Widerruf einer Heilpraktikererlaubnis Beschl. v. 22.4.2013

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VG Augsburg: Widerruf einer Heilpraktikererlaubnis
Beschl. v. 22.4.2013 – Au 2 S 12.1281
Aus den Gründen:
[1] I. Dem 1947 geborenen ASt. wurde erstmals am 1.4.1977 von der Stadt … eine
Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung
(Heilpraktikererlaubnis) erteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des LG vom 3.7.1992 wurde
der ASt. wegen verbotener Behandlung eines Geschlechtsorgans und vorsätzlicher
Körperverletzung in 12 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3
Monaten verurteilt; ihm wurde für die Dauer von 2 Jahren die Ausübung des
Heilpraktikerberufs verboten. Der Verurteilung lag u.a. zugrunde, dass der ASt. einen
Patienten mit einem ärztlich diagnostizierten Hodentumor von einer erforderlichen
Operation abgehalten und ihn über mehrere Wochen hinweg lediglich mit
entzündungshemmenden Mitteln und Wärme behandelt hatte. Die Regierung von
Schwaben nahm daraufhin die dem ASt. erteilte Heilpraktikererlaubnis mit Bescheid
vom 29.5.1995 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung an. Rechtsbehelfe des
ASt. hiergegen sind ohne Erfolg geblieben (VG Augsburg, Urt. v. 28.10.1998 – Au 4
K 97.936; BayVGH, Beschl. v. 28.7.2000 – 21 ZB 98.3498, juris). Da sich der ASt.
nach seiner Haftentlassung unter Missachtung des gegen ihn verhängten
Berufsverbots erneut als Heilpraktiker betätigt hatte, war er zudem mit Urteil des LG
K vom 15.10.1996 zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 7 Monaten auf Bewährung
verurteilt worden.
[2] Das LG M verurteilte den ASt. sodann mit Urteil vom 26.2.2003 wegen versuchten
und vollendeten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren, deren
Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass
der ASt., der über erhebliches Vermögen verfügte, im Scheidungsverfahren seine
von ihm getrennt lebende Ehefrau, das Familiengericht und die Sozialhilfeverwaltung
über seine wahren wirtschaftlichen Verhältnisse getäuscht und dadurch erhebliche
Schäden verursacht hatte.
[3] Mit Bescheid vom 10.6.2003 erteilte das Landratsamt dem ASt. erneut eine
Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung. Die
Entscheidung wurde damit begründet, dass im Hinblick auf die Freiheit der
Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und die seit Begehung der Straftaten des
ASt. verstrichene Zeit eine weitere Versagung der Heilpraktikererlaubnis nicht mehr
gerechtfertigt sei; es sei vielmehr davon auszugehen, dass die bisher angenommene
Unzuverlässigkeit des ASt. nicht mehr vorliege. Daraufhin eröffnete der ASt. am
1.8.2003 in P eine Heilpraktikerpraxis.
[4] Das AG K verurteilte den ASt. mit Urteil vom 16.12.2009 schließlich wegen eines
Vergehens der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer
Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 30
Tagessätzen. Das LG K setzte im Berufungsverfahren das Strafmaß auf 2 Jahre, 6
Monate und 2 Wochen fest. Die Revision des ASt. hiergegen wurde verworfen. Auf
die Revision der StA verwies das OLG M die Strafsache mit Urteil vom 18.11.2010 im
Hinblick auf die unterbliebene Verhängung eines Berufsverbots an das LG zurück.
Das LG K verhängte daraufhin gegen den ASt. mit Urteil vom 30.3.2011 ein
Berufsverbot für den Beruf des Heilpraktikers mit einer Dauer von 4 Jahren. Den
Urteilen lag zugrunde, dass der ASt. seinem Patienten T, von dem er wusste, dass er
als Epileptiker seit Jahren in klinischer Behandlung war, empfohlen hatte, die ihm
wegen dieser Erkrankung ärztlich verordneten Medikamente unmittelbar abzusetzen
und ihm stattdessen Tee und Kräuter zur „Entgiftung“ verschrieben hatte. Einwände
der Eltern des Patienten gegen eine sofortige Absetzung der Medikamente ohne
langsame Herabdosierung zerstreute der ASt. unter Hinweis auf seine Sachkunde
und Berufserfahrung. Auch bei weiteren Nachfragen der Eltern aufgrund des sich
verschlechternden Zustands des Patienten blieb der ASt. dabei, dass am Absetzen
der Medikamente festzuhalten sei. Der Patient erlitt daraufhin mehrfach epileptische
Anfälle; sein Zustand verschlechterte sich im weiteren Verlauf derart, dass er
schließlich als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, wo er in ein
künstliches Koma versetzt wurde und intensivmedizinisch behandelt und beatmet
werden musste. Er hatte zuletzt einen sog. „status epilepticus“ erlitten, der nach
ärztlichem Gutachten in 20 % der Fälle zum Tode führt und bei dem eine erhebliche
Gefahr von Hirnschädigungen besteht. Der Patient konnte erst nach mehreren
Wochen wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden; auch danach litt er
gelegentlich unter leichten Krampfanfällen.
