4. Energiesparendes und ökologisches Bauen Motivation für energiesparendes Bauen Wärmeschutzstandards werden immer besser Werterhalt der Immobilie Besserer Wärmeschutz bei Neubauten? Wozu? mehr Unabhängigkeit gegenüber schwankenden Energiepreisen Wenn ein Haus neu errichtet wird, wird die thermische Qualität des Gebäudes und somit auch der Heizenergiebedarf auf Jahrzehnte festgelegt. Der Wärmeschutz wird auf Jahrzehnte festgelegt Sanieren ist wesentlich teurer Behaglichkeit Nachträgliche Sanierungsmaßnahmen sind mit erheblich höheren Kosten verbunden. Verminderter Heizenergieverbrauch Klimaschutz Pensionsvorsorge 3 Die Qualität des Wärmeschutzes von Neubauten wird immer besser. Werterhalt der Immobilie lässt sich nur erzielen, wenn die Mindestansprüche von morgen berücksichtigt werden! Schwankende Energiepreise bergen keine so große Unsicherheit für das Haushaltsbudget, wenn der Heizenergiebedarf niedrig ist. Nicht zuletzt kann durch geringeren Heizenergiebedarf der Wohngebäude ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes geleistet werden. Ein Drittel des österreichischen Endenergieverbrauches wird für die Raumheizung benötigt. Auf keinem anderen Sektor des Energieverbrauches sind mit so einfachen Mitteln so hohe Effizienzsteigerungen möglich wie im Bereich Raumheizung. Motivation für die Althaussanierung In der Althaussanierung liegt das große Potential, am Sektor Raumwärme wesentliche Einsparungen beim CO2 Ausstoß Wertersteigerung Behaglichkeit Heizenergiezu erzielen. der Immobilie steigern verbrauch senken Nur ein Bruchteil der Häuser wird jährlich Heizkosten neu errichtet. Der große restliche Teil sind sparen Althäuser, die, je nach Errichtungsdatum mehr Unabhängigkeit Reduzierter CO2-Ausstoß gegenüber schwankenden Klimaschutz zum Teil einen sehr hohen Energieverbrauch Energiepreisen aufweisen. Neben den Vorteilen, die auch schon beim energiesparenden Neubau erwähnt wurden, kommt bei der thermischen Althaussanierung noch die Steigerung der Behaglichkeit dazu: Wenn die Bauteile gedämmt werden, erhöht sich die Oberflächentemperatur der Räume. Dies führt zu mehr Behaglichkeit, weil vom Körper nicht soviel Strahlungsenergie abgezogen wird. Besserer Wärmeschutz bei Altbauten? Wozu? 5 EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 51 Behaglichkeit All unsere Aktivitäten im Bereich Wohnraumschaffung haben nicht das Bauen selber zum Ziel. Auch nicht das Energiesparen. Menschen bauen nicht um des Bauens Willen, sondern um ein Zuhause zu schaffen, in dem sie sich behaglich und wohl fühlen. Und das muss finanzierbar sein. In zweiter Linie kommt daher der (Energie-) Spargedanke ins Spiel, denn schließlich müssen auch die laufenden Kosten finanziert werden. Foto: Ernst Jordan Unter diesem Blickwinkel ist wichtig zu beachten, welches die physikalischen (und physiologischen) Kriterien dafür sind, welche Zustände geschaffen werden müssen, um eine behagliche Wohnsituation herzustellen. Aus dem Blickwinkel von Menschen, die sich in erster Linie behagliche Wohnräume schaffen wollen: Wie muss gebaut werden, um dieses vordergründigste Ziel zu erreichen? Worauf muss geachtet werden? Behaglichkeits-Parameter: Parameter Lufttemperatur Temperaturunterschied Luft und Oberfläche Luftbewegung in Hautnähe Strahlungswärme Relative Luftfeuchtigkeit Empfindlichkeitsschwelle +/- 0,5 K 2 K4 K 0,1 m/s 25 W/m² +/- 15% Beurteilung sehr empfindlich empfindlich sehr empfindlich sehr empfindlich empfindlich wenig empfindlich Thermische Behaglichkeit Die thermische Behaglichkeit hängt immer von der Temperatur, der Aktivität und der Kleidung ab. Alle 3 Parameter können sich ändern und müssen aufeinander abgestimmt werden, damit sich thermische Behaglichkeit einstellt. Frischluft Aktivität Behaglichkeit Wohlbefinden Kleidung Im Winter mit einem Jogginganzug laufen zu Temperatur gehen, wird die thermisch richtige Bekleidung sein, hingegen für einen Spaziergang bei gleicher Temperatur wird ein Mantel nötig sein. Eine Rauminnentemperatur von 20°C kann ganz anders empfunden werden, wenn wir am Hometrainer strampeln oder über lange Zeit am Schreibtisch sitzen und bewegungslos arbeiten. Das schnellste und zuverlässigste Regelinstrument ist in diesem Fall die Bekleidung. 