Das Dorf - Beck-Shop

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Der lange Weg zur bäuerlichen Landwirtschaft
Agrarpolitik im 19. und frühen 20. Jahrhundert
Die Agrarpolitik prägt in vielfältiger Weise und oft
gesprochen wird. Grundherren als Lehensgeber und Bau-
ten Hälfte des 20. Jahrhunderts aber zunehmend. Das Ver-
ern als Lehensnehmer standen in einem recht komplizier-
antwortungshandeln gegenüber dem Hof und der künfti-
ten Dienst-Lehen-Verhältnis zueinander mit Rechten und
gen Generation schwindet gegenüber individuellen Wün-
Pflichten auf beiden Seiten. Der Bauer war als Landnutzer
schen der Hofmitglieder. Gleichwohl bleibt der bäuerliche
personell und wirtschaftlich eng an den Grundherren ge-
Familienbetrieb ein Leitbild der Agrarpolitik.
bunden, z. B. hatte er Naturalabgaben zu leisten und Hand-
Kapitalistische Agrarsysteme waren in Mitteleuropa vor
und Spanndienste zu erfüllen. Andererseits stand der
allem in der Gutswirtschaft verbreitet. Die Geschäftsbe-
Grundherr in der Pflicht der Armen- und Notfürsorge oder
ziehungen zwischen den Bodeneignern und den Pächtern
der Bestellung eines Richters. Unterhalb der Herren- und
oder Verwaltern und den eigentlichen Landarbeitern waren
Bauernschicht entwickelte sich eine breite unterbäuerliche
durch Pacht- und Arbeitsverträge geregelt. Die Entwick-
Schicht der landarmen Kötter (Kleinbauern und Besitzer
lung zur kapitalistischen Gutswirtschaft, die in England
eines Kotton, d. h. eines kleinen Hofgebäudes) und landlo-
und Skandinavien bereits im Späten Mittelalter einsetzte,
sen Hausgenossen. Das feudale Agrarsystem dominierte in
fand in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert vor allem im
Europa und Deutschland vom Frühen Mittelalter bis zu den
nördlichen und östlichen Deutschland statt. So vor allem in
großen Agrarreformen des 18. und 19. Jahrhunderts.
Mecklenburg und Pommern, in Teilen Schleswig-Holsteins,
In der bäuerlichen Landwirtschaft liegen die Eigentums-
Brandenburgs und Schlesiens. Es wurden dort flächenhaft
und Nutzungsrechte zusammen in der Hand der Betriebe.
ehemals grundherrschaftliche Bauerndörfer zu Gutssied-
Der Hof ist die Heimat und Lebensgrundlage der landwirt-
lungen umgebildet, wobei die alten Dörfer meist aufgelöst
wir dagegen eine Agrarpolitik, die ständig und teilweise
schaftlichen Familie. Lange Zeit galt die sog. »Hofidee«: Das
wurden.234 Man bezeichnet diesen Übergang auch als »Bau-
massiv die Agrarwirtschaft und darüber hinaus die
dirigistisch in Produktion und Marktgeschehen eingreift.
wirtschaftliche Handeln war vorrangig auf die Erhaltung
ernlegen« durch die Grundherren. Diese hatten die länger-
Entwicklung der Dörfer. Dies gilt für Vergangenheit wie
Zum Kennzeichen einer Zwangswirtschaft gehören die
und Weitergabe des Hofes ausgerichtet. Vor über 100 Jah-
fristigen bäuerlichen Nutzungsrechte am Boden zurück-
Gegenwart. Kommt es zu größeren Umgestaltungen
ausschließlich zentralistische Planung und staatlich kont-
ren wurde das Leitbild der bäuerlichen Landwirtschaft von
genommen und in kurzfristige Arbeitsverträge überführt.
durch die Agrarpolitik, spricht man von Agrarreformen.
rollierte Durchführung, wobei alle privatwirtschaftlichen
Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897) ausführlich beschrie-
Somit wurden die ehemaligen Bauern zu Landarbeitern
Ein Jahrhundert großer Agrarreformen war das 19. Jahr-
Kräfte ohne Wirkung bleiben. Häufig enthält die Agrar-
ben und propagiert: Im Mittelpunkt stand der selbstgenüg-
und Tagelöhnern degradiert. Sie gerieten in eine starke per-
hundert. Damals entstand aus dem feudalen Agrar-
politik Anteile aus verschiedenen Wirtschaftsordnungen.
same und heimatverbundene »Bauer guter Art«. Das eu-
sönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit zum Grund-
system mit vielen Abhängigkeiten die bäuerliche Land-
Heute ist die Agrarpolitik – gerade auch in den EU -Län-
ropäische Hofbauerntum ist seit den Agrarreformen des
herren, die man auch als »Leibeigenschaft« bezeichnet, z. B.
wirtschaft. Bauernrevolten und die Landrevolution von
dern – sehr kompliziert geworden: Sowohl liberale wie ge-
19. Jahrhunderts weit verbreitet, verändert sich seit der zwei-
durften sie den Hof ohne Erlaubnis nicht verlassen. Ent-
1848 haben dabei geholfen.
lenkte und dirigistische Elemente stehen unmittelbar nebeneinander, sodass kaum noch zu erkennen ist, welches
Jeder Staat hat in der Regel genaue Vorstellungen davon,
in welcher Weise die Land- und Forstwirtschaft betrieben
wirtschaftspolitische Grundmodell zugrunde liegt.
In Deutschland und Europa sind im Verlauf der Ge-
werden soll. Die entsprechenden Ziele, Aufgaben, Regeln
schichte sehr verschiedenartige Agrarwirtschaftsordnun-
oder auch Reformprogramme zu formulieren und für de-
gen entstanden, meist nacheinander, bisweilen auch ne-
ren Umsetzung zu sorgen, ist Aufgabe der Agrarpolitik. In
beneinander. Wir unterscheiden bisher vor allem feudale,
der Agrarpolitik spiegelt sich die jeweils herrschende Wirt-
bäuerliche, kapitalistische und kollektivistische Wirt-
schaftsordnung eines Staates oder einer Gesellschaft wider.
schafts- und Gesellschaftssysteme.
Diese kann generell eher liberal sein und den freien Kräf-
In der feudalen Agrarordnung besitzt eine herrschende
ten des Marktes vertrauen oder staatlich gelenkt sein. Ohne
Oberschicht (meist Klerus und Adel) das Bodeneigentum
Kenntnisse der sich wandelnden Agrarpolitik sind viele
und damit die wirtschaftliche und politische Macht. Das
Entwicklungen des ländlichen Raumes nicht zu verstehen.
Land wird teilweise zur Nutzung verliehen bzw. »zu Le-
Eine liberale Wirtschaftsordnung vertraut auf Markt
und Wettbewerb, wo bzw. wodurch sich eine leistungsfähige Agrarwirtschaft entwickelt und selbst organisiert. In
gelenkten und gesteuerten Wirtschaftsordnungen haben
hen gegeben«, weshalb auch von einer Lehensherrschaft
Abbildung oben: Vor einem Gehöft in Kleindrebnitz in Sachsen präsentiert sich im Jahre 1897 das Gesinde in einem Gruppenbild. Für den
heutigen Betrachter ist das Foto eher gefühlte 300 Jahre alt!
Nach den Agrarreformen des 19. Jahrhunderts konnte die bäuerliche Landwirtschaft aufblühen und damit auch
ein breiterer Wohlstand in die Dörfer einziehen, im Bild das Bauerndorf Unterliezheim in Bayern.
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Das moderne Dorf
Dorfpolitik
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sprechend groß war in den Gutsdörfern die soziale Klassentrennung zwischen Gutsbesitzern und Landarbeitern.
Das wesentliche Merkmal kollektivistischer Agrarsysteme ist die gemeinschaftliche Produktion und Vermark-
2. Ablösung des bisher geteilten Rechts am Boden (grundherrliches Obereigentum und bäuerliches Nutzungsrecht) und Übergabe des Eigentums am Boden an die
Bauern.
tung. Nach dem Grad der Sozialisierung unterscheidet
3. Auflösung der bisher gemeinschaftlich genutzten Flä-
man genossenschaftliche und sozialistische Agrarsysteme.
chen (Allmenden, Weiderechte in den Wäldern) zuguns-
Die genossenschaftliche Landwirtschaft ist ein freiwilli-
ten von Privateigentum und entsprechend individueller
ger Produktionsverbund selbstständiger Landwirte, die
Nutzung.
auch Eigentümer ihres Landes bleiben. In Deutschland ent-
4. Zusammenlegung der verstreuten Besitzflächen und
stand das moderne Genossenschaftswesen in der Landwirt-
Feldwegebau zur individuellen Erschließung der Feld-
schaft um die Mitte des 19. Jahrhunderts. In sozialistischen
parzellen im Rahmen staatlicher Förderprogramme der
Agrarsystemen regeln staatliche Planung und Aufsicht die
Flurbereinigung.
landwirtschaftliche Produktion. Eine sozialistische Plan-
5. Aufhebung des sog. »Flurzwanges«, wodurch eine ei-
wirtschaft mit erheblichen Eingriffen in die Privatrechte
genständige betriebswirtschaftliche Landbewirtschaf-
der Landeigentümer herrschte in Deutschland von 1945 bis
tung ermöglicht wurde. Mit Flurzwang beschreibt man
1990 im Gebiet der ehemaligen DDR .
