Moderne Fotopolymere in der restaurativen Zahnheilkunde (ZMK

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Dentalforum
Moderne Fotopolymere
in der restaurativen Zahnheilkunde
Direkte Veneers sind eine schnelle und elegante Lösung für die Behandlung ästhetisch defizitärer Frontzähne.
Unabdingbar für den Erfolg dieser Methode sind ein hochästhetisches Material sowie ein sensibles Vorgehen
bei der Farbwahl und der Schichtung. Um das Arbeitsverfahren zu verdeutlichen, werden im Rahmen des folgenden Anwenderberichts alle Schritte zur Herstellung direkter Veneers mit Amaris von der Farbnahme bis zum
Finieren beschrieben. Produktangaben fließen in die Ausführungen ein.
Moderne Kompositmaterialien sind in
der restaurativen Zahnheilkunde weit
verbreitet und kommen sowohl im
Seitenzahn- als auch im Frontzahnbereich zum Einsatz. Zu den Materialien, die aufgrund ihrer hohen Fes­
tigkeit und ästhetischen Eigenschaften für beide Indikationen in Betracht kommen, zählt beispielsweise
Amaris (Fa. VOCO, Cuxhaven). Dabei
handelt es sich um ein hochästhetisches Füllungsmaterial mit einem
Füllstoffgehalt von 80 Gew.% in einer Methacrylatmatrix (BIS-GMA,
UDMA, TEGDMA). Amaris kann mit
jedem Lichthärtegerät polymerisiert
werden und ist sowohl in Drehspritzen als auch in Caps zur direkten Applikation erhältlich. Die Anwendung
erfolgt zusammen mit einem DentinSchmelz-Adhäsiv (z. B. Futurabond
NR oder Solobond M, beide VOCO).
Amaris gibt es in Opak- und Transluzentfarben. Die Opakfarben (O1, O2,
O3, O4, O5, O Bleach) entsprechen
den natürlichen Dentinfarben. Die
Transluzentfarben (TL = Translucent
Light, TN = Translucent Neutral, TD =
Translucent Dark) entsprechen dem
natürlichen Schmelz. Zudem gibt es
mit Amaris Flow noch die fließfähigen Spezialfarben HO (High Opaque) und HT (High Translucent). Amaris kann universell für alle Kavitätenklassen eingesetzt werden.
Die Amaris-Komponenten sind so
konzipiert, dass sie Restaurationen in
der Mehrschichttechnik ermöglichen,
wobei sich die Schichtung des Materials in palatinal-vestibulärer Richtung
empfiehlt. Zwecks Farbbestimmung
wird der feuchte Zahn bei natürlichen
Lichtverhältnissen vor der Lokalanäs-
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thesie mit der Farbskala abgeglichen.
Die Wahl der Opakfarbe (O1–O5) erfolgt durch Abgleich der Farbskala
mit dem Zahnhalsbereich oder dem
feuchten Dentin innerhalb der Kavität. Die Transluzentfarbe (TL/TN/TD)
wird bestimmt, indem man die Farbskala mit der Schneidekante und den
Seitenflächen des Zahns abgleicht.
Die opaken Schichten werden in die
Tiefe der Kavität eingebracht und die
transluzenten Schichten in Richtung
der vestibulären Fläche aufgetragen.
Die opaken Schichten werden entsprechend der gängigen Füllungstechnik gelegt. Anschließend werden
die Transluzentfarben appliziert. Mit
den Amaris-Flow-Farbtönen HT und
HO wird zudem der Eindruck von hoher Transluzenz bzw. hoher Opazität
vermittelt, wodurch man individuelle
Restaurationen erhält. Während die
Applikation von HT an der Schneidekante der Konstruktion eine besonders originelle Note verleiht, können
mittels HO Verfärbungen an der
Oberfläche beseitigt werden.
Klinischer Fall | Vorbereitung | In
diesem klinischen Fallbeispiel verur­
sachte die Palatinalstellung der Zähne
11 und 21, die infolge von Pulpaexstirpation verfärbt waren, einen ästhetischen Defekt der Zahnreihe
(Abb. 1). Wir beabsichtigten deshalb
für beide Zähne mittels eines farbneutralisierenden Mehrschichtverfahrens bei gleichzeitiger vestibulärer
Freilegung (Abb. 2) direkte Veneers
herzustellen. Zudem sollten an Zahn
12 kariöse Läsionen im Approximalund Labialbereich versorgt werden.