52 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Lufttemperatur und Oberflächentemperatur Die Temperatur, die wir wahrnehmen, setzt sich aus der Lufttemperatur und der Strahlungstemperatur zusammen. Temperatur Bewegung Konstruktion Oberfläche Luft Feuchte passiv Wärmezufuhr aktiv Wärme abgabe Energie träger Ausrichtung Fenster Regelung Wärme verteilung Oberflächentemperatur und Wärmestrahlung Jeder Körper strahlt aufgrund seiner Temperatur Wärme ab. Je wärmer ein Körper ist, umso mehr Wärme strahlt er ab. Wenn uns kühle Oberflächen umgeben, entziehen sie unserem Körper Wärmestrahlung, weil die umgebenden Flächen aufgrund der niedrigen Temperatur weniger Wärme in Richtung unseren Körper strahlen, als unser wärmerer Körper in Richtung der kalten Flächen. Wir kühlen aus, und empfinden das als sehr unangenehm. Eine erhöhte Lufttemperatur muss diesen abkühlenden Effekt wieder ausgleichen. Die mittlere Temperatur von Oberflächentemperatur und Lufttemperatur sollte etwa 20°C betragen. Für die Behaglichkeit ist es auch wichtig, dass die Differenz zwischen Luft- und Oberflächentemperatur möglichst gering ist. Das Behaglichkeitsdiagramm zeigt den Bereich bezüglich Luft- und Oberflächentemperatur, in dem wir uns behaglich fühlen. Diese Tatsache bedeutet, dass aus Behaglichkeitsgründen die Bauteile thermisch möglichst gut ausgeführt werden sollten. Anhand der Grafik auf der nächsten Seite lässt sich erkennen, dass sich bei einem Außenbauteil mit einem U-Wert von 0,2 auch bei –15 °C Außentemperatur eine Oberflächentemperatur an der RaumInnenseite von 19°C einstellt. Bei Passivhausqualität wird sogar 19,5°C erreicht. U U U Das gilt natürlich auch für Fenster und Verglasungen: je größer die Glasfläche ist, EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 53 umso mehr muss auf einen sehr geringen U-Wert geachtet werden, um thermische Behaglichkeit zu erzielen. Sitzbereiche in unmittelbarer Nähe von großen Verglasungen sollten vermieden werden: Selbst wenn ein U-Wert für die Verglasung von 0,5 erreicht wird, liegt die OberflächenInnentemperatur nur bei 18°C, wenn die Außentemperatur –10°C beträgt. Oberflächentemperatur [°C] 20 Te = 0°C Te = -5°C Te = -10°C Te = -15°C 19 18 17 16 15 14 13 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 U-Wert der Außenwand/des Fensters Bei Altbauten ist die Dämmung der Gebäudehülle nicht nur ein Energiesparargument, sondern die Erhöhung der Behaglichkeit der Wohnräume ist eine wichtige Motivation. Eine ungedämmte Ziegelmauer hat einen U-Wert von ca. 1,5 W/m²K. Wenn eine Außentemperatur von –10 °C herrscht, beträgt die Oberflächentemperatur an der Rauminnenseite ca. 14 °C und liegt damit kaum noch im Behaglichkeitsfeld. Auch wird eine große Differenz von Wärmestrahlung von unterschiedlichen Seiten als unangenehm empfunden (z. B. in einer kalten Nacht am Lagerfeuer zu sitzen). Das bedeutet aber auch für die Wärmeverteilung des Heizsystems, dass die Wärme möglichst mit geringen Temperaturen in die Räume eingebracht werden soll (NiedertemperaturWärmeabgabesystem: Wandheizung, Fußbodenheizung). Für die Behaglichkeit ist es wichtig, dass ein Raum wenig Wärme verliert: Wenn einem Raum nur wenige Wärme zugeführt werden muss, kann die Vorlauftemperatur des Heizsystems gering sein, und das wird behaglich empfunden. Altbauten benötigen im Vergleich zuviel Wärme, als dass diese mit einer Fußbodenheizung betrieben werden könnten. 54 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Frischluft Eine Notwendigkeit, die auch Behaglichkeit vermittelt, ist Frischluft. Durch Lüften müssen einerseits Schad-, Geruchsstoffe und CO2 abgeführt werden, andererseits auch Wasserdampf, der in bewohnten Räumen entsteht. mit WRG Täglich werden in einem Haushalt etwa 12 Zu- & Liter Wasser in Form von Wasserdampf in die Abluft ohne Raumluft abgegeben. Dieser entsteht durch WRG Duschen, Kochen, Atmung, Wäsche trocknen, Pflanzen. Fenster Die relative Luftfeuchtigkeit sollte nicht über 60% steigen. Einerseits wird eine wesentlich Frischluft höhere Luftfeuchtigkeit unbehaglich, und andererseits wächst die Wahrscheinlichkeit, Schimmelpilz-Wachstum an etwas kühleren Oberflächen zu begünstigen. Abluft Mechanische Lüftung Textilien, Möbel, Wand- und Bodenoberflächen können Schadstoffe abgeben. Diese müssen abgeführt werden. Geruchsstoffe bilden sich aufgrund menschlicher Ausdünstung und die Luft wird aufgrund der Atmung „verbraucht“. Der typische Mief, der sich beim Betreten eines längere Zeit nicht gelüfteten Raumes bemerkbar macht, korreliert ganz gut mit der CO2Anreicherung im Raum. Ist die CO2-Anreicherung im Raum zu hoch, dann treten Müdigkeitserscheinungen und Konzentrationsmängel auf. Der Grenzwert, den CO2 in der Raumluft nicht überschreiten soll, sind 1000 ppm und heißt Pettenkofferwert. Als Richtwert gilt, dass eine Person ca. 30m³ Frischluft pro Stunde benötigt. Je nach