die genaue Festlegung der anzubauenden Feldfrüchte
In Deutschland wie auch in den meisten Ländern Euro-
und der zeitlichen Nutzung der Flurparzellen (bei Saat,
pas vollzog sich im 19. Jahrhundert die endgültige Beseiti-
Pflege und Ernte) durch Grundherren oder Dorfgenos-
gung des feudalen Agrarsystems. An seine Stelle trat in ei-
senschaften.
nem langen Prozess mehrerer Reformen, die sich fast über
6. Allmähliche Ablösung landesherrlicher Befugnisse seit
das ganze Jahrhundert erstreckten, eine liberale und bau-
der Mitte des 19. Jahrhunderts, die dem Adel als Grund-
ernorientierte Agrarordnung. Im Mittelpunkt stand die
herren noch aus früheren Rechten zugeordnet waren:
Ablösung des sehr komplizierten Dienst-Lehen-Verhält-
u. a. die niedere Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt der
nisses zwischen Bauern und Grundherren. Sie brachte für
Gutsherren.
die Bauern und Landarbeiter die persönliche Freiheit und
zugleich Rechte auf Bodeneigentum. Gleichzeitig befreite
Der Umbruch vom feudalen zum liberalen System und
sie aber auch die ehemaligen Grundherren von wichtigen
überhaupt die Bereitschaft zu grundlegenden Agrarrefor-
Verpflichtungen und Beschränkungen, so z. B. die den Bau-
men wurde nicht zuletzt durch ein immer stärkeres Aufbe-
schatzung des Schlosses Waldenburg in Sachsen am 5. April
Straßenweiler Matgendorf, Groß Wüstenfelde und Schwet-
ern eingeräumten alten Waldnutzungsrechte. Ziele der li-
gehren der Landbevölkerung angetrieben.236 Ab 1830 kam
1848, die in einem sehr detaillierten Holzschnitt eindrucks-
zin nördlich von Teterow in Mecklenburg-Vorpommern.
beralen Agrarpolitik waren, den Bauern und Landarbei-
es in Deutschland wiederholt zu Aufständen und Revol-
stark dargestellt ist. Die Landrevolution von 1848 beschleu-
Im Dritten Reich war ein wichtiges Ziel der Agrarpoli-
tern gerechte und soziale Lebensbedingungen zu schaffen,
ten gegen die lokale Grundherrschaft, um die Abgaben-
nigte letztlich den Durchbruch zu einer liberalen Agrarpo-
tik die Selbstversorgung aller Staatsbürger mit Lebensmit-
den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt in der
last und rechtliche Ohnmacht zu beseitigen. Den Höhe-
litik und markiert in gewisser Weise den Start der Bauern
teln durch den eigenen Bauernstand. Um wirtschaftlich
Land- und Forstwirtschaft zu fördern und nicht zuletzt den
punkt dieser Protestaktionen bildete dann die Revolution
und generell der deutschen Landwirtschaft in die Moderne:
stabile Bauernhöfe zu bekommen bzw. zu erhalten, wur-
Aufbau moderner Staaten zu erleichtern. Bauern, Land-
von 1848, die von Unruhen und Aufständen in Paris und
Die von grundherrschaftlichen Vorrechten befreite bäuer-
den »Erbhöfe« bestimmt, die mindestens 7,5 ha und höchs-
arbeiter und Grundherren waren nun unmittelbar und in
Berlin ausging und in kurzer Zeit praktisch ganz Deutsch-
liche Mittel- und Oberschicht konnte sich nun – neben dem
tens 125 ha besaßen und ungeteilt vererbt werden mussten.
Landadel – entwickeln und etablieren.
Basis dieser Agrarpolitik waren das Reichserbhofgesetz und
gleicher Weise der Staatshoheit unterstellt. Nach Abschaf-
land erfasste, vor allem aber auf dem Land wirksam wurde.
fung des feudalen Agrarsystems setzte sich in Deutschland
Vielerorts – Schwerpunkte lagen in Süddeutschland, West-
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde mithilfe des Reichs-
das Reichsnährstandsgesetz, die beide im September 1933
das Leitbild der bäuerlichen Landwirtschaft durch.
falen und Sachsen – zogen Dorfbewohner vor Amtssitze,
siedlungsgesetzes von 1919 eine Bodenreform begonnen
erlassen wurden. Auf dem 2. Reichsbauerntag im Novem-
Schlösser und Archive und erklärten dem Landadel mit sei-
und damit vor allem eine rege landwirtschaftliche Sied-
ber 1934 erfolgte ein entsprechender Aufruf zur »Erzeu-
Die wichtigsten Agrarreformen des 19. Jahrhunderts las235
nen Beamten den Kampf. Sie verlangten den Verzicht auf
lungstätigkeit ausgelöst. Durch Privatisierung staatlicher
gungsschlacht« der deutschen Landwirtschaft. Damit ange-
1. Aufhebung der persönlichen Bindungen und Abhängig-
Abgaben und Dienste und pochten auf alte Rechte wie z. B.
Güter entstanden von 1919 bis 1932 besonders in Mittel- und
strebt wurde die sog. »Nahrungsfreiheit«, die ernährungs-
keiten der Bauern und Landarbeiter an die Grundherren.
der Waldnutzung. Fand man kein Gehör, wurden nicht sel-
Ostdeutschland über 60 000 Neusiedlerstellen mit durch-
wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Ausland.240 Dem Ziel
Ablösung der Hand- und Spanndienste und der natura-
ten Gebäude der adligen Grundherren gestürmt und in
schnittlich 11 ha Land, die vom Staat an Landwirte vergeben
der Produktionssteigerung diente auch die Neulandgewin-
len Abgaben.
Brand gesetzt. Ein Beispiel ist die Erstürmung und Brand-
wurden. Beispiele solcher neuer Bauernsiedlungen sind die
nung an den Küsten sowie die Urbarmachung von Ödland.
sen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:
270
Die Landrevolution von 1848 beschleunigte die Agrarreformen und markiert den Start der Bauern in die moderne
Zeit. Auf dem Holzschnitt dargestellt sind Erstürmung und Brand des Schlosses Waldenburg am 5. April 1848.
Das moderne Dorf
Dorfpolitik
271
32 % auf etwa 550 volkseigene Güter (VEG ). Die Begleitumstände der Bodenreform waren besonders in den Sommerund Herbstmonaten des Jahres 1945 oft dramatisch und mit
großem menschlichem Leid verbunden.243 Die enteigneten Besitzer hatten meist binnen 24 Stunden mit ihren Familien die Höfe zu verlassen. Zahllosen Guts- und Hofbesitzern und ihren Angehörigen, insbesondere den Frauen,
wurde Gewalt angetan. Viele wurden ermordet oder verschleppt, andere wieder begingen Selbstmord, um nicht in
die Hände der Besatzer zu fallen. Nicht selten fanden ganze
Familien den Tod.
Die zweite Phase der Agrarpolitik von 1952 bis 1960
diente dem planmäßigen Aufbau des Sozialismus in der
Bodenreform und Kollektivierung
DDR – sie gilt als die Zeit der Kollektivierung. Zielvorgabe
der Sozialistischen Einheitspartei war es, dass möglichst alle
Agrarpolitik in Ostdeutschland von 1945 bis 1990
Bauern sich zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG ) zusammenschließen. Dies erfolgte zunächst
auf freiwilliger Basis, dann mit verschiedenen Vergünsti-
In den ersten 45 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg
sellschaft, in der allmählich eine qualitativ neue Siedlungs-
bestanden in den beiden getrennten Hälften unseres
weise der Menschheit geschaffen wird.«
Die Konsequenz
tischen Druck. 1960 war die Vollkollektivierung der Land-
waren die industrieähnlichen landwirtschaftlichen Pro-
wirtschaft erreicht, die durchschnittliche Wirtschafts-
nebeneinander. Ohne Zweifel hat die Agrarpolitik
duktionsgenossenschaften (LPG ) und die Hochhäuser für
fläche je LPG betrug bereits 580 ha. Die fast komplette
im Gebiet der DDR die bestehenden Verhältnisse der
Landarbeiter, die bald in den Dörfern entstanden.
Beseitigung des frei verfügbaren Privatbesitzes an land-
Insgesamt lassen sich in der DDR drei agrarpolitische
wirtschaftlichen Nutzflächen wurde in der DDR sprachlich
als im Westen Deutschlands. Seit 20 Jahren haben
Phasen unterscheiden.242 Die erste von 1945 bis 1949 stand
als »Bauernbefreiung« gefeiert. Allerdings hatten sich Tau-
wir wieder eine gemeinsame deutsche Agrarpolitik.
unter dem Leitwort der Bodenreform. Mit dem Motto
sende von Landwirten dem zuletzt immer stärkeren Druck,
Die viereinhalb Jahrzehnte Agrarpolitik von 1945 bis
»Junkerland in Bauernhand« wurden alle Höfe und Güter
ihren Betrieb in die LPG einzugliedern, durch ihre Flucht
1990 haben jedoch bis heute tiefe Spuren in den
mit mehr als 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche ent-
nach Westdeutschland entzogen.
neuen Bundesländern hinterlassen.
schädigungslos enteignet. Außerdem wurden ebenfalls Be-
Ab 1963 folgte in einer dritten Phase der Agrarpolitik
triebe unter 100 ha enteignet, sofern ihre Eigentümer als
der Aufbau von Kooperationsgemeinschaften. Die Betriebe
Kriegsverbrecher, Kriegsschuldige oder Nationalsozialis-
wurden nun weiter vergrößert und zusammengelegt, au-
Landwirtschaft und des Dorfes massiver verändert
Die Agrarpolitik im Gebiet der damaligen DDR war ein
Teil der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Im Mittel-
ten ausgewiesen werden konnten (was nicht selten willkür-
ßerdem wurden die LPG s auf wenige Produkte spezialisiert.
punkt stand die Beseitigung der adligen Gutsherrschaften
lich geschah). Insgesamt wurden so rund 12 000 Land- und
Ab 1968 setzte eine weitergehende Industrialisierung der
und des privaten Bauerntums. Dies wurde erreicht, indem
Forstwirtschaftsbetriebe und etwa 3,2 Mio. ha Land enteig-
Landwirtschaft ein, Schichtarbeit und Berufsverkehr wur-
das Privateigentum in Staatseigentum überführt wurde
net, rund ein Drittel der land- und forstwirtschaftlichen
den zur Normalität. Bis zum Beginn der 1980er Jahre sank
Alles wird von oben geplant und gesteuert: Auf diesem Plakat von 1952 geben die
Zentralbehörden bekannt, wann die Feldarbeiten zu erledigen sind (als wenn man das
vor Ort nicht besser wüsste!).