Die Zähne wurden zunächst mit nicht
fluoridhaltiger Paste gereinigt und
anschließend gründlich mit Wasser
gespült. Die Wahl der benötigten
Materialfarbe erfolgte anhand des
Farbschlüssels an den lateralen
Schneidezähnen unter natürlichem
Licht. Zum Zahnhalsbereich, zum
Abb. 1: Zahn 11 und Zahn 21 haben sich nach einer endodontischen Behandlung verfärbt
und weisen eine orale Neigung auf. Kariöse Läsionen an Zahn 12 im Approximal- und
Labialbereich.
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Abb. 2: Planung der Restauration im
Mehrschichtverfahren mit dem lichthärtenden hochästhetischen Füllungsmaterial Amaris: 1 – heller Opaker (O1), 2
– Opaker (O3 und O2), die farblich passend zu den lateralen Schneidezähnen
gewählt werden, 3 – Transluzenzschicht
(TN, TL).
mittleren Bereich, zum Approximalbereich und zur Schneidekante wurde jeweils ein passendes Farbmuster
gewählt.
Im nächsten Schritt erfolgte die Planung der Restauration einschließlich
Odontometrie und Odontoskopie.
Die Odontometrie wies nach, dass
sich die vestibuläre Oberfläche der
mittleren Schneidezähne 0,7 Millimeter unter der Ebene des Zahnbogens
befindet. Die Querabmessungen der
mittleren Schneidezähne wichen
nicht wesentlich voneinander ab.
Mithilfe der Odontoskopie der mittleren Schneidezähne zeigte sich die
Merkmalsausprägung der Seitenstruktur: Der mesiale Winkel war kleiner als der distale, es wurde eine
leichte Wölbung des mesialen Kronenbereichs entdeckt. Die gingivale
Kontur (obere Grenze der Zahnkrone,
die entlang der marginalen Gingiva
verläuft) erschien kuppelartig. Die geplante Form der Vestibulärfläche war
annähernd rechtwinklig. Die Länge
der Approximalkontakte zwischen
den Zähnen soll von der Spitze der
Interdentalpapille bis zur Schneidekante reichen. Die Planungsphase
wurde durch die Wahl einer geraden
Schneidekante abgeschlossen.
Es erfolgte die minimalinvasive Präparation der Schneidezähne mittels
eines Turbinenhandstücks und feinkörniger Diamantbohrer unter Kühlung. Die Schleiftiefe wurde mit ei­
nem Markierungsbohrer gekennzeichnet. Mit einem kleinen Kugelbohrer wurde die Kontur der Veneerverblendung gefertigt. Aufgrund des
Verfärbungsgrades lag die hohlkehlförmig anzulegende Präparationsgrenze des gingivanahen Bereichs am
Gingivarand. Dabei musste der Gingivarand vor Verletzungen geschützt
werden. Die Präparation der Seitenflächen wurde dem Kontaktpunkt
angenähert, damit die Grenze zwischen Veneer und Zahn nicht auffällt.
Das Finieren des Schmelzes der vestibulären Fläche erfolgte mit einem
feinkörnigen Diamantbohrer.
Die fertig präparierte Vestibulärfläche
wies sowohl vertikal als auch mesiodistal eine leicht gewölbte Form auf.
Die Dicke des künftigen Veneers betrug im gingivanahen Bereich 0,7 Millimeter, im mittleren Bereich 1,0 Millimeter und im Bereich der Schneidekante 1,5 Millimeter.
Nach Abschluss der Präparation wurden die Zähne gründlich mit Wasser
gespült und dieses mit Luft trocken
geblasen (15 bis 20 Sekunden). Der
Kontakt mit Speichel ist zu vermeiden, damit auf der Schmelzoberfläche kein organischer Film entsteht,
der die Haftung des Füllungsmaterials
verschlechtern würde.
Danach erfolgte die adhäsive Vorbereitung. Hier wurde das lichthärten­de Einkomponenten-Dentin-Schmelzbond Solobond M verwendet, das ein
Wet-Bonding ermöglicht. Alle präparierten Fläche wurden, beginnend mit
den Schmelzrändern, angeätzt (Vococid, VOCO; Abb. 3), wobei die Verweildauer auf dem Schmelz ca. 30
Sekunden beträgt, auf Dentin höchs­
tens 15 Sekunden, dann wurde gespült und mit dem Luftbläser getrocknet (Abb. 4).
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Das Adhäsiv Solobond M wurde
gleichmäßig mit einem Einmalpinsel
auf allen präparierten Schmelz- und
Dentinflächen verteilt. Nach 30-sekündiger Einwirkzeit wurde leicht
verblasen und 20 Sekunden lang polymerisiert. Die Inhibitionsschicht darf
nicht entfernt, sondern muss vor
Kontamination geschützt werden, da
sie für die Haftung des Komposits
notwendig ist.
