INFORMATION DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR JUSTIZ DAS GESCHWORENENGERICHTLICHE VERFAHREN INFORMATION ZUM STRAFVERFAHREN GEGEN JOSEF F. März 2009 Personenbezogene Ausdrücke in dieser Broschüre umfassen Frauen und Männer gleichermaßen. Impressum Herausgeber: Bundesministerium für Justiz 1070 Wien, Museumstraße 7 Redaktion: Abteilung Pr 3 Inhalt: Abteilung IV 2 (E-Mail: [email protected]) INHALTSÜBERSICHT Zuständigkeit und Zusammensetzung des Landesgerichtes als Geschworenengericht 1 Der Schwurgerichtshof 1 Die Geschworenenbank 1 Geschworene 2 Der Ablauf eines geschworenengerichtlichen Verfahrens 4 Das Ermittlungsverfahren 4 Die Hauptverhandlung 6 Der Ablauf der Hauptverhandlung 7 Die Beteiligten des geschworenengerichtlichen Verfahrens 9 Das Strafverfahren gegen Josef F. 10 Zuständigkeit und Zusammensetzung des Landesgerichtes als Geschworenengericht Zuständigkeit des Landesgerichtes als Geschworenengericht Wenn dem Angeklagten besonders schwere Verbrechen (z.B. Mord, Sklavenhandel, besonders schwere Fälle von Vergewaltigung) oder politische Delikte angelastet werden, obliegt die Hauptverhandlung und die Urteilsfällung dem Landesgericht als Geschworenengericht. Zusammensetzung des Landesgerichtes als Geschworenengericht Das Landesgericht als Geschworenengericht setzt sich aus dem Schwurgerichtshof und der Geschworenenbank zusammen. Liegt dem Angeklagten ein Sexualdelikt (z.B. Vergewaltigung) zur Last, müssen mindestens jeweils zwei Geschworene dem Geschlecht des Angeklagten und dem Geschlecht des Opfers angehören. Der Schwurgerichtshof Der Schwurgerichtshof besteht aus einem Senat von drei Berufsrichtern (ein Vorsitzender und zwei beisitzende Richter; bei längeren Verfahren sind auch Ersatzrichter beizuziehen). Der Vorsitzende leitet den Gang der Hauptverhandlung. Der Schwurgerichtshof entscheidet alleine über prozessrechtliche Fragen und im Falle eines Schuldspruchs durch die Geschworenen gemeinsam mit diesen über die Höhe der zu verhängenden Strafe. Die Geschworenenbank Die Geschworenenbank besteht aus acht Geschworenen (bei längeren Verfahren sind auch Ersatzgeschworene beizuziehen), die alleine über die Frage der Schuld 1 oder Unschuld des Angeklagten entscheiden. Im Falle eines Schuldspruchs entscheiden die Geschworenen gemeinsam mit dem Schwurgerichtshof über die Höhe der zu verhängenden Strafe. Geschworene Das Amt des Geschworenen verfassungsgesetzlich ist ein vorgeschriebenen Ehrenamt Mitwirkung und des besteht Volkes in der an der Rechtsprechung. Diese Mitwirkung ist in Österreich allgemeine Bürgerpflicht! Geschworene werden nach dem Geschworenen- und Schöffengesetz in einem aufwändigen Zufallsverfahren aus der Wählerevidenz ermittelt; wirken als unabhängige Richter an der Strafgerichtsbarkeit mit und unterliegen in dieser Eigenschaft keinerlei Weisungen: niemand kann ihnen die Anordnung erteilen, einen Angeklagten für schuldig oder nicht schuldig zu befinden oder eine bestimmte Strafe zu verhängen! tragen daher eine hohe Verantwortung, da sie ohne Voreingenommenheit und ohne vorgefasste Meinung an die Strafsache heranzugehen und ausgewogen und nach objektiven Maßstäben zu urteilen haben: Jeder Angeklagte hat das Recht auf eine faire und vorurteilsfreie Behandlung und gilt bis zu seiner Verurteilung als unschuldig! Von einer Mitwirkung als Geschworener ist ausgeschlossen, wer am bisherigen Verfahren beteiligt war, durch die Straftat geschädigt worden sein könnte oder als Zeuge in Betracht kommt. Das Gleiche gilt, wenn ein Angehöriger des Geschworenen am Verfahren beteiligt war oder geschädigt worden sein könnte. Geschworene sind weiters vom Verfahren ausgeschlossen, wenn sonstige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Solche Umstände sind dem Vorsitzenden des Geschworenengerichtes unverzüglich anzuzeigen. Dieser hat auch über allfällige Anträge auf Ablehnung von Geschworenen zu entscheiden. 