Die großen LPG s und VEG s erfüllten in ihren Dörfern
und damit auch in sozialistische und planwirtschaftliche
Nutzfläche der damaligen Sowjetischen Besatzungszone
die Zahl der Betriebe auf rund 5000, deren durchschnitt-
zahlreiche Aufgaben, die weit über die Landwirtschaft hi-
Produktionsformen. Nicht zuletzt verfolgte die Agrarpoli-
(SBZ ). Das durch die Enteignungen »gewonnene« Land ver-
liche Größe bei 5000 ha lag. Die immer größer werdenden
nausgingen und die man gemeinhin der Kommunalpoli-
tik das Ziel, die Lebensverhältnisse auf dem Land denen in
teilte man zu 52 % auf etwa 220 000 Neubauernhöfe (mit
Betriebe wuchsen nun über die Gemeindegrenzen hinaus.
tik zuordnet: »Sie übernahmen Infrastrukturmaßnahmen
der Stadt anzugleichen. Da man die Stadt gegenüber dem
durchschnittlich 8,5 ha Besitz), zu 16 % auf 335 000 Kleinst-
Durch den Neubau von modernen Großstallanlagen ent-
bis hin zu Straßenbau, Wasserversorgung und Abwasserbe-
Land ideologisch bevorzugte, war die Urbanisierung des
landwirtstellen (mit durchschnittlich 1,5 ha Besitz) und zu
standen die ersten Beispiele der Agrarindustrie auf deut-
seitigung, betrieben Sozialeinrichtungen wie Gaststätten,
schem Boden. Für die Arbeiter dieser Agrarfabriken wur-
Kulturhäuser, Freibäder, Erholungseinrichtungen, Kin-
den in den LPG -Dörfern kompakte Wohnsiedlungen in
derkrippen, trugen mit bei zur Sicherung der Altenbe-
vier- bis sechsgeschossigen »Hochhäusern« errichtet, die bis
treuung und der ärztlichen Versorgung und boten Arbeits-
heute das Erscheinungsbild vieler Dörfer prägen.
plätze. LPG s und VEG s verfügten über eigene Baubriga-
Landes eine Leitvorstellung. B. Röseler und K. Scherf haben dies überaus treffend formuliert: »Die herrschende Arbeiterklasse konzentriert sich in den Städten. Demzufolge
führt die Stadt das Land beim Aufbau der klassenlosen Ge-
272
gungen und schließlich durch wirtschaftlichen und poli-
Landes zwei völlig gegensätzliche Agrarpolitiksysteme
241
Das moderne Dorf
Abbildung oben: Nach der Beseitigung der privaten Landwirtschaft
entstanden in der DDR Großbetriebe, hier ein Blick in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG ) Großerkmannsdorf.
Dorfpolitik
273
In den neuen LPG -Dörfern wurden zahlreiche Arbeitskräfte gebraucht
und angezogen, für sie wurden erstmals kleine »Hochhäuser« in die
Dörfer gebaut wie hier in Trinwillershagen in Mecklenburg-Vorpommern.
frühen 1990er Jahren einen knappen sarkastischen Satz fal-
und VEG s in Gesellschaften neuen Rechts oder Einzelunter-
len, der mir im Gedächtnis geblieben ist: »Mitte Juni mel-
nehmen (»Wieder- oder Neueinrichter«) überführt worden.
deten sich die Herren vom Bezirk und erklärten, dass jetzt
Die politische Behandlung der sog. »Bodenreform« von 1945
Erntezeit sei.« Insgesamt jedoch konnte die Landwirtschaft
bis 1949 war nach der Wiedervereinigung höchst umstrit-
der DDR durch die Vergrößerung und Rationalisierung der
ten. So bestätigte das Bundesverfassungsgericht letztlich
Betriebe ihre Produktivität ständig steigern. Im internatio-
am 23. 4. 1991 die Enteignungen der fünf Nachkriegsjahre,
nalen Vergleich erreichte sie einen Spitzenplatz unter den
wobei den Alteigentümern später allerdings eine geringe
Ländern Mittel- und Osteuropas, blieb jedoch unter dem
Entschädigung zugebilligt wurde. Die Anzahl der Betriebe
Stand der westeuropäischen Landwirtschaften.
1951 werden die »Bauern« noch umworben. Das Dorf Drachhausen bekommt nach diesem Plakat von 1951 einen
Landwirtschaftlichen Produktionsplan und einen Dorfwirtschaftsplan, wozu auch Straßen- und Brückenbauten gehören.
den, die auch die Wohnungen der Betriebsangehörigen
die Zuteilung von Maschinen, Dünger, Saatgut und Futter-
instandhielten. Die Kantinen versorgten vielfach die Schul-
mitteln. Zwischen den Planzielen auf der einen Seite und
und Krippenkinder mit Mittagsmahlzeiten, Fahrzeuge der
den Ergebnissen der Produktion auf der anderen Seite tra-
LPG s oder VEG s fuhren Betriebsangehörige als Teilnehmer
ten jedoch regelmäßig erhebliche Differenzen auf. Dies
zu Sportveranstaltungen.«
274
244
in den neuen Ländern hat sich von rund 5000 im Jahr
Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 fand auch die
1989/90 auf inzwischen etwa 30 000 erhöht. Ihre durch-
sozialistische Agrarpolitik der DDR ihr Ende. Zum 31. 12.
schnittliche Größe ist heute aber immer noch etwa achtmal
1991 erloschen die Rechtsformen der LPG s und Kooperati-
höher als in den westdeutschen Bundesländern. Durch ihre
onsgemeinschaften. Die Privatisierung der Landwirtschaft
größeren Flächen haben die landwirtschaftlichen Betriebe
bedeutete vor allem, dass die vorher genossenschaftlich ge-
in Ostdeutschland eine für Deutschland überdurchschnitt-
nutzten Flächen in die Verfügungsmacht der Eigentümer
liche Produktivität erreicht, die auch im europäischen und
zurückgegeben wurden. Inzwischen sind die meisten LPG s
internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig ist.
wird vor allem darauf zurückgeführt, dass die bürokrati-
Zusammengefasst lässt sich die Agrarpolitik der DDR als
sche Organisation zu schwerfällig und die Betriebsabläufe
eine Zentralverwaltungswirtschaft bezeichnen. Alle Pla-
zu wenig überschaubar waren, z. T. aber auch auf die we-
nungen und Entscheidungen zielten von oben nach un-
nig intensive persönliche Bindung der Mitarbeiter an die
ten. Die alljährlichen zentralen Planfestlegungen regel-
Betriebe. Ein ehemaliger Mitarbeiter einer LPG -Verwal-
ten Produktion, Verarbeitung, Absatz und Preise, aber auch
tung ließ mir gegenüber anlässlich eines Besuches in den
Das moderne Dorf
Die LPG war in den Dörfern nicht nur für die Landwirtschaft zuständig,
sie schuf und unterhielt auch soziale und kulturelle Einrichtungen, hier
das Kulturhaus in Trinwillershagen.
Dorfpolitik
275
7000 Bauern durchschnittlich 24 ha und 50 000 Neusiedler
durchschnittlich 3 ha erhielten. Zur Landabgabe – gegen
Entgelt – waren zuvor Großbetriebe über 100 ha per Gesetz
verpflichtet worden. Insgesamt erfassten die Bodenreformen in Westdeutschland weniger als 5 % der agraren Nutzfläche und bewirkten keine wesentlichen Änderungen der
Agrarstruktur. Man bewertet sie heute als vorübergehende
Nothilfe, die den Betrieben wegen der geringen Flächenausstattungen kaum langfristige Chancen boten.
