Gew ¨ohnliche Differentialgleichungen und Dynamische Systeme

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Gewöhnliche Differentialgleichungen
und Dynamische Systeme
Dynamische Systeme
Vorlesung
Reiner Lauterbach
Universität Hamburg, SS 2009
2
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
4
1
Dynamische Systeme – Grundlegendes
1.1 Einführende Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Das Collatz-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.2 Wachstum und Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.3 Diskrete Dynamik mit kontinuierlichen Zustandsraum
1.1.4 Das Pendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.5 Wortspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Grundlegende Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Metrische Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Vollständige metrische Räume . . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Eingebettete Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Halbgruppen von Selbstabbildungen . . . . . . . . .
1.2.5 Diskrete Dynamik von Selbstabbildungen . . . . . . .
1.3 Geometrische Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Spezielle Orbits und ihre Grenzmengen . . . . . . . .
1.3.2 Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Diskrete versus kontinuierliche Dynamik . . . . . . . . . . .
1.4.1 Zeit–1–Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.2 Poincaré–Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.3 Suspensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
Stabilität
41
2.1 Lineare Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
2.2 Lineare ebene Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.2.1 |λ1,2| < 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3
9
9
10
11
14
15
16
18
18
19
23
27
29
29
29
34
35
35
36
37
38
INHALTSVERZEICHNIS
4
Ein Eigenwert vom Betrag höchstens 1,
ein Eigenwert von Betrag 1 . . . . . . .
Stabilität von Ruhelagen . . . . . . . . . . . . .
Lineare Differentialgleichungen und Stabilität
2.4.1 Jordan Form . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Die Matrixexponentialfunktion . . . . .
2.4.3 Ebene lineare Systeme . . . . . . . . . .
Newtons Methode als dynamisches System . .
2.2.2
mindestens
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
45
45
47
47
50
54
59
3 Klassifikation dynamischer Systeme
3.1 Konjugation und Orbit-Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Hufeisen und Büroklammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Symbolische Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
61
64
69
4 Fraktale und Dimension
4.1 Selbstähnlichkeit . . . . . .
4.2 Selbstähnlichkeitsdimension
4.3 Hausdorff-Dimension . . .
4.4 Box-Dimension . . . . . . .
79
79
87
89
90
2.3
2.4
2.5
.
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Literaturverzeichnis
93
Index
93
Einleitung
In dieser Vorlesung wollen wir uns dem Studium gewöhnlicher Differentialgleichungen widmen, dabei werden wir dies aus der Perspektive der
Theorie dynamischer Systeme tun. Dieser Zugang ist relativ neu, hat sich
aber weitgehend durchgesetzt. Er ist dabei so erfolgreich, dass sich diese
Perspektive auch fur das Studium vieler weiterer Gleichungstypen durchgesetzt hat. Dabei sind dynamische Systeme allgemein Systeme, die eine
zeitliche Evolution beschreiben, wir werden gleich Beispiele betrachten.
Anwendungen gibt es reichlich, dies sogar aus praktisch allen Wissenschaften. Methoden sind ebenfalls weitgefächert, wir können Methoden
aus dem Bereich der Analysis verwenden, aber auch die lineare Algebra wird eine Rolle spielen. oft kann man sich mit numerischen Verfahren einen raschen Überblick über das Verhalten in einem dynamischen
System verschaffen. Methoden der Zahlentheorie spielen in dem Gebiet
ebenso eine Rolle wie Stochastik und Topologie. Keine Angst, wir wollen
uns nur mit der Einführung in das Gebiet befassen, dazu gehört, dass wir
uns grundlegende Fragestellungen ansehen, einige wichtige Begriffe und
Methoden kennenlernen, aber auch beispielhaft sehen wir die Methoden
aus anderen Bereichen das Studium dynamischer Syteme fördern können.
Grundsätzlich stellt man in der Theorie dynamischer Systeme Fragen,
die einen sehr langen Zeithorizont betreffen: gibt es ein Gleichgewicht,
gibt es periodische Orbits, sind diese global asymptotisch stabil, können
wir einen globalen Attraktor angeben, welche Dimension hat dieser, können
wir zeitliche und räumliche Mittelwerte angeben, gibt es dazwischen Zusammenhänge. Im ersten Semester werden wir natürlich nur einige wenige dieser Punkte behandeln. Aufbauend auf diese Vorlesung wird es eine
Fortsetzung (von Herrn Gunesch) geben, die weiterführende Aspekte behandelt.
Literatur zu den in der Vorlesung behandelten Themen gibt es reich5
INHALTSVERZEICHNIS
6
haltig, hier ist eine unvollständige Auswahl, die Werke dieser Liste haben
auch in der einen oder anderen Weise, die Auswahl und Behandlung der
hier vorgestellten Themen beeinflusst.
• Abraham & Robbin [2] geben eine moderne auch unendlich dimensionale Darstellung der Theorie. Für die im Werk behandelten Themen eine hervorragende Einführung, zum Selbststudium vielleicht
etwas abstrakt mit wenig Beispielen.
• Amann [3] gibt eine moderne, sehr vollständige Darstellung der Theorie gewöhnliche rDifferentialgleichungen. Wir können nur einen Bruchteil des Materials bearbeiten. Das Werk eigente sich auch gut für weierführende Studien.
• Arnold́ [4] gibt eine knappe Darstellung der wesentlichen Aspekte
einer modernen Theorie von gewöhnlichen Differentialgleichungen.
• Denker [6]
• Devaney [7]
• Gunesch [9]
• Gunesch [10]
• Hale [11] ist der Klassiker der englich sprachigen Literatur. Jack Hale
hat mit diesem und vielen anderen Werken, die Grundlagen für den
von uns verfolgten Zugang gelegt.
• Hartman [12] hat ein umfangreiches und heute klassiches Werk verfasst, viele Themen findet man nur hier. Als Werk zum Lernen weniger geeignet, sehr gutes und umfangreiches nachschlagewerk zu
den behandelten Themen. Moderne Themen fehlen teilweise.
• Hasselblatt & Katok [13]
• Harro Heuser [14] hat hiermit auch einen deutschen Klassiker vorgelegt. Eine sehr umfangreiche Themenauswahl und viele Geschichten rund um das Thema Differentialgleichungen machen es zu einer
Fundgrube, zum Lernen und als Begleitlektüre eher nicht geeignet.
Es ist mehr ein Ergänzungsbuch, das aber auch Begeisterung für das
fach verrät und wecken kann.
INHALTSVERZEICHNIS
7
• Katok & Hasselblatt [15]
• Lauterbach [17] wurde von mir Als Skript zur Vorlesung Gewöhnliche Differentialgleichungen verfasst, liegt auch der jetzigen Vorlesung teilweise zu Grunde.
• Palis & de Melo [18] haben hiermit eine hervoragende Einführung
in wichtige Aspekte dynamischer Systeme und ihrer Anwendungen
auf gewöhnliche Differentialgleichungen geschrieben. Für die Themen der engen Themenauswahl ist es auch zum Selbststudium sehr
gut geeignet, als einzige lektüre zum Thema ist es wohl etwas eng.
• Knobloch & Kappel [16] war lange Zeit ein deutsches grundlegendes
Werk, ist inzwischen etwas in die Jahre gekommen.
• Wolfgang Walter [19] hat mit diesem Werk einen vielzitierten deutschen Klassiker verfasst. Viele Ideen aus der Funktionalanalysis und
Anwendungen auf Randwertprobleme sind hier enthalten. der geometrische Zugang zu Anfangswertproblemen und dynamisches Verhalten kommt zu kurz. Als das Buch geschrieben wurde, war dieser
Zugang auch noch nicht entwickelt.
Für die historischen Anmerkungen wurden folgende Quellen genutzt:
1. Die Internetseite von St. Andrews College:
http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/ history/Indexes/HistoryTopics.html
2. Die Brockhaus Enzyklopädie [1]
3. Lexikon bedeutender Mathematiker [8]
8
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Dynamische Systeme –
Grundlegendes
Wir wollen das Studium dynamischer Systeme durch eine kleine Zahl von
Beispielen motivieren, Ziel soll sein, eine Fülle möglicher Anwendungen
zu sehen. dabei werden wir genauso auf unbekanntes Terrain vorstoßen,
wie auch erkennen, wie man mit einfachen Methoden Aussagen gewinnen
kann, die wir später verfeinern werden.
1.1 Einführende Beispiele
In diesem kurzen Abschnitt wollen wir einige motivierende Beispiele betrachten, die vielleicht auf den ersten Blick auch etwas ungewöhnlich sind.
