I. Grundlegende Konzepte 1 Spektral- und Darstellungstheorie I. Grundlegende Konzepte In dieser Vorlesung werden wir uns mit Darstellungen gewisser algebraischer bzw. topologischer Strukturen durch stetige Operatoren auf komplexen Hilberträumen H beschäftigen. Hierbei wird sich zeigen, daß alle interessanten Fälle sich beschreiben lassen durch Darstellungen involutiver Halbgruppen: (a) Das Studium einzelner normaler Operatoren (b) Unitäre Darstellungen von Gruppen. (c) Spektralmaße. (d) Darstellungen von Banach-∗ -Algebren. In den meisten Situationen treten Kombinationen hiervon auf, aber (a)(d) beschreibt die 4 wichtigsten Grundtypen von Darstellungen, die man auf Hilberträumen betrachtet. Nachdem wir die grundlegenden Begriffe wiederholt haben, werden wir in den ersten beiden Kapiteln präzisieren, was es mit den Objekten unter (a)(d) auf sich hat und wie sich viele verschiedenartige Fragestellungen in einen darstellungstheoretischen Rahmen einordnen. Im folgenden sind alle Hilberträume komplex. I.1. Operatoren auf Hilberträumen In diesem ersten Abschnitt machen wir uns mit den verschiedenen Typen von Operatoren auf einem komplexen Hilbertraum vertraut. Für Hilberträume H1 und H2 schreiben wir B(H1 , H2 ) für die Menge der beschränkten Operatoren von H1 nach H2 und B(H) := B(H, H) . Wir 2 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 erinnern uns, daß man die Stetigkeit einer linearen Abbildungung A: H1 → H2 durch die Endlichkeit der Operatornorm kAk := supkxk≤1 kA.xk charakterisieren kann. Das ist die kleinste Zahl C mit kA.xk ≤ Ckxk für alle x ∈ H1 . Man nennt daher stetige Operatoren auch beschränkt, was die Bezeichnung B(H1 , H2 ) rechtfertigt. Lemma I.1.1. B(H2 , H1 ) mit Ist A ∈ B(H1 , H2 ), so existiert genau ein Operator A∗ ∈ hA.x, yi = hx, A∗ .yi, x ∈ H1 , y ∈ H2 . Dieser Operator erfüllt kA∗ k = kAk und kA∗ Ak = kAA∗ k = kAk2 , und die Zuordnung A 7→ A∗ , B(H1 , H2 ) → B(H2 , H1 ) ist antilinear, d.h. (A + B)∗ = A∗ + B ∗ und (λA)∗ = λA∗ . Weiterhin ist (A∗ )∗ = A. Für A ∈ B(H1 , H2 ) und B ∈ B(H2 , H3 ) gilt (BA)∗ = A∗ B ∗ . Beweis. Für jedes y ∈ H2 ist die Abbildung ϕy : H 1 → C , x 7→ hA.x, yi wegen |hA.x, yi| ≤ kA.xkkyk ≤ kAkkxkkyk ein stetiges lineares Funktional. Nach dem Fréchet-Rieszschen Darstellungssatz für Hilberträume ([Ne01, Satz I.3.14]) existiert daher genau ein Element A∗ .y ∈ H1 mit hA.x, yi = ϕy (x) = hx, A∗ .yi für alle x ∈ H1 und es gilt kA∗ .yk = kϕy k ≤ kAkkyk . Wir erhalten so eine Abbildung A∗ : H2 → H1 . Aus ϕy1 +y2 = ϕy1 + ϕy2 und ϕλy = λϕy folgt nun sofort, daß A∗ linear ist. Weiter erhalten wir mit kA∗ .yk ≤ kAkkyk die Stetigkeit von A∗ und kA∗ k ≤ kAk . Die Antilinearität der Abbildung A 7→ A∗ , folgt sofort aus den Definitionen. B(H1 , H2 ) → B(H2 , H1 ) I. Grundlegende Konzepte 3 Aus hA∗ .y, xi = hx, A∗ .yi = hA.x, yi = hy, A.xi für alle x ∈ H1 , y ∈ H2 folgt weiter (A∗ )∗ = A und damit kAk = k(A∗ )∗ k ≤ kA∗ k, also die Gleichheit kA∗ k = kAk . Für x ∈ H1 ist kA.xk2 = hA.x, A.xi = hA∗ A.x, xi ≤ kA∗ A.xk · kxk ≤ kA∗ Ak · kxk2 , also kAk2 = supkxk≤1 kA.xk2 ≤ kA∗ Ak ≤ kA∗ kkAk = kAk2 . Damit ist auch kAk2 = kA∗ k2 = k(A∗ )∗ A∗ k = kAA∗ k. Die letzte Behauptung folgt aus hBA.x, zi = hA.x, B ∗ .zi = hx, A∗ B ∗ .zi für alle x ∈ H1 , z ∈ H3 . Ein Kernpunkt der Spektraltheorie von Operatoren auf Hilberträumen ist die Tatsache, daß man für A ∈ B(H) beim Übergang zum adjungierten Operator den Raum B(H) nicht verläßt und so die Operatoren A und A∗ zueinander in Beziehungen setzen kann. Entsprechend betrachtet man verschiedene Typen von Operatoren. Definition I.1.2. (a) Wir nennen A ∈ B(H) (i) hermitesch, wenn A∗ = A gilt. (ii) normal, wenn A∗ A = AA∗ gilt. (iii) positiv, wenn hA.v, vi ≥ 0 für alle v ∈ H gilt. (b) Ein Operator A ∈ B(H1 , H2 ) heißt unitär, wenn A∗ A = idH1 und AA∗ = idH2 gelten. Wir schauen uns diese Eigenschaften noch etwas genauer an. Lemma I.1.3. Sei H ein komplexer Hilbertraum und A ∈ B(H). (i) Ist A hermitesch, so ist A normal. (ii) Die Operatoren AA∗ und A∗ A sind hermitesch. (iii) Es gibt eindeutig bestimmte hermitesche Operatoren B, C mit A = B +iC . (iv) A ist eindeutig bestimmt durch die Sesquilinearform bA : H × H → C , (x, y) 7→ hA.x, yi. Darüber hinaus ist A sogar eindeutig durch die Funktionswerte bA (x, x) = hA.x, xi, x ∈ H , bestimmt. 4 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 (v) Folgende Aussagen sind äquivalent: (a) Die Form bA ist hermitesch, d.h. bA (y, x) = bA (x, y). (b) A ist hermitesch. (c) bA (x, x) ∈ R für alle x ∈ H . Beweis. (i) trivial. (ii) Das folgt aus (AA∗ )∗ = (A∗ )∗ A∗ = AA∗ und (A∗ A)∗ = A∗ (A∗ )∗ = A∗ A. 1 (iii) Das folgt sofort mit B := 12 (A + A∗ ) und C := 2i (A − A∗ ) . Da diese Formel für jede Zerlegung A = B + iC mit hermiteschen Operatoren gilt, folgt hieraus auch die Eindeutigkeit. (iv) Es ist klar, daß die Abbildung A 7→ bA linear ist. Wir haben also nur zu zeigen, daß bA = 0 auch A = 0 zur Folge hat. In der Tat folgt aus bA = 0 für jedes x die Beziehung 0 = bA (x, A.x) = kA.xk2 und damit A = 0 . Für die Sesquilinearform bA auf H gilt die Polarisierungsidentität bA (x, y) = 1 4 bA (x + y, x + y) − bA (x − y, x − y) + ibA (x + iy, x + iy) − ibA (x − iy, x − iy) ([Ne01, Bem. I.3.7]), aus der man sofort erkennt, daß bA und damit auch A aus den Werten bA (x, x) , x ∈ H , rekonstruierbar ist. (v) Wir haben bA (y, x) = hA.y, xi = hy, A∗ .xi = hA∗ .x, yi = bA∗ (x, y). Also ist A = A∗ wegen (iv) äquivalent dazu, daß bA hermitesch ist. Ist A hermitesch, so ist natürlich auch bA (x, x) ∈ R für alle x ∈ H . Ist dies umgekehrt der Fall und schreiben wir A = B +iC gemäß (ii), so ist bA = bB +ibC und für jedes x ∈ H sind bB (x, x) und bC (x, x) reell. Insbesondere erhalten wir bC (x, x) = Im bA (x, x) = 0 für alle x ∈ H . Also folgt bC = 0 aus obiger Bemerkung und weiter C = 0 aus (iv). Damit ist A = B hermitesch. Lemma I.1.4. Für eine lineare Abbildung A: H1 → H2 sind äquivalent: (1) A ist eine Isometrie. (2) A∗ A = idH1 . (3) Für alle x, y ∈ H1 gilt hA.x, A.yi = hx, yi. Beweis. (1) ⇔ (2): Für x ∈ H1 haben wir hA∗ A.x, xi = hA.x, A.xi = kA.xk2 . Diese Ausdrücke stimmen genau dann für alle x ∈ H1 mit kxk2 überein, wenn A∗ A = idH1 ist (Lemma I.1.3(v)). (2) ⇔ (3) folgt sofort aus hA∗ A.x, yi = hA.x, A.yi und Lemma I.1.3(iv). I. Grundlegende Konzepte 5 Satz I.1.5. Für eine lineare Abbildung A: H1 → H2 sind äquivalent: (1) A ist unitär. (2) A ist eine surjektive Isometrie. Beweis. (1) ⇒ (2): Die Surjektivität folgt aus AA∗ = idH2 und der Rest aus A∗ A = idH1 (Lemma I.1.4). (2) ⇒ (1): Aus Lemma I.1.4 folgt A∗ A = idH1 . Damit ist AA∗ A = A und wegen der Surjektivität von A folgt weiter AA∗ = idH2 . Das obige Lemma zeigt, daß die unitären Abbildungen gerade die Isomorphismen von Hilberträumen sind. Sie erhalten alle vorhandenen Strukturen: die Vektorraumstruktur und das Skalarprodukt. Daher nennen wir auch eine bijektive lineare Abbildung U : H1 → H2 zwischen Hilberträumen unitär, wenn hU.x, U.yi = hx, yi für alle x, y ∈ H1 gilt. Lemma I.1.6. Für einen Operator A ∈ B(H) sind äquivalent: (1) A ist normal. (2) kA.xk = kA∗ .xk für alle x ∈ H . (3) A = B + iC mit hermiteschen Operatoren B , C und BC = CB . Beweis. (1) ⇔ (2): Zunächst ist h(AA∗ − A∗ A).x, xi = hA∗ .x, A∗ .xi − hA.x, A.xi = kA∗ .xk2 − kA.xk2 . Da der Operator AA∗ −A∗ A hermitesch ist, verschwindet dieser Ausdruck genau dann für alle x ∈ H , wenn AA∗ − A∗ A = 0 ist (Lemma I.1.3(iv)), d.h. wenn A normal ist. (1) ⇔ (3): Man rechnet das einfach nach: AA∗ = (B + iC)(B − iC) = B 2 + i(CB − BC) + C 2 und A∗ A = (B − iC)(B + iC) = B 2 − i(CB − BC) + C 2 . Hieraus folgt die Behauptung. Im folgenden schreiben wir N (A) für den Kern und R(A) für das Bild einer linearen Abbildung A. Lemma I.1.7. Für A ∈ B(H) gilt: (i) N (A) = R(A∗ )⊥ := {x ∈ H: (∀y ∈ H)hx, A∗ .yi = 0}. (ii) Ein abgeschlossener Unterraum E ⊆ H ist genau dann unter A invariant, wenn E ⊥ unter A∗ invariant ist. Beweis. (i) Wegen hA.x, Hi = hx, A∗ .Hi für x ∈ H ist A.x = 0 äquivalent zu x ∈ R(A∗ )⊥ . (ii) Wegen E = (E ⊥ )⊥ ([Ne01, Folg. I.3.13]) ist A.E ⊆ E äquivalent zum Verschwinden von hA.E, E ⊥ i = hE, A∗ .E ⊥ i, was wiederum zu A∗ .E ⊥ ⊆ E ⊥ äquivalent ist. 6 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Satz I.1.8. Sei 0 6= P ∈ B(H) eine Projektion, d.h. P 2 = P . Dann sind äquivalent: (1) P ist eine Orthogonalprojektion, d.h. N (P )⊥R(P ). (2) kP k = 1. (3) hP.x, xi ≥ 0 für alle x ∈ H . (4) P ∗ = P . (5) P ist normal. Beweis. Wir erinnern uns daran, daß für eine Projektion P immer gilt H = R(P ) ⊕ N (P ) . Da P stetig ist, sind beide Räume sogar abgeschlossen (Übung). (1) ⇒ (2): Sei E := R(P ) . Dann haben wir eine orthogonale Zerlegung H = E ⊕ E ⊥ mit N (P ) = E ⊥ . Wegen P 6= 0 ist E 6= {0}. Es existiert also ein x ∈ E mit kxk = 1 und wir erhalten kP.xk = kxk = 1 , also kP k ≥ 1 . Ist andererseits x ∈ H gegeben als x = xE + xE ⊥ mit xE ∈ E und xE ⊥ ∈ E ⊥ , so ist kP.xk2 = kxE k2 = kxk2 − kxE ⊥ k2 ≤ kxk2 . Also ist kP k ≤ 1 , folglich kP k = 1 . (2) ⇒ (1): Sei x ∈ N (P ) und y ∈ R(P ) . Dann gilt für alle λ ∈ C : kλyk2 = kP (x + λy)k2 ≤ kx + λyk2 = kxk2 + 2 Rehx, λyi + kλyk2 , also kxk2 + 2 Re(λhx, yi) ≥ 0 . Für λ = thx, yi, t ∈ R , folgt hieraus 0 ≤ kxk2 + 2t|hx, yi|2 für alle t ∈ R , also hx, yi = 0. (1) ⇒ (3): Das folgt aus hP.x, xi = hP.x, (x − P.x) + P.xi = hP.x, P.xi = kP.xk2 für alle x ∈ H . (3) ⇒ (4): Da hP.x, xi für alle x ∈ H reell ist, ist P nach Lemma I.1.3(v) hermitesch. (4) ⇒ (5) ist trivial. (5) ⇒ (1): Aus den Lemmata I.1.6 und I.1.7 folgt N (P ) = N (P ∗ ) = R(P )⊥ , d.h., P ist eine Orthogonalprojektion. Beispiel I.1.9. (a) Man beachte, daß für endlichdimensionale Hilberträume H aus A∗ A = idH schon A∗ = A−1 und damit AA∗ = idH folgt, d.h., jede Isometrie ist automatisch surjektiv. Im allgemeinen wird das falsch. Hierzu betrachten wir den Hilbertraum l2 (N, C ) aller quadratsummierbaren Folgen (xn )n∈N und den Shiftoperator S: l2 (N, C ) → l2 (N, C ), (x1 , x2 , . . .) 7→ (x2 , x3 , . . .). I. Grundlegende Konzepte 7 Dann ist S ∗ : l2 (N, C ) → l2 (N, C ), (x1 , x2 , . . .) 7→ (0, x1 , x2 , . . .). (Übung). Der Operator S ∗ schiebt also gerade in die andere Richtung. Damit ist SS ∗ = id und S ∗ S(x1 , x2 , . . .) = (0, x2 , x3 , . . .). Wegen S ∗ S 6= SS ∗ ist S auch nicht normal. Der Operator S ∗ ist eine nicht surjektive Isometrie. (b) Ist H = C n und wird A ∈ B(H) durch die Matrix (aij )i,j dargestellt, so wird A∗ durch die Matrix (aji )i,j dargestellt. In diesem Sinn verallgemeinert unsere Definition des adjungierten Operators die entsprechenden Konzepte der linearen Algebra. Ist (ej )j∈J eine ONB in einem allgemeinen Hilbertraum H , so kann man einem Operator A die Matrix (hA.ej , ei i)i,j∈J zuordnen. Auch in diesem Fall gilt hA∗ .ej , ei i = hej , A.ei i = hA.ei , ej i, so daß A∗ durch die adjungierte Matrix dargestellt wird. (c) Wir betrachten den Hilbertraum H = L2 ([0, 1], C ) , den wir als Vervollständigung des Prä-Hilbertraums C([0, 1], C ) bzgl. des durch hf, gi := 1 Z f (x)g(x) dx 0 gegebenen Skalarprodukts betrachten. Für eine stetige Funktion K: [0, 1] × [0, 1] → C wird dann durch TK (f )(x) := Z 1 K(x, y)f (y) dy 0 ein stetiger Operator in B(H) definiert (Übung). Man nennt TK einen Kernoperator und die Funktion K dessen Kern. Der adjungierte Operator ist TK ∗ mit K ∗ (x, y) := K(y, x) (Übung). Hierdurch erkennt man sofort, für welche Kerne K der Operator TK hermitesch ist. Es ist instruktiv, sich K als die “Matrix” des Operators TK zu denken. Dabei stellt man sich vor, daß die Summation, die bei der Multiplikation einer Matrix mit einem Vektor vorkommt, durch eine Integration ersetzt wird. Das Hauptanliegen der Spektraltheorie von Operatoren auf Hilberträumen ist es, normale und insbesondere unitäre und hermitesche Operatoren auf Hilberträumen zu verstehen. Den geeigneten Rahmen, in dem sich diese Probleme gut behandeln lassen, bietet die Darstellungstheorie. 8 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 I.2. Involutive Halbgruppen und ihre Darstellungen Zuerst haben wir zu klären, für welche Objekte wir Darstellungen betrachten wollen. Hierzu benötigen wir Konzepte, die so allgemein sind, daß sich all die Phänomene, die uns interessieren, erfassen lassen. Wie schon oben bemerkt, ist das wesentliche Charakteristikum der Hilberträume die Involution A 7→ A∗ auf B(H) . Wir werden sehen, daß der Begriff der involutiven Halbgruppe die wesentlichen Strukturen repräsentiert. Involutive Halbgruppen Definition I.2.1. Ein Paar (S, ∗) einer Halbgruppe S mit einem involutiven Antiautomorphismus s 7→ s∗ heißt involutive Halbgruppe. Es gilt also (s∗ )∗ = s und (st)∗ = t∗ s∗ . Ist 1 ein Einselement in S , so gilt 1∗ = 1 (Übung). Die Elemente in Sh := {s ∈ S: s∗ = s} heißen hermitesch und falls S ein Einselement 1 hat, so heißen die Elemente in U (S) := {s ∈ S: s∗ s = ss∗ = 1} unitär. Die Menge U (S) der unitären Elemente ist eine Gruppe, die unitäre Gruppe von S . Beispiel I.2.2. (a) Ist S eine abelsche Halbgruppe, so ist (S, idS ) eine involutive Halbgruppe. (b) Ist G eine Gruppe und g ∗ := g −1 , so ist (G, ∗) eine involutive Halbgruppe. Hier ist jedes Element unitär. (c) Eine besonders wichtige involutive Halbgruppe ist die multiplikative Halbgruppe B(H) der beschränkten Operatoren auf einem Hilbertraum H . Die Gruppe U B(H) = U (H) heißt unitäre Gruppe des Hilbertraums H . (d) Die multiplikative Halbgruppe (C , ·) ist eine involutive Halbgruppe bzgl. z ∗ := z . Das ist der Spezialfall von (c) mit eindimensionalem H . (e) Ist X eine Menge, so ist S := X × X eine involutive Halbgruppe bzgl. (x, y) · (x0 , y 0 ) := (x, y 0 ) und (x, y)∗ = (y, x). (f) Ist X eine Menge, so ist der Raum C X der komplexwertigen Funktionen auf X eine abelsche involutive Halbgruppe bzgl. der punktweisen Multiplikation und der Involution f ∗ (x) := f (x) . Eine Funktion ist genau dann hermitesch, wenn sie reellwertig ist. 9 I. Grundlegende Konzepte Die Menge der {0, 1} -wertigen Funktionen ist hierbei eine involutive Unterhalbgruppe, die aus hermiteschen Elementen f besteht für die sogar f 2 = f gilt. Identifizieren wir eine solche Funktion mit der Menge f −1 (1) , so erhalten wir eine involutive Halbgruppenstruktur auf der Menge 2X aller Teilmengen von X . Hierbei ist A · B = A ∩ B und A∗ = A für A ⊆ X . (g) Ist X eine Menge, G eine Gruppe und σ: G × X → X, (g, x) 7→ g.x eine Gruppenoperation von G auf X , d.h. (g1 g2 ).x = g1 .(g2 .x) und 1.x = x für all g1 , g2 ∈ G, x ∈ X , so definieren wir für eine Funktion f : X → C und g ∈ G die Funktion (g.f )(x) := f (g −1 .x). Dann ist die Menge C X × G eine involutive Halbgruppe bzgl. (f, g)(f 0 , g 0 ) := (f · (g.f 0 ), gg 0 ) und (f, g)∗ := (g −1 .f , g −1 ). (Nachweis als leichte Übung). Betrachten wir die Menge 2X aller Teilmengen von X wie in (f) als Unterhalbgruppe von C X , so ist 2X × G eine involutive Unterhalbgruppe bzgl. (A, g)(A0 , g 0 ) := (A ∩ (g.A0 ), gg 0 ) und (A, g)∗ := (g −1 .A, g −1 ). Darstellungen–elementare Begriffe Definition I.2.3. (a) Eine Darstellung einer involutiven Halbgruppe S ist ein Homomorphismus von Halbgruppen π: S → B(H) , wobei H ein komplexer Hilbertraum ist, so daß π(s∗ ) = π(s)∗ für alle s ∈ S gilt. Man schreibt auch (π, H) für eine Darstellung, wenn man H hervorheben möchte. (b) Ist S eine Gruppe G und g ∗ = g −1 , so nennt man solche Darstellungen unitär, wenn zusätzlich π(1) = id gilt. Aus gg ∗ = g ∗ g = 1 für g ∈ G folgt dann π(g) ∈ U (H) . Unitäre Darstellungen sind also nichts anderes als Homomorphismen π: G → U (H) in die unitäre Gruppe eines Hilbertraums. Beachte: Ist 1 ein Einselement in der involutiven Halbgruppe S und (π, H) eine Darstellung, so ist in der Regel nicht π(1) = 1, aber π(1) ist immer eine Orthogonalprojektion. (c) Zwei Darstellungen (π, H) und (π 0 , H 0 ) von S heißen äquivalent, wenn es eine unitäre Abbildung U : H → H 0 gibt, so daß (2.1) U ◦ π(s) = π 0 (s) ◦ U 10 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 für alle s ∈ S gilt. Allgemein nennen wir einen Operator U ∈ B(H, H 0 ) mit (2.1) einen Vertauschungsoperator. Für die Menge der Vertauschungsoperatoren schreiben wir BS (H, H 0 ) oder HomS (H, H 0 ) und entsprechend BS (H) := BS (H, H) oder EndS (H) := HomS (H, H) . Natürlich wird bei dieser Notation die jeweilige Darstellung unterdrückt und man muß sie sich dazudenken. (d) Ist (π, H) eine Darstellung von S und E ⊆ H ein abgeschlossener invarianter Unterraum, so wird durch πE (s) := π(s) |E eine Darstellung (πE , E) definiert, die wir eine Teildarstellung von (π, H) nennen. Vor diesem Hintergrund kann man sich natürlich ganz allgemein das folgende Problem vorlegen. Gegeben sei eine involutive Halbgruppe (S, ∗) . Man klassifiziere alle Darstellungen bis auf Äquivalenz. Wir werden uns nun klar machen, in welchem Zusammenhang diese darstellungstheoretische Frage mit unserer ursprünglichen Intention steht, gewisse Operatoren auf Hilberträumen zu verstehen. Bemerkung I.2.4. (a) Sei G = Z mit s∗ = −s. Ist (π, H) eine unitäre Darstellung von G , so ist U := π(1) ∈ U (H) ein unitärer Operator und es gilt π(n) = U n für alle n ∈ Z, wobei wir U 0 = 1 setzen und negative Potenzen als Potenzen von U −1 verstehen. Ist umgekehrt U ∈ U (H) , so wird durch π(n) := U n eine unitäre Darstellung von Z auf H definiert. Das Studium der unitären Darstellungen von Z auf H ist also äquivalent zum Studium einzelner unitärer Operatoren auf H . (b) Sei S = (N, +) mit s∗ = s. Ist (π, H) eine Darstellung von S , so ist A := π(1) ∈ B(H) ein hermitescher Operator und es gilt π(n) = An für alle n ∈ N . Ist umgekehrt A ∈ B(H) hermitesch, so wird durch π(n) := An eine Darstellung von N0 auf H definiert. Das Studium der Darstellungen der involutiven Halbgruppe (N, id) ist also äquivalent zum Studium einzelner hermitescher Operatoren. (c) Sei S = (N × N \ {(0, 0)}, +) mit (n, m)∗ = (m, n) . Dann ist S eine abelsche involutive Halbgruppe. Ist (π, H) eine Darstellung von S und A := π(1, 0) , so ist AA∗ = π(1, 0)π(0, 1) = π(1, 1) = π(0, 1)π(1, 0) = A∗ A, d.h., A ist normal und π(n, m) := An (A∗ )m für (n, m) ∈ S . Umgekehrt sieht man, daß diese Formel für jeden normalen Operator A ∈ B(H) eine Darstellung von S definiert. Das Studium normaler Operatoren ist äquivalent zum Studium der Darstellungen von S . (d) Sei X eine Menge und S ⊆ 2X eine Unterhalbgruppe bzgl. AB := A ∩ B und A∗ = A (Definition I.2.2(f)). Für jedes A ∈ S gilt dann A∗ = A. Ist π: S → B(H) eine Darstellung, so ist also jeder Operator π(A) eine orthogonale Projektion. Da S abelsch ist, kommutieren alle Projektionen in π(S) . Für A ⊆ B ∈ S gilt daher π(A) = π(A ∩ B) = π(A)π(B) = π(B)π(A), I. Grundlegende Konzepte 11 d.h. im π(A) ⊆ im π(B) . In diesem Sinn ist die Abbildung π monoton. Für die meisten Zwecke sind die Anforderungen an π zu schwach, da nichts über P (A ∪ B) gesagt wird. Welche zusätzlichen Forderungen hier zu interessanten Strukturen führen, werden wir bei der Diskussion von Spektralmaßen sehen. Unter (a)–(c) haben wir drei spektraltheoretische Probleme übersetzt in das Problem der Klassifikation der Darstellungen einer zugehörigen abelschen involutiven Halbgruppe. Zerlegung von Darstellungen Um zu sehen, in welchem Sinn diese einheitliche Formulierung sehr nützlich für eine Reduktion des Problems sein kann, schauen wir uns an, wie man Darstellungen in einfachere Bestandteile zerlegt. Definition I.2.5. (a) Eine involutive Darstellung (π, H) von S heißt nicht entartet, wenn die Menge π(S).H total ist, d.h., span π(S).H ist dicht. Das ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn S ein Einselement 1 hat und π(1) = 1 gilt (Übung). (b) Eine Darstellung (π, H) einer involutiven Halbgruppe S heißt zyklisch, wenn es einen Vektor v ∈ H gibt, so daß π(S).v total ist. Der Vektor v heißt dann zyklischer Vektor. (c) Man nennt eine Darstellung (π, H) irreduzibel, wenn {0} und H die einzigen abgeschlossenen invarianten Unterräume sind und H 6= {0} gilt. Irreduzible Darstellungen sind immer zyklisch (Übung). Zunächst umfaßt diese Definition auch die triviale Darstellung (π, H) mit dim H = 1 und π(S) = {0} . Enthält S ein Einselement, so betrachtet man (in der Regel) nur Darstellunge mit π(1) = 1. In diesem Fall tritt die Nulldarstellung also nicht auf. Lemma I.2.6. Sei (π, H) eine involutive Darstellung der involutiven Halbgruppe S , E ⊆ H ein abgeschlossener Unterraum und PE die orthogonale Projektion auf E . Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (1) E ist unter S invariant. (2) E ⊥ ist unter S invariant. (3) PE vertauscht mit S , d.h. PE ∈ BS (H). Beweis. (1) ⇔ (2): Da für s ∈ S auch π(s)∗ = π(s∗ ) wieder in π(S) ist, folgt dies sofort aus Lemma I.1.7. (1), (2) ⇒ (3): Sei v ∈ H und vE = PE .v . Für s ∈ S ist dann wegen (2) PE π(s).v = PE π(s).vE + π(s).(v − vE ) = π(s).vE = π(s)PE .v. | {z } ∈E ⊥ Also gilt π(s)PE = PE π(s) . (3) ⇒ (1): Für v ∈ E und s ∈ S ist PE π(s).v = π(s)PE .v = π(s).v , d.h. π(s).v ∈ E . 12 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Das Lemma I.2.6 gibt uns einen Hinweis darauf, wie man Darstellungen zerlegen kann. Die nächste Frage, die sich stellt, ist, wie man Darstellungen zusammensetzen kann. Die einfachste Möglichkeit hierzu besteht darin, direkte Summen zu bilden. Für das folgende Lemma erinnern wir uns daran, wie man unendliche Familien summiert. Für eine Familie (λj )j∈J nichtnegativer reeller Zahlen definieren wir nX o X λj := sup λj : E ⊆ J, |E| < ∞ . j∈J j∈E Man sieht leicht, daß dies für Reihen, d.h. für J = N mit dem Grenzwert der entsprechenden Reihe übereinstimmt. Für eine Familie (vj )j∈J von Elementen eines Banachraums E schreiben wir X v= vj , j∈J wenn zu jedem ε > 0 eine endliche Teilmenge Jε ⊆ J existiert, so daß für jede endliche Teilmenge E ⊆ J , die Jε enthält, die Abschätzung X kv − vj k < ε j∈E gilt. Dieser Grenzwertbegriff ist etwas subtiler als die Konvergenz einer Reihe, da hier auf keine Reihenfolge Bezug genommen wird. Für eine Folge komplexer Zahlen führt er sogar (nach dem Riemannschen Umordnungssatz) auf die absolute Konvergenz der Reihe. Lemma I.2.7. Sei (Hj )j∈J eine Familie von Hilberträumen und n o Y X H := (xj )j∈J ∈ Hj : kxj k2 < ∞ . j∈J j∈J Dann ist H ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt X h(xj )j∈J , (yj )j∈J i = hxj , yj i. j∈J Beweis. Wir Q zeigen zuerst, daß H ein Untervektorraum des kartesischen Produkts von j∈J Hj ist. Die Invarianz unter Skalarmultiplikation ist klar. Für zwei Elemente a, b ∈ Hj folgt aus der Parallelogrammgleichung ka + bk2 = 2kak2 + 2kbk2 − ka − bk2 ≤ 2(kak2 + kbk2 ), und daher für x = (xj )j∈J , y = (yj )j∈J ∈ H die Beziehung X j∈J kxj + yj k2 ≤ 2 X j∈J kxj k2 + 2 X j∈J kyj k2 < ∞. 13 I. Grundlegende Konzepte Also ist x + y ∈ H , und somit ist H ein Vektorraum. Für x, y ∈ H folgt aus der Polarisierungsidentität und x ± y, x ± iy ∈ H , daß X (2.2) hx, yi = hxj , yj i j∈J in folgendem Sinne existiert. Daß durch (2.2) eine positiv definite hermitesche Form definiert wird, ist eine einfache Rechnung. Wir zeigen noch die Vollständigkeit von H . Hierzu geht man im Prinzip vor wie bei dem Raum l2 (N, C ) . Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in H . Dann ist (xnj )n∈N für jedes j ∈ J eine Cauchy-Folge in Hj und aus der Vollständigkeit der Räume Hj erhalten wir für jedes j ∈ J ein Element xj mit xnj → xj . Für jede endliche Teilmenge J0 ⊆ J ist dann X X X kxj k2 = lim kxnj k2 ≤ lim kxnj k2 = lim kxn k2 . n→∞ j∈J0 n→∞ j∈J0 n→∞ j∈J Hieraus folgt x := (xj )j∈J ∈ H mit kxk2 ≤ lim kxn k2 . n→∞ Es bleibt noch zu zeigen, daß xn → x in H gilt. Sei dazu ε > 0 und n0 ∈ N mit kxn − xm k ≤ ε für n, m ≥ n0 . Für eine endliche Teilmenge J0 ⊆ J gilt dann X X n 2 m n 2 2 kxj − xnj k2 = lim kxm j − xj k ≤ lim kx − x k ≤ ε m→∞ j∈J0 m→∞ j∈J0 für n ≥ n0 . Also ist auch kx − xn k2 = supJ0 ⊆J X kxj − xnj k2 ≤ ε. j∈J0 Hieraus folgt xn → x, und somit die Vollständigkeit von H . Definition I.2.8. Ist (Hj )j∈J eine Familie von Hilberträumen, so betrachten wir n o M Y X [ Hj := (xj )j∈J ∈ Hj : kxj k2 < ∞ j∈J j∈J j∈J mit der Hilbertraumstruktur aus Lemma I.2.7. Wir nennen diesen Raum die direkte Hilbertraumsumme der (Hj )j∈J . Dieser Raum ist natürlich nicht die direkte Vektorraumsumme der Unterräume Hi ∼ = {(xj )j∈J : (∀j 6= i)xj = 0}, P aber die Summe j∈J Hj dieser Unterräume ist direkt und dicht in H (Übung). Weiter sind all diese Unterräume paarweise orthogonal zueinander. Man beachte, daß die Forderung der Summierbarkeit von (kxj k2 )j∈J insbesondere zur Folge hat, daß nur abzählbar viele xj von 0 verschieden sind, auch wenn die Indexmenge J überabzählbar ist. 14 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Lemma I.2.9. Sei J eine Menge und C J die Menge der Funktionen x: J → C , j 7→ xj . (i) Der Raum n o X l2 (J, C ) := x ∈ C J : |xj |2 < ∞ j∈J ist ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt hx, yi = X xj yj und kxk22 := X |xj |2 . j∈J j∈J (ii) Der Raum n o X l1 (J, C ) := x ∈ C J : |xj | < ∞ j∈J ist ein Banachraum bzgl. der Norm kxk1 := P j∈J |xj |. Beweis. (i) Das ist ein Spezialfall von Lemma I.2.7, wo Hj = C für alle j ∈ J gilt. (ii) Der Beweis verläuft vollkommen analog zu dem von Lemma I.2.7. Satz I.2.10. Sei (πj , Hj )j∈J eine Familie von involutiven Darstellungen der Halbgruppe S . Gilt weiter supj∈J kπj (s)k < ∞ für alle s ∈ S , so wird durch π(s).(vj )j∈J := πj (s).vj )j∈J L auf c j∈J Hj eine involutive Darstellung von S definiert. L c Beweis. Wir zeigen zuerst, daß π(s) den Unterraum H := j∈J Hj von Q j∈J Hj invariant läßt. Dazu rechnen wir für v = (vj )j∈J in diesem Raum: kπ(s).vk2 = X j∈J X kπj (s).vj k2 ≤ supj∈J kπj (s)k kvj k2 j∈J = supj∈J kπj (s)k kvk2 , und sehen, daß H unter π(s) invariant bleibt, sowie kπ(s)k ≤ supj∈J kπj (s)k. Daß π: S → B(H) ein Homomorphismus von Halbgruppen ist, ist klar. Weiter folgt π(s)∗ = π(s∗ ) sofort aus hπ(s).v, wi = X j∈J hπj (s).vj , wj i = X hvj , πj (s∗ ).wj i = hv, π(s∗ ).wi j∈J für alle v, w ∈ H . Die Darstellung aus Satz I.2.10 nennt man eine direkte Hilbertraum-Summe P der Darstellungen (πi , Hj )j∈J und schreibt kurz π = ⊕j∈J πj oder auch j∈J πj . Aus Lemma I.2.6 erhalten wir unmittelbar folgende Beobachtung: I. Grundlegende Konzepte 15 Folgerung I.2.11. Ist (π, H) eine Darstellung und E ⊆ H ein abgeschlossener invarianter Unterraum, so ist auch E ⊥ abgeschlossen und invariant. Sind (πE , E) und (πE ⊥ , E ⊥ ) die zugehörigen Darstellungen, so gilt π ∼ = πE ⊕ πE ⊥ . Jetzt überlegen wir uns, wie einschränkend die Forderung nach einer nicht entarteten Darstellung (vgl. Def. I.2.5) ist. Satz I.2.12. Ist (π, H) eine Darstellung von S , so ist H0 := {v ∈ H: (∀s ∈ S)π(s).v = 0} ein abgeschlossener Unterraum. Die Darstellung von S auf H0⊥ ist nicht entartet und wir erhalten eine S -invariante orthogonale Zerlegung H = H0 ⊕ span(π(S).H). Beweis. Wegen der Stetigkeit der Operatoren π(s) , s ∈ S , sind die Kerne N π(s) abgeschlossen. Also ist auch H0 = \ s∈S N π(s) abgeschlossen. Nach Lemma I.1.7 ist \ \ \ ⊥ ⊥ ⊥ H0 = N π(s) = R π(s∗ ) = R π(s) = π(S).H s∈S s∈S und somit H0⊥ = π(S).H s∈S ⊥ ⊥ = span π(S).H. Die Invarianz dieses Raumes folgt aus Lemma I.2.6. Daß die Darstellung auf H0⊥ nicht entartet ist, folgt nun aus π(S).H = π(S).H0⊥ und H0⊥ = span π(S).H. Es ist klar, daß jede zyklische Darstellung nicht entartet ist. Der folgende Satz zeigt, daß umgekehrt jede nicht entartete Darstellung Summe von zyklischen Darstellungen ist. Zuerst ein kleines Lemma. Lemma I.2.13. Ist (π, H) eine Darstellung der involutiven Halbgruppe S und v ∈ H , so ist die Darstellung von S auf dem Unterraum span π(S).v zyklisch. Ist (π, H) nicht entartet, so ist sogar v ∈ span π(S).v . Beweis. Sei H0 := span π(S).v . Es ist klar, daß H0 unter π(S) invariant ist. Wir erhalten mit Lemma I.2.6 eine orthogonale S -invariante Zerlegung H = H0 ⊕ H0⊥ . Entsprechend zerlegt sich v als v = v0 + v1 , wobei v0 ∈ H0 und v1 ∈ H0⊥ gilt. Sei s ∈ S . Da H0⊥ invariant ist, ist π(s).v1 ∈ H0⊥ , andererseits aber auch π(s).v1 = π(s).v − π(s).v0 ∈ H0 . Folglich ist π(s).v1 = 0 . Also ist π(S).v = π(S).v0 , und wir sehen, daß v0 ein zyklischer Vektor in H0 ist. Ist die Darstellung von S auf H nicht entartet, so ist v1 = 0 und damit v ∈ H0 . 