Ab 1953/55 begann die Ausgestaltung einer modernen
Agrarpolitik, deren Herzstück das neue Landwirtschaftsgesetz von 1955 wurde. Deren Hauptziele waren die Förde-
Modernisieren und »Wachsen oder Weichen«
Agrarpolitik in der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis heute
rung der landwirtschaftlichen Produktion und die Verbesserung der sozialen Lage der in der Landwirtschaft tätigen
Menschen. Angesicht der großen Modernisierungs- und
Einkommensfortschritte in Industrie und Handel hatte
man die Notwendigkeit erkannt, auch den Agrarsektor zu
modernisieren. Um die angestrebten Verbesserungen zu
Agrarpolitik geht uns alle an, tagtäglich, aber viele
gemeinsamen EU -Agrarpolitik geprägt. Erst seit 20 Jah-
beobachten, wurde ein alljährlicher Bericht über die Ein-
Die Präsentation guter landwirtschaftlicher Produkte ist ein wichtiges Anliegen der
Agrarpolitik und der Agrarverbände, hier mit zuständigen Bundes- und Landesministern
sowie einer Produktkönigin.
wissen wenig davon. Wer einmal Agrarpolitik zum
ren haben wir wieder eine einheitliche deutsche Agrarpoli-
kommenssituation in der Landwirtschaft an den Bundestag
Anfassen erleben möchte, sollte die alljährliche Inter-
tik, wobei in den neuen Ländern zunächst die Reprivatisie-
gesetzlich verankert. Das gilt bis heute. Aus dem »Grünen
darbietet. Konkrete Schwerpunkte der staatlichen Agrar-
nationale Grüne Woche Mitte Januar in Berlin besu-
rung der kollektivierten Betriebe im Vordergrund der Be-
Bericht« wurde der »Agrarbericht«, der alljährlich Mitte
strukturförderung ab 1953 waren u. a.: Flurbereinigung
chen. Schon bei der festlichen Eröffnung im Internatio-
mühungen stand.
Januar zur Grünen Woche erscheint und jeweils wichtige
und Aussiedlung, Agrarsubventionen wie Dieselölverbilli-
Zielvorgaben und Daten zur Agrarpolitik in knapper Form
gung oder Preisstützungsmaßnahmen bei Milch und Ge-
nalen Congress Centrum (ICC ) in Berlin präsentieren
Die Agrarpolitik der Bundesrepublik Deutschland seit
EU - und Bundespolitiker sowie Bauernpräsidenten die
dem Zweiten Weltkrieg lässt sich bisher in drei Phasen un-
unterschiedlichen Wünsche und Sorgen der Agrarpo-
tergliedern.245 In den Nachkriegsjahren von 1945 bis 1953
litik, der Produzenten, Händler und Verbraucher von
stand politisch der Wiederaufbau des zerstörten Landes im
Agrarprodukten. Sie sprechen über Agrarsubventionen,
Vordergrund. Wichtigstes agrarpolitisches Ziel war damals
Milchquoten und -preise bis hin zur nachhaltigen Land-
die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln.
wirtschaft und zur Verantwortung für die Welternäh-
Dazu musste die landwirtschaftliche Produktion, die in den
rung. An den folgenden Tagen zeigt die Grüne Woche
Kriegsjahren um mehr als ein Drittel gesunken war, wie-
unzählige Aktivitäten der Agrarpolitik ganz konkret: die
der gesteigert werden. Die ersten Berichte des Bundesernäh-
Bemühungen um alte Tierrassen und Apfelsorten, um
rungsministers hatten daher den Tenor »Sorgen um das täg-
gesunde Lebensmittel und Ernährung sowie die Erhal-
liche Brot«. Diese prekäre Lage dauerte etwa fünf Jahre an.
tung des Dorfes und der ländlichen Kulturlandschaft.
Bereits 1950 konnten alle Bewirtschaftungsmaßnahmen
für Nahrungsmittel wieder aufgehoben werden. Zur Phase
Es gibt kaum einen Politikbereich, der in den letzten 65 Jah-
des Wiederaufbaus gehören auch die Bemühungen um
ren in Deutschland so unterschiedlich, wechselhaft und
eine Bodenreform. Man wollte damit vor allem den etwa
teilweise revolutionär und widersprüchlich verlaufen ist
300 000 aus Ostdeutschland und Osteuropa vertriebenen
wie die Agrarpolitik. Im Osten Deutschlands herrschte zu-
Bauern eine neue Existenzmöglichkeit anbieten. Insgesamt
nächst eine sozialistische Gesellschaftsordnung, im Westen
wurden jedoch nur etwa 230 000 ha Land umverteilt, wobei
die soziale Marktwirtschaft. Entsprechend kontrastreich
war die jeweilige Agrarpolitik. Seit Mitte der 1960er Jahre
wird die (west-)deutsche Agrarpolitik zunehmend von der
Abbildung oben: Auf der jährlichen Grünen Woche in Berlin informiert
die Agrarpolitik auch über Verbraucherschutz und gesunde Ernährung.
Die Agrarpolitik fördert Groß- wie Kleinbetriebe, in der Börde wie im Gebirge. Dieser Hof im Trettachtal bei Oberstdorf
betreibt Gründlandwirtschaft und damit zugleich – durch die Offenhaltung der Talaue – Kulturlandschaftspflege.
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Das moderne Dorf
Dorfpolitik
277
treide sowie agrarsoziale Maßnahmen wie die Altershilfe
Agrarprodukten durch Subventionen. Ein großes Problem
für Landwirte und deren Ehefrauen. Daneben gab es land-
für eine gemeinsame Agrarpolitik waren die erheblichen
wirtschaftliche Regionalprogramme zur Unterstützung
Unterschiede in der westeuropäischen Agrarstruktur. So
benachteiligter Regionen wie dem Emsland, der Schwäbi-
stand die klein- und mittelbäuerliche deutsche Landwirt-
schen Alb und dem Bayerischen Wald. Die Fördermaßnah-
schaft einer von Großbetrieben geprägten Landwirtschaft
men der 1950er und 1960er Jahre dienten letztlich dazu,
in Großbritannien und Frankreich gegenüber. Um hier
den angestrebten Modernisierungs- und Schrumpfungs-
eine notwendige Anpassung zu beschleunigen, verfasste der
prozess der Landwirtschaft nicht dem »freien Markt« zu
damalige Vizepräsident der EG -Kommission Sicco Mans-
überlassen, sondern in geordneten Bahnen verlaufen zu las-
holt im Jahr 1968 ein »Memorandum zur Reform der Land-
sen. Dazu gehörte auch, dass man an dem Leitbild des bäu-
wirtschaft in der EG «. Dieser seinerzeit äußerst umstrittene
erlichen Familienbetriebes festhielt.
»Mansholt-Plan« forderte nicht zuletzt von der deutschen
Ab Mitte der 1960er Jahre wurde die Agrarpolitik der
Landwirtschaft einen forcierten Schrumpfungsprozess
Bundesrepublik zunehmend von übernationalen Regelun-
nach dem Motto »Wachsen oder Weichen«. Klein- und Mit-
gen der EWG , dann der EG und heute der EU geprägt. Man
telbetriebe sollten zugunsten von Großbetrieben zum Aus-
erließ Marktordnungen, in denen z. B. einheitliche Richt-
scheiden gedrängt werden. Betriebe mit Bodenproduktion
preise für Milch, Zucker oder Getreide festgelegt wurden.
sollten mindestens 80–120 ha groß sein. Der Mansholt-Plan
Man schützte die eigenen Bauern vor billigen Einfuhren
wurde besonders in Deutschland seinerzeit als Radikal-
mit Zöllen und erleichterte andererseits die Ausfuhr von
lösung verurteilt, er zeigte jedoch mittel- und langfristig
Protestierende Bauern machen immer wieder auf Probleme aufmerksam: Hier fordern rund 500 Milchbauern aus
Baden-Württemberg vor dem Agrarministerium in Stuttgart am 22. 9. 2009 faire Milchpreise, die nicht unter den
eigenen Kosten liegen.
Wirkung. Mit verschiedenen Programmen hat die EU seit
im Westen als gleichberechtigt neben den Städten und In-
den 1970er Jahren dazu beigetragen, den Prozess der Ge-
dustriegebieten respektiert, wie es der damalige Bundes-
sundschrumpfung der Landwirtschaft (Verringerung der
landwirtschaftsminister Josef Ertl im Jahr 1976 unmissver-
Betriebe und Vergrößerung der Flächen je Betrieb) ökono-
ständlich ausdrückte: »Ein Industriestaat muß gleicherma-
misch und sozial abzufedern. So gab es Förderungen zur
ßen industrielle und ländliche Räume entwickeln. Verliert
Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe, zur Ein-
der ländliche Raum infolge mangelnder Arbeitsplätze an
stellung der landwirtschaftlichen Tätigkeit, zur berufli-
Attraktivität, dann ist die Chancengleichheit der Bürger in
chen Qualifikation der in der Landwirtschaft tätigen Perso-
unserem Lande zunehmend gefährdet. Soziale, generative
nen und nicht zuletzt das sog. »Bergbauernprogramm« zur
und kulturelle Erosion sind die Folge. Noch funktionsfä-
Förderung der Landwirtschaft in Berggebieten und in be-
higen Siedlungsstrukturen droht der Kollaps. Auf der an-
stimmten Regionen.
deren Seite würden die stärker verdichteten Räume immer
Trotz der intensiv betriebenen Gesundschrumpfung der
dichter werden; die Umweltprobleme potenzieren sich und
Landwirtschaft vernachlässigte die Agrarpolitik die Ge-
die Infrastruktur wird zunehmend belastet.«246 So wurde in
samtentwicklung des ländlichen Raumes keineswegs. An-
Deutschland zusätzlich mit einem Gesetz über die Gemein-
ders als im Osten Deutschlands wurde der ländliche Raum
schaftsaufgabe des Bundes und der Länder zur Verbesserung
Die Agrarpolitik unterstützt zunehmend auch eine nachhaltige und weniger intensive Landbewirtschaftung,
hier die Pflege und Bewirtschaftung einer Streuobstwiese in Benediktbeuern in Bayern.