Kurz gesagt, besteht ein dynamisches System aus einer einem Zustandsraum, an den wir bei der präzisen Definition gewisse Forderungen stellen, z.B. soll der Begriff, dass zwei Zustände nahe beieinander sind, sinnvoll sein und aus einer Vorschrift, wie aus einem Zustand sich zukünftige
Zustände entwickeln. Wesentlich soll dabei sein, dass allein der Zustand
(und vielleicht die Anfangszeit) die zukünftige Entwicklung determinieren. An dieser Stelle, wollen wir zumindest im Moment keine zufälligen
Einflüsse zualssen, obwohl man an anderer Stelle auch lernen kann, wie
man zufällige Einflüsse behandelt. Für manche Anwendungen in der Physik sind diese zufälligen Einflüsse sehr wichtig, sie führen trotzdem weit
über den uns gesteckten Rahmen hinaus.
9
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
10
1.1.1 Das Collatz-Problem
Nach Lothar Collatz1 ist das ist das folgende Problem benannt, obwohl
man es auch unter anderen Bezeichnungen findet. Die Lösung ist offen,
jede(r) der die Lösung findet, wird wohl sofort sehr bekannt werden.
Der Zustandsraum ist die Menge der natürlichen Zahlen , die Zeit
wird hier auch als diskrete Zeit mit der Menge der natürlichen Zahlen
modelliert. Ein Folge natürlicher Zahlen
N
{an }n∈N
gibt dann die Evolution des Zustandes a1 an. Jedes Bildungsgesetz für
eine Folge würde nun ein diskretes dynamisches System definieren, für
das Collatz Problem betrachten wir das Gesetz
an+1 = Ψ(an ),
wobei Ψ durch
Ψ:
N→N
(
2n + 1 if n is odd,
: n 7→ n
if n is even.
2
Wir betrachten einige spezielle Anfangswerte: beginnen wir mit 1, so erhalten wir die periodische Folge
1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, . . .
mit Periode 3, d.h. an+3 = an . Wenn wir mit einem beliebigen Wert aus
der Folge starten, erhalten wir bis auf eine Verschiebung die gleiche Folge
zurück:
4, 2, 1, 4, 2, 1, · · · = sh− (1, 4, 2, 1, . . . ).
Dabei ist sh− der Verschiebeoperator (nach links) auf dem Raum c aller
reeller Folgen, der sich in natürlicher Weise auch auf alle Unterräume von
c überträgt (und natürlich auch auf dem Raum der beidseitigen Folgen definiert ist und Anlass zu interessanten dynamischen Verhalten ist). Starten
wir mit einem anderen Wert, z.B. 7, so erhalten wir die Folge
7, 22, 11, 34, 17, 52, 26, 13, 40, 20, 10, 5, 16, 8, 4, 2, 1, 4, 2, 1
1
Lothar Collatz (6.7.1910-26.9.1990) war ein weltweit bekannter angewandter Mathematiker, der vor allem die Entwicklung der angewandten Mathematik in Hamburg sehr
bestimmt hat. Er hat in vielen Bereichen der angewandten Mathematik gearbeitet.
1.1. EINFÜHRENDE BEISPIELE
11
und so bis auf eine Verschiebung die ursprüngliche periodische Folge, also
(sh− )16 (7, 22, 11, 34, 17, 52, 26, 13, 40, 20, 10, 5, 16, 8, 4, 2, 1, 4, 2, 1, . . . ) = (1, 4, 2, 1, . . . ).
Das Collatz-Problem besteht nun darin zu beweisen, dass es zu jedem
Startwert n eine Verschiebung (sh− )j gibt, so dass
shj (n, Ψ(n), Ψ2 (n), . . . ) = (1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, . . . ).
Man kann leicht ein Computer-Programm schreiben, dass die Korrektheit
dieser Behauptung für n < 10p nachprüft, aktuelle Werte von p findet man
in der Literatur, weiteres zum Collatz-Problem findet man z.B. bei Wirsching [].
1.1.2 Wachstum und Zerfall
Wir betrachten eine Population, der Zustand sei die momentane Anzahl
der Individuen der Population. Wir nehmen an, dass die Population sich
in einer festen Generationenfolge entwickelt, d.h. wir können die Beschreibung reduzieren auf die Anzahl der Individuen in der n-ten Generation. Die einfachste Annahme zur Beschreibung einer Population ist, dass
Geburten und Todesfälle proportional zum gegenwärtigen Zustand sind.
Dann gibt es eine Zahl b > 0, die sogenannte Geburtsrate und ein Zahl
1 > d > 0, die Sterberate, so dass sich die Anzahl der Individuen an+1 in
der n + 1-Generation, sich aus der der n-ten Generation an errechnet durch
an+1 = (1 + b − d)an .
Nun ist es sehr einfach, das Verhalten zu diskutieren. Ist a0 der Ausgangszustand, β = 1 + b − d, so ergibt sich
an = β n a0 .
N
Der Zustandsraum einer solchen Bevölkerung 0 . Dies ist vielleicht unnatürlich, weil die Angabe einer reellen Wachstumsrate β ∈
/
aus dem
Zustandsraum herausführt. Eine Möglichkeit diese Problematik zu umgehen besteht darin mit Populationsdichten zu arbeiten, diese sind in natürlicher Weise reelle Zahlen.
Auch wenn es keine natürliche Zahl geben muss mit
βn = 2
Q
12
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
ln 2
Zeiteinheiten eine Verkönnen wir doch feststellen, dass nach circa ln
β
doppelung der Population eingetreten ist. Entsprechendes findet man bei
radioaktiven Zerfall als Halbwertszeit. Hier gibt es allerdings keine strenge
Generationenfolge“, so dass es günstiger ist mit einem zeitlich kontinu”
ierlichen System zu arbeiten.
Der radioaktive Zerfall
Beim radioaktiven Zerfall betrachtet man folgenden Vorgang. Man hat
zum Zeitpunkt 0 eine gewisse Masse u0 einer radioaktiven Substanz. Mit
u(t) bezeichnen wir die zum Zeitpunkt t verbleibenden Masse der Substanz. Durch Beobachtungen erhält man, dass die Anzahl der Zerfälle proportional zur Menge der Substanz ist. Sei α diese Rate. Dann lautet die
zugehörige Gleichung
(VERÄNDERUNG=ZERFALLSRATE∗MENGE)
u′ (t) = −αu(t).
(1.1)
Man kann eine Lösung sofort hinschreiben:
u(t) = ce−αt .
(1.2)
Nachdem zum Zeitpunkt t = 0 gelten muss, dass u(0) = u0 erhält man
c = u0. Aus dieser Beziehung leitet man leicht ab, wielange es dauert, bis
sich die Menge der radioaktiven Substanz halbiert hat. Ist nämlich u(T ) =
1
u , so rechnet man daraus T = ln(2)/α. Dieser Wert ist unabhängig von
2 0
u0 und daher gilt immer
u(t + T ) = u(t)/2.
(1.3)
T wird als Halbwertszeit bezeichnet. Sie charakterisiert, wie wir eben gesehen haben, den Zerfallsprozess. Wiederum haben wir es hier mit einem Anfangswertproblem zu tun. Allgemein führen Wachstums- oder
Zerfallsprozesse, wobei die Veränderung proportional zur gegenwärtigen
Größe ist, auf Differentialgleichungen von der Gestalt (1.1).
Das Verhulstsche Modell zur Populationsdynamik
Wir kehren zur Diskussion von Populationen zurück. Hat man keine strenge Generationenfolge, so ist es sinnvoller eine kontinuierliche Zeit zu verwenden, wir schreiben dies als Differentialgleichung. Es sei x(t) die Funktion, die die Anzahl der Individuen zum Zeitpunkt t ∈ angibt, dann ist
R
1.1. EINFÜHRENDE BEISPIELE
13
die Veränderung proportional zur Anzahl. Sei b > 0 wieder die Geburtenrate, d > 0 die Rate der Sterbefälle. Dann ist
dx
= (b − d)x(t).
dt
Gibt man sich noch die Anzahl x0 zu einem bestimmten Zeitpunkt t0 vor,
so schreiben wir mit β = b − d ein Anfangswertproblem
dx
= βx
dt
x(t0 ) = x0 .
(1.4)
Diese Schreibweise besagt, dass wir eine differenzierbare Funktion x :
→
suchen, deren Ableitung an der Stelle ein konstantes Vielfaches
vom Wert x(t) ist, und die an der Stelle t0 den Wert x0 annimmt.