[5] Der ASt. trat nach Rechtskraft der Verurteilung seine Haftstrafe an, aus der er am
22.1.2013 entlassen wurde.
[6] Das Landratsamt nahm mit Bescheid vom 26.6.2012 die dem ASt. erteilte
Heilpraktikererlaubnis zurück (Ziffer I des Bescheids) und ordnete die sofortige
Vollziehung an (Ziffer IV). Der ASt. wurde verpflichtet, die Erlaubnisurkunde nebst
allen Abschriften spätestens 14 Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids
zurückzugeben (Ziffer II); falls er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme,
wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 € angedroht (Ziffer III). …
[7] Der ASt. hat am 2.10.2012 gegen den Bescheid vom 26.6.2012 Klage erhoben
(Verfahren Au 2 K 12.1300); daneben hat er (sinngemäß) beantragt, die
aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen und ihm für das Verfahren
PKH zu bewilligen. …
[13] II. 1. Der Antrag ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich statthaft. Nach § 80
Abs. 5 VwGO kann das Gericht in Fällen, in denen die Behörde die sofortige
Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines
Beteiligten besonders angeordnet hat, auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines
Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Im vorliegenden Fall ist ein
schutzwürdiges Interesse des ASt. daran, dass die aufschiebende Wirkung seiner
Klage durch das Gericht wiederhergestellt wird, allerdings nicht erkennbar. Denn der
ASt. würde den Beruf des Heilpraktikers bis auf Weiteres auch dann nicht wieder
ausüben dürfen, wenn er in diesem Verfahren Erfolg hätte, das Gericht also die
aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen würde. Das LG K hat nämlich im
rechtskräftigen Strafurteil vom 30.3.2011 gegen den ASt. ein Berufsverbot nach § 70
Abs. 1 S. 1 StGB für die Dauer von 4 Jahren verhängt. Der ASt. wird also,
unabhängig von der sofortigen Wirksamkeit des Widerrufs der Heilpraktikererlaubnis,
in den nächsten Jahren ohnehin daran gehindert sein, den Beruf des Heilpraktikers
auszuüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person ausüben zu
lassen (§ 70 Abs. 3 StGB). Eine vom ASt. ausgehende Gefahr für die Gesundheit
von Patienten kann daher während der Dauer des Berufsverbots nicht eintreten. Das
strafrechtliche Berufsverbot ist mit der Rechtskraft des Strafurteils wirksam
geworden, jedoch wird die Zeit, in der der Täter sich in Haft befunden hat, in die
Verbotsfrist nicht eingerechnet (§ 70 Abs. 4 S. 2 StGB). Da der ASt. bis zum
22.1.2013 inhaftiert war, dürfte die Frist für das vierjährige Berufsverbot erst am
23.1.2013 zu laufen begonnen haben. Angesichts des somit noch bis Januar 2017
bestehenden Berufsverbots kann der ASt. im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO
seine Rechtsposition im Hinblick auf die weitere Ausübung seines bisherigen Berufs
nicht verbessern. Der begehrte Rechtsschutz stellt sich vielmehr als nutzlos dar. Ein
Rechtsschutzbedürfnis kann der ASt. daher für den vorliegenden Antrag nicht
geltend machen. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erweist sich somit bereits als
unzulässig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, Rz. 38 vor § 40).
[14] 2. Der Antrag wäre jedoch auch unbegründet.
[15] a) Nach § 7 Abs. 1 S. 1 der 1. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die
berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (1. DVO) ist eine Erlaubnis
„zurückzunehmen“ (nach heutigem Sprachgebrauch: zu widerrufen, vgl. Art. 49
BayVwVfG), wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die eine
Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO rechtfertigen würden. Nach § 2
Abs. 1 Buchst. f der 1. DVO wird eine Erlaubnis dann nicht erteilt, wenn sich aus
Tatsachen ergibt, dass dem ASt. die sittliche Zuverlässigkeit fehlt, insbesondere,
wenn schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen. Als unzuverlässig
in diesem Sinn ist ein Heilpraktiker anzusehen, wenn er keine ausreichende Gewähr
dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß unter Beachtung aller
in Betracht kommenden Vorschriften und Berufspflichten, insbesondere ohne
Straftaten zu begehen, ausüben wird und sich dadurch Gefahren für die
Allgemeinheit oder die von ihm behandelten Patienten ergeben; wesentlich dabei ist,
dass er infolge seines Fehlverhaltens nicht mehr das für seine Berufsausübung
erforderliche Vertrauen genießen kann. Angesichts der Bedeutung der gefährdeten
Rechtsgüter sind hierbei grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (vgl.