16 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Welche Rolle die Involutivität der Darstellung in Lemma I.2.13 spielt, sieht man, wenn man den Shiftoperator S ∗ (vgl. Beispiel I.1.9(a)) und die zugehörige Darstellung π: N → B(l2 (N, C )), n 7→ (S ∗ )n betrachtet. Für v = e1 besteht der von π(N).e1 = {en+1 : n ∈ N} erzeugte Unterraum aus allen Folgen (xn )n∈N mit x1 = 0 . Wendet man allerdings S ∗ nochmal an, so erhält man auch x2 = 0 , d.h., die Darstellung von N auf diesem Unterraum ist nicht zyklisch. Grober Zerlegungssatz für Darstellungen Satz I.2.14. Eine Darstellung einer involutiven Halbgruppe S ist genau dann nicht entartet, wenn sie eine direkte Summe von zyklischen Darstellungen ist. Beweis. Wir nehmen zuerst an, daß die Darstellung nicht entartet ist. Der Beweis ist eine typische Anwendung des Zornschen Lemmas. Wir ordnen die Menge M aller Mengen (Hj )j∈J von paarweise orthogonalen abgeschlossenen invarianten Unterräumen auf denen die Darstellung von S zyklisch ist über Inklusion. Es ist klar, daßSdiese Ordnung induktiv wird, denn für jede Kette K ⊆ M ist auch wieder K ∈ M. Das Zornsche Lemma liefert jetzt eine maximale Menge (Hj )j∈J von paarweise orthogonalen invarianten Unterräumen, so daß die Einschränkung der Darstellung auf Hj jeweils zyklisch ist (Übung). P Wir definieren K := j∈J Hj . Dann ist K ⊥ ein invarianter Unterraum. Nehmen wir an, daß K von H verschieden ist, so finden wir einen von 0 verschiedenen Vektor v ∈ K ⊥ . Setzen wir H 0 := span π(S).v , so ist H 0 zusammen mit (Hj )j∈J eine orthogonale Familie von zyklischen Unterräumen (Lemma I.2.13), die echt größer ist. In der Tat folgt H 0 6= {0} aus der Annahme, daß (π, H) nicht entartet ist. Dies steht im Widerspruch zur Konstruktion von (Hj )j∈J . Also ist H = K , d.h., (π, H) is eine direkte Summe der zyklischen Darstellungen (πj , Hj ) , wobei πj (s) := π(s) |Hj ist. Ist umgekehrt P (π, H) eine direkte Summe von zyklischen Darstellungen (πj , Hj ), so ist j∈J Hj ein dichter Unterraum von H . Da die Darstellung auf Hj zyklisch ist, gilt Hj ⊆ span π(S).Hj ⊆ span π(S).H für alle j . Also enthält die rechte Seite auch die Summe der Hj und stimmt wegen der Abgeschlossenheit mit H überein. Bemerkung I.2.15. In der Darstellungstheorie gibt es zwei zentrale Grundfragen: (P1) Was sind die irreduziblen Darstellungen? (P2) Wie kann man Darstellungen in irreduzible zerlegen? (Das Problem der harmonischen Analyse) Natürlich interessiert man sich für Darstellungen nur bis auf (unitäre) Äquivalenz (Definition I.2.3(c)). Für eine Darstellung π schreiben wir [π] I. Grundlegende Konzepte 17 für deren unitäre Äquivalenzklasse. In diesem Kontext lauern mengentheoretische Tücken, die man sich bewußt machen sollte. Auch wenn wir hier von Äquivalenzklassen reden, so ist das so zu verstehen, daß es sich hierbei nicht um eine Äquivalenzrelation auf einer Menge handelt und die Äquivalenzklassen Teilmengen davon sind. Vielmehr bildet die Klasser aller Hilberträume eben keine Menge und aus ähnlichen Gründen macht es auch keinen Sinn von der Menge aller Darstellungen von S zu reden. Unproblematisch ist es dagegen, von der Menge RepS (H) aller Darstellungen von S auf einem festen Hilbertraum H zu reden, denn diese Menge können wir als Teilmenge der Menge B(H)S aller Abbildungen S → B(H) auffassen. Betrachten wir eine zyklische Darstellung (π, H) und ist v ∈ H zyklisch, so spannt die Menge π(S).v einen dichten Unterraum von H auf. Hieraus schließt man, daß die Hilbertraumdimension, d.h. die Kardinalität einer Orthonormalbasis, höchstens so groß ist wie die Kardinalität |S| von S . Insbesondere ist H isomorph zu einem Hilbertraum l2 (J, C ) für eine Teilmenge J ⊆ S . Folglich finden wir für jede zyklische Darstellung von S eine dazu äquivalente in einer der Mengen RepS (l2 (J, C )) , J ⊆ S . Wir können nun die Menge [ RepS (l2 (J, C )) J⊆S bilden und die Äquivalenz von Darstellungen als eine Äquivalenzrelation auf dieser Menge betrachten. Hiermit sehen wir ein, daß es sinnvoll ist, die Menge Sb := {[π]: (π, H) eine irreduzible Darstellung} zu bilden. Man kann in der Regel einer Klasse α ∈ Sb keinen kanonischen Repräsentanten zuordnen. Unter Zuhilfenahme des Auswahlaxioms können wir allerdings eine Zuordnung α → πα finden, so daß [πα ] = α gilt. Nachdem man so eine Auswahl getroffen hat, kann man auch πα mit α identifizieren, so daß wir uns Sb als eine Menge von Darstellungen vorstellen können. I.3. Endlichdimensionale Darstellungen Satz I.3.1. Jede endlichdimensionale Darstellung von S ist eine direkte Summe irreduzibler Darstellungen. Beweis. Sei (π, H) eine endlichdimensionale Darstellung von S . Wir zeigen die Behauptung über Induktion nach dim H . Der Fall dim H ≤ 1 ist trivial. Ist (π, H) irreduzibel, so ist nichts zu zeigen. Ist (π, H) nicht irreduzibel, so existiert ein invarianter Unterraum H1 , der von {0} und H verschieden ist. Damit haben wir eine invariante Zerlegung H = H1 ⊕ H1⊥ und wir können die Induktionsvoraussetzung auf beide Teilräume anwenden (Lemma I.2.6). Hieraus folgt die Behauptung. 18 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Wir können uns hiermit auf den Standpunkt stellen, daß wir die Gesamtheit der endlichdimensionalen Darstellungen von S kennen, wenn wir die irreduziblen kennen. Wir schauen uns daher jetzt an, wie wir an die irreduziblen Darstellungen herankommen. Hierzu schreiben wir Sbfin für die Menge der Äquivalenzklassen irreduzibler endlichdimensionaler Darstellungen von S . Ist (π, H) eine endlichdimensionale Darstellung von S , so erhalten wir mit Satz I.3.1 eine Zerlegung π = ⊕nj=1 πj in irreduzible. Für eine Darstellung (ρ, K) schreiben wir (nρ, K n ) für die Darstellung auf K n , die wir als n -fache direkte Summe von ρ mit sich selbst erhalten. Fassen wir nun in obiger Zerlegung äquivalente Darstellungen zusammen, so sehen wir, daß π äquivalent ist zu einer Darstellung des Typs π = ⊕α∈Sb nα α. fin Entsprechend denken wir uns H als direkte Summe H ∼ = ⊕α Hαnα . Hierbei ist zunächst nicht klar, daß die Zahl nα der irreduziblen Summanden vom Typ α nicht von der Zerlegung abhängt. Wir werden später zeigen, daß diese Zahlen in der Tat von der Zerlegung unabhängig sind und die Darstellung daher durch die Zahlen nα klassifiziert werden. Lemma I.3.2. Ist (π, H) eine Darstellung von S , A ∈ BS (H) ein Vertauschungsoperator, so ist der Eigenraum Hλ (A) = {v ∈ H: A.v = λv} von A zum Eigenwert λ invariant unter S . Beweis. Für v ∈ Hλ (A) und s ∈ S gilt Aπ(s).v = π(s)A.v = λπ(s).v. Das folgende Lemma bleibt auch ohne die einschränkende Voraussetzung der Endlichdimensionalität wahr. Das werden wir aber erst später aus dem (stetigen) Funktionalkalkül ableiten können. Lemma von Schur – endlichdimensionaler Fall Lemma I.3.3. Seien (π, H) und (ρ, K) zwei endlichdimensionale irreduzible Darstellungen von S . Dann gelten: (i) BS (H) = C 1. (ii) Sind π und ρ nicht äquivalent, so ist BS (H, K) = {0}. Beweis. (i) Sei A ∈ BS (H) . Dann hat A einen Eigenwert λ . Wegen Lemma I.3.2 ist Hλ (A) invariant unter S . Wegen Hλ (A) 6= {0} und der Irreduzibilität von π folgt Hλ (A) = H , d.h. A = λ1. (ii) Sei 0 6= A: H → K ein Vertauschungsoperator. Dann ist N (A) ein invarianter Unterraum in H und R(A) ein invarianter Unterraum in K . Ist also A 6= 0 , so ist N (A) = {0} , da π irreduzibel ist. Ebenso folgt R(A) = K aus der Invarianz des Bildes von A unter S . Also ist A bijektiv. Weiter ist A∗ A ∈ BS (H) (Aufgabe I.2) und wegen (i) ist A∗ A = λ1. Wegen hA∗ A.v, vi = hA.v, A.vi = kA.vk2 ist λ > 0. Ersetzen wir nun A durch √1λ A, so ist A∗ A = 1, d.h. A ist unitär, da dim H = dim K endlich ist, und folglich sind π und ρ äquivalent. Für abelsche Gruppen hat das Schursche Lemma eine wichtige Konsequenz. I. Grundlegende Konzepte 19 Korollar I.3.4. Ist S abelsch und (π, H) eine endlichdimensionale irreduzible Darstellung, so ist dim H = 1 . Beweis. Wegen π(S) ⊆ BS (H) = C 1 ist jedes Element von π(S) ein Vielfaches der Identität. Da die Darstellung irreduzibel ist, muß H eindimensional sein. Mit den Informationen aus dem Schurschen Lemma können wir nun zeigen, daß die Vielfachheiten nα nicht von der jeweiligen Zerlegung der Darstellung abhängen. Lemma I.3.5. Seien (πi , Hi ), i = 1, . . . , m , und (ρj , Kj ), j = 1, . . . , n , n Darstellungen, (π, H) := ⊕m i=1 (πi , Hi ) und (ρ, K) := ⊕j=1 (ρj , Kj ), so gilt M BS (H, K) ∼ BS (Hi , Kj ). = i,j Beweis. Sei pi : H → Hi die Orthogonalprojektion auf Hi und qj : K → Kj die Orthogonalprojektion auf Kj . Ist nun A ∈ B(H, K), so erhalten wir für jedes Paar (i, j) einen Operator Aji := qj Ap∗i : Hi → Kj und im Sinne der Zerlegungen von H und K gilt X X A. vi = Aji .vi , i d.h. A = ∗ i,j qj Api , P i,j so daß wir uns A durch die Matrix A = (Aji )i=1,...,m;j=1,...,n dargestellt denken. Wegen X X X Aπ(s). vi = A. πi (s)vi = Aji πi (s).vi i i i,j und ρ(s)A. X vi = i X ρj (s)Aji .vi i,j folgt aus der Eindeutigkeit der Zerlegungen, daß A ∈ BS (H) äquivalent ist zu Aji ∈ BS (Hi , Kj ) . Hieraus folgt die Behauptung sofort. Lemma I.3.6. Ist π = ⊕α nα α eine endlichdimensionale Darstellung, so ist nα = dim BS (Hα , H). Beweis. Wir schreiben H als H= M Hαnα . bfin α∈S Mit dem Schurschen Lemma und Lemma I.3.5 erhalten wir dann unmittelbar M BS (Hα , H) ∼ BS (Hα , Hβ )nβ ∼ = = BS (Hα , Hα )nα ∼ = C nα β Zusammenfassend erhalten wir nun mit Satz I.3.1: 20 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Endlichdimensionaler Zerlegungssatz Theorem I.3.7. Sei S eine involutive Halbgruppe und (π, H) eine endlichdimensionale Darstellung. Dann ist die Vielfachheitenfunktion Sbfin → N0 , α 7→ nα := dim BS (Hα , H) nur an endlich vielen Stellen von Null verschieden, und es gilt π∼ = ⊕α∈Sbfin nα α. Die Darstellung π ist also eindeuting durch die Vielfachheitenfunktion bestimmt und zu jeder Vielfachheitenfunktion, die nur an endlich vielen Stellen von 0 verschieden ist, gehört bis auf Äquivalenz genau eine endlichdimensionale Darstellung. Darstellungen abelscher Halbgruppen Definition I.3.8. Ist S abelsch, so haben wir in Korollar I.3.4 gesehen, daß alle irreduziblen endlichdimensionalen Darstellungen (π, H) eindimensional sind, also H ∼ = C . Identifizieren wir nun B(C ) mit C , so ist eine eindimensionale Darstellung nichts anderes als ein Homomorphismus χ: S → C mit χ(s∗ ) = χ(s) . Solche Homomorphismen nennen wir Charaktere. Wir schreiben Sb := Hom(S, C ) für die Menge aller Charaktere. Daß diese Bezeichnung mit der obigen konsistent ist, folgt daraus, daß Korollar I.3.4 auch im Unendlichdimensionalen gilt, was wir später sehen werden. Wir schreiben Sb× := Sb \ {0}. Hat S ein Einselement 1, so betrachtet man (in der Regel) nur Darstellungen (π, H) mit π(1) = 1. In diesem Fall betrachtet man 0 nicht als Charakter, so daß Sb = Hom(S, C ) \ {0} ist, denn für jeden Homomorphismus χ: S → C , der nicht verschwindet, gilt χ(1) = 1 (Übung). Endlichdimensionaler Klassifikationssatz–abelscher Fall Satz I.3.9. Sei (π, H) eine endlichdimensionale Darstellung der abelschen involutiven Halbgruppe S . Für χ ∈ Sb sei Hχ := {v ∈ H: (∀s ∈ S)π(s).v = χ(s)v}. Dann ist H = L b χ∈S Hχ eine endliche orthogonale direkte Summe von Darstel- lungen, und die Darstellung ist bis auf Äquivalenz eindeutig bestimmt durch die Vielfachheitenfunktion Sb → N0 , χ 7→ dim Hχ . Beweis. Um diesen Satz aus Satz I.3.7 zu erhalten, müssen wir nur feststellen, daß für β ∈ Sbfin mit β(s) = χβ (s)1, χβ : S → C , und eine Zerlegung H = L nα α Hα die Beziehung n Hχβ = Hβ β gilt. I. Grundlegende Konzepte 21 Mit dem Klassifikationssatz ist unser Klassifikationsproblem für den endlichdimensionalen abelschen Fall gelöst. Das Ergebnis können wir nun auf unsere Fragestellung für Operatoren anwenden. Korollar I.3.10. (a) Ist dim H < ∞, so ist A ∈ B(H) genau dann normal, wenn H in eine orthogonale direkte Summe der Eigenräume von A zerfällt. (b) Ein normaler Operator A ist genau dann unitär, wenn alle Eigenwerte in T := {z ∈ C : |z| = 1} liegen und genau dann hermitesch, wenn alle Eigenwerte reell sind. (c) Zwei normale Operatoren A, B auf H sind genau dann unter einem unitären Operator zueinander konjugiert, wenn für alle λ ∈ C die Dimensionen der zugehörigen Eigenräume übereinstimmen. Beweis. (a) Sei A zunächst normal und S = (N×N\{(0, 0)}, +) mit (n, m)∗ = (m, n) wie in Beispiel I.2.4(c). Dann können wir durch π(n, m) := An (A∗ )m eine Darstellung von S auf H definieren. Da S abelsch ist, zerfällt H gemäß Satz I.3.9 in eine orthogonale direkte Summe von eindimensionalen invarianten Unterräumen, insbesondere ist A diagonalisierbar und die Eigenräume bilden eine orthogonale Zerlegung. Ist dies umgekehrt für einen Operator A der Fall, so sehen wir mit Lemma I.1.7(ii), daß A∗ ebenfalls diese orthogonale Zerlegung respektiert. Aus A.v = λv und (λ1)∗ = λ1 folgt nun A∗ .v = λv . Damit gilt AA∗ = A∗ A, d.h., A ist normal. (b) Da die Zerlegung in Eigenräume orthogonal ist, ist A genau dann hermitesch bzw. unitär, wenn dies für alle Einschränkungen auf die Eigenräume gilt. Hieraus folgt die zweite Behauptung sofort. (c) Daß A und B unter einem unitären Operator konjugiert sind, bedeutet, daß die zugehörigen Darstellungen von S auf H äquivalent sind. Daher folgt die Behauptung aus dem Klassifikationssatz I.3.9. Wir können umgekehrt das Ergebnis aus Korollar I.3.10 auch wieder im Rahmen der involutiven Halbgruppen interpretieren. b ∼ Bemerkung I.3.11. (a) Ist G = Z mit s∗ = −s, so ist G = T: Sei dazu χ: G → C ein von Null verschiedener Charakter, so folgt zunächst aus 0 + 0 = 0 , daß χ(0)2 = χ(0) gilt, also χ(0) ∈ {0, 1} . Aus χ(0) = 0 folgt χ = 0 , was wir ausgeschlossen haben. Also ist χ(0) = 1 . Damit sind die von 0 verschiedenen involutiven Homomorphismen χ: Z → C über χ(1) = z durch Zahlen z ∈ C mit z = χ(1∗ ) = χ(−1) = z −1 gegeben. Hieraus folgt die Behauptung. (b) Für S = (N, +) mit s∗ = s folgt analog Sb = R . (c) Für S = (N × N \ {(0, 0)}, +) mit (n, m)∗ = (m, n) ergibt sich Sb = C , wobei wir der Zahl z ∈ C den Charakter χ mit χ(n, m) = z n z m zuordnen. Man beachte, daß hier der Nullcharakter nicht ausgeschlossen ist, da S kein Einselement besitzt. 22 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 I.4. Die Kommutantenalgebra Ist (π, H) eine Darstellung von S , so möchten wir insbesondere die Struktur der Menge der invarianten abgeschlossenen Unterräume von H verstehen. Die Struktur dieser Menge spiegelt wesentlichen Eigenschaften der Darstellung wider. Insbesondere ist π genau dann irreduzibel, wenn es {0} und H die einzigen abgeschlossenen invarianten Unterräume sind. Aus Lemma I.2.6 wissen wir, daß ein abgeschlossener Unterraum E ⊆ H genau dann invariant ist, wenn die orthogonale Projektion PE auf E mit π(S) vertauscht. Wir haben also die Menge aller Orthogonalprojektionen zu studieren, die mit π(S) vertauschen. Diese Menge trägt die Struktur einer C ∗ -Algebra. Um damit umgehen zu können, führen wir zuerst die notwendigen Begriffe ein. Definition I.4.1. (a) Ein komplexer Vektorraum A mit einer bilinearen Abbildung A × A → A, (x, y) 7→ x · y heißt (assoziative) Algebra, wenn (x · y) · z = x · (y · z) (Assoziativgesetz) für x, y, z ∈ A gilt. Wir schreiben auch verkürzt xy für x · y . (1) Eine Element 1 einer Algebra A heißt Einselement, wenn 1a = a1 = a für alle a ∈ A gilt. (2) Ein Element a einer Algebra A mit Einselement 1 heißt invertierbar, wenn ein Element b ∈ A mit ab = ba = 1 existiert. Da b hierdurch eindeutig bestimmt ist (Übung), nennen wir b das Inverse von a und schreiben dafür a−1 . Die Menge A× der invertierbaren Elemente von A ist bzgl. der Multiplikation eine Gruppe mit Einselement 1, die Einheitengruppe von A. (b) Eine Algebra A, die gleichzeitig ein Banachraum ist, heißt Banachalgebra, wenn kabk ≤ kak · kbk für a, b ∈ A gilt, d.h., die Norm ist submultiplikativ. 1 Jetzt bringen wir auch Involutionen ins Spiel. Definition I.4.2. (a) Eine involutive Algebra A ist eine assoziative komplexe Algebra, die zusätzlich mit einer Abbildung a 7→ a∗ versehen ist, die folgenden Bedingungen genügt: (1) (a∗ )∗ = a (Involutivität). (2) (λa + µb)∗ = λa∗ + µb∗ (Antilinearität). (3) (ab)∗ = b∗ a∗ (Antiautomorphie). Insbesondere ist (A, ·, ∗) dann eine involutive Halbgruppe. 1 Die Theorie der Banachalgebren wurde in ihren Grundzügen 1941 in einer Arbeit von I. M. Gelfand entwickelt. I. Grundlegende Konzepte 23 (b) Ist (A, k · k) eine Banachalgebra und gleichzeitig eine involutive Algebra, so daß ka∗ k = kak für alle a ∈ A gilt, so nennt man A eine Banach- ∗ -Algebra. Gilt in einer Banach-∗-Algebra A sogar kaa∗ k = kak2 für alle a ∈ A, so nennt man A eine C ∗ -Algebra. 2 b für die Menge (c) Ist (A, ∗) eine kommutative involutive Algebra, so steht A der von 0 verschiedenen linearen Charaktere von A, d.h. der Algebrahomomorb für die Menge phismen A → C . Ist A sogar eine Banach-∗-Algebra, so steht A der stetigen nicht verschwindenden linearen Charaktere. Das ist natürlich eine mehrdeutige Notation, sie wird aber nicht zu Mißverständnissen führen. Man kann sogar zeigen, daß alle Homomorphismen einer Banach- ∗ -Algebra nach C automatisch stetig sind. (d) Ein Element x einer involutiven Algebra A heißt (1) normal, wenn xx∗ = x∗ x, (2) hermitesch, wenn x = x∗ , und (3) Projektion, wenn x2 = x = x∗ . Diese Begriffsbildungen werden durch das folgende Beispiel gerechtfertigt. Beispiel I.4.3. Ist H ein Hilbertraum und A ⊆ B(H) eine abgeschlossene ∗invariante Unteralgebra, so ist A eine C ∗ -Algebra. Insbesondere ist B(H) eine C ∗ -Algebra (Lemma I.1.1). Definition I.4.4. Sei H ein Hilbertraum. Für eine Teilmenge S ⊆ B(H) definieren wir den Kommutanten S 0 := {A ∈ B(H): (∀B ∈ S)AB = BA}. Lemma I.4.5. Für Teilmengen E, F ⊆ B(H) gilt: (i) E ⊆ F 0 ⇔ F ⊆ E 0 . (ii) E ⊆ E 00 . (iii) E ⊆ F ⇒ F 0 ⊆ E 0 . (iv) E 0 = E 000 . (v) E = E 00 genau dann, wenn ein F mit E = F 0 existiert. Beweis. (i) Das ist trivial. (ii) Ist nach (i) äquivalent zu E 0 ⊆ E 0 , also auch trivial. (iii) trivial. (iv) Aus (ii) folgt zunächst E 0 ⊆ (E 0 )00 = E 000 . Andererseits folgt aus (ii) und (iii) auch E 000 ⊆ E 0 . (v) Gilt E = F 0 , so folgt E = E 00 aus (iv). Die Umkehrung ist trivial. Die Theorie der C ∗ -Algebren wurde 1943 in durch eine Arbeit von Gelfand und Naimark begründet. Allerdings enthielt die ursprüngliche Definition ein zusätzliches Axiom, nämlich daß das Spektrum von Elementen der Gestalt a∗ a in [0, ∞] liegt. Kaplansky hat 1953 gezeigt, daß diese Bedingung redundant ist. 2 24 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Wer sich an die Funktionalanalysis erinnert, wird feststellen, daß er Argumente wie oben schon mehrfach gesehen hat. Die Zuordnung E 7→ E ⊥ für Teilmengen eines Hilbertraums genügt ähnlichen Gesetzen. Die abstrakte Version einer solchen Zuordnung nennt man eine Galois-Verbindung, da sie in der Galoistheorie in Gestalt der Zuordnung von Unterkörpern und Fixgruppen auftritt. Das Hauptproblem in so einer Galoisverbindung ist die Charakterisierung der Fixpunkte, d.h. in unserem Fall der Teilmengen E ⊆ B(H) für die E = E 00 gilt. Definition I.4.6. Auf dem Raum der Operatoren B(H) auf einem Hilbertraum H definieren wir die schwache Operatortopologie τw als die initiale Topologie bzgl. der Abbildungen fv,w : B(H) → C , A 7→ hA.v, wi, v, w ∈ H. Das ist die gröbste Topologie bzgl. der alle Abbildungen fv,w , v, w ∈ H , stetig sind. Wir definieren die starke Operatortopologie τs als die als die initiale Topologie bzgl. der Abbildungen B(H) → H, A 7→ A.v, d.h. als die Topologie der punktweisen Konvergenz auf H . Schreiben wir τn für die Normtopologie, so haben wir also 3 Topologien auf B(H) mit τn ⊇ τ s ⊇ τw . Daß diese Topologien verschienden sind, wird in Aufgabe I.10 gezeigt. Wie bisher beziehen wir uns auf die Normtopologie, falls nichs anderes gesagt wird. Lemma I.4.7. Der Kommutant E 0 einer Teilmenge E ⊆ B(H)hat folgende Eigenschaften: (i) E 0 ist abgeschlossen bzgl. der schwachen Operatortopologie und eine Unteralgebra von B(H). (ii) Ist E kommutativ, so auch E 00 . (iii) Ist E invariant unter Adjunktion, so auch E 0 . Beweis. (i) Seien v, w ∈ H und B ∈ E . Dann vertauscht A ∈ B(H) genau dann mit B , wenn folgender Ausdruck für alle v, w ∈ H verschwindet: h(AB − BA).v, wi = hAB.v, wi − hA.v, B ∗ .wi = fB.v,w (A) − fv,B ∗ .w (A). Also ist E0 = \ ker(fB.v,w − fv,B ∗ .w ) v,w∈H,B∈E und daher abgeschlossen in der schwachen Operatortopologie. Daß dieser Raum eine Unteralgebra ist, rechnet man leicht nach. (ii) Daß E kommutativ ist, heißt E ⊆ E 0 . Damit ist E 00 ⊆ E 0 und folglich E 00 ⊆ E 000 . Also ist E 00 kommutativ. (iii) Das ist eine triviale Rechnung. 25 I. Grundlegende Konzepte Der folgende Satz charakterisiert diejenigen ∗-Unteralgebren A von B(H) , die mit ihren Bikommutanten A00 übereinstimmen als diejenigen, die bzgl. der schwachen oder starken Operatortopologie abgeschlossen sind. Er ist ein zentrales Werkzeug der Darstellungstheorie auf Hilberträumen. Einen entsprechenden Satz gibt es auch im algebraischen Kontext der endlichdimensionalen Darstellungstheorie halbeinfacher Algebren. Von Neumannscher Bikommutantensatz Theorem I.4.8. Für eine ∗-Unteralgebra A ⊆ B(H) für die die Darstellung auf H nicht entartet ist, haben wir w s A = A = A00 . Beweis. Da A00 schwach abgeschlossen ist (Lemma I.4.7(i)), haben wir s w A ⊆ A ⊆ A00 . s Wir haben also nur A00 ⊆ A zu zeigen. Wir werden hierzu zeigen, daß es für jede endliche Menge v1 , . . . , vm in H und b ∈ A00 eine Folge an ∈ A mit an .vj → b.vj für alle j gibt. Zuerst zeigen wir, daß (4.1) b.v ∈ A.v für alle v ∈ H gilt. Sei E := A.v . Dann ist E ein A-invarianter abgeschlossener Unterraum, die Orthogonalprojektion PE vertauscht also mit A, d.h. PE ∈ A0 (Lemma I.2.6). Wegen b ∈ A00 vertauscht auch b mit PE , läßt also E invariant (Lemma I.2.6). Da die Darstellung von A auf H nicht entartet ist, ist v ∈ E (Satz I.2.12). Damit haben wir (4.1) gezeigt. Sei nun H m die m -fache direkte Summe des Hilbertraums H mit sich selbst. Wir definieren durch ρ(a).(w1 , . . . , wm ) := (a.w1 , . . . , a.wm ) eine Darstellung ρ: B(H) → B(H m ) (vgl. Definition I.2.8). Die so erhaltene Darstellung von A ist nicht entartet, denn gilt ρ(a).(w1 , . . . , wm ) = 0 für alle a ∈ A , so ist A.wj = {0} für alle j , also wj = 0 (vgl. Satz I.2.12). Wir zeigen nun (4.2) ρ(A00 ) ⊆ ρ(A)00 . Sei dazu c ∈ ρ(A)0 . Wir schreiben pj : H m → H für die orthogonale Projektion auf den j -ten Faktor. Aus Lemma I.3.5 folgt dann pj cp∗l ∈ A0 für alle Paare (j, l) . Ist nun b ∈ A00 , so kommutiert b mit allen Operatoren pj cp∗l , und mit c.w = c.(w1 , . . . , wm ) = p1 c.w, . . . , pm c.w) = m X l=1 p1 cp∗l .wl , . . . , pn cp∗l .wl ) 26 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 erkennt man wie in Lemma I.3.5, daß ρ(b) mit c vertauscht. Also gilt ρ(A00 ) ⊆ ρ(A)00 . Jetzt können wir zeigen, daß A stark dicht in A00 ist. Sei also b ∈ A00 und v1 , . . . , vm ∈ H . Nach (4.2) ist ρ(b) ∈ ρ(A)00 ⊆ B(H m ) . Gemäß (4.1) ist also ρ(b).v = (b.v1 , . . . , b.vm ) ∈ ρ(A).H m . Es existiert also eine Folge (an )n∈N in A mit an .vj → b.vj für alle j = 1, . . . , m . Damit ist die Behauptung gezeigt. Definition I.4.9. Eine Unteralgebra A ⊆ B(H) mit A = A00 heißt von Neumann-Algebra auf H . In der abstrakten Darstellungstheorie geht man nun wie folgt vor. Zunächst sehen wir wegen π(S)0 = π(S)000 , daß die Algebra A := π(S)00 den gleichen Kommutanten wie π(S) hat, also auch die gleichen Unterräume invariant läßt. Um das Zerfallen einer Darstellung zu verstehen, reicht es also, von NeumannUnteralgebren A von B(H) zu studieren. Der Gewinn dieser Sichtweise liegt in der Dualität zwischen den beiden von Neumann-Algebren A und A0 , die in einer vollkommen symmetrischen Situation zueinander stehen. Einerseits werden wir bald sehen, daß man kommutative Algebren gut in den Griff bekommt, und andererseits ist es eine interessante Eigenschaft einer Darstellung (π, H) , daß π(H)0 kommutativ ist. Man nennt π dann vielfachheitenfrei. Bemerkung I.4.10. Die zentrale Bedeutung des Kommutanten für die Darstellungstheorie liegt darin, daß für eine ∗-invariante Teilmenge S ⊆ B(H) die Menge der S -invarianten Unterräume genau den Orthogonalprojektionen im Kommutanten S 0 entspricht (Lemma I.2.6). Andererseits werden wir später als eine Anwendung des meßbaren Spektralkalküls sehen, daß für die Menge P(S 0 ) der Orthogonalprojektionen in S 0 die Beziehung P(S 0 )0 = S 00 und damit P(S 0 )00 = S 000 = S 0 gilt. Aus dem Bikommutantensatz folgt nun, daß die von P(S 0 ) erzeugte Unteralgebra von B(H) in S 0 dicht bezüglich der schwachen und starken Operatortopologie ist. Im topologischen Sinn wird S 0 also von den Projektionen erzeugt. Bemerkung I.4.11. (Der endlichdimensionale Fall) Sei (π, H) eine endlichdimensionale Darstellung. Ist π irreduzibel, so folgt π(S)0 = C 1 aus dem Schurschen Lemma und daher span π(S) = π(S)00 = (C 1)0 = B(H). Ist H = K n eine direkte Summe von n Kopien einer irreduziblen Darstellung (ρ, K) , so ist π(s) = diag(ρ(s), . . . , ρ(s)) , wenn wir uns Operatoren auf H = K n als Matrizen mit Einträgen in B(K) vorstellen. In der Tat ist B(H) ∼ = Mn (B(K)) (Übung). Dann ist span π(S) = diag(B(K)) = B(K)1 ⊆ Mn (B(K)) 27 I. Grundlegende Konzepte und daher π(S)0 = (B(K)1)0 = Mn (C 1) ∼ = Mn (C ). Der Kommutant besteht also aus allen Blockmatrizen in Mn (B(K)) , deren Einträge komplexe Vielfache von 1 sind. Nun betrachten wir den allgemeinen Fall: nm H∼ = K1n1 ⊕ . . . ⊕ Km eine orthogonale direkte Summe, wobei die nicht äquivalent und irreduzibel sind. Sei Hj 0 BS (Hi , Hj ) = C1 Darstellungen (ρj , Kj ) paarweise n := Kj j . Dann ist für i 6= j für i = j. Aus Lemma I.3.5 erhalten wir m m π(S)0 = BS (H, H) ∼ = ⊕m i,j=1 BS (Hi , Hj ) = ⊕j=1 BS (Hj , Hj ) = ⊕j=1 Mnj (C ). Hieraus wiederum können wir auch die Algebra π(S)00 = span π(S) bestimmen: 0 m 0 π(S)00 = ⊕m j=1 BS (Hj , Hj ) = ⊕j=1 BS (Hj , Hj ) = ⊕m ρj (S)00 = ⊕m B(Kj ) ∼ = ⊕m Mdim K (C ). j=1 j=1 j=1 j Aufgaben zu Kapitel I Aufgabe I.1. Sei X eine Menge und S := 2X mit AB := A ∩ B und A∗ = A . (a) Klassifiziere für X = {0} alle Darstellungen der involutiven Halbgruppe S auf H = C n bis auf unitäre Äquivalenz. (b) Klassifiziere für X = {0, 1} alle Darstellungen der involutiven Halbgruppe S auf H = C n bis auf unitäre Äquivalenz. Aufgabe I.2. Für zwei Darstellungen (π, H) und (π 0 , H 0 ) einer involutiven Halbgruppe gilt BS (H, H 0 )∗ = BS (H 0 , H). Insbesondere ist BS (H)∗ = BS (H) . Aufgabe I.3. Ist A ∈ B(H) ein Operator auf dem Hilbertraum H und E ⊆ H ein abgeschlossener Unterraum, der unter A und A∗ invariant ist, so gilt (A |E )∗ = A∗ |E . Aufgabe I.4. Sei (S, ∗) eine involutive Halbgruppe und 1 ∈ S ein Einselement. Zeige: (1) 1∗ = 1. (2) Ist χ: S → (C , ·) ein Halbgruppenhomomorphismus mit χ(S) 6= {0}, so ist χ(1) = 1 . 28 I. Grundlegende Konzepte 15.2.2002 Aufgabe I.5. (Die bizyklische Halbgruppe) Finde eine involutive Halbgruppe S mit folgender Eigenschaft: Für jeden Hilbertraum H entspricht die Menge RepS (H) aller Darstellungen von S auf H genau der Menge aller Isometrien von H . Aufgabe I.6. Sei H ein Hilbertraum und PH := {P ∈ B(H): P = P 2 = P ∗ } die Menge der Orthogonalprojektionen auf H . Zeige: (1) Durch P ≤ Q :⇔ P = P Q wird eine partielle Ordnung auf PH definiert. (2) Definieren wir P ⊥ := 1 − P , so erhalten wir eine involutive Abbildung PH → PH mit P ≤ Q ⇐⇒ Q⊥ ≤ P > . (3) P ≤ Q ⇔ R(P ) ⊆ R(Q) . (4) (PH , ≤) ist ein vollständiger Verband, d.h. für jede Teilmenge M ⊆ PH existiert ein Supremum. Aufgabe I.7. Sei X eine Menge, G eine Gruppe und σ: G × X → X, (g, x) 7→ g.x eine Gruppenoperation von G auf X . Wir setzen (g.f )(x) := f (g −1 .x) für f ∈ C X , x ∈ X und g ∈ G . Dann ist die Menge S := C X × G eine involutive Halbgruppe bzgl. (f, g)(f 0 , g 0 ) := (f · (g.f 0 ), gg 0 ) und (f, g)∗ := (g −1 .f , g −1 ). Aufgabe I.8. Sei H = l2 (Z, C ) , X = G := Z, T := {z ∈ C : |z| = 1} und σ(g, x) := g + x. Auf S := TZ × Z ⊆ C Z × Z betrachten wir die involutive Halbgruppenstruktur aus Aufgabe I.7. Zeige: (1) Durch (f, g).(xn )n∈Z := (f (n)xn−g )n∈Z wird eine Darstellung von S auf H definiert. (2) Wir betrachten die Funktionen fθ : Z → T mit θ ∈ R und fθ (n) = eiθn . Für s1 := (f, 1) und s2 := (1, 1) berechne man den Kommutator π(s1 )π(s2 )π(s1 )−1 π(s2 )−1 und zeige, daß man so alle Elemente von T1 ⊆ U (H) erhält. (3) Ist H ein n -dimensionaler Hilbertraum und g1 , g2 ∈ U (H) mit dem Kommutator g1 g2 g1−1 g2−1 = z1, so ist z n = 1. Es kann also nicht jede Zahl in T auftreten. Aufgabe I.9. (Direkte Summen von Hilberträumen) Sei H ein P Hilbertraum, (Hj )j∈J eine Familie von abgeschlossenen Unterräumen für die j Hj in H dicht ist und Pj : H → Hj die zugehörigen Orthogonalprojektionen. Zeige: L (i) Φ: H → c Hj , Φ(v) = (Pj (v))j∈J ist eine unitäre Abbildung. j∈J (ii) Ist A ∈ B(H) ein Operator, der alle Unterräume Hj invariant läßt, so erhalten wir durch A |Hj := Pj APj∗ einen Operator auf Hj und es gilt kAk = supj∈J kAj k. 29 I. Grundlegende Konzepte Aufgabe I.10. (Operatortopologien) Wir betrachten den Hilbertraum H = l2 (N, C ) mit den Standard-ONB (en )n∈N . Zeige: (1) Durch An (x) := x1 en erhalten wir eine Folge in B(H) , die in der schwachen Operatortopologie gegen 0 konvergiert, aber nicht in der starken. (2) Durch An (x) := xn e1 erhalten wir eine Folge in B(H) , die in der starken Operatortopologie gegen 0 konvergiert, aber nicht in der Normtopologie. 1 1 Aufgabe I.11. (a) Sei S eine involutive Halbgruppe Pund l (S) := l (S, C ) der Banachraum der Funktionen f : S → C mit kf k1 := g∈G |f (g)| < ∞. Zeige: (1) l1 (S) ist eine Banach-∗-Algebra bzgl. dem Faltungsprodukt (f ∗ g)(s) := X f (s)g(b) und f ∗ (s) := f (s∗ ). a,b=s (2) Ist S = G eine Gruppe und g ∗ = g −1 , so heißt l1 (G) die Gruppenalgebra der (diskreten) Gruppe G . Für die dreielementige Gruppe G = Z3 ist l1 (G) keine C ∗ -Algebra. Hinweis: Betrachte das Element a = δ0 − δ1 − δ2 . Aufgabe I.12. (Bikommutantensatz) Sei (π, H) eine irreduzible Darstellung von S . (1) Ist H endlichdimensional, so ist B(H) = span π(S) . (2) Ist H unendlichdimensional, so ist span π(S) in der Regel nicht normdicht in B(H) . Hinweis: Betrachte S = K(H) , die kompakten Operatoren auf H . Aufgabe I.13. Sei H = l2 (N, C ) . Zeige: Die unitäre Gruppe U (H) ist nicht stark abgeschlossen. Hinweis: Auf H = l2 (N, Z) betrachte man die Folge ej+1 An (ej ) = e1 ej für j ≤ n für j = n + 1 für j > n + 1. Gegen welchen Operator A ∈ B(H) konvergiert die Folge (An )n∈N in der starken Operatortopologie? 