Ob es eine solche Funktion gibt, ist a priori nicht klar. Für diesen einfachen Fall können wir das Existenzproblem durch Angabe einer Lösung
klären: sei
x(t) = x0 eβ(t−t0 ) .
R
R
Dann ist x(t0 ) = x0 und
dx
(t) = wx0 ew(t−t0 ) = wx(t).
dt
Natürlich stellt sich auch die Frage nach der Eindeutigkeit dieser Lösung.
Dieses Modell für Wachstum ist natürlich sehr einfach, es gibt nur drei
Möglichkeiten exponentielles Wachstum (w > 0), zeitlich konstantes Verhalten w = 0 und exponentielles Aussterben (Radioaktivität) w < 0.
Verhalten, wie z.B. Wachstum bis zu einer Sättigungsgrenze ist dabei
nicht möglich.
Ist β positiv, hat man ein Bevölkerungswachstum, ähnlich der Halbwertszeit gibt es nun eine Verdoppelungszeit T = ln(2)/β. Beobachtet man in
der Realität ein Wachstum, das noch stärker ist (Verkürzung der Verdoppelungszeiten), dann ist (1.4) kein geeignetes Modell. Ein schwerwiegender Nachteil dieses Modells ist die Vorhersage grenzenlosen Wachstums.
Dies kann wegen der Endlichkeit aller Dinge nicht vorliegen, so gab es
schon lange Versuche die Gleichung (1.4) zu modifizieren. Ein solches Modell ist die Einführung eines Stressfaktors S, der proportional zur Anzahl
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
14
der Begegnungen von Individuen der Population ist. Diese ist proportional zu p2 . Damit erhält man
p′ = βp − Sp2 .
(1.5)
Die hier angegebene Gleichung wird oft als logistische Gleichung bezeichnet. Sie geht auf den belgischen Mathematiker V ERHULST 2 zurück.
1.1.3 Diskrete Dynamik mit kontinuierlichen Zustandsraum
In diesem Unterabschnitt sei X = [0, 1] der Zustandsraum. Wir betrachten
eine Vorschrift aus dem Zustand zum Zeitpunkt t ∈ einen Zustand zum
Zeitpunkt t + 1 zu erhalten, indem wir eine Funktion f : X → X angeben,
also
xn+1 = f (xn ).
N
Um den Anfangswert der Entwicklung anzugeben, schreiben wir noch
x0 ∈ X vor.
1. f (x) = x + b mod 1
In diesem Fall unterscheidet sich das Verhalten erheblich, je nachdem ob b ∈ oder b ∈ \ ist.
Q
R Q
Q
Satz 1.1.3.1 Ist b ∈ , so gilt für alle x0 ∈ X, dass die Folge {xn }n∈N mit
xn+1 = f (xn ) periodisch ist.
Q
Ist b ∈
/ , so gibt es kein x0 ∈ X, so dass die zugehörige Folge periodisch
ist. Es gilt sogar, dass für jedes x ∈ X die zugehörige Folge {xn }n∈N dicht
in X ist, d.h. zu jedem y ∈ X und jedem Anfangswert x0 gibt es eine
Teilfolge
{xnk }k∈N ⊂ {xn }n∈N ,
so dass
lim xnk = y.
k→∞
Beweis. siehe Übungen.
2
Pierre-Francois Verhulst (28.10.1804-15.2.1849) war Professor an der Freien Universität in Brüssel und später an der königlichen Militärschule. Seine Arbeiten zum Bevölkerungswachstum machten ihn zum Begründer der Bevölkerungsstatistik.
1.1. EINFÜHRENDE BEISPIELE
15
Abbildung 1.1: Am Pendel wirkende Kraft bei einer Auslenkung ϕ
2. f (x) = 2x mod 1
In diesem Fall ist 0 ein Fixpunkt, d.h. f n (0) = 0, die Anfangswerte 2−n
führen auf eine Folge, die nach einer geeigneten Verschiebung mit
diesem Fixpunkt übereinstimmen. Rationale Anfangswerte führen
auf periodisches Verhalten, irrationale Anfangswerte führen auf komplizierte Folgen.
1.1.4 Das Pendel
Hier hat man es mit folgender Aufgabenstellung zu tun: Ein Pendel der
Länge ℓ und Masse M sei an einem festen Punkt P aufgehängt und schwinge in einer Ebene um die untere Ruhelage. Wir wollen den zeitlichen Verlauf der Bewegung untersuchen. Zunächst vereinbaren wir eine Konvention: Da die unabhängige Variable die Zeit ist, werden wir sie, wie allgemein
üblich, mit t ∈ bezeichnen. Bei der zu beschreibenden Bewegung reicht
es offensichtlich, die Winkelauslenkung ϕ zu jedem Zeitpunkt t anzugeben. Wir werden die Bewegung also durch eine (gesuchte) Funktion ϕ(t)
beschreiben. Wie erhält man eine Gleichung für ϕ? Dazu betrachten wir
Abbildung 1.1: Mit −g bezeichnen wir die Erdbeschleunigung, dann wirkt
auf M die Kraft −Mg, wobei der radiale Anteil dafür sorgt, dass der Faden
gespannt bleibt, während der tangentiale Anteil für die Winkelbeschleunigung ℓϕ′′ (t) sorgt. Als tangentialen Kraftanteil erhält man −Mg sin ϕ(t).
R
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
16
Damit ergibt sich als Gleichung (aus dem Newtonschen Kraftgesetz3 )
(KRAFT=MASSE∗BESCHLEUNIGUNG):
Mℓϕ′′ (t) = −Mg sin ϕ(t)
oder
g
ϕ′′ (t) = − sin ϕ(t).
ℓ
(1.6)
1.1.5 Wortspiele
Wir kommen nochmals auf dynamische Systeme mit diskreter Zeit in einem diskreten Zustandsraum zurück. In diesem kurzen Abschnitt wollen
wir eine bestimmte Form sogenannter selbstreferentieller Sätze betrachten. Wir wollen zeigen, dass die Theorie dynamischer Systeme nichttriviale Aussagen zu diesem Themenkomplex machen kann. Um einen formalen Unterschied zu machen zwischen diesen Sätzen und den Aussagen
über diese Sätze, formulieren wir diese in Englisch. Ein erstes Beispiel ist
der Satz
In this sentence, the number of occurrences of 0 is 1, of 1 is 11,
of 2 is 2, of 3 is 1, of 4 is 1, of 5 is 1, of 6 is 1, of 7 is 1, of 8 is 1,
and of 9 is 1.
Dieser Satz ist offensichtlich wahr, gibt es noch weitere solcher Sätze? Charakteristisch für diesen Satz ist offensichtlich, dass jeder natürlichen Zahl
0≤z≤9
eine Zahl zugeordnet, die die Anzahl des Auftretens dieser Ziffer angibt.
Dies bedeutet, dass der Satz durch einen Punkt im Raum 10 vollständig
beschrieben ist. Wir wollen nun eine Abbildung auf der Menge solcher
Sätze definieren und betrachten dazu einen beliebigen Satz, z.B. den Satz
N
3
Isaac Newton (4.1.1643-31.3.1727) ist der berühmteste britische Mathematiker, Physiker und Astronom. Es ist einer der wenigen Wissenschaftler dem die Ehre zu Teil wurde in der Westminster Abbey begraben zu werden. Er schuf die Grundlagen unseres
Verständnisses der Gravitation und der klassischen Mechanik. Er entdeckte die axiomatischen Grundlagen der rationalen Mechanik. Innerhalb der Mathematik war er einer der
Wegbereiter der Analysis und damit der Theorie der Differentialgleichungen.
1.1. EINFÜHRENDE BEISPIELE
17
In this sentence, the number of occurrences of 0 is 0, of 1 is 0, of
2 is 0, of 3 is 0, of 4 is 0, of 5 is 0, of 6 is 0, of 7 is 0, of 8 is 0, and
of 9 is 0.
Nun zählen wir in diesem offensichtlich unwahren Satz das Auftreten jeder Ziffer und schreiben dies in den nächsten Satz, damit erhalten wir
In this sentence, the number of occurrences of 0 is 11, of 1 is 1,
of 2 is 1, of 3 is 1, of 4 is 1, of 5 is 1, of 6 is 1, of 7 is 1, of 8 is 1,
and of 9 is 1.
Eine erneute Anwendung dieses Verfahrens liefert
In this sentence, the number of occurrences of 0 is 1, of 1 is 12,
of 2 is 1, of 3 is 1, of 4 is 1, of 5 is 1, of 6 is 1, of 7 is 1, of 8 is 1,
and of 9 is 1.
