehörden anderer Länder. Als Folge erörtere ich die Festlegungen der britischen und australischen Behörden und deren Begründungen ausführlich, in Abschnitt V.4 und V.5, und gehe auf die USA und weitere Länder nur am Rande ein (V.4.d). Zuvor werden in Kapitel III die gesetzlichen und weiteren Rahmenbedingungen behandelt, die für die Schätzung der Risikoprämie und für die hierzu erfolgende Gutachtenerstellung relevant sind. Unter weiteren Rahmenbedingungen verstehe ich insbesondere die Unstrittigkeit der Verwendung der WACC-Formel zur Berechnung der durchschnittlichen Kapitalkosten und des CAPM-Modells zur Schätzung der Eigenkapitalkosten in allen hier betrachteten Ländern. Unstrittig ist zudem, dass der Entgeltregulierung im Bereich Telekommunikation eine internationale Version des CAPMs zugrunde gelegt wird (III.2). In 2 Das Gutachten ist auf der Webseite der BNetzA mit dem Suchbefehl „Stehle“ zu finden. 7 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Abschnitt III.3 gehe ich kurz darauf ein, dass die Risikoprämie nicht nur in der Entgeltregulierung sondern auch in anderen Zusammenhängen, insbesondere der Unternehmensbewertung, eine wichtige Rolle spielt und in diesen eventuell auf andere Weise geschätzt werden sollte als im Rahmen der Entgeltregulierung. Dieser Hinweis auf andere Zusammenhänge ist u. a. deshalb wichtig, weil für den Bereich Unternehmensbewertung eine Vielzahl von Dokumenten und Gerichtsurteilen existiert. Das starke Fallen der Zinssätze in den vergangenen Jahren betrachte ich ebenfalls als eine wichtige Rahmenbedingung und erörtere sie kurz in Abschnitt III.4. Ein derart starkes Fallen kann, in Abhängigkeit von der Vorgehensweise bei der WACC-Schätzung, zu einer starken Reduktion des WACCs führen, was nicht mit dem Regulierungsziel „stabile Rahmenbedingungen“ vereinbar wäre. In Abschnitt III.5 gehe ich darauf ein, wie im BNetzA-Bereich Telekommunkation in den letzten Jahren „abgefedert“ wurde. Ein Teil der Änderungen in der Vorgehensweise anderer Regulierungsbehörden bei der WACC-Schätzung in den letzten Jahren könnte u. a.mit dem Abfederungsmotiv zusammenhängen. In Kapitel IV werden relevante ökonomische und datenmäßige Grundlagen erörtert. Wichtige ökonomische Grundlagen sind u. a.: - die Unterschiede zwischen einer Real- und einer Nominalbetrachtung bei der Schätzung der Eigenkapitalkosten (Abschnitt IV.1), - das CAPM und andere hier relevante Modelle, insbesondere das internationale CAPM (IV.2), - der Unterschied zwischen „wahren“ Werten und Schätzungen und „In-Sample“ und „Out-of-Sample“ Prognosen (IV.3), - arithmetisches und geometrisches Mittel (IV.4). Durch die Nichtexistenz bzw. die schlechte Qualität von Daten werden unsere Möglichkeiten bei der Schätzung der Risikoprämie merklich eingeengt (Abschnitt IV.5). In Abschnitt V werden der Wright-Ansatz und der bisher verwendete Ansatz ausführlicher dargestellt, verglichen und im Hinblick auf ihre Verwendung in der Entgeltregulierung erörtert. Dabei repliziere ich in Abschnitt V.3 zuerst die Siegel-Grafik für die USA und erstelle dann vergleichbare Grafiken für das UK und Deutschland. Die regionale australische Regulierungsbehörde Queensland Competition Authority (QCA) hat eine vergleichbare Grafik für Australien erstellt. Die Grafiken zeigen, dass das Hauptargument, auf das der Wright-Ansatz aufbaut, zwar für die USA und für das UK zutrifft, aber nicht für Deutschland und Australien (vgl. Abschnitt V.3.e) Eine vertiefte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Wright-Ansatz zur Schätzung der Risikoprämie existiert meiner Meinung deshalb nicht, weil die unterstellte vollkommen inverse Beziehung zu stark im Widerspruch mit allen vorhandenen empirischen Studien zur Schätzung der Marktrisikoprämie steht. Für ihre Untersuchung aus rein wissenschaftlichen Motiven besteht deshalb kein Anlass. Mehrere Wissenschaftler haben sich jedoch in Gutachten zum Wright-Ansatz geäußert. Professor Gregory bemerkt z.B. in einem Gutachten, dass dieser Ansatz nicht im Einklang mit unseren Vorstellungen über den Realzins und Aktienindizes steht: Er impliziert nämlich, dass die Indexhöhe gleich bleibt, auch wenn die realen Zinssätze steigen oder fallen. Ist dagegen die Marktrisikoprämie im Zeitablauf konstant, dann führt eine Realzinserhöhung zu fallenden Aktienindizes bzw. eine Realzinssenkung zu steigenden Aktienkursen. Als Folge des Fehlens einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem WrightAnsatz außerhalb von Regulierungsverfahren gehe ich ausführlich auf die Verwendung des Ansatzes in solchen Verfahren im UK und in Australien ein. Von deutschen Regulierungsbehörden wurde der Wright-Ansatz bisher nicht verwendet. Als Vorstufe hierfür er- 8 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 örtere ich in Abschnitt V.4 die generellen Vorgehensweisen bei der Verwendung des CAPMs in Deutschland, im UK und in Australien, diese unterscheiden sich z. T. beträchtlich. Abschnitt V.5 behandelt darauf aufbauend die Verwendung des Wright-Ansatzes. In beiden Abschnitten ist es nicht möglich, auf die Vielzahl der Regulierungsverfahren in beiden Ländern einzeln einzugehen. Es können nur die generellen Tendenzen und wichtigsten aktuellen Entscheidungen erörtert werden. In den Anhängen A (Australien) und B („Britannien“, d. h. UK) erfolgt eine ausführlichere Berichterstattung über die wichtigsten Entscheidungen der australischen und britischen Regulierungsbehörden in den vergangenen Jahren. In Kapitel VI stehen andere Schätzverfahren für die Marktrisikoprämie im Mittelpunkt. Die wohl wichtigsten Alternativen zur Prognose der zukünftigen Marktrisikoprämie mit dem historischen Mittelwert bzw. deren wichtigste Ergänzung sind dividenden- bzw. gewinnbasierte Modelle, für die in der Literatur alternative Bezeichnungen und eine Vielzahl von Varianten existieren. Ich verwende diesbezüglich die Sammelbezeichnung Dividendendiskontierungsmodelle und beziehe mich damit auf alle Varianten von Dividendendiskontierungs- bzw. –wachstumsmodellen und alle Varianten von Gewinn- und Cash-flowModellen. Diese können nur auf historischen Daten basieren (Abschnitt VI.1) oder zusätzlich auf Gewinn- oder Dividendenprognosen von Aktienanalysten (implizite Risikoprämie, vgl. Abschnitt VI.2). Auch hier existieren viele Varianten. Diese Verfahren besitzen im Vergleich zur historisch ermittelten Marktrisikoprämie eine Reihe von Vor- und Nachteilen, die in der wissenschaftlichen und wissenschaftsnahen Literatur seit mehreren Jahren ausführlich erörtert werden, vgl. z.B. Stehle (2004, S. 917 ff.) und Damodaran (2016). Inwieweit rein auf historische Daten aufbauende Dividendendiskontierungsmodelle und inwieweit zukunftsorientierte Verfahren zur impliziten Schätzung zu besseren Ergebnissen führen als die rein historische, auf Renditedaten basierende Vorgehensweise bzw. ob sie eine sinnvolle Ergänzung dieses Verfahrens darstellen, wurde meines Wissens allerdings noch nicht intensiv genug untersucht, insbesondere nicht mit deutschen Daten. Deutsche Daten, die einen Vergleich über einen ausreichend langen Zeitraum ermöglichen würden, liegen mir nicht vor. Damodaran (2015 bzw. 2016) stellt solche Daten für den US-amerikanischen Kapitalmarkt zur Verfügung. Ich nutze diese Daten in Anhang E, um Damodarans Schätzwerte für die Marktrisikoprämie auf Basis der traditionellen Methode mit seinen impliziten Marktrisikoprämien für die vergangenen 53 Jahre zu vergleichen. Anhang E bietet übrigens dem interessierten Leser die Möglichkeit, mit den Daten für die USA die Schätzung der auf traditionelle Weise ermittelten Marktrisikoprämie selbst nachzuvollziehen. In Kapitel VII werden die beiden anderen Eingangsgrößen des CAPMs, der risikolose Zins und das Beta, kurz erörtert, da alle drei Eingangsgrößen auf konsistente Weise geschätzt und festgelegt werden müssen. Dieses Kapitel stellt das Ende des Hauptteiles des Gutachtens dar. Literaturverzeichnisse sind traditionell ein wichtiger Teil wissenschaftlicher Arbeit. Meines befindet sich in Kapitel VIII. In diesem differenziere ich zwischen - Büchern und wissenschaftlichen Aufsätzen (VIII.1), - Gutachten (VIII.2), - Berichten, Verlautbarungen und Stellungnahmen von Behörden, betroffenen Parteien, Verbänden und Beratungsunternehmen (VIII.3), - Entscheidungen von Regulierungsbehörden, Spruchkammern und Gerichten (VIII.4). Als Folge der großen Zahl von Dokumenten, die in britischen und australischen Entgeltfestlegungsverfahren vorgelegt werden, habe ich es nicht geschafft, alle ins Literaturver- 9 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 zeichnis aufzunehmen. Da diese im Internet verfügbar sind, gebe ich in den Anhängen A und B die URLs an, unter denen diese Dokumente leicht gefunden werden können. Die Anhänge A bis E dienen der Dokumentation und der weiteren Vertiefung. Begriffliche Grundlagen Die Lehrbuchautoren Brealey et al. (2014, u. a. auf S. 220) und Koller et al. (2014, u. a. auf S. 274) sowie der insbesondere für seine regelmäßigen Umfragen unter Professoren zur Höhe des premiums bekannte spanische Professor Fernandez und viele andere Wissenschaftler verwenden nur den Begriff Market risk premium und beziehen sich dabei auf den Term in der eckigen Klammer der CAPM-Formel auf Seite 26 meines Gutachtens. Traditionell lassen Brealey et al. den Erwartungswert-Operator weg, um MBA-Studenten nicht allzu sehr einzuschüchtern. Dimson et al., Damodaran und Ofcom verwenden in ihren Veröffentlichungen hierfür traditionell nur den Begriff Equity risk premium. Welch verwendet in seinem Lehrbuch (2014) und seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen beide Begriffe synonym. Das halte ich für die sinnvollste Vorgehensweise und verwende sie fast immer in meinen Veröffentlichungen und auch im Folgenden. Und so ist es auch im Titel gemeint. 10 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 II Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen und Ergebnisse Wie bereits erwähnt, kann zurzeit nur durch empirische Untersuchungen geklärt werden, ob die Marktrisikoprämie oder die erwartete reale Aktienrendite im Zeitablauf stärker variiert. Auf Basis solcher Untersuchungen und von Überlegungen zur optimalen Vorgehensweise bei der Schätzung der Variation im Zeitablauf müssen Regulierungsbehörden und andere Anwender des CAPMs entscheiden, wie sie diesbezüglich vorgehen. Die diesbezüglich vorliegenden Entscheidungen erhärten meine eigene Einschätzung. In Anbetracht dessen, - dass das Hauptargument für den Wright-Ansatz, die historisch relativ starke Instabilität der Marktrisikoprämie im Vergleich zur durchschnittlichen realen Aktienrendite, für Deutschland und Australien nicht zutrifft (vgl. hierzu Gutachtenabschnitt V.3, insbesondere V.3.c und V.3.d); - dass diese relative Instabilität in den USA und im UK vor allem auf die Jahre des 2. Weltkrieges und die Jahre unmittelbar davor und danach zurückzuführen ist (V.3.a und V.3.b); - dass der empirische Zusammenhang zwischen der Höhe des risikolosen Zinses und der Marktrisikoprämie höchstens sehr gering ist, im Zeitablauf nicht stabil ist und seine empirische Ausprägung (positiv oder negativ) als Folge der Instabilität umstritten ist (vgl. hierzu die Abschnitte IV.3 und VI.3); - dass er meines Wissens vor allem im UK verwendet wird und dort erst seit kurzem, in Australien und in den USA bisher nicht (vgl. Abschnitt V.4 und V.5); - dass selbst die betroffenen australischen Unternehmen und ihre Berater aktuell sich nicht mehr für eine alleinige Verwendung dieses Ansatzes einsetzen; - dass die empirische Stabilität der erwarteten realen Aktienrendite in den USA zwar in Lehrbüchern bemerkt, aber nicht im Sinne des Wright-Ansatzes weiter verwendet wird (vgl. hierzu das Ende von Abschnitt V.3.a); - dass auch in anderen Bereichen, in denen die Marktrisikoprämie eine wichtige Rolle spielt, insbesondere im Bereich der Unternehmensbewertung, der WrightAnsatz bisher nicht verwendet wird (vgl. hierzu Abschnitt III.3.a); rate ich zurzeit von jedweder Verwendung des Wright-Ansatzes in Deutschland mit Nachdruck ab. Auch Stabilitäts- und Konsistenzüberlegungen sprechen gegen einen vollen Übergang zu diesem Ansatz oder seiner Verwendung als Ergänzung. Mein Vergleich des bisher im Telekommunikationsbereich verwendeten Verfahrens mit dem Verfahren „implizite Risikoprämie“ unter Zugrundelegung der Vorgehensweise von Damodaran und seiner Daten für den US-amerikanischen Kapitalmarkt (vgl. Abschnitt VI und insbesondere Anhang E) führt zum Ergebnis, dass für die vergangenen zehn Jahre beide Verfahren im Schnitt zu fast gleichhohen Schätzwerten für die Marktrisikoprämie führen. Der sich beim bisher verwendeten Verfahren „Mittel aus arithmetischem und geometrischem Mittel“ ergebende Durchschnittswert ist nur 0,18 % höher als der Vergleichswert auf Basis der impliziten Schätzung. Für weiter zurückliegende Zeiträume führt die implizite Schätzung der Marktrisikoprämie allerdings zu wesentlich niedrigeren Schätzwerten, selbst im Vergleich zur reinen Verwendung des geometrischen Mittels. Bis geklärt ist, warum die implizit ermittelten Marktrisikoprämien vor 2007 beträchtlich niedriger waren als die auf traditionelle Weise geschätzten historischen Prämien, rate ich von deren Verwendung ab. 11 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Die umfassendste und unter Wissenschaftlern anerkannteste Studie zur Prognose der zukünftigen Risikoprämie ist die von Goyal/Welch (2008). In ihr werden alle anderen wichtigen Vorschläge zu dieser Prognose umfassend empirisch überprüft mit dem Ergebnis, dass sie nicht funktionieren (vgl. IV.3). Dazu kommt, dass viele Vorschläge zur Prognose der zukünftigen Marktrisikoprämie höchst komplex sind und ökonomische Begründungen meist fehlen oder umstritten sind. Derartige Verfahren werden auch selten für die Entgeltregulierung empfohlen. Möglicherweise werden sie vielfach von Hedgefonds eingesetzt. Ich empfehle deshalb auch weiterhin die Zugrundelegung der Annahme, dass die Risikoprämie im Zeitablauf konstant ist und die Verwendung der rein historischen Schätzung. Wegen des geringen Unterschieds zwischen einer auf Basis von nominalen und einer auf Basis von realen Renditen geschätzten Risikoprämie (vgl. IV.1) und wegen der Probleme im Rahmen der Schätzung von Inflationsraten (vgl. IV.5.e), empfehle ich, auch weiterhin die Risikoprämie auf Basis von nominalen Renditen und auf die gleiche Weise wie bisher zu schätzen. Die derzeit verwendete Methode zur Schätzung der Risikoprämie ist fast identisch mit der CAPM-Vorgehensweise, die die U.S.-amerikanische Federal Communication Commission (FCC) am 30.03.2016 für die Zukunft empfohlen hat (vgl. Abschnitt V.4.d). Allerdings empfiehlt die FCC, gleichberechtigt ein Diskontierungsmodell zur Schätzung der Eigenkapitalkosten einzusetzen. Ich vertrete auch weiterhin die Ansicht, dass die für die meisten Länder vorhandenen Daten zu Aktienrenditen für die Zeit vor der Mitte des letzten Jahrhunderts eine nicht ausreichende Qualität besitzen und als Folge möglicherweise zu zu niedrigen Schätzwerten für die historische und damit die zukünftige Risikoprämie führen. Wichtige Ausnahmen hiervon sind die Daten für die USA (ab 1871), das UK (ab 1900), für Deutschland (ab 1954) und für Australien (ab 1958). Seit meinem Gutachten von 2010 fand eine intensive Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen australischen Daten statt (vgl. IV.5.a). Ich gehe davon aus, dass als Folge der niedrigen durchschnittlichen historischen Aktienrenditen für viele andere Länder (vgl. die Erörterung der Aktiendaten von Dimson/Marsh/Staunton in Abschnitt IV.5.b) in diesen in naher Zukunft ähnlich wie in Australien eine kritische Auseinandersetzung stattfindet. Dabei ist aus meiner Sicht wahrscheinlich, dass die Schätzwerte für die historischen Durchschnittsrenditen sich etwas erhöhen, nicht aber auf das Niveau Australiens. Die sofortige Einbeziehung Australiens würde zu einer geringfügigen Erhöhung der Marktrisikoprämie führen, die folgenden Einbeziehungen weiterer Länder zu einer geringfügigen Verringerung. Aus Stabilitätserwägungen empfehle ich, die bisherige Vorgehensweise, einschließlich der Gewichtung, vorerst beizubehalten. Von der Verwendung der Welt-Risikoprämie von Dimson/Marsh/Staunton im Rahmen der TK-Entgeltfestlegung rate ich zumindest für die nächsten Jahre ab. Diese wird zwar oft in den in Abschnitt III.3 genannten vier anderen Anwendungsgebieten und gelegentlich in den Entgeltfestlegungen anderer Behörden verwendet und leistet dort teilweise gute Dienste. Jedoch unterscheiden sich die fünf Anwendungsgebiete der CAPM-Risikoprämie in ihren Anforderungen im Hinblick auf die Datenqualität, die Transparenz und die Vermeidung von Schätzfehlern (vgl. Abschnitt IV.5.b). Falls entgegen dieser Empfehlung doch in Zukunft die Welt-Datenreihe von Dimson/Marsh/Staunton zugrunde gelegt wird, so empfehle ich mit Nachdruck, die Risikoprämie in Euro umzurechnen. Die Welt-Risikoprämie im Sourcebook ist in USD denominiert. Die Umrechnung in Euro würde meines Erachtens die Risikoprämie gegebenenfalls leicht erhöhen. Wahrscheinlich ist diese kleine Änderung bei der derzeit im Telekommunikationsbereich verwendeten Vorgehensweise weniger dringlich, da hier nur 12 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 50 % der in die Gesamtprämie eingehenden Länderprämien in USD denominiert sind. Aus Konsistenzgründen rate ich, die diesbezügliche Änderung in den anderen Bereichen der BNetzA abzuwarten (vgl. Abschnitt IV.5.b). Für Deutschland wird für Entgeltfestlegungen im Telekommunikationsbereich als Renditezeitreihe für Aktien schon seit mehr als zehn Jahren der offizielle DAX verwendet, der seit 1988 berechnet wird. Auf Vorschlag von Stehle (1999) wird die bis zum Jahr 2000 existierende Körperschaftsteuergutschrift zur DAX-Änderungsrate hinzuaddiert. Für die Jahre vor der Einführung des offiziellen DAX, also vor 1988, wird die Rückberechnung dieses Indexes von Stehle/Huber/Maier (1996) verwendet. Vor kurzem haben Stehle/Schmidt (2015) eine Renditereihe für Aktien für die Jahre ab 1954 vorgelegt, der alle jeweils notierten Aktien im jeweiligen obersten Segment der Frankfurter Börse zugrunde liegen. Aus theoretischer Sicht ist diese Reihe den DAX-Daten vorzuziehen, da die Aktienbasis wesentlich breiter ist und damit dem CAPM-Erfordernis näher kommt. Diese Reihe ist auch ein Teil der Daten von Dimson/Marsh/Staunton für Deutschland. Abbildung 5 und die zugehörigen Daten zeigen, dass ein Übergang auf die „Frankfurt Top Segment“-Daten von Stehle/Schmidt nur zu einer sehr geringen Änderung des Schätzwertes für die Risikoprämie führen würde. Ich empfehle deshalb, vorerst bei der DAX-Renditereihe zu bleiben, um die weitere Reaktion der Fachwelt auf die neue Zeitreihe abzuwarten. Im Hinblick auf die gewählte Restlaufzeit für den risikolosen Zins bestehen in den von mir intensiv betrachteten Festlegungen von Regulierungsbehörden in Australien und dem UK zum Teil große Unterschiede, ebenso im Hinblick auf die Durchschnittsbildung, einerseits innerhalb der beiden Ländergruppen und zwischen den Ländergruppen, andererseits zur im BNetzA-Telekommunikationsbereich verwendeten Vorgehensweise und zur Vorgehensweise im BNetzA-Bereich Strom & Gas. Da die in den verschiedenen BNetzABereichen verwendeten Vorgehensweisen ökonomisch sinnvoll und fast identisch sind, empfehle ich auch diesbezüglich, an der bisherigen Vorgehensweise vorerst festzuhalten. Hierfür sprechen vor allem auch Stabilitätsüberlegungen sowie die Nichtexistenz von Wertpapieren mit einer längeren Laufzeit als zehn Jahre für die zur Schätzung der Risikoprämie benutzten Jahre vor 1986 in Deutschland (vgl. hierzu insbesondere die Abschnitte III.4, IV.5.c und VII.1). Im Hinblick auf die Frage, ob ein arithmetischer Mittelwert oder ein Mittel aus dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel zugrunde gelegt werden soll, bestehen bei den Regulierungsbehörden ebenfalls unterschiedliche Meinungen. Neuere unstrittige Äußerungen von Wissenschaftlern existieren hierzu nicht. In den RisikoprämieAnwendungsgebieten Unternehmensbewertung und Investitionsrechnung, in denen traditionell das arithmetische Mittel dominiert, werden mehr und mehr Werte unterhalb des arithmetischen Mittels empfohlen (vgl. Abschnitt III.3.b). In Anbetracht dieser Entwicklung und der Ergebnisse meines Vergleichs der Verfahren „Mittel der Mittel“ und „implizite Marktrisikoprämie“ in Anhang E spricht auch hier alles für die Beibehaltung der bisherigen Vorgehensweise. Das seit 2009 im Telekommunikationsbereich zur Abfederung des drastischen Absinkens der WACC-Schätzung verwendete Verfahren „exponentielle Glättung“ halte ich für sehr sinnvoll und empfehle mit Nachdruck, es beizubehalten (vgl. Abschnitt III.5). Insgesamt empfehle ich, im Bereich Telekommunikation die derzeitige Vorgehensweise zur Schätzung der Risikoprämie, der Eigenkapitalkosten und des WACCs vorerst (also zumindest für die nächsten drei bis fünf Jahre) voll beizubehalten. Dies schließt ein, dass ich empfehle, auch weiterhin die Risikoprämie, die Eigenkapitalkosten und den WACC al- 13 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 lein in der derzeit verwendeten Vorgehensweise zu schätzen und festzulegen. Sollte die BNetzA allerdings, sofort oder in den nächsten Jahren, zu der Ansicht kommen, dass im TK-Bereich ein zweites Verfahren zur Ergänzung oder Validierung eingesetzt werden soll, so empfehle ich dem TK-Bereich mit Nachdruck, hierfür die früher verwendete Bilanz(wert-)methode und nicht die Wright-Methode oder das Dividendendiskontierungsmodell zu nutzen. 14 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 III Rahmenbedingungen der Schätzung der Marktrisikoprämie im Rahmen der Entgeltregulierung III.1 Gesetzliche und institutionelle Grundlagen Im Rahmen der Schätzung der angemessenen Verzinsung des für die Leistungsbereitstellung notwendigen Kapitals (WACC-Schätzung) sind die relevanten Gesetze zu beachten, insbesondere die Paragraphen 2, 27 und 32 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22.06.2004, zuletzt geändert am 17.02.2010, 03.05.2012 und am 10.12.2015; ebenso die relevanten Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft. § 2 (2) TKG nennt die Ziele und Grundsätze der Regulierung. Dazu zählen die Wahrung der Verbraucherinteressen auf dem Gebiet der Telekommunikation, die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte und die Förderung des Binnenmarktes der Europäischen Union. Nach § 2 (3) TKG hat die Bundesnetzagentur objektive und transparente Regulierungsgrundsätze anzuwenden und die Vorhersehbarkeit der Regulierung dadurch zu fördern, dass sie über angemessene Überprüfungszeiträume ein einheitliches Regulierungskonzept beibehält. Die Forderung von objektiven und transparenten Regulierungsgrundsätzen beinhaltet meines Erachtens, dass eine für sachkundig Beteiligte inhaltlich und rechnerisch überprüfbare, nachvollziehbare und prinzipiell selbst implementierbare Vorgehensweise vorgeschlagen bzw. implementiert wird. Nach § 31 (1) TKG dürfen bei der Festlegung der Entgelte die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht überschritten werden. Nach § 32 (1) TKG ist in die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals einzubeziehen. Bei der Schätzung der angemessenen Verzinsung bzw. des WACCs ist insbesondere § 32 (3) TKG zu beachten: „Bei der Festlegung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt die Bundesnetzagentur insbesondere: 1. die Kapitalstruktur des regulierten Unternehmens, 2. die Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten und die Bewertung des regulierten Unternehmens auf diesen Märkten, 3. die Erfordernisse hinsichtlich der Rendite für das eingesetzte Eigenkapital, wobei auch die leistungsspezifischen Risiken des eingesetzten Eigenkapitals gewürdigt werden sollen. Das kann auch etwaige spezifische Risiken im Zusammenhang mit der Errichtung von Netzen der nächsten Generation im Sinne des § 30 Absatz 3 umfassen, 4. die langfristige Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf die Wettbewerbssituation auf den Telekommunikationsmärkten.“ Die gleichzeitige Berücksichtigung aller in den Punkten 1 bis 4 genannten Aspekte kann u. a. deshalb schwierig sein, weil sich die Kapitalstruktur des regulierten Unternehmens und die Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten kurzfristig stark ändern können und somit auch die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Eine entsprechende Anpassung des WACCs steht aber möglicherweise in Widerspruch zu Punkt 4. 15 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit dem ökonomisch sehr sinnvollen § 32 (3) Punkt 4 TKG ist: Besteht eine Auswahl zwischen alternativen Schätzverfahren, so spricht § 32 (3) Punkt 4 TKG für Verfahren, die zu stabilen Schätzwerten führen. Das gesetzliche Gebot von objektiven und transparenten Regulierungsgrundsätzen, das vom Gesetzgeber auferlegte Streben nach einem einheitlichen Regulierungskonzept über angemessene Zeiträume (vgl. § 2 (3)) und die Förderung einer langfristigen Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Telekommunikationsmärkten (vgl § 31 (3) Punkt 4 TKG) sind u. a. auch deshalb ökonomisch sehr sinnvoll, weil sie für die regulierten Unternehmen die Stabilität und/oder die Planungssicherheit fördern. Ähnliche Forderungen werden in den Festlegungen ausländischer Regulierungsbehörden fast immer erwähnt. Zudem ist das Konsistenzgebot des § 27 (2) TKG zu beachten. In einem weiteren Sinne könnte das Konsistenzgebot so ausgelegt werden, dass bei der Methodenwahl und der konkreten Ermittlung der Schätzwerte die diesbezügliche Vorgehensweise in anderen Bereichen der Bundesnetzagentur (insbesondere Elektrizität und Gas und Eisenbahnen) beachtet werden soll, ebenso die EU-Empfehlungen, die Vorgehensweisen anderer EURegulierungsbehörden und die Vorgehensweisen von Regulierungsbehörden außerhalb der EU, insbesondere solcher innerhalb der OECD. Die genannten anderen Bereiche der Bundesnetzagentur unterliegen allerdings leicht unterschiedlichen Gesetzen, die Regulierungsbehörden anderer EU-Länder unterliegen den jeweiligen lokalen Gesetzen, die sich von den relevanten deutschen Gesetzen oft stark unterscheiden. Die aktuelle, hier relevante Gesetzgebung in den Bereichen Strom- und Gasnetzregulierung ist z. B. weitgehend ähnlich, aber nicht identisch. Hauptursachen für die kleinen Unterschiede sind wahrscheinlich die Unterschiede zwischen den regulierten Unternehmen und Märkten sowie die unterschiedliche Historie der beiden Regulierungsbereiche. § 21 Abs. 2 EnWG und § 7 NEV Strom bzw. Gas gehen z. B. ausführlicher auf die Berechnung der Eigenkapitalkosten ein: § 7 (4) NEV besagt diesbezüglich: „(4) Der auf das betriebsnotwendige Eigenkapital, das auf Neuanlagen entfällt, anzuwendende Eigenkapitalzinssatz darf den auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nach Absatz 5 nicht überschreiten.“ Die Eigenkapitalverzinsung ergibt sich also aus einem Basiszins und einem Risiko- bzw. „Wagniszuschlag“:3 Eigenkapitalverzinsung = Basiszins + Zuschlag für Wagnisse Die weiteren bei der Schätzung der Eigenkapitalverzinsung in den Bereichen Strom und Gas zu berücksichtigenden Kriterien ähneln § 31 Absatz 3 TKG. Praktisch identisch ist das Kriterium „Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten und die Bewertung … auf diesen Märkten“. Nahezu identisch ist „die durchschnittliche Verzinsung des Eigenkapitals …“. In den gesetzlichen Regelungen für Strom und Gas fehlt allerdings eine Forderung, die § 31 (3) Punkt 4 TKG ähnelt, also eine Forderung von „langfristige(r) Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass 3 Die Strom- und Gasnetzregulierung hat eine längere Historie als die Regulierung der Telekommunikationsmärkte. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass hier der früher in der deutschen Betriebswirtschaftslehre übliche Begriff verwendet wird. Ich verwende statt Wagniszuschlag den Begriff „Risikoprämie der betrachteten Aktie“ bzw. „Risikoprämie des Eigenkapitals der betrachteten Unternehmung“ (vgl. S. 27). 