Materialschichtung | Nach dem
Bonden wurde sofort begonnen, den
beschädigten Zahn 11 mit Opaker zu
füllen. Dabei wurde zunächst die gesamte pigmentierte Vestibulärfläche
der zu restaurierenden Schneidezähne mit einem hellen Opaker (O1) bedeckt. Danach wurde die Hauptopakerschicht O3 zunächst im gingivanahen Bereich aufgetragen (Abb. 5).
Mit Bewegungen von der Mitte zur
Peripherie wurde das Komposit ausgeglättet, an die Zahnfläche gedrückt
und anschließend ausgehärtet. Als
Nächstes wurde ein hellerer Opaker
O2 auf den vorigen aufgetragen und
im Äquatorbereich mit einem breiten
Abb. 3: Ätzen des Schmelzes mit dem Ätzgel Vococid.
Abb. 4: Ansicht nach dem Ätzen des Schmelzes.
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Glätter oder Spatel in verschiedene Richtungen verteilt,
wobei die weiße Schicht bedeckt wurde (Abb. 6). Die erforderliche Anzahl von Materialschichten ist individuell unterschiedlich und hängt davon ab, wie viel Zahnhartsubstanz
fehlt. Die modellierte opake Basis, die entsprechend der
Form und dem Volumen das fehlende Dentin auffüllt, wird
in Übereinstimmung mit den zuvor gewählten Farbmus­
tern mit Transluzentfarben bedeckt (Abb. 7). In diesem Fall
wurden zwei Transluzenttöne benötigt: für den zervikalen
Bereich und die Hauptfläche des Veneers die Farbe TN, für
die Schneidekante TL. In die Patientenkarteikarte wurde ein
Schema der verwendeten Farben eingetragen.
Im Folgenden wurde eine opake Schicht des Komposits auf
die Vestibulärfläche des linken Schneidezahns aufgetragen
(Abb. 8). Die Modellierung der Zahnkonturen erfolgte in
Anlehnung an den symmetrischen 11er (Abb. 9).
An beiden Schneidezähnen wurde der gingivanahe Bereich
geformt, d. h. die Gingivakontur und die zervikale Wöl-
Abb. 6: Applikation des Opakers O2 auf den mittleren und Inzi­
salbereich von Zahn 11.
Abb. 5: Der Opaker O3 wird auf den Zahnhalsbereich von Zahn
11 aufgetragen.
Abb. 7: Die opake Basis von Zahn 11 ist mit Amaris-Transluzentfarben bedeckt.
Abb. 8: Eine opake Kompositschicht wird auf die Vestibulärfläche
von Zahn 21 aufgetragen.
Abb. 9: Modellieren von Zahn 21.
Abb. 10: Wiederherstellung der Farben des Zahnhalsbereichs und
der Approximalflächen an den Zähnen 11 und 21.
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Die Veneers wurden erst mit einem zylinderförmigen, konusartigen Rotring-Diamanten und dann mit einem feinen
Gelbring-Diamanten finiert. Anschließend kam ein superfeiner Diamantfinierer (Weißring) zum Einsatz. Während
für die Präparation der Palatinalflächen ein birnenförmiger
feinkörniger Schleifdiamant eingesetzt wurde, wurde der
approximale gingivanahe Bereich mit einem sehr feinen
und spitz zulaufenden Diamantfinierer („Moskito“) ausgeglättet. Die Finierung der Approximalflächen erfolgte dann
mit Polierstreifen. Mit dem Polieren der Vestibulärfläche
wurde die Bearbeitung der Veneers abgeschlossen (Abb.
11). Zu guter Letzt wurden die Zähne an der Peripherie der
Veneers mit einem Fluoridlack überzogen.
Abb. 11: Fertige Restaurationen, die Farbe vom 11er und 21er
wurde neutralisiert. Die Schneidezähne stehen nun im Zahnbogen.
Autoren:
Prof. Irina K. Lutskaya, Dr. Natalya V. Novak, Minsk
bung sowie der Neigungswinkel der Vestibulärfläche im
Bereich der Schneidekante. Eine dünne Schicht mit Transluzentfarben wurde entsprechend dem Transparenztyp des
Zahns 11 auf die vestibuläre Fläche und die Schneidekante
gebracht. Mit demselben Farbton wurde die Schneidekante modelliert und die Ecken der Krone wurden entsprechend abgedeckt (Abb. 10).
Korrespondenzadresse:
Prof. Irina Konstantinovna Lutskaya
Dr. Natalya Vladimirovna Novak
Department of Therapeutic Dentistry, Belarusian Medical
Academy of Post
Graduate Education (BelMAPGE),
P. Brovki st., 3, Minsk, Weißrussland (Belarus) 220013
Tel.: (+375 017) 232-25-49, 232-24-74, 232-25-83
Fax: (+375 017) 232-25-33
E-Mail: [email protected], http://belmapo.edu.by
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