278
Das moderne Dorf
Dorfpolitik
279
der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK , seit 1973)
Stand zunächst die Lebensmittelversorgung der Bevölke-
ein Instrument zur Modernisierung der Landwirtschaft
rung zu erschwinglichen Preisen im Vordergrund, wur-
und des ländlichen Raumes geschaffen, das u. a. der Dorfer-
den es danach mehr und mehr die ökonomischen, sozialen
neuerung zugutekam. Seit den 1990er Jahren werden mit
und baulichen Verbesserungen im ländlichen Raum sowie
dem EU -LEADER -Programm vielfältige innovative In-
heute zunehmend der Natur- und Kulturlandschaftsschutz.
itiativen im ländlichen Raum gefördert, die von lokalen
Selbstkritisch sieht sich die Gemeinsame Agrarpolitik der
Gruppen getragen werden. All diese Förderungen dien-
EU (GAP ) heute in ihren offiziellen Verlautbarungen: »Die
ten letztlich dazu, den für notwendig gehaltenen ökonomi-
GAP mußte sich ändern … und sie wurde geändert!« Was
schen und sozialen Strukturwandel des Landes zu beglei-
die EU -Agrarpolitik derzeit konkret für uns tut, fasst sie in
ten. Es gibt jedoch bis heute unterschiedliche Auffassungen
sechs Punkten zusammen:247
darüber, ob das von der Agrarpolitik der EU und Deutsch-
1. »Wir können uns darauf verlassen, dass uns die GAP auch
lands vorgegebene Tempo der Modernisierung nicht doch
in Zeiten weltweiter Engpässe und hoher Preise mit Le-
zu scharf war und gerade in der deutschen Landwirtschaft
bensmitteln versorgt.
und im deutschen Dorf schmerzhafte Wunden hinterlassen
2. Die EU setzt strikte Bestimmungen zur Gewährleistung
hat, die z. T. immer noch nicht verheilt sind. An der Gestal-
der Sicherheit unserer Lebensmittel durch und legt strik-
tung der Agrarpolitik haben sich natürlich auch die ver-
te Tierschutznormen fest.
schiedenen Spitzenverbände der deutschen Agrarwirtschaft
seit Jahrzehnten intensiv beteiligt.
Immer wieder wurde die EU -Agrarpolitik in den zu-
Aufgaben und Entwicklung der Flurbereinigung
3. Die GAP leistet einen wichtigen Beitrag, um das einzigartige ländliche Erbe Europas zu erhalten und die Umwelt zu schützen.
Seit Jahrhunderten betreibt der Staat Bodenneuord-
lich die nur wenige Meter breiten »Handtuchfluren« übrig
rückliegenden Jahrzehnten mit Vorwürfen und Krisen
4. Die GAP trägt dazu bei, dass Lebensmittel erschwing-
nungen im ländlichen Raum – mit sehr unterschied-
blieben. Die Zersplitterung und stetige Verkleinerung des
konfrontiert. Finanzkrisen führten dazu, dass Beihilfen
lich bleiben. Gegenwärtig sind 15 % der Ausgaben eines
lichen Zielen. Meist stand die ökonomisch zweckmä-
Besitzes erschwerte natürlich eine langfristige Existenzsi-
und Förderprogramme abgesetzt werden mussten. Die viel-
durchschnittlichen Haushalts in der EU für Lebensmit-
ßige Landbewirtschaftung im Vordergrund. Dabei ging
cherung der landwirtschaftlichen Betriebe in den Realerb-
fältigen Subventionen ermöglichten erst Produktionsüber-
tel bestimmt, während dieser Anteil 1960 mit 30 % noch
es vor allem um die Zusammenlegung von zersplit-
gebieten.
schüsse (erinnert sei an die »Milchseen« und »Butterberge«),
doppelt so hoch war.
die man dann durch feste Quoten zu reduzieren versuchte.
5. Die Landwirte sind wettbewerbsfähiger geworden. Sie
Vorwürfe, die Brüsseler Agrarbürokratie sei zu aufgebläht,
stehen fast ständig im Raum. Dies gilt auch für die hohe
tertem Grundbesitz, den Feldwegebau und den Hoch-
Generell haben auch die Staaten (und deren Wirtschafts-
wasserschutz. Heute ist die staatliche Flurbereini-
und Finanzminister) bzw. früher die Landes- und Grund-
produzieren nun das, was auf dem Markt nachgefragt
gungsbehörde für zahlreiche und komplexe Aufgaben
herren ein Interesse an ökonomisch stabilen und ertrag-
wird und was die Verbraucher benötigen.
der ländlichen Entwicklung zuständig. Im Mittelpunkt
reichen landwirtschaftlichen Betrieben. Daher gibt es in
stehen die Dorferneuerung und die Kultur- und Natur-
Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern
landschaftspflege.
schon seit der Frühen Neuzeit Reformen, Gesetze und För-
Regelungsdichte der Verordungen und Anweisungen, der
6. Die EU garantiert die Qualität und Sicherheit von Le-
Eingrenzungen und Ausgrenzungen, der Erstattungen und
bensmitteln durch klare Etikettierungensvorschriften,
Abschöpfungen, die so unübersichtlich und wechselhaft
Verordnungen über Tier- und Pflanzengesundheit sowie
geworden sind, dass eine verantwortungsvolle Kontrolle
durch die Kontrolle von Pestizidrückständen und Zu-
Schon auf kleinmaßstäblichen Luftbildern von Deutsch-
Flur zugunsten größerer, betriebswirtschaftlich sinnvol-
kaum noch möglich ist. An der Basis wird der Sinn der oft
satzstoffen in Lebensmitteln.«
land kann man erkennen, dass die Flurstücke von Region
ler Feldstücke umzuwandeln. Diese einschlägigen staatli-
zu Region sehr unterschiedliche Größen haben. Generell
chen Ziele und Maßnahmen werden heute in den Begriffen
wechselnden Programme nicht verstanden. Ähnliche Kla-
280
Wie der Staat die Landbewirtschaftung verbessert
derprogramme mit dem Hauptziel, die kleinparzellierte
gen wie diese hört man häufiger: »Heute wird das Abhol-
Die für die deutsche Agrarpolitik zuständige Ministerin
sind sie im Norden und Osten am größten, die kleinsten
»Flurbereinigung« bzw. »Bodenneuordnung« zusammen-
zen von Obstbäumen – und morgen das Anpflanzen von
Ilse Aigner beschreibt in knapper Form ihr Leitbild der
Flurparzellen finden sich im Süden und Westen Deutsch-
gefasst. Auch die dafür zuständigen staatlichen Ämter tru-
Obstbäumen gefördert.« Manche sprechen daher von einer
Landwirtschaft: »Als Ministerin habe ich ein klares Bild
lands. Diese Kontraste im Flurbild sind historisch entstan-
gen oder tragen in der Regel diese Namen.
staatlich-bürokratischen Zwangswirtschaft in der Agrar-
von unternehmerischer und bäuerlicher Landwirtschaft.
den durch ein unterschiedliches Erbrecht. Im Norden und
Die staatliche Flurbereinigung zielt grundsätzlich auf
politik. Andere werfen ihr vor, dass sie die EU -Landwirt-
Sie ist geprägt von einem hohen Maß an Verantwortung
Osten Deutschlands galt früher die geschlossene Vererbung
eine Verbesserung der Agrarstruktur ab. Neben der Besei-
schaft zu sehr von anderen Märkten abschotte und insge-
gegenüber den nachfolgenden Generationenen, von tierge-
oder das Anerbenrecht: Das landwirtschaftliche Grundei-
tigung von kleinparzelliertem Grundbesitz geht es dabei
samt zu wenig ihre soziale, ökologische und globale Ver-
rechter Haltung und von einer nachhaltigen Pflanzenpro-
gentum ging im Erbgang ungeteilt an eine Person über. Im
auch darum, das Feldwegenetz und die Wasserwirtschaft zu
antwortung wahrnehme.
duktion.«248
Westen und Südwesten dominierte hingegen die Realtei-
verbessern, Betriebe zu vergrößern, Orte aufzulockern, Aus-
Man muss der Agrarpolitik allerdings zugutehalten,
lung: Das landwirtschaftliche Vermögen wurde gleichmä-
dass sich die Ansprüche der Gesellschaft an die Landwirt-
ßig auf die Erben aufgeteilt. Durch fortgesetzte Teilungen
schaft in den letzten Jahrzehnten ständig verändert haben.
entstanden so immer schmalere Flurparzellen, bis schließ-
Das moderne Dorf
Abbildung oben: Schmale Parzellen wie hier in Bayern erschweren die
Landbewirtschaftung. Hier kann die Flurbereinigung helfen.
Dorfpolitik
281
siedlerhöfe zu errichten und insgesamt Dörfer zu erneuern.
den in sehr viel größeren Ausmaßen vor allem in England
Vermessen hinaus. Durch die immer komplexer geworde-
auch in zahlreichen Weinbergsgemarkungen durchgeführt
Nicht selten dient die Flurbereinigung auch nicht agraren,
(seit dem 15. Jahrhundert) und in Skandinavien (seit dem
nen Aufgabenstellungen arbeiten die Flurbereinigungs-
wurden, profitierte ohne Zweifel die westdeutsche Land-
überregionalen Planungen für Autobahnen, Bahntrassen,
18. Jahrhundert) statt.
Hier ist die Landwirtschaft schon
ämter heute intensiv mit Agraringenieuren, Bauingenieu-
wirtschaft.
