Wie das Vermögen in Österreichs Haushalten verteilt ist

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Wie das Vermögen in Österreichs
Haushalten verteilt ist
Christoph Reinprecht und Gerhard Paulinger, 22. Mai 2015
Vermögen
ist
in
Österreich
ungleich
verteilt.
Privathaushalte unterscheiden sich nicht nur in Bezug darauf, wie viel sie insgesamt
besitzen, sondern auch, wie sich ihr Vermögen zusammensetzt (Guthaben auf
Girokonten, Immobilien, Sparbücher, Fonds, etc.). Sie können in acht verschiedene
Vermögenstypen eingeteilt werden. Und es zeigt sich: Ein Haushalt, der wenig hat,
wird seltener erben als ein vermögender Haushalt. Umgekehrt: Unter jenen Haushalten,
die bereits vermögend sind, bekommen bis zu 90 Prozent ein Erbe oder eine Schenkung.
Die Einteilung in acht Vermögenstypen österreichischer Haushalte ist das Ergebnis
einer Studie der Universität Wien im Auftrag der Arbeiterkammer Wien. Darin wurden
die österreichischen Haushalte auf Basis der HFCS-Daten nach Höhe und Struktur des
Haushaltsvermögens gruppiert.
Die Vermögen der Haushalte unterscheiden sich in Art, Höhe und Kombination. Die
Zusammensetzung aus unterschiedlichen Sach- und Finanzvermögen bestimmt nicht nur
den Wert und die Verwendungsmöglichkeiten des Vermögens, sondern auch die
Lebenslagen und Interessen der Haushaltsmitglieder.
Ziel der Studie war es, in der Vielfalt der möglichen Vermögenszusammensetzungen
eine Menge typischer Zusammensetzungen, also empirisch nachweisbare Gruppen von
Haushalten mit vergleichbaren Vermögensbeständen zu finden, und deren Eigenschaften,
Zusammensetzung und Unterschiede möglichst genau zu beschreiben.
Wer hat viel, und woher kommt das?
Auch in Österreich besteht die Tendenz, dass Erwerbsarbeit (und was man damit
verdient) immer weniger bedeutet im Vergleich zu dem, was man über Erbe oder
Schenkung erhält oder an Vermögenswerten erworben hat.
Als Datenbasis wurden die Sach- und Finanzvermögen des Household Finance and
Consumption Surveys (HFCS)
von 2.380 privaten Haushalten verwendet. Insgesamt
werden dort 14 Vermögenskategorien erhoben: der Wert des Hauptwohnsitzes und
weiterer Immobilien, der Wert von Fahrzeugen, Wertgegenständen, eines eigenen
Unternehmens, weiters die Werte von Guthaben auf Sparbüchern und Girokonten,
Fondsanteilen, Anleihen, Unternehmensanteilen, Aktien, treuhänderisch verwalteten
Konten, Außenständen, sonstige Vermögenswerte und private Altersvorsorge. Auf Basis
dieser Vermögensdaten wurden Haushalte mit ähnlicher Vermögenszusammensetzung zu
Gruppen zusammengefasst (Methode der Clusteranalyse).
Kernaussagen über Privathaushalte und ihr Vermögen
Die Ergebnisse der Analyse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Mehr als die Hälfte der österreichischen Haushalte verfügt über kein oder nur
sehr geringes Vermögen und könnte daher als vermögenslos bezeichnet werden.
2. Immobilien machen den Unterschied: Als die zentrale Trennlinie, ob jemand
vermögenslos oder vermögend ist, erweist sich der Besitz von Immobilien.
3. Die vermögenden Haushalte sind nicht homogen, sondern unterscheiden sich in
Höhe, Zusammensetzung und Erwerb, sowie in der Solidität und Rentabilität des
vorhandenen Vermögens.
4. Drei Viertel der vermögenden Haushalte, das entspricht rund einem Drittel aller
österreichischen
Haushalte,
verfügen
primär
über
selbst
genutztes
Immobilienvermögen, dem eine mehr oder weniger hohe Verschuldung gegenübersteht.
5. Haushalten mit geringem oder mittlerem Vermögen unterscheiden sich von
höhervermögenden und reichen Haushalten durch den Wert des Hauptwohnsitzes, den
Besitz
und
Wert
von
Wohnungen,
Gebäuden
und
Grundstücken
neben
dem
Hauptwohnsitz, den Besitz und Wert eigener Unternehmen, sowie die Höhe des
Finanzvermögens in Form von Sparguthaben und Anleihen.
6. Ein Viertel der vermögenden Haushalte, das entspricht gut zehn Prozent aller
österreichischen Haushalte, verfügt über Vermögen, das über selbst genutztes
Immobilienvermögen
hinausgeht
und
in
unterschiedlichem
Ausmaß
der
Vermögensvermehrung dient.