Nun auch dieser Satz ist unwahr, wir wenden unser Verfahren nochmals
an und erhalten
In this sentence, the number of occurrences of 0 is 1, of 1 is 11,
of 2 is 2, of 3 is 1, of 4 is 1, of 5 is 1, of 6 is 1, of 7 is 1, of 8 is 1,
and of 9 is 1.
Dies ist unser (wahrer) Satz von oben. Dieser reproduziert sich unter der
angegebenen Iteration. Wir halten eine nahezu triviale Beobachtung fest:
Lemma 1.1.5.1 Ein Satz der angegebenen Form bleibt unter der angegebenen
Abbildung genau dann erhalten, wenn er wahr ist.
Damit ist das Auffinden weiterer (oder aller) solchen wahren Sätze darauf zurückgeführt, Fixpunkte unserer Abbildung zu finden. In mathematischer Sprache hat die Abbildung die Form
Ψ:
N
10
→
N
10
: (z0 , . . . , z9 )T 7→ (1 + w(0), . . . , 1 + w(9))
(1.7)
wobei w(j) die Anzahl des Auftretens der Ziffer j in den Zahlen z0 , . . . , z9
angibt. Wir werden im weiteren Verlauf des Semesters alle solchen Sätze
angeben und zeigen, dass dies tatsächlich eine vollständige Liste ist.
18
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
1.2 Grundlegende Begriffe
1.2.1 Metrische Räume
Definition 1.2.1.1 Es sei X eine Menge, d : X × X →
folgenden Eigenschaften
R eine Abbildung mit
(M1) Es gilt d(x, y) = 0 genau dann wenn x = y.
(M2) Für alle Paare (x, y) ∈ X × X gilt d(x, y) = d(y, x).
(M3) Für alle Tripel (x, y, z) ∈ X × X × X gilt
d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z).
Eine solche Abbildung heißt Metrik, das Paar (X, d) bezeichnen wir als metrischen Raum.
Aufgabe 1.2.1.2 Zeigen Sie: ist (X, d) ein metrischer Raum, sind x, y ∈ X, so
gilt d(x, y) ≥ 0.
1. Es sei (X, d) ein metrischernRaum , U ⊂ X heißtoof
fen, wenn es zu jedem x ∈ U ein ε > 0 mit y ∈ X d(x, y) < ε =
Bε (x) ⊂ U. Bε (x) heißt metrische Kugel um x vom Radius ε. Dabei ist
im allgemeinen klar auf welche Metrik wir uns beziehen. Sollte dies nicht
klar sein, so schreiben wir Bεd (x).
Definition 1.2.1.3
2. Eine Teilmenge A ⊂ X heißt abgeschlossen, wenn X \ A offen ist.
Lemma 1.2.1.4
1. Beliebige Vereinigungen offener Mengen in X sind offen,
parametrisierte Familie offener
d.h. ist {Uα }α∈A eine über der Menge
Mengen, so ist
[
Uα offen in X.
A
A
α∈
2. Auf gleiche Weise folgt, dass beliebige Durchschnitte abgeschlossener Mengen abgeschlossen sind.
Definition 1.2.1.5 Seien (X, d), (Y, d′) metrische Räume und ist f : X → Y
eine Abbildung, so heißt f stetig, wenn Urbilder offener Mengen in Y offen in
X sind, d.h. für alle offenen Mengen V ⊂ Y ist f −1 (V ) eine offene Menge in
(X, d).
1.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE
19
Satz 1.2.1.6 Folgende Bedingungen sind äquivalent zur Stetigkeit von f : X →
Y.
1. Urbilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen.
2. Ist A ⊂ X eine Teilmenge, so ist f (A) ⊂ f (A).
3. Ist x0 ∈ X und {xn }n∈N eine Folge in X mit
lim xn = x0
n→∞
so gilt {f (xn )}n∈N ist eine konvergente Folge und
lim f (xn ) = f (x0 ).
n→∞
Beweis. Übungsaufgabe.
Definition 1.2.1.7 Eine stetige Abbildung f : X → Y heißt Homöomorphismus, falls f injektiv und offen ist, dabei heißt f offen, wenn Bilder offener Mengen offen sind.
1.2.2 Vollständige metrische Räume
Definition 1.2.2.1 Es sei (X, d) ein metrischer Raum.
(a) Eine Folge {xn }n∈N ⊂ X nennt man Cauchyfolge4 , wenn zu jedem ε > 0
eine natürliche Zahl N ∈ existiert mit
N
n > N, m > N ⇒ d(xn , xm ) < ε.
4
Augustin-Louis Cauchy (21.8.1789-22.5.1857) war Sohn eines hohen Beamten und genoss demzufolge eine gute Privatausbildung. Nach einem ingenieurwissenschaftlichen
Studium eignete er sich nebenbei Werke von Lagrange an. Im Jahr 1811 löste er ein Problem, das Lagrange formuliert hatte. Er arbeitete über Integrale, Strömungsmechanik
und Elastizitätstheorie. Speziell die Arbeiten zum letztgenannten Bereich machten ihn
zu einem der bekanntesten Mathematiker seiner Zeit. Im weiteren arbeitete er auf vielen
Gebieten, sein Hauptarbeitsgebiet wurde die Analysis mit der Theorie von Differentialgleichungen. Nach Gauß begann er mit komplexen Zahlen und der zugehörigen Analysis
zu arbeiten. Cauchy war sehr produktiv und dies sehen wir noch heute an vielen Konzepten, die seinen Namen tragen.
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
20
(b) Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollständig, wenn zu jeder Cauchyfolge
{xn }n∈N in X ein Element x ∈ X existiert, so dass gilt
x = lim xn .
n→∞
Dies bedeutet natürlich: Zu jedem ε > 0 existiert ein N ∈
N, so dass gilt
n > N ⇒ d(xn , x) < ε.
Eine reiche Klasse von metrischen Räumen sind normierte Vektorräume.
Wir werfen einen Blick darauf.
Definition 1.2.2.2 Sei X ein reeller Vektorraum.
(a) Man nennt (X, k.k) einen normierten Raum, falls k.kX eine Abbildung
k.kX : X → ist, so dass
R
1. kxkX ≥ 0 ∀x ∈ X;
2. kxkX = 0 ⇐⇒ x = 0;
3. kx + ykX ≤ kxkX + kykX ∀(x, y) ∈ X × X;
4. kαxkX = |α|kxkX ∀α ∈
R, ∀x ∈ X
gilt.
Ohne Beweis geben wir das folgende (triviale) Lemma an.
Lemma 1.2.2.3 Mit
d(x, y) = kx − ykX
(1.8)
wird ein normierter linearer Raum (X, k.kX ) zum metrischen Raum (X, d).
Definition 1.2.2.4 Ist ein normierter, linearer Raum (X, k.kX ) bezüglich der
Metrik aus (1.8) vollständig, so bezeichnet man ihn als Banachraum, nach S TE FAN B ANACH5 .
5
Stefan Banach (30.3.1892-31.8.1945), polnischer Mathematiker, war der Begründer
der Theorie linearer, normierter Räume und ihren linearen Abbildungen. Seine Arbeiten sind die Grundlage der modernen Funktionalanalysis. Er und seine Schüler zeigten
viele Anwendungen der Funktionalanalysis auf.
1.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE
21
In dieser Vorlesung werden wir vor allem den folgenden Banachraum
benötigen.
R ein kompaktes Intervall. Wir betrachten
n
o
C(I; R ) = γ : I → R γ ist stetig .
1. Es sei I ⊂
Lemma 1.2.2.5
n
n
Dies wird mit der Norm
kγkC(I;Rn ) = sup kγ(t)kRn
t∈I
ein Banachraum.
2. Ist U ⊂
R
n
eine offene Teilmenge, so ist
o
n
C(I; U) = γ : I → U γ ist stetig
ein vollständiger metrischer Raum bezüglich der Metrik
dC(I;U ) (γ1 , γ2 ) = sup kγ1(t) − γ2 (t)kRn
t∈I
Beweis. Übungen!
Definition 1.2.2.6 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Abbildung T : X → X
heißt Kontraktion, falls für alle (x, y) in X × X gilt:
d(T x, T y) < d(x, y).
(1.9)
T nennt man stark kontrahierend, wenn es ein λ ∈ (0, 1) gibt, so dass für alle
(x, y) ∈ X × X gilt
d(T x, T y) ≤ λd(x, y).