Aktivitätsgrad, etwas mehr oder weniger. Für Wohngebäude bedeutet das eine gewisse Luftwechselrate pro Stunde. Die Luftwechselrate ist der Anteil des Luftvolumens eines Hauses, das pro Stunde durch Frischluft ausgewechselt wird. Im Leitfaden zur Berechnung des Heizwärmebedarfs ist eine hygienische Luftwechselrate von mindestens 0,4 ¹/h vorgeschrieben. Beispiel: ein Haus hat eine Nettofläche von 150 m², die Raumhöhe beträgt 2,5 Meter. Somit beträgt das Nettovolumen 375m³. 375 m³ * 0,4 ¹/h sind 150 m³ Luft pro Stunde, die ausgetauscht werden müssen. Die Lüftung kann mittels Fensterlüftung erfolgen, oder eine Lüftungsanlage übernimmt den Luftaustausch. Es ist ein Qualitätsmerkmal der Gebäudehülle, wenn diese luftdicht ist. Wenn mittels Fensterlüftung gelüftet wird, muss dies konsequent alle 2 Stunden durch Stoßlüften erfolgen. Öfter wird darauf allerdings auch vergessen. EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 55 Auch in Schulklassen liegt die CO2Konzentration meistens weit über diesem Grenzwert. Dies wurde vor einigen Jahren erkannt, und es gibt Bestrebungen, in Schulen verstärkt Lüftungsanlagen einzubauen. 2500 2000 Lüftung ein 1500 Fenster gekippt Fenster geschlossen 1000 mit kontrollierter Lüftung 500 0 Fenster geschlossen 20:00 20:30 21:00 21:30 22:00 22:30 23:00 23:30 00:00 00:30 01:00 01:30 02:00 02:30 03:00 03:30 04:00 04:30 05:00 05:30 06:00 06:30 07:00 07:30 08:00 Ein wichtiger Punkt ist die Frischluftzufuhr im Schlafzimmer. Bei luftdichten Gebäuden ist hier aus Behaglichkeitsgründen eine Lüftungsanlage zu empfehlen. Wird nicht gelüftet, steigen die CO2-Werte bereits nach etwa 2 Stunden über die Pettenkoffergrenze, ein Grenzwert, der hygienisch einwandfreie Luft definiert. An Lüftungsanlagen gibt es mehrere Varianten: Es gibt reine Abluftanlagen: die Luft wird mittels Ventilator aus dem Gebäude geblasen. Durch Lufteintrittsöffnungen in der Gebäudehülle strömt die Außenluft in das Gebäude. Einzelraumlüftungsanlagen: Durch eine Öffnung in der Außenwand wird die Zuluft in das Gebäude eingebracht und die Raumluft abgeführt. An der Innenseite werden die beiden Luftströme meistens noch über einen kleinen Wärmetauscher geführt, sodass sich die Zuluft anwärmen kann. Es muss darauf geachtet werden, dass sich weder an der Rauminnenseite noch an der Außenseite ein Luftstromkurzschluss bildet. Zentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung (Siehe Kapitel 7) Luftbewegung Wir sind sehr empfindlich auf Luftbewegung und Zugerscheinungen. Aus Behaglichkeitsgründen ist daher darauf zu achten, dass die Luftaustrittsgeschwindigkeiten bei der Lüftungsanlage sehr gering sind. Eine richtig geplante und ausgeführte Lüftungsanlage sollte nicht wahrgenommen werden. Das Behaglichkeitsdiagramm zeigt, dass Luftgeschwindigkeiten von unter 0,1 m/s im Temperaturbereich von 18 bis 23 °C kein Problem sind. Ab 0,15 m/s wird 20 °C-warme Luft als kalt empfunden, d.h. je höher die Luftgeschwindigkeit wird, umso wärmer muss die Lufttemperatur sein. Ab 0,4 m/s wird die Luftbewegung als Zug empfunden. 56 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Luftfeuchtigkeit Auf Luftfeuchtigkeit sind wir, wenn diese keine extremen Werte annimmt, relativ unempfindlich. Die Luftfeuchtigkeit sollte sich in einem relativ großen Bereich zwischen 30% und 60% relativer Feuchte bewegen. Eine Gefahr, im Winter eine zu geringe Luftfeuchtigkeit zu erreichen, stellt eine Lüftungsanlage dar, die auf eine zu hohe Luftwechselzahl eingestellt ist. Die Gefahr besteht dann, wenn mittels der Lüftungsanlage nicht nur gelüftet, sondern wie im Passivhaus üblich, mit der Zuluft auch geheizt wird. Hier muss die Luftmenge nicht nur die Frischluft bereitstellen, sondern auch die nötige Wärme einbringen. Und da kann es passieren, dass das Haus mehr Wärme benötigt, und dass mehr angewärmte Frischluft aus Beheizungsgründen eingebracht werden muss, als aus hygienischen Gründen notwendig ist, dass also die Anlage mit größerer Luftwechselrate als mit 0,4 ¹/h betrieben wird. Die Außenluft ist im Winter sehr trocken, beinhaltet wenig absolute Feuchte. Wenn diese Luft aufgewärmt wird, bekommt sie eine sehr geringe relative Luftfeuchtigkeit. EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 57 Energiebedarf von Häusern 1 Häuser, deren Bauteile den Wärmeschutzanforderungen der Bauordnung (bis 2008) genügen, haben eine Energiekennzahl (EKZ) von ca. 75 bis 90. Der Jahresheizwärmebedarf liegt bei ca. 10.000 Das Bauordnungshaus bis 20.000 kWh (Bauordnung ab 2010: Einfamilienhäuser, die nach den wärmetechnischen Vorschriften