16 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 die gesetzlich vorgeschriebene Durchschnittsbildung der Umlaufsrenditen über zehn Jahre wesentlich zur Stabilität der Eigenkapitalverzinsung beiträgt. Im Sinne dieser gesetzlichen Vorgaben werden in meinem Gutachten nach Möglichkeit besonders hervorgehoben und erörtert: Abweichungen von der derzeitigen Praxis in anderen Bereichen der Bundesnetzagentur, Abweichungen von den Konkretisierungen anderer wichtiger EU- und OECDRegulierungsbehörden, insbesondere von Ofcom, Abweichungen von Vorgehensweisen, die in wichtigen Bereichen der Praxis üblich sind, insbesondere der IDW-Vorgehensweise bei der Unternehmensbewertung. Aus den gesetzlichen Vorgaben lässt sich die Risikoprämie nicht direkt ableiten. Zusätzliche Konkretisierungen sind erforderlich. Bei diesen Konkretisierungen, d. h. bei der Wahl von Modellen, Schätzmethoden und der Datengrundlage, sind die relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen („Wissenschaftliches Gutachten“). Hierbei werde ich mich insbesondere auf die neuesten Auflagen der weltweit führenden Lehrbücher des hier relevanten betriebswirtschaftlichen Wissenschaftsgebietes Finanzwirtschaft 4 (im angelsächsischen Wissenschaftsraum wird das Gebiet als Finance bezeichnet) stützen,5 gelegentlich auch auf Fachliteratur, die noch nicht Eingang in die Lehrbücher gefunden hat, falls die Ergebnisse unter Wissenschaftlern breit anerkannt werden, also weitgehend unstrittig sind. Bei den von mir zu treffenden Ermessensentscheidungen werden insbesondere auch folgende Aspekte berücksichtigt: die möglichen Auswirkungen von Schätzfehlern im Rahmen der Entgeltregulierung. Überschätzungen der Risikoprämie haben negative Auswirkungen auf die Nutzer der regulierten Vorleistungen und letztendlich auf die (End-)Verbraucher, zu niedrige Schätzungen negative Auswirkungen auf die Verkäufer der regulierten Vorleistungen, eventuell aber auch langfristig auf die Verbraucher, weil der Ausbau und der Unterhalt der Infrastrukturen darunter leidet. Beide Arten von Schätzfehlern sind also zu minimieren; das Streben nach Methoden- und Parameterkonvergenz innerhalb der Bundesnetzagentur; das Streben nach internationaler Methoden- und Parameterkonvergenz der Regulierungsbehörden, insbesondere innerhalb der EU und der OECD. Dieser Punkt ist u. a. auch deshalb wichtig, weil viele der möglicherweise betroffenen Unternehmen in mehreren nationalen Märkten agieren und dabei von Auswirkungen der jeweils nationalen Regulierungsmaßnahmen betroffen sind. 4 5 Im volkswirtschaftlichen Teilgebiet Finanzwissenschaft (Public Finance) geht es um öffentliche Finanzen. Die „weltweit“ wichtigsten einführenden Finance-Lehrbücher sind seit vielen Jahren: Brealey, Myers und Allen (2014 ): Principles of Corporate Finance, 11. Global Edition, und Ross, Westerfield, Jaffe und Jordan (2009): Modern Financial Management, 9. Aufl., McGraw-Hill. Für Fortgeschrittene gedacht ist Copeland, Weston und Shastri (2005): Financial Theory and Corporate Policy, 4. Aufl., Pearson Addison Wesley. Auf dem Gebiet Unternehmensbewertung ist seit Jahren das Lehrbuch von Koller/Goedhart/Wessels „weltweit“ führend, 2015 wurde die 6. Auflage herausgegeben. Neue, vielbeachtete Finance-Lehrbücher sind Berk/DeMarzo, 3. Aufl. 2013 und Welch, 3. Aufl. 2014. 17 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 III.2 Das CAPM und die WACC-Formel als wesentliche Bestandteile der Entgeltregulierung in Deutschland, dem UK und in Australien Die BNetzA verwendet bei der Entgeltfestlegung im Bereich Strom und Gas seit 2008 eine CAPM-basierte Schätzung der Eigenkapitalkosten, in den Telekommunikationsbereichen Festnetz und Mobilfunk seit 2010. Die WACC-Formel fand schon früher in beiden Bereichen Anwendung. Aktuelle Regulierungsbescheide sind u. a.: - Strom und Gas, 2. Regulierungsperiode (01.01.2014 - 31.12.2018): BK4-11-304 vom 31.10.2011, - Telekommunikation, Festnetz und Mobilfunk: Beschlüsse (BK 2a-15/001 bzw. BK 2a-15/002) vom 05.02.2016 aufgrund der Anträge der Telekom Deutschland GmbH vom 21.04.2015 auf Genehmigung von Entgelten für Carrier- Festverbindungen (CFV)-SDH bzw. -Ethernet. In diesen Beschlüssen werden die Verwendung des CAPMs und dessen Eingangsparameter ausführlich diskutiert und die diesbezüglichen Festlegungen der BNetzA genannt und begründet. Seit 2010 werden der WACC für das Festnetz und der WACC für den Mobilfunk auf gleiche Weise berechnet. Auch ist geplant, in Zukunft bei der Regulierung des Schienennetzes von einer CAPMbasierten WACC-Schätzung auszugehen.6 Alle im Gutachten erwähnten Entgeltfestlegungen in Australien, im UK und in den USA basieren dem WACC-Ansatz. Alle erwähnten Festlegungen in Australien und im UK basieren ganz oder zumindest zum großen Teil auf dem CAPM. Im U.S.-amerikanischen Strom- und Gasbereich basieren Festlegungen zum Teil ausschließlich auf dem Diskontierungsmodell. Die weitere Verwendung des CAPMs im Rahmen der Entgeltregulierung in Deutschland, dem UK und in Australien ist in naher Zukunft unstrittig. Unterschiede bestehen allerdings dahingehend, ob eine nationale oder eine internationale Version des CAPMs verwendet wird und wie die Eingangsparameter geschätzt werden. Zwar existiert eine Reihe von Alternativen zum CAPM, die prinzipiell auch für die Entgeltregulierung in Frage kommen. Deren empirische Gültigkeit ist in der Regel jedoch umstritten. Zudem stehen die erforderlichen Daten in naher Zukunft oft nicht in der erforderlichen Qualität und Quantität zur Verfügung. Auf diese CAPM-Alternativen wird in diesem Gutachten deshalb nur kurz eingegangen (vgl. Abschnitt IV.2). Dieses Gutachten geht davon aus, dass die Verwendung des international interpretierten CAPMs (vgl. hierzu ebenfalls Abschnitt IV.2) und des WACCs im Augenblick im Sinne von § 2 (3) TKG zu den festen Rahmenbedingungen zählt, unter denen die Gutachtenerstellung erfolgt. Der australische Strom- und Gasnetzregulierer „Australian Energy Regulator“ (AER) bezeichnet in seiner „Rate of Return Guideline“ das CAPM in diesem Sinne als das „Foundation Model“ für seine Entgeltfestlegungen (vgl. Abschnitt IX.2.a von Anhang A). Andere Modelle kommen danach auch zur Anwendung, das CAPM ist jedoch das grundlegende Modell. Im Folgenden wird unter Marktrisikoprämie, kurz Risikoprämie, abgekürzt MRP, stets die CAPM-Marktrisikoprämie verstanden. 6 Vgl. hierzu das Frontier-Economics-Gutachten (2009) und das im Auftrag der Deutschen Bahn AG erstellte NERA-Gutachten vom 18.06.2010. 18 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Zudem beschränken sich die Erörterungen zur Schätzung der Marktrisikoprämie im Hauptteil des Gutachtens allein auf die Schätzung der Marktrisikoprämie als Eingangsparameter in eine CAPM-basierte Schätzung der Eigenkapitalkosten im Rahmen der Entgeltregulierung. Für andere Zwecke wird die Marktrisikoprämie eventuell aus ökonomischen, historischen oder anderen Gründen auf eine etwas andere Weise geschätzt. Mehr dazu im nächsten Abschnitt. III.3 Andere Anwendungsgebiete der Risikoprämie Dass die Schätzung der drei Eingangsgrößen des CAPMs, insbesondere der Risikoprämie, vom geplanten Verwendungszweck abhängt, hat u. a. folgende Gründe: - Die genannten Eingangsgrößen werden durch das CAPM nicht präzise definiert. Im Rahmen einer konkreten WACC-Schätzung müssen also auf einer ersten Stufe die Eingangsgrößen präzisiert werden. Diesbezüglich sind wichtige Fragen: Soll der nationale oder ein internationaler Kapitalmarkt modelliert werden? Wie lange ist die vom Modell betrachtete Zeitperiode? Einen Monat, ein Jahr oder mehrere Jahre? Liegt der Zeitpunkt, für den die Schätzung erfolgt, in der Vergangenheit? In diesem Fall kann der benötigte risikolose Zinssatz beobachtet werden. Oder in der Zukunft? Dann muss dieser geschätzt werden. - Die Festlegungen im Rahmen der Entgeltregulierung stellen hoheitliche Akte dar, die der gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die Interessenlage der betroffenen Parteien unterscheidet sich stark. In anderen Anwendungen ist die Vorgehensweise eine subjektive Entscheidung eines allein Betroffenen, für die zum Teil andere Maßstäbe anzuwenden sind. - Die Daten, die idealerweise für eine Schätzung erforderlich wären, liegen teilweise nicht vor. Die vorliegenden Daten besitzen oft nicht die Qualität, die eigentlich erforderlich wäre. Gewisse Daten können für manche Anwendungen ausreichen, für andere nicht. Für die Entgeltregulierung sind möglicherweise höhere Anforderungen an die Datenqualität zu stellen als bei anderen Anwendungen. - In den verschiedenen Anwendungsbereichen hat die Marktrisikoprämie zudem zum Teil eine unterschiedliche Wichtigkeit. In Bereichen, in denen sie das Ergebnis nur geringfügig beeinflusst, reichen oft einfachere Schätzungen. Die wichtigsten Anwendungsbereiche (bzw. Verwendungszwecke bzw. Einsatzorte) für das CAPM werden in den Unterabschnitten III.3.a – d behandelt. III.3.a Die Ermittlung des Wertes einer Unternehmung, für die kein bzw. kein adäquater Börsenkurs existiert Dieser Wert wird durch eine Abzinsung einer i.d.R. unendlich langen Zahlungsreihe auf den heutigen Tag bzw. den noch früheren Stichtag der Wertermittlung berechnet. Es handelt sich also um eine Barwertermittlung unter Zugrundelegung des für den Stichtag geschätzten WACC. Weil - eine unendlich lange Zahlungsreihe abgezinst wird, - insbesondere bei Unternehmensbewertungen im Rahmen von „Squeeze-outs“ die Interessen der beteiligten Parteien einander diametral gegenüberstehen und beide Seiten viel gewinnen bzw. verlieren können, 19 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 erfolgen vielfach gerichtliche Überprüfungen, in denen viele Aspekte der Eigenkapitalkosten-Schätzung ausführlich erörtert werden.7 Auf den Wright-Ansatz wird dabei bisher meines Wissens nicht eingegangen. Stehle (2004), aufbauend auf der internationalen Literatur, insbesondere Cooper (1996) und Fama (1996), empfiehlt für diese Fragestellung die Verwendung des arithmetischen Mittels und für Deutschland das Steuer-CAPM. Die in diesem Aufsatz ermittelten historischen Marktrisikoprämien dienten für viele Jahre den Wirtschaftsprüfern, die traditionell in Deutschland die Schätzgutachten erstellen, als CAPM- bzw. Steuer-CAPMEingangsgrößen. Deutsche Wirtschaftsprüfer beachten traditionell die Empfehlungen des deutschen Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) stark, insbesondere dessen Stellungnahme „IDW S1“. In mehreren Schritten wurden vom IDW Erhöhungen der Risikoprämien empfohlen, zuletzt 2012, als Folge einer kurzen Stellungnahme des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW (FAUB). Der FAUB stützt seine Empfehlung von 2012 argumentativ auf aktuelle Marktbeobachtungen, Kapitalmarktstudien, implizite Marktrisikoprämien und Überlegungen zur Entwicklung realer Renditen auf Basis historischer Daten, geht auf seine exakten Informationsquellen aber nicht explizit ein. Inwieweit diese Erhöhungen von den zuständigen Oberlandesgerichten gebilligt werden, steht aktuell noch aus. III.3.b Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Investitionsprojektes bzw. der Vorteilhaftigkeit von dessen Weiterführung Ökonomisch sind die einzigen Unterschiede zu a), dass es i.d.R. um nur endlich lange Zahlungsreihen geht und die Ermittlung stets zum heutigen Tag oder zu einem Tag in absehbarer Zukunft erfolgt. Was früher war, interessiert hier i.d.R. nicht. Die Beurteilung von Investitionsprojekten ist die in Lehrbüchern des Gebietes Finance üblicherweise unterstellte Anwendung, wenn die Marktrisikoprämie erörtert wird, z.B. in Brealey et al. (2014). Die Anwendungsgebiete a) und b) werden in Koller et al. (2015) ausführlich behandelt. Ob die Ermittlung des Barwertes einer einmaligen zukünftigen, nach N Perioden erfolgenden Einzahlung mit dem arithmetischen oder dem geometrischen Mittel oder einer Kombination dieser Mittel erfolgen soll, wird von Cooper (1996) diskutiert, vgl. hierzu Abschnitt IV.4. Zusätzlich zu den dort erörterten Problemen kommt hinzu, dass bei Investitionen unklar ist, welcher konkrete Wert als N angesetzt werden soll. Cooper (1996, S. 165) schlussfolgert für den von ihm untersuchten Fall einer einzigen zukünftigen Zahlung: „In all cases, the corrected discount rates are closer to the arithmetic than the geometric mean.” Das arithmetische Mittel wurde von den führenden Lehrbüchern in diesem Zusammenhang viele Jahre empfohlen, ebenso von Stehle (2004). Brealey et al. (2014, S. 163) empfehlen diese Vorgehensweise heute noch: „Moral: If the cost of capital is estimated from historical returns or risk premiums, use arithmetic averages, not compound annual rates of return” [geometrische Mittel]. Mehrere neuere Lehrbücher empfehlen einen etwas unter dem arithmetischen Mittel liegenden Satz, Koller et al. z.B. auf Seite 273 f. und Seite 807. Welch (2014, S. 231) kommt zum Ergebnis: „You should probably com- 7 Die Vielzahl der jüngeren gerichtlichen Überprüfungen werden u. a. von Hachmeister et al. (2015), Hachmeister et al. (30.10.2015), Schüler (2015) und Ruthardt/Hachmeister (2015) erörtert. 20 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 pound an equity risk premium estimate somewhere in between the arithmetic and geometic averages”. Darmodaran (2015, S. 28) spricht sich noch stärker für das geometrische Mittel aus: „In corporate finance and valuation, at least, the argument for using geometric average premiums as estimates is strong”. III.3.c Die Ermittlung des voraussichtlichen Endwertes einer einmaligen Kapitalanlage bzw. eines Sparprozesses an einem zukünftigen Stichtag. Bei Altersvorsorgeüberlegungen könnte der Stichtag der Ruhestandseintritt in zehn bis 50 Jahren sein. Hierbei erfolgt eine Aufzinsung von Zahlungen mit der erwarteten (bzw. durch das CAPM geschätzten) zukünftigen Portefeuillerendite. Ein regelmäßiges Überdenken des Stichtags und der zukünftigen Bedürfnisse sowie eine regelmäßige (z. B. jährliche) Wiederholung der Schätzung und eine darauf aufbauende Anpassung der Sparleistung und der Portfoliostruktur sind empfehlenswert. Ob und gegebenenfalls welches CAPM dieser Entscheidung zugrunde gelegt wird, obliegt allein dem Vorsorgenden und seinen Beratern. Die weltweit größten Beratungs- und Anlagevermittlungsgesellschaften (z. B. Dimensional Fund Advisors) verwenden in diesem Zusammenhang seit mehreren Jahren die von Fama-French (1993) vorgeschlagene CAPM-Alternative „Drei-Faktoren-Modell“ oder noch neuere Ansätze. Ob die Ermittlung des voraussichtlichen Endwertes einer einmaligen Kapitalanlage an einem zukünftigen Stichtag mit dem arithmetischen oder dem geometrischen Mittel oder einer Kombination dieser Mittel erfolgen soll, wird von Blume (1974), auf dessen Arbeit Cooper (1996) aufbaut, ohne Bezugnahme auf ein CAPM intensiv diskutiert. III.3.d Die interne oder externe Beurteilung der renditemäßigen Performance von Investmentfonds Für diese Anwendung wurde zwischen den Jahren 1960 und 2000 fast ausschließlich das CAPM verwendet, seit einigen Jahren alternativ oder zur Ergänzung des CAPMs die von Fama-French (1993) vorgeschlagene CAPM-Alternative „3-Faktoren-Modell“, das darauf aufbauende „4-Faktoren-Modell“ oder noch neuere Ansätze. Die diesbezügliche Entwicklung ist in den USA, dem UK und Australien schon weiter fortgeschritten als in Deutschland. Hier dienen die Modelle innerhalb von Kapitalanlagegesellschaften dazu, Fondsmanager zu beurteilen. Zusätzlich können sie von Anlegern und ihren Beratern genutzt werden. Brückner/Lehmann/Schmidt/Stehle (2015) zeigen, dass die mit der Verwendung des 4Faktoren-Modells von Fama-French verbundenen Datenprobleme außerhalb der USA sehr groß sind und in der Regel davon abgeraten werden muss. III.3.e Die Entgeltfestlegung bzw. -überwachung Hier sind die CAPM-basierten Eigenkapitalkosten eine Eingangsgröße in den WACC. Dieser wiederum ist eine Eingangsgröße bei der Festlegung oder der Überwachung der Entgelte für eine i. d. R. durch Investitionen erstellte Infrastruktur (z. B. einen Flughafen oder Strom-, Gas-, Telefon- bzw. Schienennetze). Der WACC soll hierbei so ermittelt werden, dass es dem Entgeltempfänger mit den genehmigten Entgelten voraussichtlich 21 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 möglich ist, das bereits existierende Infrastrukturobjekt zu erhalten, gegebenenfalls auf-, aus- oder abzubauen und dabei das eingesetzte und das zusätzlich benötigte Eigen- und Fremdkapital adäquat zu verzinsen. Außerdem wird das Entgelt u. U. so festgelegt, dass es einem externen Dritten ermöglicht wird, selbst eine Infrastruktur aufzubauen (vgl. Abschnitt III.1). Die Dauer der weiteren Nutzung des Objekts wird als langfristig (also zehn oder mehr Jahre) angesehen, doch sind die genaue ökonomische und die technische Nutzungsdauer i.d.R. unbekannt. Die Entgelte werden letztendlich durch die Regulierungsbehörde festgelegt und können auf Antrag der Beteiligten durch die zuständigen Gerichte überprüft werden. Der festgelegte WACC hat Gültigkeit für die Regulierungsperiode, die in der Regel ein bis fünf Jahre lang ist. III.4 Bundesanleihen und die „Global Financial Crisis“ (GFC) In meinem Gutachten von 2010 lautete die Überschrift von Abschnitt III.4 „Die ökonomischen Krisenjahre 2007 - ??“. Darüber, ob diese Krisenjahre schon endgültig vorbei sind, möchte ich hier keine Aussage treffen. Die diesbezügliche Situation ist zu kompliziert. Unstrittig ist, dass die aktuellen Zinssätze in Deutschland noch fast auf dem historischen Tiefstand sind, zumindest seit 1955, sowohl in Deutschland als auch in den USA und in den meisten anderen „soliden“ Industrieländern. Der DAX und der CDAX haben aktuelle Indexstände, die über ihren historischen Höchstständen vor 2008 und wesentlich über ihren darauf folgenden Tiefständen im Jahr 2009 liegen. Allerdings wurden 2015 neue historische Höchstwerte erreicht, die circa 20 % über den aktuellen Indexständen lagen. Das Bruttosozialprodukt und die Arbeitslosigkeit haben sich seit 2008 in Deutschland in die wünschenswerte Richtung entwickelt, was jedoch nicht in allen europäischen Ländern und besonders nicht in vielen Entwicklungs- und Schwellenändern der Fall ist. Besondere Probleme existieren in den Ländern, deren Wirtschaft stark rohstofforientiert ist oder stark von den Preisen für Agrarprodukte abhängt. Dazu kommt in vielen Ländern eine unerträglich hohe Jugendarbeitslosigkeit. Für die aktuelle Schätzung der Marktrisikopramie spielen insbesondere folgende Fakten eine Rolle: Am 30.03.2016 berichtete die Deutsche Finanzagentur in ihrer täglich veröffentlichten Renditetabelle, dass ALLE Bundeswertpapiere, die vor dem 15.02.2025 fällig werden, eine negative Effektivverzinsung haben. Aus dieser Tabelle geht weiterhin hervor: Die Bundesanleihe, deren Restlaufzeit (RLZ) aktuell am nächsten bei zehn Jahren liegt, ist die 0,5 %-Anleihe von 2016, die am 15.02.2026 fällig wird. Sie besitzt ein ordentliches Emissionsvolumen (14 Mrd. €). Ihre aktuelle Effektivverzinsung beträgt 0,13 %. Zurzeit sind die Effektivverzinsungen fast aller Bundeswertpapiere geringer als die Nominalverzinsung (hier 0,5 %). Am 30.06.2010 betrug die Effektivverzinsung von vergleichbaren Bundesanleihen noch 2,53 %. In den Jahren davor war sie noch höher, bis Mitte 2008 lag sie meist über 4,5 % (vgl. Bundesbank-Zeitreihe WT 10-10), danach sank sie, fast kontinuierlich, auf den jetzigen Stand. Die Bundesanleihe, deren Restlaufzeit am nächsten bei 30 Jahren liegt, ist die 2,5 %Anleihe von 2014, die am 15.08.2046 fällig wird. Sie besitzt ebenfalls ein ordentliches Emissionsvolumen (15 Mrd. €). Ihre aktuelle Effektivverzinsung beträgt 0,80 %. Die aktuelle Zinskurve ist zwischen 10 und 30 Jahren also relativ flach. Dies impliziert, dass der Markt davon ausgeht, dass die Zinsen für Anleihen mit RLZ zehn Jahre noch eine Weile sehr niedrig bleiben werden. 22 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 30-jährige Bundesanleihen wurden meines Wissens in der Bundesrepublik erstmals 1986 emittiert. Die (inflations-)indexierte Bundesanleihe, deren Restlaufzeit am nächsten bei 10 Jahren liegt, ist die 0,100 %-Anleihe von 2015, die am 15.04.2026 fällig wird. Sie besitzt ein etwas geringeres Emissionsvolumen (6,5 Mrd. €). Ihre aktuelle Effektivverzinsung beträgt minus 0,79 %. Die (inflations-)indexierte Bundesanleihe, deren Restlaufzeit am nächsten bei 30 Jahren liegt, ist die 0,100 % Anleihe von 2015, die am 15.04.2046 fällig wird. Sie besitzt ein noch geringeres Emissionsvolumen (3,5 Mrd. €). Ihre aktuelle Effektivverzinsung beträgt minus 0,47 %. Das UK war das erste Industrieland, das inflationsindexierte Bundesanleihen (Gilts) emittiert hat (1981). Australien folgte 1985, die USA 1997, Deutschland erst 2006.8 Letztere hatte einen Nominalzins von 1,5 %, ein Volumen von 15 Mrd. € und eine Endfälligkeit am 15.4.2016. Die nächsten zumindest zehnjährigen inflationsindexierten Bundesanleihen wurden 2009, 2012, 2014 und 2015 aufgelegt, die ersten beiden mit ordentlichem Volumen, die letzten beiden mit einem etwas geringeren Volumen. Inflationsindexierte Zinssätze spielen in der britischen und australischen Entgeltregulierung seit vielen Jahren eine wichtige Rolle. Wegen der späten Einführung von indexierten Anleihen in Deutschland, ihrer geringen Zahl und ihrem teilweise geringen Emissionsvolumen sind sie zurzeit noch nicht geeignet, für Zwecke der Schätzung der Marktrisikoprämie oder des risikolosen Zinssatzes genutzt zu werden. Ähnlich wie in Deutschland sind aktuell die Zinssätze von Staatsanleihen auch im UK und in Australien nahe ihren historischen Tiefstwerten. Dafür verantwortlich sind in erster Linie die für die nahe Zukunft niedrigen erwarteten Inflationsraten. Zusätzlich wird wegen der äußerst niedrigen Ausfallwahrscheinlichkeit dieser Länder oft auf das „Safe-Heaven-“ bzw. „Flight-to-Quality-Argument“ hingewiesen. Danach präferieren besonders risikoaverse Anleger in ihnen extrem unsicher erscheinenden Zeiten solche Anlagemöglichkeiten, bei denen sie unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung möglichst wenig verlieren. Nach dieser Argumentation sind die gegenwärtigen Zinssätze von Staatsanleihen von Ländern, die vom Markt als solide angesehen werden, u. a. Deutschland, niedriger als in historisch weniger unsicheren Zeiten mit identischen Inflationserwartungen. Auch die Effektivverzinsungen von Anleihen von soliden Unternehmen sind aktuell nahe den historischen Tiefstwerten: Die am 03.04.2023 fällige €-Anleihe der Deutschen Telekom International B.V. mit einem Nominalzins von 0,625 % hat aktuell z.B. eine Effektivverzinsung von 0,60 %. Griechenland hat gerade erfolgreich eine 100-jährige Anleihe zu 2,35 % emittiert, möglicherweise um den Markt zu testen. Mexiko tat dies schon 2015 zu 4 % (Börsen-Zeitung vom 31.03.2016, S. 13). Unabhängig davon, dass viele Marktteilnehmer aktuell davon ausgehen, dass der Erwartungswert für die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen in naher Zukunft ungewöhnlich niedrig ist, können merkliche Zinssteigerungen in naher Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Ebenso ist unwahrscheinlich, dass die Aktien im nächsten Jahr um 30 % oder 8 Wilkens et al. (2012) enthält eine gute und leicht zu lesende Einführung in inflationsindexierte Wertpapiere. 23 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 mehr steigen oder fallen, dies ist aber auf Basis der historischen Erfahrungen in Deutschland durchaus möglich (vgl. Stehle/Schmidt (2015), S.447). Aus historischer Erfahrung ist allerdings die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Anstiegs beträchtlich höher als die eines derartigen Fallens. III.5 Maßnahmen zur „Abfederung“ des WACC-Absinkens als Folge der globalen Finanzkrise ab 2007 Im Zusammenhang mit dem drastischen Sinken der in der Entgeltregulierung traditionell eine wichtige Rolle spielenden Effektivverzinsung von langfristigen Staatsanleihen wurden in vielen Ländern Maßnahmen ergriffen, die das Absinken des WACC „abgefedert“ haben, damit für die Verkäufer der regulierten Produkte die ökonomischen Rahmenbedingungen nicht zu instabil wurden. Nicht immer wurden diese Maßnahmen explizit mit der Abfederung begründet. Der aus ökonomischer und regulatorischer Sicht enorme Unterschied zwischen den Festnetz-WACC-Schätzungen 2007 und 2009 (8,07 % bzw. 5,51%, das Absinken betrug also 2,56 Prozentpunkte bzw. 32 %) veranlasste die Bundesnetzagentur, im Telekommunikationsbereich ab 2009 eine exponentielle Glättung der Schätzwerte durchzuführen. Dabei ergibt sich der „Anzulegende WACC“ aus der Summe des aktuellen WACC-Schätzwertes, gewichtet mit 0,3, und dem Anzulegenden WACC der letzten Festlegung, gewichtet mit 0,7 (vgl. Stehle (2010), S. 72 ff.). Der Anzulegende WACC wird seit 2009 in den Entgeltfestlegungen des Telekommunikationsbereiches verwendet. Der Anzulegende WACC sank seit 2009 langsamer als die jeweils aktuelle WACCSchätzung. Wenn die Zinssätze wieder steigen (oder wenn die Risikoprämie oder das Beta steigt), dann wird der Anzulegende WACC allerdings langsamer ansteigen als die jeweils aktuelle WACC-Schätzung. Die exponentielle Glättung hat in merklicher Weise zur Stabilität im Sinne von § 32 (1) TKG beigetragen. Möglicherweise hat sie zudem die Auswirkungen eines möglichen Schätzfehlers zu ungunsten der regulierten Unternehmen eliminiert. Der aus meiner Sicht noch größere Vorteil dieses Verfahrens ist, dass schon heute für alle Beteiligten feststeht, dass die Abfederung auf symmetrische Weise erfolgt, wenn die Zinsen und/oder die Risikoprämien steigen. Im Rahmen der Diskussion der Entgeltfestlegungen in anderen Ländern in den vergangenen Jahren werden mehrere Vorgehensweisen erörtert, die im Endeffekt das Absinken der Zinssätze und der Risikoprämien abgefedert haben. Spannend wird in den kommenden Jahren, ob diese Maßnahmen auch dann weiter benutzt werden, wenn die Zinssätze und/oder die Risikoprämien wieder steigen. Ich empfehle mit Nachdruck, die exponentielle Glättung in der gegenwärtigen Form beizubehalten, zumindest so lange, bis die dadurch erfolgte Abfederung nach unten durch eine Abfederung nach oben ausgeglichen wird. 24 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IV IV.1 Ökonomische und datenmäßige Grundlagen Reale vs. nominale Betrachtung Bei der Analyse von langfristigen Aktienrenditen ist eine reale Betrachtung in den meisten Zusammenhängen sinnvoll, in Ländern mit traditionell hoher Inflation unerlässlich. Dazu werden folgende Formeln benutzt: 1+reale Rendite = (1+nominale Rendite)/(1+Inflationsrate)9, approximativ: Reale Rendite = nominale Rendite minus Inflationsrate. Zahlenbeispiel: Beträgt die nominale Aktienrendite 10%, die Inflationsrate 3%, dann beträgt die approximativ berechnete reale Aktienrendite 7%. Genau berechnet beträgt die reale Aktienrendite 1,1/1,03 = 6,8%. Ähnliches gilt für den Zinssatz: Bei einem Nominalzins von 4% beträgt der exakt berechnete Realzins 0,97%, approximativ beträgt er 1%. Bei einem Vergleich auf Basis der nominalen Sätze ist die Aktienrendite also 2,5-mal so hoch wie der Zinssatz, bei einem Vergleich der realen Sätze circa 7-mal so hoch.10 Die nominale und reale Risikoprämie sind bei traditioneller Berechnung (als Differenz wie in der CAPM-Formel, vgl. Abschnitt IV.2) dagegen fast identisch. Im Zahlenbeispiel approximativ 6%, genau gerechnet 5,83%. In seinem Lehrbuch schreibt Welch (2014, S. 231):“It does not matter, whether the equity premium numbers are inflation adjusted”. Er denkt dabei, so scheint es, an die approximative Berechnung der realen Renditen. Auch Damodaran(2015, S. 27) ist der Ansicht, dass die Frage, reale und nominale Berechnungen der Risikoprämie, keine große Bedeutung hat. In seinen Berechnungen der U.S.-Risikoprämie (vgl. seine 2015-Fußnote 54), die ich in Anhang E nachvollziehe, legt er nominale Renditen zugrunde und berechnet die Risikoprämie als „arithmetische“ Differenz. Dimson/Marsh/Staunton berechnen die Risikoprämie als Quotient (1+Rm)/(1+Rf). Diese Berechnungsweise wird oft als geometrische Differenz bezeichnet. In den Jahrbüchern von Ibbotson Associates wird bereits seit 1988 die Risikoprämie im Vergleich zu kurzfristigen Wertpapieren (bills) auf diese Weise berechnet Bei dieser Berechnungsart sind die nominale und die reale Risikoprämie vollkommen identisch. Im Sourcebook werden deshalb nur Risikoprämien angegeben, es wird nicht zwischen nominal und real differenziert. Diese Berechnungsart hat sich in der Wissenschaft aber noch nicht bei Risikoprämien im Vergleich zu langfristigen Anleihen durchgesetzt.11 Bei unsicheren Erwartungen sind die Formeln etwas komplizierter, am Grundprinzip ändert sich jedoch nichts. Brailsford et al. (2012, S.240) berechnen die nominale und die reale historische Risikoprämie für Australien für diverse Zeiträume ab 1883, sowohl auf 9 Dies ist die übliche, in Lehrbüchern und wissenschaftlichen Arbeiten verwendete Formel, vgl. z.B. Brealey et al. (2014), S. 165, FN 14 und Brailsford et al. (2012), Erklärung von Tabelle 1, S. 240. 10 10%/4% = 2,5; 6,8%/0,97% =7,01. 11 Vgl. z.B. Brailsford et al. (2012), Erklärung von Tabelle 1, S. 240. 