2 Geschworene entscheiden immer alleine über die Frage der Schuld oder Unschuld des Angeklagten. Diese Entscheidung wird als „Wahrspruch“ bezeichnet. Sie kommt zustande, indem die Geschworenen über die vom Schwurgerichtshof vorzubereitenden Fragen abstimmen. Diese Fragen sind aus dem Gesetz und dem Verhandlungsgegenstand vorgegeben. Sie sind so zu stellen, dass sie nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Die Fragestellung durch die Berufsrichter soll sicherstellen, dass die Geschworenen eine umfassende, rechtlich korrekte Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen können. Zur weiteren rechtlichen Klärung der einzelnen Fragen und dem Verhältnis dieser Fragen zueinander ist den Geschworenen daher vom Vorsitzenden auch eine „Rechtsbelehrung“ zu erteilen. Diese dient dazu, sämtliche Unklarheiten über die Fragen auszuräumen und allfällige Missverständnisse zu vermeiden. 3 Der Ablauf eines geschworenengerichtlichen Verfahrens Geschworene wirken im Strafverfahren nicht von Anfang an, sondern erst in der Hauptverhandlung mit. Bevor es zu einer solchen Hauptverhandlung kommt, hat oft schon ein umfangreiches Vorverfahren – das Ermittlungsverfahren – stattgefunden, in welchem die Staatsanwaltschaft gemeinsam mit der Kriminalpolizei den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht soweit zu klären hat, dass sie über Erhebung der Anklage oder sonstige Beendigung des Strafverfahrens entscheiden kann. Im gesamten Verfahren haben Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht die Wahrheit zu erforschen und alle Tatsachen aufzuklären, die für die Beurteilung der Tat von Bedeutung sind. Dabei ist unparteilich und unvoreingenommen vorzugehen. Die zur Belastung und Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände sind mit gleicher Sorgfalt zu ermitteln! Das Ermittlungsverfahren Das Ermittlungsverfahren wird von der Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft im Einvernehmen geführt, ist ein nicht öffentliches Verfahren, in welchem die Beweise aufzunehmen sind, die für die Entscheidung über die Erhebung der Anklage unerlässlich sind. Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren und entscheidet über dessen Fortgang (Ermittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahmen, wie z.B. Vernehmungen von Beschuldigten und Zeugen, Durchsuchungen von Orten und Gegenständen, DNA-Untersuchungen, Sachverständigengutachten, besondere Einholung Ermittlungsmaßnahmen Überwachung von Nachrichten, Festnahme des Beschuldigten) und 4 von wie Beendigung (Einstellung des Verfahrens, Rücktritt von der Verfolgung oder Anklageerhebung). Das Gericht (ein Berufsrichter) entscheidet im Ermittlungsverfahren über Anträge der Staatsanwaltschaft auf Bewilligung bestimmter Wohnräumlichkeiten, Zwangsmittel Festnahme des (z.B. Durchsuchung Beschuldigten, Verhängung von und Fortsetzung der Untersuchungshaft) und führt im Ermittlungsverfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft die „Tatrekonstruktion“ (Nachstellen des Tatverlaufs am Tatort sowie dessen Tonund Bildaufnahme) und die „kon-tradiktorische Vernehmung“ (gerichtliche Vernehmung unter Beteiligung von Staatsanwaltschaft, Beschuldigten, Opfern und deren Vertretern) von Zeugen und Beschuldigten durch. Eine solche Vernehmung ist nur dann zulässig, wenn die unmittelbare Vernehmung in der Hauptverhandlung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr möglich sein wird. Sie wird im Regelfall