der Bauordung ausgeführt werden, haben eine EKZ von ca. 50 bis max. 66,5 kWh/m2a, und somit einen Heizwärmebedarf von ca. 7.000 bis 15.000 kWh.) ½ Niedrigenergiehäuser haben die Hälfte der Energiekennzahl eines Hauses nach Bauordnung (bis 2008). Das Niedrigenergiehaus ¹/7 Jahresheizwärmebedarf liegt ca. bei 3.000 bis 10.000 kWh Passivhäuser haben 1/7 der Energiekennzahl eines Hauses nach Bauordnung Der Jahresheizwärmebedarf liegt bei ca. 1.000 bis 3.000 kWh Das Passivhaus 2–5 Das Althaus 58 Althäuser haben eine Energiekennzahl, die 2 bis 5 mal so hoch ist wie die eines Hauses nach Bauordnung. Der Heizwärmebedarf liegt bei 20.000 bis 50.000 kWh Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Die Energiekennzahl Es gibt mehrere Arten von Energiekennzahlen. Die Energiekennzahl ist eine Kennzahl und gibt an, wie viel Energie (Nutzenergie oder Endenergie, nur Heizenergie, oder mit Warmwasser und Haushaltsstrom) pro Bezugsgröße benötigt wird. Energiekennzahl benötigte Energie Bezugsgröße Die in letzter Zeit gebräuchlichste Energiekennzahl ist diejenige, die der Energieausweis angibt. Berechnet wird hier der Jahresheizwärmebedarf (eine Nutzenergie) bezogen auf die Bruttogeschoßfläche des Hauses. Energiekennzahl Jahres Heizwärmebedarf Bruttogeschoßfläche Es können aber auch andere Bezugsgrößen gewählt werden: z.B. Energiebedarf einer Schule auf SchülerInnenanzahl bezogen, d.h. Energiebedarf pro SchülerIn Oder: Energiebedarf pro Spitalsbett Oder in der Industrie: Energiebedarf pro Produktionseinheit. Auch die Heizlast kann für eine „Energie“- (eigentlich „Leistungs“-) Kennzahl herangezogen werden: z.B. die Heizlast des Hauses pro Bruttogeschoßfläche des Hauses. Diese Kennzahl nennt sich auch spezifische Heizlast. (Der Begriff spezifische Heizlast kommt aber auch in der EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 59 Heizlastberechnung B8135 vor. Hier ist die Heizlast bezogen auf das Luftvolumen des Hauses gemeint.) Achtung: Manchmal wird unter der Energiekennzahl auch die Nutzenergie pro Wohnnutzfläche verstanden! Auch kann es vorkommen, dass statt der Nutzenergie die Endenergie in diese Rechnung eingesetzt wird. Große Differenzen in der „Energiekennzahl“ sind die Folge. Daher: Immer hinterfragen, welche Größen wirklich hinter der Energiekennzahl stecken. l / 100 km 20 6-8 3 EKZ kWh / m²a 1 Liter Öl ^ = 10 kWh 1,5 200 60 - 80 30 15 Auch der Normverbrauch eines Autos ist eine Kennzahl, nämlich: Liter Treibstoff pro 100 km. Die Energiekennzahl eines Hauses hat große Ähnlichkeit zum Normverbrauch eines Autos: Die Ähnlichkeit in den Zahlen ist aber rein zufällig. Wenn von einem 3 Liter-Haus gesprochen wird, so heißt das, dass das Haus das Energieäquivalent von 3 l Öl pro m² Bruttogeschossfläche im Jahr benötigt, d.h. 30 kWh/m² und Jahr, d.h. Energiekennzahl 30. Die Umrechnung von der Energiekennzahl auf den Jahresheizwärmebedarf Der Jahresheizwärmebedarf eines Hauses nach NÖ Bauordnung (bis 2008): Angenommen, die EKZ eines Bauordnungshauses ist ca. 80 kWh/m²a, und die Bruttogeschoßfläche des Hauses ist 150m². Dann ist der Jahresheizwärmebedarf 80 kWh/m²a * 150 m² = 12.000 kWh/a. Der Nutzenergiebedarf liegt daher im Bereich: 90 kWh/m² * 220m² = 20.000 kWh/a 75 kWh/m² * 150 m² = 10.250 kWh/a Der Jahresheizwärmebedarf eines Niedrigenergiehauses liegt bei ca. 7500 kWh 45 kWh/m²a * 160 m² = 7200 kWh pro Jahr 20 kWh/m²a * 150 m² = 3.000 kWh/a 50 kWh/m²a * 220 m² = 11.000 kWh/a Der Jahresheizwärmebedarf eines Passivhauses liegt bei ca. 2000 kWh 12 kWh/m²a * 160m² = 1920 kWh 7 kWh/m²a * 150 m² = 1050 kWh/a 15 kWh/m²a * 220 m²= 3300 kWh/a Der Jahresheizwärmebedarf eines Althauses kann sehr nach Alter und Bauzustand des Hauses schwanken, und liegt zwischen 16.000 und 50.000 kWh 100 kWh/m²a * 160 m² = 16.000 kWh/a 350 kWh/m²a * 160 m² = 56.000 kWh/a 60 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Energiebilanz eines Hauses Die Energiebilanz eines Hauses setzt sich aus Energieverlusten, das sind die Transmissionswärmeverluste und die Lüftungswärmeverluste, und Energiegewinnen, das sind solare und interne Gewinne, zusammen. Energieverluste Transmissionsverluste Lüftungsverluste - nutzbare Energiegewinne Passive Solargewinne Internen Gewinne Jahres-Heizwärmebedarf pro m² Bruttogeschoßfläche = Energiekennzahl EKZ HWBBGF Im Berechnungsverfahren des „Leitfadens zur Berechnung des Heizwärmebedarfs“ findet sich die Anleitung, wie diese 4 Energieflüsse berechnet und bilanziert werden. Der Heizwärmebedarf sind die Energieverluste minus den nutzbaren Energiegewinnen. (Was „nutzbar“ heißt, wird im Kapitel „Berechnung des Energieausweises“ erörtert). Der Heizwärmebedarf ist jene Nutzenergie, die im Laufe der Heizsaison dem Haus vom Heizsystem zugeführt werden muss, um es auf einer Rauminnentemperatur von 20°C zu halten. Die Heizlast eines Hauses ist die Solare Gewinne TransmissionsLeistung, die dem Haus bei der NormWärmeverluste Außentemperatur (Tne) (sozusagen der „kälteste Wintertag“) zugeführt werden muss, um es auf 20 °C Interne LüftungsRauminnentemperatur zu halten. Gewinne Wärmeverluste In die Heizlastberechnung gehen nur die Wärmeverluste ein: die Transmissionsverluste und die Lüftungswärmeverluste. Solare Gewinne und interne Gewinne werden bei der Heizlastberechnung nicht beachtet, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass am kältesten Wintertag die Sonne scheint oder genügend interne Gewinne vorhanden sind. 18 Die Berechnung der Heizlast ist eine Momentanaufnahme und beinhaltet keine Aussage darüber, wie viel Heizenergie das Haus in der Heizsaison benötigt. Es gibt natürlich einen Zusammenhang zwischen Heizlast und Heizwärmebedarf: Die Klimadaten des Hausstandortes stellen diesen Zusammenhang her und ermöglichen eine Umrechnung von Heizlast auf Heizenergiebedarf und umgekehrt. (Mehr dazu im Kapitel „Berechnungen“). EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 61 Transmissionswärmeverluste Der Transmissionswärmeverlust ist jene Wärme, die durch die Bauteile durch Wärmeleitung verloren geht. Durch Außenwand, Fenster, obere Geschoßdecke, Kellerdecke und Dachschräge. Es wird immer der Bauteil als Verlustfläche gerechnet, der zwischen beheiztem und unbeheiztem Volumen liegt. Zum unbeheizten Volumen gehört auch der Keller und der Dachboden, wenn dieser nicht ausgebaut ist. Im Energieausweis wird unterschieden, an welches Medium der Bauteil grenzt: an Außenluft, an einen nicht beheizten Gebäudeteil oder der Bauteil ist erdberührt. Entsprechend werden die Leitwerte bezeichnet: Le, Lu und Lg Zu den Transmissionswärmeverlusten gehören auch die linienförmigen und punktförmigen Wärmebrückenzuschläge (L und L) Bauteile, die an Außenluft grenzen: z.B. Außenwand, Fenster, Dachschräge Bauteile, die an unbeheizte Gebäudeteile grenzen: z.B. Kellerdecke, Decke zu unbeheiztem Dachraum, Wand zu unbeheiztem Dachraum, Wand zu unbeheiztem Keller Bauteile, die an Erdboden grenzen: z. B. Bodenplatte, Kellerwand Die Transmissionswärmeverluste sind der Hauptbestandteil der Wärmeverluste. Bei einem Niedrigenergiehaus sind 2/3 der Verluste der Transmissions- und nur 1/3 Lüftungswärmeverluste (Haus ohne Lüftungsanlage). Bei einem Haus nach Bauordnungsstandard ist das Verhältnis etwa 3: 1 bis 4:1. Soll der Energiebedarf eines Hauses reduziert werden, muss als erstes die Gebäudehülle verbessert werden. Lüftungswärmeverluste In Innenräumen muss gute Luftqualität sichergestellt werden. CO2, Schadstoffe, wie z.B. Chemische Substanzen aus den Oberflächen der Bauteile, Möbel und Textilien, Tabakrauch und Luftfeuchtigkeit müssen abtransportiert werden. Dazu ist ein gewisser Luftaustausch notwendig. Je mehr Personen sich in einem Raum aufhalten, umso höher muss dieser Luftwechsel sein. Eine Person braucht ca. 30 m³ Frischluft pro Stunde. Die hygienische Mindestluftwechselrate im Einfamilienhaus beträgt 0,4 pro Stunde. Das bedeutet, dass pro Stunde 40% des Luftvolumens eines Hauses vollständig ausgetauscht werden müssen. 62 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Die Energie, die zum Erwärmen der Frischluft benötigt wird, ist der Lüftungswärmeverlust. Durch Undichtigkeiten an der Gebäudehülle (unsauber ausgeführte Bauteilanschlüsse, Steckdosen, Rohrdurchführungen, Fensterfugen) kann die Luftwechselrate ein Vielfaches der notwendigen betragen und damit die Lüftungswärmeverluste unnötig in die Höhe treiben. Durch eine Lüftungsanlage mit effizienter Wärmerückgewinnung (Voraussetzung: Luftdichte Gebäudehülle!) können die Lüftungswärmeverluste auf ca. ¼ gesenkt werden. Solare Wärmegewinne Die solaren Wärmegewinne sind vor allem im Niedrigenergiehaus und Passivhaus nicht zu unterschätzen. Konsequent nach Süden ausgerichtete transparente Bauteile (Fenster, Fixverglasungen), liefern einen wesentlichen Energiebeitrag. Dieser kann im Niedrigenergiehaus ca. 1/3 der Transmissionswärmeverluste betragen, im Passivhaus die Hälfte. Innere Wärmegewinne Die internen Gewinne sind die Abwärme von Personen und Geräten. In der Energieausweisberechnung werden diese pauschal mit 3 Watt pro m² Bruttogeschossfläche bilanziert. 