30 II. Spektralmaße 15.2.2002 II. Spektralmaße In Abschnitt I.2 haben wir kurz diskutiert, daß für jede Menge X die Menge 2X aller Teilmengen von X als eine involutive Halbgruppe aufgefaßt werden kann, wenn wir A∗ = A und AB := A ∩ B setzen. Insbesondere vererbt sich dies auf jedes durchschnittstabile System S von Teilmengen von X . Für die Zwecke der Darstellungstheorie bietet dies allerdings zu wenig Struktur. Vielmehr möchte man Teilsysteme S ⊆ 2X anschauen, die nicht nur durchschnittstabil sind, sondern auch Ø enthalten und unter Komplementbildung und abzählbaren Vereinigungen abgeschlossen sind. Dies führt zum maßtheoretischen Begriff der σ -Algebra. Für eine σ -Algebra S betrachtet man nun Darstellungen, die zusätzlich eine Stetigkeitseigenschaft haben. Diese Darstellungen heißen Spektralmaße und spielen in der Spektral- und Darstellungstheorie eine zentrale Rolle. II.1. Sigma-Algebren und Maße Definition II.1.1. Sei X eine Menge. (a) Eine Menge S von Teilmengen von X heißt σ -Algebra, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: (1) Ø ∈ S. (2) X \ A ∈ S für A ∈ S (S ist abgeschlossen gegenüber Komplementbildung). S∞ (3) j=1 Aj ∈ S für jede Folge (Aj )j∈N in S (S ist abgeschlossen gegenüber abzählbaren Vereinigungen). Man beachte, daß S wegen (2) und (3) auch abgeschlossen gegenüber abzählbaren Durchschnitten ist. Ist S eine σ -Algebra von Teilmengen von X , so nennt man das Paar (X, S) einen Meßraum (Borel-Raum) und die Elemente von S die meßbaren Mengen. (b) Sind (X, S) und (X 0 , S0 ) Meßräume, so nennt man eine Abbildung f : X → X 0 meßbar, wenn f −1 (S0 ) ⊆ S gilt, d.h. Urbilder meßbarer Mengen sind meßbar. Man überlege sich, daß Kompositionen meßbarer Funktionen wieder meßbar sind (Übung). Definition II.1.2. Sei (X, S) ein Meßraum. II. Spektralmaße 31 (a) Ein positives Maß ist eine Funktion µ: S → [0, ∞] mit µ(Ø) = 0, die abzählbar additiv ist, d.h. für jede disjunkte Folge (En )n∈N gilt (4.1) µ( ∞ [ En ) = n=1 ∞ X µ(En ). n=1 Ein positives Maß heißt Wahrscheinlichkeitsmaß, wenn µ(X) = 1 gilt. (b) Ein Maßraum ist ein Tripel (X, S, µ) , wobei µ ein positives Maß ist. (c) Ein komplexes Maß ist eine Funktion µ: S → C , die im Sinne von (4.1) abzählbar additiv ist. Insbesondere verlangen wir also, daß µ(E) 6= ∞ für alle E ∈ S gilt. Lemma II.1.3. Sei (X, S, µ) ein Maßraum. Dann gelten folgende Aussagen: (i) µ ist monoton, d.h. µ(E) ≤ µ(F ) für E ⊆ F in S. S∞ (ii) Ist Ej ⊆ Ej+1 für alle j ∈ N , so gilt µ( j=1 Ej ) = limj→∞ µ(Ej ). T∞ (iii) Ist Ej ⊇ Ej+1 für alle j ∈ N und µ(E1 ) < ∞, so gilt µ( j=1 Ej ) = limj→∞ µ(Ej ). Beweis. (i) Wir schreiben F = E ∪ (F \ E) und wenden µ an. S∞ (ii) Sei E := j=1 Ej . Wir setzen E0 := Ø und Aj := Ej \ Ej−1 für j ∈ N . S∞ Dann ist E = j=1 Aj und aus der abzählbaren Additivität folgt µ(E) = ∞ X µ(Aj ). j=1 Weiter ist µ(En ) = µ(An ) + µ(An−1 ) + . . . + µ(A1 ) und folglich µ(En ) → µ(E) . (iii) S Sei Cj := E1 \ Ej . Dann T ist µ(Ej ) = µ(E1 ) − µ(Cj ) . Die Folge Cj wächst mit j Cj = E1 \ E für E = j Ej . Aus (ii) folgt nun lim µ(Ej ) = µ(E1 ) − lim µ(Cj ) = µ(E1 ) − µ(E1 \ E) = µ(E). j j Beispiel II.1.4. (a) Setzen wir µ(E) := |E| für E ⊆ X , so erhalten wir ein Maß auf S = 2X , das wir das Zählmaß nennen. (b) Sei x ∈ X . Dann wird durch δx (E) := χE (x) ein Maß auf 2X definiert, das wir Punktmaß in x nennen. Man nennt δx auch Dirac-Maß in x. 32 II. Spektralmaße 15.2.2002 L2 -Räume Sei (X, S, µ) ein Maßraum und L1 (X, µ) der Vektorraum der komplexwertigen integrablen Funktionen, d.h. aller meßbarer Funktionen, für die Z kf k1 := |f (x)| dµ(x) < ∞ X ist. Wir verwenden hier das übliche Lebesguesche Integralkonzept aus der Maßtheorie, das über die Approximation einer meßbaren Funktion durch meßbare Stufenfunktionen erklärt wird. Die Menge N der meßbaren Funktionen f : X → C , die fast überall (also auf dem Komplement einer Menge vom Maß 0 ) verschwinden, ist ein Vektorraum, der insbesondere in L1 (X, µ) enthalten ist. Für eine meßbare Funktion f : X → C schreiben wir [f ] := f + N für die Klasse von f modulo N , d.h., wie identifizieren Funktionen, die fast überall gleich sind. Für eine meßbare Funktion f : X → C definieren wir kf k2 := Z 12 |f (x)|2 dµ(x) X und setzen L2 (X, µ) := {f : kf k2 < ∞}. Sind f, g ∈ L2 (X, µ) , so sind |f |2 , |g|2 ∈ L1 (X, µ) und somit auch (|f | + |g|)2, denn (|f |+|g|)2 ≤ 2|f |2 +2|g|2 . Damit ist auch |f ||g| = 12 (|f |+|g|)2 −|f |2 −|g|2 in L1 (X, µ) , d.h. diese Funktion ist integrabel. Für f, g ∈ L2 (X, µ) definieren wir nun Z hf, gi := µ(f g) = f g dµ. X Dieser Ausdruck macht Sinn, da f g integrabel ist. Man prüft nun sofort nach, daß hierdurch eine positiv semidefinite hermitesche Form auf L2 (X, µ) definiert wird, und daß kf k22 = hf, f i gilt. Mit N = {f ∈ L2 (X, µ): kf k2 = 0} wird L2 (X, µ) := L2 (X, µ)/N also zu einem Prä-Hilbertraum bzgl. h[f ], [g]i := hf, gi (Übung). Wir zeigen nun, daß dieser Raum schon vollständig ist. Theorem II.1.5. (i) L2 (X, µ) ist ein Hilbertraum. (ii) Die integrablen Stufenfunktionen liegen dicht in L2 (X, µ). Beweis. (i) Sei ([fn ])n∈N eine Cauchy-Folge in L2 (X, µ) . Wir finden nun eine Teilfolge (fnk )k∈N mit 1 kfnj − fnj+1 k2 ≤ j 2 33 II. Spektralmaße Pk P∞ für j ∈ N . Wir setzen gk := j=1 |fnj+1 − fnj | und g := j=1 |fnj+1 − fnj |. Dann ist kgk k2 ≤ 1 für alle k . Wenden wir nun Fatous Lemma auf die Folge |gk |2 an, so erhalten wir µ(g 2 ) = µ( lim gk2 ) ≤ lim µ(gk2 ) ≤ 1. k→∞ k→∞ Insbesondere ist also g ∈ L2 (X, µ) und daher µ(M ) = 0 für die Menge M := {x ∈ X: |g(x)| = ∞}. Für x ∈ X \ M konvergiert die Reihe fn1 (x) + ∞ X j=1 fnj+1 (x) − fnj (x) also absolut. Wir definieren die meßbare Funktion f durch den Grenzwert dieser Reihe für x ∈ X \ M und setzen f (x) = 0 für x ∈ M . Aus fnk (x) = fn1 (x) + k X j=1 fnj+1 (x) − fnj (x) folgt nun f (x) = limk→∞ fnk (x) für x 6∈ M . Wir zeigen f ∈ L2 (X, µ) . Zu ε > 0 finden wir ein Nε ∈ N mit kfn − fm k2 < ε für n, m > Nε . Für jedes m > Nε erhalten wir mit Fatous Lemma: Z Z 2 |f − fm | dµ(x) ≤ lim inf |fnk − fm |2 dµ(x) ≤ ε2 . X k→∞ X Damit ist f − fm ∈ L2 (X, µ) , also auch f ∈ L2 (X, µ) . Weiter sehen wir, daß kf − fm k2 ≤ ε gilt. Also gilt [fm ] → [f ] in L2 (X, µ) und die Behauptung ist bewiesen. (ii) Sei f ∈ L2 (X, µ) , Mn := P {x ∈ X: 2n ≤ |f (x)| ≤ 2n+1 } für n ∈ Z, sowie fn := f · χMn . Dann ist f = n∈Z fn eine orthogonale Zerlgung in L2 (X, µ) und wegen X kf k22 = kfn k22 n∈Z (Satz von der monotonen Konvergenz) konvergiert die Reihe in L2 (X, µ) . Weiter erhalten wir mit Z n 2 µ(Mn ) ≤ |f (x)|2 dµ(x) ≤ kf k22 Mn die Ungleichung µ(Mn ) ≤ kf k22 2−n < ∞. Wir haben also nur noch zu zeigen, daß sich die beschränkten Funktionen fn auf Mengen endlichen Maßes in der L2 -Norm durch Stufenfunktionen approximieren lassen. 34 II. Spektralmaße 15.2.2002 Sei f : X → C beschränkt und meßbar, wobei das Maß der Menge f −1 (C × ) endlich ist. Wegen f = Re f + i Im f dürfen wir annehmen, daß f reellwertig ist. Zu ε > 0 und n ∈ Z sei Mn := {x ∈ X: nε ≤ f (x) < (n + 1)ε} und X fε := εnχMn . n∈Z Da wegen der Beschränktheit von f nur endlich viele der Mengen Mn nicht leer sind, ist obige Summe endlich und für n 6= 0 ist das Maß der Menge Mn endlich. Wegen X ε2 n2 µ(Mn ) < ∞ kfε k2 = n∈N 2 ist fε ∈ L (X, µ) . Weiter ist kf − fε k∞ < ε und daher kf − fε k22 ≤ kf − fε k2∞ µ({x ∈ X: f (x) 6= 0}) ≤ ε2 µ({x ∈ X: f (x) 6= 0}). Hieraus folgt, daß die Stufenfunktionen in L2 (X, µ) dicht liegen. Korollar II.1.6. Gilt [fn ] → [f ] in L2 (X, µ), so existiert eine meßbare Menge M ⊆ X mit µ(M ) = 0 und eine Teilfolge (fnk )k∈N , so daß lim fnk (x) = f (x) k→∞ für alle x ∈ X \ M gilt. Beweis. Das folgt sofort aus dem Beweis von Theorem II.1.5. Beispiel II.1.7. Ist µ das Zählmaß auf der Menge X , so ist X L2 (X, µ) ∼ |f (x)|2 . = l2 (X, C ) und kf k22 = x∈X II.2. Spektralmaße Definition II.2.1. Sei H ein Hilbertraum und PH := {P ∈ B(H): P = P 2 = P ∗ } die Menge aller Orthogonalprojektionen auf H . Weiter sei (X, S) ein Meßraum. Eine Abbildung P : S → PH heißt Spektralmaß, wenn gilt: (S1) P (X) = 1. (S2) Ist (Ej )j∈N eine disjunkte Folge in S, so gilt punktweise P (∪j Ej ) = P S∞ P∞ j P (Ej ) , d.h., für alle v ∈ H ist P ( j=1 Ej ).v = j=1 P (Ej ).v. Aus diesen Bedingungen folgt insbesondere, daß wir für jedes v ∈ H durch P v (E) := hP (E).v, vi = kP (E).vk2 ein positives Maß auf (X, S) erhalten. Ist (X, S) ein Meßraum, so ist S eine involutive Halbgruppe bzgl. A·B := A ∩ B und A∗ := A. In Satz II.2.3 werden wir sehen, daß jedes Spektralmaß insbesondere eine Darstellung der involutiven Halbgruppe (S, ∗) ist, die gewisse zusätzliche Bedingungen erfüllt. Das folgende Lemma beschreibt eine typische Situation, in der Spektralmaße auftreten. 35 II. Spektralmaße Lemma II.2.2. Sei (X, S, µ) ein Maßraum und H := L2 (X, µ). Für E ∈ S definieren wir einen Operator auf H durch P (E).[f ] := [χE f ]. Dann wird durch P ein Spektralmaß definiert. Beweis. Wegen kχE f k2 ≤ kf k2 ist χE f ∈ L2 (X, µ) , wenn dies für f der Fall ist. Damit ist P (E) wohldefiniert auf L2 (X, µ) und ein beschränkter Operator. Für f, h ∈ L2 (X, µ) haben wir hP (E).[f ], [h]i = hχE f, hi = µ(χE f h) = hf, χE hi = h[f ], P (E).[h]i und wegen χ2E = χE gilt P (E)2 = P (E) . Also ist P (E) ∈ PH . Es ist klar, daß P (X) = 1 gilt. Sei nun (Ej )j∈N eine disjunkte Folge in Sk S∞ X . Wir setzen Fk := j=1 Ej und F := j=1 Ej . Dann ist kP (F ).f − P (Fk ).f k2 = kP (F \ Fk ).f k2 = µ(χF \Fk |f |2 ) → 0 nach dem Satz über die majorisierte Konvergenz. Also gilt punktweise P (F ) = lim P (Fk ) = k→∞ ∞ X P (En ), n=1 und das zeigt die Behauptung. Satz II.2.3. Sei P : S → PH ein Spektralmaß auf H . Dann gelten folgende Aussagen: (i) P (Ø) = 0. (ii) P (E ∪ F ) + P (E ∩ F ) = P (E) + P (F ). (iii) P (E ∩ F ) = P (E)P (F ) = P (F )P (E). Insebesondere ist die Menge P (S) kommutative und P : (S, ∩) → B(H) ist eine Darstellung involutiver Halbgruppen. (iv) Ist Ej ⊆ Ej+1 für alle j ∈ N , so gilt punktweise P( ∞ [ j=1 Ej ) = lim P (Ej ) j→∞ (v) Ist Ej ⊇ Ej+1 für alle j ∈ N , so gilt punktweise P( ∞ \ j=1 Ej ) = lim P (Ej ). j→∞ Beweis. (i) Aus 1 = P (X ∪ Ø) = P (X) + P (Ø) = 1 + P (Ø) folgt P (Ø) = 0. (ii) Wir schreiben F ∪ E = (E ∩ F ) ∪ (F \ E) ∪ (E \ F ) 36 II. Spektralmaße 15.2.2002 und F = (F ∩ E) ∪ (F \ E) . Dann ist zunächst P (F ) = P (E ∩ F ) + P (F \ E) und damit P (E ∪ F ) = P (E ∩ F ) + P (F ) − P (E ∩ F ) + P (E) − P (E ∩ F ) = P (E) + P (F ) − P (E ∩ F ). (iii) Wir nehmen zunächst an, E und F seien disjunkt. Dann ist P (E) + P (F ) = P (E ∪ F ) = P (E ∪ F )2 = P (E)2 + P (F )2 + P (E)P (F ) + P (F )P (E) = P (E) + P (F ) + P (E)P (F ) + P (F )P (E), also P (E)P (F ) = −P (F )P (E). (2.1) Multiplizieren wir (2.1) von links bzw. rechts mit P (E) , so erhalten wir P (E)P (F ) = −P (E)P (F )P (E) = P (F )P (E). Mit (2.1) ergibt sich daher P (E)P (F ) = P (F )P (E) = 0. Seien nun E und F beliebig in S. Aus obigen Vorbemerkungen erhalten wir dann P (E)P (F ) = (P (E ∩ F ) + P (E \ F ))(P (F ∩ E) + P (F \ E)) = P (E ∩ F )P (F ∩ E) = P (E ∩ F ). (iv), (v) Das zeigt man analog zu Lemma II.1.3(ii), (iii). Korollar II.2.4. v P ( ∞ [ j=1 Ist (Ej )j∈N eine disjunkte Folge in S, so gilt Ej ) = kP ( ∞ [ j=1 2 Ej ).vk = ∞ X j=1 2 kP (Ej ).vk = ∞ X P v (Ej ). j=1 Beweis. P Wegen der Definition eines Spektralmaßes können wir die linke Seite als k j P (Ej ).vk2 schreiben. Wegen Satz II.2.3(ii) sind die Summanden paarweise orthogonal. Hieraus folgt die Behauptung. 37 II. Spektralmaße b j∈J Hj eine direkte Beispiel II.2.5. (Diskrete Spektralmaße) (a) Sei H = ⊕ Hilbertraumsumme. Für jede Teilmenge I ⊆ P J definieren wir P (I) ∈ PH als J die Orthogonalprojektion auf den Unterraum j∈I Hj . Dann ist P : 2 → PH ein Spektralmaß. Da sich jedes v ∈ H als abzählbare orthogonale Summe P v = j∈J vj schreiben läßt, gilt für jede Teilmenge I ⊆ J : P v (I) = X X P v ({j}) = j∈I kvj k2 , j∈I wobei diese Summe abzählbar ist. Jedes der Maße P v ist also eine abzählbare Linearkombination von Punktmaßen mit der Masse kvj k2 im Punkt j . (b) Sei umgekehrt X eine Menge und P : 2X → PH ein Spektralmaß mit (2.2) kvk2 = P v (X) = X P v ({x}) x∈X für alle v ∈ H . Für jedes x ∈ X erhalten wir dann einen abgeschlossenen Unterraum Hx := R(P ({x})) ⊆ H , und wegen P (x)P (X \ {x}) = 0 bilden diese Unterräume ein orthogonales System. Gemäß unserer Voraussetzung gilt für jedes v ∈ H : X X kvk2 = P v ({x}) = kP ({x}).vk2 . x∈X x∈X P P Also ist v ∈ x∈X Hx . Hieraus folgt, daß x∈X Hx in H dicht ist, und somit b x∈X Hx (Übung). Wir haben also H isomorph zur direkten Hilbertraumsumme ⊕ P genau die Situation aus (a), denn aus (2.2) folgt P (I) = x∈I P ({x}) für alle Teilmengen I ⊆ X , wobei die rechte Seite die Projektion auf den Unterraum P x∈I Hx ist. Definition II.2.6. Sei (X, S) ein meßbarer Raum und S0 ⊆ S ein Teilsystem, das abgeschlossen ist unter abzählbaren Vereinigungen, so daß mit einer Menge E auch deren Teilmengen, die in S liegen, zu S0 gehören. Sei L∞ (X, S0 ) die Algebra der beschränkten meßbaren Funktionen auf X . Wir definieren kf k∞ := inf{C ≥ 0: (∃M ∈ S0 )(∀x ∈ X \ M ) |f (x)| ≤ C}. Man überzeugt sich nun davon, daß kaf k∞ = |a|kf k∞ für a ∈ C gilt, sowie kf + gk∞ ≤ kf k∞ + kgk∞ . Daher ist N := {f ∈ L∞ (X, S0 ): kf k∞ = 0} ein Untervektorraum, und L∞ (X, S0 ) := L∞ (X, S0 )/N wird zu einem normierten Raum. Nun überlegt man sich, daß in diesem Raum für jede Cauchy-Folge [fn ] eine Menge M ∈ S0 so existiert, daß die Folge (fn )n∈N auf X \ M gleichmäßig gegen eine meßbare Funktion f konvergiert. Modifiziert 38 II. Spektralmaße 15.2.2002 man die Funktionen dieser Folge zu 0 auf M , so erhält man [f ] ∈ L∞ (X, S0 ) . Also ist L∞ (X, S0 ) ein Banachraum. Genauso wie im Beweis von Theorem II.1.5 sieht man, daß die Stufenfunktionen in L∞ (X, S0 ) einen dichten Unterraum bilden. Der Raum L∞ (X, S0 ) trägt noch mehr Strukturen. Zum einen haben wir die Multiplikation [f ] · [g] := [f g] (das Produkt ist wohldefiniert) und die Involution [f ]∗ := [f ∗ ] mit f ∗ (x) = f (x) . Von nun an schreiben wir auch f statt [f ], wobei wir uns die Elemente von L∞ (X, S0 ) immer als Äquivalenzklassen von Funktionen vorstellen. Weiter gilt kf k2∞ = kf f ∗ k∞ = k|f |2 k∞ , woraus folgt, daß L∞ (X, S0 ) eine kommutative C ∗ -Algebra ist. Wichtige Beispiele für Systeme S0 erhält man, wenn P ein Spektralmaß auf (X, S) ist und S0 = {E ∈ S: P (E) = 0}. Wir definieren entsprechend L∞ (X, P ) := L∞ (X, S0 ). Ist µ ein Maß auf X und S0 = {E ∈ S: µ(E) = 0} , so setzen wir L∞ (X, µ) := L∞ (X, S0 ). Die Elemente dieses Raums nennt man (den Übergang zu Äquivalenzklassen vernachlässigend) wesentlich beschränkte Funktionen. Die Norm auf diesem Raum ist so gemacht, daß sie sich nicht ändert, wenn man die Funktion auf µ-Nullmengen abändert. Das ist für die gewöhnliche sup-Norm natürlich nicht der Fall. Satz II.2.7. Sei P : S → PH ein Spektralmaß auf X und S0 ⊆ {E ∈ S: P (E) = 0} wie in Definition II.2.6. Dann existiert genau eine stetige lineare Abbildung P : L∞ (X, S0 ) → B(H), genannt das Spektralintegral, mit P (χE ) = P (E) für E ∈ S. Diese Abbildung erfüllt (2.3) P (f )∗ = P (f ), P (f g) = P (f )P (g) und kP (f )k ≤ kf k∞ , d.h. (P, H) ist eine Darstellung der C ∗ -Algebra L∞ (X, S0 ). Beweis. (1) Durch P (χE ) := P (E) wird P zunächst auf allen charakteristischen Funktionen definiert. Aus der endlichen Additivität von P erhalten wir P (χE ) = n X P (χEj ), j=1 wenn E = E1 ∪ . . . ∪ En eine disjunkte Zerlegung ist. 39 II. Spektralmaße Ist nun f : X → C eine meßbare Stufenfunktion, so schreiben wir f = −1 α (αj ) , αj ∈ C , paarweise verschieden. Dann bilden die j j χAj mit Aj = f engen Aj eine Partition von X in meßbare Teilmengen, und wir definieren P P (f ) := X αj P (χAj ) = j X αj P (Aj ). j Sei S(X, S) der Raum der meßbaren Stufenfunktionen. Durch obige Definition erhalten wir eine Abbildung P : S(X, S) → B(H). P (2) Ist f = k βk χBk eine andere Darstellung von f als Linearkombination von charakteristischen Funktionen, die zu paarweise disjunkten Mengen gehören, so erhalten wir eine Darstellung f= X βk χBk ∩Aj . k,j Einschränkung auf Aj liefert βk = αj falls Bk und Aj sich schneiden. Hieraus ergibt sich X k βk P (Bk ) = X βk P (Bk ∩ Aj ) = k,j X αj P (Bk ∩ Aj ) = X αj P (Aj ). j k,j Das Integral hängt also nicht von der konkreten Darstellung von f ab. (3) Der Vorteil von (2) besteht darin, daß man für zwei Stufenfunktionen f und g endlich viele paarweise disjunkte An findet, so daß beide P Mengen A1 , . . . ,P Linearkombinationen der Form f = j αj χAj and g = j βj χAj sind. Hieraus ergibt sich sofort P (f + g) = P (f ) + P (g). Da P (λf ) = λP (f ) sofort aus (1) folgt, ist die Abbildung P : S(X, S) → B(H) linear. Weiter gilt P (f )∗ = X αj P (Aj )∗ = j X αj P (Aj ) = P (f ) j und wegen Satz II.2.3 P (f )P (g) = X αj P (Aj ) X αj βk P (Aj ∩ Ak ) = j = j,k X βk P (Ak ) = k X αj βk P (Aj )P (Ak ) j,k X j αj βj P (Aj ) = P (f g). 40 II. Spektralmaße 15.2.2002 (4) (Stetigkeit von P ) Für v ∈ H und disjunkte Mengen A1 , . . . , An in S haben wir [ X kvk2 ≥ kP ( Aj ).vk2 = kP (Aj ).vk2 j j (Korollar II.2.4), und daher kP (f ).vk2 = k X αj P (Aj ).vk2 = j ≤ X |αj |2 kP (Aj ).vk2 j kf k2∞ X 2 kP (Aj ).vk ≤ kf k2∞ kvk2 . j Hier haben wir verwendet, daß P (Aj ) = 0 ist, wenn |αj | > kf k∞ gilt. Wir haben damit gezeigt, daß kP (f )k ≤ kf k∞ gilt, und aus der Dichtheit von S(X, µ) in L∞ (X, S0 ) folgt zunächst, daß wir P zu einer stetigen linearen Abbildung P : L∞ (X, S0 ) → B(H) fortsetzen können. Aus Stetigkeitsgründen gilt (2.3) auch für diese Fortsetzung. Für kf k∞ = 0 ist P (f ) = 0 , so daß P weiter über eine stetige lineare Abbildung P : L∞ (X, S0 ) → B(H) mit den gewünschten Eigenschaften faktorisiert. Bemerkung II.2.8. Ist P ein Spektralmaß auf (X, S) , so erhalten wir für v jedes v ∈ H ein Maß P auf (X, S) . Für jede meßbare Funktion f ∈ L∞ (X, P ) , d.h. für S0 := {E ∈ S: P (E) = 0} erhalten wir die folgenden Beziehungen Z Z v 2 (2.4) hP (f ).v, vi = f (x) dP (x) und kP (f ).vk = |f (x)|2 dP v (x). X X v zwischen gewöhnlichen Integralen bzgl. dem Maß P und dem Spektralintegral der Funktion f . Ist f = χE eine charakteristische Funktion, so ist (2.4) die Definition des Maßes P v . Aus der Linearität beider Seiten in f ergibt sich sofort (2.4) für meßbare Stufenfunktionen. Wegen Z Z v f (x) dP (x) ≤ |f (x)| dP v (x) ≤ kf k∞ P v (X) = kf k∞ kvk2 X X ist auch die rechte Seite von (2.4) stetig in f , so daß (2.4) für allgemeine Elemente von L∞ (X, P ) durch Approximation durch Stufenfunktionen folgt. Aus (2.4) erhalten wir weiter P P (f ).v (E) = hP (E)P (f ).v, P (f ).vi = hP (f )P (E)P (f ).v, vi Z 2 = hP (|f | χE ).v, vi = |f |2 dP v , E woraus sich die Relation (2.5) P P (f ).v = |f |2 P v im Sinne von Maßen mit Dichten ergibt. 41 II. Spektralmaße Beispiel II.2.9. Sei (X, S, µ) ein Maßraum und H := L2 (X, µ) der zugehörige L2 -Raum. In Lemma II.2.2 haben wir gesehen, daß durch P (E).[f ] = [χE f ] ein Spektralmaß P : S → B(H) definiert wird. Mit S0 := {E ∈ S: µ(E) = 0} definieren wir L∞ (X, µ) := L∞ (X, S0 ). Da die Multiplikationsabbildung L∞ (X, µ) × L2 (X, µ) → L2 (X, µ), [h] · [f ] := [h · f ] wegen khf k2 ≤ khk∞ kf k2 stetig ist, erhalten wir P (h).[f ] = [h · f ] für alle h ∈ L∞ (X, µ) , da diese Beziehung für alle meßbaren Stufenfunktionen gilt. Das Spektralintegral einer Funktion ist also ein Multiplikationsoperator. Unitäre Darstellungen von (R, +) Der folgende Satz läßt schon ahnen, warum Spektralmaße von großer Bedeutung für die Darstellungen der Gruppe R sind. Theorem II.2.10. Sei P : S → PH ein Spektralmaß und f : X → R eine meßbare Funktion. Für t ∈ R sei et (x) := etif (x) . Dann wird durch π(t) := P (et ) = P (eitf ) eine unitäre Darstellung π: R → U (H) definiert, so daß für alle v ∈ H die Abbildung R → C , t 7→ hπ(t).v, vi stetig ist. Beweis. Aus Satz II.2.7 folgt mit keitf k∞ = 1, daß π(t) ein beschränkter Operator ist, und daß π(t)π(s) = P (et )P (es ) = P (et es ) = P (et+s ) = π(t + s) gilt. Also ist π ein Gruppenhomomorphismus und wegen π(t)π(t)∗ = P (et et ) = P (et e−t ) = P (1) = 1 = π(t)∗ π(t) ist π eine unitäre Darstellung. Sei nun v ∈ H . Dann sehen wir mit Bemerkung II.2.9, daß die Funktion Z R → C , t 7→ hπ(t).v, vi = hP (et ).v, vi = eitf (x) dP v (x) X wegen dem Satz über die majorisierte Konvergenz stetig. 42 II. Spektralmaße 15.2.2002 Bemerkung II.2.11. Ist π wie oben, so ist klar, daß all die Operatoren P (E) , E ∈ S, in der Algebra BR (H) liegen, d.h. mit π(R) kommutieren. Beispiel II.2.12. Man beachte, daß Theorem II.2.10 insbesondere im Fall X = R , S = B(R) (die σ -Algebra der Borelmengen auf R ) und f (x) = x anwendbar ist. Sei zum Beispiel µ ein Borelmaß auf R und H = L2 (R, µ) wie in Lemma II.2.2. Dann erhalten wir eine unitäre Darstellung auf L2 (R, µ) durch π(t)[f ] = [et f ], wobei et (x) = eitx ist (Übung). Nun stellt sich natürlich auch die umgekehrte Frage, nämlich wann man eine unitäre Darstellung von R so wie in Theorem II.2.10 schreiben kann. Zunächst folgt aus der Stetigkeit von P für den Fall f ∈ L∞ (X, µ) ∞ ∞ X X 1 1 k P (itf ) = (itP (f ))k = eitP (f ) . π(t) = P (et ) = k! k! k=0 k=0 Durch Ableiten nach t erhält man 1 π(t) − 1 . t→0 t iP (f ) = lim Um zu einer unitären Darstellungen (π, H) von R ein Spektralmaß zu finden, wird man nun versuchen, an den Operator A heranzukommen, der durch A.v := 1 1 lim π(t).v − v i t→0 t definiert wird, sobald die rechte Seite definiert ist. Das Spektralmaß wird man dann über das “Spektrum” des “unbeschränkten” Operators A erhalten. Das Spektralmaß von A wird ein Spektralmaß auf (R, B(R)) mit A = P (idR ) sein. Um dem einen Sinn zu geben, benötigt man Spektralintegrale unbeschränkter Operatoren. Diesen Problemen werden wir uns in einem späteren Abschnitt zuwenden. Bemerkung II.2.13. (a) In Mackeys Büchern (vgl. [Ma76, p.93]) taucht der Begriff des projektionswertigen Maßes auf. Ist (X, S) ein meßbarer Raum (Borel-Raum) und H ein Hilbertraum, so heißt eine Zuordnung P : S → PH ein projektionswertiges Maß, wenn folgenden Bedingungen erfüllt sind: (1) H ist separabel. (2) P (Ø) = 0, P (X) = 1. (3) P (E ∩ F ) = P (E)P (F ) . S∞ P∞ (4) P ( j=1 Ej ) = j=1 P (Ej ) punktweise für jede disjunkte Folge (Ej )j∈N von Mengen in S. II. Spektralmaße 43 Es ist klar, daß jedes projektionswertige Maß ein Spektralmaß ist, und mit Satz II.2.3 sehen wir auch, daß jedes Spektralmaß auf einem separablen Hilbertraum ein projektionswertiges Maß ist. (b) Bei Rudin ([Ru73]) gibt es den Begriff der Resolution der Eins (Resolution of the identity). Hier werden folgende Eigenschaften verlangt: (1) P (Ø) = 0, P (X) = 1. (2) P (E ∩ F ) = P (E)P (F ) . (3) Falls E ∩ F = Ø, dann ist P (E ∪ F ) = P (E) + P (F ). (4) Die Zuordnungen P v : E 7→ hP (E).v, vi, v ∈ H , definieren Maße auf X . Wir haben schon gesehen, daß all diese Eigenschaften für Spektralmaße erfüllt sind. Andererseits wird in [Ru73, Prop. 12.18] gezeigt, daß umgekehrt jede Resolution der Eins auch ein Spektralmaß definiert. Aufgaben zu Kapitel II Aufgabe II.1. Sei H = L2 ([0, 1], C ) und K: [0, 1]2 → C stetig. Wir betrachten den zugehörigen Kernoperator TK (f )(x) := Z 1 K(x, y)f (y) dy. 0 Zeige: (1) Durch obige Formel wird ein stetiger Operator TK auf H definiert. ∗ (2) TK = TK ∗ mit K ∗ (x, y) := K(y, x) . (3) Wann ist TK hermitesch? Aufgabe II.2. (a) Sei J eine Menge. Dann ist die Algebra l∞ (J, C ) bzgl. der punktweisen Multiplikation, der Supremumsnorm kxk∞ = supj∈J |xj | und (xj )∗ = (xj ) eine C ∗ -Algebra. (b) Ist (X, S) ein Meßraum, so ist die Algebra L∞ (X, S) der meßbaren beschränkten Funktionen auf X eine C ∗ -Algebra. (c) Ist X ein topologischer Raum, so ist die Algebra BC(X) der beschränkten stetigen Funktionen X → C eine C ∗ -Algebra bzgl. k · k∞ , f ∗ (x) = f (x) und punktweiser Multiplikation. Ordnet sich (a) dem Punkt (c) unter? (d) Sei X ein lokalkompakter Raum und C0 (X) := C0 (X, C ) die Menge aller stetiger Funktionen f : X → C für die zu jedem ε > 0 eine kompakte Teilmenge Kε ⊆ X mit |f (x)| ≤ ε für x 6∈ Kε existiert. Dann ist jedes Element von C0 (X) beschränkt und C0 (X) ist eine C ∗ -Unteralgebra von BC(X) . Aufgabe II.3. (Konkrete Kommutanten) Sei (X, S, µ) ein Maßraum und H := L2 (X, µ) der zugehörige Hilbertraum. Wir nehmen µ(X) < ∞ an. Zeige: (1) Durch π: L∞ (X, µ) → B(L2 (X, µ)), π(f ).h = f h erhalten wir eine Darstellung der C ∗ -Algebra L∞ (X, µ) auf H . 44 II. Spektralmaße 15.2.2002 (2) kπ(f )k = kf k∞ , d.h. π ist isometrisch. (3) 1 ∈ L2 (X, µ) ist ein zyklischer Vektor für π . (4) Ist B ∈ π(A)0 , dem Kommutanten, so gilt (a) B(h) = B(1)h für alle f ∈ L2 (X, µ) . Hinweis: Verifiziere dies zunächst für beschränkte h . (b) B(1) ist beschränkt. Hinweis: Wende B auf charakteristische Funktionen der Mengen En := {x ∈ X: n ≤ |B(1)|(x) ≤ n + 1} an. (5) π(A) = π(A)0 = π(A)00 . Aufgabe II.4. Sei (X, S) ein Meßraum und S0 ⊆ S ein Teilsystem mit den Eigenschaften: (1) A ∈ S0 , B ∈ S: B ⊆ A ⇒ B ∈ S0 und S (2) (An )n∈N ∈ S0 ⇒ n An ∈ S0 . Wir definieren nun L∞ (X, S0 ) wie in der Vorlesung. Zeige: (a) L∞ (X, S0 ) ist ein Banachraum. (b) L∞ (X, S0 ) ist eine C ∗ -Algebra. Aufgabe II.5. (U (H) als topologische Gruppe) Sei H ein Hilbertraum. Zeige: (1) Auf B(H) ist die Involution A 7→ A∗ stetig bzgl. der schwachen Operatortopologie. (2) Auf jeder beschränkten Teilmenge K ⊆ B(H) ist die Multiplikation (A, B) 7→ AB stetig bzgl. der starken Operatortopologie. (3) Auf der Einheitssphäre S := {x ∈ H: kxk = 1} stimmt die Normtopologie mit der schwachen Topologie überein. (4) Auf der unitären Gruppe U (H) stimmen die schwache und die starke Operatortopologie überein. (5) Die Inversion und die Multiplikation der Grupp U (H) sind stetig bzgl. der starken (=schwachen) Operatortopologie auf U (H) . Aufgabe II.6. (Einparametergruppen von U (H) ) (1) Sei A = A∗ ∈ B(H) ein hermitescher Operator. Durch γA (t) := eitA wird ein normstetiger Gruppenhomomorphismus (R, +) → U (H) definiert. (2) Sei P : (X, S) → B(H) ein Spektralmaß und f : X → R eine meßbare reellwertige Funktion. Dann wird durch γA (t) := P (eitf ) ein stark stetiger Gruppenhomomorphismus (R, +) → U (H) definiert. ∗ (3) Unter der Voraussetzungen von (2) ist γA genau dann normstetig, wenn f beschränkt ist. 45 III. Spektraltheorie in Banachalgebren III. Spektraltheorie in Banachalgebren In diesem Abschnitt werden wir zuerst einige tiefer liegende Sätze aus der allgemeinen Spektraltheorie kennenlernen. Wir werden zum Beispiel zeigen, daß das Spektrum immer eine nichtleere kompakte Teilmenge der komplexen Ebene ist und daß man den Spektralradius, d.h. den Radius der kleinsten abgeschlossenen Kreisscheibe um 0 , die das Spektrum enthält, schon durch die Norm ausrechnen kann. Im dritten Abschnitt werden wir uns dann der Gelfandschen Darstellungstheorie zuwenden, die der begriffliche Schlüssel zu den Spektralsätzen ist. III.1. Elementare Eigenschaften des Spektrums In diesem Abschnitt schauen wir uns den in Abschnitt I.4 eingeführten Begriff der Banachalgebra systematisch an. Invertierbare Elemente in Banachalgebren Der folgende Satz zeigt, welche weitreichenden Folgerungen aus dem Studium der geometrischen (Neumannschen) Reihe in Banachalgebren gezogen werden können. Satz III.1.1. Sei A eine Banachalgebra mit 1. (i) Die Multiplikation in A ist stetig. 1 (ii) Ist lim supn→∞ kxn k n < 1 , so ist 1 − x invertierbar und das Inverse wird durch die Neumannsche Reihe (1 − x)−1 = ∞ X xn n=0 dargestellt. Für kxk < 1 haben wir sogar die Abschätzungen k(1 − x)−1 k ≤ 1 1 − kxk und k(1 − x)−1 − 1k ≤ kxk . 1 − kxk 46 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 (iii) A× ist eine offene Teilmenge von A. Genauer ist für jedes Element a ∈ A die offene Kugel mit dem Radius 1 ka−1 k in A× enthalten. (iv) A× ist eine topologische Gruppe, d.h. die Multiplikation A× × A× → A× und die Inversion A× → A× sind stetige Abbildungen. Beweis. (i) Für an → a und bn → b gilt kan bn − abk = kan bn − abn + abn − abk ≤ kan − ak · kbn k + kak · kbn − bk. Da kbn k eine beschränkte Folge ist, folgt hieraus die Stetigkeit der Multiplikation. (ii) Zuerst beachten wir, daß aus kxk < 1 wegen kxn k ≤ kxkn insbesondere 1 lim supn→∞ kxn k n < 1 folgt. Ist letztere Bedingung erfüllt, so existiert ein r < 1 und ein N ∈ N , so daß für alle n > N die Beziehung kxn k < rn gilt. Die absolute Konvergenz der Neumannschen Reihe folgt nun aus ∞ X n kx k ≤ n=N Sei y := P∞ n=0 ∞ X rn < ∞. n=N xn . Dann ist y(1 − x) = (1 − x)y = (1 + x + x2 + x3 + . . .) − (x + x2 + x3 + . . .) = 1. Hieraus folgt 1 − x ∈ A× mit y = (1 − x)−1 . Für kxk < 1 haben wir (1.1) kyk ≤ ∞ X n kx k ≤ n=0 ∞ X kxkn = n=0 1 . 1 − kxk Die zweite Abschätzung folgt aus ky − 1k = k ∞ X n=1 xn k ≤ kxk ∞ X n=0 kxkn = kxk . 1 − kxk Aus dieser Abschätzung ersehen wir insbesondere, daß die Inversion in 1 stetig ist, denn für x → 0 zeigt sie (1 − x)−1 → 1. (iii) Sei a ∈ A× und kxk < ka−1 k−1 . Dann ist a − x = a(1 − a−1 x) und ka−1 xk ≤ ka−1 kkxk < 1 . Nach (ii) ist also 1 − a−1 x ∈ A× , und damit auch a − x ∈ A× . Da x beliebig war, folgt hieraus die Behauptung. (iv) Um zu sehen, daß A× eine topologische Gruppe ist, haben wir wegen (i) nur noch die Stetigkeit der Inversion zu zeigen. Sei dazu a ∈ A× und kxk < ka−1 k−1 . Dann ist a − x ∈ A× und (a − x)−1 − a−1 = (1 − a−1 x)−1 − 1 a−1 . Wegen der Stetigkeit der Multiplikation folgt die Stetigkeit der Inversion in a nun aus der Stetigkeit der Inversion in 1 (siehe (ii)). 