25 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Basis des arithmetischen als auch des geometrischen Mittels. Die berechneten nominalen Risikoprämien auf Basis des arithmetischen Mittels liegen für Anleihen (bonds) zwischen 5 % (1988-2010) und 6,1 % (1983-2010 und 1958-2010), die auf gleiche Weise ermittelten realen Risikoprämien sind gleich hoch (1883-2010) oder maximal 0,2 % geringer. Bei den auf geometrische Weise ermittelten Risikoprämien sind die realen und die nominalen Prämien für die Zeiträume 1980-2010 und 1988-2010 gleich hoch (3,2 % bzw. 3,1 %), für die anderen Zeiträume sind die realen Risikoprämien höher, für den Zeitraum 1883-2010 um 0,1 % (4,7 % vs. 4,8 %). Die reale und die nominale Risikoprämie wären damit fast identisch, wenn für ihre Schätzung das Mittel aus dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel zugrunde gelegt wird. Allerdings kann es in Ländern mit stark variierender Inflationsrate zu größeren Unterschieden kommen. Zum Beispiel macht es einen Unterschied, ob eine nominale Aktienrendite von 50 % von einer Inflationsrate von 2 % oder 20 % begleitet wird. Brealey et al. (2014, S.165, FN 14) bemerken hierzu: “For countries such as Italy that have experienced a high degree of inflation, this real risk premium may be considerably lower than the nominal premium”. Ein wichtiges Argument für die Berechnung der Risikoprämie auf nominale Weise ist, dass dabei keine Daten zur Inflation benötigt werden. Solche Daten existieren zwar in Deutschland seit weit über 100 Jahren. Die Berechnungsformeln für die Preisentwicklung und die praktische Anwendung der Formeln, so die heute herrschende Meinung, führten allerdings zu zu hohen Inflationsraten. Hoffmann (1999) schätzt die Verzerrung der Inflationsraten für Deutschland auf ¾ Prozentpunkte pro Jahr. (vgl. Abschnitt IV.5.d). Ich vermute, dass die heutigen Inflationsraten wesentlich genauer sind als die Inflationsraten für die fünfziger und die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, Schätzungen hierzu sind mir aber nicht bekannt. Wegen unserer Unkenntnis der Entwicklung der Verzerrung im Zeitablauf rate ich von der Verwendung realer Risikoprämien mit Nachdruck ab. IV.2 Das CAPM und alternative Kapitalmarktgleichgewichtsmodelle, insbesondere das internationale CAPM Das von Sharpe (1963) und unabhängig davon von Lintner (1965) entwickelte Capital Asset Pricing Model, in diesem Gutachten „das CAPM“ wird in allen Lehrbüchern des Gebietes Finance (vgl. Fußnote 9) und auch in meinem Gutachten für die BNetzA (2010) in dessen Abschnitt IV.2, S. 56 – 65, ausführlich beschrieben und erörtert und mit Beispielen illustriert. Die zugrunde liegende ökonomische Argumentation kann mit mathematischen Formeln bzw. mit einer Grafik (vgl. Anhang C) nachvollzogen werden. Unter den strengen Modellannahmen ist die erwartete Rendite einer jeden Aktie i bzw. sind die Eigenkapitalkosten der betreffenden Unternehmung (nach Körperschaftsteuer): kS E Ri R f i E Rm R f , i cov Ri , Rm m2 wobei: E Ri erwartete Rendite der Aktie i das (standardisierte) Maß für das nicht diversifizierbare Risiko, kurz das „Beta“ der Aktie i i bzw. Eigenkapitalkosten der Unternehmung i (präziser: das Aktienbeta) 26 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Rf der “risikolose” Zinssatz (der Zinssatz für risikolose Kapitalüberlassungen), E Rm R f die Marktrisikoprämie, die Differenz zwischen der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles aller vorhandenen Aktien und dem risikolosen Zinssatz. Der zweite Term in der CAPM-Formel, also das Produkt aus Aktienbeta und Marktrisikoprämie wird allgemein und im Folgenden als Risikoprämie der (betrachteten) Aktie i bezeichnet. Für eine Aktie, deren Beta gleich eins ist, ist die Risikoprämie der Aktie identisch mit der Marktrisikoprämie. Die erwartete Rendite dieser Aktie ist unabhängig von der Höhe des risikolosen Zinssatzes identisch mit der erwarteten Rendite aller Aktien, also mit der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles. Dieser Fall spielt im Wright-Ansatz eine wichtige Rolle. Für regulierte Unternehmen, insbesondere für Unternehmen in den Bereichen Telekommunikation, Strom und Gas sowie Wasser liegt das Aktienbeta meist unter eins, oft beträchtlich. Oft wird in Regulierungsbescheiden das durchschnittliche Beta der betreffenden Branche verwendet. Stehle (2010) schätzt das Branchen-Aktienbeta („industry beta“) für die Bereiche Festnetz und Mobilfunk zum Stichtag 30.6.2010 auf 0,78, inzwischen hat sich dieses Beta mit Stand 31.03.2016 auf 0,89 entwickelt In der Modellwelt handelt es sich um die von den Anlegern zu Periodenbeginn erwarteten Renditen für die einzelnen Aktien und das „Marktportefeuille“. Die tatsächlichen Renditen werden erst am Periodenende bekannt, sie können beträchtlich höher oder niedriger sein. Annahmegemäß gehen die Anleger insbesondere von identischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen aus (‚homogene Erwartungen‘), wodurch die mathematische oder grafische Ableitung möglich wird. Die Anleger können allerdings (mit gewissen Einschränkungen) unterschiedliche Risikopräferenzen besitzen. In der Modellwelt sind der risikolose Zinssatz, R f , die Betas, die erwarteten Renditen der einzelnen Aktien und die Marktrisikoprämie Marktgleichgewichtswerte. Ein Marktgleichgewicht besteht dann, wenn bei den impliziten Kursen aller vorhandenen Aktien („pricing model“) jeweils alle ausstehenden Wertpapiere von Anlegern gehalten werden, also kein Angebots- oder Nachfrageüberhang besteht. Über die Länge der unterstellten Betrachtungsperiode macht das Modell keine Aussage, sie könnte z.B. einen Monat, ein Jahr oder zehn Jahre betragen. Das CAPM besitzt nur eine einzige Modellperiode, unter geeigneten Annahmen kann es auf den Mehrperiodenfall übertragen werden. Aus der Formel geht klar hervor, dass es sich beim Zinssatz, der für die Risikoprämie zugrunde gelegt wird, um den gleichen Zinssatz handelt, der den ersten Term auf der rechten Seite der Gleichung bildet. Vor einer praktischen Umsetzung des sehr abstrakten Modells muss festgelegt werden: - ob das Modell nominale oder reale Größen beschreibt, - wie lang die Betrachtungsperiode sein soll, - welcher Markt betrachtet werden soll (nationaler vs. internationaler Kapitalmarkt). Die beiden ersten Punkte werden in den folgenden Unterabschnitten behandelt. Im hier betrachteten Zusammenhang ist die Zugrundelegung eines internationalen CAPMs unstrittig (vgl. Abschnitt III.2). Ab circa 1970 wurde eine Reihe von theoretischen CAPM-Alternativen vorgelegt. Typisch für diese Modelle ist, dass eine einzige der strengen Annahmen des CAPMs aufgehoben 27 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 und durch eine zumindest aus der Sicht des Modellentwicklers weniger strenge Annahme bzw. ein weniger strenges Annahmebündel ersetzt wird. Die CAPM-Alternativen werden in den Lehrbüchern und in „unzähligen“ Veröffentlichungen diskutiert, u. a. auch in Wright et al. (2003) und in Stehle (2010). Auch liegt eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen des CAPMs vor, die dessen Erklärungsfähigkeit für beobachtete Aktienrenditen anzweifeln, oft erheblich. Brückner/Lehmann/Stehle (2012) geben einen relativ aktuellen Überblick über diese empirischen Untersuchungen und verweisen auf weitere Überblicksartikel sowie auf die grundlegende Literatur. Sie führen insbesondere auch eigene Untersuchungen für Deutschland durch und kommen, darauf aufbauend, zum Ergebnis „In Germany the CAPM is Alive and Well“. Auch die theoretischen Varianten des CAPMs konnten wichtige Abweichungen beobachteter Renditen vom CAPM nicht erklären, insbesondere konnten der „Size“-Effekt“ und der „Buchwert-Marktwert-Effekt modellmäßig nicht erklärt werden. Fama/French legten deshalb 1993 ein rein empirisch fundiertes CAPM vor, das Fama/French „Drei-FaktorenModell“, das später zunächst zum „Vier-Faktoren-Modell“ erweitert wurde, circa 2012 um noch ein bis zwei weitere Faktoren. Brückner/Lehmann/Schmidt/Stehle (2015) erörtern diese Modelle, untersuchen ihre Eignung für Deutschland und ihre hohen Datenanforderungen empirisch und kommen darauf aufbauend zum Ergebnis „Non-U.S. Multi-Factor Data Sets Should be Used with Caution“. Die modellbasierten und die rein empirisch entwickelten CAPM-Modelle werden meines Wissens von keiner Regulierungsbehörde im Rahmen der Entgeltregulierung alleine, d. h. anstelle des CAPMs verwendet. Gelegentlich, sehr selten, werden sie ergänzend zum CAPM verwendet. Sie werden allerdings häufig von den regulierten Unternehmen bzw. ihren Beratern als sinnvolle Vorgehensweise zur Ergänzung des CAPMs eingestuft, z. B. in den aktuell laufenden australischen Konsultationsverfahren im Bereich Strom und Gas, vgl. die Abschnitte IX.2.c, IX.2.d und IX.2.e. Hier wurde im Januar 2016 beantragt, die vier folgenden Modelle im Rahmen einer Multi-Model-Approach einzusetzen und die mit den Modellen berechneten Werte für die Eigenkapitalkosten wie folgt zu gewichten: - CAPM (9,2 %) gewichtet mit 12,5 %; - Black CAPM (9,8 %) gewichtet mit 25 %; - Fama/French (9,8 %) gewichtet mit 37,5 %; - Dividendendiskontierungsmodell (10,2 %) gewichtet mit 25 %. Die modellbasierten und die rein empirisch entwickelten CAPM-Modelle kommen in den anderen, in Abschnitt III.3 erörterten Anwendungen des CAPMs häufiger für sich alleine oder neben dem CAPM zur Anwendung: - Das Steuer-CAPM wird in Deutschland seit 2004 im Rahmen der Unternehmensbewertung wahrscheinlich häufiger verwendet als das CAPM, aufbauend auf Stehle (2004). - Faktormodelle werden in den USA, dem UK, in Australien seit fast 20 Jahren und seit mehreren Jahren auch in Deutschland im Rahmen der Beurteilung der Performance von Investmentfonds und in der Anlageberatung an Stelle des CAPMs verwendet. Die schon lange vor dem CAPM entwickelten, in vielen Varianten und Bezeichnungen existierenden Diskontierungsmodelle (Discounted cash flow models, kurz DCF-Models), zu dieser Gruppe zähle ich u. a. - Dividendendiskontierungs- bzw. -wachstumsmodelle und - Cash-flow-Diskontierungsmodelle 28 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 wurden in den USA vor der Existenz des CAPMs im Rahmen der Entgeltregulierung als wichtigste Modelle genutzt. Inzwischen konnte das CAPM Marktanteile gewinnen, ein Diskontierungsmodell scheint aber immer noch das am häufigsten verwendete Grundmodell zur Schätzung der zukünftigen Eigenkapitalkosten im U.S.-amerikanischen Strom- und Gasbereich zu sein (vgl. hierzu Abschnitt V.4.d). Diskontierungsmodelle werden in den Abschnitten VI.1, VI.2 und V.2 erörtert. Sie werden im UK und in Australien häufig als Teil einer CAPM-basierten Vorgehensweise zur Schätzung der zukünftigen Marktrisikoprämie verwendet, meist in Verbindung mit einer Schätzung auf Basis von historischen Aktienrenditen. IV.2.a Handelt es sich beim CAPM um ein Modell, das reale Renditen erklärt oder um ein Modell das nominale Renditen erklärt? Im ursprünglichen Modell wird implizit unterstellt, dass es nur ein Konsumgut gibt, dessen Preis konstant, also am Periodenanfang und am Periodenende gleich hoch ist. Würden stochastische Preisänderungen zugelassen, dann wäre nur eine reale Interpretation aus theoretischer Sicht korrekt. Grauer/Litzenberger/Stehle (1976) leiten ein internationales CAPM für den Fall ab, dass die zukünftigen Konsumgüterpreise unsicher sind, alle Anleger aber identische Konsumpräferenzen (und damit Warenkörbe) haben und „weltweit“ Kaufkraftparität gilt. Derartige Modelle sind wesentlich komplexer und deshalb schwerer nachzuvollziehen. Sie sind für die Entgeltregulierung derzeit nicht geeignet. In der praktischen Anwendung erfolgt fast immer eine nominale Interpretation des CAPMs, insbesondere wird diese in den Lehrbüchern vorgeschlagen (vgl. z.B. von Brealey et al. (2014) in Kapitel 8, Koller et al. (2015) in Kapitel 13 und Welch (2014) in Kapitel 9). Dies wird insbesondere damit begründet, dass in der Lehrbuchanwendung, der Investitionsbeurteilung (vgl. Abschnitt III.3.b), nominale Zahlungsströme auf Basis des CAPMs beurteilt werden. In den Worten von Welch (2014, S. 227): „First, don’t forget to use nominal rates to discount nominal expected cash flows”. Ebenso wird in den meisten Entgeltfestlegungen und in den anderen CAPM-Anwendungen eine nominale CAPM-Version zugrunde gelegt. In der BNetzA erfolgte in den Bereichen Telekommunikation sowie Strom und Gas bisher ausschließlich eine nominale Verwendung des CAPMs. Die diesbezüglichen Vorgehensweisen im UK und in Australien sind uneinheitlich, hierauf gehe ich in Abschnitt V.4 ein Für sich gesehen ist eine reale Interpretation der CAPM-Gleichung aus theoretischer Sicht zweifellos korrekter. Für die Entgeltregulierung im Telekommunikationsbereich werden nominale Eigenkapitalkosten geschätzt und festgelegt, um mit den nominalen Fremdkapitalkosten zu einem nominalen WACC verbunden zu werden. Dieser wird in einem letzten Schritt in einen realen WACC umgerechnet. In Anbetracht der von den Lehrbüchern vorgeschlagenen Vorgehensweise, der uneinheitlichen Vorgehensweise im UK und in Australien und aus Stabilitätsüberlegungen empfehle ich, an der nominalen Berechnung der Eigenkapitalkosten vorerst festzuhalten. IV.2.b Die Länge der vom CAPM betrachteten Zeitperiode In dieser Hinsicht ist das Modell, wie bereits erwähnt, vollkommen offen. Die Festlegung wirkt sich möglicherweise stark auf die Wahl des risikolosen Zinssatzes und auf den Schätzwert für die Risikoprämie aus. Vom Modell wird aber klar gefordert, dass beide Eingangsparameter im Einklang miteinander festgelegt werden. 29 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Wird als risikoloser Zins z.B. die Effektivverzinsung von Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von einem Jahr zugrunde gelegt, dann müssen der Schätzung der Marktrisikoprämie auch Bundesanleihen mit einer kurzen Restlaufzeit zugrunde gelegt werden. Wird als risikoloser Zins die Effektivverzinsung von Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren zugrunde gelegt, dann müssen der Schätzung der Marktrisikoprämie auch Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren zugrunde gelegt werden. Normalerweise sind die Effektivverzinsungen für längere Laufzeiten höher und damit die entsprechenden Risikoprämien geringer. Falsch wäre es deshalb z.B., zur Schätzung der Risikoprämie Bundeswertpapiere mit einer wesentlich kürzeren Laufzeit zu verwenden als beim Ansatz des risikolosen Zinssatzes. Bei dieser Vorgehensweise würde die Summe von beiden, also z.B. die Eigenkapitalkosten bei einem Beta von 1, zu hoch ausfallen. In den Worten von Welch (2014, S. 231): „Just don’t commit the mistake of using a (high) long-term risk-free rate in the first CAPM term and a (high) equity premium over the short-term T-Bill rate in the second CAPM term.” Dies ist auch in der Entgeltregulierung unumstritten. In den Worten von Frontier Economics (2009, S. 46): „Bei der Ableitung des risikolosen Zinssatzes sollte daher sichergestellt sein, dass die in diesem Schritt referenzierte risikofreie Anlageoption nicht strukturell von den für die Marktrisikoprämie verwendeten Daten verschieden ist.“ IV.3 „Wahre“ Werte vs. Schätzungen und Prognosen, „In-Sample“Ergebnisse vs. „Out-of-Sample”-Prognosen Im Rahmen der Entgeltregulierung muss die Risikoprämie für einen zukünftigen Zeitraum geschätzt werden, der mit dem Beginn der Regulierungsperiode beginnt. Dies ist u. a. deshalb schwer, weil der „wahre Wert“ der Prämie auch im Nachhinein nicht beobachtbar ist. Bei der Risikoprämie des CAPMs handelt es sich um einen Erwartungswert, im Nachhinein beobachtbar sind nur die tatsächlichen Renditen. Die Prognose ist zudem schwer, weil sie nur auf Basis von Daten und Modellen erfolgen kann, welche im Zeitraum der Vorbereitung der Festlegung schon bekannt bzw. festgelegt sind. Es handelt sich um eine Schätzung für die Zukunft bzw. eine „Out-of-Sample“Prognose. Dabei kann nur ein Schätzmodell verwendet werden, das bereits im Vorfeld festgelegt wurde und nun mit den neuesten Daten „gefüttert“ wird. Zur Ermittlung des besten Schätzmodells könnten Daten verwendet werden, die im Zeitpunkt der Festlegung schon bekannt sind. Sind zum Beispiel jährliche Daten für die vergangenen 50 Jahre vorhanden, so könnte innerhalb dieses Datensatzes das beste Modell mit einer „In-Sample“-Prognose identifiziert werden. Bei dieser wird das beste Schätzmodell auf Basis der vorliegenden Daten für die vergangenen 50 Jahre gesucht und gefunden. Dieses wird dann für die Prognose der zukünftigen Werte verwendet. Eine Vielzahl von Studien in unterschiedlichen Bereichen führt zum Ergebnis, dass viele Prognosemodelle „In-Sample“ weitaus besser funktionieren als „Out-of-Sample“. Wichtige Gründe hierfür sind: - Der wahre, aber unbekannte Zusammenhang ist Änderungen im Zeitablauf unterworfen. Der innerhalb des Datensamples existierende Zusammenhang gilt deshalb nicht unbedingt für die Zukunft. - In Wahrheit besteht kein Zusammenhang. Es handelte sich nur um einen zufälligen Fund. In diesem Zusammenhang wird oft von Data-Mining gesprochen. Wissenschaftler untersuchen meist eine Vielzahl von Zusammenhängen und kommen so zu ihrem Ergebnis, das im Endeffekt aber zufällig ist. 30 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Prognosen, die „In-Sample“ gut funktionieren, werden häufig von Fachzeitschriften als Publikation angenommen, ohne dass ihre „Out-of-Sample“-Eigenschaften untersucht wurden. In der wissenschaftlichen Literatur sind deshalb viele Beispiele für Schätzverfahren zu finden, die „Out-of-Sample“ nicht funktionieren. Die vielbeachtete Arbeit von Welch/Goyal (2008) kommt diesbezüglich unter Bezugnahme auf die Marktrisikoprämie zum Ergebnis: Our article comprehensively reexamines the performance of variables that have been suggested by the academic literature to be good predictors of the equity premium.We find that by and large, these models have predicted poorly both in-sample (IS) and out-ofsample (OOS) for 30 years now; these models seem unstable, as diagnosed by their out-of-sample predictions and other statistics; and these models would not have helped an investor with access only to available information to profitably time the market. Unser Aufsatz überprüft auf umfassende Weise die Performance von Variablen, die in der wissenschaftlichen Literatur als gute Vorhersage-Variable vorgeschlagen wurden. Unser Ergebnis, im Großen und Ganzen, ist, dass die jeweiligen Modelle sowohl In-Sample (IS) als auch Out-ofSample (OOS) für nun 30 Jahre schlecht prognostizierten; die Modelle scheinen nicht stabil zu sein, was wir auf Basis ihrer Out-of-Sample-Prognosen und anderen Statistiken diagnostizieren; und diese Modell würden keinem Kapitalanleger, der nur die verfügbaren Informationen besitzt, geholfen haben, die Entwicklung des Marktes zu antizipieren. Dieses Ergebnis ist nicht unumstritten. Inhaber der Sichtweise, dass es möglich ist, die zukünftige Risikoprämie mit im Prognosezeitpunkt verfügbaren Daten zu prognostizieren, verweisen dabei in der Regel auf sehr komplexe Modelle, deren Prognosefähigkeit sehr gering ist, aber existiert. Derartige Modelle eignen sich nicht für die Entgeltregulierung. In Abschnitt VI.3 gehe ich ausführlicher auf solche Prognosemodelle ein. In einer gerade veröffentlichten Arbeit untersuchen McLean/Pontiff (Journal of Finance, Febr. 2016) 97 Variable, die nach früheren Studien die zukünftigen Renditen besser prognostizieren als das CAPM. Ihre Ergebnisse sind: - Die Überrenditen sind nach dem untersuchten Zeitraum 26 % geringer als im untersuchten Zeitraum. - Nach der Publikation sind sie 58 % geringer als in der untersuchten Zeit. IV.4 Arithmetisches vs. geometrisches Mittel Beide Arten der Berechnung eines Mittelwertes spielen in den in Abschnitt III.3 genannten Anwendungsgebieten eine wichtige Rolle, u. a. deshalb, weil sich die Ergebnisse merklich unterscheiden können. Bei den realen Aktienrenditen beträgt der Unterschied zwischen dem geometrischen Mittel und dem arithmetischen Mittel für den Betrachtungszeitraum 1900-2014 für die USA, das UK und mehrere andere über das letzte Jahrhundert relativ stabile Länder ungefähr 2 % (vgl. Tabelle 1 am Ende von Abschnitt IV.5.b). Wenn Aktienkurse drastisch fallen und wieder ansteigen, wenn also die Standardabweichung der Renditen hoch ist, können sich das arithmetische und das geometrische Mittel der realen Renditen allerdings noch beträchtlich stärker unterscheiden: 31 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Fällt eine Aktie von 100 auf 10 und steigt dann wieder auf 100, so betragen die Renditen -90% und +900 %. Arithmetisches Mittel der historischen Renditen = 405% Geometrisches Mittel [(1-0,9)*(1+9)]^1/2 = 0 % Der große Unterschied zwischen dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel der realen Renditen für Deutschland, Österreich und mehrere andere Länder in Tabelle 1 in den Jahren 1900-2014 (über 4 %) zeigt, dass in diesen Ländern im letzten Jahrhundert die Turbulenzen am Aktienmarkt beträchtlich höher waren als in den relativ stabilen Ländern. Bei den Risikoprämien sind die Unterschiede zwischen dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel für die meisten Länder ungefähr gleich hoch wie bei den realen Aktienrenditen (vgl. Tabelle D1 in Anhang D). Hier fällt Österreich aus dem Rahmen, die beiden Mittelwerte unterscheiden sich um 19 Prozentpunkte. Dieser Unterschied dürfte größtenteils aus der sehr hohen unerwarteten Inflation während und nach den beiden Weltkriegen resultieren. Hohe Inflationsraten haben die Renditen der festverzinslichen Wertpapiere in manchen Jahren beträchtlich stärker reduziert als die der Aktien. Als Folge variiert die Zeitreihe der Überrenditen für Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr stark. Dies führt zu dem ungewöhnlichen Unterschied zwischen dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel. Das arithmetische Mittel ist stets höher als das geometrische Mittel. Es existieren zwei, zumindest teilweise unumstrittene wissenschaftliche Arbeiten, die für konkrete Situationen und unter vorgegebenen Annahmen optimale Schätzformeln („Schätzer“) für die zukünftige Risikoprämie bzw. die zukünftige Aktienrendite ableiten und erörtern: Blume (1974) und Cooper (1996). Stehle (2004) und Stehle (2010) erörtern die Annahmen, die Schätzformeln und die Ergebnisse dieser Arbeiten und geben Beispiele. In beiden Arbeiten beginnt die Zeit, für die die Schätzung erstellt wird, sofort und nicht mit einem zeitlichen Verzug wie bei der Entgeltregulierung. In beiden ist eindeutig definiert, wessen Perspektive der Schätzung zugrunde liegt. Beide betrachten nur den Fall einer einmaligen Zahlung, deren Wert geschätzt wird. Blume analysiert aus der Sicht des Kapitalanlegers die Frage, wie hoch der Endwert eines heute angelegten Betrages nach genau N Perioden sein wird. Cooper analysiert, wie hoch der heutige Wert, also der Barwert einer in N Perioden erfolgenden Einzahlung, aus der Sicht dessen ist, der einen Anspruch auf die Zahlung hat. In Blumes Analyse spielt das Aufzinsen eine zentrale Rolle, bei Cooper das Abzinsen. Die unvermeidbaren Schätzfehler wirken sich in beiden Situationen unterschiedlich aus, als Folge ergeben sich unterschiedliche Schätzformeln. Zusätzlich zu N spielt in beiden Arbeiten die Zahl der Perioden eine Rolle, für die historische Daten vorliegen. In beiden Arbeiten wird unterstellt, dass die historischen und zukünftigen Überrenditen bzw. Aktienrenditen aus identischen und voneinander unabhängigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen stammen. Für die Fälle „Autokorrelation“ (auf eine überdurchschnittlich hohe (niedrige) Ausprägung folgt tendenziell ebenfalls eine hohe (niedrige) Ausprägung) und „Mean Reversion“ (auf eine Reihe guter Jahre folgen tendenziell schlechte Jahre und umgekehrt) fallen die Meinungen von Wissenschaftlern über die besten Schätzformeln weniger einheitlich aus. Wissenschaftler sind sich auch nicht einig darüber, wie stark diese Phänomene und wie stabil sie im Zeitablauf sind. 32 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 In zwei Gutachten erörtern Kempf (2005) und Ballwieser (2006) die Problematik der Schätzung der zukünftigen Risikoprämie aus regulatorischer Sicht. Kempf legt in seinem Gutachten im Auftrag des VG Köln die Perspektive der Anleger und deren durchschnittliche Haltedauer von Aktien zugrunde. Ballwieser legt in seinem Gutachten für die Vorgängerin der BNetzA, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), die Sichtweise der Unternehmung und deren Investitionsdauer zugrunde. Als Folge dieser und weiterer Unterschiede in der Vorgehensweise kommen beide Arbeiten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Frage, wie die Risikoprämie aus regulatorischer Sicht geschätzt werden soll, ist aus meiner Sicht wissenschaftlich deshalb noch nicht endgültig gelöst. Die BNetzA verwendet im Telekommunikationsbereich explizit den Mittelwert aus arithmetischem und geometrischem Mittel als Schätzwert für die zukünftige Risikoprämie, im Bereich Strom und Gas wird dieser Mittelwert implizit zugrunde gelegt. Von ausländischen Regulierungsbehörden wurde traditionell meist ebenso verfahren, seit Beginn der „Global Financial Crisis“ wird vermehrt das arithmetische Mittel oder ein geringerer Abschlag vom arithmetischen Mittel verwendet. Eine reine Verwendung des geometrischen Mittels beobachte ich selten, sie erfolgte zum Beispiel in Italien in den vergangenen 10 Jahren (vgl. Abschnitt V.5.c). Für die Anwendungsgebiete Unternehmensbewertung und Investitionsrechnung (vgl. die Abschnitte III.3.a und III.3.b) wurde von den führenden Lehrbüchern bis vor kurzem empfohlen, das arithmetische Mittel zu verwenden. Die neuesten Auflagen empfehlen diesbezüglich einen etwas niedrigeren Ansatz, also einen Ansatz in Richtung geometrisches Mittel (vgl. Abschnitt III.3.b). In Anbetracht der Unsicherheit über die korrekte Vorgehensweise empfehle ich der BNetzA, im TK-Bereich auch weiterhin das „Mittel der Mittel“ zu verwenden. IV.5 Renditedaten Hier lauten die Grundprinzipien: - Die historischen Daten sollten Zeitperioden entstammen, die für die Zukunft relevant sind. - Ungewöhnliche Zeitperioden, z. B. größere Rezessionen und Depressionen, sollten nicht ausgeschlossen werden. - Je länger die Zeitperiode ist, desto höher ist die Schätzgenauigkeit. - Die verwendeten Daten sollten unverzerrt sein. Über die Relevanz weit zurück liegender Zeitperioden für die Zukunft existieren natürlich unterschiedliche Meinungen. Ich teile die Meinung von Dimson et al., Brailsford et al., Siegel und Wright, dass die Daten ab Beginn des 20. bzw. Mitte des 19. Jahrhunderts Relevanz für die Zukunft besitzen. Welch (2014) ist anderer Ansicht. Sowohl bei historischen Daten über Aktien als auch bei historischen Daten über festverzinsliche Wertpapiere sowie bei Inflationsdaten bestehen im Hinblick auf die Unverzerrtheit der Daten vor der Mitte des letzten Jahrhunderts meines Erachtens allerdings gravierende Probleme. Diese werden in der wissenschaftlichen Literatur zwar gelegentlich diskutiert, aber meines Erachtens nicht tiefgängig genug. Auf die diesbezüglichen Probleme gehe ich in den folgenden Abschnitten deshalb relativ ausführlich ein. 33 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IV.5.a Aktienrendite-Zeitreihen: Grundlagen Stehle schrieb in seinem Beitrag zur Millennium-Beilage der Süddeutschen Zeitung am 01.12.1999: „Waren Aktien in den letzten 100 Jahren eine gute Kapitalanlage? Die Deutsche Bank wurde 1910 in Berlin – der damals wichtigsten deutschen Börse – zu 250 gehandelt. Ebenso im Laufe der Jahre 1914, 1958, 1974 und 1979. Die Daimler-Motoren-Gesellschaft quotierte 1916 im außerbörslichen Handel – während des ersten Weltkrieges waren die Börsen geschlossen – zu 600. Diesen Kurs erreichte die Daimler Benz AG 1958, 1965, 1983, 1992 und 1995. Auch die Harpener Bergbau AG hat ihren Namen im Zeitablauf verändert. Sie notierte 1913, 1947, 1968, 1975 und 1981 zu 180. Trotz der vielfach fast unveränderten Kurse zu Beginn und zu Ende des Jahrhunderts waren Aktien in der Vergangenheit eine gute Kapitalanlage. Wer 1948 eine Aktie mit Nennwert 100 RM besaß, diese im Portefeuille hielt und das Glück hatte, daß sie heute noch existiert, besitzt als Folge der Nennwertänderungen in der Regel 20 Aktien mit Nennwert 5 DM. Dazu bekam er durchaus üppige Dividenden (im langfristigen Durchschnitt 3-4% des Kurswertes), Erlöse aus dem Verkauf von Bezugsrechten, Gratisaktien aus Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln und sonstige Vermögensvorteile. Bei der Deutschen Bank konnten Bezugsrechte in der Zeit von 1958 bis 1990 19mal – also praktisch jedes zweite Jahr ausgeübt oder verkauft werden. Die Verkaufserlöse variierten zwischen 3,80 DM und 130 DM pro Bezugsrecht. Die steuerfreien, aus Bezugsrechten resultierenden Werterhöhungen waren bei der Deutschen Bank in den genannten Jahren insgesamt höher als die Dividenden. Bei der Daimler Benz AG gab es im genannten Zeitraum achtmal Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Von den Aktien, deren Notiz eingestellt wurde, bescherten manche ihren Eigentümern im Vorfeld hohe Verluste, andere im Rahmen von Fusionen dagegen hohe Gewinne.“ Die Beispiele Deutsche Bank, Daimler Benz AG und Harpener Bergbau illustrieren, dass nur bei kurzfristiger Betrachtung ein Großteil der Rendite der Aktionäre mit Kurssteigerungen zusammenhängt. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto wichtiger wird es, Bereinigungsereignisse wie Dividenden (Cash dividends), Nennwertänderungen (pure stock splits), Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (stock dividends) und Bezugsrechte in die Analyse einzubeziehen. Ein unverzerrter Schätzwert für die Risikoprämie kann nur dann erreicht werden, wenn alle „Bereinigungsereignisse“ termin- und betragsgenau erfasst werden. Stehle/Huber/Maier (1996) haben den DAX für die Jahre 1960-1987 zurück berechnet und schätzen dessen jährliche Rendite (= Änderungsrate) auf 9,79 %. Auf Basis von früher existierenden, mit diesbezüglichen Schwächen behafteten Indizes schätzt Mella diese Rendite nur auf etwas mehr als halb so hoch, 5,58 %. Das Beispiel illustriert, dass früher existierende Indizes oft ungenau sind, weil sie nicht alle Bereinigungsdaten berücksichtigt und/oder nicht die heute übliche Rechenweise verwendet haben. Dazu kommt, dass in historische Indizes neue Unternehmen und Branchen oft erst mit einer mehrjährigen Verzögerung aufgenommen wurden. Als Folge wurden die alten (= niedergehenden) Branchen im Index zu stark gewichtet. Möglicherweise gab es auch in der Zeit, in der noch per Hand gerechnet wurde, mehr Rechenfehler. Solche wurden früher (wie auch heute noch) nicht nachträglich verbessert. 