120 Transmissionswärmeverluste Luftungswärmeverluste 0 100 Solaren Gewinne 14,6 25,5 Internen Gewinne 14,6 Heizenergiebedarf 80 17,3 25,5 60 8,6 14,6 17,3 8,6 40 79,9 18,4 76,2 14,6 50,6 20 50,6 44,2 39,4 14,6 27,3 15 EKZ 76 EKZ 44 er lu st En e er gi eg ew in ne En er gi ev er lu st En e er gi eg ew in ne En er gi ev er lu st En e er gi eg ew in ne En er gi ev En er gi ev er lu st En e er gi eg ew in ne 0 EKZ 27 EKZ 15 Graphische Darstellung der Energiegewinne und –verluste bei Häusern mit unterschiedlichen Energiekennzahlen EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 63 Zusammenhang zwischen U-Werten und Energiekennzahl Um ein Gefühl für den Zusammenhang zwischen der Qualität der Bauteile (U-Werte) und der Energiekennzahl herzustellen (und damit auch zum Heizenergiebedarf), wurde ein Musterhaus berechnet. Dieses Musterhaus ist sehr einfach und kompakt (was sich auf die EKZ positiv auswirkt): Grundfläche 9 x 10 Meter, Satteldach mit 45°-Neigung, Kniestock auf 1,3 m. Es gibt ein Erdgeschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss. Bruttogeschossfläche 170 m², Wohnnutzfläche ca. 130 m². Die Kompaktheit wirkt sich positiv auf die EKZ aus. Größere Häuser erreichen leichter eine gute EKZ. Dieses Haus wurde mit unterschiedlichen U-Werten für die Bauteile berechnet: In Variante 1 wurden die Mindestanforderungen für die U-Werte nach der OIB-Richtlinie 6 eingesetzt. Variante 2 ist ein Niedrigenergiehaus, die EKZ beträgt unter 50 kWh/m²a. Mit diesem Haus kann um die NÖ Wohnbauförderung angesucht werden. Im Unterschied zu Haus Nr. 1 sind die Fenster vorwiegend südorientiert. Variante 3: die Gebäudehülle ist die gleiche wie Variante 2, jedoch wird eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Variante 4 ist aufgrund der Qualität der Gebäudehülle ein Passivhaus. Die Fenster wurden streng südorientiert. UWert der Baut eile Außenwand Dachschräge/obere Geschoßdecke Kellerdecke Fenster Größe der Fensterflächen Orientierung der Fenster Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung Energiekennzahl Jahresenergiebedarf Variante 1 Haus nach NÖ Bauordnung (bis 2008) Variante 2 Niedrigenergiehaus Variante 3 Niedrigenergiehaus mit WRG Variante 4 Passivhaus 0,4 0,20 0,17 0,15 0,17 0,15 0,1 0,1 0,4 1,4 30 m² 0,3 1,1 30 m² 0,3 1,1 30 m² 0,15 0,8 43 m² keine spezielle 60% nach Süden keine 60% nach Süden keine 76 12.920 kWh 44 7.480 kWh 80% nach Süden GegenstromWT mit Erdvorwärmung 15 2.550 kWh GegenstromWT mit Erdvorwärmung 27 4.600 kWh Die Aufschlüsselung nach einzelnen Energieflüssen ist auf der vorigen Seite dargestellt. 64 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Kriterien von ökologischem und energiesparendem Bauen Aus Gründen des Energieverbrauches und der Zersiedelung von Landschaft ist der Bau von Einfamilienhäusern nicht zu unterstützen. Mehrgeschossiger Wohnbau wäre nach diesen Kriterien zu forcieren. Oft ist der Gedanke unbefriedigend, in einer Wohnung mit beschränktem Platzangebot zu wohnen, ohne den Boden rundherum gestalten und benützen zu können: Der Wunsch nach einem eigenen Haus mit Garten ist in der Bevölkerung sehr groß. Um den Wünschen und Bedürfnissen der meisten Menschen gerecht zu werden und trotzdem Energieverbrauch und Zersiedelung in Grenzen zu halten, sind Raumkonzepte gefragt, die einen dörflichen Charakter erhalten, und auf engerem Raum trotzdem die Bedürfnisse nach eigenem Boden, um Blumen und Paradeiser zu ziehen und den Liegestuhl in die Sonne zu stellen, befriedigen. Reihenhäuser oder zumindest gekuppelte Bauweise ist hier sicher ein Kompromiss. Unten stehende Kriterien sind auf jeden Wohnbau anzuwenden: 1. Infrastruktur des Bauplatzes Öffentliche Verkehrsanbindung Fußläufig oder mit Fahrrad erreichbare Geschäfte, Schulen, Ärzte,… 2. Lage und Besonnung des Bauplatzes Sonnige, windgeschützte Lage 3. Form des Gebäudes Möglichst kompakte Bauform, gutes Oberflächen-Volumsverhältnis 4. Orientierung, Raumaufteilung Wohnräume nach Süden, Nebenräume nach Norden Ausnützung der solaren Gewinne durch große Fensterflächen im Süden 5. Langlebigkeit durch Anpassungsmöglichkeit an veränderte Nutzung Barrierefreiheit Generationenübergreifende Nutzung Einfacher Umbau möglich 6. Gebäudehülle Außenbauteile gut dämmen, Fenster: 3-fach verglaste Wärmeschutzfenster A++ Standard anstreben Einsatz ökologischer Baustoffe - guter OI3 Index, nachwachsende Rohstoffe 7. Komfortlüftung aus Komfortgründen eine Lüftungsanlage einbauen aus Energiespargründen eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung 8. Ökologische Heizanlage Sehr gute Energiekennzahl anstreben