(1.10)
Satz 1.2.2.7 (Banach) Es sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum. Jede stark
kontrahierende Abbildung T : X → X hat einen eindeutig bestimmten Fixpunkt
x ∈ X.
Beweis. Wir zeigen zunächst die Eindeutigkeit. Angenommen x1 , x2 sind
Fixpunkte. Dann ist
d(x1 , x2 ) = d(T x1 , T x2 ) < λd(x1 , x2 ).
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
22
Also ist d(x1 , x2 ) = 0 und wegen folgt x1 = x2 .
Wir kommen zur Existenz. Sei x0 ∈ X beliebig. Wir konstruieren die Folge
{xn }n∈N ⊂ X durch xn = T xn−1 und behaupten, dass dies eine Cauchyfolge ist. Dazu sei ε > 0 gegeben. Für m, n ∈ , m > n ≥ 1 ergibt sich mit
(M.3)
N
d(xm , xn ) ≤ d(xm , xm−1 ) + · · · + d(xn+1 , xn ) =
m−1
X
d(xj+1, xj )
j=n
Für ein j im angegebenen Bereich schließt man
d(xj+1 , xj ) = d(T j x1 , T j x0 ) ≤ λj d(x1 , x0 ).
Also hat man
d(xm , xn ) ≤
m
X
j=n
j
λ d(x1 , x0 ) ≤
∞
X
λj d(x1 , x0 ) < ε
j=n
solange nur n genügend groß ist. Mit der Vollständigkeit von (X, d) ergibt
sich die Konvergenz der Folge {xn }n∈N . Mit x bezeichnen wir den Grenzwert. Der letzte Schritt besteht darin die Fixpunkteigenschaft des Grenzwertes nachzuweisen. Dazu sei ε > 0 gegeben und N ∈ , so dass n > N
impliziert
ε
d(xn , x) < .
2
Dann ist für n > N
N
d(T x, x) ≤
=
≤
≤
<
d(T x, xn ) + d(xn , x)
d(T x, T xn−1 ) + d(xn , x)
λd(x, xn−1 ) + d(xn , x)
2d(xn , x)
ε.
Da ε > 0 beliebig ist, ist
d(T x, x) = 0
und damit
T x = x.
1.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE
23
Bemerkung 1.2.2.8 Ein alternativer Beweis für die Fixpunkteigenschaft besteht in der Beobachtung, dass T stetig ist (warum?) und dem Diagramm
xn+1 = T xn → T x
↓
x
Satz 1.2.2.9 (Stetige Abhängigkeit) Sei ( X , d) ein vollständiger metrischer
Raum, (Y, d′) ein metrischer Raum. Ferner sei für jedes y ∈ Y eine starke
Kontraktion Ty : X → X mit Kontraktionskonstante λy gegeben. Es sei s =
supy∈Y λy < 1. Für jedes x ∈ X sei die Abbildung
Fx : Y → X : y 7→ Ty x
stetig. Dann ist auch die Abbildung
G : Y → X : y 7→ xy ,
(1.11)
stetig, wobei xy durch Ty xy = xy definiert ist.
Beweis. Fixiere y0 ∈ Y. Wir zeigen die Stetigkeit in y0 . Sei x0 der zugehörige Fixpunkt von Ty0 . Dann gilt für den Fixpunkt xy von Ty ,
d(xy , x0 ) = d(Ty xy , Ty0 x0 )
≤ d(Ty xy , Ty x0 ) + d(Ty x0 , Ty0 x0 )
≤ λy d(xy , x0 ) + d(Ty x0 , Ty0 x0 ).
(1.12)
Es folgt
(1 − s)d(xy , x0 ) ≤ (1 − λy )d(xy , x0 ) ≤ d(Ty x0 , Ty0 x0 ).
Wegen s < 1 darf man durch (1 − s) teilen und die Behauptung folgt aus
der Stetigkeit von Fx0 .
1.2.3 Eingebettete Mannigfaltigkeiten
Mannigfaltigkeiten treten in natürlicher Weise im Kontext von gewöhnlichen Differentialgleichungen auf. Kurz (und vielleicht etwas vereinfacht)
gesagt, besteht die Aufgabenstellung in der Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen darin zu einem (hinreichend glatten) Feld von Geschwindigkeitsvektoren eine Bewegung zu finden, so dass an jeder Stelle
24
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
der Bewegung der Tangentialvektor an die Bewegung dem dort vorgegebenen Geschwindigkeitsvektor entspricht. Schon die Bewegung eines Zuges macht deutlich, dass der Geschwindigkeitsvektor des Zuges nicht innerhalb des Bewegungsraumes liegen muss, sondern, dass eine geeignete
Beschreibung des Problemes die Menge der möglichen Geschwindigkeitsvektoren deutlich von der Menge der Orte der Bewegung unterscheidet.
Noch deutlicher wird dies bei einem sphärischen Pendel, als einem an
einem gespannten Faden hängenden Gewicht, welches an einem Punkt
aufgehängt ist und sich nun auf einer 2-dimensionalen Kugeloberfläche
bewegen kann. Was sind in diesem Fall die möglichen Geschwindigkeitsvektoren?
Die geeignete Konstruktion, die mathematisch präzise diese Situation beschreibt ist die eines Tangentialbündels an einer Mannigfaltigkeit. Da die
ganz allgemeine Konstruktion auf gewisse begriffliche Schwierigkeiten
führt, die ein wenig von der uns angestrebten Theorie wegführt, wollen
wir uns auf eine scheinbar speziellere Situation beschränken, die aber aufgrund des Einbettungssatzes von Whitney, siehe z.B. Bröcker & Jänich [5]
für eine Formulierung und einen Beweis, sogar der allgemeinsten Situation entspricht, aber technisch etwas einfacher ist. Wir erinnern zunächst an
die Beschreibung eines k-dimensionalen linearen Unterraumes U des n .
Wir können einen solchen Raum auf zwei Weisen beschreiben:
R
1. Wir geben k linear unabhängige Vektoren u1 , . . . , uk an, die den Raum
aufspannen, damit können wir jeden Punkt u ∈ U als Linearkombination
k
X
u=
αk uk , αk ∈
R
i=1
schreiben.
2. Wir geben n − k linear unabhängige Vektoren u′1 , . . . , u′n−k ∈
so dass für alle u ∈ U gilt
R
n
an,
hu, u′j i = 0, j = 1, . . . , n − k.
Dann haben wir die Punkte in U als Lösungen eines Systems von n−k
Gleichungen realisiert.
Wir wollen uns die letztgemachte Beobachtung zu eigen machen.
1.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE
25
R
Definition 1.2.3.1
1. Eine Teilmenge M ⊂ n heißt eingebettete Untermannigfaltigkeit wenn es zu jedem x ∈ M eine offene Umgebung Bδ (x) ⊂
n
und n − k stetig differenzierbare Funktionen
R
Fix : Bδ (x) →
R
gibt, so dass
n
o
x
(a) M ∩ Bδ (x) = y ∈ Bδ (x) Fj (y) = 0, j = 1, . . . , n − k
(b) {∇Fjx (x)}j=1,...,n−k ist linear unabhängig.
2. Ist M eine eingebettete Untermannigfaltigkeit, x ∈ M und sind Fjx Funktionen, wie gerade benannt, so ist
x
Tx M = span[∇F1x (x), . . . ∇Fn−k
(x)]⊥
der Tangentialraum an M im Punkt x.
3. Wir betrachten die disjunkte Vereinigung der Tangentialräume
[
˙
TM =
Tx M
x∈M
und bezeichnen dies als Tangentialbündel.
Wir können hier schon einen Nachteil unserer Konstruktion erkennen.
T M ist keine in den n eingebettete Untermannigfaltigkeit. Der schon zitierte Satz von Whitney garantiert eine Einbettung dieses Tangentialbündels
in den 4n+1 . Dies erscheint hochgradig unnatürlich. Arbeitet man mit
dem abstrakten Begriff einer Mannigfaltigkeit kann man direkt zeigen,
dass T M wieder eine Mannigfaltigkeit ist. Die allgemeine Konstruktion
findet man bei [5], oder auch in dem sehr schönen Buch von Warner [20].
Eingebettete Untermannigfaltigkeiten M erben in natürlicher Weise eine Metrik vom umgebenden Raum n , indem man einfach die Metrik d
des Raumes n auf M einschränkt. Damit sind dann für eingebettete Untermannigfaltigkeiten M ⊂ m und N ⊂ n auch stetige Abbildungen
von M nach N erklärt. Wir wollen noch den Begriff der Differenzierbarkeit von Abbildungen zwischen solchen eingebetteten Untermannigfaltigkeiten einführen und zeigen, dass die Ableitung eine lineare Abbildung
zwischen entsprechenden Tangentialräumen ist.