34 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Ein weiteres Beispiel für eine Schätzung der historischen Aktienrendite in Deutschland, die stark nach unten verzerrt ist, enthält Stehle (2010, S.181, letzter Absatz). Die von Gielen (1964) auf Basis des Indexes des Statistischen Reichsamtes geschätzte Aktienrendite der Jahre 1938 - 1954 hat ein arithmetisches Mittel von 15,75 %, Ronge (2002) schätzt diese auf 20,78 %, Stehle et al. schätzt sie auf 21,15 %. Stehle/Schmidt (2015) haben eine Zeitreihe für die Renditen aller im jeweils obersten Segment der Frankfurter Börse gelisteten Aktien für den Zeitraum 1954 bis 2013 berechnet und mit den in diesem Zeitraum existierenden Aktienindizes verglichen. In allen vier untersuchten Teilzeiträumen gab es Indizes, die zum fast gleichen Ergebnis führten. In zwei anderen Rückberechnungen konnten jedoch eklatante Fehler gefunden werden. Eine dieser beiden Rückberechnungen befand sich wahrscheinlich jahrelang auf der Webseite der Deutschen Bundesbank (vgl. Stehle/Schmidt (2015), Fußnote 34). Auch auf heutige Rückberechnungen von Aktienrenditen sollte deshalb nur vertraut werden, wenn sie durch Vergleiche verifiziert werden konnten. Je mehr Jahre eine Rückberechnung zurück liegt, desto wahrscheinlicher sind aus meiner Sicht Fehler. Stehle/Hartmond (1991) weisen einen Rechenfehler des damals höchst renommierten Frankfurter Professors Häuser (1985) nach, die diesen veranlasste, von einer „Renditeparadoxie bei Aktien“ zu sprechen, d. h. einer negativen Risikoprämie. Häusers „Beweis“ einer negativen Risikoprämie wurde von Anlageberatern, die auf festverzinsliche Anlagen spezialisiert sind, verwendet, um in den Medien vor einer Kapitalanlage in Aktien zu warnen. Den genannten Rückrechnungen von Stehle et al. für deutsche Aktien liegt eine Datenbank zugrunde, die von 1977 bis 1990 aufgebaut und seitdem systematisch verbessert und ergänzt wurde und die keinen Survivorship-Bias enthält: Alle jemals existierenden Aktien der untersuchten Aktiengruppe wurden also einbezogen, nicht nur die, die heute noch existieren. Tabelle D3 in Anhang D illustriert die große Bedeutung die Bereinigungsereignissen zukommt. Die Datenbank wurde von einer Reihe von früheren Mitarbeitern genutzt und liegt seit 1992 ca. 20-30 wissenschaftlichen Arbeiten zugrunde, vgl. Stehle/Schmidt (2015). Die Stehle-Datenbank orientiert sich in ihren Qualitätsanforderungen an der Aktiendatenbank des Centers for Research in Security Prices (CRSP-Datenbank), die diesbezüglich unstrittig das „weltweite“ Vorbild darstellt. Ken French, dessen im Internet frei verfügbare Datenbank Berechnungen für andere Wissenschaftler enthält, baut auf dieser Datenbank auf. Sie enthielt am 04.12.2015 das einführende Statement: “Please note, CRSP just completed an extensive review of their shares outstanding data for 1925-1946. The file they released in January 2015 (with data through December 2014) incorporates over 4000 changes that affect 400 Permnos. As a result, many of the returns we report for 1925-1946 change in our January 2015 update and some of the changes are large.” CRSP hat 2015 also für 400 Wertpapiere im Zeitraum 1925–1946 4000 Änderungen vorgenommen, die deren Rendite zum Teil beträchtlich änderten. In mehreren früheren wissenschaftlichen Arbeiten werden systematische Fehler in der Datenbank beschrieben, die in der Folge von CRSP behoben wurden. Brückner (2013, Fußnote 1) nennt diesbezüglich die folgenden, zum Teil vielbeachteten Arbeiten: Rosenberg/Houglet (1974), Bennin (1980), Courtenay/Keller (1994), Shumway (1997), Shumway/Warther (1999) und Ince/Porter (2006)). Die an der London Business School (LBS) unterhaltene Datenbank für Aktien des UK dürfte der Qualität der CRSP-Datenbank ebenfalls nahekommen, aber diese nicht erreichen. Sie wurde bereits von einer Reihe britischer Wissenschaftler benutzt. Wie bei CRSP 35 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 wurden systematische Fehler entdeckt, die in der Folge behoben wurden. Die auf Basis der CRSP-Daten, der LBS-Daten und der Stehle-Daten berechneten Renditezeitreihen für Aktien liegen für die jeweils erfassten Jahre der Datenbank von Dimson/Marsh/Staunton zugrunde. Ebenfalls eine sehr hohe Qualität dürfte die Datenreihe für australische Aktien und Risikoprämien von Brailsford et al. (2008 und 2012) für die Jahre ab 1958 besitzen. Insgesamt erstreckt sich ihre Datenreihe auf die Jahre 1883 bis 2010. Brailsford (2008) enthält ausführliche Vergleiche mit anderen Renditereihen für Australien und erörtert die Qualität der zugrunde liegenden Datenquellen. Wichtige Schlussfolgerungen sind (2008, Conclusion): - Die Datenqualität spielt eine umso größere Rolle, je weiter man zurückgeht. Insbesondere haben die Daten vor 1958 beträchtliche Mängel. Alle Schätzwerte die auf die Daten vor 1958 zurückgehen, sollten mit Vorsicht betrachtet werden. - Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die historische Marktrisikoprämie in Australien wesentlich geringer ist als die bisher vorliegenden Studien schätzen (in diesen Vergleich ist die Zeitreihe von Dimson/Marsh/Staunton einbezogen). Die von Brailsford et al. geschätzten Risikoprämien werden in den meisten neueren australischen Regulierungsbescheiden verwendet. Ihre Qualität wird mehrfach in den jeweils vorherigen Konsultationsverfahren und in den Regulierungsbescheiden erörtert. Dimson/Marsh/Staunton (2015, S. 61) erwähnen die Risikoprämien-Zeitreihe von Brailsford et al., verwenden diese aber nicht, ohne Angabe von wichtigen Gründen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Qualität von bisher nicht erwähnten professionellen Datenbanken für einzelne Aktien hat erst vor wenigen Jahren begonnen. Wichtige Beiträge sind Ince/Porter (2006) und darauf aufbauend Brückner (2012). Die Qualität von bisher nicht erwähnten Datenbanken und von Aktienindizes erörtert Ehrhardt (2012) mit einem Schwerpunkt auf Deutschland. Ein wichtiger Beitrag zur vergleichsweise hohen historischen Rendite U.S.-amerikanischer Aktien ist Jorion/Goetzmann (1999). Sie führen diese auf einen „survivorship bias“ zurück, da sich die U.S.-amerikanische Wirtschaft im 20. Jahrhundert zu der erfolgreichsten Volkswirtschaft der Welt entwickelt hat, und gehen davon aus, dass die zu Jahrhundertbeginn, also um ca. 1900, erwartete Aktienrendite niedriger war als die späteren tatsächlichen Renditen. Dieses Argument ist sicher richtig, über die Höhe der Verzerrung existieren aber keine unstrittigen wissenschaftlichen Untersuchungen. Aus meiner Sicht dürfte sie 0,2 % (pro Jahr) in den Jahren von 1900 bis 2000 nicht übersteigen. IV.5.b Die Aktienrenditen-Zeitreihen von Dimson/Marsh/Staunton Eine erste wichtige Schwäche der seit 2002 von Dimson et al. in regelmäßigen Abständen veröffentlichten und dabei laufend verbesserten Daten für Aktienrenditen ist, dass sie für fast alle Länder für den größten Teil des Betrachtungszeitraums 1900 bis „heute“ auf historischen Indizes basieren. Sie wurden also größtenteils nicht mit der heutigen Indextechnologie aus qualitativ hochwertigen Daten für einzelne Aktien berechnet (siehe Tabelle 1). Die historischen Indizes wurden vielmehr auf Basis der zur jeweiligen Zeit im jeweiligen Land üblichen Indextechnologie berechnet. Dies führt, wie das DAX-Beispiel im letzten Abschnitt illustrierte, möglicherweise zu erheblichen Verzerrungen nach unten, d.h. es werden eventuell merklich zu niedrige Renditen bzw. Risikoprämien ausgewiesen. 36 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Die Daten von Dimson et al. waren meines Erachtens ursprünglich für die Anlageberatung gedacht. Die Monografie von Dimson et al. (2002) mit dem Titel „Triumph of the Optimists – 101 Years of Global Investment Returns“ sollte Anlegern die Vorteilhaftigkeit von Aktienanlagen aufzeigen. Der zweite Satz im Vorwort lautet: „Unsere Studie zeigt, dass die Risikoträger, die optimistisch in Aktien anlegten, die Gruppe sind, die langfristig triumphierte“. Die Daten waren meines Erachtens ursprünglich also nicht für alle in Abschnitt III.3 beschriebenen fünf CAPM-Anwendungsbereiche gedacht. Diese unterscheiden sich natürlich in ihren Anforderungen an die Datenqualität und die Transparenz der Vorgehensweise bei der Berechnung. Und sie unterscheiden sich im Hinblick darauf, wie eine Verzerrung der Aktienrenditen nach unten bzw. die Möglichkeit einer solchen Verzerrung einzustufen ist. Werden z. B. Bankkunden im Rahmen von Altersvorsorgeüberlegungen über die Vorteilhaftigkeit von Aktienanlagen beraten, dann führt eine zu niedrige Schätzung der Aktienrendite im Vergleich zur Rendite von festverzinslichen Kontrakten „nur“ dazu, dass die Anleger weniger in Aktien und damit ihr Geld sicherer anlegen. Im Bereich der Entgeltfestlegung hat eine zu niedrige Schätzung der Aktienrendite bzw. der Risikoprämie möglicherweise ernsthaftere Konsequenzen, die hier nicht näher untersucht werden können. Zur möglichen Verzerrung der für historische Zeitperioden meist nur vorliegenden Kursindizes kommt hinzu, dass diese traditionell Dividenden nicht einbeziehen. Dimson et al. (2002) müssen die historische Dividendenhöhe deshalb für fast alle Länder schätzen. Dazu nannte ich 2010, S. 183, folgendes Beispiel: „Für Schweden lagen in DMS 2002 von 1900-1918 keine Dividenden vor. Die Dividendenhöhe wurde deshalb auf die Umlaufrendite von Anleihen +1,33 Prozentpunkte geschätzt. Die genauere Schätzung der Dividende in DMS 2010 für diesen Zeitraum hat möglicherweise zum Rückgang der Risikoprämie in Höhe von 1,12 Prozentpunkten beigetragen.“ Die genauere Schätzung der Dividenden hat auch zur geringeren Durchschnittsrendite von Aktien in Brailsford et al. (2008, 2012) wesentlich beigetragen (vgl. Abschnitt IV.5.a). Dimson et al. (2002) beschreiben auch für die anderen Länder ihre Vorgehensweise bei der Schätzung der Dividenden, z.B. für Belgien auf S. 234: “Over 1914-25 and 1940-51 we assume the pre-war level of dividends remained unaltered in nominal terms. For 1952-97 we add Belgian dividend yields to produce a total return.” Ich vermute, dass die Dividendenschätzungen in Dimson et al. 2002 tendenziell zu großzügig ausfielen. Die bessere Schätzung der Dividenden in den neueren Auflagen von Dimson et al., z. B. in (2009 und 2015), hat meines Erachtens in nicht unerheblicher Weise zum Rückgang der Durchschnittsrenditen der einzelnen Länder und als Folge zum Rückgang der Rendite des Welt-Portefeuilles beigetragen (vgl. hierzu Tabelle D2 in Anhang D). Zu diesem Rückgang haben natürlich zusätzlich die im historischen Vergleich niedrigen Aktienrenditen zwischen 2000 und 2014 und die Einbeziehung von China und Russland in das WeltPortefeuille beigetragen. Ebenso wie sich die Dividendenschätzungen von Dimson et al. seit 2002 merklich verbessert haben, hat sich das Ausmaß der Verwendung von historischen Aktienkursindizes merklich verringert. Ein hohes Ausmaß ist jedoch noch immer für einen Großteil der Länder für jeweils große Teile des Betrachtungszeitraumes vorhanden, vgl. Tabelle 1. Zwar muss nicht jede Verwendung eines historischen Indexes zu einer Verzerrung der durchschnittlichen Aktienrendite bzw. der Risikoprämie nach unten führen. Die Tabelle zeigt jedoch, dass das Potential hierfür groß ist. Aus diesem Grunde rate ich stark davon ab, in den nächsten Jahren die Daten von Dimson/Marsh/Staunton im Rahmen der Festnetz-, Mobilfunk- und UKW-Entgeltregulierung zu verwenden. 37 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Tabelle 1: Durchschnittliche reale Aktienrenditen für die Jahre 1900-2014 laut Dimson/Marsh/Staunton, geometrische Mittel und arithmetische Mittel Land Australien Österreich Belgien Kanada GM AM Diff. 7.3% 8.9% 1.6% 0.6% 4.6% 4.0% 2.7% 5.4% 2.7% 5.8% 7.2% 1.4% Bemerkungen: l t. Bra i l s ford (2008, 2012) etwa s zu hoch zwi s chen 1925 und 1994 hi s tori s che Indi zes 2015 veröff. neue Da tenrei he, wa hrs chei nl i ch gut vor 1925 kei ne Berei ni gungs da ten, a ußer Di vi denden, da nn bi s 1957 hi s tori s che Indi zes Dänemark 5.3% Finnland 5.3% Frankreich 3.2% Deutschland 3.2% Irland 4.2% Italien 1.9% Japan 4.1% Niederlande 5.0% Neuseeland 6.1% Norwegen 4.2% Portugal 3.4% Südafrika 7.4% Spanien 3.7% Schweden 5.8% Schweiz 4.5% UK 5.3% US 6.5% Europa 4.3% Welt 5.2% 7.2% 9.3% 5.7% 8.2% 6.8% 5.9% 8.8% 7.1% 7.8% 7.2% 8.4% 9.5% 5.9% 8.0% 6.3% 7.1% 8.5% 6.2% 6.6% 1.9% 4.0% 2.5% 5.0% 2.6% 4.0% 4.7% 2.1% 1.7% 3.0% 5.0% 2.1% 2.2% 2.2% 1.8% 1.8% 2.0% 1.9% 1.4% vor 2002 hi s tori s che Indi zes gute Da tenrei he a b 1912 hi er l ä uft ei ne wi s s ens cha ftl. Di s kus s i on gute Da tenrei he, i ns bes ondere a b 1954 gute Da tenrei he a b 1988, da vor unkl a re Qua l i tät vor 1999 hi s t. Indi zes a b 1952 gute Da tenrei he, zuvor hi s t. Indi zes a b 1981 gute Da ten, zuvor hi s t. Indi zes a b 1987 gute Da ten, da vor unkl a re Qua l i tät a b 1996 gute Da ten, zuvor hi s t. Indi zes a b 1988 gute Da ten, zuvor unkl a re Qua l i tät vermutl. gute Qua l i tät, M. Staunton wa r i nvol vi ert a b 1985 gute Da ten, zuvor unkl a re Qua l i tät vermutli ch gute Qua l i tät a b 1984 gute Da ten, zuvor hi s t. Indi zes gute Da ten a b 1900 gute Da ten a b 1900 Quelle: Dimson/Marsh/Staunton (2015) Beurteilung: Stehle GM bzw. AM: geometrisches bzw. arithmetisches Mittel IV.5.c Die Renditen festverzinslicher Wertpapiere: Grundlagen Unstrittig ist, dass die Nominalverzinsung im Rahmen der Verwendung des CAPMs keine Rolle spielt, sondern nur die vorausschauende Effektivverzinsung (= Verzinsung bis zur Endfälligkeit, engl. yield-to-maturity, kurz yield) und die Rendite in historischen Zeitintervallen (engl. Rate of return, kurz return). Letztere ergeben sich aus den Zinsausschüttungen in Höhe der Nominalverzinsung, den Änderungen in den Stückzinsen und der Kursänderung im betrachteten Zeitintervall. Da sich die Kauf- bzw. Verkaufspreise aus der Summe aus dem jeweiligen Kurs plus der Stückzinsen ergeben, sollten Letztere nach Möglichkeit in die Renditeberechnung einbezogen werden. Terminologisch ist in Deutschland ungünstig, dass oft dem schlechten Beispiel der Deutschen Bundesbank gefolgt wird, und der Begriff „Umlaufsrendite“ (kurz Rendite) verwendet wird, obwohl eigentlich die „Effektivverzinsung“ gemeint ist. 38 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Berechnungen von Effektivverzinsungen und historischen Renditen sollten sich, auch das ist unstrittig, auf bestimmte Restlaufzeiten (time-to-maturity) beziehen. Im Rahmen der Entgeltregulierung, darüber besteht weitgehend Einigkeit, sollten Staatspapiere (government bonds) mit einer Restlaufzeit von zumindest mehreren Jahren verwendet werden. Nur selten werden Staatspapiere mit einer Restlaufzeit von weniger als fünf Jahren oder mehr als 20 Jahren zugrunde gelegt. Derartige Papiere existieren in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, erst seit wenigen Jahren (vgl. Abschnitt III.4). Bei der Berechnung einer Marktrisikoprämie muss eine bestimmte Restlaufzeit vorgegeben werden, zumindest approximativ, weil die Marktrisikoprämie auf Basis einer Restlaufzeit von zehn oder mehr Jahren (risk premium with respect to bonds) um 1-2% niedriger sein kann als die Marktrisikoprämie auf Basis einer Restlaufzeit von wenigen Wochen oder Monaten (risk premium with respect to bills). Für die Berechnung der deutschen Marktrisikoprämie kann (glücklicherweise) für die Jahre ab 1968 auf die jährlichen Renditen (= jährliche Änderungsraten) des REXP (Performance-Version des REX) zurückgegriffen werden. Dies erfolgt z. B. bei Dimson et al. (2002 bis 2015) und bei Stehle (1999, 2004 und 2010). Für die USA wird für die Jahre ab 1926 meist auf die „Bond returns“ mit längster Restlaufzeit von Ibbotson Associates zurückgegriffen, z. B. von Dimson et al. (2002 bis 2015) und Stehle (2010). Für das UK stellen Dimson et al. (2002 bis 2015) eigene Berechnungen zur Verfügung, die auch von Stehle (2010) verwendet bzw. empfohlen werden. IV.5.d Die Bond-Renditezeitreihen von Dimson/Marsh/Staunton Abgesehen von den erwähnten Zeitreihen für langfristige festverzinsliche Staatspapiere (long term government bonds) für die USA, Deutschland und das UK sind die Laufzeiten und die Art der Wertpapiere für die anderen von Dimson et al. betrachteten Länder sehr uneinheitlich. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Dimson et al. (2015). Für die Schweiz wird z.B. erst ab 1981 ein Datastream-Index für die Restlaufzeit 10 Jahre zugrunde gelegt, wahrscheinlich handelt es sich um einen Kursindex. Erst ab 1990 handelt es sich explizit um einen Performanceindex (=total returns index). Die Qualität der Daten vor 1981 ist ohne Rückgriff auf die Originaldaten schwer zu beurteilen. Ähnliches gilt für - Österreich, hier wird ab 1998 ein Performanceindex für österreichische Staatspapiere mit einer Restlaufzeit von 15 oder mehr Jahren verwendet; - Dänemark, hier werden von 1925-1998 hypothekengesicherte Anleihen zugrunde gelegt; - Belgien, hier werden ab 1986 Indizes verwendet, deren Restlaufzeit wechselt. Unklar ist, ob es sich um Performance- oder Kursindizes handelt. Es wird in Erwägung gezogen, in Zukunft eine Masterarbeit zugrunde zu legen; - Finnland, hier werden von 1930 – 1999 Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von fünf Jahren zugrunde gelegt, danach zwei verschiedene Indizes für Wertpapiere mit einer Restlaufzeit von 10 oder mehr Jahren; - Frankreich, hier werden vor 1950 Effektivverzinsungen für Wertpapiere mit einer unendlichen Laufzeit zugrunde gelegt, danach Indizes. - Irland, hier werden bis 1978 die Daten für das UK verwendet; - Japan, hier werden vor 1957 Effektivverzinsungen verwendet; 39 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 - - Niederlande, hier ist die Restlaufzeit vor 1974 unklar, danach wird ein Index, wahrscheinlich ein Kursindex, für eine Restlaufzeit von 7 Jahren, ab 1999 ein Performanceindex für eine Restlaufzeit von über 10 Jahren verwendet; Neuseeland, Norwegen, Portugal, Südafrika, Spanien und Schweden. IV.5.e Verbraucherpreisindizes Im Februar 1998 wurde in der Reihe der Diskussionspapiere der Bundesbank eine Arbeit von Hoffmann veröffentlicht, die sich mit den Problemen der Inflationsmessung in Deutschland beschäftigt. Sie baute auf der umfangreichen Diskussion auf, die zuvor in den USA und anderen Ländern stattgefunden hatte, vgl. hierzu Tabelle 2 in Hoffmann (1999). Diese Veröffentlichung hat ein so starkes Echo gefunden, dass die Deutsche Bundesbank dazu 1999 einen Workshop organisierte, dessen Ergebnisse von ihr im Mai 1999 in der Reihe der Diskussionspapiere veröffentlicht wurden. Die zentrale Schlussfolgerung von Hoffmann (1998) ist, „dass vermutlich der deutsche Preisindex für die Lebenshaltung die „wahre“ Inflationsrate [….] überzeichnet“.12 „Gleichzeitig wurde auf der Tagung deutlich, dass die Schätzunsicherheiten auf diesem Gebiet nach wie vor groß sind.“ Mögliche Fehlerquellen sind nach Hoffmann insbesondere: - das Produkte-Substitutions-Problem - das Qualitätsänderungs-Problem - das Neue Produkte-Problem - das Verkaufsstellen-Substitutions-Problem (zu diesem zählt wahrscheinlich auch der „Schlussverkaufseffekt“). Hoffmann schätzt, dass die Verzerrung unter „normalen“ Umständen etwa ¾ Prozentpunkte pro Jahr beträgt (Zusammenfassung der Tagung, S. 2). Für andere Länder wird der Grad der Verzerrung sogar noch höher eingeschätzt, Schätzungen für die USA betragen circa 1% pro Jahr (vgl. Tabelle 2 in Hoffmann 1999). Für viele Zwecke werden die veröffentlichten Inflationsdaten weiterhin verwendet, vor allem wahrscheinlich deshalb, weil es keine unstrittige Alternative dazu gibt. In Anbetracht der hohen Verzerrung erscheint eine Verwendung der verfügbaren Inflationsdaten im Rahmen der Schätzung der Marktrisikoprämie allerdings höchst problematisch zu sein, für alle Länder, nicht nur für Deutschland. Meine Empfehlung ist, historische Inflationsraten nicht zu verwenden. IV.5.f Fazit zu den für eine Schätzung der Marktrisikoprämie verfügbaren Daten. Unzweifelhaft haben Dimson/Marsh/Staunton eine große Leistung erbracht, auch aus wissenschaftlicher Sicht. Es ist insbesondere sehr verdienstvoll, dass die Daten nun schon bereits seit über 10 Jahren Jahr für Jahr verbessert werden. In welche Richtung sich die Schätzung für die Welt-Risikoprämie „1900 bis heute“ mit der immer besser werdenden Datengrundlage entwickeln wird, ist allerdings schwer abzuschätzen. Ich vermute, dass sie sich durch die Verbesserungen bei den historischen Aktiendaten langfristig eventuell leicht nach oben entwickeln wird. Die für die Telekommunikationsregulierung verantwortliche Abteilung der BNetzA verwendet für die Schätzung der Risikoprämie zurzeit aufgrund der Empfehlung von Stehle 12 Dieses und das folgende Zitate stammen aus der Zusammenfassung der Tagung durch Herrmann (1999). 40 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 (2010) nur qualitativ hochwertige Daten. Langfristig können sicher zu den Daten für die USA, Deutschland und das UK Daten für weitere Länder hinzugefügt werden, im Augenblick könnte schon Australien ab 1958 hinzugefügt werden. Langfristig kann durchaus auch die Gewichtung verbessert und können gleichlange Betrachtungszeiträume für alle einbezogenen Länder zugrunde gelegt werden. In Anbetracht der relativ geringen Unterschiede zwischen den Risikoprämien der vier verwendeten Reihen halte ich eine solche Verbesserung allerdings nicht für das Problem mit der höchsten Dringlichkeit. In meinem Gutachten von 2010 wurden folgende vier Risikoprämien jeweils als „Mittel der Mittel“ berechnet und dann gleich gewichtet: USA 1871-2009: 4,64 %, USA 1926-2009: 5,19 %, UK 1900-2009: 4,75 %, Deutschland 1955-2009 4,35 %, Gesamtdurchschnitt 4,73 %. Durch diese Vorgehensweise werden weiter zurückliegende Zeiträume, die eventuell für die Zukunft eine geringere Bedeutung haben, geringer gewichtet. Von den insgesamt 428 einbezogenen Jahren fallen nur 55 vor das Jahr 1926. Die USA, das Land mit dem größten Kapitalmarkt und der höchsten Datenqualität, werden am stärksten gewichtet. Beide Weltkriege sowie die „Greatest Depression“ (in den USA 1929 bis Ende der 30er Jahre) und auch die „Long Depression“ (USA 1873 bis 1879) werden einbezogen. Die entsprechenden Werte für die Regulierungsgutachten im Telekommunikationsbereich im Jahr 2015 lauten: USA 1871-2014: 4,7 %, USA 1926-2014: 5,2 %, UK 1900-2014: 4,5 %, Deutschland 1955–2014: 4,5 %, Gesamtdurchschnitt ebenfalls 4,73 %. Bei dieser Vorgehensweise blieb der Schätzwert für die Marktrisikoprämie zwischen 2010 und 2015 also konstant. Bei einer Schätzung auf Basis des Weltportefeuilles von Dimson et al. verringerte sich die Risikoprämie von 4,9 % (2009) auf 4,5 % (2014) bei Verwendung des arithmetischen Mittels, von 3,7 % auf 3,2 % bei Verwendung des geometrischen Mittels. Ob die internationale Marktrisikoprämie auf Basis der Daten von Dimson et al. oder auf Basis der derzeitigen Vorgehensweise geschätzt wird, ist letzten Endes eine Ermessensfrage, bei deren Beantwortung die Datenqualität, die Breite des Portefeuilles, die Gewichtung, die historischen Zeiträume und die Transparenz der Vorgehensweise eine wichtige Rolle spielen sollten. Ich empfehle für den TK-Bereich auch weiterhin die derzeitige Vorgehensweise. Besonders problematisch wäre allerdings eine Verwendung der Risikoprämie von Dimson et al. für Deutschland, allein oder zusammen mit der Weltrisikoprämie. Dimson et al. beziehen in ihre Schätzung die Jahre 1922 und 1923 nicht ein (vgl. Dimson et al. (2015), S. 105). In diesen beiden Jahren, zusammengenommen, dürfte die Rendite von Reichsanleihen fast -100 % betragen haben. Ihre Einbeziehung würde die Dimson et al.Schätzung für die Rendite von Anleihen um mehrere Prozentpunkte verringern und die deutsche Risikoprämie in gleichem Maße erhöhen. 41 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 V Die Schätzung der Marktrisikoprämie mit dem Wright-Ansatz vs. die traditionelle Schätzung auf Basis historischer Daten für Aktien und Anleihen Die Marktrisikoprämie konnte sich als Folge der wissenschaftlichen Akzeptanz des CAPMs bald nach dessen Publikation 1964 bzw. 1965 als ökonomisches Maß für den langfristigen Renditevorteil von Aktien gegenüber festverzinslichen Anleihen etablieren, vgl. Stehle (2010, Anhang B). Von beiden in diesem Abschnitt diskutierten Schätzverfahren für die zukünftige Marktrisikoprämie existieren mehrere Varianten, die im Folgenden kurz erwähnt werden, um die nachfolgenden Erörterungen zu erleichtern. Beide verwenden historische Daten. V.1 Die Schätzung auf Basis historischer Daten für Aktien und Anleihen Die aus meiner Sicht am meisten genutzte Vorgehensweise bei der Schätzung der Marktrisikoprämie auf Basis von historischen Daten basiert sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen auf jährlichen nominalen Renditen. Bei der Ermittlung auf Basis des arithmetischen Mittels (MRP arithm.) wird für jedes in die Schätzung einbezogene Jahr die nominale Überrendite von Aktien berechnet, d. h. die Differenz aus der nominalen Aktienrendite und der nominalen Anleiherendite. Schließlich wird das arithmetische Mittel der Überrenditen gebildet. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass der Erwartungswert der nominalen Überrendite im Zeitablauf konstant ist. Deren historischer Mittelwert ist deshalb der beste Schätzwert für den zukünftigen Erwartungswert.13 Auf entsprechende Weise wird die Marktrisikoprämie auf Basis des geometrischen Mittels berechnet. Beide Vorgehensweisen werden z. B. von Damodaran (2015, ebenso 2016) verwendet, er bezeichnet sie als Historical premium approach. In (2015), auf den S. 2441, wird die Historical premium approach ausführlich beschrieben und erörtert und in seinem Anhang I durch ein umfassendes Beispiel (USA, 1928-2014) illustriert. Eine Replikation dieses Beispiels ist Teil von Anhang E. Beide Vorgehensweisen werden auch in Stehle (2004) und Stehle (2010) verwendet und liegen damit der Marktrisikoprämienberechnung im BNetzA-Bereich Telekommunikation zugrunde. Anstelle von Anleiherenditen werden oft auch die Effektivverzinsungen von Anleihen benutzt, z.B. von Brailsford et al. (2008,2012), vgl. z. B. die Tabellen 1 in beiden Veröffentlichungen. Dimson/Marsh/Staunton berechnen die Risikoprämie auf Basis der jährlichen Quotienten (1+Rm)/(1+Rf). Sie bilden also entweder das arithmetische Mittel oder das geometrische Mittel der historischen Zeitreihe der jährlichen Quotienten. Im Vergleich zu den anderen Festlegungen, die im Rahmen der Schätzung zu treffen sind, dürften die Unterschiede zwischen diesen Vorgehensweisen in den meisten Fällen sehr gering sein. Als Folge werden sie nur selten angesprochen. Die etwas leichtere Verfügbarkeit von Effektivverzinsungen ist wahrscheinlich der wichtigste Grund für deren 13 Meist erfolgt die Berechnung von MRP arithm. in der Weise, dass zuerst das arithmetische Mittel der jährlichen Aktienrenditen berechnet, dann das arithmetische Mittel der Renditen der Anleihen (bonds), jeweils für die einbezogenen Jahre. Schließlich wird die Differenz beider Mittel gebildet. Diese Berechnungsweise führt zum gleichen Ergebnis wie die oben beschriebene, ihr Vorteil ist, dass sie die beiden Zwischenprodukte liefert. 42 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Verwendung. Dimson et. al. verwenden bevorzugt Anleiherenditen. Nur wenn diese nicht verfügbar sind, weichen sie auf Effektivverzinsungen aus. Wichtige Vorteile dieser Vorgehensweise sind: - Die Annahme der Stabilität der Risikoprämie im Zeitablauf wurde bzw. wird von den meisten Wissenschaftlern als sinnvoll erachtet. - Es werden nur Daten benötigt, die am Markt beobachtbar sind, Aktien- und Anleiherenditen, also keine Daten, die zu schätzen sind, insbesondere keine Inflationsraten. V.2 Der Wright-Ansatz und seine Begründung Die im Folgenden als Wright-Ansatz zur Schätzung der Marktrisikoprämie, kurz WrightAnsatz, bezeichnete Vorgehensweise geht zurück auf ein Gutachten mit Datum 13.02.2003, das im Auftrag mehrerer britischer Regulierungsbehörden durch Smithers & Co. Ltd erstellt wurde, deshalb wird gelegentlich auch vom Smithers-Ansatz gesprochen. Als Autoren des 144 Seiten umfassenden Dokuments werden Wright, Mason und Miles genannt, die alle drei mit britischen Universitäten affiliert sind. Das Gutachten nimmt zu fast allen Einzelfragen der WACC-Schätzung ausführlich Stellung und wird als Folge in vielen Regulierungsfestlegungen, hierfür erstellten Gutachten und allgemeinen wissenschaftlichen Arbeiten zur WACC-Festlegung im Rahmen der Entgeltregulierung erwähnt und/oder zitiert. Jenkinson (2006, S. 6) nennt als Grund für den Gutachtenauftrag, dass die Regulierungsbehörden nach möglichen Alternativen zum CAPM suchten. Dem Wright-Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass der Erwartungswert der realen Rendite des Marktportefeuilles aller Aktien im Zeitablauf konstant ist. Dieser wird in einem ersten Schritt durch den historischen Durchschnittswert geschätzt. Der aktuelle Schätzwert für die Marktrisikoprämie ergibt sich aus der Differenz zwischen dem historischen Durchschnittswert der realen Rendite von Aktien und dem verwendeten risikolosen Realzinssatz. Bei dieser Vorgehensweise variiert die Risikoprämie also im Zeitablauf. Fällt der risikolose Zinssatz z.B. um 1 %, dann steigt der Schätzwert für die Marktrisikoprämie um 1 %. Oft wird deshalb von einer (vollkommen) inversen Beziehung zwischen der Marktrisikoprämie und dem risikolosen Zins gesprochen. Beispiel: Wird im Zeitpunkt X der Erwartungswert der zukünftigen realen Aktienrendite auf Basis von historischen Daten auf 6,5 % geschätzt und der reale risikolose Zins aktuell auf 2 % geschätzt, dann ergibt sich als Wright-Schätzwert für die Marktrisikoprämie 4,5 %. Ist im späteren Zeitpunkt X+1 als Folge eines Börsencrashs der Erwartungswert der zukünftigen realen Aktienrendite, wiederum geschätzt mit historischen Daten, 6,3 % und der reale risikolose Zins aktuell nur noch 1 %, dann ergibt sich als WrightSchätzwert für die Marktrisikoprämie 5,3 %. Zur Wright-Schätzung der Risikoprämie werden historische Zeitreihen für die nominale Aktienrendite, die zugehörigen Inflationsraten und ein Schätzwert für den zukünftigen risikolosen Zinssatz benötigt. Die historischen Renditen von Anleihen spielen höchstens für die Schätzung des zukünftigen risikolosen Zinssatzes eine Rolle. Wright et al. begründeten ihren Ansatz ursprünglich (2003) damit, dass die von Siegel (1994) beobachtete empirische Stabilität der realen Renditen von US-amerikanischen Aktien seit 1802 insbesondere Regulierungsbehörden die Anwendung des CAPMs erleichtert. Dies deshalb, weil das Beta dieser Unternehmen oft nahe bei eins liegt. 