47 III. Spektraltheorie in Banachalgebren Folgerung III.1.2. Ist a ∈ A und λ ∈ C mit |λ| > kak , so ist a − λ1 ∈ A× . Beweis. Wir haben a − λ1 = λ(λ−1 a − 1) und wegen kλ−1 ak = λ−1 a − 1 invertierbar (Satz III.1.1). Definition III.1.3. heißt kak |λ| < 1 ist Sei A eine Banachalgebra mit Einselement 1. Für a ∈ A σ(a) := {λ ∈ C : a − λ1 6∈ A× } das Spektrum von a und ρ(a) := C \ σ(a) die Resolventenmenge. Da A× offen in A ist (Satz III.1.1), ist σ(a) eine abgeschlossen Teilmenge von C , die wegen Folgerung III.1.2 in der abgeschlossenen Kreisscheibe vom Radius kak enthalten, also kompakt ist. Die Zahl r(a) := sup{|z|: z ∈ σ(a)} ∈ [0, kak] heißt Spektralradius. Ist A eine Banachalgebra ohne Einselement, so macht es zunächst keinen Sinn vom Spektrum eines Elements von A oder von Invertierbarkeit zu reden. Um dem abzuhelfen, kann man sich eine größere Banachalgebra verschaffen, die sowohl A als auch ein Einselement enthält. Lemma III.1.4. Sei A eine Banachalgebra und A+ := A ⊕ C versehen mit der Multiplikation (a, λ) · (b, µ) := (ab + λb + µa, λµ) und der Norm k(a, λ)k := kak + |λ|. Dann ist A+ eine Banachalgebra mit dem Einselement (0, 1). Beweis. Es ist leicht zu sehen, daß die angegebene Norm A+ zu einem Banachraum macht (Nachweis als Übung). Die Assoziativität der Multiplikation läßt sich ebenfalls leicht nachrechnen und die Bilinearität ist klar. Weiter ist klar, daß (0, 1) ein Einselement ist. Für die Submultiplikativität der Norm rechnen wir k(a, λ)(b, µ)k = k(ab + λb + µa, λµ)k = kab + λb + µak + |λµ| ≤ kak · kbk + |λ| · kbk + |µ| · kak + |λ| · |µ| = k(a, λ)k · k(b, µ)k. Definition III.1.5. Wir definieren nun allgemein das Spektrum eines Elements a einer komplexen Algebra A durch σ(a) := σA+ (a) = {λ ∈ C : a − λ1 6∈ (A+ )× }. Besitzt die Banachalgebra A schon ein Einselement 1, so ist A+ = A ⊕ C (1, −1), 48 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 wobei wir A mit A × {0} identifizieren, und die Multiplikation erfüllt (a + λ(1, −1))(b + µ(1, −1)) = ab + λµ(1, −1). Also ist A+ ∼ = A × C ein direktes Produkt von Algebren. Insbesondere ist (A+ )× = A× + C × (1, −1) ∼ = A× × C × . Ein Element a ∈ A ist also genau dann in A invertierbar, wenn es in A+ invertierbar ist. Insbesondere sind beide Definitionen des Spektrums miteinander kompatibel. Möchte man Spektren von Elementen in einer Banachalgebra mit Einselement untersuchen, so ist es bequem, wenn k1k = 1 gilt. Wir zeigen jetzt, daß man das immer erreichen kann. Lemma III.1.6. Ist A eine Banachalgebra mit 1, so existiert auf A eine zu k · k äquivalente Norm k · k0 mit k1k0 = 1 und kabk0 ≤ kak0 · kbk0 . Beweis. Zu a ∈ A betrachten wir die Linksmultiplikation La : A → A, x 7→ ax und setzen kak0 := kLa k = supkxk≤1 kaxk ≤ kak. Da die Abbildung L: a → La , A → B(A) wegen La .1 = a injektiv ist, ist k · k0 eine Norm auf A . Weiter gilt k1k0 = 1 und kabk0 = kLab k = kLa Lb k ≤ kLa k · kLb k = kak0 · kbk0 . Daß k · k und k · k0 äquivalente Normen sind, folgt aus kak = ka1k ≤ kLa kk1k = kak0 · k1k ≤ kak · k1k. Ab jetzt nehmen wir für alle Banachalgebren mit 1 an, daß k1k = 1 gilt. Bemerkung III.1.7. (a) Ist E ein Banachraum und B(E) die Banachalgebra der stetigen Operatoren auf E , so ist B(E) bzgl. der Operatornorm eine Banachalgebra mit Einselement und es gilt k1k = 1 . Wegen dem Satz der offenen Abbildung besitzt ein Element a ∈ B(E) genau dann ein stetiges Inverses, wenn es bijektiv ist, d.h. GL(E) := B(E)× besteht aus den bijektiven stetigen Abbildungen auf E . (b) Sei A ⊆ B(C n ) eine Algebra von n × n -Matrizen, die 1 enthält. Wir interessieren uns für das Spektrum eines Elements x ∈ A. Dazu haben wir in erster Linie zu entscheiden, wann ein Element x ∈ A invertierbar ist, d.h. in A× liegt. Wir behaupten, daß dies genau dann der Fall ist, wenn x eine bijektive lineare Abbildung ist. Ist x in A invertierbar, so natürlich auch als lineare III. Spektraltheorie in Banachalgebren 49 Abbildung. Sei umgekehrt x als lineare Abbildung invertierbar. Wir müssen zeigen, daß x−1 ∈ A ist. Dazu betrachten wir die Abbildung Lx : A → A, y 7→ xy . Diese Abbildung ist injektiv, da x in B(C n ) invertierbar ist. Da A endlichdimensional ist, muß sie auch surjektiv sein. Es existiert also ein y ∈ A mit Lx (y) = xy = 1, folglich ist y = x−1 ∈ A. Wir haben A× = A ∩ GL(n, C ) = {a ∈ A: det(a) 6= 0} gezeigt. Hieraus folgt insbesondere für a ∈ A: σ(a) = {λ ∈ C : det(a − λ1) = 0}. Also ist σ(a) ist die Menge der Eigenwerte der Matrix a. Insbesondere hängt das Spektrum gar nicht von der Algebra A ab, die wir betrachten. Der Hauptsatz über das Spektrum In Bemerkung III.1.7 haben wir gesehen, daß für komplexe Matrizen das Spektrum gerade aus der Menge der Eigenwerte besteht. Insbesondere ist es nicht leer. In der linearen Algebra gewinnt man diesen Satz aus der algebraischen Abgeschlossenheit des Körpers C . In diesem Abschnitt werden wir zeigen, daß das Spektrum eines Elements einer komplexen Banachalgebra nicht leer ist. Hierzu werden wir zwei Resultate aus der Funktionentheorie benötigen: den Satz von Liouville und einen Satz über die Konvergenz von Laurentreihen holomorpher Funktionen. Satz III.1.8. Für jedes Element a einer Banachalgebra A mit 1 ist die Resolventenfunktion R: ρ(a) → A, λ 7→ (λ1 − a)−1 stetig. Sie ist sogar analytisch, d.h. sie wird in einer Umgebung eines jeden Punktes λ0 ∈ ρ(a) durch eine absolut konvergente A-wertige Potenzreihe ∞ X (λ − λ0 )n an (λ0 ) n=0 mit an (λ0 ) ∈ A dargestellt. Beweis. Die Stetigkeit der Resolventenfunktion folgt sofort aus der Stetigkeit der Inversion in A× (Satz III.1.1). Sei λ0 ∈ ρ(a) , d.h. a − λ0 1 ∈ A× und r = kR(λ0 )k−1 . Für |λ − λ0 | < r folgt λ ∈ ρ(a) aus Satz III.1.1(ii). Weiter liefert der Beweis von Satz III.1.1 auch 50 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 eine Formel für R(λ) : −1 R(λ) = (λ1 − a)−1 = (λ0 1 − a) − (λ0 − λ)1 ∞ X −1 = R(λ0 ) 1 − (λ0 − λ)R(λ0 ) = R(λ0 ) (λ0 − λ)n R(λ0 )n n=0 = ∞ X (−1)n (λ − λ0 )n R(λ0 )n+1 . n=0 Da obige Reihe wegen kR(λ0 )(λ − λ0 )k = |λ − λ0 | · kR(λ0 )k < 1 konvergiert, haben wir damit alles gezeigt. Wie schon einleitend erwähnt, werden wir jetzt zwei Sätze aus der Funktionentheorie benötigen. Den ersten, der die Darstellbarkeit von analytischen Funktionen auf Ringgebieten durch Laurentreihen betrifft, geben wir im wesentlichen ohne Beweis an. Den anderen werden wir daraus ableiten. Eine ausführlichere Diskussion und detaillierte Beweise findet man z.B. in [Ru86] Rudin, W., “Real and Complex Analysis,” McGraw Hill, 1986. Theorem III.1.9. Sei 0 < r < R , Ω := {z ∈ C : r < |z| < R} und f : Ω → C eine analytische Funktion. Dann läßt sich f durch genau eine Laurentreihe f (z) = X an z n n∈Z in dem Sinne darstellen, daß diese für alle z ∈ Ω gegen den Wert von f konvergiert. Die Koeffizienten erhält man durch 1 an = 2πρn Z 2π f (ρeit )e−int dt 0 für jedes ρ ∈]r, R[. Beweis. Wir zeigen nur, wie man aus der Darstellbarkeit von f durch eine Laurentreihe die Formel für die Koeffizienten ableitet: Wegen der gleichmäßigen Konvergenz der Laurentreihe auf jedem Kreis mit Radius ρ ∈]r, R[ dürfen wir Integration und Summation vertauschen und erhalten Z 2π it −int f (ρe )e dt = 0 XZ m∈Z = X 2π m imt −int am ρ e e dt = 0 XZ m∈Z 2π am ρm ei(m−n)t dt 0 am ρm 2πδnm = 2πan ρn . m∈Z Hieraus folgt die Formel für an sofort. Als wichtige Folgerung aus Theorem III.1.9 erhalten wir: 51 III. Spektraltheorie in Banachalgebren Satz III.1.10. (Satz von Liouville) Ist f : C \ {0} → C eine beschränkte analytische Funktion, so ist f konstant. Beweis. Nach Theorem III.1.9 ist f auf C \ {0} durch eine Laurentreihe f (z) = X an z n n∈Z darstellbar und für jedes n ∈ Z und jedes ρ > 0 haben wir die Formel 2π Z 1 an = 2πρn f (ρeit )e−int dt. 0 Hieraus erhalten wir mit kf k∞ := sup{|f (z)|: z ∈ C } sofort die Abschätzung 1 |an | ≤ 2πρn Z 2π kf k∞ dt ≤ 0 kf k∞ . ρn Ist n < 0 , so erhalten wir mit ρ → 0 , daß an = 0 . Für n > 0 erhalten wir für ρ → ∞ auch an = 0. Also ist f (z) = a0 für alle z ∈ C × , d.h. f ist konstant. Bevor wir hieraus Konsequenzen für das Spektrum ableiten, zuerst ein kleines Lemma, das zwar unscheinbar aussieht, aber wichtige Konsequenzen hat. Lemma III.1.11. Sei (an )n∈N eine Folge in R+ mit 0 ≤ an+m ≤ an am 1 1 für n, m ∈ N . Dann konvergiert ann gegen inf{ann : n ∈ N}. 1 Beweis. 1 Sei a := inf{ann : n ∈ N} und ε > 0 . Wir wählen ein N ∈ N mit N aN < a + ε und setzen b := max{a1 , . . . , aN } . Eine natürliche Zahl n schreiben wir in der Form n = kN + r mit r ∈ {1, . . . , N } . Dann ist 1 1 1 k n n ann = akN +r ≤ (aN ar ) ≤ (a + ε) kN n 1 r 1 b n = (a + ε)(a + ε)− n b n ≤ a + 2ε 1 falls n groß genug ist. Hierbei verwenden wir, daß c n → 1 für alle c > 0 gilt. Hieraus folgt die Behauptung. Hauptsatz über das Spektrum Theorem III.1.12. Für ein Element a einer Banachalgebra A gilt: (i) Das Spektrum σ(a) ist eine nichtleere kompakte Teilmenge von C . 1 1 (ii) r(a) = limn→∞ kan k n = inf{kan k n : n ∈ N}. Beweis. (i) Die Kompaktheit des Spektrums folgt aus Satz III.1.1 und Folgerung III.1.2. Wir nehmen σ(a) = Ø an. Dann ist die Resolventenabbildung auf ganz C definiert und nach Theorem III.1.9 eine analytische Funktion R: C → A . 52 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Für λ > kak haben wir gemäß Satz III.1.1 kR(λ)k = k(λ1 − a)−1 k = |λ|−1 · k(1 − λ−1 a)−1 k ≤ 1 1 1 = . 1 |λ| − kak |λ| 1 − |λ| kak Hieraus erkennen wir, daß R auf der Menge {λ ∈ C : |λ| > 2kak} beschränkt ist. Weiter wissen wir aus Satz III.1.8(iv), daß R stetig ist und somit auf jeder kompakten Kreisscheibe beschränkt. Insgesamt folgt, daß R: C → A eine beschränkte analytische Funktion ist. Jetzt wenden wir den Satz von Liouville an. Für jedes stetige lineare Funktional f : A → C ist f ◦ R: C → C eine beschränkte analytische Funktion, nach dem Satz von Liouville also f ◦ R(λ) = f ◦ R(0) = f (−a−1 ) . Da die stetigen linearen Funktionale auf A die Punkte trennen (Satz von Hahn-Banach, vgl. [FA01]), erhalten wir hiermit R(λ) = −a−1 für alle λ ∈ C . Also ist λ1 − a = R(λ)−1 = −a für alle λ ∈ C , und das ist ein Widerspruch. Wir haben also gezeigt, daß σ(a) nicht leer sein kann. 1 (ii) Sei s(a) := limn→∞ kan k n der nach Lemma III.1.11 existierende Grenzwert. Wir zeigen, daß für λ > s(a) auch λ ∈ ρ(a) ist. Wegen 1 lim sup k(λ n∈N −1 n a) k 1 n limn→∞ kan k n s(a) = <1 = |λ| |λ| P∞ konvergiert die Reihe n=0 λ−n an gegen (1 − λ−1 a)−1 (Satz III.1.1), insbesondere ist a − λ1 = λ(λ−1 a − 1) invertierbar. Damit ist λ ∈ ρ(a) und folglich r(a) ≤ s(a) . Jetzt zeigen wir noch s(a) ≤ r(a) . Sei dazu Ω = {z ∈ C : |z| > r(a)} ⊆ ρ(a). Für jedes stetige lineare Funktional f ∈ A0 ist dann f ◦R: Ω → C eine analytische Funktion und hat nach Theorem III.1.9 eine konvergente Laurentreihe X f ◦ R(z) = an z n . n∈Z Andererseits erhalten wir mit Satz III.1.1, daß für |z| > kak die Resolvente durch die Reihe ∞ X −1 −1 −1 −1 R(z) = (z1 − a) = z (1 − z a) = z −n−1 an n=0 dargestellt wird. Aus der Eindeutigkeit der Koeffizienten an folgt damit an = 0 für n ≥ 0 und a−1−n = f (an ) für n ≥ 0. Aus der Konvergenz der Reihe für f ◦ R(z) erhalten wir also insbesondere lim f (an )z −n = 0 n→∞ für |z| > r(a) , d.h. die Folge (z −n an )n∈N in A konvergiert in der schwachen Topologie gegen 0 . Mit dem Satz von Banach-Steinhaus (vgl. [FA01]) sehen wir jetzt, daß die Folge (z −n an )n∈N beschränkt ist. Es existiert also ein C > 0 mit 1 kan k ≤ C|z|n für alle n ∈ N . Folglich ist s(a) ≤ limn→∞ C n |z| = |z|. Hieraus schließen wir s(a) ≤ r(a) , da z ∈ Ω beliebig war. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 53 Ein interessanter Aspekt des Hauptsatzes über das Spektrum ist, daß er ein Bindeglied zwischen Topologie und Algebra darstellt. Das Spektrum eines Elements a einer Banachalgebra A war zunächst rein über die algebraische Struktur definiert, ebenso der Spektralradius r(a). Theorem III.1.12 gibt uns nun eine Formel für r(a) , die sich auf die analytische Struktur von A, d.h. auf die Struktur von A als Banachraum bezieht. Sätze von diesem Typ, d.h. Sätze, die nicht evidente Verbindungen zwischen verschiedenen mathematischen Gebieten herstellen, sind grundlegend in vielen mathematischen Theorien. Man sollte sie daher als besonders wertvoll betrachten. Um die Tragweite des Hauptsatzes über das Spektrum besser zu verstehen, betrachten wir zuerst einige wichtige Folgerungen. Direkte Anwendungen des Hauptsatzes Satz von Gelfand-Mazur Satz III.1.13. Sei A eine Banachalgebra mit 1, in der jedes von 0 verschiedene Element invertierbar ist. Dann ist A ∼ = C , d.h. A ist eindimensional. 1 Beweis. Sei a ∈ A. Nach dem Hauptsatz über das Spektrum existiert ein λ ∈ σ(a) . Da a − λ1 nicht invertierbar ist, muß a − λ1 = 0 sein, d.h. a = λ1. Lemma III.1.14. Ist f : A → B ein Homomorphismus komplexer Algebren mit 1, d.h. gilt auch f (1) = 1, so ist σ f (a) ⊆ σ(a) für alle a ∈ A. Beweis. Wir zeigen ρ(a) ⊆ ρ f (a) . Sei also λ ∈ C mit a − λ1 ∈ A× und b = (a − λ1)−1 . Dann ist f (a) − λ1 f (b) = f (a − λ1)f (b) = f (a − λ1)b = f (1) = 1 und analog f (b) f (a) − λ1 = 1. Also ist λ ∈ ρ f (a) . Für den Fall von Homomorphismen A → C erhalten wir mit Lemma III.1.14 den folgenden Satz. Satz III.1.15. Sei A eine Banachalgebra und f : A → C ein Homomorphismus. Dann ist f stetig und es gilt kf k ≤ 1 . Hat A ein Einselement und ist f 6= 0, so gilt f (1) = 1 und kf k = 1. Beweis. Ist kf k > 1 , so finden wir ein a ∈ P A mit kak < 1 und f (a) = 1 . ∞ Dann konvergiert die Neumannsche Reihe b := n=1 an und es gilt a + ab = b . Wenden wir f an, so führt dies zu f (b) = f (a) + f (a)f (b) = 1 + f (b), 1 Der Satz von Gelfand-Mazur wurde 1938 von Mazur in einer Note in den C. R. Acad. Sci. Paris angekündigt, allerdings ohne Beweis. Der erste Beweis findet sich der 1941er Arbeit von Gelfand, in der er die Theorie der Banachalgebren begründet. 54 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 ein Widerspruch. Also ist kf k ≤ 1 . Hat A ein Einselement 1 und ist f = 6 0, so ist f (1)2 = f (1) , also f (1) = 1 , da sonst f = 0 folgen würde. Damit ist kf k ≥ 1 wegen k1k = 1 . Definition III.1.16. Für eine komplexe Algebra A schreiben wir ΓA für den Raum aller von 0 verschiedener Algebra-Homomorphismen A → C . Man beachte, daß für den Fall, daß A eine Banachalgebra ist, alle Elemente von ΓA automatisch stetig sind (Satz III.1.15). In diesem Fall nennt man ΓA auch das Spektrum von A . Wir werden in den nächsten beiden Abschnitten die Menge ΓA allgemein und auch für einige konkrete Beispielklassen genauer studieren. Anwendungen auf Banach- ∗ -Algebren Lemma III.1.17. Sei A eine involutive Algebra. Dann gilt: (i) Hermitesche Elemente sind normal. (ii) Elemente der Gestalt xx∗ sind hermitesch. (iii) Das Produkt zweier hermitescher Elemente x, y ist genau dann hermitesch, wenn xy = yx ist. (iv) A = Ah ⊕ iAh , d.h., jedes Element läßt sich eindeutig als a = b + ic mit hermiteschen Elementen b, c ∈ Ah schreiben. (v) Ein Element a = b + ic mit b, c ∈ Ah ist genau dann normal, wenn b und c kommutieren. (vi) Ist 1 ∈ A eine Linkseins, d.h., 1a = a für alle a ∈ A, so ist 1 ein Einselement und es gilt: (x−1 )∗ = (x∗ )−1 für x ∈ A× . (vii) Ist k·k eine submultiplikative Norm auf A mit kxk2 ≤ kx∗ xk für alle x ∈ A, so gilt kx∗ k = kxk und kx∗ xk = kxk2 . Beweis. (i) - (iv) Das sind alles elementare Rechnugen, die wir dem Leser zur Übung überlassen (vgl. Lemma I.1.3). (v) Das folgt aus aa∗ = (b + ic)(b − ic) = b2 + c2 + i(cb − bc) und a∗ a = (b − ic)(b + ic) = b2 + c2 + i(bc − cb). (vi) Ist 1 eine Linkseins, so haben wir a1∗ = (1a∗ )∗ = (a∗ )∗ = a, III. Spektraltheorie in Banachalgebren 55 d.h. 1∗ ist eine Rechtseins. Also ist 1∗ = 11∗ = 1, somit 1 hermitesch und folglich ein Einselement. Für x ∈ A× folgt aus xx−1 = x−1 x = 1 sofort (x−1 )∗ x∗ = x∗ (x−1 )∗ = 1 und damit die Behauptung. (vii) Zunächst haben wir kxk2 ≤ kx∗ xk ≤ kx∗ k · kxk und daher kxk ≤ kx∗ k für alle x ∈ A, also auch kxk ≤ kx∗ k ≤ k(x∗ )∗ k = kxk . Damit erhalten wir kxk = kx∗ k und kxk2 ≤ kx∗ xk ≤ kxk2 . Lemma III.1.18. Sei A eine C ∗ -Algebra und a ∈ A. Dann gilt: (i) σ(a∗ ) = σ(a) = {z: z ∈ σ(a)} . (ii) Ist a ∈p A normal, so ist r(a) = kak . (iii) kak = r(a∗ a). Beweis. (i) Nach Lemma III.1.17(vi) ist a−λ1 in A+ genau dann invertierbar, wenn (a − λ1)∗ = a∗ − λ1 invertierbar ist. Hieraus folgt die Behauptung sofort. (ii) Da a normal ist, haben wir ka2 k2 = ka2 (a2 )∗ k = kaaa∗ a∗ k = kaaa∗ a∗ k = kaa∗ aa∗ k = k(aa∗ )(aa∗ )∗ k = kaa∗ k2 = kak4 . Damit ist ka2 k = kak2 . Da alle Potenzen von a ebenfalls normal sind, ergibt n n sich hieraus induktiv die Formel ka2 k = kak2 für alle n ∈ N . Wir erhalten also mit der Formel für den Spektralradius n 1 r(a) = lim ka2 k 2n = kak. n→∞ (iii) Das ist eine direkte Konsequenz von (ii) und der Definition einer C ∗ -Algebra. Lemma III.1.18(iii) ist eine wichtige Beobachtung, die zeigt, daß in einer C -Algebra die Norm durch die Algebrastruktur bestimmt ist. ∗ Beispiel III.1.19. Zunächst könnte man denken, daß der Spektralradius nicht allzu verschieden von der Norm eines Elements ist. Die eklatantesten Gegenbeispiele für diese Vermutung erhält man wie folgt: Sei H = C n , A = B(C n ) die C ∗ -Algebra der komplexen n × n -Matrizen, und a definiert durch a.(z1 , . . . , zn ) := (z2 , . . . , zn , 0). 56 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Dann gilt a∗ .(z1 , . . . , zn ) := (0, z1 , z2 , . . . , zn−1 ). Wir erhalten damit a∗ a.(z1 , . . . , zn ) = (0, z2 , . . . , zn ). Also ist a∗ a eine orthogonale Projektion und folglich 1 = ka∗ ak = kak2 , d.h. kak = 1. Andererseits ist an = 0 . Wir haben also r(a) = 0 und kak = 1. Im folgenden nennen wir einen Homomorphismus f : A → B zwischen involutiven Algebren involutiv, wenn f (a∗ ) = f (a)∗ für alle a ∈ A gilt. Der folgende Satz ist eine der erstaunlichsten Folgerungen aus der Formel für den Spektralradius. Stetigkeitssatz für C ∗ -Algebren Satz III.1.20. Ist A eine Banach- ∗ -Algebra und f : A → B ein involutiver Homomorphismus in eine C ∗ -Algebra B , so ist f kontraktiv, d.h. kf (a)k ≤ kak für alle a ∈ A. Insbesondere ist f stetig. Beweis. Ersetzen wir B durch die C ∗ -Algebra f (A) , so dürfen wir annehmen, daß f (A) ⊆ B dicht ist. Ist 1 ∈ A ein Einselement, so gilt f (1)f (a) = f (a) für alle a ∈ A und damit auch f (1)b = b für alle b ∈ B . Nach Lemma III.1.17 ist f (1) dann ein Einselement in B . Hat A kein Einselement, so können wir f zu einem involutiven Homomorphismus f + : A+ → B + , (a, λ) 7→ (f (a), λ) mit f (1) = 1 fortsetzen. Jetzt können wir Lemma III.1.14 anwenden und erhalten (1.3) σ f (a) ⊆ σ(a) für alle a ∈ A. Sei a ∈ A zunächst hermitesch. Da f involutiv ist, ist f (a) ∈ B ebenfalls hermitesch und somit kf (a)k = r f (a) ≤ r(a) ≤ kak wegen Lemma III.1.18(ii), (1.3) und Folgerung III.1.2. Für beliebiges a ∈ A ist nun kf (a)k2 = kf (a)∗ f (a)k = kf (a∗ a)k ≤ ka∗ ak ≤ ka∗ k · kak = kak2 , und hieraus folgt die Behauptung. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 57 Adjunktion der Eins für C ∗ -Algebren Satz III.1.21. Sei A eine C ∗ -Algebra. Dann gilt: (i) Ist La : x 7→ xa die Linksmultiplikation, so gilt kak = kLa k. Insbesondere ist k1k = 1 , wenn 1 ein Einselement in A ist. (ii) Hat A kein Einselement, so ist die Banachalgebra A+ eine C ∗ -Algebra bzgl. (a, λ)∗ = (a∗ , λ) und der Norm k(a, λ)k := kL(a,λ) k, wobei L(a,λ) .x = ax + λx der zugehörige Multiplikationsoperator auf A ist. Beweis. (a) Die Ungleichung kLa k ≤ kak folgt allgemein aus der Submultiplikativität der Norm auf A. Andererseits gilt in C ∗ -Algebren die Relation kaa∗ k = kak2 = kak · ka∗ k . Hieraus erkennt man sofort, daß auch kLa k ≥ kak für alle a ∈ A gilt. Ist 1 ∈ A ein Einselement, so folgt hieraus k1k = 1 wegen L1 = idA . (b) Sei L: A+ → B(A) definiert durch L(a, λ) = L(a,λ) . Wir zeigen zuerst, daß L injektiv ist. Sei also L(a, λ) = 0 . Ist λ = 0 , so folgt La = 0 , also a = 0 wegen (i). Ist λ 6= 0 , so dürfen wir o.B.d.A. λ = −1 annehmen. Dann ist a.x − x = 0 für alle x ∈ A, d.h. a ist eine Linkseins. Mit Lemma III.1.17(vi) sehen wir damit, daß a ein Einselement ist, was unserer Annahme widerspricht. Hieraus folgt, daß L injektiv ist, und damit, daß durch k(a, λ)k := kL(a, λ)k auf A+ eine Norm definiert wird, die nach (i) eine Fortsetzung der Norm auf A ist. Wir zeigen, daß A+ vollständig ist. Da A ∼ = A×{0} ⊆ A+ ein vollständiger Unterraum ist, ist A in A+ abgeschlossen. Damit ist das lineare Funktional l: (a, λ) 7→ λ stetig, folglich auch die Projektion P : A+ → A, x 7→ x − l(x)1. Ist nun (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in A+ , so ist auch P (xn ) n∈N eine CauchyFolge in A, also konvergent gegen ein Element a ∈ A. Ebenso konvergiert l(xn ) gegen λ ∈ 1 und wir erhalten xn → (a, λ) . Also ist A+ vollständig, d.h. eine Banachalgebra. Wegen Lemma III.1.17(vii) haben wir noch kxk2 ≤ kx∗ xk zu zeigen. Für jedes r < kxk existiert nun ein y ∈ A mit kyk ≤ 1 und kxyk ≥ r . Wegen xy ∈ A haben wir dann kx∗ xk ≥ ky ∗ (x∗ x)yk = k(xy)∗ xyk = kxyk2 ≥ r2 , folglich kx∗ xk ≥ kxk2 . Zusammenfassend haben wir gezeigt, daß A+ mit der angegebenen Norm, Involution und Multiplikation eine C ∗ -Algebra ist. Aus Satz III.1.21(i) erkennen wir insbesondere, daß für eine C ∗ -Algebra das Verfahren aus Lemma III.1.6 keine neue Norm liefert. Aus Lemma III.1.18 ∗ folgt ohnehin, daß die Norm auf einer Cp -Algebra vollständig durch die Algebrastruktur bestimmt wird durch kak = r(a∗ a) . 58 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 III.2. Beispiele von Banachalgebren Beispiel III.2.1. (a) Sei X ein lokalkompakter Raum und C0 (X) := C0 (X, C ) der Raum der stetigen Funktionen auf X , die im Unendlichen verschwinden, d.h. f ∈ C0 (X) genau dann, wenn es zu jedem ε > 0 eine kompakte Teilmenge K ⊆ X gibt, so daß |f (x)| ≤ ε für alle x ∈ X \ K gilt. Insbesondere sind alle Funktionen in C0 (X) beschränkt, also kf k∞ := sup{|f (x)|: x ∈ X} < ∞. Wird C0 (X) mit dieser Norm versehen, so ist C0 (X) sogar abgeschlossen in dem Banachraum B(X) aller beschränkter Funktionen auf X , also ein Banachraum (Übung). Mit f ∗ (x) := f (x) und der punktweisen Multiplikation wird C0 (X) sogar zu einer C ∗ -Algebra. Ist X kompakt, so ist C0 (X) = C(X) . Ist X nicht kompakt, so hat C0 (X) kein Einselement. Die Algebra C0 (X)+ kann man nun als Unteralgebra der C ∗ Algebra BC(X) der beschränkten stetigen Funktionen auf X auffassen, indem man (0, 1) die konstante Funktion 1 zuordnet. (b) Für X = N , versehen mit der diskreten Topologie, erhalten wir C0 (X) ∼ = c0 (N, C ) , den Banachraum der Nullfolgen. (c) Wir wollen das Spektrum einer Funktion f ∈ A := C0 (X) bestimmen. Dazu sei X zunächst kompakt. Zuerst überlegen wir uns, daß f ∈ A× äquivalent ist zu f (X) ⊆ C × . Ist f invertierbar, so ist f (x)f −1 (x) = f (x)f (x)−1 = 1 und damit f (x) 6= 0 für alle x ∈ X . Ist andererseits f (x) 6= 0 für alle x ∈ X , so ist die Funktion x 7→ f (x)−1 stetig und eine Inverse von f . Für λ ∈ C ist die Funktion f − λ1 also genau dann invertierbar, wenn f niemals den Wert λ annimmt, folglich σ(f ) = f (X). Das Spektrum des Elements f ∈ A stimmt mit dem Bild der Funktion f überein. Ist X nicht kompakt und A = C0 (X) , so betrachten wir die Einbettung A+ := A+C 1 ⊆ C(X) als den Raum derjenigen Funktionen, die im Unendlichen konstant werden. Ist f = (f0 , λ) := f0 + λ1 ∈ A+ invertierbar, so hat f natürlich keine Nullstelle und es gilt λ 6= 0 . Ist dies umgekehrt der Fall, so gilt f −1 − λ1 ∈ C0 (X) (Nachrechnen!), also ist f −1 = (f −1 − λ1 , λ1 ) ∈ A+ ein Inverses zu f . Wir haben also (A+ )× = {(f, λ) ∈ A+ : 0 6∈ f (X), λ 6= 0} und damit erhalten wir für f ∈ A = C0 (X) die Beziehung σ(f ) = f (X) ∪ {0}. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 59 (d) Man sieht schnell, daß die Punktauswertungen δx : f 7→ f (x), C0 (X) → C stetige Charaktere sind, die nicht verschwinden. Wir zeigen jetzt, daß jeder von 0 verschiedene Homomorphismus χ: C0 (X) → C von der Form δx ist. Wir setzen χ durch χ(1) := 1 zu einem Charakter C0 (X)+ → C fort. Sei N ⊆ C0 (X)+ der Kern von χ. Dann ist N eine Hyperebene, die gleichzeitig ein Ideal ist, d.h. C0 (X)+ · N ⊆ N . Weiter gilt C0 (X)+ ∼ = N ⊕ C 1. Existiert ein x ∈ X mit δx (f ) = f (x) = 0 für alle f ∈ N , so ist N in der Hyperebene ker δx enthalten und stimmt daher mit ihr überein. In diesem Fall folgt χ = δx aus χ(1) = δx (1) = 1 . Wir nehmen daher an, daß zu jedem x ∈ X eine Funktion fx ∈ N mit fx (x) 6= 0 existiert. Wir dürfen hierbei o.B.d.A. fx 6∈ C0 (X) annehmen, da C0 (X)∩N eine Hyperebene in N ist, also N \A als Komplement der Hyperebene N ∩ C0 (X) in N dicht ist. Sei x0 ∈ X und fx0 wie oben. Dann ist fx0 = g + λ1 mit g ∈ C0 (X) . Also existiert eine kompakte Teilmenge K ⊆ X mit |g(x)| < |λ| für alle x 6∈ K , und wir erhalten fx0 (x) 6= 0 . Wegen der Kompaktheit finden wir nun noch endlich viele Elemente x1 , . . . , xn ∈ K mit K⊆ n [ {x ∈ X: fxj (x) 6= 0}. j=1 Damit ist f := fx0 fx0 + n X 2 fxj fxj = |fx0 | + j=1 n X |fxj |2 ∈ N \ A j=1 und es gilt f (x) > 0 für alle x ∈ X sowie f ∈ 6 C0 (X) . Also ist f gemäß (c) in + −1 A invertierbar. Folglich ist 1 = f f ∈ N , im Widerspruch zu χ(1) = 1 . Wir haben damit gezeigt, daß die Abbildung (2.1) X → ΓC0 (X) , x 7→ δx surjektiv ist. Die Injektivität folgt aus der Tatsache, daß die stetigen Funktionen mit kompaktem Träger auf X die Punkte trennen, was wiederum aus dem Satz von Urysohn folgt: Zu jeder kompakten Teilmengen K ⊆ X und jeder offenen Umgebung U von K existiert eine stetige Funktion f : X → [0, 1] mit f (x) = 1 0 für x ∈ K für x ∈ X \ U . Aus der Surjektivität in (2.1) erhalten wir insbesondere, daß jeder Homomorphismus C0 (X) → C involutiv ist. 60 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Beispiel III.2.2. (a) Sei S eine involutive Halbgruppe. Wir betrachten den Banachraum l1 (S) := l1 (S, C ) aller Funktionen f : S → C für die kf k1 := X |f (s)| < ∞ s∈S ist. Man beachte, daß unter diesen Voraussetzungen die Menge {s ∈ S: f (s) 6= 0} abzählbar sein muß. Wir versehen l1 (S) mit dem Faltungsprodukt (f ∗ g)(s) := X f (a)g(b) a,b∈S;ab=s und der Involution f ∗ (s) := f (s∗ ) . Hiermit wird l1 (S) zu einer Banach-∗Algebra (Übung). Wir haben einen kanonischen Homomorphismus η: S → l1 (S) , der s ∈ S die Funktion δs mit 1 s=t δs (t) = 0 s 6= t zuordnet. Nun ist (δs ∗ δt )(x) = X δs (a)δt (b) = δst (x) a,b∈S;ab=x und wegen δs∗ = δs∗ gilt sogar η(s∗ ) = η(s)∗ , d.h. η ist ein Homomorphismus involutiver Halbgruppen. (b) Ist speziell S = (N, +) mit s∗ = s, so ist l1 (S) ∼ = l1 (N, C ) der Raum der summierbaren Folgen und das Faltungsprodukt ist gegeben durch (x ∗ y)n = n X xk yn−k . k=0 P∞ Ist S: l1 (N, C ) → C , (xn )n∈N → n=1 xn das Summenfunktional, so besagt die Cauchy-Produktformel für absolut konvergente Reihen nichts anderes als S(x ∗ y) = S(x) · S(y). Da auch S(x∗ ) = S(x) gilt, ist S: l1 (N, C ) → C ein Charakter der Banach-∗Algebra l1 (N, C ) . (c) Wir schauen uns nun etwas genauer an, was wir über die Charaktere der Algebra l1 (S) sagen können. Sei also χ: l1 (S) → C ein Charakter. Aus Satz III.1.15 wissen wir, daß χ stetig ist. Um etwas über χ herauszufinden, beachten wir zunächst, daß für jeden Charakter χ: l1 (S) → C natürlich χ ◦ η: S → C ein Charakter ist. Da span η(S) in l1 (S) dicht und χ stetig ist, folgt dann X X χ(f ) = χ f (s)η(s) = f (s)χ η(s) s∈S s∈S III. Spektraltheorie in Banachalgebren 61 für alle f ∈ l1 (S) . Da der Dualraum von l1 (S) durch l1 (S)0 = l∞ (S) (Raum der beschränkten Funktionen auf S ) gegeben ist (Übung), folgt hieraus, daß die Funktion χ ◦ η: S → C beschränkt ist. PUmgekehrt wird für jeden beschränkten Charakter γ: S → C durch χ(f ) := s∈S f (s)γ(s) ein stetiger Charakter von l1 (S) definiert (Warum ?). Wir haben hiermit l1 (S)b= Sb ∩ l∞ (S) gezeigt. (d) Für S = N ergibt sich insbesondere l1 (N)b ∼ = [−1, 1] \ {0}. Der Summationscharakter S aus (b) gehört hierbei zu dem konstanten Charakter χ(n) = 1 für alle n ∈ N . (e) Betrachtet man Homomorphismen l1 (S) → C , die nicht notwendigerweise die Involution respektieren, so erhält man vollkommen analog eine bijektive Korrespondenz zu den beschränkten multiplikativen Homomorphismen χ: S → C . Für S = N ist damit l1 (N)b ∼ = [−1, 1] \ {0} und Γl1 (N) ∼ = Hom(N, C ) \ {0} ∩ l∞ (N) ∼ = {z ∈ C × : |z| ≤ 1}. (f) Die wesentliche Voraussetzung in Satz III.1.15 ist die Vollständigkeit von A. Ohne die ist die entsprechende Behauptung falsch. Wir beschreiben hierzu ein einfaches Beispiel. Wir betrachten in der Banach- ∗ -Algebra l1 (N) aller absolut summierbaren Folgen mit der Faltungsmultiplikation die dichte Unteralgebra A aller abbrechenden Folgen. Das ist eine normierte involutive Algebra in der die Involution eine Isometrie ist. Wir können nun für jede reelle komplexe Zahl z ∈ C einen involutiven Homomorphismus f: A → C, x 7→ ∞ X xn z n n=1 definieren. Wegen l1 (N)0 ∼ = l∞ (N) ist dann kf k = sup{|z|n : n ∈ N}, also kf k genau dann endlich, wenn |z| ≤ 1 ist. Aus Satz III.1.15 folgt, daß sich f genau dann zu einem Charakter von l1 (N) fortsetzen läßt, wenn |z| ≤ 1 ist. Beispiel III.2.3. (Die Wiener-Algebra) (benannt nach Norbert Wiener 1 ) Das ist die Algebra l1 (Z) , wobei wir Z via n∗ = −n als involutive Halbgruppe auffassen (vgl. Beispiel III.1.3). Wir betrachten die Elemente von l1 (Z) als Folgen (xn )n∈Z . Die Involution ist dann gegeben durch x∗ = (x−n )n∈Z für x = (xn )n∈Z und die Multiplikation durch X (x ∗ y)n = xk yn−k . k∈Z 1 Norbert Wiener (1894–1964); nordamerikanischer Mathematiker und Kybernetiker. 