BayVGH, Beschl. v. 28.7.2000 – 21 ZB 98.3498, juris Rz. 9).
[16] Das Landratsamt hat seine Entscheidung wesentlich auf das im Strafurteil des
AG K vom 16.12.2009 abgeurteilte Verhalten des ASt. gestützt und daraus
geschlossen, dass der ASt. die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des
Heilpraktikerberufs nicht mehr besitze, weil er schwere berufsbezogene
Verfehlungen begangen habe und aufgrund seines bisherigen Verhaltens
anzunehmen sei, dass er sich auch in Zukunft nicht pflichtgemäß verhalten werde,
wodurch die Gesundheit von Patienten gefährdet werden könne.
[17] Diese Einschätzung kann nicht beanstandet werden. Der ASt. hat durch sein
Verhalten bei der Behandlung des Patienten T erneut gezeigt, dass er entweder nicht
willens oder nicht in der Lage ist, elementare Berufspflichten eines Heilpraktikers zu
beachten. Eine derartige zentrale Anforderung an einen Heilpraktiker besteht im
Hinblick auf die vom Gesetzgeber angestrebte Abwehr von Gesundheitsgefahren
darin, im Fall schwerwiegender Erkrankungen, die eine ärztliche Behandlung
erforderlich machen, dieser nicht im Wege zu stehen. Ein Heilpraktiker darf das
Unterlassen der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Hilfe nicht veranlassen
oder stärken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.6.2004 – 2 BvR 1802/02, juris Rz. 21).
Charakterliche Zuverlässigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln eines
Heilpraktikers müssen daher gewährleisten, dass der Patient nicht im Glauben bleibt,
eine ärztliche Behandlung werde durch den Heilpraktiker ersetzt. Denn die
Vernachlässigung einer notwendigen ärztlichen Behandlung bewirkt eine zwar nur
mittelbare, aber erhebliche Gesundheitsgefährdung. Als unzuverlässig ist ein
Heilpraktiker daher auch dann anzusehen, wenn er dazu beiträgt, notwendige
ärztliche Behandlungen zu verhindern oder auch nur zu verzögern (vgl. VGH BW,
Beschl. v. 2.10.2008 – 9 S 1782/08, juris Rz. 10).
[18] Gemessen an diesen Maßstäben hat der ASt. seine Pflichten dadurch verletzt,
dass er den Patienten T dazu veranlasst hat, auf die diesem ärztlich verordnete
Behandlung, insbesondere die Einnahme der ihm verschriebenen Medikamente, zu
verzichten und stattdessen seinen eigenen Ratschlägen zu folgen, obwohl er die von
einem derartigen Wechsel der Therapie bei der vorliegenden Erkrankung
ausgehenden Gefahren hätte kennen müssen. Der ASt. hat sich daher über die
ärztlich verordnete Behandlung des Patienten erhoben und deren notwendige
Fortführung verhindert. Da er wegen einer vergleichbaren Straftat schon einmal
verurteilt worden war und daraufhin auch seine Heilpraktikererlaubnis verloren hatte,
muss ihm dieser erneute Verstoß gegen seine Berufspflichten bewusst gewesen sein
oder hätte er ihn zumindest ohne Weiteres erkennen können. Sein Verhalten bei der
Behandlung des Patienten T zeigt daher, dass der ASt. keine ausreichende Gewähr
dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß ausüben wird. Er hat
vielmehr durch sein strafbares berufsbezogenes Verhalten jedes Vertrauen in eine
zukünftige untadelige Berufsausübung nachhaltig zerstört. Dabei fällt besonders ins
Gewicht, dass das Landratsamt dem ASt. bei der Wiedererteilung der Erlaubnis im
Jahr 2003 unter Zurückstellung von Bedenken einen Vertrauensvorschuss im
Hinblick auf eine zukünftig pflichtgemäße Berufsausübung eingeräumt hatte. Der
ASt. hat dieses Vertrauen jedoch nachhaltig missbraucht.
[19] Der Widerruf der Heilpraktikererlaubnis als subjektive Berufszulassungsschranke
ist auch verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.5.1988 – 1 BvR 482/84,
BVerfGE 78, 179). Das ergibt sich daraus, dass es sich bei der Gesundheit der
Bevölkerung um ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut handelt, zu dessen
Schutz das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis aufgestellt werden darf. Dabei
soll sichergestellt werden, dass die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die
Eignung für den Heilkundeberuf im Allgemeinen im Fall des Bewerbers gewährleistet
ist (BVerfG, Beschl. v. 3.6.2004 – 2 BvR 1802/02, juris). Stellt sich nachträglich
heraus, dass die Eignung nicht mehr vorliegt, muss die Erlaubnis im öffentlichen
Interesse entzogen werden.