7. Wer wenig hat, wird wenig bekommen. Umgekehrt: Wer schon Vermögen besitzt, kann
zusätzliches erwarten. Die Erbquote, also der Anteil der Haushalte, die
zumindest eine Erbschaft oder Schenkung erhalten haben oder eine solche in
Aussicht ist, erweist sich ebenfalls als Trennlinie zwischen den Haushalten.
Zwei von drei vermögenslosen Haushalten werden keine Erbschaft oder Schenkung
erhalten, von Haushalten mit geringem oder mittlerem Vermögen wird etwa jeder
zweite eine Erbschaft oder Schenkung erhalten. Unter den vermögenden Haushalte
hingegen – also nur zehn Prozent aller Haushalte – bekommen jedoch bis zu 90%
eine Erbschaft.
8. H a u s h a l t e
mit
höheren
Vermögen
und
reiche
Haushalte
besitzen
überdurchschnittlich hohe Sach- und Finanzwerte, zugleich stammt ihr Vermögen
häufiger als im Schnitt aus Erbschaft oder Schenkung.
Charakterisierung der Vermögenstypen
Ergebnis der Klassifizierung sind acht unterschiedliche Vermögenstypen, die sich in
Höhe und Zusammensetzung des Vermögens relativ klar unterscheiden. Die Tabelle zeigt
die
Medianwerte
der
Sach-,
Finanz-
und
Gesamtvermögen
der
Haushalte
der
Vermögenstypen, sowie den Anteil der Vermögenstypen an der Gesamtheit der
österreichischen Haushalte.
Medianwerte nach Vermögenstypen, in Euro
Quelle: HFCS, eigene Berechnungen
Durch die folgende Beschreibung der Vermögenstypen mit weiteren im HFCS erhobenen
Informationen zeigt sich ein genaueres Bild der Haushalte:
Typ 1 Nichtvermögende Haushalte: häufiger jung, in Single-Haushalten, weiblich,
niedriger
Bildungsabschluss,
Armutsgefährdung;
geringer
Migrationshintergrund,
Anteil
mit
Arbeitslosigkeit
erhaltener
oder
und
erwarteter
Erbschaft/Schenkung
Typ 2 Geringvermögende Haushalte: vergleichsweise älter und häufiger in Pension;
relativ niedriger Bildungsabschluss; erhöhter Anteil an armutsgefährdeten
Haushalten
Typ 3 Geringvermögende Haushalte mit erhöhter Verschuldung: erhöhter Anteil an
DoppelverdienerInnenhaushalten; erhöhte Schuldenquote; in Summe höchster Anteil
an der Gesamtverschuldung der österreichischen Haushalte
Typ 4 Haushalte mit mittlerem Vermögen und erhöhtem Bildungskapital: höherer
Bildungsabschluss, Hauptwohnsitz häufiger selbst gebaut
Typ 5 Gutvermögende Haushalte: häufiger in Führungsposition; der Hauptwohnsitz
wurde im Vergleich häufig geerbt oder geschenkt erhalten
Typ 6 Haushalte mit Immobilienvermögen, Erben und Rentiers: höchste Erbquote,
gehäuft Einkommen aus Vermietung und Verpachtung von Immobilien, vergleichsweise
hohes Median-Haushaltseinkommen
Typ
7
Haushalte
mit
Landbesitz
und
Unternehmensvermögen:
mehrheitlich
selbstständig erwerbstätig, überdurchschnittliche Haushaltsgröße, Hauptwohnsitz
und Grundstücke gehäuft geerbt oder geschenkt erhalten
Typ 8 Hochvermögende und Reiche: höchster Anteil an Führungskräften, hohes
Median-Haushaltseinkommen, Erbquote weit über dem Durchschnitt
Die Analyse ergibt wichtige Hinweise auf weitere Differenzierungen quer zu den
genannten Vermögenstypen. So zeigt sich ein Untertypus der „prekär Vermögenden“.
Diese Haushalte verfügen zwar über Vermögen, sind zugleich jedoch einkommensarm und/
oder
durch
Verschuldung
belastet.
Weitere
Untertypen
sind
„Erben“
sowie
„VermögensakkumuliererInnen“. Letztgenannte verfügen über ein Vermögen, das zur
Mehrung von Reichtum eingesetzt werden kann.
Fazit
Die Ergebnisse der Typenbildung zeigen: Vermögen hat viele Gesichter.
Sie
unterstreichen die Wichtigkeit einer differenzierten Betrachtungsweise von Vermögen
und
liefern
damit
einen
kritischen
Beitrag
zur
Debatte
um
Vermögen
und
Vermögensbesteuerung.
Dieser Beitrag basiert auf Nummer 139 der Working Paper Reihe “Materialien zu
Wirtschaft und Gesellschaft” der AK Wien.
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