Dazu betrachten wir Kurven, als Abbildungen γ : I → M eines reellen
Intervalles I ⊂ .
R
R
R
R
R
R
R
26
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
Definition 1.2.3.2 Die Kurve γ : I → M heißt im Punkt t0 ∈ I differenzierbar, wenn γ : I → n als Funktion in den n im Punkt t0 differenzierbar
ist.
R
R
Lemma 1.2.3.3 Ist γ : I → M im Punkt t0 ∈ I differenzierbar, so ist γ ′ (t0 ) ∈
Tγ(t0 ) M.
Beweis. γ(t) ∈ M impliziert, wegen x0 = γ(t0 ), dass es ein δ1 > 0 gibt, so
dass |t − t0 | < δ1 , dass γ(t) ∈ Bδ (x) und Fjx (γ(t)) = 0 für j = 1, . . . , n − k.
Insbesondere impliziert dies
h∇Fjx (x0 ), γ ′ (t0 )i = 0.
Damit ist γ ′ (t0 ) ∈ Tx0 M.
R
R
Definition 1.2.3.4 Es seien M ⊂ m und N ⊂ n eingebettete Untermannigfaltigkeiten, f : M → N sei stetig. Dann heißt f : M → N im Punkt x0 ∈ M
differenzierbar, wenn für jede Kurve γ : I → M, die im Punkt t0 mit γ(t0 ) = x0
differenzierbar ist, die Abbildung f ◦ γ : I → N im Punkt t0 differenzierbar ist.
R
R
Lemma 1.2.3.5 Sind M ⊂ m , N ⊂ n eingebettete Untermannigfaltigkeiten
und ist f : M → N im Punkt x0 ∈ M differenzierbar, N ∋ y0 = f (x0 ), so wird
durch
Df (x0 ) : Tx0 M → Ty0 N : γ ′ (t0 ) 7→ (f ◦ γ)′ (t0 )
eine lineare Abbildung definiert.
Beweis. Ist
γ1 (t0 ) = γ2 (t0 )
und
γ1′ (t0 ) = γ2′ (t0 )
so gilt für t nahe t0 und ℓ = 1, 2
γℓ (t) = γℓ (t0 ) + (t − t0 )γℓ′ (t0 ) + o(|t − t0 |)
und entsprechend
f ◦ γℓ (t) = f (x0 ) + (t − t0 )(f ◦ γℓ )′ (t0 ) + o(|t − t0 |)
1.2. GRUNDLEGENDE BEGRIFFE
27
Gleichsetzen dieser Terme und Koeffizientenvergleich führt auf
Df (x0 )γ ′ (t0 ) = (f ◦ γ)′ (t0 ).
Natürlich muss gezeigt werden, dass diese Definition unabhängig von der
gewählten Kurve ist, also sind γ1 , γ2 zwei Kurven mit
γ1 (t0 ) = γ2 (t0 ) und γ1′ (t0 ) = γ2′ (t0 ).
Eindeutigkeit der Entwicklung ergibt, dass
Df (x0 )γ1′ (t0 ) = Df (x0 )γ2′ (t0 ).
Damit ist die Abbildung Df (x0 ) wohldefiniert, wir müssen noch zeigen,
dass diese linear ist. Dies ist leicht zu zeigen.
Definition 1.2.3.6
1. Es sei U ⊂
heißt Vektorfeld auf U.
R
N
offen. Eine Abbildung V : U →
R
N
R
2. Es sei M ⊂ N eine eingebettete Untermannigfaltigkeit, T M das Tangentialbündel auf M. Eine Abbildung V : M → T M heißt Vektorfeld auf M,
falls für alle x ∈ M gilt
V (x) ∈ Tx M.
R
Ist V als Abbildung in den N stetig differenzierbar, so sprechen wir von
einem C 1 -Vektorfeld.
Hängt V zusätzlich von der Zeit ab, also I ⊂ ein Intervall und
R
V :U ×I →
R
N
oder V : M × I → T M
eine Abbildung mit V (x, t) ∈ Tx M Fall der eingebetteten Untermannigfaltigkeit,
so sprechen wir von einem zeitabhängigen Vektorfeld.
1.2.4 Halbgruppen von Selbstabbildungen
T
Wir beginnen mit dem Begriff der Zeitmenge . Dazu dient folgende Definition. Dazu seien zunächst die folgende Schreibweisen vereinbart.
bezeichne die Menge
der
Zahlen, also = {1, 2, 3, . . . }, 0 =
natürlichen
n
o
∪ {0}, + = r ∈ r ≥ 0 .
N
R
R
N
N
N
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
28
T
ZN RR
Definition 1.2.4.1 Es sei eine der Mengen , 0 , , + . Dann bezeichen wir
diese als Zeitmenge. Eine unbestimmte Zeitmenge wird i.A. mit bezeichnet
werden.
T
Beachte, dass Zeitmengen als algebraische Struktur Halbgruppen sind. Dabei heißt eine Menge mit einer assoziativen Verknüpfung Halbgruppe, wenn
es ein (eindeutiges) neutrales Element gibt Die hier als Zeitmengen eingeführten Halbgruppen tragen in natürlicher Weise auch die Struktur eines metrischen Raumes.
T
Definition 1.2.4.2 Es sei eine Zeitmenge, (X, d) ein metrischer Raum. Dann
heißt eine stetige Abbildung
ϕ:
T×X →X
ein Fluss, falls für alle x ∈ X
1. gilt ϕ(0, x) = x.
2. und alle s, t ∈ T gilt
T
Z
T
ϕ(s + t, x) = ϕ(s, ϕ(t, x)).
N
=
oder
= 0 , so sprechen wir von einem diskreten Fluss,
Ist
anderweitig von einem (kontinuierlichen) Fluss.
Sei
o
n
C(X; X) = Ψ : X → X Ψ ist stetig
die Menge der stetigen Abbildungen auf X. Dann kann man einen Fluss
als Element von C(X; X) auffassen und damit induziert
für festes t ∈
ein Fluss einen stetigen Halbgruppenhomomorphismus
T
Φ:
T → C(X; X)
mit
Φ(0) = 1lX
und
T
Φ(t + s) = Φ(t) ◦ Φ(s).
Man beachte, ist eine Gruppe, so ist Φ ein Gruppenhomomorphismus,
und für jedes t ∈ T ist Φ(t) ein Homöomorphismus.
T
Aufgabe 1.2.4.3 Zeigen Sie, dass im Fall ist Gruppe, tatsächlich für t ∈
die Abbildung Φ(t) ein Homöomorphismus ist.
T
1.3. GEOMETRISCHE BEGRIFFE
29
1.2.5 Diskrete Dynamik von Selbstabbildungen
Wir wollen hier die allgemeine Situation diskreter dynamischer Systeme
beschreiben. Das Wort diskret bezieht sich hier auf die Zeit, d.h. als Zeitmengen kommen also nur
oder in Frage. Der Zustandsraum X sei
jeweils eine metrischer Raum. Dazu sei f : X → X eine (stetige) Abbildung. Dann betrachten wir für x ∈ X und n ∈ 0
N
Z
N
Φ(n, x) = f n (x).
Diese Abbildung hat offensichtlich die Eigenschaften eines Flusses. Deshalb können wir folgende Definition vereinbaren.
Definition 1.2.5.1 Es sei (X, d) ein metrischer Raum, f : X → X stetig, dann
nennen wir das Paar (X, f ) ein diskretes dynamisches System mit Zeitmenge
= 0 . Ist f zusätzlich bijektiv, d.h. f −1 existiert, so ist die Zeitmenge = .
T N
T Z
1.3 Geometrische Begriffe
1.3.1 Spezielle Orbits und ihre Grenzmengen
Im folgenden sei (X, d) ein metrischer Raum, T eine Zeitmenge, ϕ : X ×
T → X ein Fluss. Wir wollen nun einige Begriffe einführen, die uns in
die Lage versetzen über das Langzeitverhalten einzelner Trajektorien, wie
auch des gesamten Systems zu sprechen.