43 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 In den Worten von Wright et al. (2003, S.4): “It is standard usage to follow the CAPM by building up the cost of equity capital from its two common elements: the risk-free rate and the expected excess return on the market (or equity premium). We argue however that this approach is not necessarily the most efficient way to proceed. In the CAPM, the expected return on a firm’s equity can be re-expressed equivalently as a weighted average of the risk-free rate and the expected market return, where the closer is a given firm’s β to unity (i.e., the closer it is to being “average”) the lower the implied weight on the safe rate. Es ist bei Verwendung des CAPMs üblich, die Eigenkapitalkostenschätzung auf zwei Elementen aufzubauen, dem risikolosen Zinssatz und der Marktrisikoprämie. Wir argumentieren allerdings, dass diese Vorgehensweise nicht notwendigerweise die effizienteste ist. Im CAPM kann die erwartete Rendite des Eigenkapitals einer Unternehmung als gewichteter Durchschnitt des risikolosen Zinssatzes und der erwarteten Rendite des Marktportefeuilles aller Aktien interpretiert werden. Je näher das Beta bei eins (also beim Durchschnitt) liegt, desto geringer ist das Gewicht des risikolosen Zinses. Regulated industries are unlikely to be “precisely” average, with a beta of unity; but nonetheless the dominant element in their cost of capital will always be the expected market return, with a distinctly smaller role for the risk-free rate. This will also generally be the case in alternative, more complicated asset pricing models. Es ist unwahrscheinlich, dass regulierte Wirtschaftsbranchen „genau“ dem Durchschnitt entsprechen und ein Beta von eins besitzen. Nichtsdestoweniger wird das dominierende Element in ihrer Kapitalkostenschätzung immer die erwartete Rendite des Marktportefeuilles sein, der risikolose Zins wird eine geringere Rolle spielen. Dies wird auch in alternativen, komplexeren CAPMs der Fall sein. The relatively greater importance of the market return is fortunate for the regulators, since we argue that there is considerably more uncertainty about the true historic risk-free rate, and hence the equity premium, than there is about the market return itself. The historic size of the equity premium is still the subject of considerable puzzlement and controversy amon[g]st academics; but this is largely due to the historic behaviour of the risk-free rate (proxied by the short-term interest rate.) In contrast, we summarise a range of evidence that the equity return has, over reasonably long samples, been fairly stable both over time, and across different markets.” Die relativ größere Bedeutung der Rendite des Marktportefeuilles ist ein glücklicher Zufall für die Regulierungsbehörden, da wir argumentieren, dass im Hinblick auf die Höhe der wahren historischen Rendite von Anleihen und damit der Risikoprämie von Aktien eine beträchtlich höhere Unsicherheit besteht als über die historische Rendite von Aktien. Die historische Höhe der Marktrisikoprämie ist heute noch immer Gegenstand von akademischen Diskussionen, aber dies betrifft in erster Linie die Höhe des risikolosen Zinses. Im Gegensatz zu der üblichen Vorgehensweise fassen wir ein breites Spektrum von Erkenntnissen zusammen, dass die Rendite von Aktien bei sehr langen Betrachtungszeiträumen ziemlich stabil im Zeitablauf und in unterschiedlichen Märkten war. 44 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Die Frage, ob die Risikoprämie oder die reale Rendite von Aktien im Zeitablauf konstant bzw. stabiler ist, könnte sicherlich auf theoretische Weise diskutiert werden. Die dazu benötigten Modelle sind jedoch wahrscheinlich sehr komplex und ihre Schlussfolgerungen von den jeweiligen Annahmen abhängig. Ich kenne keinen theoretischen Vergleich der beiden Annahmen. Aus der Sicht von Wright et al. und auch meiner Sicht handelt es sich um eine Frage, die nur durch einen empirischen Vergleich der beiden Annahmen beantwortet werden kann. V.3 Die empirische Untermauerung durch die Siegel-Grafik In der Siegel-Grafik (vgl. Siegel (1994)) und ihrem Update von Wright et al. (2003, S. 32) werden die 30-Jahres-Renditen des Marktportefeuilles aller Aktien und eines vergleichbaren Portefeuilles festverzinslicher Wertpapiere einander gegenübergestellt. Die 30-Jahres-Renditen werden aus den Renditen der einzelnen Jahre durch das geometrische Mittel berechnet. Die 30-Jahres-Renditen können als Schätzwerte für die erwartete Rendite in den jeweiligen 30 Jahren interpretiert werden. Die Differenz der 30-JahresRenditen für Aktien und Anleihen kann als Schätzwert für die Risikoprämie in den 30 Jahren interpretiert werden. Ich präsentiere für die USA, das UK und Deutschland jeweils zwei Grafiken. Die jeweils obere entspricht der Grafik von Siegel bzw. Wright et al. Aus ihr kann prinzipiell auch die empirische Stabilität der Risikoprämie „abgelesen“ werden, die jeweilige zweite Grafik gibt diesbezüglich aber ein klareres Bild. V.3.a USA Die gestrichelte Linie enthält die realen 30-Jahres-Renditen des S&P500 Index, der als Folge der Größe der 500 einbezogenen Aktien ein sehr gutes Bild der Rendite des gesamten Marktportefeuilles U.S.-amerikanischer Aktien darstellt. Auf der x-Achse sind die Anfangszeitpunkte der 30-Jahres-Zeiträume eingetragen. Ich beschränke mich auf die Jahre ab 1871, Siegel (1994) und Wright et al. (2003) beginnen ihre Grafik mit 1802. Die Daten für die Jahre 1802 bis 1870 haben Qualitätsmängel, ihre Einbeziehung führt zu keinen zusätzlichen Erkenntnissen. Für die einbezogenen Jahre ist meine Grafik weitgehend identisch mit den Grafiken von Siegel und Wright et al., diese vermerken auf der x-Achse allerdings den Endzeitpunkt der 30-jährigen Anlagedauer. Mit meiner Kennzeichnung der Achsen möchte ich verdeutlichen, dass die letzte historische 30-Jahres-Rendite 1986 begann. Die historische maximale reale Aktienrendite, gemessen durch das geometrische Mittel der jährlichen realen Renditen, beträgt 10,58 %. Sie wurde in den 30 Jahren von 1932 bis 1961 erreicht. Die historisch minimale 30-Jahres-Aktienrendite ist 3,11 %. Damit beträgt die Streubreite bei den realen Aktienrenditen 7,47 %. Statistisch wird die Streubreite meist mit der Standardabweichung gemessen, diese beträgt für die 30-JahresRenditen 1,75 %. Das geometrische Mittel der realen Anleiherenditen beträgt im Gesamtzeitraum 2,88 %, in den 30-Jahres-Zeiträumen variiert es stärker als meist erwartet, zwischen –2 % und nahezu 8 %. Abbildung 1 gibt den klaren visuellen Eindruck, dass in den USA in den betrachteten Jahren die als Differenz der beiden Zeitreihen ermittelten realen Marktrisikoprämien im Zeitablauf stärker variieren als die realen Aktienrenditen. Abbildung 2 zeigt dies noch deutlicher: Die minimale 30-Jahres-Marktrisikoprämie beträgt -0,05 % (1982-2011), die maximale 11,02 %. Damit ist die Spannweite über 11 % und somit beträchtlich höher als 45 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 die der Aktienrenditen. Die Standardabweichung der 30-Jahres-Marktrisikoprämien beträgt 2,69 % und ist damit ebenfalls beträchtlich höher als die der realen Aktienrenditen (1,75 %). Für die USA komme ich also zum gleichen Ergebnis wie Siegel und Wright et al. Koller et al. (2015, S. 276) schätzen die erwartete Rendite des Marktportefeuilles aller US-amerikanischen Aktien auf Basis von historischen Unternehmensdaten. Es handelt sich um eine Variante der Modelle, die ich in Abschnitt VI.1 erörtere. Ihr Ergebnis ist, dass die erwartete reale Rendite von Aktien zwischen 1962 und 2013 auf bemerkenswerte Weise relativ konstant war. In ihren Worten (S.277): „After inflation is stripped out, the expected market return (not excess return) is remarkably constant, averaging 7 percent. For the United Kongdom, the real market return […] averages 6 percent”. Dies stützt die Annahme einer konstanten realen Rendite von Aktien in beiden Ländern. Für Investitionsentscheidungen empfehlen Koller et al. (S. 274), von einer (konstanten) auf Basis von historischen Daten geschätzten Marktrisikoprämie auszugehen: „the U.S market risk premium, as measured by excess returns, is in the range of 4.7 percent to 5.4 percent, which we round to 5 percent”. Diese Zahlen wurden wie folgt berechnet (S. 273 f.): 5,4 % ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel (USA, 1900-2014, bonds, 6,2 %) und einem Abschlag wegen des „survivorship premiums“ in Höhe von 0,8 %. 4,7 % ergibt sich aus dem Mittelwert für 10-jährige Anlagen (ein großer Schritt in Richtung geometrisches Mittel, 5,5 %) und dem gleichen Abschlag. Die Weiterverwendung der Annahme durch Koller et al., dass die Marktrisikoprämie konstant ist, spricht gegen den Wright-Ansatz. 46 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Abbildung 1: Reale 30-Jahres-Renditen in den USA 1871 - 2015 Geometrische Mittelwerte der realen jährl. Renditen einer Anlage in U.S.- amerikanischen Aktien (S&P500) und in U.S. Treasury bonds bei einer Anlagedauer von 30 Jahren 12,00% Mittelwerte und Standardabweichungen für jeweils alle 145 realen Renditen 10,00% geometrischer MW arithmetischer MW Standardabweichung Aktien T-Bonds Infl.-rate 6,76 % 2,88 % 2,06 % 8,38 % 3,34 % 2,22 % 18,24 % 9,94 % 5,95 % 8,00% 6,00% 4,00% 2,00% 0,00% Aktien real Anleihen real 1871 1873 1875 1877 1879 1881 1883 1885 1887 1889 1891 1893 1895 1897 1899 1901 1903 1905 1907 1909 1911 1913 1915 1917 1919 1921 1923 1925 1927 1929 1931 1933 1935 1937 1939 1941 1943 1945 1947 1949 1951 1953 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 -2,00% Zeitpunkt des Beginns der 30-jährigen Kapitalanlage Graphik: Stehle, aufbauend auf Siegel (1994, 2008, S. 17) und Wright/Mason/Miles (2003, S. 32). Datenquelle: Webseite von Robert Shiller, Datenvergleich mit Siegel Abbildung 2: Reale 30-Jahres-Aktienrenditen (S&P 500) und 30-Jahres-Marktrisikoprämien in den USA, 1871 – 2015 12,00% 10,00% 8,00% 6,00% 4,00% 2,00% Aktien real Aktien-Anleihen 1871 1873 1875 1877 1879 1881 1883 1885 1887 1889 1891 1893 1895 1897 1899 1901 1903 1905 1907 1909 1911 1913 1915 1917 1919 1921 1923 1925 1927 1929 1931 1933 1935 1937 1939 1941 1943 1945 1947 1949 1951 1953 1955 1957 1959 1961 1963 1965 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 0,00% Zeitpunkt des Beginns der 30-jährigen Kapitalanlage 47 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 V.3.b Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) Abbildung 3 wiederholt die Analyse von Abbildung 1, also der Siegel-Grafik, für das UK. Hier werden die 115 jährlichen Renditen von 1900 bis 2014 untersucht. Über den Gesamtzeitraum beträgt das geometrische Mittel der realen Renditen von Aktien 5,27 %, das der realen Renditen von Anleihen nur 1,56 % und folglich die Risikoprämie 3,71 %. Alle drei Werte sind geringer als in den USA. In beiden Ländern war die reale Aktienrendite für 30-Jahres-Zeiträume, die im vorletzten Jahrhundert oder am Anfang des letzten Jahrhunderts begannen, geringer als die für 30Jahres-Zeiträume, die erst danach begannen. Eine mögliche Erklärung hierfür ist die durch die geringere Qualität der historischen Daten verursachte Verzerrung der Renditeschätzwerte nach unten. In Abbildung 3 wird die hohe durchschnittliche Inflationsrate im UK ausgewiesen, das geometrische Mittel über den Gesamtzeitraum beträgt 3,92 %, die Standardabweichung der Einzelwerte beträgt 6,47 %. Insbesondere das Mittel ist wesentlich höher als in den USA (2,06 %), es ist fast doppelt so hoch. Die historische maximale reale Aktienrendite über 30 Jahre, gemessen durch das geometrische Mittel der jährlichen realen Renditen, beträgt 10,85 %. Sie wurde in den 30 Jahren von 1978 bis 2007 erreicht. Die historisch minimale 30-Jahres-Aktienrendite ist 2,46 % (1911-1940). Damit beträgt die Spannbreite bei den realen Aktienrenditen 8,39 %. Die Standardabweichung für die 30-Jahres-Renditen ist 1,75 %. Beide Werte sind ähnlich wie in den USA. Das geometrische Mittel der realen Anleiherenditen beträgt im Gesamtzeitraum nur 1,56 %, in den 30-Jahres-Zeiträumen variiert es stärker als erwartet, zwischen -4 % (1947-1976) und 6,3 % (1982-2011). Abbildung 3 gibt ebenfalls den klaren visuellen Eindruck, dass in den USA, in den betrachteten Jahren, die als Differenz der beiden Zeitreihen ermittelten realen Marktrisikoprämien für Zeiträume von 30 Jahren im Zeitablauf stärker variieren als die Vergleichswerte für die reale Aktienrendite. Abbildung 4 zeigt dies ebenfalls noch deutlicher: Die minimale 30-Jahres-Marktrisikoprämie beträgt 0,17 % (1920-1949), die maximale 9,70 % (1943-1972). Damit ist die Spannweite über 9,50 % und somit höher als bei Aktienrenditen (8,39 %). Die Standardabweichung der 30-Jahres-Marktrisikoprämien beträgt 2,78 % und ist damit beträchtlich höher als die der realen Aktienrenditen (1,75 %). Für das UK kommen wir also ebenfalls zum gleichen Ergebnis wie Wright et al.: Die reale Aktienrendite ist im Zeitablauf stabiler als die Marktrisikoprämie. 48 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Abbildung 3: Reale 30-Jahres-Renditen im UK 1900 - 2014 Geometrische Mittelwerte der realen jährl. Renditen einer Anlage in UK-Aktien und einer Anlage in Treasury bonds bei einer Anlagedauer von 30 Jahren 12,00% Mittelwerte und Standardabweichungen für jeweils alle 115 realen Renditen Aktien T-Bonds Inflationsrate 10,00% geometrischer MW arithmetischer MW 8,00% Standardabweichung 5,27 % 7,10 % 19,72 % 1,56 % 3,92 % 2,41 % 4,12 % 13,64% 6,47 % 6,00% 4,00% 2,00% 0,00% -2,00% Aktien real Anleihen real 1900 1902 1904 1906 1908 1910 1912 1914 1916 1918 1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938 1940 1942 1944 1946 1948 1950 1952 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 -4,00% Datenquelle: Dimson/Marsh/Staunton (2015), S. 186 ff. Abbildung 4: Reale 30-Jahres-Aktienrenditen und 30-Jahres-Marktrisikoprämien im UK, 1900 – 2014 (Datenquelle: Dimson/Marsh/Staunton (2015), S. 186 ff.) 12,00% 10,00% Aktienrendite real, geom. Mittel 1975-2004: 10,85% Risikoprämie real, geom. Mittel 1943 - 1972: 9,70% 8,00% 6,00% 4,00% 2,00% Aktien real Aktien-Anleihen 1900 1902 1904 1906 1908 1910 1912 1914 1916 1918 1920 1922 1924 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1938 1940 1942 1944 1946 1948 1950 1952 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 0,00% 49 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 V.3.c Deutschland Für Deutschland sind in Abbildung 5 zwei Zeitreihen für die reale Aktienrendite einbezogen, die realen Renditen auf Basis des DAX und die realen Renditen auf Basis der Renditezeitreihe „Frankfurt Top Segment“ (FTS). Letztere gibt ein Bild der Rendite aller im jeweiligen obersten Segment der Frankfurter Börse jeweils notierten Aktien, vgl. Stehle/Schmidt (2015). Für den DAX beginnt meine grafische Analyse 1954, für die FTSZeitreihe 1955. Über den Gesamtzeitraum ist das geometrische Mittel der FTSRenditezeitreihe etwas höher als das Mittel der DAX-Renditezeitreihe (7,01 % vs. 6,69 %). Hauptgründe hierfür sind, dass mittlere und kleine Aktien vor 1990 im Schnitt höhere Renditen hatten als die DAX-Werte, nach 1990 hatten die MDAX-Werte die im Schnitt höchsten Renditen. Die 30-Jahres-Renditen liegen fast immer nahe beieinander, die Reihe auf Basis des DAX variiert etwas stärker: In den guten, 30 Jahre umfassenden Zeiträumen ist sie tendenziell etwas höher, in den schlechten etwas niedriger. Die geometrischen Mittelwerte über 30 Jahre haben bei der FTS-Reihe eine Spannweite von 5,58 %, von 3,35 % (1961-1990) bis 8,93 % (1978-2007), die Standardabweichung der 30-Jahres-Renditen beträgt 1,43 %. Die Marktrisikoprämien auf Basis von 30 Beobachtungsjahren schwanken zwischen 0,27 % (1961-1990) und 4,94 % (1978-2007), wenn die FTS-Reihe zugrunde gelegt wird. Für den DAX war die Rendite von 1961-1990 sogar geringer als die des zugrunde liegenden Anleihenindex REXP, die Marktrisikoprämie somit negativ. Bei Zugrundelegung der FTS-Reihe beträgt die Standardabweichung der 30-Jahres-Risikoprämie 1,14 %. Beides, Spannbreite und Standardabweichung sind für die Marktrisikoprämie also merklich geringer als für die realen Aktienrenditen. In Deutschland beschreibt die Annahme einer im Zeitablauf konstanten Marktrisikoprämie die Realität somit besser als die Annahme einer im Zeitablauf konstanten realen Aktienrendite. Damit ist für Deutschland die wichtigste Begründung, die Wright et al. für ihr Schätzverfahren nennen, empirisch nicht nachzuweisen. 50 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Abbildung 5: Reale 30-Jahres-Renditen in Deutschland 1955 – 2015 Geometrische Mittelwerte der realen jährl. Renditen einer Anlage in deutsche Blue-Chips (DAX), in allen Aktien des obersten Segmentes der Frankfurter Börse (FTS) und in Bundesanleihen (REXP) bei einer Anlagedauer von 30 Jahren 10,00% Maximale reale DAX-Rendite über 30 Jahre (1971-2000): 8,9% p.a. 9,00% 8,00% 7,00% 6,00% 5,00% 4,00% 3,00% FTS real REXP real 2,00% Mittelwerte und Standardabweichungen für die jeweils 61 realen Renditen 1,00% geometrischer MW arithmetischer MW DAX FTS 6,69 % 7,01 % 9,81 % 9,65 % DAX real REXP Infl.-rate 3,76 % 2,56 % 3,86 % 2,57 % 0,00% 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 Abbildung 6: Reale 30-Jahres-Aktienrenditen (FTS) und risikoprämien in Deutschland, 1955-2015 1976 1978 1980 1982 1984 1986 30-Jahres-Markt- 10,00% 9,00% 8,00% 7,00% 6,00% Risikoprämie real 1978 – 2007: 4,94 % 5,00% 4,00% 3,00% 2,00% FTS-REXP FTS real 1,00% 0,00% 1954 1956 1958 1960 1962 1964 1966 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 51 1984 1986 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 V.3.d Australien Für Australien wurden in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit Entgeltfestlegungen mehrere „Siegel-Grafiken“ erstellt. Ich beziehe mich im Folgenden auf die von der Queensland Competition Authority im Rahmen der Final Decision „Cost of capital: market parameters“ im August 2014 erstellte und veröffentlichte Grafik (Figure 4, S. 87).14 Sie ist Teil einer ausführlichen Diskussion des Wright-Ansatzes, auf die ich später zurückkomme. Der Grafik liegen die australischen Daten von Brailsford et al. zugrunde, sie erstreckt sich auf die Jahre 1883 bis 2013. Für Anleihen werden Effektivverzinsungen zugrunde gelegt. Die Standardabweichung der realen Aktienrendite über 30 Jahre lange Zeiträume, gemessen mit dem geometrischen Mittel, beträgt 1,69 %. Die Standardabweichung für die Marktrisikoprämie beträgt 0,86 %, etwas mehr als die Hälfte. Die Regulierungsbehörde führt diesbezüglich aus: „Die empirische Evidenz zeigt auf, dass die Marktrisikoprämie beträchtlich stabiler ist als die Aktienrendite“. V.3.e Fazit Die von Wright et al. vorgebrachte, durch die Siegel-Grafik und meine Berechnungen unterlegte Begründung ihres Ansatzes trifft für die USA und das UK voll zu. 15 Die größten positiven Abweichungen vom Mittel der Gesamtperiode treten in den USA in den 30Jahres-Zeiträumen auf, die zwischen 1935 und 1955 beginnen. In diesen Jahren war die Inflation z. T. ungewöhnlich hoch, z. B. betrug diese 1941 und 1942 über 9 %, 1946 sogar 18 %, 1947 und 1973 9 %, 1974 12 %. Dies hat zweifellos dazu beigetragen, dass die realen Renditen von Bonds in den USA in diesen Zeiträumen oft negativ waren. Ähnliches gilt für das UK. Von 1900 bis 1913 war hier der Geldwert fast stabil, in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 betrug die Inflationsrate 9,5 %, 22,7 %, 22,2 %, 12,1 % und 18,9 %. 1939 betrug sie 11 %, 1940 13 %, 1951 12 %. Darüber, ob die Einbeziehung solcher Zeiträume sinnvoll ist, existieren unterschiedliche Meinungen (vgl. z.B. Welch (2014)). Die von Wright et al. vorgebrachte empirische Begründung ihres Ansatzes trifft für Deutschland und Australien nicht zu. Für die USA und das UK ist die Begründung zumindest diskussionsfähig. Aus diesen Gründen empfehle ich mit Nachdruck, den WrightAnsatz vorerst nicht zu verwenden. V.4 Die Verwendung des CAPMs durch ausgewählte nationale Regulierungsbehörden Marktrisikoprämien werden „weltweit“ von Regulierungsbehörden im Rahmen der Entgeltregulierung geschätzt, meist für eine Reihe von Regulierungsbereichen und/oder regulierten Unternehmen. Neben den nationalen Regulierungsbehörden existieren oft zusätzlich Regulierungsbehörden für Bundesländer bzw. Bundesstaaten. Die Schätzungen erfolgen in regelmäßigen Abständen und sind meist in den öffentlich mehr oder weniger leicht zugänglichen Regulierungsfestlegungen und den zugehörigen Unterlagen dokumentiert. 14 15 Ähnliche Grafiken wurden von Lally (2013) erstellt und auf ähnliche Weise interpretiert. Lally argumentiert, dass eigentlich die jeweiligen Erwartungswerte verglichen werden müssten. Dies ist natürlich ein schwer zu implementierender Vergleich. 52 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Als Folge der unterschiedlichen Interessen der an den Verfahren Beteiligten und der Vielzahl der dokumentierten Verfahren lassen sich für fast jede der umstrittenen Vorgehensweisen Festlegungen finden, die eine bestimmte Vorgehensweise anwenden. Ein Eingehen auf die Vielzahl der „weltweiten“ Einzelentscheidungen erscheint mir nicht sinnvoll, da sich das Ausmaß und die Qualität der Begründungen stark unterscheiden. Dazu kommt, dass Regulierungsbehörden, die noch keine oder nur eine geringe Erfahrung im Bereich der Anwendung des CAPMs haben, sich oft sehr stark auf europa- oder weltweit agierende Beratungsfirmen stützen. Ihre Einbeziehung verspricht deshalb keine neuen oder besonderen Erkenntnisse. Dazu kommt weiterhin, dass die Festlegungen meist in der Landessprache erfolgen und ihre exakte Nachvollziehung deshalb nicht immer leicht ist. Ich gehe im Folgenden und in den zugehörigen Anhängen A und B vertieft auf die Schätzungen britischer und australischer Regulierungsbehörden für Telekommunikations- sowie Strom- und Gasnetze ein, ebenso auf derartige Schätzungen für netzähnliche Infrastrukturen (z.B. Flughäfen). In diesen beiden Ländern und den genannten Bereichen erfolgen zum Teil seit mehr als 20 Jahren Festlegungen auf die heute übliche Weise. Sie sind in vielerlei Hinsicht Vorreiter für viele andere Länder. In beiden Ländern erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit den hier relevanten Problemen. Im UK und in Australien existieren jeweils weniger als zehn 10 Regulierungsbehörden, in den USA über 50.16 Dazu kommt, dass fallweise Entscheidungen durch Gerichte in den USA eine größere Rolle spielen als in Deutschland, Australien und dem UK. Es ist also schwieriger, allgemeingültige Aussagen darüber zu machen, wie häufig bestimmte Methoden verwendet werden. Die in den USA übliche Vorgehensweise kann ich deshalb nur skizzieren. Zu den wichtigsten britischen Regulierungsbehörden zählen neben dem für die Telekommunikationsnetze zuständigen Office of Communication (Ofcom) das für Strom- und Gasnetze zuständige Office of Gas and Electricity Markets (Ofgem), die für Flughäfen zuständige Civil Aviation Authority (CAA) und die für Wasser zuständige Water Services Regulation Authority (Ofwat). Die Competition Commission (CC) war bis 2014 direkt zuständig für einige Regulierungsbereiche und zugleich Revisionsinstanz für Ofwat und Ofgem, sie wurde durch die Competition & Capital Markets Authority (CMA) ersetzt. Zusätzlich zu den eigentlichen, manchmal im jährlichen Abstand erfolgenden Festlegungen dieser Behörden existieren oft von ihnen im mehrjährigen Abstand vorgelegte, noch ausführlichere Dokumente zur Vorgehensweise, z.B. „Ofcom’s approach to risk in the assessment of the cost of capital“, Final statement, 18. August 2005, und Ofgems „Decision on our methodology for assessing the equity market return for the purpose of setting RIIO-ED1 price controls”, Final Statement, 17. Februar 2014. Ähnliche Dokumente für Australien sind die bereits erwähnte Studie der lokalen Regulierungsbehörde Queensland Competition Authority QCA, „Cost of Capital: market parameters“, August 2014, das Dokument der lokalen Regulierungsbehörde Independent Pricing and Regulatory Tribunal von New South Wales IPART, „Review of WACC Methodology, Dezember 2013, das Dokument der nationalen Regulierungsbehörde Australian Energy Regulator (AER), „Rate of Return Guideline“, 20. Dezember 2013. Von der für die nationale Telekommunikationsregulierung zuständigen Australian Competition & Consumer 16 In meinen Ausführungen über die USA stütze ich mich stark auf das im Auftrag der ATCO Gas Australia erstellte NERA-Gutachten von Makholm (2013). 53 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Commission (ACCC) habe ich bisher noch keine grundlegende Studie zum WACC bzw. zu den Eigenkapitalkosten gefunden. Von dieser Behörde liegen mir aber zwei ausführlich begründete Entgeltfestlegungen aus dem Jahr 2015 vor. In die Schätzung der Eigenkapitalkosten gehen neben dem Schätzwert für die Marktrisikoprämie die Schätzwerte für den risikolosen Zins und das Beta ein. Im Rahmen meiner Erörterung der Verwendung des Wright-Ansatzes durch die nationalen Regulierungsbehörden im folgenden Abschnitt V.5 spielen die allgemeinen Vorgehensweisen dieser Behörden bei der Schätzung der Eigenkapitalkosten eine nicht unwesentliche Rolle. Diese werden in den folgenden vier Unterabschnitten behandelt. Dabei gehen wir insbesondere darauf ein: - Werden die nominalen oder die realen Eigenkapitalkosten geschätzt? - Wie wird der risikolose Zins geschätzt? - Werden dabei präzise Vorgaben eingehalten oder werden fallweise Ermessensentscheidungen durch die Behörde getroffen? V.4.a Deutschland Die BNetzA verwendet bei Entgeltfestlegungen in den Bereichen Strom und Gas seit 2008 eine CAPM-basierte WACC-Schätzung, in den Telekommunikationsbereichen Festnetz und Mobilfunk seit 2010. Auch ist geplant, in Zukunft bei der Regulierung des Schienennetzes von einer CAPM-basierten WACC-Schätzung auszugehen. Im Telekommunikationsbereich werden dabei die Eigenkapitalkosten nominal geschätzt, vor und nach Steuern. Ebenso der WACC, dieser wird erst im letzten Schritt real berechnet. Dabei wird der Durchschnittswert der Inflationsrate des Bruttoinlandsproduktes der vergangenen 10 Jahre zugrunde gelegt. Eingangsgrößen der nominalen Eigenkapitalkosten sind (vgl. hierzu Stehle (2010) und die Beschlüsse der Beschlusskammern): - Ein nominaler Zins: die Effektivverzinsung von Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 9–10 Jahren, wobei seit 2010 ein Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre verwendet wird. Die Restlaufzeit von 10 Jahren kann als durchschnittliche Laufzeit der zu finanzierenden Investitionen betrachtet werden. Sie steht im Einklang mit der durchschnittlichen Restlaufzeit des verwendeten REXP Index, der für die Schätzung der Marktrisikoprämie verwendet wird. - Eine nominale Risikoprämie von Aktien, wobei ein Mittel aus dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel verwendet wird. Die nominalen Mittelwerte werden aus nominalen Renditen berechnet. Ein nominales Beta. Eine rein nominale Vorgehensweise wird in den gängigen Finanzierungslehrbüchern für Investitionsentscheidungen bis heute empfohlen. In Deutschland ist diese Vorgehensweise wegen der niedrigen Inflationsraten in der Nachkriegszeit sinnvoll, da die reale Betrachtung eine Reihe weiterer Probleme mit sich bringen würde (vgl. Abschnitt IV.5.e). In den Bereichen Strom und Gas ist die nominale Berechnung des Zinses sogar gesetzlich geregelt: Er orientiert sich am „auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten“ (§ 7 (4) NEV Strom). Im Beschluss BK4-11-304 vom 31.10.2011 erfolgt diesbezüglich eine Erörterung auf den S. 4– 6. Der Durchschnittswert beträgt 3,80 %. 54 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Im Hinblick auf die Marktrisikoprämie orientiert sich der Beschluss BK4-11-304 an der Welt-Marktrisikoprämie von Dimson et al. 2011: geom. Mittel 3,80 %, arithm. Mittel 5,0 %, jeweils real = nominal. Unter Einbeziehung zusätzlicher Erwägungen legt die Behörde die Risikoprämie für die betrachteten Unternehmen, d. h. den Wagniszuschlag, auf 3,59 % fest. In beiden Bereichen spielen für die Entgeltfestlegung Gutachten von Wissenschaftlern oder Beratungsunternehmen eine wichtige Rolle. Diese sind angewiesen, Verfahren zu entwickeln, die letztendlich eine Punktschätzung des WACCs ermöglichen. Diese Punktschätzungen gehen in der Regel unverändert in die Entgeltfestlegungen ein. V.4.b UK Zur Schätzung der Kosten des Eigenkapitals wird von allen Behörden das CAPM verwendet, oft werden zusätzliche Informationen berücksichtigt. Ofcom schätzt einen nominalen WACC, die meisten anderen Behörden schätzen den WACC auf Basis von realen Renditen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo exakt definierte Zinssätze zugrunde gelegt und eine auf eine präzise Weise vorgegebene Durchschnittsbildung erfolgt, werden im UK seit mehreren Jahren historische, aktuelle und erwartete zukünftige Zinssätze für mehrere Restlaufzeiten betrachtet und in der Konsultationsphase mit den Beteiligten erörtert. Der letztendlich in die CAPM-Formel eingehende Wert wird auf Basis einer oft seitenlang begründeten Ermessensentscheidung der Behörde festgelegt (UKRN (2015), S. 7), üblicherweise als relativ runder Wert. Dabei werden in der Regel die Effektivverzinsungen von regulären und inflationsgeschützten (index-linked) Gilts mit Laufzeiten von fünf und zehn Jahren betrachtet. Normalerweise erfolgt implizit eine Durchschnittsbildung, die aber nicht präzise festgelegt ist. Seit mehreren Jahren wird ein realer risikoloser Zins geschätzt und zusammen mit einer Risikoprämie nach Dimson/Marsh/Staunton zugrunde gelegt (real = nominal). Von 2010 bis 2014 war der Höchstwert des real risikolosen Zinssatzes von Einzelentscheidungen 2,00% (dies in 6 von 20 Entscheidungen, die von UKRN (2015, S. 14) berichtet werden), der niedrigste Wert 0,5%. In diesem Zeitraum war der reale Stichtagszins oft negativ. Durch die Ermessensentscheidungen der Behörden wurden die Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Zinssätze also abgemildert. V.4.c Australien In Australien wird seit mehreren Jahren der aktuelle risikolose Zins am Tag der Festlegung (Current rate) zugrunde gelegt, exakt der Durchschnitt der letzten 20 Tage. Anders als in Deutschland wird also kein mehrjähriger Durchschnitt verwendet. Die Restlaufzeit der verwendeten Staatsanleihen ist im Telekommunikationsbereich 10 Jahre, in anderen Bereichen entspricht sie in mehreren Festlegungen, anders als in Deutschland, dem Regulierungszyklus, nicht der Laufzeit der Investitionen (vgl. z. B S.14, QCA (2014)) und ist damit kürzer, teilweise wesentlich kürzer. Beides, die Current rate und die geringe Restlaufzeit der zugrunde liegenden Wertpapiere, haben dazu beigetragen, dass der in die CAPM-Formel eingehende Zinssatz sich seit 2008 stark verringert hat. Es wird traditionell die australische Risikoprämie zugrunde gelegt, also keine internationale Risikoprämie. Diese ist zwar beträchtlich höher als die von Dimson/Marsh/Staunton geschätzte Welt-Risikoprämie, sie hat sich in den Jahren seit 2008 aber auch verringert. 