Kanäle oder Flugplätze, wobei sie zwischen den Privatinte-
seit dem 19. Jahrhundert komplett aus den beengten Dorf-
ren, Architekten, Denkmalpflegern, Geographen, Ökolo-
Ein typisches Flurbereinigungsverfahren aus den 1960er
ressen der Landwirtschaft und den Gemeinwohlinteressen
lagen verschwunden und konzentriert sich jetzt auf die frei
gen, Landespflegern, Soziologen, Historikern und Juristen
Jahren zeigt das Beispiel Glehn (s. Abb. Seite 284). Hier
des Staates zu vermitteln hat. Die meisten Gemarkungen in
in der Feldflur liegenden Gehöfte. Diese Nachbarländer ha-
zusammen.251
wurden im Wesentlichen sechs Maßnahmen verwirklicht:
Deutschland haben seit dem 19. Jahrhundert zumindest ein-
ben durch ihre frühen und flächenhaften Flurneuordnun-
mal eine Flurbereinigung erfahren.
250
Ein gutes Beispiel für die Flurneuordnung des 19. Jahr-
1. Beseitigung der Flurzersplitterung: So wurde für den
gen einen deutlichen strukturellen Vorsprung gegenüber
hunderts bietet die Separation von Göhritz westlich von
dargestellten Ortsbetrieb die Anzahl der Betriebsstücke
Die ältesten staatlichen Flurneuordnungen fanden in
der deutschen Landwirtschaft, die in vielen Regionen im-
Merseburg im Jahr 1854. Die Flur vor der Bereinigung zeigt
von 24 auf 3 reduziert;
Deutschland ab dem 16. Jahrhundert im Allgäu und in
mer noch relativ kleinparzelliert ist und sich häufig auch
sich extrem zersplittert in schmalen, langen und geboge-
2. Aussiedlung von Höfen in die Feldflur mit arrondierten
Oberschwaben statt. Es kam hier zu den sog. »Vereinödun-
noch in beengten Dorflagen befindet.
nen Parzellen in Gemengelage ohne Feldwegeerschließung.
Besitzflächen: Hier konnte für das gezeigte Beispiel eine
gen«, d. h. zu Aussiedlungen von Hofstellen aus den beeng-
Eine erste flächenhafte Verbreitung fand die staatliche
Die Gemarkung erhielt im Bereinigungsprozess gerade Li-
optimale Reduzierung der Betriebsstücke von 32 auf 1 er-
ten Ortslagen in die Flur, und gleichzeitig zur Zusammenle-
Flurneuordnung in Deutschland erst mit den Agrarrefor-
nien und größere Besitzflächen. So ist das neue Flurbild ge-
reicht werden;
gung (Arrondierung) der Besitzflächen um die neuen Ein-
men des 19. Jahrhunderts. So kam es zunächst zur Auftei-
prägt durch wenige rechtwinklige Parzellen und ein syste-
ödhöfe. Diese Neuordnung fand bis ins 19. Jahrhundert statt.
lung, d. h. Privatisierung, des Gemeindelandes – der All-
matisches Feldwegenetz, das die Erschließung jeder Besitz-
Ein Beispiel hierfür ist die Vereinödung von Gunzesried
mende. Um den »Flurzwang«, also die fest geregelte Bewirt-
einheit ermöglicht.
im Allgäu aus den Jahren 1826–28.249 Insgesamt 49 Hofstel-
schaftung der Feldparzellen, aufheben zu können, stand
Die erste reichseinheitliche Regelung zur Flurneuord-
len wurden hierbei in die Feldflur ausgesiedelt und der frei
dann für Jahrzehnte der Feldwegebau im Vordergrund. Seit
nung erfolgte erst im 20. Jahrhundert, und zwar durch
werdende Hofgrund an die verbleibenden Höfe aufgeteilt.
Mitte des 19. Jahrhunderts konzentrierte sich die Flurberei-
das Reichsumlegungsgesetz von 1936 und die Reichsumle-
Das generelle Ergebnis dieser Flurneuordnung war nicht
nigung darauf, die in der Flur verstreuten Feldstücke zu-
gungsordnung von 1937. Zu deren vorrangigen Zielen ge-
nur eine wesentliche Verbesserung der landwirtschaftli-
sammenzulegen. Diese Bemühungen trugen regional sehr
hörten die Selbstversorgung der Bevölkerung mit Nah-
chen Produktionsbedingungen, sondern auch eine Umge-
unterschiedliche Namen wie Verkoppelung, Konsolidation,
rungsmitteln und damit eine Erhöhung der landwirt-
staltung der Siedlungslandschaft: Aus einer Landschaft mit
Arrondierung, Separation, Vereinödung oder Feldberei-
schaftlichen Produktion. Die staatlichen Programme
eng bebauten Dörfern entwickelte sich ein Streusiedlungs-
nigung. In dieser Phase entwickelte sich allmählich auch
zielten darauf ab, Flurstücke zusammenzulegen, Ortslagen
gebiet mit Einzelhöfen und vereinzelten Weilern sowie lo-
der Berufsstand der Bodenneuordner oder Flurbereini-
aufzulockern und Aussiedlungen zu fördern. Außerdem
cker bebauten, kleinen Dörfern. Ähnliche Maßnahmen der
ger. Es sind früher wie heute Geodäten (früher »Landmes-
gab es auch das Leitziel einer Vergrößerung der landwirt-
Dorfauflockerung und manchmal auch der Dorfauflösung
ser« oder »Feldmesser«), also Vermessungsingenieure. Doch
schaftlichen Nutzflächen durch die Urbarmachung von
zugunsten von arrondierten Einzelhöfen in der Flur fan-
deren Arbeitsfelder gehen inzwischen weit über das reine
Mooren und Sümpfen, die Nutzung von brachliegendem
3. Landstraßenneubauten der L 377 und L 376 mit Umgehung der Ortschaften;
4. Feldwegebau;
5. Begradigung des Jüchener Baches;
6. Anlage von Gräben zur Entwässerung und Vermeidung
von Überschwemmungen.
Ödland sowie die Neulandgewinnung an den Küsten. Die
geplanten Maßnahmen wurden allerdings nur kurze Zeit
ausgeführt, sie endeten mit Beginn des Krieges.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete in Westdeutschland
das Flurbereinigungsgesetz von 1953 die neue Gesetzesgrundlage. Zur Durchführung von konkreten Flurbereinigungsverfahren entstanden in allen Bundesländern schlagkräftige Behörden, die sich »Flurbereinigungsämter« oder
»Ämter für Agrarordnung« nannten. Das Gesetz von 1953
gilt im Wesentlichen bis heute, es bekam jedoch durch eine
Novellierung im Jahr 1976 neue agrarpolitische Zielsetzungen. Für gut zwei Jahrzehnte lagen die überwiegend ökonomisch orientierten Schwerpunkte der Flurbereinigung
in Ortsauflockerungen und Aussiedlungen von Betrieben
in die Feldflur, Flurstückszusammenlegungen sowie in
Feldwege- und Wasserbauten. Von diesen Maßnahmen, die
Im Allgäu wurden ab dem 16. Jahrhundert Einzelhöfe in die Flur ausgesiedelt: Ergebnisse einer frühen Flurbereinigung.
282
Das moderne Dorf
Auch Weinberge werden flurbereinigt. Dabei geht es vor allem um Wegeerschließung,
Entwässerung und Erosionsschutzmaßnahmen: hier das Beispiel Strümpfelbach.
Dorfpolitik
283
antwortlich gemacht für den starken Artenrückgang in der
vor
Flurbereinigung
1961
Gemeinde
Büttgen
Gemeinde
Kleinenbroich
Tier- und Pflanzenwelt, für die Bodenzerstörung und die
Ausräumung und manchmal gar Zerstörung ganzer Landschaften und Dörfer. Gesetzgeber und Behörden reagier-
Birkhof
ten daraufhin durchaus auf den Bewusstseinswandel und
die Kritik – bereits mit der Novellierung des Flurbereinic
Jü
ne
he
gungsgesetzes von 1976 wurden andere Akzente gesetzt.
h
ac
rB
Lüttenglehn
Neu aufgenommen wurden »bodenschützende« und »landschaftsgestaltende« Maßnahmen. Die Aufgabenstellungen
Glehn
Schanzer Höfe
Ortsauflockerung und Aussiedlung wurden hingegen aufgegeben und durch eine umfassende Dorferneuerung er-
Epsendorf
Jüchener
Bach
Beispielbetriebe
Ortsbetrieb
24 Besitzstücke
Scherfhausen
Aussiedlungsbetrieb
32 Besitzstücke
setzt. Heute gehören Arten- und Biotopschutz, Boden- und
Erosionsschutz,
Wasserrückhaltung,
Kulturlandschafts-
pflege und inzwischen vorrangig die ganzheitliche und erhaltende Dorferneuerung zu den Schwerpunkten der Flurbereinigung.
Von der Dorf- und Landesverschönerung
Die Entwicklung vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert
In der DDR gab es keine Gesetze und Behörden zur Flur0
bereinigung, die mit Westdeutschland vergleichbar wären.