in Ton und Bild aufgezeichnet, sodass die spätere Vorführung der Vernehmung in der Hauptverhandlung möglich ist. Das Ermittlungsverfahren dauert so lange, bis die Staatsanwaltschaft geklärt hat, ob gegen den Beschuldigten Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen ist. In folgenden Fällen kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom Oberlandesgericht überprüft werden: bei Einstellung des Verfahrens: auf Grund eines Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens bei Erhebung einer Anklageschrift: auf Grund eines Einspruchs gegen die Anklageschrift. Wenn gegen die Anklageschrift kein Einspruch erhoben wird oder ein solcher ohne Erfolg bleibt, ist die Anklageschrift samt Ermittlungsakt dem nach der festen Geschäftsverteilung zuständigen Vorsitzenden des Geschworenengerichtes vorzulegen, der einen Termin für die Hauptverhandlung festzulegen hat. Die Zuständigkeit der weiteren Berufsrichter ergibt sich auch aus der festen 5 Geschäftsverteilung des Gerichtes. Die Auswahl der Geschworenen erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Die Hauptverhandlung Die Hauptverhandlung bildet den Schwerpunkt des Strafverfahrens. Die im Ermittlungsverfahren gesammelten Beweise müssen zur Gänze vor neuen, an den Ermittlungen unbeteiligten Richtern noch einmal aufgerollt werden, die mit Unbefangenheit an die Strafsache herantreten und nur aufgrund der in der Hauptverhandlung vorkommenden Beweise ihre Entscheidung treffen. Staatsanwaltschaft und Angeklagter stehen einander in der Hauptverhandlung mit gleichen Rechten gegenüber und haben dort die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Der Angeklagte muss durch einen Verteidiger vertreten sein, der ihm beratend und unterstützend zur Seite steht. Die Durchführung der Hauptverhandlung muss mündlich und öffentlich erfolgen. In der Hauptverhandlung sind alle Beweise, die Grundlage für das Urteil sind, unmittelbar aufzunehmen. Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit: Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit besteht, wenn der persönliche Lebensbereich von Beteiligten erörtert wird (z.B. im Falle von Sexualdelikten), oder wenn wegen besonderer Gefährdung die Identität eines Zeugen geschützt werden muss. Die Urteilsverkündung hat jedoch stets öffentlich zu erfolgen. Ausnahmen vom Grundsatz der Unmittelbarkeit: Beweisaufnahmen Tonaufnahmen durch sind nur Verlesungen zulässig, oder wenn Vorführungen die von Bild- Beweisaufnahme in und der Hauptverhandlung aus tatsächlichen (z.B. bei verstorbenen Zeugen) oder rechtlichen Gründen (z.B. im Falle von Sexualdelikten, wo die wiederholte Befragung der Opfer zur Vermeidung von seelischen Belastungen vermieden werden soll) nicht mehr möglich ist. 6 Der Ablauf der Hauptverhandlung Aufruf der Strafsache durch den Schriftführer. Befragung des Angeklagten durch den Vorsitzenden zu seinen persönlichen Daten und Ermahnung des Angeklagten zur Aufmerksamkeit auf die vorzutragende Anklage und auf den Gang der Verhandlung. Beeidigung der Geschworenen. Vortrag der Anklage durch den Staatsanwalt. Gegenäußerung des Verteidigers. Vernehmung des Angeklagten zur Sache (der Angeklagte hat das Recht, eine zusammenhängende Darstellung des Sachverhaltes aus seiner Sicht abzugeben; er hat aber auch das Recht, Angaben zur Sache überhaupt oder zu einzelnen Fragen zu verweigern). Im Gegensatz zu Zeugen darf der Angeklagte, sofern er niemand anderen zu Unrecht beschuldigt, auch die Unwahrheit sagen! Die Vernehmung erfolgt durch den Vorsitzenden, danach haben die beisitzenden Richter, die Geschworenen, der Staatsanwalt, die Opfer bzw. deren Vertreter und der Verteidiger das Recht, nach Erteilung des Wortes durch den Vorsitzenden Fragen zu stellen. Durchführung des Beweisverfahrens (z.B. Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen, Verlesung bedeutsamer Aktenstücke). Nach Befragung durch den Vorsitzenden haben auch die übrigen Verfahrensbeteiligten nach Erteilung des Wortes das Recht, Fragen zu stellen. Schluss des Beweisverfahrens durch den Vorsitzenden. Beratung des Schwurgerichtshofs über die Fragestellung an die Geschworenen. Die Beratung ist nicht öffentlich, die schriftliche Abfassung der Fragen ist danach vom Vorsitzenden in der öffentlichen Verhandlung vorzulesen. Schlussvorträge der Parteien („Plädoyers“ von Staatsanwalt, Opfer bzw. dessen Vertreter, Verteidiger). Dem Angeklagten gebührt jedenfalls das letzte Wort! 7 Schluss der Verhandlung Die Geschworenen begeben sich in das für sie vorgesehene Beratungszimmer. Dort erfolgt die Wahl des Obmanns der Geschworenen, der die Beratung der Geschworenen und die Abstimmung leitet und die Antworten der Geschworenen auf die gestellten Fragen niederschreibt. Zwischenzeitig berät der Schwurgerichtshof über die den Geschworenen zu erteilende „Rechtsbelehrung“, die schriftlich zu verfassen und den Geschworenen nach Wahl des Obmanns durch den Vorsitzenden mündlich vorzutragen ist. Die Rechtsbelehrung soll die Fragestellung in rechtlicher Hinsicht erklären und Unklarheiten beseitigen. Beratung und Abstimmung der Geschworenen über die Fragestellung. Bei der Beratung der Geschworenen können zur besseren Aufklärung schwieriger Tat- oder Rechtsfragen ausnahmsweise die Berufsrichter teilnehmen. Bei der Abstimmung entscheiden die Geschworenen immer alleine! Beachte: Der Inhalt der Beratung und die Abstimmung selbst unterliegen dem „Beratungsgeheimnis“! Die öffentliche Bekanntgabe, welche Argumente in der Beratung vorgebracht wurden, welcher Geschworene welche Meinung vertreten hat oder wie von den einzelnen Geschworenen abgestimmt wurde, kann eine gerichtliche Strafe nach sich ziehen! Nach Abstimmung der Geschworenen verständigt deren Obmann den Vorsitzenden. Schwurgerichtshof, Schriftführer, Staatsanwalt und Verteidiger begeben sich in das Beratungszimmer der Geschworenen und vernehmen den Wahrspruch (das ist die Entscheidung) der Geschworenen. Ausnahmsweise kann der Schwurgerichtshof den Geschworenen bei Missverständnissen oder Widersprüchen die Verbesserung des Wahrspruchs auftragen oder bei einem Irrtum der Geschworenen in der Hauptsache einhellig die Aussetzung des Wahrspruchs beschließen. Ist der Angeklagte aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen für schuldig befunden worden, erfolgt sodann die gemeinsame Beratung von Schwurgerichtshof und Geschworenen über die Höhe der zu verhängenden Strafe. Auch der Inhalt dieser Beratung unterliegt dem Beratungsgeheimnis! 8 Wiedereröffnung der öffentlichen Sitzung durch den Vorsitzenden und Verkündung des Wahrspruches und des Urteiles. Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden und Erklärung durch Angeklagten und Staatsanwalt, ob ein Rechtsmittel erhoben wird. Schriftliche Ausfertigung des Urteils durch den Vorsitzenden. Allenfalls Rechtsmittelverfahren Verfahrensfehlern oder Rechtsmittelverfahren vor (Nichtigkeitsbeschwerde Berufung dem wegen Obersten Höhe der Gerichtshof wegen Strafe). oder Im den Oberlandesgerichten entscheiden nur Berufsrichter. Die Beteiligten des geschworenengerichtlichen Verfahrens Vorsitzender: Berufsrichter, der den Gang der Hauptverhandlung leitet. Beisitzer: zwei weitere Berufsrichter, die gemeinsam mit dem Vorsitzenden den Schwurgerichtshof bilden und über prozessrechtliche Fragen entscheiden. Geschworener: „Laienrichter“, acht Geschworene entscheiden