Definition 1.3.1.1 Es sei X ein metrischer Raum,
ϕ:
T×X→X
ein Fluss. Ist x0 ∈ X so nennen wir die Menge
n
O(x0 ) = ϕ(t, x) t ∈
T eine Zeitmenge,
T
o
den Orbit des Punktes x0 . Entsprechend definieren wir auch die positiven und
negativen Semiorbits von x0 durch
o
n
O+ (x0 ) = ϕ(t, x) t ∈ , t ≥ 0
T
bzw.
n
O− (x0 ) = ϕ(t, x) t ∈
T, t ≤ 0
o
.
30
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
Definition 1.3.1.2 Besteht ein Orbit eines Punktes x0 nur aus dem Punkt selbst,
so nennen wir diesen ein Gleichgewicht oder auch eine Ruhelage.
Bemerkung 1.3.1.3 In diskreten dynamischen Systemen kann ein Orbit der keine Ruhelage ist, eine Ruhelage enthalten. Betrachte
f : [−1, 1] → [−1, 1] : x 7→ 1 − 2x2 .
Dann ist f (−1) = −1, insbesondere ist −1 eine Ruhelage, f (1) = −1 und damit
ist 1 keine Ruhelage O(1) enthält aber O(−1).
Definition 1.3.1.4 Wir nennen einen Punkt x0 ∈ X einen periodischen Punkt,
wenn es ein t ∈ , t 6= 0 gibt, mit
T
ϕ(t, x0 ) = x0 .
Ist x0 keine Ruhelage, so sprechen wir von einem echten periodischen Punkt. In
diesem Fall heißt
n
o
min 0 < t ∈ ϕ(t, x0 ) = x0
T
die minimale Periode von x0 . Jedes t > 0, t ∈
Periode bezeichnet. Die Menge
n
o
ϕ(t, x0 ) t ∈
T mit ϕ(t, x ) = x
0
0
wird als
T
wird als periodischer Orbit bezeichnet.
Lemma 1.3.1.5 Es sei x0 ∈ X mit O(x0 ) enthält einen periodischen Punkt x1 .
Für ein dynamisches System mit ist Gruppe folgt dann, dass x0 selbst schon
periodischer Punkt ist.
T
Beweis. Ist x1 eine Ruhelage, so ist für alle t ∈
R
ϕ(t, x1 ) = x1 .
Da es ein t0 gibt, mit
ϕ(t0 , x0 ) = x1
ist x0 = ϕ(−t0 , x1 ) = x1 . Ist x1 keine Ruhelage, so ist ϕ(t1 , x1 ) = x1 und
damit ist für alle s ∈
R
ϕ(t, ϕ(s, x1 )) = ϕ(t + s, x1 ) = ϕ(s, ϕ(t, x1 )) = ϕ(s, x1 )
und jeder Punkt im Orbit von x1 ist periodisch, insbesondere auch x0 .
1.3. GEOMETRISCHE BEGRIFFE
31
Bemerkung 1.3.1.6 Eine entsprechende Aussage für dynamische Systeme
deren Zeitmenge keine Gruppe ist, ist nicht wahr. Es kann dort Punkte
geben, die selbst nicht periodisch sind, deren positiver Halborbit aber periodische Punkte enthält. Einen solchen Punkt nennen wir schließlich periodisch (vgl. engl. eventually periodic).
Gleichgewichtspunkte und periodische Orbits sind Beispiele invarianter
Mengen, d.h. solcher Mengen, die unter der Dynamik in sich abgebildet
werden. Wir wollen den Begriff zunächst abstrakt einführen und dann
weitere Beispiele angeben.
T
eine Zeitmenge und
Definition 1.3.1.7 Es sei X, d) ein metrischer Raum,
ϕ : × X → X ein Fluss. Eine Teilmenge A ⊂ X heißt invariant, falls zu jedem
x0 ∈ A auch O(x0 ) ⊂ A. Ist mit x0 auch der positive (negative) Semiorbit in A,
so sagen wir, A ist positiv (negativ) invariant.
T
T
Definition 1.3.1.8 Gegeben sei ein metrischer Raum (X, d), eine Zeitmenge
und ein Fluss ϕ :
× X → X. Sei x0 ∈ X. Wir definieren den Begriff der
Grenzmenge durch
\
O+ (ϕ(t, x0 )),
ω(x0 ) =
T
T
0≤t∈
und
α(x0 ) =
\
T
0≥t∈
O− (ϕ(t, x0 )).
Wir nennen ersteres die ω-Grenzmenge von x0 und letzteres die α-Grenzmenge
von x0 .
Der folgende Satz fasst wesentliche Eigenschaften der jeweiligen Grenzmengen zusammen.
Satz 1.3.1.9
1. Ist der entsprechende Semiorbit nichtleer∗ und beschränkt∗∗ ,
so ist die entsprechende Grenzmenge nichtleer.
2. Die ω–Grenzmenge besteht aus der Menge der Punkte
n
o
x ∈ X es gibt eine Folge {tn }n∈N ⊂ mit lim tn = ∞ und x = lim ϕ(tn , x0 ) .
T
Entsprechendes gilt für die α–Grenzmenge.
n→∞
n→∞
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
32
3. Die ω–Grenzmenge ist positiv invariant.
4. Ist
∗
T eine Gruppe, so sind ω–, bzw. α–Grenzmengen invariant.
Der positive Halborbit ist für jedes x0 definiert, der negative besteht für
die Zeitmengen + , + nur aus einem Element. Die Voraussetzung nichtleer soll im Fall des positiven Semiorbits bedeutungslos sein, im anderen
Fall besagen, dass die Zeitmenge negative Elemente besitzt.
∗∗
Beschränktheit ist in allgemeinen metrischen Räumen nicht definiert,
wir meinen, dass der Abschluss kompakt ist. Für Teilmengen von n folgt
aus der Beschränktheit die Kompaktheit des Abschlusses. Beweis. Wir
führen alle Beweise für die ω–Grenzmenge, für die α–Grenzmenge werden sie ganz analog erbracht.
Z R
R
1. Vorbemerkung: Ist
x∈
\
T
0≤t∈
O+ (ϕ(t, x0 ))
T
so gibt es zu jedem 0 < t0 ∈ und jedem ε > 0 ein t > t0 und ein
xn ∈ O+ (ϕ(t, x0 )) mit d(xn , x) < ε.
Wähle ε > 0 und setze
εn = 2−n ε
und wähle induktiv tn+1 > tn + 1 mit
d(ϕ(x0 , tn ), x) < εn .
Dann konvergiert die Zeitfolge tn gegen unendlich, xn = ϕ(tn , x0 ) →
x. Die Umkehrung ist ebenso einfach. Ist x ein Grenzwert wie beschrieben, so müssen wir zeigen, zu jedem t > 0 ist
x ∈ O+ (ϕ(t, x0 )).
Da tn → ∞ gibt es ein N ∈
ist x dann in O+ (ϕ(t, x0 )).
N mit t
n
> t für alle n > N. Offensichtlich
2. Ist x ∈ ω(x0 ) und t > 0. Dann ist x = limn→∞ ϕ(tn , x0 ) mit einer
unbeschränkten Zeitfolge {tn }n∈N . Dann ist
ϕ(t, x) = ϕ(t, lim xn ) = lim ϕ(t, xn ) = lim ϕ(t, ϕ(tn , x0 )) = lim ϕ(t+tn , x0 ).
n→∞
n→∞
n→∞
n→∞
1.3. GEOMETRISCHE BEGRIFFE
33
T
3. Ist eine Gruppe, so kann das eben verwendete Argument ebenso
für negative Zeiten angewendet werden.
S
Beispiel 1.3.1.10
1. Wir betrachten das dynamische System f : S 1 → 1 :
φ 7→ φ + β. Ist β ∈ π , so ist, wie wir wissen jeder Orbit periodisch
und die Grenzmenge sind für den Anfangswert φ0 mit periodischen Orbit
O = {φ0 , φ1 , . . . , φk }
α(φ0) = ω(φ0) = O.
Q
Ist β ∈ (
R \ Q)π, so ist jeder Orbit O(φ ) dicht und es gilt
0
α(φ0 ) = ω(φ0) = S 1 .
2. Ein etwas allgemeineres Verhalten zeigt die folgende Abbildung 1.2. f bildet
jeweils die roten Punkte auf den nächsten im mathematisch positiven Sinne ab, entsprechend die blauen Punkte. Dazwischen werden die Segmente
S1 → S2 → S3 → S1 abgebildet. Die nicht bezeichneten Segemente werden
genauso behandelt. Gleichzeitig soll f die Punkte die Punkte in Richtung
der roten Punte verschieben. Dann gilt für jeden roten Punkt xr,i
ω(xr,i ) = α(xr,i ) = O(xr,i )
und entsprechend für jeden blauen Punkt
ω(xb,i) = α(xb,i ) = O(xb,i ).