[20] Das Landratsamt hat bei seiner Entscheidung auch den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit gewahrt. Zwar darf der Widerruf einer Berufserlaubnis nur die
äußerste Maßnahme sein, um beruflichen Verfehlungen zu begegnen; jedoch ließen
die vom AG K festgestellten erheblichen Straftaten und die in den Behördenakten
dokumentierte Uneinsichtigkeit des ASt. der Behörde keine andere Möglichkeit als
den Erlaubniswiderruf, um Gefahren für die Gesundheit der Patienten vorzubeugen.
[21] Das Landratsamt war auch nicht durch das vom LG K nach § 70 Abs. 1 StGB
verhängte Berufsverbot gehindert, die Erlaubnis zur Ausübung des
Heilpraktikerberufs zu widerrufen und den ASt. damit über die Dauer des
Berufsverbots hinaus an der Ausübung seines Berufs zu hindern. Insbesondere liegt
darin kein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung gem. Art. 103 Abs. 3 GG.
Denn das Strafgericht hat die Verfehlungen des ASt. nicht umfassend aus berufsund ordnungsrechtlicher Sicht gewürdigt und vor allem nicht auch über die Frage
entschieden, ob der ASt. für die Ausübung des Heilpraktikerberufs in weiterer Zukunft
(nach Ablauf des Berufsverbots) als unzuverlässig anzusehen ist. Diese
Entscheidung konnte vom Landratsamt in eigener Zuständigkeit und unabhängig von
dem verhängten Berufsverbot getroffen werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 28.7.2000 –
21 ZB 98.3498, juris Rz. 12).
[22] Dass das Landratsamt entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 der 1. DVO vor dem
Widerruf der Erlaubnis auf die Anhörung des Gutachterausschusses verzichtet hat,
stellt zwar einen Verfahrensverstoß dar, würde jedoch die Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung rechtfertigen, da es sich bei dem Widerruf um eine sog.
gebundene Entscheidung handelt, die weder vom Votum des Gutachterausschusses
noch von Ermessenserwägungen des Landratsamts abhängt (Art. 46 BayVwVfG;
Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rz. 160).
[23] Die Pflicht zur Herausgabe der Erlaubnisurkunde (Ziffer II des Bescheids) beruht
auf Art. 52 BayVwVfG; danach kann eine aufgrund eines Verwaltungsakts erteilte
Urkunde, die zum Nachweis von Rechten bestimmt ist, nach unanfechtbarem
Widerruf des Verwaltungsakts von ihrem Inhaber zurückgefordert werden. Ein
Zwangsgeld konnte gem. Art. 29, 31 und 36 BayVwZVG für den Fall angedroht
werden, dass die Herausgabe der Urkunde nicht (fristgemäß) bewirkt wird.
[24] b) Die im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag nach § 80
Abs. 5 VwGO erforderliche Abwägung des Interesses des ASt., von der Vollziehung
des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über dessen
Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an dessen
sofortiger Vollziehung fällt zu Lasten des ASt. aus. Wie dargelegt, wird sich der
Widerruf der Erlaubnis im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig bzw.
den ASt. nicht in seinen Rechten verletzend erweisen. Bei der Gegenüberstellung
der konkreten Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter bei einem Aufschub des
Vollzugs, falls sich der Widerruf der Erlaubnis nachträglich als rechtmäßig erweisen
sollte, und der konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den ASt., falls sich der
Widerruf der Erlaubnis nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte, überwiegen die
Nachteile für die gefährdeten Rechtsgüter, insbesondere hinsichtlich der Gefahren
für die Gesundheit und Sicherheit der Patienten des ASt. Es bedarf keiner näheren
Erörterung, dass eine mögliche Beschädigung der Gesundheit eines Patienten durch
die Behandlung des ASt. schwerer wiegt als die einstweilige Hinderung des ASt.
daran, seiner beruflichen Betätigung nachzugehen.
[25] Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war allerdings aus der Sicht des
öffentlichen Interesses derzeit nicht zwingend erforderlich, weil dem ASt. eine
berufliche Betätigung als Heilpraktiker durch das rechtskräftige Berufsverbot des
Strafgerichts ohnehin bis auf weiteres untersagt ist. Aus demselben Grund stellt die
Anordnung der sofortigen Vollziehung für den ASt. aber auch keinen über den
Widerruf der Erlaubnis hinausgehenden, selbständig belastenden Eingriff in seine
Rechte dar; die Anordnung der sofortigen Vollziehung erweist sich daher einerseits
als entbehrlich, andererseits aber auch als unschädlich.
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