über Schuld des Angeklagten und gemeinsam mit dem Schwurgerichtshof über die Höhe der zu verhängenden Strafe. Schriftführer: Gerichtsbediensteter, der den Gang und den wesentlichen Inhalt der Hauptverhandlung in einem Protokoll schriftlich festhält. Staatsanwalt: Leitet das Ermittlungsverfahren, entscheidet über die Anklage und vertritt diese in der Hauptverhandlung. Gegen das Urteil des Geschworenengerichtes stehen ihm die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung zu. Verteidiger: Vertreter des Angeklagten, der diesem beratend und unterstützend zur Seite steht. Anders als der Staatsanwalt ist er nicht zur Objektivität verpflichtet und hat alles, was der Verteidigung des Angeklagten dient, vorzubringen. Auch ihm stehen die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung zu. Opfer: Person, die durch eine Straftat beeinträchtigt wurde. Das Opfer kann sich – im Regelfall durch einen Rechtsanwalt – vertreten lassen. Privatbeteiligter: Opfer, das gegen den Täter im Strafverfahren Ansprüche auf Schadenersatz oder Entschädigung geltend macht. Der Privatbeteiligte kann sich – im Regelfall durch einen Rechtsanwalt – vertreten lassen. Durch die Möglichkeit der Privatbeteiligung soll vermieden werden, dass Opfer ihre privatrechtlichen 9 Ansprüche gegen den Täter im Zivilrechtsweg einklagen müssen. Dem Privatbeteiligten stehen (eingeschränkt) ebenfalls Rechtsmittel offen. Das Strafverfahren gegen Josef F. Beim Landesgericht St. Pölten beginnt im “Inzestfall Amstetten” am Montag, dem 16. März 2009, um 9.30 Uhr im Schwurgerichtssaal (Zimmer 119) die Hauptverhandlung gegen Josef F. vor dem Geschworenengericht. Die Verhandlung wird an den folgenden Tagen fortgesetzt werden (Beginn jeweils 9.00 Uhr). Die Öffentlichkeit kann unter anderem aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder zum Schutz des persönlichen Lebensbereichs eines Beteiligten von der ganzen Verhandlung oder Teilen der Verhandlung ausgeschlossen werden. Die Urteilsverkündung hat jedenfalls öffentlich zu erfolgen. Soweit die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, sind Mitteilungen über diesen Teil bei Strafe untersagt. Sollte in Verhandlungsabschnitten die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, wird der Vizepräsident des Landesgerichtes St. Pölten an jedem Verhandlungstag den Medien für Fragen zur Verfügung stehen. Der Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht des Landesgerichtes St. Pölten ging ein umfangreiches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft St. Pölten voran. Josef F. wurde am 26. April 2008 festgenommen. In weiterer Folge wurde die Untersuchungshaft verhängt. Zur Aufklärung des Sachverhaltes wurden durch die Staatsanwaltschaft St. Pölten zahlreiche Ermittlungshandlungen durchgeführt 10 (Vernehmung des Beschuldigten, Vernehmungen von Zeugen, Durchsuchungen von Orten und Gegenständen, DNA-Untersuchungen, Einholung von Sachverständigengutachten, Tatrekonstruktion und Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung). Am 12. November 2008 wurde von der Staatsanwaltschaft St. Pölten beim Landesgericht St. Pölten die Anklageschrift gegen Josef F. eingebracht. Gegenstand der Hauptverhandlung sind folgende Anklagepunkte, die dem Angeklagten von der Staatsanwaltschaft St. Pölten zur Last gelegt werden: Mord: Josef F. steht im Verdacht, 1996 als leiblicher Vater den neugeborenen M. F. dadurch getötet zu haben, dass er es trotz Erkennens der lebensbedrohlichen Situation des Säuglings vorsätzlich unterließ, die erforderliche Hilfe durch Dritte zu veranlassen, sodass das Kind verstarb. Die Strafdrohung beträgt 10 bis 20 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe. Sklavenhandel: Josef F. steht im Verdacht, im Zeitraum vom 29. August 1984 bis zum 26. April 2008 bewirkt zu haben, dass Elisabeth F. in eine sklavereiähnliche Lage gebracht wurde, indem er sie im genannten Tatzeitraum in ein Kellerverlies verschleppte und einsperrte, sie in vollständige Abhängigkeit brachte, ihr sexuelle Dienste abverlangte und über sie wie über sein Eigentum verfügte. Die Strafdrohung beträgt 10 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe. Vergewaltigung: Josef F. steht im Verdacht, Elisabeth F. in einer Vielzahl von Tatangriffen regelmäßig zum Beischlaf genötigt zu haben. Die Strafdrohung beträgt 5 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe. Freiheitsentziehung: Josef F. steht im Verdacht, drei von ihm mit Elisabeth F. gezeugte Kinder jahrelang durch Einsperren in einem beengten, feuchten Kellerverlies seines Hauses ohne Fenster und somit ohne Tageslicht und direkter Frischluftzufuhr widerrechtlich gefangen gehalten zu haben. Die Strafdrohung beträgt 1 bis 10 Jahre Freiheitsstrafe. 11 Schwere Nötigung: Josef F. steht im Verdacht, vom 29. August 1984 bis zum 26. April 2008 Elisabeth F. und die drei gemeinsamen Kinder wiederholt durch gefährliche Drohung mit angebrachten Gas- und Sprengfallen zur Abstandnahme von Fluchtversuchen genötigt zu haben. Die Strafdrohung beträgt sechs Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe. Blutschande: Josef F. steht im Verdacht, wiederholt den Beischlaf mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, nämlich seiner Tochter Elisabeth F., vollzogen zu haben. Die Strafdrohung beträgt bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat die Bestrafung des Angeklagten wegen der angeführten Delikte und seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt. Das Landesgericht St. Pölten hat als Geschworenengericht über die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft St. Pölten zu entscheiden. Der Angeklagte hat das Recht auf eine faire und vorurteilsfreie Behandlung und gilt bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig! In rechtlicher Hinsicht findet bei einer allfälligen Verurteilung wegen mehrerer Delikte nach dem österreichischen Strafgesetzbuch eine Zusammenrechnung der für die einzelnen Delikte vorgesehenen Strafen nicht statt. Im Falle eines Schuldspruches richtet sich die Strafe nach dem mit der strengsten Strafe bedrohten Delikt. Die Begehung weiterer Delikte wäre bei der Strafbemessung als erschwerend zu werten. Die von der Staatsanwaltschaft St. Pölten beantragte Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher kann vom 12 Landesgericht St. Pölten im Falle der Verurteilung zugleich mit dem Strafausspruch angeordnet werden. Dazu muss im Verfahren festgestellt werden, dass der Angeklagte, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluss einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades eine schwere Straftat begangen hat, und wenn zu befürchten ist, dass er nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades weitere Straftaten mit schweren Folgen begehen werde. Für den Fall, dass eine Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet wird, wäre eine solche Unterbringung vor der zugleich verhängten Freiheitsstrafe zu vollziehen. Eine Unterbringung ist auf unbestimmte Dauer anzuordnen und so lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert. Die weitere Notwendigkeit der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist vom Gericht regelmäßig zu überprüfen. Die Zeit der Anhaltung ist auf die Strafe anzurechnen. Wenn die Unterbringung vor Ablauf der Strafzeit aufgehoben wird, ist der Rechtsbrecher in den Strafvollzug zu überstellen. 13