55 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Möglicherweise als Folge der im Vergleich zum risikolosen Zinssatz relativ hohen Marktrisikoprämie wurde deren exakte Berechnung in den vergangenen Jahren intensiv diskutiert. Meist werden die nominalen Eigenkapitalkosten geschätzt und festgelegt. V.4.d USA Die Federal Communication Commission (FCC) hat am 30. März 2016 das Dokument FCC 16-33 „REPORT AND ORDER, ORDER AND ORDER ON RECONSIDERATION, AND FURTHER NOTICE OF PROPOSED RULEMAKING” veröffentlicht, das aus meiner Sicht die letzte Vorstufe für die Festlegung der WACCs für die circa 1200 Telekommunikationsgesellschaften ist, die der „Rate-of-Return“-Regulierung unterliegen. Diese dürfen eine vorgeschriebene Rendite auf bestimmte Telekommunikationsanlagen erzielen, die als „authorized rate of return“ bezeichnet wird. Die letzte vorherige Festlegung der Authorized return erfolgte 1990 (!), sie wurde damals von 12 % auf 11,25 % herabgesetzt. FCC (2016) baut auf dem „Staff Report“ aus dem Jahr 2013, FCC 13-1111 „Prescribing the Authorized Rate of Return”, auf. Der lange Zeitraum zwischen der letzten und der aktuellen festlegung der Authorized return kann als Abfederungsmaßnahme interpretiert werden. In der Festlegung von 1990 wurde zur Schätzung der Eigenkapitalkosten ausschließlich ein „Discounted Cash Flow Model“ (DCF) verwendet, vgl. FCC (2013, S.20). Im gerade vorgelegten Dokument FCC 16-33 werden die Eigenkapitalkosten sowohl mit dem CAPM als auch mit einem „Discounted Cash Flow Model“ geschätzt. Mithilfe beider Verfahren wird jeweils eine Bandbreite für die Eigenkapitalkosten festgelegt, die beiden Bandbreiten werden dann zum endgültigen „Reasonable-WACC“-Bereich verarbeitet, dieser liegt zwischen 7,12 % und 9,01 % (S. 122). Die Schätzung der CAPM basierten Marktrisikoprämie (Punktschätzung: 5,88 %) erfolgt in der von Damodaran seit mehreren Jahren verwendeten Vorgehensweise und auf der Grundlage von dessen Daten für die USA (vgl. FCC 16-33, S. 114 und insbesondere Anhang J, S. 236). Es handelt sich um das arithmetische Mittel auf Basis der historischen Renditen von Aktien und Anleihen mit der Restlaufzeit von 10 Jahren, die Vorgehensweise entspricht also weitgehend der Vorgehensweise im BNetzA-Bereich Telekommunikation. Mein Anhang E (=Abschnitt IX) enthält die von Damodaran verwendeten U.S.-Daten ab 1928 und die darauf aufbauenden Berechnungen. Die Punktschätzung der Marktrisikoprämie der FCC ist der in Spalte (MRP arithm.) und Zeile (2012) enthaltene Wert (5,88 %). Der Wright-Ansatz wird in den beiden FCC-Dokumenten nicht erwähnt. Im Hinblick auf die Schätzung der Eigenkapitalkosten von Strom- und Gasnetzbetreibern stütze ich mich auf das Dokument des NERA-Mitarbeiters Makholm (2013). Er führt im Rahmen der Darstellung der DCF-Methode aus, dass diese noch immer die meistverwendete Vorgehensweise ist. Die CAPM-Methode werde nie als alleinige Methode verwendet, führt er bei deren Erörterung aus. Er hält die vom CAPM erfasste Auswirkung der Verschuldung auf die Eigenkapitalkosten für einen wichtigen Vorteil des CAPMs, ist aber der Ansicht, dass dieses in der Finanzkrise versagt habe. Auf die Feinheiten der Schätzung der Marktrisikoprämie geht er nicht ein, insbesondere nicht auf den Wright-Ansatz. Die Public Utilities Commisson of the State of California legte mit ihrer Entscheidung 1212-034 vom 20.12.2012 die Kapitalkosten für die großen Versorgungsunternehmen (utilities) in ihrem Regulierungsbereich fest. Diese gelten bis 2017, PG&E hat am 01.09.2015 einen Neuantrag für die Jahre 2017-2019 gestellt. In dieser Entscheidung wird dem CAPM das Gewicht ¼ beigemessen, der „risk premium method“ ebenfalls ¼ und dem Di- 56 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 videndenwachstumsmodell ½. Zusätzlich zu den Modellen findet eine Reihe weiterer Überlegungen Eingang in die Entscheidung. Der Wright-Ansatz wird nicht verwendet. Die Basis für meine Erörterung der USA ist zweifellos gering. Da ich aber keine Spur des Wright-Ansatzes finden konnte, halte ich es im Augenblick nicht für sinnvoll, dass ich mich tiefergehend mit der unübersichtlichen U.S.-Regulierungslandschaft befasse. V.5 V.5.a Die Schätzung der CAPM Risikoprämie auf Basis von historischen Daten UK Der Wright-Ansatz wird aktuell von mehreren, vielleicht sogar allen britischen Regulierungsbehörden verwendet. In der britischen Regulierung der Festnetz- und Mobilfunkmärkte, für die das Office of Communications (Ofcom) zuständig ist, wurde der WrightAnsatz bis 2011 allerdings noch nicht benutzt, nicht einmal erwähnt. In ihrer MobilfunkFestlegung von 2011 schreibt Ofcom, dass ihre Vorgehensweise noch immer auf der Vorgehensweise von 2005 beruht. Als Marktrisikoprämie setzt die Behörde den Wert von Dimson/Marsh/Staunton für deren Welt-Portfolio an. Andere britische Regulierer verwendeten schon etwas früher den Wright-Ansatz. Ein wichtiger Wendepunkt diesbezüglich könnte das Bristol Water Revisionsverfahren gewesen sein. In ihrer Entscheidung vom 4.August 2010 legt die Competition Commission den Wright-Ansatz zugrunde (Report, Anhang N, S.22), die zuvor entscheidende Behörde, Ofwat, drückt sich diesbezüglich nicht klar aus. Die betroffene Unternehmung Bristol Water verweist im Revisionsverfahren darauf, dass es bisher allgemeine Übung war, die Marktrisikoprämie durch ihren historischen Mittelwert zu schätzen und verweist dabei (Fußnote 44) auf Brealey/Myers. Die Revisionsinstanz Competition Commission begründet ihre Vorgehensweise mit der empirischen Stabilität bzw. Instabilität und zusätzlich damit, dass die zur aktuellen Schätzung des risikolosen Zinssatzes verwendeten indexgebundenen Staatsanleihen (gilts) erst seit einigen Jahren existieren und deshalb nicht zur Verwendung der historischen Risikoprämie herangezogen werden könnten (Punkt 93). 17 In den neuesten Ofcom Festlegungen von 2015 wird der Wright-Ansatz zur Schätzung der Marktrisikoprämie nun auch zugrunde gelegt. Der Wechsel in der Vorgehensweise wird aber nur kurz begründet, vgl. hierzu Anhang B. Die britischen Regulierungsbehörden beachten ihre Festlegungen allerdings untereinander stark, es handelt sich keineswegs um Meinungen, die voneinander unabhängig sind. Es ist deshalb sinnvoll, die relativ unabhängig von den britischen Behörden handelnden australischen Behörden in unsere Untersuchung einzubeziehen. V.5.b Australien In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben Beratungsunternehmen in Australien (insbesondere SFG Consulting und Frontiers Economics [Australia])18 empfohlen, dass 17 “Index linked gilts have not been available for the full 110-year period and it is usual to use the return on Treasury Bills as a proxy for the RFR. However, it is doubtful that Treasury Bills have been free of inflation risk (for example, rates were negative from 1970 to 1979 when inflation was high).” 18 Vgl. u. a. SFG Consulting, 13.Febr. 2015) RN 138 und Frontier Economics [Australia], Januar 2016. Beide Gutachten sind unter fast identischer Autorenschaft entstanden. Die Autoren von SFG (2015) sind S.Gray und 57 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 neben der historisch geschätzten Marktrisikoprämie die nach Wright geschätzte Marktrisikoprämie von den dortigen Regulierungsbehörden bei Entgeltfestlegungen beachtet werden sollte. Mehrere Regulierungsbehörden haben dazu Gutachten von Wissenschaftlern eingeholt, die zu den Gutachten, die von Beratungsunternehmen im Auftrag von betroffenen Unternehmen eingereicht wurden, Stellung nehmen. Die Gutachten im Auftrag der betroffenen Unternehmen plädieren für eine Verwendung des Wright-Ansatzes, zumindest als Ergänzung zu der Schätzung durch den historischen Mittelwert. In ihren neuesten Festlegungen kommt die Mehrzahl der australischen Regulierungsbehörden zum Ergebnis, dass der Wright-Ansatz nicht oder nur in unwesentlicher Weise zur Ergänzung der bisherigen Schätzung der Marktrisikoprämie durch den historischen Mittelwert verwendet werden und diese auf keinen Fall ersetzen soll, so z.B. (vgl. Anhang A): - die Competition & Consumer Commission (ACCC) in ihren Festnetz- und Mobilfunk-Entgeltfestlegungen von 2015, - der Australian Energy Regulator (AER) in seiner „Jemena Gas Networks“- Entgeltfestlegung von 2015. Gegen diese Festlegung der AER wurde von mehreren betroffenen Unternehmen die Berufungsinstanz Australian Competition Tribunal angerufen, allerdings ohne Erfolg. Im Gegensatz zur BNetzA-Vorgehensweise, dass der zehnjährige Durchschnitt von (ca.) zehnjährigen Bundesanleihen als risikoloser (Nominal-)Zins zugrunde gelegt wird, wird von den führenden australischen Regulierungsbehörden seit (zumindest) mehreren Jahren die aktuelle Höhe der (nominalen) Effektivverzinsung von Commonwealth bonds mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren zugrunde gelegt (genau: ein Durchschnitt von 20 Tagen). Da die als historischer Durchschnitt geschätzte Marktrisikoprämie seit mehreren Jahren fast unverändert ist, haben die australischen Zinssenkungen seit 2013 dazu geführt, dass die australischen Eigenkapitalkosten sich fast parallel zu den Zinssenkungen verringert haben, vgl. Abbildung 2 in Fontier Economics [Australia], Januar 2016. Dass die Wright-Hypothese langfristig (also in den vergangenen 50–100 Jahren) für Australien nicht zutrifft, wird von Frontier Economics implizit akzeptiert. Es ist zurzeit nur noch strittig, ob die Wright-Hypothese für die Zeit seit 2013 die Realität gut trifft und zur Ergänzung des Schätzwertes der Risikoprämie auf Basis historischer Daten herangezogen werden sollte In Frontier Economics Worten (ibid., S. 37): „In our view, the most important problem is that the AER has asked the wrong question here. The AER has effectively disregarded the Wright evidence because it considers that the long-run historical evidence of a negative relationship between the risk-free rate and MRP is not sufficiently compelling. However, the proper question is whether there is such a negative relationship in the prevailing market conditions.“ “The AER’s approach is to estimate the risk-free rate using the contemporaneous yield on 10-year government bonds and to add a risk premium to that base. In the recent market conditions, some independent experts have increased their estimate of the MRP and others have used an estimate of the risk-free rate that sits above the contemporaneous yield on 10-year government bonds. The end result is the same – the premium above the contemporaneous bond yield is higher.” J. Hall, bei Frontier (2016) ist nur der aktuelle Frontier-Chairman Gray Autor. J. Hall ist aktuell Direktor bei Frontiers. 58 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Frontier Economics Australia wäre in den aktuellen Verfahren also wahrscheinlich voll damit zufrieden, dass an Stelle der bisher zugrunde liegenden aktuellen Höhe der Effektivverzinsung von Commonwealth bonds mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren ein mehrjähriger Durchschnitt dieses Zinssatzes zugrunde gelegt wird. Dies ist in Deutschland seit mehreren Jahren Usus. V.5.c Andere Länder Die italienische Regulierungsbehörde AEEGSI hat im Dezember 2015 neue Richtlinien zur Schätzung der Kapitalkosten veröffentlicht. Dabei wurde sie von OXERA beraten. Deren Dokument „Italian renaissance in regulation? Cost of capital for energy networks, March 2016” berichtet, dass die Regulierungsbehörde nun den Wright-Ansatz empfiehlt. Bisher wurde die Marktrisikoprämie allein durch das geometrische Mittel der italienischen Überrenditen geschätzt. Die Alberta Utilities Commission legte am 23.03.2015 mit ihrer Entscheidung 2191-D012015 die 2013 Generic Cost of Capital fest. Die Zusammenfassung im Hinblick auf die CAPM-Risikoprämie findet sich unter RN 146. Es wird akzeptiert, dass die Risikoprämie als Folge der aktuell niedrigen Zinsen etwas höher ist als der historische Durchschnitt. Dem Dividendenwachstumsmodell wird ebenfalls große Aufmerksamkeit gegeben, ebenso einer Reihe weiterer Überlegungen. 59 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 VI VI.1 Andere Schätzverfahren für die zukünftige Marktrisikoprämie und/oder die zukünftige Aktienrendite Das Dividendendiskontierungsmodell in der Form: aktuelle Dividendenrendite plus historische Wachstumsrate der Dividenden Eines der grundlegenden Modelle des Gebietes Finance ist das Dividendendiskontierungsbzw. –wachstumsmodell (dividend discount bzw. dividend growth model), das schon lange vor dem CAPM entwickelt wurde. Danach ergibt sich der heutige Kurs einer Aktie, P0, als Barwert der in (aller) Zukunft am Ende der jeweiligen Zeitperioden t auf sie entfallenden (nominalen) Dividendenzahlungen, Dt, wobei die Diskontierung mit den nominalen Eigenkapitalkosten k erfolgt:19 P0 = D1/(1+k) + D2/(1+k)2 + D3/(1+k)3 + D4/(1+k)4 + ….. Unterstellt man, dass die Dividenden in alle Ewigkeit mit der konstanten Rate g wachsen, d. h.: Dt+1 = Dt * (1+g) für alle zukünftigen Zeitperioden t dann ergibt sich nach einigen Umformungen P0 = D1/(k-g) bzw. k = D1/P0 + g Die nominalen Eigenkapitalkosten ergeben sich aus der Summe der aktuellen Dividendenrendite und der nominalen Wachstumsrate der Dividenden. Der aktuelle Aktienkurs ist beobachtbar, die nächste Dividende kann meist gut geschätzt werden. Problematischer ist die Schätzung der für alle zukünftigen Zeitperioden als konstant unterstellten Wachstumsrate der Dividenden g. Sie kann z. B. auf Basis des historischen Dividendenwachstums geschätzt werden. Dabei muss die Höhe der Dividende pro Aktie zugrunde gelegt werden, nicht die Gesamtdividende. Ein Zinssatz wird für die Schätzung nicht benötigt. Das Dividendendiskontierungs- bzw. -wachstumsmodell wurde viele Jahre im U.S.amerikanischen Strom- und Gasbereich als alleiniges Modell zur Schätzung der Eigenkapitalkosten verwendet, vgl. hierzu das Beispiel in Brealey et al. (2014, S. 85-89). Auch heute ist es in diesem Bereich noch das wichtigste Modell und wird noch häufig für sich allein angewendet, das CAPM wurde aber in den vergangenen Jahren immer stärker beachtet (vgl. Abschnitt V.4.d). Dies u. a. deshalb, weil mit dem CAPM das Risiko bzw. Risikounterschiede besser erfasst werden können. In den USA spricht für das Dividendendiskontierungsmodell, dass traditionell viele öffentliche Versorgungsunternehmen (Utilities) börsennotiert sind und damit datenmäßig erfasst sind. Dies erlaubt, dass Schätzwerte für die nominale Wachstumsrate g einzelner 19 Das Modell dürfte (ebenso wie das CAPM) in allen einführenden Lehrbüchern des Gebietes Finance (in Deutschland Finanzierung oder Finanzwirtschaft) ausführlich dargestellt werden, in Brealey et al. (2014) z. B. auf den Seiten 80-84. Stehle (2004) geht kurz auf die Modellhistorie ein. 60 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Unternehmen und darauf aufbauend Schätzungen für deren Eigenkapitalkosten leicht erstellt werden können. Unter Zugrundelegung von Datensätzen, die viele einander ähnliche Unternehmen und lange Zeitperioden umfassen, können dann Durchschnittswerte gebildet werden. Diese sind unter der sinnvollen Annahme, dass die Schätzfehler für die einzelnen Unternehmen voneinander (weitgehend) unabhängig sind, gute Schätzwerte für die Eigenkapitalkosten der betrachteten Unternehmensgruppe. Da einander ähnliche Unternehmen zugrunde gelegt werden, d. h. Unternehmen, die ähnlichen Risiken gegenüberstehen, kann argumentiert werden, dass die Risikounterschiede keine Rolle spielen. Derartige Schätzungen werden schon zumindest seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts durchgeführt und schon damals wurden Datensätze verwendet, die sich auf mehrere Unternehmen und mehrere Jahre beziehen. Diese Datensätze wurden seither erweitert und verfeinert, insbesondere von den Beratern, die in den USA traditionell eine große Rolle spielen. In der praktischen Anwendung ist die konkrete Schätzung und Festlegung der Wachstumsrate der Dividenden natürlich ähnlich schwierig wie beim CAPM die Schätzung bzw. Festlegung der Marktrisikoprämie. Alternativ zur Zugrundelegung einer Gruppe von ähnlichen Unternehmen kann natürlich die Gesamtheit aller Unternehmen zugrunde gelegt werden, in der praktischen Anwendung z. B die jeweiligen im U.S.-amerikanischen S&P 500-Index enthaltenen Aktiengesellschaften. Bei dieser Vorgehensweise ist das Endergebnis ein Schätzwert für die durchschnittlichen Eigenkapitalkosten aller Unternehmen, d. h. der Summe aus risikolosem Zinssatz und Marktrisikoprämie. Auf Basis dieser Summe kann unter Zugrundelegung eines geeigneten risikolosen Zinssatzes die Marktrisikoprämie „herausgerechnet“ und dann im Rahmen einer prinzipiell CAPM-basierten Vorgehensweise als Schätzwert für die Marktrisikoprämie verwendet werden, allein, gleichberechtigt mit anderen Schätzungen oder zur Ergänzung oder Validierung. Die für eine solche Vorgehensweise erforderlichen Daten, stehen in den USA bereits seit den sechziger Jahren, rückwirkend bis ins 19. Jahrhundert zur Verfügung. Der Schätzung der Risikoprämie U.S.-amerikanischer Aktien von Fama/French (2002) liegen z. B. Daten für die Jahre 1872-2000 zugrunde. Ihr Schätzwert für die Risikoprämie entspricht den damaligen Schätzwerten auf Basis der historischen Renditezeitreihe (circa 4 %). Die Schätzung auf Basis der Jahre 1951-2000 ergibt bei ihrer dividendenorientierten Vorgehensweise einen merklich geringeren Wert als bei einer Schätzung auf Basis von historischen Renditezeitreihen (2,55 % vs. 7,43 %). In Deutschland stehen solche Daten nur für einen weit kürzeren historischen Zeitraum zur Verfügung und ihre Verwendung wäre mit hohen Kosten verbunden. Besonders häufig erwähnte Varianten des dargestellten einfachen Dividendendiskontierungsmodells sind Zwei- oder Dreiphasenmodelle (im Beispiel von Brealey et al. (2014) wird ein solcher Schätzwert in der letzten Spalte berechnet und auf den Seiten 87 f. erläutert). In diesen Modellen werden zwei oder sogar drei unterschiedliche Wachstumsraten für unterschiedliche Zeitperioden geschätzt. Weitere wichtige Varianten verwenden zusätzlich zu den Daten für Aktien Bilanzdaten für die Unternehmen, insbesondere Daten über Gewinne und Cash flows. Das von Koller et al. (2014, S. 276 ff.) vorgeschlagene Modell und seine Verwendung für die USA sowie die darauf aufbauenden Schätzwerte für die USA (Marktrisikoprämie = 5 %, vgl. S. 278) stehen im Einklang mit ihren CAPMbasierten Schätzungen. Beide Gruppen von Varianten zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass keine subjektiven, eventuell verzerrten Schätzwerte erforderlich sind. Es müssen zwar Annahmen über die zukünftige Entwicklung der Dividenden bzw. Gewinne gemacht werden. Diese 61 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Annahmen können aber prinzipiell, falls sie explizit gemacht werden, unter den Beteiligten diskutiert werden. Die begrenzten Erfahrungen ausländischer Regulierungsbehörden deuten an, dass die diesbezüglichen Schätzwerte der Beraterfirmen oft beträchtlich höher sind als die Schätzwerte der zuständigen Behörden. Für Deutschland stehen auch hier aktuell die erforderlichen Daten nicht zur Verfügung. VI.2 Das Dividendendiskontierungsmodell unter Verwendung der Dividendenschätzungen von Finanzanalysten Bereits in den achtziger Jahren wurden in den USA Dividendendiskontierungsmodelle vorgeschlagen, bei denen die Wachstumsraten der Dividenden in den nächsten Jahren auf Basis von Schätzungen von Finanzanalysten geschätzt werden (vgl. Stehle, 2004, S.917 f.). Diese Verfahren werden oft als „implizite Schätzungen“ der Marktrisikoprämie bezeichnet. In den USA haben Schätzungen von Finanzanalysten eine noch längere, vielleicht achtzig Jahre lange Tradition. Privatanleger können die Schätzwerte „schon immer“ in den Public libraries ihrer Wohnorte kostenlos nachlesen. Derartige Schätzungen der zukünftigen Wachstumsrate der Dividenden bzw. der Gewinne und der Ausschüttungsquoten erstrecken sich oft nur auf höchstens die nächsten fünf Jahre und/oder sie haben für die Folgejahre eine wesentlich geringere Qualität. Die beiden Hauptprobleme dieser Vorgehensweise sind: - Schätzungen von Finanzanalysten sind eventuell, zumindest teilweise, zu optimistisch; - Die Wachstumsrate der Dividenden nach Ablauf der fünf Jahre muss geschätzt werden. Darüber, wie dabei vorzugehen ist, besteht weder in der Wissenschaft noch in der Praxis Konsens. Aus meiner Sicht sind diesbezüglich die in Anhang E präsentierte Untersuchung von Damodaran und seine detaillierten Ausführungen (2016, S. 76-107) interessant. VI.3 Rein empirisch ermittelte Zusammenhänge In einer Vielzahl von Arbeiten in Wissenschaft und Praxis wird versucht, die zukünftige Rendite von Aktien bzw. die Risikoprämie mit den heutigen und eventuell früheren Dividenden, Gewinnen, Zinssätzen und weiteren Kennzahlen zu prognostizieren. Dieser Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, dass die erwartete Rendite bzw. die Risikoprämie im Zeitablauf variiert und ihre Änderungen auf Basis der erwähnten Variablen prognostiziert werden können. Die Ergebnisse solcher Studien sind höchst strittig. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass nur komplexe Modelle eine Chance haben, die zukünftige Rendite von Aktien bzw. die Risikoprämie besser zu prognostizieren als die diesbezüglichen historischen Durchschnittswerte. Und dass die Qualität der Prognose höchstens auf geringfügige Weise verbessert wird. VI.4 Die Schätzung der Risikoprämie bzw. der langfristigen nominalen oder realen Aktienrendite durch Expertenbefragungen Diese Vorgehensweise wird von Damodaran (2016, S. 24-29) ausführlich beschrieben und erörtert. VI.5 Die Kombination von alternativen Schätzwerten bzw. -verfahren 62 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Für den Fall, dass eine Variable mit zwei oder mehrere Schätzmodellen gut geschätzt werden kann, lautet die wissenschaftliche Empfehlung, dass aus den Schätzwerten der Einzelmodelle ein kombinierter Schätzwert berechnet wird. Gut bezieht sich auf die Unverzerrheit und die Präzision der Schätzung, letztere eventuell gemessen mit der Standardabweichung der Schätzfehler. Bei der Kombination der Schätzwerte müssen prinzipiell die Autokorrelationen der einzelnen Schätzwerte und die Korrelationen zwischen den einzelnen Schätzwerten beachtet werden. In der Praxis wird gelegentlich argumentiert, dass mehrere Schätzverfahren, z.B. das CAPM, ein Dividendendiskontierungsmodell und ein auf Expertenumfragen basierender Schätzwert prinzipiell geeignet sind, die Eigenkapitalkosten zu schätzen. Besteht diesbezüglich unter den Beteiligten ein Einvernehmen, dann werden die Gewichte, mit denen die Einzelschätzungen in den endgültigen Schätzwert eingehen, im Rahmen eines Konsultationsverfahrens oder durch die Regulierungsbehörde festgelegt. Aus wissenschaftlicher Sicht ist gegen eine solche Vorgehensweise nichts einzuwenden, wenn die Gewichte auf begründete Weise festgelegt werden. Von einer diesbezüglich gut begründeten Vorgehensweise ist zu erwarten, dass sie zu stabilen Gewichten im Zeitablauf führt. Objektive Erfahrungswerte hierfür, die sich auf einen längeren Zeitraum erstrecken, sind mir nicht bekannt. In Deutschland wird bereits seit mehreren Jahren die CAPM-basierte Vorgehensweise verwendet. Zuvor wurde im Telekommunikationsbereich die Bilanz-(wert-)methode eingesetzt, diese Vorgehensweise hat ebenfalls zu guten Ergebnissen geführt. Mit der CAPMMethode wird allerdings das Risiko der regulierten Netze bzw. Infrastrukturen besser berücksichtigt. Die anderen in diesem Abschnitt behandelten Verfahren wurden in Deutschland bisher meines Wissens im Bereich der Entgeltregulierung nicht verwendet. Aufgrund der großen Probleme, die im Rahmen ihrer Verwendung zu lösen wären, stellt sich das Problem der Kombination von alternativen Schätzverfahren in Deutschland nicht. Die diesbezügliche Vorgehensweise in Ländern, in denen alternative Schätzverfahren aktuell schon genutzt werden, sollte jedoch beobachtet und gegebenenfalls auf deren Erfahrung zurückgegriffen werden. 63 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 VII Schätzung und Festlegung der anderen Eingangsparameter des CAPMs Im Telekommunikationsbereich der BNetzA wird der WACC traditionell nominal geschätzt und erst im letzten Schritt in einen realen WACC umgerechnet. Bei dieser Umrechnung wird die Inflationsrate des Bruttoinlandsproduktes zugrunde gelegt. Für eine derartige Vorgehensweise spricht eine Reihe von Gründen: Alle drei wichtigen Eingangsgrößen in die CAPM-basierte Schätzung der Eigenkapitalkosten sowie die kalkulatorisch berechneten Fremdkapitalkosten werden im Hinblick auf die Frage nominal oder real gleich behandelt. Bei allen drei Eingangsgrößen des CAPMs und bei den Fremdkapitalkosten ist die nominale Berechnung mit Vorteilen verbunden, die insbesondere mit der Verfügbarkeit von Daten in Deutschland zusammenhängen: - Der deutsche Markt für nominal denominierte Bundesanleihen ist einer der wichtigsten derartigen Märkte der Welt. Die gehandelten Anleihen sind höchst liquide und werden in regelmäßigen Abständen großvolumig emittiert. Dies gilt insbesondere für die ursprüngliche Laufzeit von 10 Jahren. (Inflations-)indexierte Anleihen werden erst seit wenigen Jahren gehandelt und sind weniger liquide (vgl. Abschnitt III.4). - Die nominale Berechnung der Marktrisikoprämie dürfte in Deutschland wegen der traditionell niedrigen Inflationsrate zu ähnlichen Ergebnissen führen, wie eine reale Berechnung auf Basis der „wahren“ Inflationsrate. Die offiziellen Preisindizes für die Lebenshaltung dürften bis vor wenigen Jahren zu hohe Inflationsraten implizieren (vgl. Abschnitt IV.5.e). Es ist also sinnvoll, diese nicht zu nutzen, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist. Dies ist nicht der Fall. - Die Beta-Schätzung erfolgt meines Wissens „weltweit“ stets nominal. Hier ist wissenschaftlich unstrittig, dass eine reale Berechnung mit keinen Vorteilen verbunden wäre. - Im Fremdkapitalbereich von Unternehmen sind praktisch nur nominale Kontrakte zu beobachten. Eine rein nominale Vorgehensweise wird in den gängigen Finanzierungslehrbüchern für Investitionsentscheidungen bis heute empfohlen. In Ländern, in denen inflationsindexierte Anleihen seit vielen Jahren in liquiden Märkten gehandelt werden, z. B. im UK, kann es dagegen durchaus sinnvoll sein, einen Schätzwert für den real risikolosen Zinssatz auf Basis dieser Wertpapiere festzulegen. VII.1 Risikoloser Zinssatz und Inflationsrate Für Investitionsentscheidungen von Unternehmen empfehlen die wichtigsten Lehrbücher des Gebietes Finance, beim risikolosen Zins Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren zugrunde zu legen. Für die Wahl der Restlaufzeit im Rahmen der Entgeltregulierung sind mir keine theoretisch begründeten wissenschaftlichen Empfehlungen bekannt. Eine Reihe von Gründen sprechen dafür, auch hier eine Restlaufzeit von zehn Jahren zu verwenden: - Im Rahmen der deutschen Telekommunikationsregulierung wird diese Restlaufzeit schon seit circa zehn Jahren im Fremdkapitalbereich verwendet, seit 2010 auch im Bereich der Eingangsparameter des CAPMs, zumindest näherungsweise. - Die Einschränkung „zumindest näherungsweise“ erfolgt deshalb, weil beim in Anleihenindex REXP die durchschnittliche Restlaufzeit der zugrunde liegenden Bundeswertpapiere unter zehn Jahren liegt. Hier ist es aber in Deutschland aktuell nicht möglich, auf einen Anleihenindex mit einer längeren durchschnittlichen Rest64 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 - - laufzeit oder vergleichbare Berechnungen zurückzugreifen. Die Restlaufzeit im ersten und zweiten Term der CAPM-Formel stehen also nicht voll miteinander im Einklang, aber so gut wie möglich. Bei Zugrundelegung einer kürzeren Restlaufzeit als zehn Jahre würden zwar die Restlaufzeiten der beiden Termen der CAPM-Formel besser miteinander im Einklang stehen, die durchschnittliche Restlaufzeit der Investitionen im Telekommunikationsbereich dürfte aber eher über zehn Jahren liegen als unter zehn Jahren. Insoweit dürften zehn Jahre einen guten Kompromiss darstellen. Auch die meisten hier erörterten ausländischen Behörden sprechen sich für eine Restlaufzeit von zehn Jahren aus. Ich empfehle deshalb, auch weiterhin eine Restlaufzeit von zehn Jahren beim risikolosen Zins anzusetzen. Aus rein theoretischen Gründen dürfte ein Schätzwert für den durchschnittlichen Stichtagszins in der Regulierungsperiode wahrscheinlich die mit der Regulierung verfolgten Ziele am besten erfüllen. In Australien wird der durchschnittliche Zins im Umfeld von 20 Tagen vor der Festlegung als Schätzwert für die Zinsen in der Regulierungsperiode verwendet. Im UK wird dieser Zins durch die Regulierungsbehörde auf Basis von umfangreichen, für externe Beobachter nicht immer voll transparenten Erwägungen festgelegt. Bei den Festlegungen der vergangenen Jahre dürfte es sich um nach oben verzerrte Schätzwerte für die Regulierungsperiode gehandelt haben. Für die in Deutschland aktuell erfolgende Zugrundelegung eines Durchschnittes der vergangenen zehn Jahre spricht eine Reihe von Gründen: - Sie wird im Bereich Strom und Gas gesetzlich vorgeschrieben und im Bereich Telekommunikation seit 2010 verwendet. - Diese Vorgehensweise stellt aktuell eine nach oben verzerrte Schätzung der Zinsen in der Regulierungsperiode dar. Dies war auch bei der Einführung 2010 der Fall. Sie hat bei ihrer Einführung 2010 aber geholfen, die enormen Zinssenkungen der Vorjahre abzufedern. Sie sollte deshalb zumindest so lange beibehalten werden, bis die Zinsen wieder merklich angestiegen sind. - Es handelt sich um eine klare, für alle Beteiligten leicht nachvollziebare Regel, die sich auch gut für die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen im Fremdkapitalbereich eignet. Hier wäre eine Zugrundelegung der erwarteten Stichtagszinsen in der Regulierungsperiode ökonomisch nicht sinnvoll, weil das in der Regulierungsperiode ausstehende Fremdkapital größtenteils in den vergangenen Jahren aufgenommen wurde und zu den damaligen Zinssätzen bedient werden muss. Ich empfehle deshalb, vorerst beim risikolosen die Bildung eines Durchschnittswertes für die vergangenen 10 Jahre beizubehalten. Von einer Verkürzung des Zeitraumes rate ich ab. Von einer Verlängerung des Zeitraumes für die Durchschnittsbildung rate ich mit Nachdruck ab. Längere Zeiträume für die Durchschnittsbildung sind mir nicht bekannt. Der in der Regulierungsperiode erwartete risikolose Zins und die für diese erwartete Inflationsrate sollten auf gleiche Weise geschätzt werden, sofern sich aus wissenschaftlicher Sicht keine anderweitige Vorgehensweise anbietet. Eine solche ist mir nicht bekannt. Ich empfehle deshalb, auch die Inflationsrate mit dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre zu schätzen, also bei der Umrechnung des nominalen in einen realen WACC den Durchschnittswert der Inflationsrate des Bruttoinlandsproduktes der vergangenen zehn Jahre zugrundezulegen. 