500 m
Gemeinde
Büttgen
Gemeinde
Kleinenbroich
nach
Flurbereinigung
0
500m
1966
Birkhof
ach
rB
ne
he
Jüc
Lüttenglehn
Glehn
Schanzer Höfe
Mülldeponie
er Bach
Epsendorf
Jüchen
Beispielbetriebe
Ortsbetrieb
3 Besitzstücke
Scherfhausen
Aussiedlungsbetrieb
1 Besitzstück
Der erste bekannte Dorfverschönerungsplan in
Forstwirtschaft im Vordergrund. Doch seit etwa 200 Jah-
ren Art – als Konsequenz einer sozialistischen Agrarpoli-
Deutschland stammt aus dem Jahr 1807. Das Dorf
ren gibt es neben den ökonomischen Interessen auch ver-
tik. Nachdem im Rahmen der sog. »Bodenreform« von 1945
Freudenbach bei Creglingen sollte nach den Prinzipien
schiedene Bewegungen, die eine Verschönerung der ländli-
bis 1949 alle landwirtschaftlichen Betriebe ab 100 ha ent-
der Harmonie, der geometrischen Ordnung und Nütz-
chen Kulturlandschaft zu ihrem Anliegen gemacht haben.
eignet worden waren, wurden diese Flächen z. T. in kleine
lichkeit umgestaltet werden. Wichtige Impulse erfuhren
Zunächst waren es die Landesherren (der vielen deutschen
Parzellen für Neubauern (in der Regel Vertriebene aus den
zahlreiche Dörfer und ländliche Kulturlandschaften
Kleinstaaten), daneben vor allem der Adel und die Klöster,
ehemaligen deutschen Ostgebieten) aufgeteilt. In der Kol-
durch die großartigen Parkschöpfungen des Adels in
dann die ländlichen Gemeinden und schließlich die Hei-
lektivierungsphase ab 1952 wurden dann alle landwirt-
allen deutschen Regionen. Aber auch der beginnende
matschutz- und Verschönerungsvereine, die das Dorf ästhe-
schaftlichen Betriebe zur Zusammenlegung ihrer Eigen-
Tourismus an den Küsten, am Rhein, am Alpenrand
tisch aufwerten wollten.
Die Bewegung der »Landesverschönerung« entstand in
tumsflächen in die neu geschaffenen LPG s genötigt. Nach
und in den Mittelgebirgen führte zu bewussten Dorf-
der Wiedervereinigung etablierte man in den neuen Län-
verschönerungen. Bereits 1867 wurde in Remagen
Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Als ihr Be-
dern flächendeckend – nach westdeutschem Vorbild – neue
ein sog. »Lokalverschönerungsverein« gegründet.
gründer gilt Karl Vorherr, der als Baubeamter in verschie-
Flurbereinigungsämter und stattete sie mit hohen Personal-
Eine breite Heimat- und Denkmalschutzbewegung für
denen Regionen Süddeutschlands tätig war. In einem 1808
und Sachetats aus. Grundlage waren das bestehende Flur-
ganz Deutschland begann um 1900.
veröffentlichten Aufsatz »Über Verschönerung Deutsch-
bereinigungsgesetz und das in Kraft getretene Landwirtschaftsanpassungsgesetz von 1990/91. Generell ging es in
lands« rief er dazu auf, durch Förderung des Ackerbaus, der
Bei der Gestaltung von Dörfern und Fluren stand früher in
Gartenkunst und der Baukunst das ganze Land planmä-
deren Her-
der Regel die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit im Vorder-
ßig zu verschönern, um Deutschland zu einem »Eden von
ausforderung darin bestand, die sozialistische Eigentums-
grund und das, was lange hielt (also nachhaltig war) und
Europa« zu machen.253 Ideen der Aufklärung und Roman-
und Agrarordnung in eine liberale, auf Privateigentum
was man sich leisten konnte, wie z. B. die Baumaterialien aus
tik kamen hier zusammen. Die Aufklärung brachte Ord-
basierende Agrarordnung zu überführen. Die konkreten
der eigenen Gemarkung. Mit Gedanken um die Schönheit
nungsdenken, klare Formen und Volkserziehung, die Ro-
Der in den frühen 1970er Jahren einsetzende allgemeine
Aufgaben der neuen Ämter lagen zunächst in der Auftei-
ihrer Dörfer und Felder werden sich die meisten Landbe-
mantik entdeckte den Reichtum der eigenen Geschichte
Wertewandel zu mehr Umwelt- und Kulturpflegebewusst-
lung der riesigen Schläge, entsprechend der neuen bzw. al-
wohner sicherlich nicht allzu oft beschäftigt haben. Auch
sowie den von Natur und Landschaft. Durch die Landesver-
sein führte zu einer breiten öffentlichen Kritik an der Flur-
ten Eigentumsflächen, und im Feldwegebau. Heute geht es
die Landes- und Grundherren hatten vorwiegend ökono-
schönerung sollten die Bereiche Landwirtschaft, Gewerbe,
bereinigung. Nun waren die alten Ziele wie Begradigung,
zunehmend und damit vergleichbar mit Westdeutschland
mische Interessen am ländlichen Raum. Selbst bei den frü-
Arrondierung, Hochwasserfreilegung (der Ortslagen) und
um Landschaftspflege, Naturschutz und nicht zuletzt um
heren Agrarreformen und Maßnahmen der Flurbereini-
Dorfsanierung umstritten. Die Flurbereinigung wurde ver-
Dorferneuerung.
gung stand die wirtschaftliche Verbesserung der Land- und
Eine typische Flurbereinigung der 1960er Jahre:
das Beispiel Glehn am Niederrhein
284
Dennoch kam es zu »Flurbereinigungen« der ganz ande-
Das moderne Dorf
der Folge um die »Lösung der Bodenfrage«,
252
Ein bewusst schön gestaltetes »Musterdorf« entstand um 1800 in Paretz
in Brandenburg. Initiator war der preußische König Friedrich Wilhelm III .
Dorfpolitik
285
Obstbau und Gartenbau gefördert und dazu die Dörfer und
auftragte. Es entstanden ein schlichtes königliches Land-
Fluren sowohl nach den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit
haus im Stil des Klassizismus, ein Amtshaus, mehrere Bau-
und Zweckmäßigkeit als auch der Harmonie und Schön-
erngehöfte und ein Familienhaus, in dem ein Leineweber,
heit gestaltet werden.
ein Fischer, vier Drescher und Tagelöhner, ein Müller und
Von Gustav Vorherr stammt auch der erste bekannte Dorf-
der Dorflehrer wohnten. Außerdem wurde eine Schmiede
verschönerungsplan in Deutschland, den er 1807 für sein
und ein Gasthaus errichtet sowie die alte Feldsteinkir-
Heimatdorf Freudenbach vorlegte (s. Abb. unten).
Das vor-
che zu einer neugotischen Kirche mit einer Königsloge
geschlagene Ordnungsraster neuer, rechtwinkliger Straßen
umgebaut. Den Dorfeingang betonte der Architekt durch
ist vom Stil des Klassizismus geprägt. Aus zeitgenössischen
zwei Torhäuschen, in denen ein Schafstall und die Woh-
Berichten wissen wir, dass die Dörfer damals in einem jäm-
nung für den Schafhirten untergebracht waren. Alle Häu-
merlichen Zustand und zugleich verschuldet waren. Um
ser der Dorfbewohner waren sorgfältig geplant. Sogar an
nicht zu viel Geld investieren zu müssen, schlug Vorherr
den Scheunen finden sich verblendete Rundfenster und
deshalb nur geringe Renovierungsarbeiten an den Gebäu-
Fledermausgauben. In Paretz verbrachten König Friedrich
den selbst vor. Es kam ihm zunächst darauf an, die Infra-
Wilhelm III . und seine Ehefrau Königin Luise von 1797 bis
struktur und die Landbewirtschaftung zu modernisieren
1805 jeden Sommer einige Wochen und genossen das Land-
und damit eine Aufbruchstimmung zu begründen. Die
leben. Doch das Musterdorf diente nicht nur dem Vergnü-
Ideen der ästhetischen und kulturellen Landesverschöne-
gen, es warf auch Erträge ab.255
rung des frühen 19. Jahrhunderts schlugen sich zwar noch
Zu einer wirklichen und bleibenden Bereicherung der
in einer Reihe von beeindruckenden Plänen nieder, sie fan-
ländlichen Kulturlandschaft kam es flächenhaft vom spä-
den jedoch im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts keine
ten 18. Jahrhundert an durch die zahlreichen und vielfäl-
durchgehende Verbreitung. Die Landbevölkerung wie
tigen Parkschöpfungen des Adels. Vor allem von engli-
auch die Landes- und Grundherren waren mit der Umset-
schen Vorbildern (landscape-gardening) angeregt, entstan-
zung der Agrarreformen, mit starken Bevölkerungszunah-
den um die adligen Schlösser und Herrenhäuser weit mehr
men, Missernten und Hungersnöten sowie betriebswirt-
als tausend Landschaftsparks in Deutschland. Als Urzelle
schaftlichen Neuerungen ausreichend beschäftigt.
auf deutschem Boden gilt Wörlitz, wo man um 1765 mit der
Das Beispiel eines neu errichteten »Musterdorfes« ist Pa-
Gestaltung eines neuen Parks nach Vorbildern aus England
retz westlich von Potsdam. Initiator war der preußische Kö-
begann.256 Zuvor hatte der junge, in Wörlitz residierende
Ab dem späten 18. Jahrhundert bereicherten zahlreiche Parkschöpfungen die ländliche Kulturlandschaft.
