Finite Elemente Methoden zur räumlichen Diskretisierung von

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Kapitel 9
Zusammenfassung und Ausblick
Dieses Kapitel stellt die wichtigsten Eigenschaften der entwickelten 3D-p-FiniteElemente-Formulierung zusammenfassend dar. Dies betrifft einerseits die Möglichkeiten
zur effizienten Simulation von Mehrfeldproblemen in der Strukturmechanik sowie die dreidimensionale Implementierung der Erweiterten-Finite-Elemente-Methode. Die Ergebnisse
des vorangegangenen Kapitels werden im Hinblick auf die erfolgte Zielsetzung dieser Arbeit betrachtet und bewertet. Schließlich erfolgt ein Ausblick, der Wege aufzeigt, wie die
in dieser Arbeit entwickelte Simulationsplattform weiterentwickelt und eingesetzt werden
kann.
9.1
Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine 3D-p-Finite-Elemente-Formulierung entwickelt, die für die numerische Analyse von Mehrfeldproblemen beliebiger Tragstrukturen
- insbesondere Schalentragwerke - geeignet ist. Die Formulierung basiert auf den hierarchisch organisierten Legendre-Polynomen, die eine flexible Wahl der Approximationen
der beteiligten Feldvariablen erlauben.
Die wesentlichen Bestandteile der entwickelten Finite-Elemente-Formulierung werden hier
zusammenfassend dargestellt:
• Die Formulierung gestattet die modulare Einbindung unterschiedlicher Materialgesetze des Ein- und Mehrfeldbereichs. Aus dem Einfeldbereich stehen ein skalares
Schädigungsmodell, sowie das J2 -Plastizitätsmodell zur Verfügung. Für den Mehrfeldbereich wurde exemplarisch das hygro-thermo-mechanische Materialmodell für
Beton [Grasberger 2002] sowie ein thermo-mechanisches Mehrfeldmodell implementiert. Andere Mehrfeldmodelle sind ohne Schwierigkeiten in das modulare Konzept integrierbar.
• Ebenso wie die Materialmodelle erlaubt die Modularität der Simulationsplattform
die Einbindung von beliebig vielen Feldvariablen in Form von Elementfreiheitsgraden. Dies betrifft einerseits die primären Variablen der erwähnten Mehrfeldprobleme
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Kapitel 9: Zusammenfassung und Ausblick
(Temperatur Θ, Kapillardruck pc ), andererseits auch die erweiterten Verschiebungsfreiheitsgrade der X-FEM.
• Zur Geometriebeschreibung wurde ein subparametrisches Konzept verwendet. Dieses Konzept verwendet quadratische Ansatzfunktionen des Serendipity-Typs für
die Geometrie bei gleichzeitiger Verwendung beliebiger Polynomordnungen für die
Approximation der Feldvariablen.
• Die Verwendung von Ansatzfunktionen auf Basis der hierarchisch organisierten Legendre-Polynome erlaubt eine feldweise, räumlich anisotrope Approximation der
primären Variablen.
Wie in Kapitel 5 erläutert wurde, führt die gleichzeitige Verwendung der p-FiniteElemente-Methode und eines Kontinuumsschädigungsmodells, dessen Entfestigungsbereich von einer charakteristischen Elementlänge abhängt, zu numerischen Problemen.
Daher wurde ein alternatives numerisches Verfahren zur Beschreibung von Rissen und
Rissfortschritt gewählt. Die Erweiterte-Finite-Elemente-Methode wurde als zusätzliches
Modul der 3D-p-Formulierung hinzugefügt. Mittels dieser Methode werden Risse unabhängig von der Netzstruktur diskret simuliert und das grundsätzliche Verfahren der
p-FEM kann beibehalten werden. Ferner sind beide Methoden - X-FEM und p-FEM hervorragend für eine Kopplung geeignet. Die wichtigsten Annahmen und Bestandteile
der X-FEM Erweiterung können wie folgt zusammengefasst werden:
• Risse schreiten elementweise voran. Auf die Verwendung von Rissspitzenfunktionen
wurde daher verzichtet. Konsequenterweise ist die numerische Lösung von Rissfortschrittsproblemen netzabhängig. Die Bruchfläche verläuft elementweise eben.