65 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 VII.2 Beta Die Betaschätzung wurde in meinem Gutachten 2010 sehr ausführlich behandelt. Neuere diesbezügliche Erkenntnisse habe ich nicht. Ich empfehle deshalb, die derzeit verwendete Methode weiter zu nutzen. 66 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 VIII Literaturverzeichnis VIII.1 Bücher und wissenschaftliche Aufsätze Acker, D./Duck, N. W. (2007): Reference-Day Risk and the Use of Monthly Returns Data: A Warning Note, Journal of Accounting, Auditing, and Finance. Annaert, J./Buelens, F./Deloof, M. (2015): Long-Run stock returns: Evidence from Belgium 1838-2010, Cliometrica 9, Heft 1, S. 77-95. Ballwieser, W./Hachmeister, D. 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Australian Energy Regulator (AER) (2015): ActewAGL (ACT, Queanbeyan and Palerang) Access arrangement 2016-21.Der Link zum Verfahren und zu einer Reihe von Stellungnahmen und Gutachten ist:.https://www.aer.gov.au/networkspipelines/determinations-access-arrangements/actewagl-act-queanbeyan-andpalerang-access-arrangement-2016-21/revised-proposal. Australian Energy Regulator (AER) (2015): Australian Gas Networks Access Arrangement 2016 to 2021. Link zum Verfahren:https://www.aer.gov.au/networkspipelines/determinations-access-arrangements/australian-gas-networks-sa%E2%80%94-access-arrangement-2016%E2%80%9321/draft-decision. Bundesnetzagentur (2008): Beschlusskammer-4-Beschluss BK4-08-068 vom 07.07.2008:Beschluss hinsichtlich der Festlegung von Eigenkapitalzinssätzen (Bund) URL: http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/16988/ publicationFile/4422/BeschlussBK408068BundId13939pdf.pdf. Bundesnetzagentur (2011): Beschlusskammer-4-Beschluss BK4-11-304 vom 31.102011: Beschluss hinsichtlich Festlegung von Eigenkapitalzinssätzen für Alt und Neuanlagen für Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen für die zweite Regulierungsperiode in der Anreizregulierung. Commission for Communications Regulation (2008): Eircom's Cost of Capital, Response to Consultation and Decision Notice, (aufgerufen am 21.3.2016): http://www.comreg.ie/fileupload/publications/ComReg0835.pdf. Commission for Communications Regulation (2014): Cost of Capital, Mobile Telecommunications, Fixed Line telecommunications, Response to Consultation and Decision Notice, (aufgerufen am 21.3.2016): http://www.comreg.ie/_fileupload/publications/ComReg14136.pdf . 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Regulatory Policy Group, Civil Aviation Authority (2014), Estimating the cost of capital: a technical appendix for the economic regulation of Heathrox and Gatwick from April 2014: Notices of the proposed licences, CAP 1140, January 2014. 77 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IX Anhang A: Die Stellungnahmen und Festlegungen der australischen Regulierungsbehörden zur Marktrisikoprämie, insbesondere zum Wright-Vorschlag zur Schätzung der Prämie Australien besteht aus sechs Bundesstaaten und drei Territorien. Zusätzlich zu den zentralen Regulierungsbehörden existiert eine Reihe von Regulierungsbehörden auf der Ebene der Bundesstaaten und Territorien, die oft für mehrere Staaten bzw. Territorien zuständig sind. Die einzelnen Behörden sind i.d.R. nur für bestimmte Regulierungsbereiche zuständig. Vor fast allen Festlegungen im Regulierungsbereich (Final Decisions) finden ausführliche Konsultationsprozesse statt, die üblicherweise mit ersten Stellungnahmen der Beteiligten und einer „First Draft“ der Behörde beginnen und im Schnitt circa ein Jahr dauern. Nachdem die Betroffenen eventuell weitere Stellungnahmen und Gutachten eingereicht haben, folgt meist eine „Revised Draft“, auf die die Betroffenen mit neuen Stellungnahmen eingehen. Oft findet auch noch ein Workshop mit Teilnahme der Betroffenen statt, bevor die (Final) Decisions erfolgen. Zusätzlich zu den Drafts und Decisions und den zugehörigen Stellungnahmen der Betroffenen veröffentlichen mehrere Behörden gelegentlich eigene Stellungnahmen zu grundsätzlichen Fragen. Im Folgenden gebe ich nur die URLs der Final Decisions und/oder der Gesamtverfahren an, unter diesen sind in der Regel alle anderen Dokumente leicht zu finden Neuere „Decisions“ und Stellungnahmen sowie laufende Verfahren sind: IX.1 IX.1.a Telekommunikationsnetz-Entscheidungen der Australian Competition & Consumer Commission (ACCC) Public inquiry into final access determinations for fixed line services, 09. Okt. 2015 Dies ist die aktuellste und ausführlichste ACCC-Festlegung. Auf sie stütze ich mich im Hauptteil. Kurztitel und direkter Link zum Word-Dokument: FSR FAD Final Decision Report: https://www.accc.gov.au/system/files/FSR%20FAD%20Final%20Decision%20Report%20 -%20Public%20Version.pdf Link zum Gesamtverfahren: https://www.accc.gov.au/regulatedinfrastructure/communications/fixed-line-services/fixed-line-services-fad-inquiry-2013 Aktueller Stand: Am 5.Nov. 2015 hat Telstra eine „Judicial review“ beim Federal Court beantragt. Deren Ergebnis liegt noch nicht vor bzw. ist mir noch nicht bekannt. S. XV der Final Decision: “The ACCC’s final decision is to maintain the weighted average cost of capital (WACC) framework of the draft decision with the exception of the methodology for estimating the debt risk premium and to adopt an updated real vanilla WACC of 3.42 per cent (6 per cent nominal). This compares with a nominal WACC of 8.54 per cent that applied at the time of the 2011 FADs and is a significant factor in prices being lower this time.” 78 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Alle Aspekte der WACC–Schätzung werden in der Final Decision auf den Seiten 66-120 ausführlich erörtert und begründet. Im Rahmen der Decision finden die Final Decisions des Australian Energy Regulators (AER, vgl. Abschnitt IX.2) des Jahres 2015 Beachtung. Als risikoloser Zins wird der 20-Tages-Durchschnitt der Effektivverzinsung von australischen Commonwealth Government Securities mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren zugrunde gelegt, 2,76 %. Aus den Inflationsschätzungen der australischen Zentralbank für die nächsten 10 Einzeljahre wird das geometrische Mittel gebildet (2,5 %) und auf dessen Basis der risikolose Realzins geschätzt (0,25%). Der Schätzwert für die Risikoprämie ist 6 %. Im Rahmen der Schätzung werden die historischen Überrenditen besonders stark gewichtet. Dabei wird Tabelle 6.2 auf S. 75 zugrunde gelegt, die aus der AER-Entscheidung im Verfahren Jemena Gas vom Juni 2015 übernommen wurde. Sie enthält historische Überrenditen (arithmetische und geometrische Mittel) für mehrere historische Zeitperioden. Auf Basis der Tabelle wird als historische Marktrisikoprämie 6,2 % festgelegt. Dieser Wert entspricht dem arithmetischen Mittel für den Gesamtzeitraum, für den die australischen Daten von Brailsford et al (2012) vorliegen, 1883-2014. Aufgrund der Kritikpunkte der AER (vgl. S. 77) wird das Dividendenwachstumsmodell (dividend growth model, DGM) nicht beachtet. In Tabelle 6.3 sind mehrere Umfrageergebnisse zur Marktrisikoprämie (Surveys) enthalten, diese stehen, so wird argumentiert im Einklang mit der bisherigen Prämie von 6 % und den von anderen australischen Regulierungsbehörden verwendeten Prämien In ihrer Stellungnahme im Konsultationsverfahren https://www.accc.gov.au/system/files/Telstra%20Submission%20to%20the%20fixed%2 0services%20FAD%20primary%20price%20terms%20Discussion%20Paper%20%28cont ains%20Appendix%201%29%20-%20Public%20Submission%20Document.PDF bemerkte Telstra auf S. 85, dass es den Anschein hat, dass im Draft Statment der Wright-Ansatz nicht beachtet wurde. Hierauf geht die ACCC in der Final Decision nicht ein. Offensichtlich stimmte diese Telstra-Einschätzung. IX.1.b Mobile Termination Access Service, Final Access Determination, 24. Aug. 2015 Kurztitel und direkter Link zum Word-Dokument: MTAS FAD final decision on primary price terms Link zum Gesamtverfahren: https://www.accc.gov.au/regulated-infrastructure/communications/mobileservices/mobile-terminating-access-service-fad-inquiry-2014/final-decision In dieser Entscheidung wird nur sehr kurz auf den WACC eingegangen, in Abschnitt 3.3.4 auf den S. 14 – 16. Es wird entschieden, dass dieses Mal der WACC verwendet wird, der in der Fixed-line Service Review festgelegt wurde. Die Diskussion im Konsultationsverfahren konzentrierte sich auf die Frage, ob es adäquat ist, für den Mobilfunk den FestnetzWACC zu verwenden. 79 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IX.1.c Public inquiry to make a final access determination for the Wholesale ADSL service, Final Report, Mai 2013 (177 Seiten, einschließlich der Anhänge) ACCC final view (S. 37): “The ACCC maintains its view that the use of a vanilla WACC is appropriate. The ACCC also maintains its view that the WACC parameters and estimation methodologies, used in the March 2013 Draft Report are appropriate”. Insbesondere wird die nominale Marktrisikoprämie in Höhe von 6 % beibehalten. Der Wright-Ansatz wird nicht erwähnt. IX.2 Stromnetz- und Gasnetz-Entscheidungen des Australian Energy Regulators (AER) Die 2005 gegründete Australian Energy Market Commission (AEMC) ist eine Behörde zur Beaufsichtigung der Energiemärkte Australiens. Sie ist wie die BNetzA Mitglied der International Confederation of Energy Regulators. Die für die Netzregulierung zuständige Behörde ist der Australian Energy Regulator (AER). Aktuell (April 2016) laufen für 35 Netze die Regulierungsperioden, d. h. die Konsultationsverfahren sind abgeschlossen und die Entgeltfestlegungen in Form von Final Determinations erfolgten bereits, vgl. AER, Determinations & Access Arrangements, unter Current (Links unten auf der Webseite): http://www.aer.gov.au/networkspipelines/determinations-access-arrangements?f[0]=field_accc_aer_status%3A7 Gegen die Final Determinations kann Widerspruch eingelegt werden. Gerade wurde ein Widerspruchsverfahren bei Jemena Gas, vgl. den folgenden Abschnitt b) beendet. Für 15 Netze laufen Konsultationsverfahren (gleiche Webseite, unter Open). Hier dürfte u a. den Verfahren ActewAGL, Australian Gas Networks (SA), und Jemena Gas für die nahe Zukunft eine große Bedeutung zukommen, vgl. die folgenden Abschnitte c) d) und e). In allen drei Verfahren wurde im Januar 2016 von den Unternehmen ein Dokument von Frontier Economics mit dem Titel „The required return on equity under a foundation model approach“ eingereicht, das aus meiner Sicht den aktuellen Diskussionsstand in Australien gut widergibt und deshalb in Abschnitt c) ausführlich behandelt wird. In Anbetracht der jährlichen Zahl der Entgeltfestlegungen und in Anbetracht der komplexen Diskussionen im Rahmen der Konsultationsverfahren (AER erwähnte, dass im Rahmen des Jemena-Gas-Verfahrens 5000 Textseiten eingereicht wurden) hat die AEMC die AER beauftragt, ein „Better Regulation Reform Program“ durchzuführen. Daraus entstand die Rate of Return Guideline, deren Konsultationsprozess am 10. Dezember 2012 begann und mit der Verabschiedung der Guideline am 17. Dezember 2013 endete. Ab dem 7. April 2014 bauen alle Netzregulierungsentscheidungen der AER auf dieser Guideline auf, die das frühere Verfahren prinzipiell fortführt, dieses aber teilweise strukturierter und aufwändiger gestaltet. Inzwischen wurde die Guideline in den australischen National Gas Rules verankert, die nach dem National Gas Law Gesetzeskraft haben, vgl. National Gas Rules Version 28 vom 5. November 2015, Part 9, Division 5, § 87. Ebenso in den National Electricity Rules, Version 79 vom 10. März 2016 in Chapter 6, Punkt 6.5.2.m. Unter § 87 Absatz (18) der National Gas Rules wird bestimmt, dass die AER zwar in Einzelfestlegungen von den Guidelines abweichen kann, dies in ihren Entscheidungen aber begründen muss. 80 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 IX.2.a Die Rate of Return Guideline Die Rate of Return Guideline besteht aus vier Dokumenten: - dem Factsheet - der eigentlichen Guideline (‚Better Regulation Rate of Return Guideline, 28 Seiten) http://www.aer.gov.au/system/files/AER%20Rate%20of%20return%20guideline %20-%20December%202013.pdf In dieser werden in Abschnitt 5 (S. 11 – 17) die Vorschläge zur Schätzung der erwarteten Rendite des Eigenkapitals beschrieben. - dem Explanatory Statement (182 Seiten) https://www.aer.gov.au/system/files/AER%20Explanatory%20statement%20%20rate%20of%20return%20guideline%20-%20December%202013.pdf - und dessen Anhängen (215 Seiten) https://www.aer.gov.au/system/files/AER%20Explanatory%20statement%20%20appendices%20-%20rate%20of%20return%20guideline%20%20December%202013_0.pdf Im Hinblick auf die Eigenkapitalkosten wird vorgeschlagen, dass „a broader range of material“ (Guideline, S. 4) mit dem Ziel einer Punktschätzung herangezogen werden soll. Das heranzuziehende Material wird in die Kategorien Finanzmarkt-Modelle, Schätzverfahren, Marktdaten und andere Informationen eingeteilt (S. 6), wobei klare Auswahlkriterien genannt werden. Die Vorgehensweise zur Berechnung des jährlich zu ermittelnden WACC wird vorgeschlagen (S. 9), wobei die Eigenkapitalkosten für die gesamte mehrjährige Regulierungsperiode festzulegen sind. Bei der Schätzung der Eigenkapitalkosten, so wird vorgeschlagen, ist in mehreren Schritten vorzugehen (Guideline S. 13 ff.): 1. Schritt: Das relevante Material, also das Material, das die Schätzung beeinflussen könnte, ist zu benennen. 2. Schritt: Jedes einzelne Stück Material wird untersucht und es wird ihm eine einzige der folgenden vier Rollen im Schätzverfahren zugewiesen: - als „Foundation Model“ zu fungieren (dazu wird im Folgenden nur das SharpeLintner CAPM benannt); - als Informationsquelle für die Parameter des Foundation Models (Marktrisikoprämie, Beta, risikoloser Zinssatz) zu dienen. Tabelle 5.1 auf Seite 13 beinhaltet, wie die vier Modelle, die als relevant gelten, präzise genutzt werden können: Das Black-CAPM kann im Rahmen der Beta-Schätzung eingesetzt werden, das Dividend Growth Model bei der Schätzung der Marktrisikoprämie, das Drei-Faktoren-Modell von Fama-French überhaupt nicht. Tabelle 5.2 auf S. 14 beinhaltet, wie bestimmte weitere Informationen eingesetzt werden können. Die historische Überrendite von Aktien soll z.B. zur Schätzung der Marktrisikoprämie eingesetzt werden, ebenso die Ergebnisse von Befragungen und die Schätzungen anderer Regulierungsbehörden. - als weitere Information im Rahmen der letztendlichen Festlegung der Eigenkapitalkosten herangezogen zu werden. 81 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Diese Rolle wird dem Wright-Ansatz, Publikationen zu Take-overs und Unternehmensbewertungen, Schätzungen von Aktienanalysten, den Eigenkapitalkosten-Festlegungen anderer Regulierungsbehörden und Renditen aus dem festverzinslichen Bereich zugewiesen. - keine Rolle zu spielen. Hier werden insbesondere WACC-Schätzungen bzw. Festlegungen von anderen Regulierungsbehörden und von Aktienanalysten genannt. 3. Schritt: Auf Basis des CAPMs, so wird vorgeschlagen, werden eine Ausgangs-Punktschätzung und eine Ausgangs-Intervallschätzung für die Eigenkapitalkosten durchgeführt. Dabei soll als risikoloser Zins die Effektivverzinsung von Commonwealth Government Securities mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren verwendet werden, die so nah wie möglich zum Beginn der Regulierungsperiode liegt, wobei ein Durchschnitt über 20 Tage gebildet werden soll. Auch die Beta-Berechnung und die Bestimmung der Risikoprämie werden relativ präzise festgelegt. 4. Schritt: Die weiteren Informationen werden nach Regeln eingesetzt, die im Explanatory Statement beschrieben werden. 5. Schritt: Die Gesamtmenge des „Materials“ zur Schätzung der Eigenkapitalkosten wird noch einmal herangezogen. 6.Schritt: Eine Punktschätzung der nominalen Eigenkapitalkosten wird erstellt. Als risikoloser (Nominal-)Zinssatz wird in den Guidelines die Effektivverzinsung von Commonwealth Government Securities mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren festgelegt, auf Basis eines 20-Tage-Durchschnittes. IX.2.b Jemena Gas Networks' Access Arrangement 2015–20, Final Decision, Juni 2015 Der Zugang zu den Einzeldokumenten dieses Verfahrens, ähnliches gilt für die weiteren AER-Verfahren, kann über die AER-Webseite www.aer.gov.au/ und die schrittweise Verwendung der Links „Networks & Pipelines“, „Determinations & Access Arrangements“, „Current“ und Jemena Gas“ erfolgen. Unter dem weiteren Link „Final Decision“ bzw. direkt unter https://www.aer.gov.au/networks-pipelines/determinations-accessarrangements/jemena-gas-networks-nsw-access-arrangement-2015-20/final-decision finden sich die von der Behörde im Rahmen der Final Decision erstellten 20 Dokumente, 3 Excel-Spreadsheets mit eigenen Berechnungen, zu deren Veröffentlichung die Behörde verpflichtet ist, und die 10 „Consultant Reports“, die von der Behörde in Auftrag gegeben wurden. Für dieses Gutachten sind insbesondere die beiden Behörden-Dokumente wichtig: Overview (52 Seiten) Attachment 3 – Rate of Return, June 2015, 542 Seiten https://www.aer.gov.au/system/files/AER%20%20Final%20decision%20JGN%20distribution%20access%20arrangement%20%20Attachment%203%20-%20Rate%20of%20return%20-%20June%202015.pdf 82 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Von den zehn von der Behörde in Auftrag gegebenen Gutachten hängen sieben mit der Schätzung der Eigenkapitalkosten und des WACCs zusammen. Sie wurden alle von mir fachlich bekannten, renommierten Wissenschaftlern erstellt. Diese sind: - Partington, G./Satchell, S. (Mai 2015): Report to the AER – Return of Equity and Comment on Submissions in Relation to JGN; - Partington, G. (April 2015), Report to the AER – Advice on the Return on Equity (Updated); - Lally (April 2015), Review of submissions on the cost of debt; - 4 von Handley erstellte Gutachten. Prof. Handley ist seit circa 4 Jahren Chairman des Finance Departments der University of Melbourne. In der Final Decision legt die AER die Marktrisikoprämie auf Basis der Daten für Australien von Brailsford et al. auf 6,5 % fest. Deren Schätzungen der historischen Überrendite für alternative Mittelwertbildungen und für alternative Zeitperioden liegen zwischen 5,1 % und 6,5 %, also laut AER circa 6 %. Auf Basis des DGM (dieses liefert Werte zwischen 7,4 % und 8,6 %, vgl. S. 35), von weiteren Erwägungen und unter Beachtung der Entscheidungen von anderen Regulierungsbehörden ergibt sich der Wert 6,5% %. Dabei wird der Wright-Ansatz nur am Rande beachtet, vgl. dazu S. 33 und den Anhang E1 auf S. 468 ff. Die Eigenkapitalkosten-Festlegung ist 7,1 %, eine drastische Reduktion. In den genannten Dokumenten finden oft intensive Auseinandersetzungen mit den Dokumenten statt, die vom regulierten Unternehmen und von Gutachtern, die es beauftragt hat, als Antwort auf die Revised Proposal der Behörde eingereicht wurden. Diese sind: - 8 Dokumente von Jemena Gas - 4 unter „Supporting information“ ausgewiesenen Dateiordner (neudeutsch: Folder). Diese Dokumente finden sich in der Jemena-Gas-Webseite mit dem Link „Revised Proposal“. Von den 4 Foldern ist für dieses Gutachten nur der erste, „Appendices 1.01 to 10.02“ von Interesse, insbesondere die Anhänge 7.01–7.15. In diesen Anhängen befinden sich weitere Dokumente von Jemena Gas und die Gutachten, die von Jemena Gas in Auftrag gegeben wurden, hier handelt es sich ausschließlich um Gutachten von Beratungsunternehmen, teilweise von solchen, deren Namen international bekannt sind: SFG (5x), Incenta (1x), NERA (2x), CEG (2x). In ihrer Response zur AER Draft Decision vom 27.02.2015 ist Jemena Gas gangen (das Dokument befindet sich in Anhang 7.01), dass die MRP durch vier Verfahren geschätzt und ein Mittel auf Basis der Gewichtungen von 50 % und 20 % ermittelt werden soll (vgl. Tabelle 3-4 auf S. 31). Dieses 8,17 % - Historisches Mittel der Überrenditen: 6,56 % - Wright-Ansatz: 9,00 % - Dividendendiskontierungsmodell (DGM): 8,73 % davon ausgedie folgenden 20 %, 20 %, Mittel beträgt 83 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 - Gutachten von unabhängigen Experten: 6,93 % Diese Zahlen und Gewichte wurden Jemena Gas vom Beratungsunternehmen SFG empfohlen, im Dokument mit Datum Juni 2014. Auffällig ist die starke Gewichtung des Dividendendiskontierungsmodells (50 %) und die Höhe des DGM-Schatzwertes (8,73 %). Dieser liegt außerhalb des Intervall-Schätzwertes der Behörde, dieser beträgt, siehe oben, 7,4 % - 8,6 %. Aktueller Stand des Verfahrens, zu finden unter Link “Appeal”: “In June 2015, JGN applied to the Australian Competition Tribunal for merits review and the Federal Court for judicial review of the AER’s final decision for its 2015-20 access arrangement”. Am 26.02.2016 hat das “Tribunal” die Rate-of Return-Einwände von JGN abgelehnt. IX.2.c ActewAGL (ACT) Access arrangement 2016-21 Das Verfahren läuft seit 30.Juni 2015. AER hat mit Datum 6. Januar 2016 eine Revised Proposal erstellt. Der Link zum Verfahren und zu einer Reihe von Stellungnahmen und Gutachten ist: https://www.aer.gov.au/networks-pipelines/determinations-accessarrangements/actewagl-act-queanbeyan-and-palerang-access-arrangement-201621/revised-proposal Zur ‘Rate of Return’ wurden von ActewAGL insbesondere zwei Gutachten eingereicht, die auf dieser Webseite verfügbar sind: Appendix 5.06 [der Revised 2016-2021 access arrangement proposal, Response to the AER’s draft decision by ActewAGL] - Expert report by Frontier Economics im Auftrag von ActewAGL und anderen Strom- und Gasnetzbetreibern, The relationship between government bond yields and the market risk premium, Januar 2016, Autor: Professor Stephen Gray, 69 Seiten. Appendix 5.07 [der Revised 2016-2021 access arrangement proposal, Response to the AER’s draft decision by ActewAGL] - Expert report by Frontier Economics, The required return on equity under a foundation model approach, Januar 2016. Beide Gutachten wurden auch in den folgenden beiden Verfahren von den betroffenen Unternehmen eingereicht. Ich gehe im folgenden Abschnitt d) auf das letztere Dokument ein. IX.2.d Australian Gas Networks (SA) Access Arrangement 2016 to 2021 Link zum Verfahren: https://www.aer.gov.au/networks-pipelines/determinations-accessarrangements/australian-gas-networks-sa-%E2%80%94-access-arrangement2016%E2%80%9321/draft-decision Wichtige Dokumente: Draft Decision, Overview, November 2015, 61 Seiten 84 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Draft Decision, Attachment 3 – Rate of Return, November 2015, 633 Seiten Auf S. 329 des letztgenannten Dokuments nimmt die AER zum wiederholten Mal in den jüngsten Verfahren klar Stellung zum Wright Ansatz: „We do not agree with the form of the Wright CAPM, or the underlying premise of the model that there is a clear inverse relationship between movements in the risk free rate and MRP. We note the model is not widely accepted or used in practice”. Die zugehörige Fußnote 1166 (!!) führt weiter aus: “The model's main use appears to be for regulatory purposes in the UK. See Wright, Review of risk free rate and cost of equity estimates: A comparison of UK approaches with the AER, October 2012. Einige Sätze weiter bemerkt die Behörde zudem: “While required returns on equity are not directly observable, we have not been provided with compelling evidence for a clear inverse relationship between the long term forward looking risk free rate and the long term forward looking MRP” und nennt hierzu Quellen. Auf S. 516 prüft die AER noch, ob der Wright-Ansatz, wenn er als ‚Other information‘ im Sinne der Guideline verwendet wird, das Ergebnis beeinflusst. Die AER bemerkt hier, dass sie den Wright-Ansatz etwas anders interpretiert als die Australian Gas Networks und ihre Berater und dass deshalb kein Einfluss auf das Ergebnis besteht. Im Januar 2016 wurde auch in diesem Verfahren vom betroffenen Unternehmen ein Dokument von Frontier Economics mit dem Titel „The required return on equity under a foundation model approach“ eingereicht, das aus meiner Sicht den aktuellen Diskussionsstand in Australien gut wiedergibt, in diesem Verfahren im Rahmen von 46 Dokumenten als Attachment 10.34 (circa 100 Seiten). In diesem Dokument werden u. a. folgende Ansichten vertreten: - In der AER Guideline würde das CAPM als Foundation model zu stark in der Vordergund gerückt. Dies entspreche nicht den Intentionen der aktuellen National Electricity Rules (NER) und der National Gas Rules (NGR), vgl. Punkt 1.2.a des Dokuments (S. 7). - Eine „multi-model-approach“ würde den Intentionen dieser Gesetze besser entsprechen als die „foundation-model-approach“ der Guidelines. Frontier Economics schlägt folgende Gewichtung der aktuellen Schätzwerte von fünf alternativen CAPM-Modellen zur Schätzung der „required return on equity“ vor (vgl. Tabelle 1 auf S. 7) und argumentiert, dass dies den Intentionen der aktuellen National Electricity Rules (NER) und der National Gas Rules (NGR) am besten entspreche, insbesondere weil dadurch die aktuelle Lage auf den Märkten besser berücksichtigt wird (the prevailing conditions in the market for equity funds). Das CAPM spiegele nur die langfristige Situation auf den Aktienmärkten wider. - CAPM (9,2 %) gewichtet mit 12,5 %; - Black CAPM (9,8 %) gewichtet mit 25 %; - Fama/French (9,8 %) gewichtet mit 37,5 %; - Dividendendiskontierungsmodell (10,2 %) gewichtet mit 25 %; Insgesamt ergibt sich dadurch eine „required return on equity“ von 9,8 %. 