62 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 In dieser abstrakten Form hat Wiener diese Algebra nicht betrachtet. Er kam aus einer anderen Richtung. Um diese nachvollziehen zu können, ordnen wir jeder Folge x ∈ l1 (Z) ihre Fouriertransformierte F(x)(z) := x b(z) := X xn z n n∈Z auf T := {z ∈ C : |z| = 1} zu. Wir werden später einen sehr allgemeinen Rahmen kennenlernen, in dem man Fouriertransformierte definieren kann und dieses Beispiel wird sich dem unterordnen. Nun ist |b x(z)| ≤ (2.2) X |xn | · |z n | ≤ kxk1 < ∞. n∈Z Also konvergiert die Reihe, die x b definiert, gleichmäßig. Insbesondere ist die Funktion x b auf T stetig. Wir hätten stattdessen natürlich auch die 2π -periodische Funktion X x b(eit ) = xn eint n∈Z auf R betrachten können, aber wir werden später sehen, daß unser Zugang wesentliche begriffliche Vorteile hat. Die Zuordnung x 7→ x b hat viele interessante Eigenschaften. Zunächst erinnern wir uns daran, daß C(T) eine C ∗ -Algebra bzgl. f ∗ (z) = f (z) und der punktweisen Multiplikation ist. Wir behaupten, daß die Abbildung F: l1 (Z) → C(T), x 7→ x b eine Homomorphismus von Banach-∗-Algebren ist. Die Beziehung kb xk∞ ≤ kxk1 haben wir schon nachgerechnet. Weiter ist c∗ (z) = x X x−n z n = n∈Z X n∈Z xn z −n = x b(z) = x b∗ (z), und x b(z) · yb(z) = X n∈Z xn z n · X ym z m = m∈Z XX xk yn−k z n = (x ∗ y)b(z) n∈Z k∈Z folgt aus der Formel für das Cauchy-Produkt absolut konvergenter Reihen. Damit ist alles gezeigt. Man kann die Abbildung F auch umkehren. Dazu ordnet man zunächst einer stetigen Funktion f : T → C ihre Fourierkoeffizienten 1 fb(n) := 2π Z 0 2π f (eit )e−int dt III. Spektraltheorie in Banachalgebren 63 zu. Für f = x b , x ∈ l1 (Z) , erlaubt die gleichmäßige Konvergenz der Reihe von x b die Vertauschung von Integration und Grenzübergang, und wir erhalten b x b (n) = Z 2π X 1 Z 2π X 1 imt −int xm e e dt = xm ei(m−n)t dt = xn , 2π 0 2π 0 m∈Z m∈Z R 2π ei(m−n)t dt = 2πδnm gilt (Übung). Natürlich liegt die Folge fb(n) n∈Z der Fourierkoeffizienten einer stetigen Funktion f nicht immer in l1 (Z) , aber es ist gar nicht so leicht, hierzu Gegenbeispiele zu finden (vgl. [We95, Satz IV.2.10], wo gezeigt wird, daß es stetige Funktionen f auf T gibt, deren Fourierreihe da 0 X n∈Z fb(n)eint nicht überall konvergiert). Die Abbildung F bildet l1 (Z) also injektiv auf eine echte Unteralgebra von C(T) ab. Wir können auch für die Wiener-Algebra wieder die Frage nach der Menge der Charaktere stellen. Aus Beispiel III.2.2 wissen wir schon, daß die Charaktere dieser Algebra den beschränkten Homomorphismen Z → (C , ·) involutiver Halbgruppen entsprechen. Wegen der Involutivität geht jeder solche Homomorphismus in die Gruppe T ⊆ C × , ist also automatisch beschränkt, und wir erhalten damit b∼ Γl1 (Z) = l1 (Z)b∼ =Z = T. Für z ∈ T ist der zugehörige Homomorphismus gegeben durch χz (x) = x b(z) = X xn z n . n∈Z Beispiel III.2.4. Wir definieren auf dem Raum Cc (Rn ) der stetigen Funktionen mit kompaktem Träger eine Involution f ∗ (x) := f (−x) , und das Faltungsprodukt Z (f ∗ g)(x) := f (y)g(x − y) dy. Rn Man beachte hierbei, daß dieses Integral wohldefiniert ist, da für jedes x der Integrand kompakten Träger hat. Weiter liefert es wieder eine stetige Funktion mit kompaktem Träger (Übung). Wir zeigen zunächst, daß wir so eine kommutative involutive Algebra erhalten. Für die Assoziativität rechnen wir unter Verwendung der Tatsache, daß man die Integrationsreihenfolge bei Riemann-Integralen vertauschen kann, wie 64 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 folgt: (f ∗ g) ∗ h (x) = (f ∗ g)(y)h(x − y) dy Z Z = f (z)g(y − z) dz h(x − y) dy R n Rn Z Z = f (z)g(y − z)h(x − y) dy dz R n Rn Z Z = f (z) g(y − z)h(x − y) dy dz Rn Rn Z Z = f (z) g(y)h(x − z − y) dy dz Rn Rn Z = f (z)(g ∗ h)(x − z) dz Rn = f ∗ (g ∗ h) (x). Rn Weiter gilt ∗ (f ∗ g) (x) = Z Z f (y)g(−x − y) dy = Z f ∗ (y)g ∗ (x − y) dy = (f ∗ ∗ g ∗ )(x) Rn = Z f (−y)g(−x + y) dy Rn Rn und (f ∗ g)(x) = Z f (y)g(x − y) dy = Z f (x − y)g(y) dy = (g ∗ f )(x). Rn = Z f (−y)g(x + y) dy Rn Rn Also ist Cc (Rn ) eine kommutative involutive Algebra. Jetzt definieren wir eine Norm durch Z kf k1 := |f (x)| dx. Rn Wir behaupten, daß Cc (Rn ) hiermit zu einer normierten involutiven Algebra wird, d.h. kf ∗ k1 = kf k1 und kf ∗ gk1 ≤ kf k1 · kgk1 . Hierzu rechnen wir Z Z ∗ kf k1 = |f (−x)| dx = Rn |f (−x)| dx = Rn Z |f (x)| dx = kf k1 Rn und Z Z Z Z kf ∗ gk1 = f (y)g(x − y) dy dx ≤ |f (y)| · |g(x − y)| dy dx Rn Rn R n Rn Z Z Z Z = |f (y)| · |g(x − y)| dx dy = |f (y)| |g(x − y)| dx dy Rn R n Rn Rn Z Z Z = |f (y)| |g(x)| dx dy = kgk1 |f (y)| dy = kgk1 kf k1 . Rn Rn Rn III. Spektraltheorie in Banachalgebren 65 Sei jetzt L1 (Rn ) die Vervollständigung des normierten Raums Cc (Rn ) bzgl. k · k1 . Wegen der Stetigkeit von Multiplikation und Inversion lassen sich beide auf L1 (Rn ) fortsetzen und wir erhalten so eine Banach-∗ -Algebra, die man die L1 -Algebra von Rn nennt. Jetzt interessieren wir uns wieder für die Charaktere dieser Algebra. Einige lassen sich sofort angeben. Sei dazu χx : Rn → T, y 7→ eihx,yi , x ∈ Rn . Dann ist χx ein stetiger Gruppenhomomorphismus. Wegen der Beschränktheit von χx erhalten wir ein stetiges lineares Funktional χ ex : L1 (Rn ) → C durch Z Z χ ex (f ) = f (y)χx (y) dy = f (y)eihx,yi dy. Rn Rn Wir zeigen, daß hierdurch ein Charakter von L1 (Rn ) definiert wird. In der Tat ist Z Z χ ex (f ∗ ) = = f (−y)eihx,yi dy = Z Rn und χ ex (f ∗ g) = Z f (−y)e−ihx,yi dy Rn Rn f (y)eihx,yi dy = χ ex (f ) n Z ZR ZR f (y)g(z − y)eihx,zi dy dz n f (y)eihx,yi g(z − y)eihx,z−yi dz dy n n ZR R Z ihx,yi = f (y)e g(z − y)eihx,z−yi dz dy n n ZR ZR = f (y)eihx,yi g(z)eihx,zi dz dy Rn Rn Z =χ ex (g) f (y)eihx,yi dy = Rn =χ ex (g)e χx (f ). Wir haben also für jedes x ∈ Rn + einen Charakter von L1 (Rn ) gefunden. In diesem Sinn können wir also jedem Element f ∈ L1 (Rn ) die Funktion Z n fb: R → C , x 7→ χx (f ) = f (y)eihy,xi dy Rn zuordnen. Man nennt diese Funktion die Fouriertransformierte von f . Die Stetigkeitseigenschaften dieser Funktion werden wir später untersuchen, wenn wir uns mit der Topologie auf der Menge aller Charaktere beschäftigen. Was wir oben gezeigt haben, läßt sich prägnant formulieren als fc∗ = (fb)∗ und (f ∗ g)b= fb ∗ gb 66 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 für alle f, g ∈ L1 (Rn ) . Da wir nun einige Charaktere von L1 (Rn ) kennen, stellt sich natürlich die Frage, ob dies schon alle sind. Das ist tatsächlich so, aber wir werden uns erst später mit dieser Frage beschäftigen, wenn wir sie in einem allgemeineren Kontext behandeln können. III.3. Die Gelfandsche Darstellungstheorie In diesem Abschnitt werden wir einen besonders schönen Teil der Spektraltheorie kennenlernen. Wir haben die C ∗ -Algebra C(X) der stetigen Funktionen auf einem kompakten Raum schon als Beispiel diskutiert. Eines der Hauptergebnisse in diesem Abschnitt wird sein, daß jede kommutative C ∗ -Algebra mit Eins als C ∗ -Algebra zu einer Algebra des Typs C(X) isomorph ist. Hat sie kein Einselement, so ist sie isomorph zu C0 (X) für einen lokalkompakten Raum X . Dieses Ergebnis überzeugt nicht nur durch sein abstrakte Schönheit, sondern ist auch ein Grundbaustein für die gesamte Spektraltheorie. Darüber hinaus werden wir sehen, daß es auch einen sehr bequemen Zugang zur Maßtheorie auf lokalkompakten Räumen liefert. Die Grundidee hinter der Gelfandschen Darstellungstheorie ist die folgende. Ist A ein Banachraum und A0 sein Dualraum, so betrachten wir den Raum X := {α ∈ A0 : kαk ≤ 1} , den wir mit der schwach-∗-Topologie versehen, also mit der gröbsten Topologie, die alle Funktionen x b: X → C , α 7→ α(x) stetig macht. Nach dem Satz von Alaoglu-Bourbaki ([FA01]) ist X ein kompakter Raum und die Abbildung A → C(X), x 7→ x b liefert eine isometrische Einbettung des Banachraums A in die Algebra C(X) . Beachte hierbei, daß kb xk∞ = sup{|b x(α)|: α ∈ X} = kxk aus dem Satz von Hahn-Banach folgt (vgl. [FA01]). Jeder Banachraum läßt sich also isometrisch in einen Raum C(X) einbetten. Ist A zusätzlich eine kommutative Banachalgebra, so hätte man gerne eine Einbettung als eine Unteralgebra von C(X) . In diesem Fall müssen die Auswertungsabbildungen x 7→ x b(α) = α(x) allerdings Algebra-Homomorphismen sein. Wir werden also anstatt der gesamten Einheitskugel X ⊆ A0 nur die Algebra-Homomorphismen betrachten dürfen. Das ist die Grundidee. Die ersten Probleme zeigen sich natürlich schon bei der Frage nach der Reichhaltigkeit der Menge der Algebrahomomorphismen nach C . III. Spektraltheorie in Banachalgebren 67 Satz III.3.1. (a) Sei A eine Banachalgebra mit Einselement. Versehen wir die Menge ΓA aller von 0 verschiedenen Algebra-Homomorphismen A → C mit der schwach- ∗ -Topologie, so ist ΓA kompakt und die Abbildung G: A → C(ΓA ), x 7→ x b mit x b(α) = α(x) ist ein kontraktiver Homomorphismus von Banachalgebren. (b) Hat A kein Einselement und ist ΓA 6= Ø , so ist ΓA lokalkompakt und G: A → C0 (ΓA ) ein kontraktiver Homomorphismus. Beweis. (a) Zunächst erhalten wir aus Satz III.1.15 ΓA ⊆ X := {α ∈ A0 : kαk ≤ 1}. Da X nach dem Satz von Alaoglu -Bourbaki (vgl. [FA01]) kompakt ist, haben wir nur zu zeigen, daß ΓA abgeschlossen darin ist. Seien dazu a, b ∈ A . Dann ist die Menge b Xa,b = {α ∈ X: α(ab) = α(a)α(b)} = {α ∈ X: ab(α) =b a(α)bb(α)} b sind auf X stetig. Folglich in X abgeschlossen, denn die Funktionen b a , bb und ab ist auch \ ΓA = Xa,b ∩ {α ∈ X: α(1) = 1} a,b∈A abgeschlossen und damit kompakt. Der Rest der Behauptung folgt nun aus kb xk∞ = sup{|b x(α)|: α ∈ ΓA } ≤ kxk, was wiederum aus |b x(α)| = |α(x)| ≤ kαk · kxk ≤ kxk für α ∈ ΓA folgt. (b) Hat A kein Einselement, so setzen wir A+ = A⊕C wie in Lemma III.1.4. Es ist klar, daß jeder Homomorphismus χ: A → C sich eindeutig durch χ+ (a, λ) = λ+χ(a) zu einem Homomorphismus χ+ : A+ → C mit χ+ (1) = 1 fortsetzen läßt. Der einzige Homomorphismus von A+ , dessen Einschränkung auf A trivial ist, wird durch ω: (a, λ) 7→ λ gegen. Wir haben daher ΓA+ = ΓA ∪{ω} . Da χ(1) = 1 für alle χ ∈ ΓA+ gilt, stimmt die schwach-∗ -Topologie bzgl. A auf ΓA mit der Teilraumtopologie bzgl. ΓA+ überein, macht ΓA also zu einem lokalkompakten Raum, der durch Wegnahme von ω aus ΓA+ entsteht. Für ein Element a ∈ A ist nun b a eine stetige Funktion auf ΓA , die sich durch b a(ω) = 0 zu einer stetigen Funktion auf ΓA+ fortsetzt. Folglich ist b a ∈ C0 (ΓA ) . Den Homomorphismus G: A → C0 (ΓA ), G(a)(χ) := b a(χ) := χ(a) nennt man die Gelfand-Transformation der Banachalgebra A. Die Fragen, die sich nun aufdrängen, sind die, ob man die Norm kb xk∞ der Gelfand-Transformierten durch die Norm in A ausdrücken kann, und inwieweit die GelfandTransformation injektiv ist. Um diese Fragen zu beantworten, benötigen wir zuerst etwas algebraischen Unterbau. 68 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Definition III.3.2. (a) Ein Ideal in einer Algebra ist ein Untervektorraum I mit IA ∪ AI ⊆ I . Gilt zusätzlich I 6= A, so heißt I echtes Ideal. (b) Ein maximales Ideal ist ein echtes Ideal I , für das es zwischen I und A keine weiteren Ideale gibt. Lemma III.3.3. Sei A eine Banachalgebra. (i) Der Abschluß eines Ideals ist ein Ideal. (ii) Ist I ein abgeschlossenes Ideal in A , so ist A/I eine Banachalgebra, wenn wir A/I mit der Quotientennorm und der Multiplikation [a] · [b] := [ab] für [a] = a + I versehen. Ist A kommutativ, so auch A/I . Beweis. (i) Ist I ⊆ A ein Ideal, so folgt aus der Stetigkeit der Multiplikation, daß IA ⊆ IA ⊆ I und ebenso AI ⊆ I . Also ist I ein Ideal. (ii) Sei nun I ⊆ A ein abgeschlossenes Ideal. Dann ist A/I bzgl. der Quotientennorm k[a]k := inf{kxk: x ∈ [a]} zunächst ein Banachraum (vgl. [FA01]). Die Wohldefiniertheit der Multiplikation folgt daraus, daß I ein Ideal ist. Für x, y ∈ A haben wir weiter k[x][y]k ≤ kxyk ≤ kxk · kyk. Da x ∈ [x] und y ∈ [y] beliebig sind, folgt hieraus k[x][y]k ≤ k[x]k · k[y]k. Also ist A/I eine Banachalgebra. Ist A kommutativ, so natürlich auch der Quotient A/I . Beispiel III.3.4. (a) Ist f ∈ ΓA , so ist der Kern ker f ⊆ A ein maximales Ideal, denn die Kodimension dieses Unterraums ist 1 . Es kann also zwischen ihm und A kein weiteres Ideal geben. (b) Ist H ein endlichdimensionaler Hilbertraum, so sind {0} und B(H) die einzigen Ideale der C ∗ -Algebra B(H) (Übung). Algebren mit dieser Eigenschaft nennt man einfach. Man kann sogar zeigen, daß jede endlichdimensionale einfache komplexe Algebra so aussieht (Satz von Wedderburn). (c) Sei X ein kompakter Raum. Für jede abgeschlossene Teilmenge F ⊆ X ist dann IF := {f ∈ C(X): f |F = 0} ein abgeschlossenes Ideal. Man kann zeigen, daß alle abgeschlossenen Ideale so aussehen. Das folgende Lemma wird uns helfen, den Zusammenhang zwischen Idealen, maximalen Idealen und Homomorphismen besser zu verstehen. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 69 Satz III.3.5. Sei A eine Banachalgebra mit Einselement 1. (i) Ein echtes Ideal von A ist nicht dicht. (ii) Maximale Ideale sind abgeschlossen. (iii) Jedes echte Ideal ist in einem maximalen Ideal enthalten. (iv) Ist I ein echtes abgeschlossenes Ideal, so ist A/I eine Banachalgebra mit Einselement [1] und k[1]k = 1. (v) Ist A kommutativ und I ein maximales Ideal, so ist A/I ∼ = C , d.h. jedes maximale Ideal ist Kern eines Homomorphismus A → C . Beweis. (i) Da I ein echtes Ideal ist, gilt A× ∩ I = Ø. Da A× offen ist (Satz III.1.1), gilt auch I ∩ A× = Ø und die Behauptung folgt aus 1 ∈ A× . (ii) Ist I ⊆ A ein maximales Ideal, so folgt aus (i), daß I ebenfalls ein echtes Ideal ist. Aus der Maximalität erhalten wir dann I = I , d.h. I ist abgeschlossen. (iii) Die Menge (F, ⊆) aller echten Ideale versehen mit derSInklusionsordnung ist S induktiv geordnet, denn für jede Kette K ⊆ F ist 1 6∈ K , d.h. das Ideal K ist ebenfalls echt (Warum ist diese Menge ein Ideal?). Die Behauptung folgt damit aus dem Zornschen Lemma. (iv) Daß [1] in A/I ein Einselement ist, ist klar. Wegen k[1]k ≤ k1k = 1 bleibt noch 1 ≤ k[1]k zu zeigen. Wäre k[1]k < 1 , so fänden wir in [1] ein Element x mit kxk < 1 . Dann wäre aber 1 − x ∈ I invertierbar (Satz III.1.1), im Widerspruch zu I 6= A. (v) Nach (ii) und (iv) ist A/I eine kommutative Banachalgebra mit Einselement. Wir wollen den Satz von Gelfand-Mazur anwenden (Satz III.1.13). Hierzu haben wir zu zeigen, daß jedes von 0 veschiedene Element in A/I invertierbar ist. Für A bedeutet dies, daß zu jedem x ∈ A \ I ein y ∈ A existiert mit xy ∈ 1 + I . Dazu setzen wir J := xA + I. Dann ist J ein Ideal, das I und x enthält, also J = A . Folglich existiert ein y ∈ A mit 1 ∈ xy+I . Mit dem Satz von Gelfand-Mazur sehen wir nun A/I ∼ = C. Insbesondere ist I der Kern eines Homomorphismus A → C . Man beachte, daß Satz III.3.5(v) für nichtkommutative Banachalgebren im allgemeinen falsch ist (vgl. Beispiel III.3.4(b)). Wir können jetzt schon die Frage nach der Norm der Gelfandtransformierten beantworten. Gelfandscher Darstellungssatz für Banachalgebren Theorem III.3.6. Sei A eine kommutative Banachalgebra mit Einselement. Dann ist ΓA nicht leer und die Gelfandtransformation A → C(ΓA ) ist ein kontraktiver Homomorphismus von Banachalgebren mit σ(x) = x b(ΓA ) und kb xk∞ = r(x) b = 1 die Einsfunktion auf ΓA . Hat A kein für alle x ∈ A . Weiter ist 1 Einselement und ist ΓA 6= Ø, so haben wir σ(x) = x b(ΓA ) ∪ {0} und kb xk∞ = r(x). 70 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Beweis. Wir nehmen zuerst an, daß A eine Eins besitzt. Da es nach Satz III.3.5 maximale Ideale gibt, ist ΓA nicht leer. Ist λ ∈ σ(x) , also x − λ1 nicht invertierbar, so ist A · (x − λ1) ein echtes Ideal, denn dieser Unterraum enthält nicht das Einselement. Folglich ist er nach Satz III.3.5 in einem maximalen Ideal I enthalten. Dieses wiederum ist Kern eines Homomorphismus α: A → C . Damit ist schließlich 0 = α(x − λ1) = α(x) − λ1 und folglich x b(α) = α(x) = λ . Existiert umgekehrt ein α ∈ ΓA mit x b(α) = α(x) = λ , so ist x − λ1 in dem maximalen Ideal ker α enthalten, kann also keine Einheit sein. Damit ist λ ∈ σ(x) . Hieraus folgt x b(ΓA ) = σ(x) . Die Formel kb xk = r(x) für die Norm ist jetzt eine triviale Konsequenz der Definition des Spektralradius. Wegen Satz III.3.1 ist damit alles gezeigt falls A ein Einselement hat. Ist dies nicht der Fall und ΓA 6= Ø, so haben wir x b ∈ C0 (ΓA ) für alle x ∈ A. Weiter ist σ(x) = σA+ (x) = x b(ΓA ) ∪ {0} wegen dem ersten Teil (vgl. Satz III.3.1(b)). Hieraus folgt die Behauptung. Den Kern der Gelfandtransformation nennt man das Radikal rad(A) von A, und A heißt halbeinfach, wenn rad(A) = {0} ist. Die halbeinfachen kommutativen Banachalgebren sind also genau die, für die die Gelfandtransformation injektiv ist. Insbesondere sehen wir Γrad(A) = Ø . Ist also r(a) = 0 für alle a ∈ A, so hat A keine von 0 verschiedenen Homomorphismen nach C . Ein 2 einfaches Beispiel, wo dies passiert, ist die Unteralgebra von B(C ) , die von der 0 1 Matrix a = erzeugt wird. 0 0 Korollar III.3.7. Ist A eine kommutative Banachalgebra mit Einselement, so ist der Spektralradius r: A → R+ eine stetige Halbnorm und es gilt rad(A) = {x ∈ A: r(x) = 0}. Beweis. Das folgt sofort aus r(x) = kb xk∞ ≤ kxk . Beispiel III.3.8. (a) Ist X ein kompakter Raum und A = C(X) , so ist ΓA = {δx : x ∈ X} (vgl. Beispiel III.2.1(d)) und die Gelfandtransformation ist gegeben durch fb(δx ) = f (x), wobei δx : f 7→ f (x) die Punktauswertung in x ∈ X ist. Die Gelfandtransformation C(X) → C(ΓA ) ∼ = C(X) ist also die Identität. Wir zeigen noch, daß X und ΓA sogar als topologische Räume isomorph sind. Aus der Definition der Topologie auf ΓA folgt, daß die Abbildung X → ΓA , x 7→ δx III. Spektraltheorie in Banachalgebren 71 stetig ist, denn alle Abbilungen x 7→ f (δx ) = f (x) sind auf X stetig. Weiter ist diese Abbildung bijektiv und X ist kompakt, also ist sie ein Homöomorphismus. (b) (Die Einpunktkompaktifizierung) Sei jetzt X lokalkompakt und A = C0 (X). Dann ist ΓA+ = X ∪ {ω} , wobei ω: A+ → C durch ω(f, λ) := λ definiert ist. Die Topologie auf ΓA+ macht die Menge Xω := X ∪ {ω} zu einem kompakten Raum. Da {ω} als kompakte Menge abgeschlossen ist, ist X ⊆ Xω offen. Wie unter (a) sehen wir ferner, daß die Abbildung η: X → Xω = ΓA+ , x 7→ δx stetig und injektiv ist. Wir behaupten, daß sie sogar offen, also eine Einbettung ist. Sei also O ⊆ X offen. Wir zeigen, daß η(O) ⊆ Xω offen ist. Sei dazu δy ∈ η(O) , d.h. y ∈ O . Mit dem Satz von Urysohn finden wir eine Funktion f : X → C mit f (y) = 1 deren Träger in O liegt. Dann ist die Menge {δz ∈ Xω : δz (f ) 6= 0} eine offene Umgebung von δy , die ganz in η(O) liegt. Folglich ist η(O) offen. Wir haben damit gezeigt, daß X → Xω eine offene Einbettung ist. Den kompakten Raum Xω nennt man Einpunktkompaktifizierung von X . In diesem Beispiel läßt sich leicht direkt nachprüfen, daß wir durch die Gelfanddarstellung eine Realisierung von C0 (X) als das Ideal {f ∈ C(Xω ): f (ω) = 0} von C(Xω ) bekommen. Ist z. B. X = N mit der diskreten Topologie, so ist Xω ∼ = {0} ∪ { n1 : n ∈ N} mit der von R induzierten Topologie (Übung). Die stetigen Funktionen auf diesem Raum entsprechen genau denjenigen Folgen, für die limn→∞ xn existiert, und c0 (N, C ) ∼ = C0 (X) ist hierin das Ideal der Nullfolgen. Ist X = Rn , so ist Xω ∼ = Sn = {x ∈ Rn+1 : kxk = 1} (Übung), d.h. C0 (Rn )+ ∼ = C(Sn ). (c) Für A = l1 (Z) sehen wir wie in (a) mit Beispiel III.2.2 und der Kompaktheit von T ∼ = S1 sogar im Sinn topologischer Räume gilt. Die Gelfand= S1 , daß ΓA ∼ Transformation ist in diesem Fall gegeben durch X x b(z) = xn z n . n∈Z (d) Für A = l1 (N0 ) erhalten wir wie in Beispiel III.2.2 ΓA ∼ = {z ∈ C : |z| ≤ 1} . Die Gelfand-Transformation ist in diesem Fall gegeben durch x b(z) = ∞ X xn z n . n=0 Man beachte, daß l1 (N0 ) ∼ = l1 (N)+ gilt, sowie Γl1 (N) ∼ = {z ∈ C : 0 < |z| ≤ 1} . Hier sieht man sehr schön, daß man durch Hinzunahme des Einselements die Einpunktkompaktifizierng der gelochten Scheibe, also den Vollkreis bekommt. 72 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 (e) Sei A = L1 (Rn ) . In diesem Fall ist ΓA ∼ = Rn und die Gelfand-Transformation stimmt mit der Fourier-Transformation überein: Z b f (y)eihx,yi dy. G(f )(x) = f (x) = Rn Was wir hierzu schon wissen ist, daß die Abbildung L1 (Rn ) → BC(Rn ), f 7→ fb ein kontraktiver Homomorphismus von Banach-∗ -Algebren ist. Insbesondere ist die so erhaltene Abbildung Rn → ΓA stetig. Um obige Behauptung zu beweisen, muß man etwas arbeiten. Wir lassen den Beweis zur Übung. Man gehe hierzu nach folgenden Schritten vor. (1) Sei δ1 ∈ Cc (Rn ) eine stetig R differenzierbare nichtnegative Funktion nmit kompaktem Träger und kδ1 k1 = Rn δ1 (x) dx = 1 . Wir setzen δm (x) = m δ1 (mx) . Dann gilt:R (i) δ (x) dx = 1 für alle m ∈ N . Rn m (ii) Für jedes r > 0 existiert ein mr ∈ N mit supp(δm ) = {x: δm (x) 6= 0} ⊆ Br (0) = {x: kxk ≤ r} für m ≥ mr . (iii) Für f ∈ Cc (Rn ) gilt δm ∗ f → f gleichmäßig. (iv) Für f ∈ L1 (Rn ) gilt δm ∗ f → f in L1 (Rn ) . Hinweis: Man verwende (i), (iii) und ein 3ε -Argument. (2) Sei jetzt χ ∈ ΓL1 (Rn ) . Zeige: (i) Für x ∈ Rn und f ∈ Cc (Rn ) sei (τx .f )(y) := f (y − x) . Dann ist τx (f ∗ h) = (τx .f ) ∗ h = f ∗ (τx .h). (ii) Für x ∈ Rn existiert α(x) := limm→∞ χ(τx .δm ) . Hinweis: χ(τx .δm )χ(f ) = χ(δm ∗ τx .f ) → χ(τx .f ). Also ist χ(τx .f ) = α(x)χ(f ) . (iii) α ist ein stetiger Gruppenhomomorphismus Rn → C × . Hinweis: Für f ∈ Cc (G) ist die Abbildung Rn → L1 (Rn ), x 7→ τx .f stetig. (iv) α(Rn ) ⊆ T. (3) Jetzt akzeptieren wir das folgende Faktum: Für jedes stetige lineare Funktional µ auf L1 (Rn ) und f ∈ L1 (Rn ) gilt Z µ(f ∗ g) = f (x)µ(τx .g) dx Rn für f, g ∈ Cc (Rn ) . Wenden wir dies auf χ an, so erhalten wir Z χ(f ) = lim χ(f ∗ δm ) = lim f (x)χ(τx .δm ) dx m→∞ m→∞ Rn Z Z = lim χ(δm ) f (x)α(x) dx = f (x)α(x) dx. m→∞ Rn | {z } Rn =α(0) III. Spektraltheorie in Banachalgebren 73 (4) Um ΓL1 (Rn ) = Rn zu sehen, bleibt nur noch zu zeigen, daß jeder stetige Charakter von Rn die Gestalt α(x) = eihx,yi für ein y ∈ Rn hat. Hierzu dürfen wir n = 1 annehmen (Warum?). (i) α ist differenzierbar. Hinweis: Berechne α ∗ δm und beachte, daß f ∗ δm → f auch für beschränkte stetige Funktionen f : Rn → C gilt. (ii) Für n = 1 genügt α einer linearen Differentialgleichung α0 (x) = 0 α0 (0)α(x) . Also ist α(x) = exα (0) . (5) Wegen (4) ist die Abbildung Rn → ΓA bijektiv. Wir wissen schon, daß sie stetig ist. Bleibt also zu zeigen, daß sie offen ist. Hierzu muß man sehen, daß die Topologie auf Rn die gröbste Topologie ist, die alle Funktionen fb, f ∈ L1 (Rn ), stetig macht. Hierzu berechne man die Fouriertransformierte der Funktionen fy (x) := e−hy,xi 0 für xj ≥ 0, j = 1, . . . , n , sonst die für y1 , . . . , yn > 0 Elemente von L1 (Rn ) darstellen. Nach der Diskussion dieser Beispiele, noch ein wichtiges Resultat, das wir jetzt leicht beweisen können. Satz von Wiener Satz III.3.9. he Hat die Funktion f ∈ C(T) eine absolut konvergente FourierreiX n∈Z fb(n)eint und ist f (z) 6= 0 für alle z ∈ T, so hat auch die Funktion z 7→ f (z)−1 eine absolut konvergente Fourierreihe. Beweis. Daß f eine absolut konvergente Fourierreihe hat, heißt gerade, daß f 1 (Z) ⊆ C(T) liegt. Wir können f daher als f = x in der Unteralgebra l[ b für eine 1 Folge x ∈ l (Z) schreiben. Nach Voraussetzung enthält f (T) = x b(T) = σ(x) nicht die 0 , d.h. x ist invertierbar. Damit ist aber f (z)−1 = (x−1 )b(z), und das war zu zeigen. Beispiel III.3.10. Sei A eine endlichdimensionale Algebra mit Eins, die von einem Element a erzeugt wird. Man kann A leicht zu einer Banachalgebra machen (Übung), aber das ist für die folgenden Betrachtungen sekundär. Wir betrachten die Algebra C [X] der Polynome in einer Unbestimmten X . Die Zuordnung X 7→ a definiert nun einen surjektiven Algebrahomomorphismus q: C [X] → A, p(X) 7→ p(a) . Der Kern dieses Homomorphismus ist ein Ideal in C [X] . Da C [X] ein Hauptidealring ist, ist der Kern von einem normierten 74 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Polynom f (X) erzeugt und wir haben A ∼ = C [X]/(f ) . Sind λ1 , . . . , λk die Nullstellen von f mit den Vielfachheiten m1 , . . . , mk , so ist f (X) = k Y (X − λj )mj . j=1 ∼ C ist, wobei einer komplexen Man sieht leicht ein, daß Hom(C [X], C ) = Zahl λ ∈ C der Homomorphismus δλ : p(X) 7→ p(λ) entspricht. Die Homomorphismen A → C entsprechen nun denjenigen Homomorphismen C [X] → C , die auf dem Kern von q verschwinden, also ΓA = {δ λ1 , . . . , δ λk }, δ λ (p(a)) = p(λ) = δλ (p) und daher C(ΓA ) ∼ = C k. Da es zu jeder Zahl λj ein Polynom gibt, das in ihr nicht verschwindet, aber in allen anderen Nullstellen von f , sehen wir, daß G: A → C k , p(a) 7→ (p(λ1 ), . . . , p(λk )) surjektiv ist. Der Kern, also rad(A) , kommt nun von denjenigen Polynomen, die in allen Nullstellen von p verschwinden, also die Gestalt (X − λ1 ) · · · (X − λk )g(X) besitzen (Übung). Hieraus schließen wir rad(A) = (a − λ1 1) · · · (a − λk 1)A. Das ist ein Ideal der Kodimension k in der Algebra A, die selbst die Dimension m1 + . . . + mk besitzt. Für f (X) = X m erhalten wir eine Basis von A durch die Elemente 1, a, . . . , am−1 , und es gilt am = 0 . In diesem Fall ist rad(A) = aA = span{a, . . . , am−1 } eine Hyperebene. Kommutative C ∗ -Algebren In diesem Abschnitt werden wir sehen, daß die Gelfandsche Darstellungstheorie für kommutative C ∗ -Algebren besonders wirkungsvoll ist. III. Spektraltheorie in Banachalgebren Lemma III.3.11. σ(a) ⊆ R . 75 Ist A eine C ∗ -Algebra und a ∈ A hermitesch, so haben wir Beweis. Wir dürfen o.B.d.A. annehmen, daß A ein Einselement hat (Satz III.1.21). Sei α + iβ ∈ σ(a) . Wir werden β = 0 zeigen. Für alle λ ∈ R ist α + i(β + λ) ∈ σ(a) + iλ = σ(a + iλ1) , so daß wir |α + i(β + λ)| ≤ ka + iλ1k aus Lemma III.1.18(ii) erhalten. Jetzt rechnen wir α2 + (β + λ)2 = |α + i(β + λ)|2 ≤ ka + iλ1k2 = k(a + iλ1)∗ (a + iλ1)k = ka2 + λ2 1k ≤ kak2 + λ2 . Hieraus erhalten wir für alle λ ∈ R α2 + β 2 + 2βλ ≤ kak2 , also β = 0 . Gelfandscher Darstellungssatz für C ∗ -Algebren b = ΓA , Theorem III.3.12. Ist A eine kommutative C ∗ -Algebra, so gilt A d.h. jeder Algebrahomomorphismus nach C ist automatisch mit der Involution verträglich. Die Gelfandtransformation G: A → C0 (ΓA ) ist ein Isomorphismus von C ∗ -Algebren. Insbesondere gilt also kb xk∞ = kxk Beweis. und c∗ . x b∗ = x Ist a ∈ A, so folgt kb ak∞ = r(a) = kak aus Lemma III.1.18(ii) und Theorem III.3.6, da A kommutativ und damit a normal ist. Weiter erhalten wir für a = a∗ aus Lemma III.3.11 wegen b a(ΓA ) ⊆ σ(a) , daß b a eine reellwertige Funktion ist. Für x = b + ic mit hermiteschen Elementen b, c folgt hieraus c∗ = bb − ib x c=x b=x b∗ . Also ist die Gelfandtransformation sogar ein Homomorphismus involutiver Algebren. Es bleibt noch die Surjektivität zu zeigen. Da die Gelfandtransformation isometrisch ist, ist G(A) ⊆ C0 (ΓA ) vollständig, also eine abgeschlossene Unteralgebra. Weiter ist G(A) unter komplexer Konjugation invariant, wegen ΓA ⊆ A0 trennt sie die Punkte von ΓA , und wegen 0 6∈ ΓA hat sie keine gemeinsamen Nullstellen. Aus dem Satz von Stone-Weierstraß (Theorem III.3.13(ii) unten) folgt hiermit G(A) = C0 (ΓA ) . 76 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Satz von Stone-Weierstraß Theorem III.3.13. (i) Ist X kompakt und A ⊆ C(X) eine C ∗ -Unteralgebra, d.h. eine abgeschlossene ∗ -Unteralgebra, die die Punkte trennt, so ist A = C(X) oder A = {f ∈ C(X): f (x0 ) = 0} für ein x0 ∈ X . (ii) Ist X lokalkompakt und A ⊆ C0 (X) eine abgeschlossene ∗-Unteralgebra, die die Punkte trennt und keine gemeinsamen Nullstellen hat, so ist A = C0 (X). Beweis. (i) [Neu90, S.52] (ii) Ist Xω = X ∪ {ω} die Einpunktkompaktifizierung von X , so können wir (i) auf A ⊆ C0 (X) ⊆ C(Xω ) anwenden, da A die Punkte von Xω trennt und nur die Nullstelle ω hat. Beispiel III.3.14. Der Gelfandsche Darstellungssatz hat interessante Konsequenzen, denn er liefert nicht nur die Einsicht, daß ein kompakter Raum X wegen X = ΓC(X) schon eindeutig durch die C ∗ -Algebra C(X) bestimmt ist, sondern er impliziert auch für jeden topologischen Raum X die Existenz eines kompakten Raumes βX mit BC(X) ∼ = C(βX). Dieser Raum hat die Eigenschaft, daß man eine natürliche stetige Abbildung η: X → βX, x 7→ δx hat, so daß βX = η(X) gilt (Beweis!). Man nennt βX die Stone-Čech-Kompaktifizierung von X . Ist X eine Menge, so ist l∞ (X) ebenfalls ein C ∗ -Algebra. Fassen wir X als diskreten topologischen Raum auf, so ist l∞ (X) = BC(X) und in diesem Sinne liefert die Stone-Čech-Kompaktifizierung βX einen kompakten Raum mit l∞ (X) ∼ = C(βX) . III.4. Stetiger Funktionalkalkül für normale Operatoren Man kann den Gelfandschen Darstellungssatz auch anwenden, um kommutative Unteralgebren von C ∗ -Algebren zu studieren. Satz III.4.1. Sei a ein normales Element der C ∗ -Algebra A mit Eins und C ∗ (a) die kleinste abgeschlossene Unteralgebra, die a und 1 enthält. Dann ist C ∗ (a) ∼ = C σ(a) im Sinne von C ∗ -Algebren, wobei das Element a der Funktion idσ(a) entspricht. Insbesondere ist C ∗ (a) kommutativ. Beweis. Aus C ∗ (a) = span{an (a∗ )m : n, m ∈ N} III. Spektraltheorie in Banachalgebren 77 folgt sofort wegen der Stetigkeit der Multiplikation, daß C ∗ (a) kommutativ und unter der Involution invariant ist. Also ist C ∗ (a) eine kommutative C ∗ -Algebra. Nach dem Gelfandschen Darstellungssatz (Theorem III.3.12) haben wir ∗ C (a) ∼ = C(X) für einen kompakten Raum X . Das Element a entspricht dann einer Funktion b a auf X , die die C ∗ -Algebra C(X) erzeugt. Wir zeigen, daß die Abbildung b a: X → b a(X) = σC ∗ (a) (a) ein Homöomorphismus ist. Da C(X) die Punkte von X trennt und von b a erzeugt wird, trennt die Funktion b a: X → C schon die Punkte von X , d.h. b a ist injektiv. Da X kompakt ist, folgt hieraus aber schon die Behauptung. Es bleibt nur noch σ(a) = σC ∗ (a) (a) = b a(X) zu zeigen. Die Inklusion σ(a) ⊆ σC ∗ (a) (a) folgt aus Lemma III.1.14. Um die umgekehrte Inklusion zu zeigen, nehmen wir an, daß ein λ ∈ σC ∗ (a) (a) \ σ(a) existiert. Dann existiert b := (a − λ1)−1 ∈ A. Sei m > kbk und f ∈ C σC ∗ (a) (a) mit f (λ) = m und |f (z)(z − λ)| ≤ 1 für alle z ∈ σC ∗ (a) (a) , z.B. f (z) := m max(0, 1 − m|λ − z|). So eine Funktion findet man zum Beispiel, wenn man die Werte von f in [0, m] 1 wählt und f außerhalb des Kreises vom Radius m um λ verschwindet. Sei Φ: C b a(X) → A die Einbettung von oben. Mit g(z) := f (z)(λ − z) erhalten wir dann m ≤ kf k∞ = kΦ(f )k = kΦ(f )(a − λ1)bk = kΦ(g)bk ≤ kΦ(g)k · kbk = kgk∞ · kbk ≤ kbk, im Widerspruch zur Wahl von m . Korollar III.4.2. Ist A eine C ∗ -Algebra mit Einselement, B eine C ∗ Unteralgebra mit Einselement und a ∈ B normal, so ist σB (a) = σA (a). Beweis. Sei C ∗ (a) die von a und a∗ erzeugte abgeschlossene Unteralgebra von B . Mit Lemma III.1.14 und Satz III.4.1 erhalten wir dann σA (a) ⊆ σB (a) ⊆ σC ∗ (a) (a) = σA (a). Hieraus folgt die Behauptung. Korollar III.4.3. Ist H ein Hilbertraum und A ∈ B(H) normal, so existiert eine isometrische Einbettung von C ∗ -Algebren Φ: C σ(A) → B(H) mit Φ(idσ(A) ) = A. ∗ Beweis. Das folgt sofort aus Satz III.4.1, da die C -Unteralgebra, die von A ∗ und A erzeugt wird, zu C σ(A) isomorph ist. 78 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Bemerkung III.4.4. Man kann diesen Satz so interpretieren, daß man für jede stetige Funktion f auf dem Spektrum von A einen Operator f (A) so definieren kann, daß die Zuordnung Φ: C σ(A) → B(H), f 7→ f (A) ein injektiver Homomorphismus von C ∗ -Algebren wird. Insbesondere gilt dann f (A) ◦ g(A) = (f · g)(A) und f (A) = f (A)∗ . Weiter erhalten wir sofort den Spektral-Abbildungssatz σ f (A) = f σ(A) aus σ f (A) = σ Φ(f ) = σ C σ(A) (f ) = f σ(A) . Bemerkung III.4.5. Um zu sehen, welche Wünsche der stetige Spektralkalkül für beschränkte Operatoren offen läßt, diskutieren wir ein Beispiel. Sei dazu (ej )j∈J eine ONB des Hilbertraums H und x: J → C , j 7→ xj eine beschränkte Funktion. Wir behaupten, daß durch A.v := X xj hv, ej iej j∈J auf H ein normaler Operator mit σ(A) = x(J) definiert wird. In der Tat ist die Reihe, die A definiert, wegen kA.vk2 = X |xj hv, ej i|2 ≤ j∈J X |xj |2 |hv, ej i|2 ≤ kxk2∞ kvk2 j∈J für jedes v ∈ H konvergent und es gilt kAk ≤ kxk∞ . Wegen A∗ .v := X xj hv, ej iej j∈J is A normal. Jede Zahl xj ist wegen A.ej = xj ej ein Eigenwert. Also ist σ(A) ⊇ x(J). Ist λ 6∈ x(J) , so ist (A − λ1).v = X j∈J (xj − λ)hv, ej iej III. Spektraltheorie in Banachalgebren 79 und folglich (A − λ1)−1 .v = X (xj − λ)−1 hv, ej iej j∈J ein beschränkter Operator. Weiter überzeugt man sich davon, daß für f ∈ C σ(A) die Beziehung f (A).v = X f (xj )hv, ej iej j∈J gilt. Das zeigt man zuerst für Polynome in A und A∗ durch Nachrechnen und dann durch Grenzübergang (Approximationssatz von Weierstraß). Ist E ⊆ C eine abgeschlossene Teilmenge, so heißt der Operator X PE .v := hv, ej iej xj ∈E Spektralprojektor zu der Menge E . Dies ist eine Orthogonalprojektion, die mit A vertauscht, und die Eigenschaften hat, daß σ(A |PE .H ) = E ∩ x(J) ⊆ E gilt. Der Operator PE filtert also aus H genau den Teil heraus, auf dem das Spektrum von A in der Menge E liegt. Nun wäre es schön, wenn man PE als f (A) für eine Funktion f ∈ C σ(A) darstellen könnte. Wie wir oben gesehen haben müßte eine solche Funktion die Eigenschaft haben, daß f (xj ) = 1 0 für xj ∈ E für xj ∈ 6 E. Damit wäre f eine {0, 1} -werige Funktion auf σ(A) , also σ(A) = f −1 (0) ∪ f −1 (1) eine Zerlegung in disjunkte gleichzeitig offene und abgeschlossene Teilmengen. Ist also E∩σ(A) nicht gleichzeitig offen und abgeschlossen in σ(A) , so existiert keine Funktion f mit den gewünschten Eigenschaften. Möchte man also mehr oder sogar alle Spektralprojektionen als Funktionen von A schreiben, so wird man die Klasse der stetigen Funktionen verlassen müssen. Dies werden wir im nächsten Kapitel tun. Die wesentlichen Hilfsmittel hierzu werden von der Maßtheorie bereitgestellt. 80 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Das Schursche Lemma für unendlichdimensionale Räume Wir können an dieser Stelle eine weitere Lücke schließen, die sich in Abschnitt I.4 aufgetan hat. Dort haben wir gezeigt, daß jede endlichdimensionale irreduzible Darstellung einer abelschen involutiven Halbgruppe eindimensional ist. Wie wir jetzt sehen werden, war die Einschränkung auf endlichdimensionale Räume unnötig. Lemma von Schur Satz III.4.6. Eine Darstellung (π, H) der involutiven Halbgruppe S ist genau dann irreduzibel, wenn π(S)0 = C 1 gilt. Beweis. Ist (π, H) nicht irreduzibel, so existiert ein echter invarianter abgeschlossener Unterraum E . Dann ist PE ∈ π(S)0 (Lemma I.2.6) kein Vielfaches von 1. Damit ist gezeigt, daß aus π(S)0 = C 1 die Irreduzibilität der Darstellung folgt. Sei die Darstellung nun irreduzibel und A ∈ π(S)0 . Wir schreiben A = B + iC mit hermiteschen Operatoren B, C . Wegen π(S)∗ = π(S ∗ ) = π(S) ist auch π(S)0 eine ∗ -Unteralgebra, also B, C ∈ π(S)0 . Enthält σ(B) zwei verschiedene Punkte λ 6= µ, so finden wir auf σ(B) zwei stetige Funktionen f, h mit f (λ) = 1 , h(µ) = 1 und f · h = 0 (Satz von Urysohn). Damit ist auch f (B) ◦ h(B) = (f · h)(B) = 0. Da π(S)0 eine C ∗ -Algebra ist (Lemma I.4.7), gilt h(B) ∈ π(S)0 . Damit ist h(B).H invariant unter A, wegen der Irreduzibilität also h(B).H dicht in H . Aus f (B)h(B) = 0 folgt damit f (B) = 0 , im Widerspruch zu f 6= 0 und der Tatsache, daß der Homomorphismus C σ(B) → B(H), f 7→ f (B) isometrisch ist (Korollar III.4.3). Folglich ist σ(B) = {λ} für ein λ ∈ R . Also ist C σ(B) eindimensional, und mit Korollar III.4.3 erhalten wir C B = C 1, d.h. B ∈ R1. Analog gilt C ∈ R1, also A ∈ C 1. Korollar III.4.7. Jede irreduzible Darstellung (π, H) einer abelschen involutiven Halbgruppe ist eindimensional. Beweis. In diesem Fall gilt π(S) ⊆ π(S)0 = C 1 nach dem Schurschen Lemma. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 81 Korollar III.4.8. Ist (π, H) eine irreduzible Darstellung der involutiven Halbgruppe S , so ist span π(S) eine stark dichte Unteralgebra von B(H). Beweis. Nach dem Schurschen Lemma ist π(S)00 = (C 1)0 = B(H). Die Behauptung folgt also aus dem von Neumannschen Bikommutantensatz (Theorem I.4.8). Aufgaben zu Kapitel III Aufgabe III.1. (Spektren in Funktionenalgebren) Zeige, daß folgende Funktionenräume Banachalgebren sind und bestimme jeweils das Spektrum ihrer Elemente. (1) X ein kompakter Raum, A := C(X, C ) der Raum der stetigen komplexwertigen Funktionen mit kf k = sup |f (X)|. (2) Jede kompakte Teilmenge von C ist Spektrum eines Elements einer Banachalgebra. (3) X ⊆ C eine kompakte Teilmenge und H(X, C ) := {f ∈ C(X, C ): f |X 0 holomorph}. In diesem Fall ist kf k = sup |f (X)| = sup |f (∂X)| Hinweis: Maximum-Prinzip für holomorphe Funktionen. Aufgabe III.2. In einer reellen Banachalgebra A mit Eins kann das Spektrum σ(a) := {λ ∈ R: a − λ1 6∈ A× } leer sein. Finde ein Beispiel. Aufgabe III.3. Sei A eine Banachalgebra mit Eins und B ⊆ A eine abgeschlossene Unteralgebra mit 1 ∈ B . Zeige: Für jedes Element b ∈ B ist σB (b) ⊇ σA (b) . Im allgemeinen gilt keine Gleichheit (siehe Aufgabe III.4). Aufgabe III.4. (Abhängigkeit der Spektren von der Algebra) Seien X1 ⊆ X2 ⊆ C zwei kompakte Teilmengen mit ∂X2 ⊆ X1 . Zeige: (1) Die Einschränkungsabbildung R: H(X2 , C ) ,→ H(X1 , C ), f 7→ f |X1 (Aufg. III.1) ist isometrisch. Wir dürfen H(X2 , C ) daher als abgeschlossene Unteralgebra von H(X1 , C ) auffassen. (2) Ist X1 6= X2 , so existiert ein Element f ∈ H(X2 , C ) , das in H(X1 , C ) invertierbar ist, aber nicht in H(X2 , C ) . Insbesondere ist σH(X2 ,C ) (f ) 6= σH(X1 ,C ) (f ). Hinweis: Betrachte Funktionen des Typs f (z) = z − p , p ∈ X2 \ X1 . 82 Aufgabe III.5. III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Sei A eine Algebra mit 1 und x, y ∈ A. Zeige: σ(xy) \ {0} = σ(yx) \ {0}. Hinweis: Ist z = (λ1 − xy)−1 , so zeige man λ−1 (1 + yzx) = (λ1 − yx)−1 . Aufgabe III.6. Für zwei Elemente p, q einer Banach-Algebra mit 1 gilt nie die Beziehung [p, q] := pq − qp = 1, d.h. 1 ist nie ein Kommutator. Aufgabe III.7. Ist (gn )n∈N eine Folge von invertierbaren Elementen in der Banachalgebra A , die gegen ein nicht invertierbares Element x konvergiert, so ist lim supn∈N kgn−1 k unbeschränkt. Hinweis: Ist die Folge (gn−1 ) beschränkt, so konvergiert 1 − gn−1 x gegen 0, und hieraus schließt man auf die Invertierbarkeit von x. Aufgabe III.8. (Endlichdimensionale zyklische Algebren) Sei A eine endlichdimensionale komplexe Algebra mit Eins, die von einem Element a ∈ A erzeugt wird. Zeige: (1) Es existiert eine Norm auf A, die A zu einer Banachalgebra macht und für die k1k = 1 gilt. (2) Es existiert ein Polynom f (X) ∈ C [X] mit A ∼ = C [X]/(f ) , wobei (f ) = f (X)C [X] das von f erzeugte Hauptideal bezeichnet. (3) Beschreibe alle Ideale I von A . Welche sind maximal? Aufgabe III.9. (Einpunktkompaktifizierung) Sei X ein lokalkompakter Raum. Wir bilden die disjunkte Vereinigung Xω := X ∪ {ω} . (1) Sei O die Menge aller Teilmengen von Xω , die entweder offene Teilmengen von X sind oder Komplemente kompakter Teilmengen von X . Dann ist (Xω , O) ein kompakter topologischer Raum. Man nennt Xω die Einpunktkompaktifizierung von X . (2) C0 (X) ∼ = {f ∈ C(Xω ): f (ω) = 0} . (3) Ist Y ein kompakter Raum, der einen Punkt η enthält, so daß Y \ {η} homöomorph zu X ist, so ist Y homöomorph zu Xω . Einpunktkompaktifizierungen sind also bis auf Homöomorphie eindeutig. (4) Beschreibe den Raum Nω ? (5) Für X = Rn ist Xω ∼ = Sn (Stereographische Projektion). Aufgabe III.10. Sei B eine Banachalgebra mit Eins, X ein kompakter Raum und A := C(X, B) . Zeige: (1) A ist eine Banachalgebra bzgl. kf k := sup{kf (x)k: x ∈ X} . (2) A× = C(X, B × ) . S (3) Für f ∈ A ist σ(f ) = x∈X σ(f (x)) . (4) Für jede Menge X ist der Raum l∞ (X, B) aller beschränkter Funktionen f : X → B ebenfalls eine Banachalgebra bzgl. kf k := sup{kf (x)k: x ∈ X} . S (5) Für f ∈ l∞ (X, B) ist x∈X σ(f (x)) ⊆ σ(f ) . III. Spektraltheorie in Banachalgebren 83 (6) ∗ Finde ein Beispiel für eine Funktion f ∈ l∞ (X, B) für die [ σ(f ) 6= σ(f (x)) x∈X ist. Hinweis: Man betrachte X = N , B = B(l2 (N)) und eine Funktion f für die f (n)n = 0 gilt und die Folge k(1 − f )(n)−1 k unbeschränkt ist. Aufgabe III.11. Sei A eine C ∗ -Algebra. Ein Element a ∈ A heißt positiv, wenn es hermitesch ist und σ(a) ⊆ R gilt. (1) Beschreibe die positiven Elemente in C0 (X) , X lokalkompakt. (2) Für jedes positive Element a ∈ A existiert genau ein positives Element b ∈ A mit b2 = a. (3) Jedes positive Element ist von der Gestalt bb∗ , b ∈ A. (4) Zu jedem hermiteschen Elememt a existieren eindeutig bestimmte positive a+ , a− ∈ A mit a = a+ − a− und a+ a− = a− a+ = 0. (5) a = a∗ ∈ A ist genau dann positiv, wenn ka − kak1k ≤ kak gilt. (6) Aus a ≥ 0 und b ≥ 0 folgt a + b ≥ 0 . Hinweis: Es gilt kc − (kak + kbk)1k ≤ kak + kbk . (7) Die Menge aller positive Elemente in A ist ein abgeschlossener konvexer Kegel. Aufgabe III.12. (Zwei Beispiele von Funktoren) Sein f : A → B ein Homomorphismus kommutativer Banachalgebren mit Eins. Zeige: (1) Γ(f ): ΓB → ΓA , χ 7→ χ ◦ f ist eine stetige Abbildung kompakter Räume und es gelten Γ(idA ) = idΓA und Γ(f ◦ g) = Γ(g) ◦ Γ(f ). Man nennt die Zuordnung Γ daher einen kontravarianten Funktor von der Kategorie der kommutativen Banachalgebren mit Eins in die Kategorie der kompakten Räume. (2) Ist ϕ: X → Y eine stetige Abbildung kompakter Räume, so ist C(ϕ): C(Y ) → C(X), f 7→ f ◦ ϕ ein Homomorphismus von C ∗ -Algebren und es gelten C(idX ) = idC(X) und C(ϕ ◦ ψ) = C(ψ) ◦ C(ϕ). (3) Schränken wir Γ auf kommutative C ∗ -Algebren ein, so gilt: C ◦ Γ(A) ∼ =A und Γ ◦ C(X) ∼ =X für jede kommutative C ∗ -Algebra A und jeden kompakten Raum X . (4) Eine stetige Abbildung ϕ: X → Y ist genau dann injektiv (surjektiv), wenn C(ϕ): C(Y ) → C(X) surjektiv (injektiv) ist. Hinweis: Fortsetzungssatz von Tietze. 84 III. Spektraltheorie in Banachalgebren 15.2.2002 Aufgabe III.13. Ist A eine C ∗ -Algebra und I ⊆ A ein ∗-invariantes Ideal, so ist A/I eine C ∗ -Algebra. Aufgabe III.14. Sei X ein kompakter Raum und I ⊆ C(X) ein ∗-invariantes abgeschlossenes Ideal. Zeige: Es existiert eine abgeschlossene Teilmenge Y ⊆ X mit I = {f ∈ C(X): f |Y = 0}. Hinweis: Wende den Gelfandschen Darstellungssatz auf die C ∗ -Algebra A := C(X)/I an. Hinweis: Aufgabe III.12. Aufgabe III.15. (a) Sei X ein topologischer Raum und A ⊆ BC(X) eine abgeschlossene involutive Unteralgebra. Zeige, daß die Abbildung η: X → ΓA , η(x)(f ) = f (x) stetig ist mit dichtem Bild, d.h. η(X) = ΓA . Hinweis: Gelfandscher Darstellungssatz (b) Für jeden topologischen Raum hat die Abbildung X → βX := ΓBC(X) in die Stone-Čech-Kompaktifizierung dichtes Bild. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 85 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren In diesem Kapitel wenden wir uns dem meßbaren Spektralkalkül für normale Operatoren zu. Wir wollen also einen normalen Operator a auf einem Hilbertraum in eine meßbare Funktion f : σ(a) → C einsetzen, so daß die Zuordnung f 7→ f (a) ein Homomorphismus von Algebren wird. Wir gehen hierzu wie folgt vor. Im ersten Abschnitt besprechen wir den Rieszschen Darstellungssatz, der für einen lokalkompakten Raum X eine Charakterisierung derjenigen linearen Funktionale auf dem Raum Cc (X) der stetigen Funktionen mit kompaktem Träger liefert, die sich durch Integration bzgl. einem Borelmaß auf X darstellen lassen. Im zweiten Abschnitt werden wir diesen Satz mit dem Gelfandschen Darstellungssatz für kommutative C ∗ -Algebren kombinieren und erhalten so die Existenz eines Spektralmaßes P auf dem Spektrum σ(a) für jeden normalen Operator a auf einem Hilbertraum, so daß P (idσ(a) ) = a gilt. Dieses Resultat ist der Spektralsatz für normale Operatoren. Das zugehörige Spektralintegral L∞ (σ(a), P ) → A, f 7→ P (f ) liefert dann den meßbaren Spektralkalkül. Schließlich werden wir im dritten Abschnitt den Spektralsatz auf unbeschränkte selbstadjungierte Operatoren erweitern, nachdem wir uns mit den Grundlagen der Theorie unbeschränkter Operatoren auf einem Hilbertraum vertraut gemacht haben. IV.1. Der Rieszsche Darstellungssatz In diesem Abschnitt legen wir die maßtheoretischen Grundlagen für den meßbaren Spektralkalkül für normale Operatoren, den wir in Abschnitt IV.2 behandeln werden. Definition IV.1.1. Sei X ein lokalkompakter Raum. Ein positives RadonMaß auf X (auch Radonintegral genannt) ist ein lineares Funktional µ: Cc (X) := Cc (X, C ) → C auf der involutiven Algebra Cc (X) der stetigen Funktionen f mit kompaktem Träger supp(f ) := {x ∈ X: f (x) 6= 0} 86 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 für das µ(f ) ≥ 0 für f ≥ 0 gilt. Im allgemeinen nennt man ein lineares Funktional f : A → C auf einer involutiven Algebra A positiv, wenn f (a∗ a) ≥ 0 für alle a ∈ A gilt. In diesem Sinn sind die Radon-Maße genau die positiven Funktionale auf Cc (X) bzgl. der Involution f ∗ (x) = f (x) . Ist speziell X kompakt, so ist Cc (X) = C(X) eine C ∗ -Algebra. Ein positives Radon-Maß auf X mit µ(1) = 1 heißt Radonsches Wahrscheinlichkeitsmaß. Der folgende Satz stellt einen Bezug zu der Radon-Integrationstheorie auf kompakten bzw. lokalkompakten Räumen her. Rieszscher Darstellungssatz für positive Maße Theorem IV.1.2. Sei X ein lokalkompakter Raum und B(X) die σ -Algebra der borelschen Teilmengen von X , d.h., die σ -Algebra, die von den offenen Teilmengen erzeugt wird. (a) Ist ν ein positives Maß auf B(X) mit ν(K) < ∞ für alle kompakten Mengen K , so ist das Integral Z µ: Cc (X) → C , f 7→ µ(f ) := f dν X ein positives Radon-Maß auf X . (b) Zu jedem positiven Radonmaß µ auf Cc (X) existiert ein Borel-Maß ν auf X , das durch folgende Eigenschaften eindeutig bestimmt ist: R (i) µ(f ) = X f (x) dν(x) für alle f ∈ Cc (X). (ii) ν(K) < ∞ für jede kompakte Teilmenge K ⊆ X . (iii) (Äußere Regularität) Für jede Borelmenge E ⊆ X ist ν(E) = inf{ν(U ): E ⊆ U, U offen}. (iv) Ist E ⊆ X offen oder E eine Borelmenge mit ν(E) < ∞, so gilt ν(E) = sup{ν(K): K ⊆ E, K kompakt}. Beweis. (a) Zuerst erinnern wir uns daran, daß aus der Definition der borelschen Teilmengen folgt, daß jede stetige Funktion meßbar ist. Sei der Träger supp(f ) enthalten in der kompakten Teilmenge K . Dann ist |f | ≤ kf k∞ χK und damit ist Z |f | dν ≤ kf k∞ ν(K) < ∞. X Also ist f ∈ L1 (X, ν) . Die Behauptung folgt nun sofort aus der Positivität des Maßes ν . (b) Der einfachere Teil ist die Eindeutigkeit. Wegen (iii) und (iv) ist ν eindeutig durch seine Werte auf den kompakten Mengen bestimmt, denn aus (iv) erhält man die Werte auf den offenen Mengen und durch (iii) dann die Werte auf allen IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 87 Borelmengen. Seien also ν1 und ν2 Maße, die (i)-(iv) erfüllen und K ⊆ X kompakt. Wir haben nur ν1 (K) = ν2 (K) zu zeigen. Sei dazu ε > 0 . Wegen (iii) existiert eine offene Menge U ⊇ K mit ν2 (U ) ≤ ν2 (K) + ε . Mit dem Satz von Urysohn finden wir nun ein f ∈ Cc (X, [0, 1]) mit f |K = 1 und supp(f ) ⊆ U . Damit ist Z Z Z ν1 (K) = χK (x) dν1 (x) ≤ f (x) dν1 (x) = µ(f ) = f (x) dν2 (x) X X X Z ≤ χU (x) dν2 (x) = ν2 (U ) ≤ ν2 (K) + ε. X Da ε beliebig war, folgt ν1 (K) ≤ ν2 (K) und aus Symmetriegründen Gleichheit. Hiermit ist die Eindeutigkeit von ν schon gezeigt. Ebenso haben wir schon gesehen, daß (ii) aus (i) folgt. Wir kommen zur Existenz. Für eine offene Teilmenge U ⊆ X setzen wir ν(U ) := sup{µ(f ): supp(f ) ⊆ U, 0 ≤ f ≤ 1} und beachten, daß ν(U1 ) ≤ ν(U2 ) für U1 ⊆ U2 dann trivialerweise gilt. Hieraus folgt insbesondere (1.1) ν(E) = inf{ν(U ): E ⊆ U, U offen} für alle offenen Teilmengen E ⊆ X . Folglich können wir ν(E) für eine beliebige Teilmenge E ⊆ X durch (1.1) definieren. Für den etwas technischeren Rest des Beweises verweisen wir auf [Ru86] Rudin, W., “Real and Complex Analysis,” McGraw Hill, 1986 . Die Eigenschaft (iv) aus dem Rieszschen Darstellungssatz drückt man auch so aus, daß man sagt, die offenen Mengen und die Mengen mit endlichem Maß seien von innen regulär. Man nennt ν ein reguläres Maß, wenn alle Borelmengen von außen und alle offenen Mengen von innen regulär sind. Ist dies der Fall, so zeigt eine leichte Modifikation des folgenden Beweises, daß auch jede meßbare Menge endlichen Maßes von innen regulär ist. In schönen“ Räumen ” wie abgeschlossenen oder offenen Teilmengen von Rn folgt die Regularität automatisch aus (b), wie der folgende Satz zeigt. Satz IV.1.3. Ist X ein lokalkompakter Raum in dem jede offene Teilmenge eine Vereinigung von abzählbar vielen kompakten Teilmengen ist, so ist jedes positive Borel-Maß ν auf X mit ν(K) < ∞ für jede kompakte Teilmenge K regulär. R Beweis. Zunächst wird durch µ(f ) := X f (x) dν(x) ein positives Funktional auf Cc (X) definiert. Sei ν 0 das Borel-Maß aus dem Rieszschen Darstellungssatz (Theorem IV.1.2). Wir zeigen ν = ν 0 . S∞ Sei dazu V ⊆ X offen. Nach Voraussetzung ist V = j=1 Kj mit einer Folge (Kj )j∈N kompakter Teilmengen Kj ⊆ V . Mit dem Satz von Urysohn 88 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 finden wir fj ∈ Cc (X, [0, 1]) mit fj | Kj = 1 und supp(fj ) ⊆ V . Sei gn := max(f1 , . . . , fn ) . Dann ist gn ∈ Cc (X) und die Funktionenfolge gn konvergiert monoton gegen χV . Aus dem Satz von der monotonen Konvergenz folgt also (1.2) Z Z Z ν(V ) = lim n→∞ gn (x) dν(x) = lim X gn (x) dµ(x) = n→∞ X χV (x) dµ(x) = µ(V ). X Sei jetzt E ⊆ X eine Borelmenge und ε > 0 . Wir zeigen die Existenz einer abgeschlossenen Menge F undSeiner offenen Menge U mit F ⊆ E ⊆ U ∞ und µ(U \ F ) < ε. Hierzu sei X = j=1 Qj mit kompakten Mengen Qj ⊆ X . Dann ist µ(E ∩Qj ) < ∞ für alle j und nach Theorem IV.1.2 existiert eine offene Teilmenge Uj ⊇ E ∩ Qj mit ε µ(Uj ) ≤ µ(E ∩ Qj ) + j+1 . 2 S∞ S Sei U := j=1 Uj . Dann ist U ⊇ E = j (E ∩ Qj ) , U \E ⊆ ∞ [ j=1 Uj \ (Qj ∩ E) und folglich µ(U \ E) ≤ 2ε . Wenden wir dies auf das Komplement E c von E an, so finden wir eine offene Menge W ⊇ E c mit µ(W \ E c ) ≤ 2ε . Für F := X \ W = W c ist dann W c ⊆ E mit E \ F = W \ E c . Also ist µ(U \ F ) ≤ ε . Insbesondere haben wir damit µ(U ) ≤ µ(E) + ε . Da U \ F offen ist, folgt ν(U \ E) ≤ ν(U \ F ) = µ(U \ F ) ≤ ε aus (1.2), also auch ν(U ) ≤ ν(E) + ε . Damit ist ν(E) ≤ ν(U ) = µ(U ) ≤ µ(E) + ε und µ(E) ≤ µ(U ) = ν(U ) ≤ ν(E) + ε, somit |µ(E) − ν(E)| ≤ ε und schließlich ν(E) = µ(E) , da ε beliebig war. Es bleibt zu zeigen, daß µ von innen regulär ist. Ist E ⊆ X eine Borelmenge und ε > 0 , so finden wir wie oben eine abgeschlossene Teilmenge S∞ F ⊆ ES mit µ(E \ F ) ≤ ε . Aus F = n=1 Fn mit den kompakten Mengen n Fn := j=1 (F ∩ Qj ) folgt nun µ(Fn ) → µ(F ) . Also ist sup{µ(K): K ⊆ E, K kompakt} ≥ µ(E) − ε. Da ε beliebig war, folgt die Behauptung. Bemerkung IV.1.4. Wendet man obige Sätze auf das Riemann-Integral µ n auf dem Raum Cc (R ) der stetigen Funktionen mit kompaktem Träger auf Rn an, so liefert uns der Rieszsche Darstellungssatz das Lebesgue-Maß auf B(Rn ) . Dieser Zugang ist eine Alternative zu dem Beweis der Existenz des Lebesgueschen Maßes über den Hahnschen Fortsetzungssatz. Der folgende Satz zeigt, daß man die Räume L2 (X, µ) auch als Vervollständigung von Cc (X)/N bekommt, wobei N = {f ∈ Cc (X): kf k22 = µ(f f ) = 0}. Da diese Definition ohne Maßtheorie auskommt, ist es oft direkter, diese Räume so zu definieren. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 89 Satz IV.1.5. Ist µ ein Radon-Maß auf dem lokalkompakten Raum X , so ist Cc (X) dicht in L2 (X, µ) bzw. L2 (X, µ). Beweis. Da nach Theorem II.1.5 die integrablen Stufenfunktionen in L2 (X, µ) dicht liegen, reicht es aus, die charakteristischen Funktionen χE mit µ(E) < ∞ durch Funktionen in Cc (X) zu approximieren. Da jede Borelmenge endlichen Maßes von innen regulär ist, dürfen wir sogar annehmen, daß E kompakt ist. Wegen der Regularität von außen finden wir eine offene Menge E ⊆ U ⊆ X mit µ(U \ E) < ε . Weiter finden wir mit dem Satz von Urysohn eine stetige Funktion f ∈ Cc (X) mit f (X) ⊆ [0, 1] , f |E = 1 und supp(f ) ⊆ U . Damit ist Z Z 2 2 kf − χE k2 = |f (x) − χE (x)| dµ(x) = |f (x)|2 dµ(x) ≤ µ(U \ E) < ε. U \E X Lemma IV.1.6. Ist µ ein reguläres Borel-Maß auf dem Raum R lokalkompakten 2 2 X und f ∈ L (X, µ), so ist auch das durch µf (E) := E |f (x)| dµ(x) definierte Maß regulär. Beweis. Sei E ⊆ X eine Borelmenge. Wir haben zu zeigen, daß E von außen regulär ist. Hierzu dürfen wir o.B.d.A. µ(E) < ∞ annehmen. Sei ε > 0 . Für n ∈ N sei Fn := {x ∈ X: |f (x)| ≥ n}. Dann folgt aus dem Satz der Monotonen Konvergenz Z |f (x)|2 dµ(x) → 0, µf (Fn ) = Fn T da n Fn eine µ-Nullmenge ist. Ist nun V ⊇ E offen mit µ(V ) ≤ µ(E) + δ , so erhalten wir µf (V \ E) = µf (V ∩ Fn ) \ E + µf (V \ Fn ) \ E ≤ µf (Fn ) + µf (V \ Fn ) \ E ≤ ε + δn2 < 2ε, wenn wir n so groß wählen, daß µf (Fn ) < ε ist und δ so, daß δn2 < ε ist. Damit ist µf (V \ E) ≤ 2ε . Hiermit haben wir die äußere Regularität von E gezeigt. Sei nun U ⊆ X offen. Dann ist µf (U ) ≤ kf k22 < ∞ und man argumentiert für die innere Regularität wie oben. IV.2. Spektralsätze für beschränkte normale Operatoren In diesem Abschnitt werden wir einen Spektralsatz für beschränkte normale Operatoren ableiten. Da jeder solche Operator a ∈ B(H) zusammen mit 1 eine kommutative C ∗ -Unteralgebra C ∗ (a) ⊆ B(H) erzeugt, betrachten wir zunächst den allgemeinen Fall von Darstellungen kommutativer Banach-∗-Algebren. Lemma IV.2.1. Ist (vn )n∈N eine Folge in einem Hilbertraum, die schwach gegen v ∈ H konvergiert und gilt weiter kvn k → kvk, so gilt vn → v . Beweis. Es ist kv − vn k2 = kvk2 + kvn k2 − 2 Rehv, vn i → 2kvk2 − 2 Rehv, vi = 0. 90 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Spektralsatz für kommutative Banach- ∗ -Algebren Theorem IV.2.2. Sei A eine kommutative Banach- ∗ -Algebra mit Eins. Dann gilt: b → PH ein Spektralmaß auf A, b so wird durch a 7→ P (b (i) Ist P : B(A) a) eine Darstellung von A auf H mit π(1) = 1 definiert. (ii) Ist (π, H) eine Darstellung von A mit π(1) = 1, so existiert genau ein b mit π(a) = P (b Spektralmaß P auf A a) für alle a ∈ A, so daß alle Maße v P , v ∈ H , regulär sind. b a 7→ b Beweis. (i) Da die Gelfandtransformation A → C(A), a ein Homomorphismus von Banach- ∗ -Algebren mit Eins ist, und ebensolches für die Abbildung b P ) → B(H), f 7→ P (f ) gilt (Satz II.2.7), ist die Komposition π dieser beiL∞ (A, den Homomorphismen eine Darstellung der Banach- ∗ -Algebra A mit π(1) = 1. b annehmen dürfen. Sei dazu B := π(A) . (ii) Wir zeigen zuerst, daß wir A = C(A) Dann ist B eine abgeschlossene kommutative Unteralgebra von B(H) , also eine kommutative C ∗ -Algebra und π: A → B ein Homomorphismus von Banach-∗b ist nun π ∗ (χ) := χ ◦ π ∈ A b und somit ist die Abbildung Algebren. Für χ ∈ B b→A b stetig, da für alle a ∈ A die Funktion χ 7→ π ∗ (χ)(a) = χ π(a) stetig π∗ : B b wird also durch π ist. Für f ∈ C(A) e(f )(χ) := f π ∗ (χ) ein Homomorphismus b → C(B) b ∼ C(A) = B mit π e(b a)(χ) = b a π ∗ (χ) = π ∗ (χ)(a) = χ π(a) b∼ b dürfen wir somit für a ∈ A definiert, d.h. es gilt π e(b a) = π(a). Wegen A = C(A)b A = C(X) für einen kompakten Raum X annehmen. Wir zeigen zuerst die Eindeutigkeit. Seien P und Pe Spektralmaße mit den gewünschten Eigenschaften. Für v ∈ H erhalten wir zwei positive Maße P v und b mit Pev auf A Z Z v hπ(a).v, vi = hP (b a).v, vi = b a(χ) dP (χ) = b a(χ) dPev (χ) b b A A für alle a ∈ A. Aus dem Rieszschen Darstellungssatz folgt nun P v = Pev aus der geforderten Regularität (Theorem IV.1.2). Da P (E) eindeutig durch die Zahlen P v (E) = hP (E).v, vi bestimmt ist (Lemma I.1.3), folgt hieraus die Eindeutigkeit von P . Jetzt zeigen wir die Existenz. Hierzu zerlegen wir die Darstellung (π, H) zunächst mittels Satz I.2.14 in eine direkte Summe zyklischer Darstellungen (πj , Hj ), j ∈ J . Man beachte hierzu, daß (π, H) wegen π(1) = 1 nicht entartet ist. Haben wir für jedes j ∈ J ein Spektralmaß mit der gewünschten Eigenschaft gefunden, so definieren wir P (E).v := Pj (E).vj für v = (vj )j∈J in H . Dann ist P (E)∗ = P (E) = P (E)2 , so daß P (E) tatsächlich eine orthogonale Projektion ist (vgl. Satz I.3.8). Weiter gilt P (X) = 1. Für eine disjunkte Folge (En )n∈N von Borelmengen in X beachten wir zunächst, daß P (En )P (Em ) = 0 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren für n 6= m gilt. Damit ist die Folge P (En ).v Daher gilt kP (E).vk2 = X kPj (E).vj k2 = j∈J = XX kPj (En ).vj k2 = n∈N j∈J lim k n→∞ = für alle v ∈ H orthogonal. kPj (En ).vj k2 n X X kP (En ).vk2 , n∈N P (Em ).vk2 = kP (E).vk2 m=1 und hP (E).v, wi = n∈N j∈J n∈N XX d.h. 91 X hPj (E).vj , wj i = j∈J ∞ X X ∞ XX hPj (En ).vj , wj i j∈J n=1 ∞ X hPj (En ).vj , wj i = n=1 j∈J hP (En ).v, wi, n=1 wobei die Vertauschbarkeit der Summationen jeweils aus der absoluten Summierbarkeit folgt. Mit Lemma IV.2.1 folgt nun lim n→∞ n X P (Em ).v = P (E).v, m=1 d.h. P ist ein Spektralmaß. Wir dürfen somit annehmen, daß die Darstellung (π, H) von A = C(X) zyklisch ist. Es existiert also ein v ∈ H , so daß der Unterraum π(A).v dicht in H ist. Nun ist π v : C(X) → C , f 7→ hπ(f ).v, vi ein positives Funktional und läßt sich mit dem Rieszschen Darstellungssatz durch ein Borel-Maß P v auf X in dem Sinne darstellen, daß v π (f ) = Z f (χ) dP v (χ) X für alle f ∈ C(X) gilt und P v regulär ist. Hierbei beachte man, daß P v wegen kvk2 = π v (1) = P v (X) ein endliches Maß ist. Als nächstes zeigen wir H ∼ = L2 (X, P v ). Hierzu betrachten wir die Abbile C(X) → H, a 7→ π(a).v . Dann ist dung Φ: e e hΦ(a), Φ(b)i = hπ(a).v, π(b).vi = hπ(ab∗ ).v, vi Z v ∗ = π (ab ) = a(x)b(x) dP v (x) = h[a], [b]iL2 (X,P v ) . X 92 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Die Zuordnung [a] → π(a).v ist folglich wohldefiniert und liefert eine isometrische Abbildung Φ: [C(X)] := {[a]: a ∈ C(X)} → π(A).v ⊆ H. Da [C(X)] nach Satz IV.1.5 in L2 (X, P v ) dicht ist, setzt sich Φ zu einer Isometrie Φ: L2 (X, P v ) → H fort. Wegen der Dichtheit von π(A).v in H ist das Bild dieser Isometrie dicht, also ganz H , da Bilder von Isometrien abgeschlossen sind. Folglich ist Φ unitär. ∞ 2 v Sei ρ: L (X) → B L (X, P ) die Darstellung, die wir mit Lemma II.2.2 und Satz II.2.7 erhalten. Für a, b ∈ A haben wir dann π(a)Φ([b]) = π(a)π(b).v = π(ab).v = Φ([ab]) = Φ(ρ(a).[b]). Wegen der Dichtheit von [C(X)] ⊆ L2 (X, P v ) folgt hieraus, daß Φ ein Vertauschungsoperator für die Darstellungen ρ und π von A ist. Wir dürfen daher o.B.d.A. H = L2 (X, P v ) annehmen. Sei P (E).[f ] = [χE f ] das Spektralmaß auf L2 (X, P v ) aus Lemma II.2.2. Für a ∈ A haben wir dann P (a) = ρ(a) wegen Beispiel II.2.9. Es bleibt damit nur noch zu zeigen, daß die Maße E 7→ µ[f ] (E) = hP (E).[f ], [f ]i = h[χE f ], [f ]i = Z |f (x)|2 dP v (x) E regulär sind. Dies folgt aber aus Lemma IV.1.6. Wir haben in dem Beweis von Theorem IV.2.2 sogar viel mehr gezeigt: Korollar IV.2.3. Eine Darstellung (π, H) einer kommutativen Banach∗-Algebra A mit Eins ist genau dann zyklisch, wenn ein Radon-Maß µ auf 2 b b A existiert, so daß (π, H) äquivalent zu der Darstellung πµ , L (A, µ) mit πµ (a).[f ] = [b a · f ] ist. Beweis. Wir zeigen zuerst, daß die Darstellung πµ zyklisch ist. Daß so in der Tat eine Darstellung definiert wird, folgt aus dem Beweis von Theorem IV.2.2. b ein endliches Maß ist, ist 1 ∈ L2 (A, b µ) . Da µ wegen der Kompaktheit von A Weiter ist πµ (A).[1] = {[b a]: a ∈ A} . Nach dem Satz von Stone-Weierstraß ist b b µ) , G(A) ⊆ C(A) dicht, folglich wegen Satz IV.1.5 auch πµ (A).[1] dicht in L2 (A, d.h. πµ ist eine zyklische Darstellung. Ist umgekehrt (π, H) eine zyklische Darstellung von A, so haben wir im Beweis von Theorem IV.2.2 gesehen, daß sie zu einer Darstellung der Gestalt πµ äquivalent ist. Lemma IV.2.4. Sei P : S → PH ein Spektralmaß und (fn )n∈N eine Folge in L∞ (X) mit sup{kfn k∞ : n ∈ N} < ∞ und fn → f punktweise. Dann gilt P (fn ).v → P (f ).v für alle v ∈ H . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren Beweis. 93 Aus dem Satz von der majorisierten Konvergenz folgt kP (fn ).vk2 = hP (|fn |2 ).v, vi = P v (|fn |2 ) → P v (|f |2 ) = kP (f ).vk2 und hP (fn ).v, vi = P v (fn ) → P v (f ) = hP (f ).v, vi. Die Polarisierungsidentität liefert weiter 3 1X hP (fn ).v, wi = hP (fn ).(v + ik w), v + ik wi 4 k=0 3 1X → hP (f ).(v + ik w), v + ik wi = hP (f ).v, wi. 4 k=0 für alle v, w ∈ H , also die schwache Konvergenz P (fn ).v → P (f ).v für jedes v ∈ H . Die Behauptung folgt hiermit aus Lemma IV.2.1. Spektralsatz für normale Operatoren Theorem IV.2.5. Sei T ∈ B(H) ein normaler Operator. Dann existiert genau ein Spektralmaß P : B σ(T ) → PH mit T = P (id). Weiter gilt: (i) T ist genau dann hermitesch, wenn σ(T ) ⊆ R ist. (ii) T ist genau dann unitär, wenn σ(T ) ⊆ S1 ist. (iii) Für λ ∈ σ(T ) ist P ({λ}) die orthogonale Projektion auf den Eigenraum zum Eigenwert λ . Insbesondere ist P ({λ}) 6= 0 äquivalent dazu, daß λ ein Eigenwert von T ist. Beweis. Sei A := C ∗ (T ) die von 1 und T erzeugte C ∗ -Unteralgebra von B(H) , die wegen der Normalität von T kommutativ ist. Dann ist A ∼ = C σ(A) (Satz III.4.1) und wir können Theorem IV.2.2 anwenden. Hierbei beachten wir, daß die endlichen Maße P v auf σ(T ) wegen Satz IV.1.3 automatisch regulär sind. (i), (ii) Das folgt sofort aus der Übertragung der entsprechenden Eigenschaften ∗ ∼ auf die Algebra C (T ) = C σ(T ) . (iii) Es folgt aus der Definition eines Spektralmaßes, daß P ({λ}) eine orthogonale Projektion ist. Für v = P ({λ}).w ist T.v = P (id)P ({λ}).w = P (id ·χ{λ} ).w = P (λχ{λ} ).w = λP (χ{λ} ).w = λP ({λ}).w = λv. Also besteht das Bild von P ({λ}) aus Eigenvektoren zum Eigenwert λ . Ist umgekehrt T.v = λv , so gilt P (T ).v = f (T ).v = f (λ)v für alle f ∈ C σ(T ) . Sei fn : σ(T ) → [0, 1] eine Folge stetiger Funktionen, die punktweise gegen χ{λ} konvergiert, z.B. fn (z) = max(1 − n|z − λ|, 0). Dann folgt P ({λ}).v = lim P (fn ).v = lim fn (λ)v = v n→∞ aus Lemma IV.2.4. n→∞ 94 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Beispiel IV.2.6. (vgl. Bemerkung III.4.5) Ist (λn )n∈N eine beschränkte Folge in C , H ein Hilbertraum mit der ONB (en )n∈N und T.v = X λn hv, en ien , n∈N so ist σ(T ) = {λn : n ∈ N}. Sei Pen ∈ PH die orthogonalePProjektion auf den Unterraum C en . Aus Theorem IV.2.5(iii) folgt P ({λ}) = λn =λ Pen . Hiermit sieht man nun, daß das Spektralmaß auf σ(T ) gegeben ist durch P (E) = X Pen . λn ∈E Ist man primär an dem Spektralsatz für hermitesche Operatoren auf Hilberträumen interessiert, so kann man auch direktere Wege gehen, als wir das gemacht haben. Ziel hierbei ist, daß man jeden hermiteschen Operator in stetige bzw. meßbare Funktionen auf dem Spektrum einsetzen kann. Für den direkten Zugang verweisen wir auf [We95]. IV.3. Unbeschränkte Operatoren und Spektralmaße In diesem Abschnitt wenden wir uns unbeschränkten Operatoren auf Hilberträumen zu. Unser Ziel ist der Spektralsatz für unbeschränkte selbstadjungierte Operatoren und seine Konsequenzen für die unitäre Darstellungstheorie von R . Unbeschränkte Operatoren Wir stellen zuerst die wichtigsten Definitionen über unbeschränkte Operatoren zusammen. Definition IV.3.1. (a) Seien H1 , H2 Hilberträume. Ein Operator T von H1 nach H2 ist eine lineare Abbildung eines Teilraums D(T ) ⊆ H1 nach H2 . Sind T, S Operatoren von H1 nach H2 , so schreiben wir T ⊆ S falls D(T ) ⊆ D(S) und S eine Fortsetzung von T ist. Mit unbeschränkten Operatoren kann man nun nicht mehr so einfach rechnen wie mit beschränkten. Sind T, S Operatoren von H1 nach H2 und a ∈ C , so definieren wir: (1) aT durch D(aT ) := D(T ) und (aT ).v = aT.v falls a 6= 0 , und 0T := 0 mit D(0) = H1 . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 95 (2) D(T + S) := D(T ) ∩ D(S) mit (T + S).v := T.v + S.v für v ∈ D(T + S) . (3) Ist S ein Operator von H2 nach H3 , so definieren wir D(S ◦ T ) := T −1 D(S) und (S ◦ T ).v := S T.v . (b) Ein Operator T heißt dicht definiert, wenn D(T ) ein dichter Unterraum von H ist. Für einen dicht definierten Operator T ist der adjungierte Operator definiert durch D(T ∗ ) := {x ∈ H2 : (y 7→ hT.y, xi) stetig } und durch hT.y, xi = hy, T ∗ .xi für y ∈ D(T ), x ∈ D(T ∗ ). Hierbei folgt die Existenz des Vektors T ∗ .x ∈ H1 aus dem Satz von Riesz-Fischer, den wir auf das stetige lineare Funktional y 7→ hT.y, xi auf H1 anwenden. (c) Ein Operator T : D(T ) → H in H heißt (1) hermitesch, wenn hT.x, yi = hx, T.yi für x, y ∈ D(T ) gilt. (2) symmetrisch, wenn T hermitesch und dicht definiert ist. Das ist genau dann der Fall, wenn T dicht definiert ist und T ⊆ T ∗ gilt. (3) selbstadjungiert, wenn T dicht definiert ist und T = T ∗ gilt. (d) Ein Operator T von H1 nach H2 heißt abgeschlossen, wenn sein Graph Γ(T ) := {(x, T.x) ∈ H1 × H2 : x ∈ D(T )} ein abgeschlossener Unterraum von H1 × H2 ist. Beispiel IV.3.2. (a) Sei H ein Hilbertraum mit der ONB (en )n∈N . Für eine Folge (xn )n∈N definieren wir einen Operator T auf H durch D(T ) := span{en : n ∈ N} und X T.v = xn hv, en ien . n∈N Damit ist T ein dicht definierter Operator. Wir können also seinen adjungierten Operator berechnen. Die Bedingung, daß die Abbildung D(T ) → C , y 7→ hT.y, vi = X xn hy, en ihen , vi n∈N stetig ist, ist äquivalent zu an P n∈N |xn |2 · |hv, en i|2 < ∞. Hierzu erinnern wir uns l2 (N, C )0 ∼ = l2 (N, C ). Damit ist n o X 2 2 D(T ) = v ∈ H: |xn | · |hv, en i| < ∞ ∗ n∈N 96 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 und T ∗ .v = X xn hv, en ien . n∈N Wir sehen also, daß T genau dann symmetrisch ist, wenn alle Zahlen xn reell sind. Wendet man die gleiche Argumentation auf T ∗ an, so erhalten wir D(T ∗ ) = D(T ∗∗ ) und X T ∗∗ .v = xn hv, en ien . n∈N Der Operator T ∗∗ ist also eine Fortsetzung von T . Wir werden in Lemma IV.3.3 unten sehen, daß dies ein allgemeines Phänomen ist. (b) Wir betrachten den Hilbertraum H = L2 (R) und den Operator Q mit D(Q) := Cc (R) (die stetigen Funktionen mit kompaktem Träger) und (Q.f )(x) = xf (x). Dann ist Q dicht definiert (Satz IV.1.5) und für f, h ∈ D(Q) gilt hQ.f, hi = hf, Q.hi. Also ist Q ein symmetrischer Operator. Für f ∈ H ist die Abbildung D(Q) → C , h 7→ hQ.h, f i = Z xh(x)f (x) dx R genau dann stetig, wenn x 7→ xf (x) quadratintegrierbar ist (Satz von RieszFischer; Übung). Also haben wir Z n o 2 2 2 D(Q ) = f ∈ L (R): |x| |f (x)| dx < ∞ ∗ mit (Q∗ .f )(x) = xf (x). R In diesem Fall gilt Q∗ = Q∗∗ , d.h. Q∗ ist selbstadjungiert. (c) Wir betrachten wieder den Hilbertraum H = L2 (R) und den Operator P mit D(P ) := Cc1 (R) (die stetig differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger) und P.f = if 0 . Dann ist P dicht definiert (Übung) und für f, h ∈ D(P ) gilt hP.f, hi = Z 0 if (x)h(x) dx = R Z f (x)ih0 (x) dx = hf, P.hi, R nach der Produktregel, da für ein ausreichend großes R die Beziehung Z R 0 (if h) (x) dx = Z R (if h)0 (x) dx = if (R)h(R) − if (−R)h(−R) = 0 −R gilt. Also ist P ein symmetrischer Operator. In diesem Fall ist es etwas schwieriger, den Definitionsbereich des adjungierten Operators zu berechnen. Man kann aber auch in diesem Fall zeigen, daß P ∗ = P ∗∗ gilt. D.h. P ∗ ist eine selbstadjungierte Fortsetzung von P . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 97 Lemma IV.3.3. Für einen dicht definierten Operator T von H1 nach H2 gilt: (i) Der Operator T ∗ von H2 nach H1 ist abgeschlossen. (ii) Ist T ∗ dicht definiert, so gilt T ⊆ T ∗∗ . (iii) Gilt T ⊆ S , so ist S ∗ ⊆ T ∗ . Beweis. (i) Sei (yn , T ∗ .yn ) → (y, x) in H1 × H2 . Wir haben y ∈ D(T ∗ ) und T ∗ .y = x zu zeigen. Für alle v ∈ D(T ) ist hT.v, yi = lim hT.v, yn i = lim hv, T ∗ .yn i = hv, xi. n→∞ n→∞ Damit ist y ∈ D(T ∗ ) sowie T ∗ .y = x. (ii) Ist x ∈ D(T ) und y ∈ D(T ∗ ) , so ist hT.x, yi = hx, T ∗ .yi. Also ist x ∈ D(T ∗∗ ) mit T ∗∗ .x = T.x. (iii) folgt sofort aus der Definition von S ∗ . Satz IV.3.4. Seien T1 : H1 → H2 und T2 : H2 → H3 dicht definiert. Dann gelten folgende Aussagen: (i) Ist D(T2 T1 ) dicht, so ist T1∗ T2∗ ⊆ (T2 T1 )∗ . (ii) Für T2 ∈ B(H2 , H3 ) ist (T2 T1 )∗ = T1∗ T2∗ . Beweis. (i) Da D(T2 T1 ) dicht ist, ist der adjungierte Operator (T2 T1 )∗ definiert. Für x ∈ D(T2 T1 ) und y ∈ D(T1∗ T2∗ ) = (T2∗ )−1 D(T1∗ ) ist hT2 T1 .x, yi = hT1 .x, T2∗ .yi = hx, T1∗ T2∗ .yi, da x ∈ D(T1 ) , T1 .x ∈ D(T2 ) und T2∗ .y ∈ D(T1∗ ). Damit ist (i) gezeigt. (ii) Sei jetzt T2 ein beschränkter Operator und y ∈ D (T2 T1 )∗ . Dann ist D(T2∗ ) = H3 und somit für x ∈ D(T1 ) = D(T2 T1 ) : hT1 .x, T2∗ .yi = hT2 T1 .x, yi = hx, (T2 T1 )∗ .yi. Also ist T2∗ .y ∈ D(T1∗ ) sowie T1∗ T2∗ .x = (T2 T1 )∗ .x. Das war zu zeigen. Spektralintegrale unbeschränkter Funktionen In diesem Unterabschnitt dehnen wir das Spektralintegral zu einem Spektralmaß P auf einem meßbaren Raum (X, S) auf unbeschränkte meßbare Funktionen auf X aus. Satz IV.3.5. Sei P ein Spektralmaß auf (X, S), f : X → C meßbar und D(f ) := {v ∈ H: f ∈ L2 (X, P v )} für Dann gelten folgende Aussagen: (1) Ist f beschränkt, so ist D(f ) = H . (2) D(f ) ist ein Untervektorraum von H . P v (E) = hP (E).v, vi = kP (E).vk2 . 98 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 (3) Für jedes v ∈ D(f ) ist die Abbildung ϕv : L∞ (X, P ) ⊆ L2 (X, P v ) → H, h 7→ P (h).v isometrisch bzgl. k · k2 und läßt sich zu einer isometrischen Abbildung ϕv : L2 (X, P v ) → H fortsetzen. Durch P (f ).v := ϕv (f ) wird dann eine lineare Abbildung P (f ): D(f ) → H definiert. (4) D(f ) = D(f ) und hP (f ).v, wi = hv, P (f ).wi für v, w ∈ D(f ). (5) Für E ∈ S ist P (E)D(f ) ⊆ D(f ) ⊆ D(χE f ) und (6) (7) (8) (9) P (f )P (E).v = P (E)P (f ).v = P (χE f ).v für v ∈ D(f ). R hP (f ).v, P (h).vi = X f h dP v für v ∈ D(f ) ∩ D(h). Für a ∈ C ist D(f ) ⊆ D(af ) und P (af ).v = aP (f ).v für v ∈ D(f ). D(f ) ∩ D(h) ⊆ D(f + h) und P (f + h).v = P (f ).v + P (h).v für v ∈ D(f ) ∩ D(h). D(hf ) ∩ D(f ) = P (f )−1 D(h) und für v ∈ D(hf ) ∩ D(f ) gilt P (hf ).v = P (h)P (f ).v. Beweis. (1) Sei v ∈ H . Das Maß P v ist endlich mit P v (X) = kP (X).vk2 = kvk2 . Also ist jede beschränkte meßbare Funktion f ∈ L∞ (X) in L2 (X, P v ) enthalten. (2) Seien v, w ∈ D(f ) . Aus der Parallelogrammgleichung erhalten wir P v+w (E) = kP (E).v + P (E).wk2 ≤ 2kP (E).vk2 + 2kP (E).wk2 = 2P v (E) + 2P w (E), also P v+w ≤ 2P v + 2P w und daher v + w ∈ D(f ) . Wegen P λv = |λ|2 P v für λ ∈ C ist damit klar, daß D(f ) ein Unterraum von H ist. (3) Für jede beschränkte meßbare Funktion h: X → C haben wir Z 2 2 kϕv (h)k = kP (h).vk = |h(x)|2 dP v = khk22 X (Bemerkung II.2.8). Hieraus folgt die Isometrie von ϕv und damit die Fortsetzbarkeit zu einer isometrischen linearen Abbildung ϕv : L2 (X, P v ) → H . Für jedes f ∈ L2 (X, P v ) und jede Folge beschränkter Funktionen (fn )n∈N , die in L2 (X, P v ) gegen f konvergiert, haben wir dann ϕv (f ) = lim ϕv (fn ) = lim P (fn ).v. n→∞ n→∞ Hieraus folgt sofort, daß die Abbildung P (f ) : D(f ) → H, v 7→ ϕv (f ) 99 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren als punktweiser Grenzwert linearer Abbildungen linear ist. (4) Die Beziehung D(f ) = D(f ) ist klar. Seien v, w ∈ D(f ) , also f ∈ L2 (X, P v ) ∩ L2 (X, P w ) = L2 (X, P v + P w ) . Für jede beschränkte meßbare Funktion h auf X ist dann hϕv (h), wi = hP (h).v, wi = hv, P (h)∗ .wi = hv, P (h).wi = hv, ϕw (h)i. Da beide Seiten für feste v, w ∈ D(f ) stetig bzgl. k · k2 sind, folgt die entsprechende Relation für f anstatt h aus der Stetigkeit der Abbildungen ϕv und ϕw auf L2 (X, P v + P w ) . (5) Seien v ∈ D(f ) und E ∈ S. Aus Bemerkung II.2.8 erhalten wir nun Z Z 2 P (E).v |f (x)| dP = |χE f (x)|2 dP v ≤ kf k22 . X X Also ist P (E).D(f ) ⊆ D(f ) ⊆ D(χE f ) und sogar D(χE f ) = P (E)−1 D(f ) . Alles weitere folgt aus ϕv (χE h) = P (χE h).v = P (E)P (h).v = P (h)P (E).v für h ∈ L∞ (X, P ) und der Stetigkeit von ϕv . (6) Sei v ∈ D(f )∩D(h) , d.h. f, h ∈ L2 (X, P v ) . Da die Abbildung ϕv isometrisch ist, erhält sie insbesondere Skalarprodukte. Also ist Z hP (f ).v, P (h).vi = hϕv (f ), ϕv (h)i = hf, hiL2 (X,P v ) = f h dP v . X (7) ist trivial. (8) Die Beziehung D(f ) ∩ D(h) ⊆ D(f + h) folgt daraus, daß L2 (X, P v ) für v ∈ D(f ) ∩ D(h) ein Vektorraum ist. Aus der Linearität von ϕv folgt nun P (f + h).v = P (f ).v + P (h).v . (9) Sei v ∈ D(f ) . Dann ist wegen (6) die Beziehung P (f ).v ∈ D(h) äquivalent zu Z Z 2 P (f ).v |h| dP = |f |2 |h|2 dP v < ∞ X X (Bemerkung II.2.8). Dies bedeutet gerade v ∈ D(f h) und daher D(f h) = P (f )−1 D(h) . Sei jetzt v ∈ D(f h) ∩ D(f ) . Wir haben (3.1) ϕv (hf ) = P (h).ϕv (f ) = P (h)P (f ).v zu zeigen. Ist h0 beschränkt, so ist die Abbildung f 7→ h0 f auf L2 (X, P v ) stetig und für beschränkte f 0 ist ϕv (h0 f 0 ) = P (h0 )P (f 0 ).v . Aus der Stetigkeit beider Seiten in f folgt daher (3.1) mit h0 an Stelle von h . Die Abbildung ϕP (f ).v ist stetig auf L2 (X, P P (f ).v ) = L2 (X, |f |2 P v ) und die linke Seite h0 7→ ϕv (h0 f ) von (3.1) ebenfalls, da die Multiplikation h0 7→ h0 f, L2 (X, |f |2 P v ) → L2 (X, P v ) stetig ist. Hieraus folgt die Gleichheit beider Seiten in h . Im folgenden Satz verbinden wir die Einsichten aus Satz IV.3.5 mit der Theorie unbeschränkter Operatoren. 100 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Satz IV.3.6. Sei (X, S) ein meßbarer Raum und P : S → PH ein Spektralmaß. Dann gelten folgende Aussagen: (i) Für jede meßbare Funktion f : X → C ist P (f ) dicht definiert. (ii) P (f )∗ = P (f ). (iii) Ist |f (x)| = 1 für alle x ∈ X , so ist P (f ) unitär. (iv) Ist f (X) ⊆ R , so ist P (f ) selbstadjungiert. Beweis. (i) Sei En := {x ∈ X: |f (x)|S≤ n} für n ∈ N . Dann ist P (En ).H ⊆ ∞ D(f ) (Satz IV.3.5(5)), und wegen X = n=1 En haben wir v = limn→∞ P (En ).v für alle v ∈ H (Satz II.2.3(iv)). Also ist der Unterraum D(f ) dicht. (ii) Sei x ∈ D(f ) und y ∈ D(f ) = D(f ) . Nach Satz IV.3.5(4) ist dann ∗ hP (f ).x, yi = hx, P (f ).yi. Damit ist y ∈ D P (f ) und P (f ) ⊆ P (f )∗ . Wir haben also noch zu zeigen, daß jedes Element z ∈ D P (f )∗ auch in D(f ) liegt. Sei χEn die charakteristische Funktion der Menge En . Aus dem Beweis von (i) erhalten wir, daß der Operator P (f )P (En ) = P (f )P (χn ) auf ganz H definiert ist und mit P (χEn f ) übereinstimmt. Wegen Satz IV.3.4(i) haben wir daher ∗ P (χEn )P (f )∗ ⊆ P (f )P (χEn ) = P (f χEn )∗ = P (f χEn ). Sei v := P (f )∗ .z . Dann ist P (En ).v = P (χEn ).v = P (χEn )P (f )∗ .z = P (f χEn ).z und folglich Z En 2 z |f | dP = Z |f (x)χEn (x)|2 dP z (x) X = kP (f χEn ).zk2 = kP (En ).vk2 ≤ kvk2 . Nach dem Satz von der monotonen Konvergenz ist f ∈ L2 (X, P z ) , d.h. z ∈ D(f ) = D(f ) . (iii) folgt aus (ii) wegen f f = 1 . (iv) folgt aus (i) und (ii) wegen f = f . Die Cayley-Transformation Eine wichtige Methode zum Studium von unbeschränkten selbstadjungierten Operatoren auf Hilberträumen ist die Cayley-Transformation: c: R → S1 \ {1}, t 7→ t−i . t+i Ist A ∈ B(H) ein beschränkter hermitescher Operator, so folgt aus c(R) ⊆ S1 und Satz III.5.5(iii) angewandt auf das Spektralmaß von A, daß c(A) = (A − i1)(A + i1)−1 ein unitärer Operator ist. Wir möchten diese Korrespondenz auf symmetrische Operatoren und Isometrien ausweiten. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 101 Satz IV.3.7. Sei T ein symmetrischer Operator auf dem Hilbertraum H mit Definitionsbereich D(T ). Dann gilt: (i) kT.x + ixk2 = kT.xk2 + kxk2 für x ∈ D(T ). (ii) T ist genau dann abgeschlossen, wenn R(T + i1) abgeschlossen ist. (iii) T + i1 ist injektiv. (iv) Gilt R(T + i1) = H , so hat T keine echten symmetrischen Fortsetzungen. (v) Die Aussagen (i)-(iv) bleiben richtig, wenn man i durch −i ersetzt. Beweis. (i) Das folgt aus kT.x + ixk2 = kT.xk2 + kxk2 − ihT.x, xi + ihx, T.xi = kT.xk2 + kxk2 . (ii) Wegen (i) ist die Abbildung R(T + i1) → Γ(T ), (T + i1).x 7→ (x, T.x) isometrisch. Hieraus folgt die Behauptung. (iii) Klar wegen (i). (iv) Sei T1 eine echte symmetrische Fortsetzung von T . Dann ist auch T1 + i1 eine echte Fortsetzung von T + i1. Wegen der Surjektivität von T + i1 kann T1 + i1 unter diesen Umständen nicht mehr injektiv sein, im Widerspruch zu (iii). (v) Klar. Lemma IV.3.8. Für einen dicht definierten Operator T von H nach H gilt N (T ∗ ) = R(T )⊥ . Insbesondere gilt für λ ∈ C die Beziehung N (T ∗ + λ) = R(T + λ1)⊥ . Beweis. Wegen (T + λ1)∗ = T ∗ + λ1 (Nachweis!), folgt der zweite Teil aus dem ersten. Ist x ∈ N (T ∗ ) und y = T.v , so haben wir hx, yi = hx, T.vi = hT ∗ .x, yi = 0. Damit ist “ ⊆” gezeigt. Ist umgekehrt x ∈ R(T )⊥ , so gilt für v ∈ D(T ) 0 = hx, T.vi = hx, T.vi. Also ist x ∈ D(T ∗ ) mit T ∗ .x = 0 , d.h. x ∈ N (T ∗ ) . Satz IV.3.9. Für einen symmetrischen Operator T sind äquivalent: (1) T ist selbstadjungiert. (2) T ist abgeschlossen und T ∗ ± i1 ist injektiv. (3) R(T ± i1) = H . 102 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Beweis. (1) ⇒ (2): Nach Lemma IV.3.3(i) ist T abgeschlossen, da T = T ∗ gilt. Da T symmetrisch ist, folgt die Injektivität von T ∗ ± i1 = T ± i1 aus Satz IV.3.7(iii). (2) ⇒ (3): Aus Satz IV.3.7(ii),(v) folgt die Abgeschlossenheit von R(T ± i1) und aus Lemma IV.3.8 die Dichtheit. Also ist T ± i1 surjektiv. (3) ⇒ (1): Wegen T ⊆ T ∗ haben wir nur T ∗ ⊆ T zu zeigen. Sei y ∈ D(T ∗ ) . Mit (3) finden wir ein x ∈ D(T ) mit (T ∗ − i1).y = (T − i1).x. Wegen T ⊆ T ∗ ist dann (T ∗ − i1).y = (T ∗ − i1).x, also x = y , da T ∗ − i1 nach Lemma IV.3.8 injektiv ist. Lemma IV.3.10. Sei U : D(U ) → H ein isometrischer Operator von H nach H . Dann gilt: (i) Für x, y ∈ D(U ) ist hU.x, U.yi = hx, yi. (ii) Ist R(1 − U ) dicht, so ist 1 − U injektiv. (iii) Ist einer der Räume D(U ), R(U ), Γ(U ) abgeschlossen, so auch die anderen beiden. Beweis. (i) Das folgt sofort aus der Polarisierungsidentität. (ii) Sei x ∈ D(U ) mit (1 − U ).x = 0 , d.h. U.x = x. Für y ∈ D(U ) haben wir dann hx, (1 − U ).yi = hx, yi − hx, U.yi = hU.x, U.yi − hx, U.yi = hU.x − x, U.yi = 0. Da das Bild von 1 − U dicht ist, folgt hieraus x = 0. (iii) Da U isometrisch ist, ist D(U ) genau dann abgeschlossen, wenn R(U ) abgeschlossen ist. Ist dies der Fall, so ist U : D(U ) → R(U ) eine stetige Abbildung zwischen Banachräumen, so daß Γ(U ) wegen dem Satz vom abgeschlossenen Graphen (vgl. [FA]) abgeschlossen ist. Ist andererseits Γ(U ) abgeschlossen, so ist Γ(U ) vollständig. Sei xn ∈ D(U ) mit xn → x. Dann ist (xn , U.xn ) eine Cauchy-Folge in Γ(U ) , also konvergent, und somit x ∈ D(U ) . Definition IV.3.11. Sei T ein symmetrischer Operator in H . Aus Satz IV.3.7(i) wissen wir, daß kT.x + ixk2 = kT.xk2 + kxk2 = kT.x − ixk2 für alle x ∈ D(T ) gilt. Also wird durch T.x + ix 7→ T.x − ix eine Isometrie R(T + i1) → R(T − i1) definiert. Da (T + i1)−1 den Raum R(T + i1) bijektiv auf D(T + i1) = D(T ) abbildet, ist obige Isometrie im Sinne unbeschränkter Operatoren gegeben durch c(T ) := (T − i1)(T + i1)−1 mit D(c(T )) = R(T + i1). Der Operator c(T ) heißt Cayley-Transformierte von T . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 103 Lemma IV.3.12. Für einen symmetrischen Operator T ist die Cayley-Transformierte c(T ) genau dann unitär, wenn T selbstadjungiert ist. Beweis. Das folgt sofort aus Satz IV.3.9(iii). Satz IV.3.13. Eine Isometrie U : D(U ) → H ist genau dann Cayley-Transformierte eines symmetrischen Operators T auf H , wenn R(1 − U ) dicht ist. In diesem Fall ist 1 − U injektiv und T = i(1 + U )(1 − U )−1 mit D(T ) = R(1 − U ). Beweis. Zuerst nehmen wir an, daß U = c(T ) für einen symmetrischen Operator T auf H gilt. Dann ist 1 − U = 1 − (T − i1)(T + i1)−1 = (T + i1)(T + i1)−1 − (T − i1)(T + i1)−1 = (T + i1) − (T − i1) (T + i1)−1 = 2i(T + i1)−1 . Insbesondere ist R(1 − U ) = R(T + i1) = D(T ) dicht in H . Weiter haben wir 1 + U = 1 + (T − i1)(T + i1)−1 = (T + i1)(T + i1)−1 + (T − i1)(T + i1)−1 = (T + i1) + (T − i1) (T + i1)−1 = 2T (T + i1)−1 und daher i(1 + U )(1 − U )−1 = iT (T + i1)−1 i−1 (T + i1) = T. Jetzt nehmen wir an, daß U eine Isometrie ist, für die R(1 − U ) dicht ist. Dann ist 1 − U injektiv (Lemma IV.3.10(iii)), also (1 − U )−1 dicht definiert. Wir definieren T := i(1 + U )(1 − U )−1 und bemerken, daß aus D(U ) = D(1 + U ) = R((1 − U )−1 ) die Beziehung D(T ) = R(1 − U ) folgt. Für x = (1 − U ).x1 und y = (1 − U ).y1 mit x1 , y1 ∈ D(U ) gilt weiterhin hT.x, yi = hi(1 + U ).x1 , (1 − U ).x2 i = i hx1 , x2 i + hU.x1 , x2 i − hx1 , U.x2 i − hU.x1 , U.x2 i) = i hU.x1 , U.x2 i + hU.x1 , x2 i − hx1 , U.x2 i − hx1 , x2 i) = i hU.x1 − x1 , U.x2 + x2 i) = hx, i(U + 1).y1 i = hx, T.yi. Also ist T hermitesch, also symmetrisch, da T dicht definiert ist. Schließlich gilt i1 − T = i(1 − U − 1 − U )(1 − U )−1 = −2iU (1 − U )−1 104 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 und i1 + T = i(1 − U + 1 + U )(1 − U )−1 = 2i(1 − U )−1 , also c(T ) = (T − i1)(T + i1)−1 = U. Die Kardinalzahlen α := dim R(T + i1)⊥ und β := dim R(T − i1)⊥ heißen Defektzahlen des symmetrischen Operators T . Satz IV.3.14. Ein symmetrischer Operator T hat genau dann eine selbstadjungierte Fortsetzung, wenn die Defektzahlen gleich sind, d.h., wenn es eine unitäre Abbildung R(T + i1)⊥ → R(T − i1)⊥ gibt. Beweis. Sei c(T ) die Cayleytransformierte von T . Dann ist c(T ): R(T + i1) → R(T − i1) eine Isometrie und R(T + i1) ist dicht. Wir nehmen zuerst α = β an. Zunächst können wir die Isometrie c(T ) stetig zu einer Isometrie c(T ): R(T + i1) → R(T − i1) fortsetzen. Wegen H = R(T ± i1) ⊕ R(T ± i1)⊥ und α = β können wir c(T ) mittels einer unitären Abbildung auf den orthogonalen Komplementen zu einer unitären Abbildung e c(T ): H → H fortsetzen. Da e c(T )−1 den Operator c(T )−1 fortsetzt, hat auch e c(T )−1 dichtes Bild, so daß aus Satz IV.3.13 die Existenz eines symmetrischen Operators Te mit c(Te) = e c(T ) folgt. Dann ist Te = i(1 + e c(T ))(1 − e c(T ))−1 eine Fortsetzung von T = i(1 + c(T ))(1 − c(T ))−1 und nach Lemma IV.3.12 selbstadjungiert. Ist umgekehrt Te eine selbstadjungierte Fortsetzung von T , so ist c(Te) eine unitäre Fortsetzung von c(T ) . Also bildet c(Te) den Raum R(T + i1)⊥ isometrisch auf R(T − i1)⊥ ab. Folglich ist α = β . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren Beispiel IV.3.15. 105 Sei U : l2 (N, C ) → l2 (N, C ) der Shift-Operator mit U.(x1 , x2 , . . .) = (0, x1 , x2 , . . .). Dann ist U eine Isometrie mit R(1 − U )⊥ = N (1 − U ∗ ) = {0}, denn aus U ∗ .(x1 , x2 , . . .) = (x2 , x3 , . . .), liest man leicht ab, daß kein Vektor x ∈ l2 (N, C ) mit U ∗ .x = x existiert. Aus der Dichtheit des Bildes von 1 − U erhalten wir nun einen symmetrischen Operator T mit c(T ) = U (Satz IV.3.13). Für T ist dann R(T + i1) = D(U ) = l2 (N, C ) und R(T − i1) = R(U ) = e⊥ 1. Folglich haben wir α = 0 6= 1 = β und T hat keine selbstadjungierte Fortsetzung. Der Spektralsatz für unbeschränkte selbstadjungierte Operatoren Theorem IV.3.16. Ist P : B(R) → H ein Spektralmaß auf R , so ist P (idR ) ein selbstadjungierter Operator. Umgekehrt existiert zu jedem selbstadjungierten Operator T auf H genau ein Spektralmaß auf R mit T = P (idR ). Beweis. Der erste Teil folgt aus Satz IV.3.6. Der zweite Teil ist schwieriger. Sei T ein selbstadjungierter Operator auf H und U dessen Cayley-Transformierte. Weiter sei PU : σ(U ) → B(H) das Spektralmaß des unitären Operators U . Wir zeigen, daß U − 1 injektiv ist. Sei dazu T.x + ix = U.(T.x + ix) = T.x − ix. Dann ist 2ix = 0, also x = 0 und somit T.x + ix = 0 . Also ist 1 kein Eigenwert von U und somit PU ({1}) = 0 (Theorem IV.2.5). Wir können das Spektralmaß PU folglich als ein Spektralmaß auf Ω := {z ∈ C : |z| = 1, z 6= 1} auffassen. In diesem Sinne ist Z hU.v, vi = λ dPUv (λ) Ω für v ∈ H . Sei f : Ω → R, λ 7→ i(1 + λ) . 1−λ Wir definieren den Operator PU (f ): D PU (f ) := {v ∈ H: f ∈ L2 (X, PUv )} → H 106 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren mit hPU (f ).v, vi = Z 15.2.2002 f (λ) dPUv (λ) Ω wie in Satz IV.3.5. Wegen Satz IV.3.6(iv) ist PU (f ) selbstadjungiert. Weiter haben wir f (λ)(1 − λ) = i(1 + λ) , also PU (f )(1 − U ) = i(1 + U ) (3.2) wegen Satz III.4.10(vii). Inbesondere folgt hieraus R(1 − U ) ⊆ D PU (f ) . Andererseits haben wir R(T + i1) = H und für x = (T + i1).y gilt U.x = (T − i1).y. Damit erhalten wir (1 − U ).x = 2iy und weiter T (1 − U ).x = 2iT.y = i(1 + U ).x. Wir haben also T (1 − U ) = i(1 + U ), (3.3) wobei D(T ) = R(1 − U ) ⊆ D PU (f ) . Durch Vergleich von (3.1) und (3.2) erhalten wir T ⊆ PU (f ) , also PU (f ) = PU (f )∗ ⊆ T ∗ = T und somit T = PU (f ) . Insbesondere erhalten wir hiermit Z hT.v, vi = f (λ) dPUv (λ) und D(T ) = {v ∈ H: f ∈ L2 (X, PUv )}. Ω Wir definieren jetzt ein Spektralmaß auf R durch P (E) := PU f −1 (E) . Für jedes v ∈ H ist dann P v (E) = PUv f −1 (E) . Für Integrale bzgl. dieser Maße gilt nun Z Z ϕ(x) dP v (x) = ϕ(f (x)) dPUv (x). Ω R In der Tat enspricht diese Relation für charakteristische Funktionen ϕ = χE wegen χE ◦ f = χf −1 (E) genau der Definition. Der allgemeine Fall folgt durch stetige lineare Fortsetzung auf den Raum L1 (R, P v ) . Damit erhalten wir schließlich Z Z v hT.v, vi = f (λ) dPU (λ) = λ dP v (λ) = hP (idR ).v, vi. Ω R Wir zeigen noch die Eindeutigkeit des Spektralmaßes. Ist nämlich Q ein weiteresSpektralmaß auf R , das T wie oben darstellt, so definiert QU (E) := Q f (E) ein Spektralmaß auf Ω, das U mittels hU.v, vi = Z λ dQvU (λ) Ω für v ∈ H darstellt. Also ist QU = PU und somit Q = P . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 107 Der Satz von Stone Definition IV.3.17. Sei X ein Banachraum und Q: (R+ , +) → B(X) ein Homomorphismus von Halbgruppen mit Q(0) = 1, so daß limt→0 Q(t).x = x für alle x ∈ X gilt. Dann heißt Q eine stark stetige Einparameterhalbgruppe. Sei Q: R+ → B(X) eine Einparameterhalbgruppe. Wir definieren einen unbeschränkten Operator A: D(A) → X durch 1 D(A) := x ∈ X: lim Q(t).x − x existiert t→0 t und 1 Q(t).x − x t→0 t A.x := lim für x ∈ D(A) . Dieser Operator heißt der infinitesimale Erzeuger von Q. Bemerkung IV.3.18. Sei X ein Banach-Raum. Ist A ∈ B(X) , so definiert Q(t) = etA eine Einparameterhalbgruppe mit infinitesimalem Erzeuger A, denn Q ist sogar analytisch und hat die Ableitung A in 0 . Für mehr Informationen zu Einparameter-Halbgruppen verweisen wir auf Kapitel 13 in [Ru73]. Wir begnügen uns hier mit einem für die Darstellungstheorie besonders wichtigen Spezialfall. Satz von Stone Theorem IV.3.19. Ist π: R → U (H) eine stark stetige Einparametergruppe von unitären Operatoren mit infinitesimalem Erzeuger A. Dann ist iA ein selbstadjungierter Operator und es gilt π(t) = P (et ) mit et (x) = e−itx bzgl. dem Spektralmaß P auf R für das iA = P (idR ) ist. So erhält man eine bijektive Korrespondenz zwischen selbstadjungierten Operatoren und unitären EinparameterGruppen. Beweis. Wir haben schon in Theorem II.2.10 gesehen, daß man durch π(t) := P (et ) für ein Spektralmaß P auf R eine stark stetige unitäre Einparametergruppe erhält. Für den Beweis der Umkehrung verweisen wir auf [Ru73, Th. 13.37]. 108 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 IV.4. Integralzerlegungen von Darstellungen In diesem Abschnitt werden wir sehen, wie man Spektralmaße verwenden kann, um Darstellungen zu zerlegen. Die Grundidee ist wie folgt. Sei (π, H) eine Darstellung der involutiven Halbgruppe S und A ⊆ π(S)0 eine kommutative C ∗ Unteralgebra des Kommutanten. Dann existiert zur identischen Darstellung ρ von A auf H ein borelsches Spektralmaß P auf dem kompakten Raum X := ΓA . Ist A maximal kommutativ, so suchen wir zu jedem Punkt x ∈ X (genauer: zu P -fast allen Punkten) eine irreduzible Darstellung (πx , Hx ) von S , so daß wir die Darstellung (π, H) in einem geeigneten Sinn als “direktes Integral”, das kontinuierliche Analogon einer direkten Summe, beschreiben kann. Die Theorie der spektralen Vielfachheit Die Hauptreferenz zu diesem Unterabschnitt ist das Buch von Halmos [Ha57] zu diesem Thema. Das prinzipielle Problem der Theorie der spektralen Vielfachheit ist festzustellen, wann zwei Spektralmaße P : S → B(H) auf einem (separablen) Hilbertraum H als Darstellungen der Halbgruppe (S, ∩) äquivalent sind und entsprechend kanonische Repräsentanten der Äquivalenzklassen zu beschreiben. Definition IV.4.1. Sei (X, S) ein Meßraum und λ, µ Maße auf S. Wir sagen λ ist absolutstetig bzgl. µ, wenn µ(E) = 0 =⇒ λ(E) = 0 gilt. Kürzer schreibt man auch λ << µ. Die Relation << definiert eine Quasiordnung auf der Menge aller positiven Maße auf S, d.h. eine reflexive und transitive Relation. Die dazugehörigen Äquivalenzklassen, auch Maßklassen genannt, sind durch [µ] = {λ: λ << µ << λ} gegeben. Zwei σ -endliche Maße λ und µ heißen paarweise singulär, wenn es eine ˙ gibt, so daß µ(A) = 0 und λ(B) = 0 gelten. Wir schreiben Zerlegung X = A∪B dafür λ⊥µ. Beispiel IV.4.2. Ist λ das Lebesgue-Maß auf B(Rn ) und µ ein Punktmaß, so ist λ⊥µ. Ähnliches gilt, wenn µ das Lebesguemaß auf einer affinem Unterraum ist, oder allgemeiner auf einer Untermannigfaltigkeit. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 109 Proposition IV.4.3.R Sei (X, S, µ) ein Maßraum und f : X → [0, ∞] meßbar. Dann ist ν(E) := E f dµ ein Maß auf S. Für jede meßbare Funktion g: X → [0, ∞] gilt Z g(x) dν(x) = Z X g(x)f (x) dµ(x). X Beweis. Sei Ej eine Folge paarweise disjunkter Mengen in S und E := S∞ j=1 Ej . Dann ist ∞ X χE f = χEj f. n=1 Aus dem Satz von der monotonen Konvergenz folgt also ν(E) = Z χE f dµ = X ∞ Z X n=1 χEj f dµ = X ∞ X ν(Ej ), n=1 d.h. ν ist ein Maß. R Ist g = χE mit E ∈ S, so zeigt die Definition von ν , daß X g dν = R gf dµ gilt. Mit der endlichen Additivität erhält man diese Beziehung nun für X Stufenfunktionen und mit dem Satz der monotonen Konvergenz für eine beliebige meßbare Funktion g ≥ 0 bzw. integrable Funktionen g . Satz von Lebesgue-Radon-Nikodym Satz IV.4.4. Sei (X, S) ein Meßraum und µ, ν σ -endliche Maße auf X . (1) Es existieren σ -endliche Maße λa und λs mit λ = λa + λ s , λa << µ und λs ⊥µ. (2) Ist λa endlich, so exist eine meßbare Funktion h: X → R+ mit dλa = hdµ . Und jede andere Funktion mit diesen Eigenschaften stimmt µ-fast überall mit h überein. Beweis. [Ru86, Th. 6.10] Folgerung IV.4.5. Für zwei σ -endliche Maße µ, ν auf (X, S) gilt λ << µ genau dann, wenn eine meßbare Funktion h: X → R+ mit dλ = hdµ existiert. Beweis. Gilt dλ = hdµ , so gilt für jede µ-Nullmenge E die Beziehung λ(E) = Z h dµ = 0, E also λ << µ. Die Umkehrung folgt aus dem Satz von Lebesgue-Radon-Nikodym. 110 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Lemma IV.4.6. Jedes σ -endliche Maß ist zu einem endlichen äquivalent. S Beweis. Sei µ ein σ -endliches Maß auf (X, S) und X = n∈N Xn mit µ(Xn ) < ∞. Wir definieren eine meßbare Funktione w: X →]0, 1[ durch w(x) := Dann ist Z w dµ ≤ X 2−n , 1 + µ(En ) X 2−n n x ∈ Xn . µ(Xn ) < ∞. 1 + µ(Xn ) Also ist das Maß dλ := wdµ endlich. Wegen dµ = w−1 dλ ist es zu λ äquivalent. Definition IV.4.7. Sei (X, S) ein Meßraum und K ein separabler Hilbertraum. Wir nennen eine Funktion f : X → K meßbar, wenn sie bzgl. der σ -Algebra der Borelmengen in K meßbar ist, d.h. die Urbilder aller offenen Teilmengen von H sind meßbar. Ist f : X → K meßbar und v ∈ K , so ist die Funktion x 7→ hf (x), vi ebenfalls meßbar, da h·, vi stetig und damit meßbar ist. Ist (ej )j∈J eine ONB von K , so ist J abzählbar und wir können f darstellen als X f (x) = hf (x), en ien . n∈J Da punktweise Grenzwerte meßbarer Funktionen meßbar sind, folgt hieraus, daß f genau dann meßbar ist, wenn alle Funktionen fn (x) = hf (x), en i meßbar sind. Insbesondere sehen wir, daß für zwei meßbare Funktionen f, g: X → K auch die Funktionen X X kf k(x) = |fn (x)|2 und hf, gi(x) = hfn (x), gn (x)i n n∈J meßbar sind. Ist µ ein Maß auf S und K ein separabler Hilbertraum, so schreiben wir 2 L (X, K, µ) für den Hilbertraum der quadratintegrablen meßbaren Funktionen X → K modulo solchen, die µ-fast überall verschwinden. Das Skalarprodukt auf diesem Raum ist gegeben durch Z hf, gi = hf (x), g(x) dµ(x). X Es ist leicht zu sehen, daß Φ: L2 (X, K, µ) → M d n∈J L2 (X, µ), Φ(f ) = (fn )n∈J eine unitäre Abbildung ist. Sei (X, S, α) ein σ -endlicher Maßraum und K ein separabler Hilbertraum. Auf dem Hilbertraum H := L2 (X, K, α) erhalten wir ein Spektralmaß P durch PE .f := χE f, das wir mit P (K, α) := P bezeichnen. Man kann nun folgendes zeigen: IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 111 Satz IV.4.8. P (K, α) und P (K 0 , α0 ) sind genau dann äquivalent, wenn die Maßklassen [α] und [α0 ] übereinstimmen und dim K = dim K 0 gilt. Beweis. (Skizze) Eine Implikation ist einfach. Nehmen wir also an, daß dim K = dim K 0 und [α] = [α0 ] gelten. Wir haben eine unitäre Abbildung Φ: L2 (X, K, α) → L2 (X, K 0 , α0 ) zu konstruieren, für die Φ ◦ P (K, α)(E) = P (K 0 , α0 )(E) ◦ Φ, E∈S gilt. Da die beiden Maßklassen übereinstimmen, existiert nach dem Satz von Lebesgue-Radon-Nikodym eine meßbare Funktionen f ∈ X → R+ mit dα0 = f dα . Da beide Maße die gleichen Nullmengen haben, ist f −1 (0) eine α Nullmenge und wir dürfen daher annehmen, daß f (X) ⊆]0, ∞[ gilt. Dann ist dα = f −1 dα0 . Weiter existiert eine unitäre Abbildung ϕ: K → K 0 . Wir setzen nun p Φ(ξ)(x) := f (x)−1 ϕ(ξ(x)). Ist ξ: X → K eine meßbare Funktion, so ist die Funktion Φ(ξ): X → K 0 meßbar und es gilt Z Z Z 2 0 2 −1 0 kΦ(ξ)k dα = kξk f dα = kξk2 dα. X X X Also definiert Φ eine isometrische Abbildung Φ: L2 (X, K, α) → L2 (X, K 0 , α0 ). Ebenso erhalten wir eine Isometrie Ψ: L2 (X, K 0 , α0 ) → L2 (X, K, α), Ψ(η)(x) := p f (x)ϕ−1 (η(x)) und es gilt Φ ◦ Ψ = idL2 (X,K 0 ,α0 ) sowie Ψ ◦ Φ = idL2 (X,K,α) . Weiter gilt √ √ Φ(P (E).ξ) = g(ϕ ◦ (χE ξ)) = χE g(ϕ ◦ ξ) = P 0 (E).Φ(ξ). Also ist Φ ein Vertauschungsoperator für die Spektralmaße P und P 0 . Jetzt nehmen wir an, daß ein Vertauschungsoperator Φ: L2 (X, K, α) → L2 (X, K 0 , α0 ) existiert. Wegen P 0 (E) ◦ Φ = Φ ◦ P (E) ist dann P (E) = 0 äquivalent zu P 0 (E) = 0 , so daß die Bedingungen α(E) = 0 und α0 (E) = 0 äquivalent sind. Nach dem Satz von Radon-Nikodym sind also die Maßklassen [α] und [β] gleich, und gemäß dem ersten Teil des Beweises dürfen wir α0 = α annehmen. Daß die Dimensionen von K und K 0 gleich sein müssen erhält man nun aus der Beobachtung, daß für endlichdimensionales K die Dimension von K genau die minimale Anzahl n von Elementen ξ1 , . . . , ξn ∈ L2 (X, K, α) ist, für die die Menge {P (E).ξj : E ∈ S, j = 1, . . . , n} einen dichten Unterraum aufspannt. D.h. n ist die minimale Größe eine Erzeugendensystems der Darstellung von (P, ∩) . Für die Details des Beweises verweisen wir auf [Ha57, §§63,64]. 112 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Ein Spektralmaß P heißt homogen, wenn es äquivalent ist zu einem der Maße P (K, α) . In diesem Fall heißt [α] die Maßklasse von P und dim K die Vielfachheit von P . Beachte, daß P (E) = 0 zu α(E) = 0 äquivalent ist. Der Satz IV.4.8 besagt also, daß homogene Spektralmaße durch das Paar ([α], dim K) aus Maßklasse und Vielfachheit klassifiziert werden. Die Maßklasse ist dadurch eindeutig bestimmt, daß E ∈ S genau dann eine Nullmenge von α ist, wenn P (E) = 0 gilt. Satz IV.4.9. Die homogenen Spektralmaße mit Vielfachheit 1 sind genau diejenigen mit einem zyklischen Vektor. Beweis. Sei zunächst P ein homogenes Spektralmaß mit Vielfachheit 1 . Dann dürfen wir annehmen, daß H = L2 (X, µ) für ein endliches Maß µ ist (Satz IV.4.9, Lemma IV.4.6). Dann ist die konstanten Funktion 1 ∈ H und P (E).1 = χE , so daß span{P (E).1: E ∈ S} der Raum der Stufenfunktionen ist, der in H dicht ist (Theorem II.1.5). Sei umgekehrt v ∈ H ein zyklischer Vektor und P v (E) := hP (E).v, vi. Dann ist P v ein endliches Maß und die Abbildung χE 7→ P (E).v läßt sich zu einer Isometrie L2 (X, P v ) → H fortsetzen (Satz IV.3.5). Nach Voraussetzung hat diese Isometrie ein dichtes Bild und ist daher surjektiv, da L2 (X, P v ) vollständig und damit das Bild abgeschlossen ist. Hauptsatz über spektrale Vielfachheiten Theorem IV.4.10. Jedes Spektralmaß auf einem separablen Hilbertraum H ist äquivalent zu dem kanonischen Spektralmaß auf M H := L2 (X, Kn , αn ), n∈N∪{∞} wobei dim Kn = n , n ∈ N ∪ {∞} gilt und die Maße αn paarweise singulär sind. Zwei solche Spektralmaße sind genau dann äquivalent, wenn [αn ] = [αn0 ] für alle n ∈ N gilt. Das Spektralmaß P ist genau dann homogen, wenn [αn ] = 0 für alle bis auf ein n0 gilt. Beweis. [Ha57] P Die Maßklasse des Maßes α := n∈N∪{∞} αn heißt Maßklasse von P . Da die Maße αn paarweise singulär sind, existiert eine Partition X = S n∈N Xn von X in meßbare Teilemgen, so daß αn (Xm ) = 0 für n 6= m gilt. Wir können αn daher auch als ein Maß auf der Menge Xn auffassen und erhalten eine Zerlegung M H := Hn mit Hn ∼ = L2 (Xn , Kn , αn ). n∈N∪{∞} Das schöne an dieser Zerlegung ist, daß die Projektion auf Hn durch P (Xn ) über das Spektralmaß gegeben ist. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 113 Beispiel IV.4.11. (a) Es ist instruktiv, sich zu überlegen, wie die Zerlegung aus Theorem IV.4.10 für endlichdimensionale Räume H aussieht. In diesem Fall ist P (S) eine kommutative Familie von Orthogonalprojektionen, also endlich. 0 Wir finden daher eine disjunkte Zerlegung X = X10 ∪ . . . ∪ Xm , so daß die Projektionen P (Xj ) jeweils minimale Dimension des Bildes haben. Gehen wir über zu der σ -Unteralgebra von X , die von den Mengen Xj0 erzeugt wird, so dürfen wir annehmen, daß X endlich ist und alle Mengen Xj0 einpunktig sind. Wir definieren nun [ Xj := {x ∈ X: dim P (x).H = j} und erhalten eine disjunkte Zerlegung X = X1 ∪ . . . ∪ Xn mit P (Xj ).H ∼ = l2 (Xj , C j ) ∼ = C j·|Xj | , wobei ζj das Zählmaß auf Xj ist. Das Spektralmaß beschreibt also eine Zerlegung von H in die Unterräume P (x).H , x ∈ X , von denen wir alle diejenigen mit der gleichen Dimension in P (Xj ).H zusammenfassen. (b) Ist A ein normaler Operator auf einem endlichdimensionalen Hilbertraum H , X = σ(A) = {λ1 , . . . , λn } sein Spektrum und P das zugehörige Spektralmaß, so ist P ({λi }).H = ker(A − λi 1) der Eigenraum zum Eigenwert λj . Sei Xj die Menge aller Eigenwerte der Vielfachheit j . Dann ist Hj := P (Xj ).H ∼ = (C j )Xj ∼ = L2 (Xj , C j , ζj , wobei ζj das Zählmaß auf Xj ist. Natürlich sind alle Unterräume Hj unter A invariant, und die Wirkung von A auf dem Raum Hj , den wir als Raum von Funktionen Xj → C j auffasssen, ist gegeben durch die Multiplikation (A.f )(λ) = λf (λ). Bemerkung IV.4.12. Ist A eine kommutative Banach-∗ -Algebra und (π, H) eine Darstellung auf H , d.h. ein Homomorphismus π: A → B(H) , so existiert nach dem Spektralsatz für kommutative Banach-∗-Algebren ein Spektralmaß P auf X := ΓA mit P (b a) = π(a) für alle a ∈ A. Ist H separabel, so können wir Theorem IV.4.9 verwenden um H in Räume L2 (X, Kn , αn ) zu zerlegen. Auf jedem dieser Räume ist die Wirkung von A leicht zu sehen, denn für f ∈ L2 (X, Kn , αn ) ist π(a).f = b a.f einfach eine Multiplikation. In diesem Sinn können wir uns die Zerlegung auch als eine kontinuierliche Zerlegung der Darstellung (π, H) in irreduzible, d.h. eindimensionale Darstellungen vorstellen. Ist die Darstellung zyklisch, so sehen wir mir Satz IV.4.8, daß (π, H) isomorph ist zur Multiplikationsdarstellung auf L2 (ΓA , µ) für ein endliches Maß µ auf ΓA . Das Maß µ gibt also an, wie groß der Anteil der einzelnen Charaktere χ ∈ ΓA an der Darstellung ist. Ist µ({χ}) > 0 , so tritt die zugehörige Darstellung sogar als Unterdarstellung auf, d.h. es existiert ein Vektor v ∈ H mit π(a).v = χ(a).v für alle a ∈ A. 114 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 In dem nächsten Abschnitt wenden wir uns kurz entsprechenden Integralzerlegungen von Darstellungen im nichtkommutativen Fall zu. Integralzerlegungen von Darstellungen In dem letzten Abschnitt haben wir gesehen, daß man jedes Spektralmaß P : S → H auf einem separablen Hilbertraum so schreiben kann, daß H := M Hn mit Hn := L2 (Xn , Kn , αn ) n∈N∪{∞} und P (E).f = χE f für f ∈ Hn gilt. In diesem Sinn läßt sich jedes Spektralmaß auf einem separablen Hilbertraum durch ein direktes Integral beschreiben. Dies liefert uns nun die Möglichkeit, Spektralmaße zu verwenden, um Darstellungen zu zerlegen. Ist (X, S) ein Meßraum und K ein separabler Hilbertraum, so nennen wir eine B(K) -wertige Funktion T : X → B(K) meßbar, wenn für jedes v ∈ K die Funktion x 7→ T (x).v meßbar ist. Satz IV.4.13. Ein Operator T ∈ B(H), H = L2 (X, K, µ), µ σ -endlich, vertauscht genau dann mit allen Operatoren P (E), wenn es eine meßbare Funktion T : X → B(K) gibt, so daß (T.f )(x) = T (x)f (x) für fast alle x ∈ X gilt. Beweis. Zunächst dürfen wir o.B.d.A. annehmen, daß µ(X) = 1 ist. Sei (vj )j∈J eine abzählbare dichte Menge in K , die wir so wählen, daß sie einen Q-Untervektorraum bildet (zum Beispiel nehme man alle rationalen Linearkombinationen einer ONB). Wir betrachten die Elemente von K als konstante Funktionen X → K und damit als Elemente von H . Für jedes j ∈ J erhalten wir nun Elemente T.vj ∈ H . Da die Menge J abzählbar ist, existiert eine Nullmenge N ⊆ X , so daß T.vj (x) für alle j ∈ J und x ∈ X \ N definiert ist. Wir erhalten daher für jedes x ∈ X \ N eine Abbildung Tx : {vj : j ∈ J} → K, vj 7→ (T.vj )(x). Da die Abbildung T linear ist, ist Tx linear bzgl. Q. Weiter haben wir kTx .vi − Tx .vj k ≤ kT kkvi − vj k. Also ist Tx stetig und läßt sich daher zu einer stetigen Abbildung Tx : K → K fortsetzen, deren Linearität sofort aus der Q-Linearität von Tx auf den vj folgt. Für jedes v ∈ K und vjn → v erhalten wir nun Tx .v = lim (T.vjn )(x) = (T.v)(x), n→∞ x ∈ N c, und daraus folgt die Meßbarkeit der Funktion N c → B(K), x → Tx . IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 115 Soweit haben wir nichts über T vorausgesetzt. Jetzt nehmen wir an, daß T mit P (S) kommutiert. Dann erhalten wir (T.(χE .v))(x) = χE (x)Tx .v = Tx .(χE (x)v) für alle E ∈ S und x ∈ N c . Folglich gilt (T.f )(x) = Tx .f (x), x ∈ N c, für alle Stufenfunktionen f : X → K und aus Stetigkeitsgründen daher auch für alle f ∈ H . Die Operatoren T ∈ B(H) , die durch die Multiplikation mit einer meßbaren B(K) -wertigen Funktion gegeben sind, heißen zerlegbare Operatoren. Bemerkung IV.4.14. Sei B := P (S)0 die Kommutantenalgebra des Spektralmaßes auf H = L2 (X, S, K) . Dann zeigt Satz IV.4.13, daß alle Operatoren in B zerlegbar sind. Andererseits ist es evident, daß alle zerlegbaren Operatoren mit P (S) vertauschen, so daß B genau aus den zerlegbaren Operatoren besteht. (b) Sei A := P (L∞ (X, µ)) ⊆ B(H) durch das Spektralintegral gegeben. Wir behaupten, daß A = A00 = B 0 gilt. Zunächst ist A ⊆ B ∩ B 0 und daher B ⊆ A0 ⊆ P (S)0 = B , folglich A0 = B und daher B 0 = A00 . Wir haben also A00 ⊆ B 0 ⊆ P (S)0 = B . Die Gleichheit A00 = A sieht man nun leicht ein. Ist T ∈ A00 ⊆ B , so ist Tx für fast alle x ∈ X definiert. Da T mit B(K) ⊆ B vertauscht, gilt dies insbesondere für die abzählbare Menge der Operatoren, die bzgl. einer ONB (ei )i∈I durch eine Elementarmatrix Eij gegeben sind. Damit erhalten wir Tx ∈ {Eij : i, j ∈ I}0 = C 1 für fast alle x ∈ X und somit T ∈ A. Definition IV.4.15. Sei (X, S, µ) ein endlicher Maßraum, K ein separabler Hilbertraum und (πx , K)x∈X eine Familie von Darstellungen, die in dem Sinne meßbar ist, daß für alle v ∈ K und s ∈ S die Abbildung X → K, x 7→ πx (s).v meßbar ist und für jedes s ∈ S gilt: supx∈X kπx (s)k < ∞. Wir erhalten dann für jedes s ∈ S einen Operator π(s) auf dem Hilbertraum H := L2 (X, K, µ) mit (π(s).f )(x) := πx (s).f (x) mit kπ(s)k < ∞ und Z Z hπ(s).f, gi = hπx (s).f (x), g(x) dµ(x) = hf (x), πx (s∗ ).g(x) dµ(x) X X ∗ = hf, π(s ).gi für f, g ∈ K . Also ist (π, H) eine Darstellung von S auf H , die wir das direkte Integral der Darstellungen (πx , K)x∈X nennen und schreiben als π = R⊕ π dµ(x) . X x 116 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Bemerkung IV.4.16. Sei nun (π, H) eine Darstellung von S auf dem separablen Hilbertraum H . In der Kommutantenalgebra π(S)0 betrachten wir eine maximal kommutative Unteralgebra A . Die Existenz einer solchen Unteralgebra folgt leicht aus dem Zornschen Lemma. Da A kommutativ ist, gilt A ⊆ A0 und damit A00 ⊆ A0 = A000 . Insbesondere ist A00 ebenfalls kommutativ. Aus A ⊆ π(S)0 folgt weiter A00 ⊆ π(S)000 = π(S)0 . Aus der Maximalität von A erhalten wir also A = A00 und somit, daß A bzgl. der starken Operatortopologie abgeschlossen ist. Insbesondere ist A eine kommutative C ∗ -Algebra. Wir betrachten jetzt die identische Darstellung (ρ, H) von A . Nach Theorem IV.2.2 existiert auf der kompakten Menge X := ΓA ein Spektralmaß P : X → B(H) , so daß für alle a ∈ A die Beziehung a = P (b a) gilt. Oben haben wir gesehen, daß der kompakte Raum X in abzählbar viele meßbare Teilmengen Xn , n ∈ N ∪ {∞} zerfällt, so daß P (Xn ).H ∼ = L2 (Xn , Kn , µn ) für ein endliches Maß µn auf Xn und einen Hilbertraum Kn der Dimension n gilt. Da P (Xn ) mit π(S) vertauscht, sind alle Räume Hn := P (Xn ).H unter S invariant. Gemäß Satz IV.4.13 existiert zu jedem s ∈ S eine meßbare Operatorfunktion (πx (s))x∈X , so daß (π(s).f )(x) = πx (s).f (x) fast überall für alle f ∈ H gilt. Wegen der Eindeutigkeit der Operatorfunktionen gilt nun für s, t ∈ S die Beziehung πx (s)πx (t) = πx (st) für fast alle x ∈ X . Ist S abzählbar, so finden wir daher eine Nullmenge N ⊆ X , so daß πx (s)πx (t) = πx (st) und πx (s)∗ = πx (s∗ ) für alle x ∈ X \ N gilt. Wir erhalten also für alle x ∈ N c eine Darstellung (πx , K). Man kann nun zeigen, daß fast alle diese Darstellungen irreduzibel sind ([Dix69, Ch. II, §3, Cor. 1]), so daß wir eine Integralzerlegung der Darstellung (π, H) in irreduzible Darstellungen erhalten haben. Wegen H = L2 (X, K, µ) ∼ = L2 (X \ N, K, µ |X\N ) ist es kein Problem, die Nullmenge N zu vernachlässigen. IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 117 Aufgaben zu Kapitel IV Aufgabe IV.1. Sei P : S → B(H) ein Spektralmaß, das wir als Darstellung (P, H) der Halbgruppe (S, ∩) auffassen. Zeige: Existiert ein zyklischer Vektor v ∈ H , so existiert eine unitäre Abbildung Φ: L2 (X, P v ) → H mit Φ(χE f ) = P (E)Φ(f ). Jedes zyklische Spektralmaß ist also äquivalent zu dem kanonischen Spektralmaß auf einem Raum L2 (X, µ) . Aufgabe IV.2. Sei A eine kommutative C ∗ -Algebra mit Eins und exp: A → A, x 7→ ex := X 1 xn n! n∈N0 ihre Exponentialfunktion. Zeige: (1) σ(exp x) = eσ(x) . (2) exp: (A, +) → (A× , ·) ist ein Gruppenhomomorphismus. (3) Ist ka − 1k < 1 , so existiert ein x ∈ A mit a = ex . (4) exp(A) is eine offene Untergruppe von A× . (5) Für A = C(S1 ) ist exp(A) 6= A× . Hinsweis: Ist a = exp x, so ist a homotop zu einer konstanten Funktion. Aufgabe IV.3. Sie (X, S, µ) ein Maßraum und A := L∞ (X, µ) die zugehörige C ∗ -Algebra. (1) Wann repräsentiert eine beschränkte meßbare Funktion f : X → C ein invertierbares Element von A? (2) Finde eine meßbare Funktion log: C × → C mit exp ◦ log = idC × . (3) Die Exponentialfunktion exp: A → A× ist surjektiv. (4) Ist U (A) := {a ∈ A: a∗ a = 1} die unitäre Gruppe von A, so existiert zu jedem a ∈ A eine meßbare Funktion x: X → R mit a = exp ix. Aufgabe IV.4. Sei H ein Hilbertraum. Dann existiert zu jedem unitären Operator u ∈ U (H) ein hermitescher Operator x ∈ B(H) mit u = exp ix . Hinweis: meßbarer Spektralkalkül. Aufgabe IV.5. (Spektralmaße für Diagonaloperatoren) Sei (λn )n∈N eine beschränkte Folge in C , H ein Hilbertraum mit der ONB (en )n∈N und T.v = X n∈N λn hv, en ien . 118 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Zeige, daß das Spektralmaß auf σ(T ) gegeben ist durch P (E) = X Pen mit Pen (v) = hv, en ien . λn ∈E Aufgabe IV.6. Seien H1 und H2 Hilberträume. (1) Ein Unterraum Γ ⊆ H1 × H2 ist genau dann Graph eines Operators T : D(T ) ⊆ H1 → H2 , wenn Γ ∩ ({0} × H2 ) = {0} ist. (2) Sei T : D(T ) ⊆ H1 → H2 ein Operator und Γ(T1 ) ⊆ H1 × H2 . Dann ist Γ(T1 ) genau dann ein Graph, wenn gilt: (xn , T.xn ) → (0, y) ⇒ y = 0. (3) Ist T stetig, so ist Γ(T ) genau dann abgeschlossen, wenn D(T1 ) abgeschlos- sen ist. (4) Finde einen abgeschlossenen Operator T : D(T ) ⊆ l2 (N) → l2 (N) , der unstetig ist. (5) Sei H = L2 (R) , D(T ) := Cc (R) und T : D(T ) → R, f 7→ f (0). Dann ist der Abschluß des Graphen von T in H × R kein Graph. Aufgabe IV.7. (Abgeschlossene Operatoren) Sei T : D(T ) → H2 ein Operator von H1 nach H2 mit abgeschlossenem Graphen. Wir versehen den Raum D(T ) mit der Norm p kxkT := kxk2 + kT.xk2 . Dann ist D(T ) ein Hilbertraum und der Operator T : D(T ) → H2 ist stetig. Man kann also jeden abgeschlossenen Operator zu einem stetigen Operator zwischen Hilberträumen machen, wenn man die Norm geeignet wählt. Aufgabe IV.8. Sei A: D(A) → H2 ein dicht definierter Operator von H1 nach H2 . Zeige: (1) Für den Graphen von A gilt Γ(A)⊥ = {(−A∗ .w, w): w ∈ D(A∗ )}. (2) Γ(A) ∩ ({0} × H2 ) = {0} × D(A∗ )⊥ . (3) A ist genau dann abschließbar, d.h. Γ(A) ist der Graph eines Operators A , wenn (0, v) ∈ Γ(A) ⇒ v = 0 gilt. (4) A ist genau dann abschließbar, wenn A∗ dicht definiert ist. 119 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren Aufgabe IV.9. Sei H ein Hilbertraum. Auf dem Hilbertraum H 2 := H × H betrachten wir die indefinite schiefhermitesche Form β((v, w), (v 0 , w0 )) := hv, w0 i − hw, v 0 i. Zeige: (1) Ein Operator A: D(A) → H2 von H1 nach H2 ist genau dann hermitesch, wenn die Einschränkung von β auf Γ(A) verschwindet, d.h. Γ(A) ist isotrop (bzgl. β ). (2) Für E ⊆ H 2 definieren wir E ⊥β := {y ∈ H 2 : β(E, y) = {0}}. Dann gilt für einen dicht definierten Operator A von H nach H Γ(A)⊥β = Γ(A∗ ). (3) Ist A symmetrisch und E ⊆ H 2 ein isotroper Unterraum, der Γ(A) enthält, so ist E der Graph einer symmetrischen Fortsetzung AE von A . (4) Ein Operator A von H nach H ist genau dann maximal symmetrisch, d.h., es existiert keine echte symmetrische Fortsetzung von A, wenn Γ(A) ein maximal isotroper Unterraum von H 2 ist. (5) Ein Operator A von H nach H ist genau dann selbstadjungiert, wenn Γ(A)⊥β = Γ(A) gilt. Insbesondere erhält man durch symmetrische Operatoren ohne selbstadjungierte Fortsetzung Unterräume E ⊆ H 2 , die zwar maximal isotrop sind, aber für die nicht E ⊥β = E gilt. So etwas tritt im Endlichdimensionalen nicht auf. Aufgabe IV.10. Ist A ein symmetrischer Operator auf H , so gilt: (1) A ist abschließbar. (2) A ist symmetrisch. Aufgabe IV.11. Auf dem Hilbertraum H := l2 (N, C ) betrachten wir die Operatoren T1 , T2 und T3 , die folgendermaßen definiert sind: X X D(T1 ) := {a ∈ H: n2 |an |2 < ∞, an = 0}, n D(T2 ) := {a ∈ H: X n 2 2 n |an | < ∞}, n D(T3 ) := D(T2 ) + C ( n1 )n∈N und Tj .(an ) = (nan ), a = (an ) ∈ D(Tj ) ∩ D(T2 ) und T3 .( n1 ) = 0. Zeige: P 2 P 2 (1) Aus n n |an | < ∞ folgt die Konvergenz von n an (das benötigt man zur Definition von D(T1 ) ). (2) T1 ⊆ T2 ⊆ T3 sind jeweils echte Inklusionen. (3) T2 ist selbstadjungiert. (4) T1∗ = T3 und T3∗ = T1 . 120 IV. Meßbarer Spektralkalkül normaler Operatoren 15.2.2002 Aufgabe IV.12. Sei (X, S, µ) ein σ -endlicher S Maßraum, d.h., es existiert eine Folge von Mengen Xn ∈ S mit X = n Xn und µ(Xn ) < ∞. Sei D ⊆ L2 (X, µ) ein dichter Unterraum, der unter Betragsbildung abgeschlossen ist, und h: X → [0, ∞] meßbar mit h · D ⊆ L1 (X, µ) . Dann ist das lineare Funktional Z ϕ: D → C , f 7→ f h dµ X genau dann stetig, wenn h ∈ L2 (X, µ) ist. Hinweis: Ist ϕ stetig, so reduziert man auf den Fall ϕ = 0 und zeigt dann h = 0 fast überall. Aufgabe IV.13. (Dichte Unterräume von L2 (Rn , µ) ) (1) Ist ϕ ∈ Cc (Rn ) , so existiert eine Folge glatter Funktionen ϕn ∈ Cc∞ (Rn ) , die gleichmäßig gegen ϕ konvergiert. Hinweis: Betrachte ϕn = δn ∗ ϕ für eine δ -Folge δn ∈ Cc∞ (Rn ) . (2) Cc∞ (Rn ) ist dicht in Cc (Rn , C ) . (3) Cc∞ (Rn ) ist dicht in L2 (Rn , µ) für jedes Radonmaß µ auf Rn . V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 121 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren Wir haben im letzten Kapitel gesehen, daß wir normale Elemente a einer C -Algebra in beliebige stetige Funktionen f : σ(a) → C auf dem Spektrum von A einsetzen können. Für normale Operatoren auf Hilberträumen konnten wir dies sogar ausweiten auf Borel-meßbare Funktionen auf σ(a) . Für Elemente allgemeiner Banachalgebren muß man etwas bescheidener sein. In diesem allgemeinen Kontext kann man lediglich zeigen, daß man ein Element in holomorphe Funktionen f : U → C einsetzen kann, wobei U eine offene Teilmenge von C ist, die das Spektrum σ(a) enthält. ∗ Kurvenintegrale und holomorpher Spektralkalkül In diesem Abschnitt sei A eine Banachalgebra mit Einselement 1. Ist a ∈ A und k X αn z n f : C → C , z 7→ n=0 eine Polynomfunktion, so können wir a in f einsetzen und erhalten das Element f (a) := k X αn an . n=0 Man verifiziert leicht, daß wir so einen Homomorphismus ηa : C [z] → A, f (z) 7→ f (a) erhalten, wobei C [z] für die komplexe Algebra der Polynomfunktionen auf C steht. Soweit benötigt man hierzu nicht mehr, als daß A eine komplexe Algebra ist. Die Abbildung ηa nennt man den polynomialen Funktionalkalkül. Ist A eine Banachalgebra, so können wir den polynomialen Funktionalkalkül leicht auf Potenzreihen (1.1) f (z) = ∞ X n=0 αn z n 122 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 15.2.2002 ausdehnen, für die wir zeigen können, daß f (a) konvergiert. Ist R := 1 1 lim sup |αn | n der Konvergenzradius der Potenzreihe (1.1) und r(a) < R , so erhalten wir 1 1 1 lim sup kαn an k n = lim sup |αn | n kan k n = n→∞ n→∞ r(a) <1 R und damit folgt die Konvergenz der Reihe ∞ X f (a) := αn an n=0 in A. Insbesondere erhalten wir damit ∞ X an exp(a) := e := n! n=0 a für jedes Element a ∈ A, denn in diesem Fall ist R = ∞. Andererseits haben wir die Resolventenfunktion R := Ra : ρ(a) = C \ σ(a) → A, a 7→ (λ1 − a)−1 , d.h. wir können a in die Funktion (λ − z)−1 einsetzen, wenn λ ∈ ρ(a) ist. Ziel dieses Abschnitts ist es nun einzusehen, daß wir für jede holomorphe Funktion f : U → C , wobei U eine offene Menge ist, die das Spektrum σ(a) von a enthält, in sinnvoller Weise f (a) definieren können, so daß für die oben erwähnten Fälle jeweils das Richtige herauskommt. Im folgenden schreiben wir O(U ) := {f : U → C : f holomorph}. Wir lassen uns nun von einigen Fakten aus der Funktionentheorie leiten. Wir erinnern uns daran, daß wir komplexe Kurvenintegrale über einen stückweise differenzierbaren Weg γ: [a, b] → C durch Z γ f (ζ) dζ := Z b f (γ(t))γ 0 (t) dt a definieren. Sind γj : [aj , bj ] → C , j = 1, . . . , n , geschlossene stückweise stetig differenzierbare Wege, so nennen wir Γ := (γ1 , . . . , γn ) einen Zyklus. Es ist auch gebräuchlich, Zykel zu S schreiben als formale Summe Γ = γ1 +̇ . . . +̇γn . Weiter schreiben wir Γ∗ := j im(γj ) . V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 123 Ist f ∈ O(U ) eine holomorphe Funktion und im(γj ) ⊆ U für alle j (wir schreiben dafür kurz Γ∗ ⊆ U ), so definieren wir I XI f (ζ) dζ. f (ζ) dζ := Γ γj j Für a ∈ C und Γ∗ ⊆ C \ {a} heißt 1 winda (Γ) := 2πi I Γ 1 dζ ζ −a die Windungszahl von Γ in a. Ist U ⊆ C offen und Γ∗ ⊆ U , so sagen wir, daß Γ keinen Punkt des Komplements C \ U umläuft, wenn windp (Γ) = 0 für alle p 6∈ U gilt. Die Cauchysche Integralformel bzw. die entsprechende Variante des Residuensatzes läßt sich nun wie folgt beschreiben. Allgemeine Cauchysche Integralformel Theorem V.1. Sei f : U → C holomorph und Γ ein Zyklus in U , der keinen Punkt außerhalb von U umläuft. Dann gilt für a ∈ U \ Γ∗ die Formel I 1 f (ζ) dζ. (1.2) f (a) winda (Γ) = 2πi Γ ζ − a Insbesondere hängt der Wert des Kurvenintegrals nur vom Wert von f in a und der Windungszahl von Γ in a ab. Sind Γ1 und Γ2 Zykel in U , sodaß für alle Punkte p 6∈ U die Windungszahlen windp (Γ1 ) und windp (Γ2 ) übereinstimmen, so gilt I I f (ζ) dζ = f (ζ) dζ. Γ1 Beweis. Γ2 [Ru86, Th. 10.35] Wir wollen daher wie folgt vorgehen. Sei A eine Banachalgebra mit 1 und a ∈ A. Weiter sei U ⊇ σ(a) eine offene Menge und Γ ein Zyklus in U , der keinen Punkt im Komplement von U umläuft mit windz (Γ) = 1, z ∈ σ(a). Wir nennen Γ dann einen Zyklus um σ(a) in U . Ist dann f : U → C holomorph, so wollen wir f (a) definieren durch I 1 f (a) := f (ζ)Ra (ζ) dζ, 2πi Γ wobei Ra (ζ) = (ζ1 − a)−1 die Resolventenfunktion ist. Wir müssen uns also zuerst klar machen, daß die hier auftretenden Awertigen Integrale definiert sind. 124 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 15.2.2002 Bemerkung V.2. Sei E ein Banachraum, a, b ∈ R und γ: [a, b] → E stetig. Dann existiert das E -wertige Riemann-Integral Z b γ(t) dt, a das man als Grenzwert von Riemann-Summen der Gestalt k−1 X γ(ξi )(ti+1 − ti ), a = t0 < t1 < . . . < tk = b, ξi ∈ [ti , ti+1 ], i=0 erhält. Die Existenz des Integrals zeigt man genauso wie für R - oder C -wertige Funktionen. Wesentlicher Punkt ist, daß γ gleichmäßig stetig ist. Zu jedem ε > 0 existiert als ein δ > 0 mit kγ(t) − γ(s)k ≤ ε für |t − s| ≤ δ . Für zwei Riemannsummen S1 und S2 der Feinheit δ erhält man so kS1 − S2 k ≤ (b − a)ε und hieraus die Existenz des Riemannintegrals wegen der Vollständigkeit von E . Wichtige Eigenschaften des banachraumwertigen Integrals stetiger Funktionen sind: (1) Ist F ein Banachraum und A: E → F eine stetige lineare Abbildung, so gilt Z b Z b γ(t) dt = A(γ(t)) dt. A. a a (2) Für jedes stetige lineare Funktional f : E → C ist insbesondere hf, Z b b Z γ(t) dti = a hf, γ(t))i dt. a (3) Die Abbildung I: C([a, b], E) → E, γ 7→ Z b γ(t) dt a ist R linear. R b b (4) a f (t) dt ≤ a kf (t)k dt. All diese Eigenschaften ergeben sich sofort aus den entsprechenden Eigenschaften für Riemann-Summen. Zum Beispiel erhält man (1) aus X X A. f (ξj )(tj+1 − tj ) = A(f (ξj ))(tj+1 − tj ) j j und (4) aus k X i f (ξi )(ti+1 − ti )k ≤ X kf (ξi )k(ti+1 − ti ). i Bemerkung V.3. Ist K ⊆ C kompakt und U ⊇ K offen, so existiert ein Zyklus Γ in U , der keinen Punkt aus dem Komplement von U umläuft, mit windp (Γ) = 1 für alle p ∈ K . Wir sagen dann, Γ umläuft K in U ([Ru86, Th. 13.5]). V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 125 Definition V.4. Sei nun a ein Element der Banachalgebra A mit 1, U ⊇ σ(a) eine offene Menge und Γ ein Zyklus in U , der σ(a) umläuft. Dann definieren wir für f ∈ O(U ) I 1 f (a) := f (ζ)Ra (ζ) dζ. 2πi Γ Da die Resolventenfunktion Ra stetig ist, ist der Integrand des entsprechenden komplexen Kurvenintegrals eine stückweise stetige Funktion und das Integral daher im Sinne von Bemerkung V.2 definiert. Wir haben noch die Wohldefiniertheit in dem Sinne zu zeigen, daß das Integral nicht von dem Zyklus Γ abhängt. Sei dazu Γ0 ein zweiter Zyklus in U , der σ(a) umläuft, und λ ∈ A0 ein stetiges lineares Funktional. Aus Theorem V.1 angewandt auf U \ σ(a) folgt dann wegen windp (Γ) = windp (Γ0 ) für alle p ∈ σ(a) ∪ (C \ U ) : I I hλ, f (ζ)Ra (ζ) dζi = hλ, f (ζ)Ra (ζ)i dζ Γ IΓ I = hλ, f (ζ)Ra (ζ)i dζ = hλ, f (ζ)Ra (ζ) dζi. Γ0 Γ0 Da die stetigen linearen Funktionale auf A die Punkte trennen, folgt hieraus I I f (ζ)Ra (ζ) dζ = f (ζ)Ra (ζ) dζ Γ Γ0 und damit die Wohldefiniertheit von f (a) . Lemma V.5. (Resolventenformel) Für λ, µ ∈ ρ(a) gilt Ra (λ) − Ra (µ) = (µ − λ)Ra (λ)Ra (µ). Beweis. Die Formel folgt aus Ra (λ) = Ra (λ)(µ1 − a)Ra (µ) = Ra (λ)((µ − λ)1 + (λ1 − a))Ra (µ) = (µ − λ)Ra (λ)Ra (µ) + Ra (µ). Theorem V.6. Sei A eine Banachalgebra mit Eins, a ∈ A und U ⊇ σ(a) offen. Die Zuordnung Z 1 Φ: O(U ) → A, f 7→ f (a) = f (ζ)Ra (ζ) dζ, 2πi Γ wobei Γ ein Zyklus in U um σ(a) ist, ist ein Homomorphismus von Algebren mit Eins. Weiter gilt 126 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 15.2.2002 (1) Φ(z n ) = an , n ∈ N . (2) Ist f (σ(a)) ⊆ C × , so ist f (a) ∈ A× mit f (a)−1 = f −1 (a) für f −1 (z) := f (z)−1 , z ∈ U . (3) Ist (fn )n∈N eine Folge in O(U ), die gleichmäßig auf jeder kompakten Teilmenge von U gegen f ∈ O(U ) konvergiert, so gilt fn (a) → f (a). Beweis. Die Linearität von Φ folgt direkt aus der Definition und der Linearität des Integrals. Um Φ(f g) = Φ(f )Φ(g) einzusehen, wählen wir für f und g Zykel Γf und Γg , die keinen Punkt gemeinsam haben, und zwar so, daß Γg die kompakte Menge σ(a) innerhalb der offenen Menge V := {x ∈ C \ Γ∗f : windx (Γf ) = 1} umläuft. Dann gilt definitionsgemäß windx (Γg ) = 0 für alle x ∈ Γ∗f und windy (Γf ) = 1 für alle y ∈ Γ∗g . Damit erhalten wir I I 1 1 f (ζ)Ra (ζ) dζ · g(ζ 0 )Ra (ζ 0 ) dζ 0 f (a)g(a) = 2πi Γf 2πi Γg I I h i 1 1 = g(ζ 0 ) f (ζ)Ra (ζ) dζ Ra (ζ 0 ) dζ 0 2πi Γg 2πi Γf I I h i 1 1 0 0 = g(ζ ) f (ζ)Ra (ζ)Ra (ζ ) dζ dζ 0 . 2πi Γg 2πi Γf Aus der Resolventengleichung Ra (ζ)−Ra (ζ 0 ) = (ζ 0 −ζ)Ra (ζ)Ra (ζ 0 ) erhalten wir Ra (ζ)Ra (ζ 0 ) = Ra (ζ) Ra (ζ 0 ) + ζ0 − ζ ζ − ζ0 und daher ergibt sich für obiges Doppelintegral: I h 1 I i f (ζ) 1 0 g(ζ ) dζ Ra (ζ 0 ) dζ 0 0 2πi Γg 2πi Γf ζ − ζ I h I g(ζ 0 ) i 1 0 + f (ζ) dζ Ra (ζ) dζ. 0 (2πi)2 Γf Γg ζ − ζ Wegen windζ (Γg ) = 0 für alle ζ ∈ Γ∗f verschwindet das Integral I g(ζ 0 ) dζ 0 0−ζ ζ Γg und wegen windζ 0 (Γf ) = 1 für ζ 0 ∈ Γ∗g haben wir I f (ζ) 1 0 f (ζ ) = dζ. 2πi Γf ζ − ζ 0 Damit erhalten wir weiter 1 f (a)g(a) = 2πi I Γg g(ζ 0 )f (ζ 0 )Ra (ζ 0 ) dζ 0 = (f · g)(a). V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 127 (1) Für f (z) = z n können wir den Zyklus beliebig groß wählen, zum Beispiel als Rand einer Kreisscheibe, die σ(a) im Innern enthält, also Γ∗ = {z ∈ C : |z| = r} mit r > r(a) . In diesem Fall können wir die Resolventenfunktion R durch die konvergente Potenzreihe ∞ X −1 Ra (ζ) = (ζ1 − a) = ζ −1−n an n=0 ∗ beschreiben. Da diese Reihe auf Γ gleichmäßig konvergiert, dürfen wir für das Integral Summation und Integration vertauschen und erhalten so für f (z) = z n : I I ∞ h i X 1 1 n ζ Ra (ζ) dζ = ζ n ζ −1−k dζ · ak f (a) = 2πi Γ 2πi Γ k=0 I ∞ ∞ X X 1 ζ n−k−1 dζ · ak = δn,k ak = an . = 2πi Γ k=0 k=0 (2) Hierzu wählen wir den Zyklus Γ um σ(a) so, daß er in der offenen Menge V := f −1 (C × ) verläuft. Dann folgt die Behauptung aus der Tatsache, daß die Zuordnung O(V ) → A, f 7→ f (a) ein Homomorphismus von Algebren mit Eins ist. (3) Aus der Voraussetzung folgt die gleichmäßige Konvergenz von fn |Γ∗ gegen f |Γ∗ . Also konvergiert die A-wertige Funktion fn Ra auf Γ∗ gleichmäßig gegen f Ra . Hieraus folgt die Behauptung. Spektralabbildungssatz Satz V.7. Für a ∈ A und f ∈ O(U ), U ⊇ σ(a) gilt σ(f (a)) = f (σ(a)). Beweis. Sei λ 6∈ f (σ(a)) . Dann erhalten wir eine holomorphe Funktion g(z) := (f (z)−λ)−1 auf einer Umgebung Ug ⊆ U von σ(a) . Da Φ: O(Ug ) → A, h 7→ h(a) ein Homomorphismus von Algebren mit Eins ist (Theorem V.6), ist Φ(g)Φ(f − λ1) = Φ(f − λ1)Φ(g) = Φ(1) = 1, also f (a) − λ1 ∈ A× und somit λ 6∈ σ(f (a)) . Also ist σ(f (a)) ⊆ f (σ(a)). Sei nun µ ∈ f (σ(a)) , also µ = f (ζ) für ein ζ ∈ σ(a) . Wir betrachten auf U die holomorphe Funktion 0 f (ζ) für z = ζ g(z) := f (z)−f (ζ) für z ∈ U \ {ζ}. z−ζ Dann gilt g(z) · (z − ζ) = f (z) − f (ζ) = f (z) − µ, z∈U und daher g(a)(a − ζ1) = f (a) − µ1. Wegen ζ ∈ σ(a) ist dieses Element von A nicht invertierbar, also µ ∈ σ(f (a)). 128 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 15.2.2002 Satz V.8. (Kompositionsformel) Sind U, V ⊆ C offen, σ(a) ⊆ U , f ∈ O(U ) mit f (σ(a)) ⊆ V und g ∈ O(V ), so ist g(f (a)) definiert und es gilt g(f (a)) = (g ◦ f )(a). Beweis. Aus dem Spektralabbildungssatz folgt zunächst die Gleichheit σ(f (a)) = f (σ(a)) ⊆ V, so daß g(f (a)) definiert ist. Andererseits ist W := f −1 (V ) eine offene Menge, die σ(a) enthält, so daß wir uns g ◦ f als holomorphe Funktion auf W denken können. In diesem Sinn ist (g ◦ f )(a) definiert. Wir wählen nun den Zyklus Γf um σ(a) in W und Γg um f (σ(a))∪f (Γ∗f ) in V . Damit erhalten wir I 1 (g ◦ f )(a) = g(f (ζ))Ra (ζ) dζ 2πi Γf I h I 1 1 g(λ) dλ Ra (ζ) dζ = 2πi Γf 2πi Γg λ − f (ζ) I h 1 I 1 Ra (ζ) g(λ) dζ dλ = 2πi Γg 2πi Γf λ − f (ζ) I 1 = g(λ)(λ1 − f (a))−1 dλ 2πi Γg = g(f (a)) unter Verwendung der Formel 1 g(f (ζ)) = 2πi I Γg g(λ) dλ. λ − f (ζ) Bemerkung V.9. Legt man sich die Frage vor, warum man sich für Funktionalkalküle auf Banach-Algebren auf holomorphe Funktionen einschränkt, so ist es instruktiv, das folgende Beispiel zu betrachten. Sei D := {z ∈ C : |z| ≤ 1} und A := {f ∈ C(D): f |D0 ∈ O(D0 )}. Wir betrachten das Element a = idD ∈ A. Dann ist σ(a) = D , wie man leicht verifiziert. Für jede holomorphe Funktion f : U → C , U eine offene Umgebung von D , gilt dann wegen Bemerkung V.2(2): I I 1 1 f (ζ) f (a)(z) = f (ζ)Ra (ζ)(z) dζ = dζ = f (z). 2πi Γ 2πi Γ ζ − z Ist h eine Funktion auf σ(a) , so erwartet man von jedem Funktionalkalkül entspreched h(a)(z) = h(z) . Hieraus sieht man, daß man für A keinen Spektralkalkül erwartet, der sich zum Beispiel auf stetige Funktionen auf D ausdehnen läßt. Für mehr Details über den holomorphen Spektralkalkül und einige interessante Anwendungen verweisen wir auf das “Funktionalanalysis”-Buch von H. Heuser und [Ru73]. V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren Beispiel V.10. (a) Seien 129 (Anwendungen auf die Exponentialfunktion) Ω1 := {z ∈ C : | Im z| < π} und Ω2 := C \] − ∞, 0[. Dann ist exp: Ω1 → Ω2 biholomorph. Wir schreiben log := (exp |Ω1 )−1 für die holomorphe Umkehrabbildung. Sei nun A eine Banachalgebra mit Eins und Ωi (A) := {a ∈ A: σ(a) ⊆ Ωi }, i = 1, 2. Aus dem Spektralabbildungssatz und der Kompositionsformel folgt dann sofort, daß ∞ X an expA : Ω1 (A) → Ω2 (A), a 7→ exp(a) = n! n=0 eine bijektive Abbildung mit der Umkehrabbildung logA : Ω2 (A) → Ω1 (A), a 7→ log(a) ist. Auf den Teilmengen N := {a ∈ A: σ(a) = {0}} ⊆ Ω1 (A) und U := {a ∈ A: σ(a) = {1}} ⊆ Ω2 (A) erhalten wir analog zueinander inverse Funktionen expA : N → U und logA : U → N. Für jedes g ∈ U ist r(g−1) = 0 , so daß die Logarithmusreihe in g−1 konvergiert, und wir erhalten ∞ X (−1)n+1 logA (g) = (g − 1)n . n + 1 n=1 (b) Ist p = p2 ∈ A ein idempotentes Element, so gilt exp 2πip = 1, denn exp(2πip) = ∞ ∞ X X (2πi)n (2πip)n =1+ p = 1 + (e2πi − 1)p = 1. n! n! n=0 n=1 Sind p1 , . . . , pn idempotent und gilt pn pm = δnm pn , so erhalten wir für Zahlen kj ∈ Z direkt X exp 2πi kj pj = exp(2πik1 p1 ) · · · exp(2πikn pn ) = 1. j (c) Wir zeigen nun, daß sich jedes P Elemetn x ∈ A mit exp(2πix) = 1 schreiben läßt als endliche Summe x = j kj pj wie in (b). 130 V. Holomorpher Spektralkalkül in Banachalgebren 15.2.2002 Zunächst erhalten wir aus {1} = σ(exp 2πix) = exp(2πiσ(x)) die Beziehung σ(x) ⊆ Z. Also ist σ(x) eine endliche Teilmenge von Z. Sei nun fn lokal konstant auf einer Umgebung von σ(x) mit fn (m) = δnm für m ∈ Z. Dann gilt fn fm = δnm fn auf einer Umgebung von σ(z) . Wir setzen pn := fn (x) . Dann sind die Elemente pn idempotent und es gilt pn pm = δnm pP n , da die Funktionen fn die entsprechenden Eigenschaften P P besitzen. Aus 1 = j fj auf σ(x) folgt weiter 1 = j pj und daher x = j xpj . Hieraus erhalten wir pj = pj exp x = exp(pj x). Wir betrachten nun die Banach-Unteralgebra Aj := {a ∈ A: pj a = apj = a} mit dem Einselement pj , die pj x enthält. Sei pj x 6= 0 . Wegen σ(pj x) = σ(fj (x) id(x)) = σ(jfj (x)) = {j}. Also ist pj (x − j1) ein quasinilpotentes Element in Aj mit exp(2πipj (x − j1)) = 1. Wegen (b) folgt hieraus pj (x − j1) = 0 und daher pj x = jpj . Hieraus folgt P die Darstellung x = j jpj . Ende