• Basis der numerischen Integration ist zunächst eine Aufteilung des Kontinuumselements in 6 Tetraeder. Je nach Rissverlauf innerhalb jedes einzelnen Tetraeders
erfolgt die numerische Integration über weitere Subgebiete in Form von Volumen
(Tetraeder, Pyramiden, Pentaeder) bzw. Flächen bei der Integration der Traktionsverschiebungsbeziehung (Dreieck, Viereck).
• Verwendung des gewichteten Hauptspannungskriteriums zur Ermittlung von
Rissfortschritt und der Rissfortschrittsrichtung.
• Verzicht auf Forderung nach C0 -Stetigkeit der Bruchfläche innerhalb des Rissfortschrittsalgorithmus.
• Implementierung einer Traktionsverschiebungsbeziehung zur Simulation kohäsiver
Materialien wie etwa Beton.
Das Leistungsspektrum der in dieser Arbeit entwickelten Finite-Elemente-Formulierung
wurde anhand mehrerer numerischer Beispiele illustriert. Die dargestellten Ergebnisse
lassen folgende Schlüsse bezüglich der entwickelten Formulierung zu:
Die entwickelte Finite-Elemente-Formulierung eignet sich in besonderem Maße für die
numerische Analyse von beliebigen Tragwerken unter Mehrfeldbelastung. Dazu tragen im
Wesentlichen folgende Bestandteile der Formulierung bei:
9.1 Zusammenfassung
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• Das subparametrische Konzept zur Geometriebeschreibung erlaubt die adäquate
Erfassung gekrümmter Elementgeometrien und bietet somit den Zugang für Mehrfeldanalysen beliebiger Tragstrukturen. Insbesondere bei Schalentragwerken liefert
dieses Konzept gute Ergebnisse.
• Die hohe Genauigkeit der p-Methode ermöglicht eine genaue Erfassung des
Verformungs- und Spannungszustands als auch die genaue Erfassung der primären
wie sekundären Variablen der umweltbedingten Einwirkungen. Insbesondere die
Fronten der umgebungsbedingten Variablen werden gut abgebildet. Dies trägt - neben der Qualität der zeitlichen Integration - zu einer genauen Beurteilung der zeitlichen Entwicklung der Einwirkungsprozesse bei. Die hohe Genauigkeit ermöglicht
die gleichzeitige Verwendung relativ grobmaschiger Finite-Elemente-Netze. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei der verminderte Arbeitsaufwand des praktischen Ingenieurs bei der Vernetzung innerhalb einer Tragwerksanalyse.
• Durch die genaue Erfassung des Spannungszustands, insbesondere an der Rissfront,
ist die p-Methode hervorragend für eine Kopplung mit der X-FEM geeignet.
• Die Einbindung des hygro-thermo-mechanischen Materialmodells für Beton [Grasberger 2002] erlaubt die Simulation gekoppelter Mechanismen, wie etwa die kombinierte Einwirkung auf die Struktur oder die durch Rissbildung erhöhte makroskopische Permeabilität des Betons.
• Die modulare Struktur der Simulationsplattform sowie das effiziente Freiheitsgradkonzept gestatten die flexible Einbindung weiterer gekoppelter oder ungekoppelter
Materialmodelle sowie die Zuschaltung weiterer primären Variablen.
• Die Verwendung von Ansatzfunktionen auf Basis der hierarchisch organisierten Legendre-Polynome ermöglicht die feldweise, räumlich anisotrope Approximation der
Feldvariablen, so dass die Genauigkeitsanforderungen jedes Felds individuell berücksichtigt werden können. Dies führt, wie gezeigt, zu teilweise starken Einsparungen
bei der Assemblierungszeit der Systemmatrizen und -vektoren bei gleichzeitiger Beibehaltung der geforderten Genauigkeit.