Einer der ersten und schönsten entstand – nach englischen Vorbildern – in Wöhrlitz bei Dessau in Sachsen-Anhalt.
rere Kunst- und Bildungsreisen nach Italien, Frankreich
ben, Denkmälern, Grotten, Pyramiden und Vulkanen, die
nig Friedrich Wilhelm III ., der 1797 den Architekten David
Fürst Franz von Anhalt-Dessau mit seinem befreundeten
und vor allem England durchgeführt und sich dort reich-
dem Spaziergänger durch immer wechselnde Sichtachsen
Gilly mit der planmäßigen Anlage eines ganzen Dorfes be-
Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff meh-
liche Anregungen geholt. Die Parkschöpfungen veredelten
erschlossen wurden. Bei der Gestaltung der Parks waren der
die Naturlandschaft: Ehemals sandiges Ödland, sumpfige
Fantasie der Parkschöpfer kaum Grenzen gesetzt. Zu den
Talzüge oder kahle Ebenen wurden in kunstvolle und üp-
großartigsten gehören die Anlagen in Wörlitz, Branitz und
1807
um 1830
Dorfverschönerungsplan von
Gustav Vorherr für Freudenbach
286
254
Das moderne Dorf
Das bestehende Haufendorf (s. Plan von 1830)
wurde dem Zeitstil entsprechend streng klassizistisch umgeplant. Die damalige Bewegung
der Landesverschönerung hatte zum Ziel,
Landwirtschaft, Gartenkunst und Architektur
zu vereinen und Dörfer nach den Prinzipien der
Harmonie, der geometrischen Ordnung und
Nützlichkeit zu gestalten. Dieser erste bekannte
deutsche Dorferneuerungsplan wurde allerdings
nicht verwirklicht.
pige Parklandschaften umgewandelt. Mit bestehenden Ge-
Muskau an der Neiße. In Muskau hat Fürst Hermann von
bäuden ging man nicht immer behutsam um. Die häufig
Pückler-Muskau seine »Utopie« realisiert: Nicht nur das
in der Nähe der Residenzen liegenden Gutshöfe oder Teile
Schloss mit seinen Nebengebäuden, sondern auch das Dorf
von Dörfern wurden beseitigt oder verlagert, wenn sie im
Muskau, gewerbliche Betriebe und die Ländereien sind in
Wege standen, wie das Beispiel von Branitz in Brandenburg
das Konzept des Parks einbezogen.
zeigt.257 Herzstück der Parks waren zunächst das Schloss
Neben den Parks und Schlossgärten des Adels waren na-
oder Herrenhaus mit den dazugehörigen Nebengebäuden
türlich auch die Klostergärten der verschiedenen Orden
wie Pferdeställen, Wagenschuppen, Küchenhaus, Orange-
ein besonders schönes Element der ländlichen Kulturland-
rie und Gästehaus. Von dort ging es über breite Terrassen
schaft mit oft erheblicher Ausstrahlung auf die Pfarr- und
mit Blumen- und Staudenbeeten zu größeren Rasenflächen,
Bauerngärten der umliegenden Dörfer. Nach der Auflösung
Baumgruppen, Hainen, Einzelbäumen, Baumschulen und
der meisten Klöster durch die Säkularisation im Jahr 1803
Gemüsegärten, zu künstlichen Hügeln, Seen und Bächen
verwilderten und verbuschten jedoch sehr viele der ehemals
mit Brücken, Inseln und Wasserfällen, zu Tempeln, Lau-
prächtigen Gartenanlagen, die wir noch aus alten Stichen
Dorfpolitik
287
len und Promenaden, sondern auch ansehnliche Ortsbilder
mit zahllosen Gasthöfen, Cafés und Hotels in der sog. »Bäderarchitektur«. Diese vorwiegend im Historismus-Stil der
Gründerzeit errichteten Gebäude sind besonders auf den
Inseln und an den Küsten der Ostsee bis heute in großer
Zahl erhalten.
Um 1900 entwickelte sich in allen Teilen Deutschlands
eine breite Heimatschutzbewegung. Sie zielte vor allem auf
eine Erhaltung und Pflege bäuerlich-ländlicher und regionaler Kulturgüter und Traditionen ab. Man deutet diese Bewegung heute als Reflex gegen die Industrialisierung und
Urbanisierung mit ihren schnellen Veränderungen, aber
auch als Folge des im späten 19. Jahrhundert zunehmenden Nationalgefühls. Im Jahr 1904 wurde der »Bund Heimatschutz« gegründet, der mit seiner regionalen und lokalen Präsenz bald flächendeckend in ganz Deutschland (also
auch in den Städten) aktiv wurde und bis heute Bestand hat.
Nach dem Zweiten Weltkrieg trug er jahrzehntelang den
Namen »Deutscher Heimatbund«, seit 1998 firmiert er unter dem Titel »Bund Heimat und Umwelt (in Deutschland)«
oder kurz »BHU «. Das wachsende Heimat- und Nationalbewusstsein im späten 19. Jahrhundert beförderte auch die
Entstehung der modernen Denkmalpflege. Zu deren Bibel
Einer der größten Parkschöpfer in Deutschland war Fürst Hermann von Pückler, der zuerst in Muskau an der Neiße
seine »Utopie« verwirklichte und dabei Schloss, Gutshof und Dorf in sein Parkkonzept einbezog, hier eine Farblithographie von 1834.
in fünf dicken Bänden von 1905 bis 1912 von Georg Dehio
herausgegeben wurde. »Der Dehio« dieser Gründerjahre ist
»Auflockerung der Ortslagen« durchgeführt. In den 1930er
bis heute ein Standardwerk und immer wieder neu aufge-
Jahren gab es Bestrebungen, den schlechten baulichen Zu-
und Gemälden kennen. Nur ein kleiner Teil der früheren
verkehrsgemeinden gründete man zu diesem Zweck häufig
legt worden. Auch der Schutz schöner Ortsbilder und Land-
stand der Landarbeiterhäuser und -wohnungen in den
Klostergärten hat bis heute Bestand. Einzelne wurden in-
spezielle Verschönerungsvereine. So entstand in Remagen
schaften fand bald seine Verankerung in der Gesetzgebung.
Gutsdörfern zu beseitigen. Es entstand die »Verordnung zur
zwischen nach alten Vorgaben wiederhergestellt, wie das
am Rhein im Jahr 1867 der erste »Lokalverschönerungs-
Das preußische Gesetz gegen die Verunstaltung von Ort-
beschleunigten Förderung des Baues von Heuerlings- und
Bereits in den folgenden zwei Jah-
schaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden
Werkswohnungen sowie von Eigenheimen für ländliche
Die Orts- und Landesverschönerung bekam ab der Mitte
ren legte dieser Verein einen Promenadenweg an und ge-
von 1907 wandte sich gegen unschöne bauliche Verände-
Arbeiter und Handwerker« vom 10. 3. 1937.261 Wie man sich
des 19. Jahrhunderts einen neuen Impuls durch den Touris-
staltete einen Aussichtspunkt mit einem Pavillon und ei-
rungen.260 Es gab den Gemeinden außerdem die Erlaubnis,
ein Gutsdorf mit mustergültigen Landarbeiterhäusern vor-
mus, der sich in vielen ländlichen Regionen nun stärker ent-
ner breiten Terrasse. Schon ein Jahr nach Remagen wurde
durch Ortssatzungen »schönheitliche« Anforderungen an
stellte, wurde dann in Alt Rehse bei Neubrandenburg bei-
wickelte. Dieser begann an den Küsten, im Alpenvorland,
im benachbarten Neuenahr ein »Verschönerungs-Verein
bevorzugte Gebiete festzulegen.
spielhaft veranschaulicht: Nachdem man das alte Dorf ab-
in den Mittelgebirgen, am Rhein und seinen Nebenflüssen
für Bad Neuenahr« gegründet. Der dortige Badearzt Dr. Un-
Die 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts brachten re-
gerissen hatte, wurden 22 Einzel- und Doppelhäuser mit
sowie an Orten mit neu erschlossenen Mineral- und Ther-
schuld formulierte 1870 die Notwendigkeit solcher Bemü-
lativ wenig nachhaltige Impulse für die Dorf- und Landes-
Fachwerk und Reetdach im Stil der deutschen Provinzen
malquellen. So entstanden bereits ab dem späten 18. Jahr-
hungen: »Neuenahr, erst in der 2. Dekade seiner Wirksam-
verschönerung. Allerdings wurden nun erstmals im Rah-
errichtet. Die etwas skurril anmutende Anlage steht heute
hundert in zahlreichen kleinen, ländlichen Orten wie Dri-
keit, bietet dem Fremden als ersten Eindruck den des
men der Flurbereinigung vereinzelt auch Maßnahmen zur
unter Denkmalschutz und kann besichtigt werden.
Beispiel des Klosters Dalheim in Westfalen zeigt.
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wurde das »Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler«, das
Die Parkanlagen und Kurgebäude von Driburg in Westfalen sind vorwiegend im späten
18. und im 19. Jh. entstanden. Das gesamte Ensemble ist bis heute sehr gepflegt und
wurde vor ein paar Jahren zu einer 5-Sterne-Anlage restauriert und ausgebaut.
verein« der Region.
258
burg oder Lauchstädt bemerkenswerte Kurbauten, die bis
Unfertigen. Hütten neben Hotels, Sandwüsten neben Park-
heute Besucher anziehen. Um den Gästen den Aufenthalt
anlagen, Ziegenställe neben Wagenremisen, Filetvorhänge
angenehmer zu machen, wurden auch die Ortsbilder auf-
neben Papierscheiben.«259 In den touristisch geprägten Or-
gebessert, Promenaden und Aussichtspunkte, Kurparke
ten und Regionen Deutschlands entstanden nicht nur die
und Trinkhallen angelegt. In den aufstrebenden Fremden-
bis heute sehenswerten Kurparks, Badehäuser, Wandelhal-
Das moderne Dorf
Dorfpolitik
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