Restenergiebedarf mit einem ökologischen Heizsystem bereitstellen Solaranlage für die Warmwasserbereitung und ev. zur Heizungsunterstützung 9. Stromsparende Haushaltsgeräte Standby-Verbauch vermeiden Nutzung und Bedarf hinterfragen Bei Neuanschaffungen A++ Geräte kaufen 10. Eigene Energieerzeugung Solarthermie (z.B. teilsolare Raumheizung) Photovoltaik (z.B. Plusenergiehaus) (Klein-)Windkraft EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 65 Infrastruktur Die Infrastruktur in der Umgebung eines Wohnplatzes ist ein ganz wesentlicher Aspekt für den Energieverbrauch der BewohnerInnen. Die täglichen Wege sollten zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sein können. Dazu gehören Geschäfte und ein öffentlicher Verkehrsanschluss. Infrastruktur ! • Kaufhäuser ?H • Öffentliche Verkehrsanbindung Täglich 25 km mit dem Auto zur Arbeit pendeln zu müssen, verursacht den gleichen Energieverbrauch wie das Wohnen in einem Einfamilienhaus mit EKZ 50. Eine Familie, die ein Althaus im Ortskern auf EKZ 70 saniert und hier lebt, hat wesentlich weniger Energieverbrauch als eine Familie, die ein Passivhaus in einer Siedlung baut, die nur ungenügend Infrastruktur aufweist. Eine Forderung an den/die BürgermeisterIn wäre, dass jede neue Siedlung, die geplant wird, unbedingt fußläufige oder mit dem Rad erreichbare Infrastruktur braucht! Der Energiebedarf des motorisierten Individual-Verkehrs von infrastrukturmäßig nicht versorgten Siedlungen ist höher, als der Heizenergiebedarf der Häuser, wenn diese in Niedrigenergiebauweise errichtet worden wären. Lage und Besonnung des Bauplatzes Kriterien für die Standortwahl Außenlufttemperaturen Solare Einstrahlung Windverhältnisse Niederschlagsverhältnisse Luftfeuchtigkeit Schadstoffbelastung Topographie Vegetation Gewässer Vorhandene Bebauung Kuppenlage EBENE Wärmeverlust im Vergleich 100% Temperatur im Vergleich Mehr Wärmeverlust 110% +0oC Windschutz Kälter -1oC Südhang Tal-, Kessellage Noch mehr Wärmeverlust 125% Noch Kälter -8oC Wärmer: +2oC Wärmegewinn! Viel weniger Wärmeverlust 83% Exponierte Häuser auf windstarken Plätzen haben höhere Wärmeverluste. Diese wird durch eine zu hohe Luftwechselrate aufgrund von Fugenverlusten in der Gebäudehülle verursacht. In solchen Fällen ist besonders auf eine luftdichte Gebäudehülle zu achten. Wenn die tief stehende Wintersonne die Fenster der Wohnräume besonnen kann, sind wesentliche solare Wärmegewinne zu erzielen. 66 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Parzellierung von Baugründen Baugründe so parzellieren, dass nach Süden ausgerichtetes, solares Bauen möglich ist! Gekuppelte Bauweise widmen. Parzellierung ohne Rücksicht auf Besonnung Solar geplante Parzellierung Solares Bauen, Zonierung Das heißt aber auch, die Südseite eines Gebäudes von hohem Pflanzenwuchs freizuhalten. Mittels eines Heliochrons kann ein Verschattungsdiagramm gezeichnet werden, welches erkennen lässt, wann der Standort durch den Horizont verschattet wird. Dabei ist es wichtig, dass die tiefstehende Wintersonne, möglichst unverschattet bleibt. Die Zonierung eines Gebäudes ist dann sinnvoll, wenn die Gebäudehülle nicht besonders gut gedämmt ist. Das heißt: Stiegenhaus, Nebenräume und andere Räume, für die eine geringere Raumtemperatur ausreicht, als Pufferzone zwischen den warmen Wohnräumen und der Nordseite des Hauses einplanen. Bei sehr gut gedämmten Häusern verlieren die Pufferzonen mit niedriger Raumtemperatur an Bedeutung. Hier wird zwischen beheizten Gebäudeteilen und unbeheizten unterschieden. Die Gebäudeteile, die innerhalb der gedämmten Hülle liegen, nehmen alle eine ähnliche Raumtemperatur an. Die Wärme verteilt sich innerhalb einer gut gedämmten Gebäudehülle gleichmäßiger. 12 Uhr 9 Uhr Ost EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 15 Uhr Süd West 67 Die Form des Gebäudes 0,8 Je kompakter ein Gebäude ist, d.h. je geringer die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen und somit zur Wohnfläche ist, umso geringer sind die Transmissionswärmeverluste. Eine Kugel hat das beste Oberflächen-Volumsverhältnis, gefolgt vom Würfel. Wie schnell die Oberfläche durch Vorsprünge, Erker, Gaupen und Durchlässe vergrößert werden kann, zeigt die Abbildung. Ein Bungalow, also ein erdgeschoßiges Haus, kann nur mit größter Mühe die Kriterien für die Wohnbauförderung erfüllen. Orientierung, Raumaufteilung Ausrichtung der Räume Wohnräume sollten nach Süden orientiert sein, wenig oder nicht beheizte Räume nach Norden. Ausnützung der solaren Gewinne durch große Fensterflächen im Süden Durch Tageslicht steigt die Lebensqualität. Die Sonne hat viele positive Wirkungen auf den Organismus: Sie beeinflusst das Wohlbefinden, die Gemütslage und die Aktivität. Sie regt die Ausschüttung des Hormons Melatonin an, das antidepressiv wirkt. Große Südverglasungen fangen die Sonnenenergie ein, erweitern den Wohnraum ins Freie und ermöglichen ein intensiveres Erleben von Wetter, Jahreszeiten und Natur. 