• Die X-FEM ist sehr gut für die Erfassung und Simulation von Rissfortschritt - insbesondere für dreidimensionale Problemstellungen - geeignet. Der verwendete Algorithmus zur Bruchflächenevolution erlaubt - trotz elementweisem Rissfortschritt
- eine flexible Kinematik der Bruchfläche, ohne dass allzu starke Klaffungen an den
Bruchflächensegmenten auftreten. Durch die lokale Erweiterung des Verschiebungsfelds zur Berücksichtigung von Diskontinuitäten wird der zusätzliche numerische
Aufwand vergleichsweise gering gehalten.
• Die Risssimulation mittels der X-FEM erlaubt die Verwendung nahezu beliebiger
Ansatzfunktionen zur Approximation des regulären Verschiebungsfelds. Dies legitimierte die Kopplung der X-FEM mit der p-FEM. In kombinierter Anwendung
können daher auch in diesem Fall relativ grobmaschige Finite-Elemente-Netze verwendet werden.
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Kapitel 9: Zusammenfassung und Ausblick
• Das verwendete Hauptspannungskriterium zur Ermittlung von Rissfortschritt und
-richtung liefert adäquate Ergebnisse.
• Wie dargelegt wurde, eignen sich die Level-Sets hervorragend zur Visualisierung der
Bruchfläche, sowie zur Auswertung risstopologischer Attribute.
• Die noch in der Entwicklungsphase befindlichen Methoden zur Simulation von
hygro-mechanischen Wechselwirkungen mittels der X-FEM weisen bereits eine hohe Leistungsfähigkeit auf, und bilden den hygro-mechanischen Kopplungsprozess
adäquat ab.
9.2
Ausblick
Aufgrund des modularen und flexiblen Aufbaus der Finite-Elemente-Formulierung lassen
sich, wie bereits erwähnt, weitere Modelle und Erweiterungen problemlos implementieren. Im Folgenden sollen diesbezüglich einige Anregungen gegeben werden. Ferner werden
Schritte beschrieben, die das momentane Leistungsspektrum der Simulationsplattform
weiter verbessern:
• Zur Erfassung von hygro-mechanischen Wechselwirkungen und Lastszenarien ist
es notwendig, die bestehende dreidimensionale Implementierung der X-FEM um
das hygrische Feld zu erweitern. Die bisher dazu erreichten Arbeiten können ohne
Schwierigkeiten in die Formulierung eingebettet und weiterentwickelt werden.
• Hinsichtlich einer weiteren Effizienzsteigerung der 3D-p-Formulierung sollte versucht
werden programmiertechnische Verbesserungen zu erzielen. Dazu zählt unter anderem eine mögliche Parallelisierung der Programmstruktur.
• Auf eine Implementierung einer feldweisen, räumlich anisotropen numerischen Integration ist in der vorliegenden Arbeit verzichtet worden. Eine Realisierung dieser
Integrationsmethode würde zu einer weiteren Reduktion der Rechenzeiten führen.
Im Bereich des Postprocessings müsste dann jedoch ein Set an Integrationspunkten
gegebenenfalls a posteriori berechnet und visualisiert werden.
• Insbesondere die für die X-FEM typischen Zugriffe auf Größen der Struktur oder
auf Nachbarelemente führt zu der Schlussfolgerung, dass eine objekt-orientierte Implementierung des vorhandenen Codes sinnvoll, für zukünftige Aufgaben sogar notwendig ist.
• Für die zukünftige Analyse von komplexen Strukturen, die möglicherweise durch
eine Vielzahl von Rissen gekennzeichnet sind, muss die Art der Erfassung der Risstopologie möglichst einfach und effizient gestaltet werden. Es ist zu prüfen, ob bei
großen Strukturanalysen einer einfachen algorithmischen Erfassung des Rissfortschritts, wie sie in der vorliegenden Arbeit implementiert wurde, der Vorzug vor der
Level-Set-Method gegeben werden sollte. Das möglicherweise genauere, aber auch
aufwendigere numerische Verfahren der Level-Set-Method sollte dann jedoch bei der
Untersuchung von Rissbildung kleinerer Konstruktionsdetails verwendet werden.
Zugehörige Unterlagen
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