85 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Alternativ schlägt Frontier eine Vorgehensweise vor, bei der das CAPM als Foundation Model verwendet wird. Anders als bei der AER-Vorgehensweise wird die Marktrisikoprämie aber nicht durch das arithmetische Mittel der historischen Marktrisikoprämie (6,5 %) nach oben begrenzt. Die Marktrisikoprämie wird mithilfe der historischen Marktrisikoprämie, eines Schätzwertes auf Basis des Wright-Ansatzes und eines Schätzwertes auf Basis des Dividendendiskontierungsmodells festgelegt. Dadurch ergibt sich ein Schätzwert für die Marktrisikoprämie in Höhe von 7,9 %. IX.2.e IX.3 Jemena Electricity Networks (Vic) Ltd, 2016-20 Electricity Distribution Price Review Stellungnahmen und Verfahren der Queensland Competition Authority (QCA) Die für Queensland (einer der sechs Bundesstaaten) zuständige Regulierungsbehörde QCA hat im August 2014 nach einem Konsultationsverfahren eine Studie zur Schätzung und Festlegung der drei Eingangsparameter des CAPMs für regulatorische Zwecke erstellt, die in ihren zukünftigen Festlegungen als Ausgangspunkt dienen soll: IX.3.a Cost of capital: market parameters, Final Decision, August 2014 http://www.qca.org.au/getattachment/820a4f29-2878-4641-b445-dcf8af7f75ed/QCAFinal-Decision-Cost-of-Capital-Market-Paramete.aspx Die letzte derartige Studie der QCA wurde 2004 veröffentlicht. Am Konsultationsprozess nahmen die wichtigsten involvierten Parteien teil. Es wurden mehrere Gutachten von Wissenschaftlern und Stellungnahmen von Beratungsunternehmen vorgelegt. Auf diese wird ausführlich eingegangen. Die Studie besteht aus 30 Textseiten und hat einen 80-seitigen Anhang. (Das Abkürzungsverzeichnis befindet sich auf S. 30, das Symbolverzeichnis auf S. 32 f.) Im Text werden jeweils die Positionen der „stakeholder“ und ihrer Gutachter (u.a. SFG) kurz dargestellt, dann folgt die „QCA-Position. Wichtige Punkte sind: • die Eigenkapitalkosten werden nominal geschätzt, vor und nach Steuern. • Ebenso der WACC-Berechnung zugrunde liegen ein nominaler Zins (praktisch die aktuelle Höhe der Effektivverzinsung von Commonwealth Government bonds, Fristigkeit: Länge der Regulierungsperiode (5 Jahre) Eingangsparameter der Eigenkapitalkostenschätzung sind: - ein nominaler Zins (praktisch die aktuelle Höhe der Effektivverzinsung von Commonwealth Government bonds, Fristigkeit: Länge der Regulierungsperiode (5 Jahre); - eine nominale Risikoprämie, diese wird auf Basis von vier Verfahren festgelegt, kein Mittelwert, nur australische Aktien, nur arithmetisches Mittel; der WrightAnsatz wird abgelehnt („QCA will have limited regard to the Wright estimates”); - ein nominales Beta. 86 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Die grundlegende Vorgehensweise ist also die gleiche in der BnetzA TelekommunikationsWACC-Schätzung: Es erfolgt eine einheitliche Verwendung von nominalen Werten und eine Schätzung der Risikoprämie mit historischen Daten Relevante Ausführungen im Detail sind: Einführend argumentieren einige Stakeholder (S. 5), dass die Vorgehensweise bei der Schätzung die Global Financial Crisis berücksichtigen sollte, andere argumentieren für eine stabile Vorgehensweise im Zeitablauf. Die QCA spricht sich für die weitere Nutzung des CAPMs aus (S.8). Risikoloser Zinssatz: „Current rate“ of Commonwealth Government bonds (also kein mehrjähriger Durchschnitt), Laufzeit soll dem Regulierungszyklus entsprechen, nicht der Laufzeit der Investitionen (S.14). Marktrisikoprämie: Fazit (S. 15 Mitte): weiterhin wird 6% als langfristiger Wert angesehen, aktuell 6,5%. Breite Unterstützung durch die Stakeholders für die Verwendung eines gleichgewichteten Durchschnittes von vier Schätzverfahren (a) – (d), (S. 16). Diese Schätzwerte sind etwas höher als unsere arithm. Mittel. Ursachen: nur australische Daten, kurze Laufzeit bei risikolosem Zinssatz. Verfahren (a) : Die historische Risikoprämie. Sie wird nur für Australien und nur als arithmetisches Mittel geschätzt, dies wird als „Ibbotson estimate“ bezeichnet (vgl. S. 53 – 55). Die Qualität der Datengrundlage und die Relevanz weit zurückliegender Zeitperioden werden ausführlich erörtert (S. 20, 55 – 59). Es wird korrekt argumentiert, dass die Daten von Brailsford/Handley/Maheswaran derzeit die besten für Australien sind, diese haben ab 1958 die höchste Qualität. Alternative Schätzperioden werden ausführlich erörtert (S. 58 ff.). Das Ibbotson-Estimate für die Zeitperiode 1958 -2013 ist 6,5%, für die anderen Zeitperioden liegt es zwischen 6,0 und 6,7%. Seine Berechnung wird auf den Seiten 17 und 20 erörtert. Zuzüglich zum Ibbotson-Estimate gehen (S. 81 unten) in die Festlegungen ein: (b) ein Siegel-Estimate, ebenfalls auf Basis der Daten von Brailsford et al. (S. 81). Für 1958 bis 2013 liegt dies bei 5,5%, für andere Zeitperioden zwischen 4 % und 6,5%; im Siegel–Estimate wird die Risikoprämie um die unerwartete Inflation korrigiert, deshalb sind die Risikoprämien etwas niedriger. (c) aktuelle Umfrageergebnisse (6,2%); (d) Cornell dividend growth estimates (5,5 % – 8 %); Eventuell gehen auch weitere durch Vorhersage geeignete Faktoren ein (Conditional information). Als Gesamtergebnis ergibt sich: 6,5 %. Zufällig (??) ist dies identisch mit dem IbbotsonEstimate für die Jahre ab 1958. Die QCA nimmt wie folgt zum Wright-Ansatz Stellung (Übersetzung: Stehle): 87 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Original Übersetzung (Weglassungen oder Ergänzungen durch Stehle): S. 22: „The Wright approach has been proposed as a way to correct for the influence of currently low risk‐free rates. The premise of the Wright method is that a better assumption than a stable market risk premium is a stable (real) return on equity (i.e. the risk‐free rate and market risk premium are perfectly, negatively correlated). The QCA notes that Dr Lally‘s, and its own, analysis shows that the market risk premium is relatively more stable than the return on equity for Australia. As a result, the QCA will have limited regard to the Wright estimates. The QCA notes that regulators in the United Kingdom have begun moving away from that approach in recent decisions (e.g. Competition Commission, 2013).” „Der Wright-Ansatz wurde vorgeschlagen als ein Mittel, um den Einfluss der aktuell niedrigen Zinsen zu korrigieren. Der Ausgangspunkt des Wright-Ansatzes ist, dass die Annahme einer stabilen realen Rendite des Eigenkapitals eine bessere Annahme ist als die Annahme einer im Zeitablauf stabilen Marktrisikoprämie (d.h., der risikolose Zinssatz und die Marktrisikoprämie sind vollkommen negativ korreliert). Die QCA bemerkt hierzu, dass ihre eigene Analyse und die Analyse von Dr. Lally [des Gutachters] zeigen, dass die Marktrisikoprämie in Australien relativ stabiler ist als die Rendite des Eigenkapitals. Als Folge beachtet die QCA die Wright-Schätzwerte nur am Rande. Die QCA bemerkt, dass die Regulierungsbehörden im UK damit begonnen haben, in neueren Entscheidungen den Wright-Ansatz auf geringere Weise zu beachten als bisher. (z.B. in Competition Commission 2013). However, while available evidence does not support the Wright method, at the same time it also does not preclude a possible negative relationship between the risk‐free rate and the market risk premium. The question is the strength of the relationship, which is difficult to determine. The QCA's view is that there could be a negative relationship at this time, but that the relationship between these two parameters also changes over time.” Die Wright-Methode wird zuvor auf S. 19 -20 kurz erörtert, zusätzlich auf S. 78 f. und 85 -88. IX.4 Jedoch, obwohl die empirischen Ergebnisse den Wright-Ansatz nicht bestätigen, schließen sie auch eine mögliche negative Beziehung zwischen dem risikolosen Zinssatz und der Marktrisikoprämie nicht aus. Unklar ist die Stärke der Beziehung, die sich nur schwer bestimmen lässt. Die Meinung der QCA ist, dass eine negative Beziehung zurzeit existieren könnte, dass sich die Beziehung zwischen diesen beiden Parametern sich aber im Zeitablauf auch ändert.“ Stellungnahmen und Verfahren des Independent Pricing and Regulatory Tribunal (IPART) von New South Wales Auch diese lokale Regulierungsbehörde hat ein “Kochbuch“ für die WACC-Berechnung veröffentlicht: Review of WACC Methodology, Research – Final Report, December 2013. IX.5 Weitere australische Regulierungsbehörden 88 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 - Economic Regulation Agency of Western Australia (ERA) - Essentail Services Commission of Victoria (ESCV) - Essentail Services Commission of Southern Australia (ESCOSA) - Northern Territory Utility Commission (NTUC) 89 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 X Anhang B: Die Stellungnahmen und Festlegungen der britischen Regulierungsbehörden zur Marktrisikoprämie, insbesondere zum Wright-Vorschlag zur Schätzung der Prämie Einen guten Einstieg in die aktuelle Vorgehensweise der sechs Regulierungsbehörden des UK gibt das „Information Paper“ des UK Regulators‘ Network (UKRN) vom 11. Febr. 2015, „Market Returns and Cost of Capital: A Refresh“. Dessen Vorgänger, die Joint Regulators Group (JRG) publizierte im März 2013 ein ähnliches Information Paper mit dem Titel „Cost of Capital and Financeablity“. Das aktuelle Information Paper ist verfügbar unter: http://www.ukrn.org.uk/wp-content/uploads/2015/02/Market-returns-and-cost-ofcapital-a-refresh.pdf Die sechs britischen (Netz-)Regulierungsbehörden - Civil Aviation Authority (CAA) - Office of Communications (Ofcom) - Office of Gas and Electricity Markets (Ofgem) - Water Services Regulation Authority (Ofwat) - Northern Ireland Authority for Utility Regulation verwenden ähnliche Vorgehensweisen zur WACC-Schätzung, Ofcom und Ofgem weichen in Teilbereichen ab (UKRN 2015, RN 3.1). Zur Schätzung der Kosten des Eigenkapitals wird das CAPM als Grundlage verwendet, von manchen Behörden werden zusätzliche Informationen berücksichtigt (RN 3.4). Ofcom legt dabei nominale Renditen zugrunde, Ofgem eine ‚modified approach‘, die anderen vier schätzen den WACC auf Basis von realen Renditen (RN 3.5). Zur Schätzung des risikolosen Zinssatzes werden die Effektivverzinsungen längerfristiger regulärer Anleihen oder längerfristiger (preis-)indexgebundener Anleihen des UK verwendet (Gilts bzw. index-linked Gilts), wobei die Regulierungsbehörden eine Ermessensentscheidung auf Basis historischer, aktueller und prognostizierter Zinssätze fällen (RN 3.8). Für die Jahre 2013 bis 2014 werden in Figure 1 (S.7) die Zinssätze von neun Festlegungen aufgelistet, diese liegen zwischen 0,5 % und 1,75 %. Ähnlich wird bei der Schätzung der Markrisikoprämie vorgegangen, wobei oft die Daten von Dimson/Marsh/Staunton verwendet werden, meist ergänzt durch zusätzliche Erwägungen (RN 3.10). In RN 3.11 wird erwähnt, dass hierbei der Wright-Ansatz eine Rolle spielt, dieser wird zitiert. Zwischen 2013 und 2014 wurden Marktrisikoprämien zwischen 5,0 % und 5,75% verwendet. Exemplarisch werden im Folgenden unter a) die Ofcom-Breitband-Entscheidungen von 2011 und 2015 und b) die NIE-Entscheidung der Revisionsinstanz Competition Commission im Bereich Strom und Gas von 2014 behandelt. X.1.a Ofcom (2011 und 2015): Mobile call termination Ocom (2011): Wholesale mobile voice call termination, Statement, vom 15.11.2011 90 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 http://stakeholders.ofcom.org.uk/binaries/consultations/mtr/statement/MCT_statement. pdf . Der hier besonders relevante Anhang 8 ist verfügbar unter: http://stakeholders.ofcom.org.uk/binaries/consultations/mtr/statement/MCT_statement_ Annex_6-10.pdf Ofcom (2015): Mobile call termination review 2015-2018 vom 17.03.2015 http://stakeholders.ofcom.org.uk/binaries/consultations/mobile-call-termination14/statement/MCT_final_statement.pdf . Der hier besonders relevante Anhang 10 ist verfügbar unter http://stakeholders.ofcom.org.uk/binaries/consultations/mobile-call-termination14/statement/Annexes_7-13_final.pdf In beiden Verfahren werden die Eigenkapitalkosten nominal geschätzt, vor und nach Steuern (vgl. 2015 Tabelle A10.1, S. 84), ebenso der WACC, dieser wird wie im Telekommunikationsbereich der BNetzA erst im letzten Schritt real berechnet („deflation with forecast RPI and, alternatively, forecast CPI“). 2015 liegt wie bei allen mir bekannten britischen Regulierungsentscheidungen der Wright-Ansatz zugrunde. Dieser wird ein realer Zinssatz zugrunde gelegt, der für die Schätzung der Risikoprämie verwendet wird. Dieser wird mit der RPI-Inflationsrate in einen nominalen Zinssatz umgerechnet und in der CAPM-Formel verwendet. Es wird eine nach Wright berechnete Risikoprämie von Aktien (real=nominal) verwendet. Das Beta wird nominal geschätzt. Die Risikoprämie wird mit DMS UK verglichen, beide sind nahezu identisch. 2011 wurde der Wright-Ansatz noch nicht benutzt, nicht einmal erwähnt, DMS World wurde zugrunde gelegt. Die Marktrisikoprämien, die risikolosen Zinssätze und die realen Renditen aller Aktien wurden in den beiden genannten und in früheren Festlegungen wie folgt geschätzt: Datum 18.08.2005 27.03.2007 15.11.2011 26.06.2014 17.03.2015 Bezeichnung Qualität MRP,wo? Höhe MRP Fin. Statem. Statement 4,5 Statement Anhang 8 5,0 Statement Anhang 14 Statement Anhang 10 5,3 Höhe real rf 2 1,5 1,3 1 Reale Rendite aller Aktien 6,5 6,5 6,3 Die Tabelle zeigt u. a.: die reale Rendite aller Aktien blieb seit 2007 nahezu konstant. Der Rückgang der Realzinssätze wurde durch die erhöhte Marktrisikoprämie (MRP), die sich 2015 aus dem Wright-Ansatz ergibt, ausgeglichen. Wichtige Punkte der Ofcom-Entscheidung vom 15.11.2011 sind, vgl. deren Anhang 8: 91 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 A8.24: "Our approach…is the same as it has been in the past: we observe and exercise judgement in interpreting that data" A8.31: "The risk-free rate is perhaps the most important parameter." A8.32: "..this charge control is for a 4 year period, and therefore our rate needs to be relevant for that period" A8.33: "…estimate a rate that is based on historic and current data, but which should be relevant for the period covered." A8.34: “..in April 2010 we estimated the real risk-free rate to be 2 %.” A8.40: "..in its recent determination on Bristol Water, the CC [Competition Commission] used a real risk-free rate range of 1%-2% and chose a point estimate at the top“ A8.42: “we can track real gilt yields, 5 year and 10 year. We favor 5 years but also consider 10 years.” A8.46: “we give more weight to the 1, 2 and 5 year averages than the recent very low rates. The 10-year average for the 5-year real gilts is 1.7 %” A8.68: "The ERP is a key component of …WACC" A8.72: " …5%, up from an estimate of 4.5% in 2007. Our estimate was informed in particular by Dimson/Marsh/Staunton" A8.73: "In addition …volatility…" A8.78: "DMS have suggested an arithmetic mean premium for the world index of around 4.5 - 5%” (bills adjusted, bills unadjusted 5.9 %, vgl. DMS Sourcebook 2010, page 34) A8.78: "for the UK ..it is 5.2% "(vgl. DMS Sourcebook 2010, page 158, arithmetic mean). A8.84: "Recent ERP estimates by the UK's economic regulators and competition authorities are in a range of 5 % - 5.5 %." (Erwähnt werden u. a. Ofcom 2009:LLU Charge Control; CC: Bristol Water 2010; CAA: NATS 2010). In dieser Entscheidung von 2011 erfolgt keine Erwähnung von Wright et al.(2003) bzw. Smithers (2003) Wichtige Punkte in der Ofcom-Entscheidung vom 17.03.2015: Mobile call termination review 2015 – 2018 sind: A10.2: "We attach weight to the objective of promoting regulatory predictability” Table A10.1: WACC estimate for an average efficient MCP: Aus der real risk-free rate und der erwarteten Inflationsrate ergibt sich die nominale RFR, dann auf Basis der in A10.8 genannten Standard-CAPM-und –WACC-Formeln der nominale und reale WACC. 92 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 A10.7: "…we have consistently used the …CAPM, which the CC has previously found to be the most robust way for a regulator…” A10.22: "The 2003 Smithers & Co report [=Wright et al.] recommended that the cost of equity should be derived from estimates of the TMR [Total market return], with any changes in the real RFR or the ERP offsetting each other." (vgl. Smithers, pages 48 and 49) A10.23: "The CMA said in its 2014 NIE Determination that "historically, the market return has tended to be less volatile than the ERP…and there is some evidence of the ERP being negatively correlated with treasury bill rates over the short term"." Table A10.3: "Recent regulatory decisions on the real RFR, ERP and TRP "(TMR?) A10.32: "In previous estimates of the cost of capital, we have estimated the ERP by taking into account the following sources: historical data on the premium, ..surveys..(..little weight..), ..recent ERP estimates by regulators" A10.33: "In more recent estimates….we have also considered volatility…" A10.34:" We have also previously noted that the real RFR and the ERP are likely to move in opposite directions" A10.50:"We conclude that it is appropriate to place more weight on the TMR approach than we have in previous reviews" A10.51: Comparison with the DMS Sourcebook 2015 Table A10.5: ERP estimates used in recent regulatory desisions X.1.b Competition Commission (März 2014) Final determination sent by CC to Regulator. Zum 1. April 2014 wurde die CC aufgelöst. Der Nachfolger, The Competition and Markets Authority, published the Competition Commission’s final determination on 20.Mai 2014: Northern Ireland Electricity Limited price determination, Final determination (502 Seiten). Wie fast immer im UK wird mit realen Renditen und Zinssätzen argumentiert, auch wenn dies nicht speziell erwähnt wird , vgl. z.B. Punkt 17.40, S. 443. Auch wird weiterhin mit einer konstanten erwarteten realen Rendite bei Aktien gerechnet, statt wie bisher meist 7 % wird 5 % – 6,5 % zugrunde gelegt (Punkt 13.146 d)). Dies impliziert eine Marktrisikoprämie von 4 % – 5 %. 93 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 XI Anhang C: Das Sharpe/Lintner Capital Asset Pricing Model (CAPM) Annahmen: homogene Erwartungen und rationale, den Erwartungswert des Nutzens maximierende Investoren vollkommener Kapitalmarkt (identischer, risikoloser Soll und Habenzins; keine Transaktionskosten und Steuern) Risikoaversion normalverteilte Wertpapierrenditen oder quadratische Nutzenfunktionen Das Markowitz-Modell bei Gültigkeit des CAPMs: E R E R E Rm Marktportefeuille • ₒ ₒ Das Hauptergebnis des CAPMs: E R Kurve der effizienten Portefeuilles E R ₒ E Rm ₒ Einzelne Aktien Rf Rf • ₒ ₒ ₒ m 1 , R , E Rm Wertpapiermarktlinie (Security Market Line, SML) Einzelne oder feuilles Aktien Porte- i E R R p / Ri = die Zufallsvariable Rendite von Portefeuille p bzw. Aktie i Charakteristika des Marktportefeuilles: ₒ R Rm E = Erwartungswertoperator Marktportefeuille ₒ ₒ Kapitalmarktlinie, (Capital Market Line, CML) m m im m2 E Ri R f i E Rm R f 1 R f = risikoloser Zinssatz im = feuilles Kovarianz der Rendite des Wertpapiers i mit der Rendite des Marktporte- 94 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 XII Anhang D: Daten und ihre Probleme Tabelle D1: Die Unterschiede zwischen den durch das arithmetische Mittel und den durch das geometrische Mittel geschätzten Risikoprämien von Dimson/Marsh/Staunton für die Jahre 2000, 2009 und 2014 Land Australien Österreich Belgien Kanada Dänemark Finnland Frankreich Deutschland Irland Italien Japan Niederlande Neuseeland Norwegen Portugal Südafrika Spanien Schweden Schweiz UK US Europa Welt GM 2000 AM 2000 Diff. 6.3% 8.0% 1.7% 2.9% 4.5% 2.0% 4.8% 6.0% 3.3% 4.9% 6.7% 3.2% 5.0% 6.2% 4.7% GM 2009 AM 2009 Diff. 6,0% 7,9% 1,9% 7.0% 9.9% 4.6% 8.4% 10.3% 6.7% 1.9% 1.5% 1.3% 0.0% 2.1% 3.2% 1.4% 3.4% 4.1% 2.0% 2,6% 3,7% 1,8% 5,4% 3,3% 5,4% 2,6% 3,8% 5,1% 3,5% 4,1% 2,4% 4,9% 5,3% 3,3% 9,1% 5,7% 8,8% 4,7% 7,3% 9,2% 5,9% 6,0% 5,4% 2,3% 1,6% 1,5% 3,7% 2,4% 3,4% 2,1% 3,5% 4,1% 2,4% 1,9% 3,0% 5.4% 2.3% 5.2% 2.7% 4.4% 5.0% 7.1% 4.2% 7.4% 4.2% 5.6% 7.0% 1.7% 1.9% 2.2% 1.5% 1.2% 2.0% 4.6% 5.6% 1.0% 5,4% 2,4% 3,6% 2,1% 3,9% 4,2% 3,9% 3,7% 7,2% 4,4% 6,0% 3,7% 5,2% 6,3% 5,2% 4,9% 1,8% 2,0% 2,4% 1,6% 1,3% 2,1% 1,3% 1,2% GM 2014 AM 2014 Diff. 5.6% 7.5% 1.9% 2.5% 21.5% 19.0% 2.3% 4.4% 2.1% 3.5% 5.1% 1.6% 2.0% 3.6% 1.6% 5.1% 8.7% 3.6% 3.0% 5.3% 2.3% 5.0% 8.4% 3.4% 2.6% 4.5% 1.9% 3.1% 6.5% 3.4% 5.1% 9.1% 4.0% 3.2% 5.6% 2.4% 3.9% 5.5% 1.6% 2.3% 5.3% 3.0% 2.6% 7.4% 4.8% 6.3% 8.4% 2.1% 1.9% 3.9% 2.0% 3.9% 5.9% 2.0% 2.1% 3.6% 1.5% 3.7% 5.0% 1.3% 4.4% 6.5% 2.1% 3.1% 4.4% 1.3% 3.2% 4.5% 1.3% Quellen und einbezogene Jahre: Dimson/Marsh/Staunton (2002), 1900-2000; Dimson/Marsh/ (2010), 1900-2009; Dimson/Marsh/Staunton (2015), 1900 -2014 Abkürzungen: GM, AM: Risikoprämie auf Basis des geometrischen bzw. des arithmetischen Mittels 95 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Tabelle D2: Die Unterschiede zwischen den durch das arithmetische Mittel geschätzten Risikoprämien von Dimson/Marsh/Staunton für die Jahre 2000, 2009 und 2014 AM (2000) AM (2009) Diff. 2000-2009 Australien 8.0% 7.9% Österreich Belgien 4.8% 4.9% Kanada 6.0% 5.3% Dänemark 3.3% 3.3% Finnland 9.1% Frankreich 7.0% 5.7% Deutschland 9.9% 8.8% Irland 4.6% 4.7% Italien 8.4% 7.3% Japan 10.3% 9.2% Niederlande 6.7% 5.9% Neuseeland 6.0% Norwegen 5.4% Portugal Südafrika 7.1% 7.2% Spanien 4.2% 4.4% Schweden 7.4% 6.0% Schweiz 4.2% 3.7% UK 5.6% 5.2% US 7.0% 6.3% Europa 5.2% Welt 5.6% 4.9% Durchschnitt über die 16 Länder von 2000 6.5% 6.0% -0.1% 0.1% -0.7% 0.0% -1.3% -1.1% 0.1% -1.1% -1.1% -0.8% 0.1% 0.2% -1.4% -0.5% -0.4% -0.7% -0.7% -0.5% AM 2014 Diff Diff 2009-2014 2000-2014 7.5% -0.4% -0.5% 21.5% 4.4% -0.5% -0.4% 5.1% -0.2% -0.9% 3.6% 0.3% 0.3% 8.7% -0.4% 5.3% -0.4% -1.7% 8.4% -0.4% -1.5% 4.5% -0.2% -0.1% 6.5% -0.8% -1.9% 9.1% -0.1% -1.2% 5.6% -0.3% -1.1% 5.5% -0.5% 5.3% -0.1% 7.4% 8.4% 1.2% 1.3% 3.9% -0.5% -0.3% 5.9% -0.1% -1.5% 3.6% -0.1% -0.6% 5.0% -0.2% -0.6% 6.5% 0.2% -0.5% 4.4% -0.8% 4.5% -0.4% -1.1% 5.8% -0.2% -0.7% 96 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Tabelle D3: Vergleich des Amtlichen Marktes und des Geregelten Marktes in Frankfurt in Hinblick auf die Anzahl der Aktien, IPOs, Dividendenzahlungen und Kapitalmaßnahmen im Zeitraum von Mai 1987 bis Oktober 2007 (Quelle: Brückner/Stehle (2013) Anzahl notierter Aktien Zugänge (insgesamt) IPOs Abgänge (vor 31.10.2007) Dividendenausschüttungen in Prozent 9 3,5 1 0,4 3 1,2 n/A 20 7 0 5 n/A 1 1988 262 2 243 91,7 27 10,2 9 3,4 3 1,1 0 0,0 20 22 7 0 27 87,1 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 268 287 298 316 318 326 330 344 2 7 6 1 5 2 10 6 251 270 280 280 263 276 281 280 90,5 92,3 91,2 88,3 81,7 84,1 83,4 80,5 4,3 1 0,4 5,5 2 0,7 2,0 2 0,7 3,8 1 0,3 3,4 1 0,3 2,7 4 1,2 4,2 38 11,3 2,6 36 10,3 0 0 0 0 8 0 5 0 0,0 0,0 0,0 0,0 2,5 0,0 1,5 0,0 42 56 71 73 78 77 83 86 14 17 9 6 4 9 5 6 8 14 7 6 2 7 5 4 0 2 7 1 5 3 2 13 35 48 56 57 59 53 52 56 71,4 75,6 77,8 75,5 76,1 66,3 61,5 67,9 1997 352 8 278 79,2 34 9,7 13 3,7 18 5,1 2 0,6 79 5 3 5 43 1998 350 14 299 81,9 31 8,5 14 3,8 32 8,8 0 0,0 79 14 9 11 1999 380 1 27 331 84,2 22 5,6 10 2,5 75 19,1 0 0,0 82 13 8 2000 2001 2002 406 410 395 3 7 13 5 1 332 334 274 81,4 25 6,1 6 1,5 31 7,6 83,0 15 3,7 11 2,7 17 4,2 72,4 5 1,3 4 1,1 4 1,1 1 1 1 0,2 0,2 0,3 88 92 98 1 4 11 10 6 2003 362 20 1 221 63,3 15 4,3 4 1,1 2 0,6 4 1,1 99 23 2004 2005 336 320 21 19 3 14 188 187 57,3 16 4,9 59,1 18 5,7 6 4 1,8 1,3 0 5 0,0 1,6 1 2 0,3 0,6 97 97 2006 313 18 20 193 60,6 13 4,1 8 2,5 8 2,5 2 0,6 2007 324 23 11 202 62,3 13 4,0 4 1,2 10 3,1 2 / 331 0 n/A 0 n/A 2 6,5 0 0,0 0 0,0 0 0,0 7 19 11 9 1 16 8 6 14,3 29,9 15,3 11,9 1,3 20,0 9,5 7,3 0 2 3 3 3 0 0 2 0,0 0 3,1 1 4,2 0 4,0 0 3,9 0 0,0 1 0,0 8 2,4 10 0,0 1,6 0,0 0,0 0,0 1,3 9,5 12,1 0 1 0 0 2 0 0 0 0,0 1,6 0,0 0,0 2,6 0,0 0,0 0,0 54,4 6 7,6 0 0,0 3 3,8 0 0,0 45 55,9 8 9,9 0 0,0 7 8,7 0 0,0 7 45 52,9 2 2,4 5 5,9 17 20,0 2 2,4 5 5 3 7 4 5 51 47 38 56,7 49,5 38,6 3 6 1 3,3 6,3 1,0 5 1 1 5,6 1,1 1,0 6 4 1 6,7 4,2 1,0 0 1 1 0,0 1,1 1,0 4 0 6 31 31,6 7 7,1 1 1,0 0 0,0 3 3,1 17 19 5 3 2 1 5 6 32 37 33,0 38,7 2 1 2,1 1,0 0 3 0,0 3,1 0 1 0,0 1,0 4 3 4,1 3,1 94 14 16 9 3 37 36,8 4 4,0 5 5,0 0 0,0 1 1,0 0,6 107 14 11 8 4 37 33,5 5 4,5 1 0,9 2 1,8 3 2,7 13 163 5457 78,3 650 9,7 191 2,8 291 3,8 32 0,5 80 13 210 120 96 891 57,0 2 65 72 46 36 47 68 35 28 23,4 24,6 15,0 11,4 14,6 20,7 10,4 8,0 12 16 6 12 11 9 14 9 Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht in Prozent Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln in Prozent n/A Anzahl Penny Stocks 0 in Prozent Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht in Prozent Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln in Prozent n/A Anzahl Penny Stocks in Prozent in Prozent 75,8 19 7,4 Kapitalherabsetzungen Kapitalherabsetzungen 194 in Prozent in Prozent 5 Nennwertumstellungen Nennwertumstellungen 250 Anzahl notierter Aktien Jahr 1987 Dividendenausschüttungen Geregelter Markt Frankfurt IPOs Amtlicher Markt Frankfurt 125 8,3 35 2,1 61 3,6 21 1,1 Die Tabelle zeigt die Anzahl der jeweils zum Jahresanfang notierten Aktien (einschließlich Penny Stocks, jedoch ohne Zugänge aus dem Neuen Markt) und für die jeweiligen Jahre die Zahl der Penny Stocks, der Dividenden zahlenden Aktien (Bardividende bzw. Bonus > 0,00 €), der Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln, der Nennwertumstellungen, der Kapitalherabsetzungen, der Bezugsrechte (theoretischer Bezugsrechtwert > 0,00 €). Für den Geregelten Markt werden zusätzlich die Zu- und Abgänge dargestellt. Die Angaben „in Prozent“ beziehen sich jeweils auf die durchschnittliche Anzahl Aktien die im Jahresverlauf im jeweili97 gen Segment notiert waren und berechnen sich aus der Hälfte der Summe der Anzahl der Aktien zu Beginn und zum Ende des Jahres. Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 XIII Anhang E: Vergleich von arithmetisch, geometrisch und implizit ermittelten Marktrisikoprämien auf Basis der DamodaranDaten für die USA 1928 – 2014 (Die Berechnung der Marktrisikoprämien (MRP arithm. und MRP geom.) erfolgt in den einbezogenen Jahren auf Basis des jeweiligen Jahres und der jeweiligen Vorjahre seit 1928 auf der unten beschriebenen Weise.) Diff. zwischen Diff. zwischen Diff. zwischen MRP MRP MRP MRP arith. und MRP geom. und Mittel d. Mittel Bonds arithm geom impli. und impl. MRP und impl. MRP und impl. MRP Jahr Aktien 1961 26.64% 2.06% 9.37% 6.62% 2.92% 6.45% 3.70% 5.07% 1962 -8.81% 5.69% 8.69% 5.97% 3.56% 5.13% 2.41% 3.77% 1963 22.61% 1.68% 9.03% 6.36% 3.38% 5.65% 2.98% 4.32% 1964 16.42% 3.73% 9.13% 6.53% 3.31% 5.82% 3.22% 4.52% 1965 12.40% 0.72% 9.20% 6.66% 3.32% 5.88% 3.34% 4.61% 1966 -9.97% 2.91% 8.63% 6.11% 3.68% 4.95% 2.43% 3.69% 1967 23.80% -1.58% 9.05% 6.57% 3.20% 5.85% 3.37% 4.61% 1968 10.81% 3.27% 9.01% 6.60% 3.00% 6.01% 3.60% 4.80% 1969 -8.24% -5.01% 8.72% 6.33% 3.74% 4.98% 2.59% 3.79% 1970 3.56% 16.75% 8.21% 5.90% 3.41% 4.80% 2.49% 3.64% 1971 14.22% 9.79% 8.12% 5.87% 3.09% 5.03% 2.78% 3.91% 1972 18.76% 2.82% 8.30% 6.08% 2.72% 5.58% 3.36% 4.47% 1973 -14.31% 3.66% 7.73% 5.50% 4.30% 3.43% 1.20% 2.31% 1974 -25.90% 1.99% 6.97% 4.64% 5.59% 1.38% -0.95% 0.22% 1975 37.00% 3.61% 7.52% 5.17% 4.13% 3.39% 1.04% 2.22% 1976 23.83% 15.98% 7.53% 5.22% 4.55% 2.98% 0.67% 1.82% 1977 -6.98% 1.29% 7.21% 4.93% 5.92% 1.29% -0.99% 0.15% 1978 6.51% -0.78% 7.21% 4.97% 5.72% 1.49% -0.75% 0.37% 1979 18.52% 0.67% 7.42% 5.21% 6.45% 0.97% -1.24% -0.13% 1980 31.74% -2.99% 7.93% 5.73% 5.03% 2.90% 0.70% 1.80% 1981 -4.70% 8.20% 7.55% 5.37% 5.73% 1.82% -0.36% 0.73% 1982 20.42% 32.81% 7.18% 5.10% 4.90% 2.28% 0.20% 1.24% 1983 22.34% 3.20% 7.40% 5.34% 4.31% 3.09% 1.03% 2.06% 1984 6.15% 13.73% 7.13% 5.12% 5.11% 2.02% 0.01% 1.02% 1985 31.24% 25.71% 7.11% 5.13% 3.84% 3.27% 1.29% 2.28% 1986 18.49% 24.28% 6.89% 4.97% 3.58% 3.31% 1.39% 2.35% 1987 5.81% -4.96% 6.95% 5.07% 3.99% 2.96% 1.08% 2.02% 1988 16.54% 8.22% 6.98% 5.12% 3.77% 3.21% 1.35% 2.28% 1989 31.48% 17.69% 7.08% 5.24% 3.51% 3.57% 1.73% 2.65% 1990 -3.06% 6.24% 6.82% 5.00% 3.89% 2.93% 1.11% 2.02% 1991 30.23% 15.00% 6.96% 5.14% 3.48% 3.48% 1.66% 2.57% 1992 7.49% 9.36% 6.82% 5.03% 3.55% 3.27% 1.48% 2.38% 1993 9.97% 14.21% 6.65% 4.90% 3.17% 3.48% 1.73% 2.61% 1994 1.33% -8.04% 6.69% 4.97% 3.55% 3.14% 1.42% 2.28% (Fortsetzung und Datenquelle nächste Seite) 98 Stehle BNetzA-Gutachten zur Marktrisikoprämie 2016 Jahr Aktien Diff. zwischen Diff. zwischen Diff. zwischen MRP MRP MRP MRP arith. und MRP geom. und Mittel d. Mittel Bonds arithm. geom. impliz. impliz. MRP impliz. MRP und impl. MRP 1995 37.20% 23.48% 6.80% 5.08% 3.29% 3.51% 1.79% 2.65% 1996 22.68% 1.43% 7.01% 5.30% 3.20% 3.81% 2.10% 2.96% 1997 33.10% 9.94% 7.24% 5.53% 2.73% 4.51% 2.80% 3.65% 1998 28.34% 14.92% 7.32% 5.63% 2.26% 5.06% 3.37% 4.22% 1999 20.89% -8.25% 7.63% 5.96% 2.05% 5.58% 3.91% 4.75% 2000 -9.03% 16.66% 7.17% 5.51% 2.87% 4.30% 2.64% 3.47% 2001 -11.85% 5.57% 6.84% 5.17% 3.62% 3.22% 1.55% 2.38% 2002 -21.97% 15.12% 6.25% 4.53% 4.10% 2.15% 0.43% 1.29% 2003 28.36% 0.38% 6.54% 4.82% 3.69% 2.85% 1.13% 1.99% 2004 10.74% 4.49% 6.53% 4.84% 3.65% 2.88% 1.19% 2.04% 2005 4.83% 2.87% 6.48% 4.80% 4.08% 2.40% 0.72% 1.56% 2006 15.61% 1.96% 6.57% 4.91% 4.16% 2.41% 0.75% 1.58% 2007 5.48% 10.21% 6.43% 4.79% 4.37% 2.06% 0.42% 1.24% 2008 -36.55% 20.10% 5.65% 3.88% 6.43% -0.78% -2.55% -1.67% 2009 25.94% -11.12% 6.03% 4.29% 4.36% 1.67% -0.07% 0.80% 2010 14.82% 8.46% 6.03% 4.31% 5.20% 0.83% -0.89% -0.03% 2011 2.10% 16.04% 5.80% 4.10% 6.01% -0.21% -1.91% -1.06% 2012 15.89% 2.97% 5.88% 4.20% 5.78% 0.10% -1.58% -0.74% 2013 32.15% -9.10% 6.29% 4.62% 4.96% 1.33% -0.34% 0.49% 2014 13.52% 10.75% 6.25% 4.60% 5.78% 0.47% -1.18% -0.36% Arithmet. Mittel Arithmet. Mittel 1961-2014 (54 Jahre) 2005-2014 (10 Jahre) 3.22% 1.03% 1.21% -0.66% 2.22% 0.18% Datenquellen: Die Daten in den Spalten Aktien und Bonds wurden der Daten-Webseite von A.Damodaran am 20.3.2016 entnommen (Historical Returns…): http://people.stern.nyu.edu/adamodar/New_Home_Page/datacurrent.html Die Daten in der Spalte MRP impliz. wurden aus Anhang 6 von Damodaran (2016), S. 119 f. übertragen. Diese Daten stehen nur für die Jahre ab 1961 zur Verfügung. Die Daten in den Spalten MRP arithmetisch und MRP geometrisch wurden selbst berechnet und mit den von Damodaran berechneten Mittelwerten (Damodaran (2016), Anhang 1, S. 108 ff.) verglichen. Bis auf das arithmetische Mittel für 2014 sind die Werte fast identisch. Im Rahmen der Ermittlung der Marktrisikoprämie auf Basis der arithmetischen Mittel (MRP arithm.) wird zuerst das arithmetische Mittel der jährlichen Aktienrenditen berechnet, dann das arithmetische Mittel der Renditen der Anleihen (bonds), jeweils für die einbezogenen Jahre. Schließlich wird die Differenz beider Mittel gebildet. Im Rahmen der Ermittlung der Marktrisikoprämie auf Basis des geometrischen Mittels (MRP geom.) wird zuerst das geometrische Mittel der Aktienrenditen berechnet, dann das geometrische Mittel der Anleiherenditen, jeweils für die einbezogenen Jahre. Schließlich wird wieder die Differenz beider Mittel gebildet. 99