68 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum Langlebigkeit durch Anpassungsmöglichkeit an veränderte Nutzung Jeder neue Lebensabschnitt bringt Veränderungen für unser Leben und unsere Bedürfnisse. In 20 Jahren sehen unsere Bedürfnisse wahrscheinlich anders aus. Was spricht dagegen, mögliche Umgestaltungen bereits im Entwurf für ihr Eigenheim zu berücksichtigen? Barrierefreiheit Der geringe Mehraufwand für breitere Türen, rollstuhlgerechte Wenderadien, niedrige Schwellen (≤ 2 cm), großzügige Sanitärbereiche, bodengleiche Duschtassen und so weiter, wird durch den Komfortgewinn wieder wettgemacht. Generationenübergreifende Grundrissgestaltung Meisten werden Einfamilienhäuser für mehrköpfige Familien errichtet. Wenn die Kinder ausziehen, ist das Gebäude meist zu groß für zwei Personen. Es ist daher sinnvoll, im Entwurf eine mögliche Teilung in zwei oder mehr Wohneinheiten zu berücksichtigen. Einfacher Umbau Ermöglicht eine flexible Nutzung durch unterschiedliche Haushaltsstrukturen. Komfortlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung Zuluft Abluft Zuluft Zuluft Abluft Wärmetauscher Frischluft Fortluft Erdwärmetauscher Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung besteht aus den Lüftungskanälen im Haus samt Ventilen, dem Wärmetauscher und dem Erdkollektor. Zuluftrohre versorgen die Wohnräume mit Zuluft, in geruchs- und feuchtebelasteten Räumen (Küche, Bad, WC) wird die Luft abgesaugt. EBA A-Kurs Skriptum Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen 69 Die Luft muss mit geringer Geschwindigkeit in die Räume eingebracht werden, damit es nicht zu Zugserscheinungen kommt. Weitwurfdüsen bringen die Zuluft an der Decke weit in den Raum ein. Dann kann diese durch das ganze Raumvolumen sickern. Einerseits sollen die Rohre kurz gehalten werden, andererseits ist darauf zu achten, dass keine Luftkurzschlüsse entstehen, und alle Raumteile mit Luft versorgt werden. Es ist auf eine saubere Verlegung der Luftkanäle zu achten: Diese müssen zu reinigen sein, falls doch Schmutz oder Fremdkörper in das Rohrsystem gelangen. Diese Forderung schließt die Verwendung von biegsamen, gerippten Rohren aus. Putzöffnungen sind einzuplanen. Der Wärmetauscher wird in unterschiedlicher Bauart angeboten: Kreuzstromwärmetauscher: Die Luftströme von Abluft und Frischluft werden im rechten Winkel aneinander vorbeigeführt. Die Wärmeaustauschflächen sind relativ gering, der Temperaturrückgewinnungsgrad liegt bei 60%. Gegenstromwärmetauscher: Die Wärmeaustauschflächen sind größer, weil die Luftströme gegeneinander vorbeigeführt werden. Ein Temperaturrückgewinnungsgrad von 90 % wird erreicht. Rotationswärmetauscher: Ein Rad, welches aufgrund von Löchern eine große Oberfläche aufweist, dreht sich zwischen Frischluftstrom und Abluftstrom. Das Material des Rades wird durch die Abluft aufgewärmt, und die Wärme im kalten Zuluftstrom wieder abgegeben. Durch die spezielle Oberflächenbeschichtung wird nicht nur Wärme übertragen, sondern auch Feuchtigkeit: Dem Abluftstrom wird Feuchtigkeit entzogen, und diese wird im trockenen Zuluftstrom abgegeben. Die Temperaturrückgewinnungsgrad liegt bei ca. 60 %. Der Erdwärmetauscher wird benötigt, um das Einfrieren des Wärmetauschers zu verhindern. Die Frischluft muss im Erdwärmetauscher auf Temperaturen über 0 °C gebracht werden. Dazu ist ein Rohr von ca. 25 bis 40 Meter Länge erforderlich. Ist die Frischlufttemperatur geringer, besteht Gefahr, dass der Wärmetauscher einfriert. Die Abluft ist 20gradige, feuchte Luft. Im Wärmetauscher wird sie abgekühlt. Dabei wird der Taupunkt unterschritten und Kondenswasser fällt im WT aus und wird abgeleitet. Wenn die Frischluft jedoch Minusgrade hat, kann dieses Kondenswasser einfrieren. Die Lüftungsanlage muss solange abgestellt werden, bis die Luftkanäle wieder eisfrei sind. Die Frischluft könnte auch elektrisch erwärmt werden. Von dieser Variante sollte abgesehen werden, da viel Strom verbraucht wird, der durch eine andere Lösung vermieden werden kann. Rotationswärmetauscher können nicht einfrieren und brauchen deshalb auch keine Erdvorwärmung. 70 Kapitel 4 – Energiesparendes Bauen EBA A-Kurs Skriptum