Für jeden anderen Punkt x ist
ω(x) = O(xr,i ) und α(x) = O(xb,i ).
T
Definition 1.3.1.11 Es sei (X, d) ein metrischer Raum, eine Zeitmenge und
ϕ : × X → X ein Fluss. Ein Punkt x0 ∈ X heißt nichtwandernd, wenn es
zu jeder Umgebung U ein 0 < t ∈ gibt mit
T
T
ϕ(t, U) ∩ U 6= ∅.
Die Menge der nichtwandernden Punkte wird mit
o
n
Ω(ϕ) = x ∈ X x ist nichtwandernd
bezeichnet.
34
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
S3
S1
S2
Abbildung 1.2: Eine Abbildung auf S 1 .
Satz 1.3.1.12 Die Menge der nichtwandernden Punkte ist positiv invariant. Ist
eine Gruppe, so ist Ω(ϕ) invariant.
T
Beweis. Übungsaufgabe.
Lemma 1.3.1.13 Ist (X, d) ein metrischer Raum,
ϕ:
T eine Zeitmenge und
T×X →X
ein Fluss. Ist M ⊂ X eine (positiv) invariante Teilmenge, so gilt dies auch für
den Abschluss M .
Beweis. Folgt sofort aus den Beweisen der vorangehenden Lemmata.
1.3.2 Stabilität
Definition 1.3.2.1 Es sei (X, d) ein metrischer Raum,
ϕ:
T eine Zeitmenge und
T×X →X
ein Fluss. Eine kompakte, invariante Menge K heißt attraktiv, falls es eine offene
Umgebung U von K gibt, so dass für alle x ∈ U gilt
ω(x) ⊂ K.
Sie heißt global attraktiv, wenn dies für alle x ∈ X gilt.
1.4. DISKRETE VERSUS KONTINUIERLICHE DYNAMIK
Definition 1.3.2.2 Es sei (X, d) ein metrischer Raum,
ϕ:
T×X→X
35
T eine Zeitmenge und
ein Fluss. Eine kompakte, invariante Menge K heißt stabil, falls zu jeder offenen
Umgebung U von K eine Umgebung V von K gibt, so dass für alle x ∈ V gilt
O+ (x) ⊂ U.
Definition 1.3.2.3 Eine kompakte, invariante Menge K wird als Attraktor bezeichnet, wenn K attraktiv und stabil ist. K wird als globaler Attraktor bezeichnet, wenn K ein global attraktiver Attraktor ist.
Eine wesentliche Aufgabe in der Theorie dynamischer Systeme ist es (globale) Attraktoren zu finden und die Dynamik auf diesen Attraktoren zu
beschreiben. Die eben definierten Begriffe spielen natürlich für die speziellen invarianten Mengen wie Ruhelagen und periodische Orbits eine
besondere Rolle.
Bemerkung 1.3.2.4 Attraktivität einer invarianten Menge impliziert nicht ihre
Stabilität, wir werden dafür noch ein Beispiel in den Übungen sehen.
Beispiel 1.3.2.5 In unserem Beispiel 1.3.1.10, vgl. Abbildung 1.2 ist die Menge
der roten Punkte ein Attraktor, allerdings kein globaler Attraktor, da die blauen
Punkte eine invariante Menge bildet.
1.4 Diskrete versus kontinuierliche Dynamik
1.4.1 Zeit–1–Abbildungen
Die einfachste Möglichkeit aus einem kontinuierlichen Fluss ein diskretes
dynamisches System zu gewinnen, ist die sogenannte Zeit–1–Abbildung.
Sei (X, d) ein metrischer Raum, = und
T R
ϕ:T×X→X
ein Fluss. Wir definieren die Abbildung
F : X → X : x 7→ ϕ(1, x).
Offensichtlich ist F ein Homöomorphismus von X → X. Gleichgewichte
für ϕ sind auch solche für F , für periodische Punkte ist dies nicht immer
wahr. Man überzeuge sich von der Richtigkeit dieser Beobachtung.
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
36
1.4.2 Poincaré–Abbildungen
T
Sei ϕ : × M → M ein differenzierbarer Fluss auf einer Mannigfaltigkeit
M (insbesondere M = n oder M = T n ). Das zugehörige Vektorfeld, man
überlege sich, dass es so ein Objekt immer gibt, sei V , also
R
V (x) =
d
|t=0 ϕ(t, x).
dt
Eine Hyperfläche S ist eine Untermannigfaltigkeit von M (also Teilmenge und Mannigfaltigkeit) mit dim S = dim M − 1.
Wenn M = n , so ist jeder (n − 1)-dimensionale Unterraum eine Hyperfläche.
R
Definition 1.4.2.1 Eine Hyperfläche S heißt (globaler) (transversaler) Schnitt
des Flusses ϕ, wenn gilt:
• Das zu ϕ gehörende Vektorfeld V ist nirgends tangential an S.
• Jeder Orbit von ϕ schneidet S unendlich oft für t → ∞ und t → −∞.
Wir kommen jetzt zur ersten Definition der Poincaré-Abbildung:
Definition 1.4.2.2 Sei S ein globaler Schnitt von ϕ. Die Wiederkehrzeit τ :
S → ist definiert durch
R
τ (x) = min{ϕ(t, x) ∈ S}.
t>0
Es gilt immer τ (x) > 0, da wir vorausgesetzt haben, dass V nicht tangential an S ist.
Beispiel 1.4.2.3 Wir betrachten den Torus T 2 . Diesen erhalten wir algebraisch
als Qutient 2 / 2 , geometrisch durch Verkleben der Kanten eines Quadrates. Ist
v ∈ 2 , so können wir auf 2 den Fluss ϕ(t, x) = x + tv betrachten. Ein Gerade
orthogonal zu v projiziert nun einem Kreis S auf T 2 , der ein globaler tranversaler
Schnitt zur Projektion von ϕ ist.
Wir können uns die Frage stellen ob wir auf dem globalen Schnitt eine andere
Abbildung, z.B. die aus Abbildung 1.2 vorgeben können und dazu einen geeigneten Fluss konstuieren können (mit einer roten“ und einer blauen“ periodischen
”
”
Lösung, die vorwärts gegen die rote und rückwärts gegen die blaue Lösung konvergiert. Dies werden wir im folgenden Abschniit behandeln.
R
R Z
R
1.4. DISKRETE VERSUS KONTINUIERLICHE DYNAMIK
37
Definition 1.4.2.4 Sei S ein globaler Schnitt von ϕ. Dann ist die PoincaréAbbildung
P :S→S
definiert durch
P (x) = ϕ(τ (x), x).
Das heißt: Der Punkt x wird auf den Punkt abgebildet, der auf dem Orbit
von x liegt und der erste ist, an dem der Orbit von x wieder durch S läuft.
Beispiel 1.4.2.5 Für die Differentialgleichung
ṙ = r(1 − r),
θ̇ = 1
(in Polarkoordinaten) ist
S = {(x, 0) : x > 0}
ein globaler Schnitt. Die Wiederkehrzeit ist
τ = 2π
für alle Punkte in S. Da die Differentialgleichung gelöst wird durch
r(t) =
1
,
1 + (1/r0 − 1)e−t
θ(t) = t + θ0 ,
ist die Poincaré-Abbildung gegeben durch
1
,0 .
P (x, 0) =
1 + (1/r0 − 1)e−2π
1.4.3 Suspensionen
Wir beobachten, dass nicht jeder (orientierungserhaltende) Diffeomorphismus als Zeit t0 -Abbildung eines Flusses auftreten kann. Angenommen x0 ,
. . . , f k (x0 ) sei ein periodischer Orbit von f mit minimaler Periode k, der
isoliert liegt, d.h. für den es eine Umgebung U gibt, die keinen Orbit der
Länge k enthält, so ist dies nicht die Zeit t0 -Abbildung eines Flusses. Angenommen, dies wäre so, dann gilt
f k ϕ(t, x0 ) = ϕ(t + k, x0 ) = ϕ(t, f k x0 ) = ϕ(t, x0 ).
Also ist der gesamte Zeitorbit ϕ(t, x0 ) von x0 periodisch mit (minimaler)
Periode k für f und dies widerspricht der Isoliertheit.
38
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
Definition 1.4.3.1 Sei M eine Mannigfaltigkeit und f : M → M ein Diffeomorphismus. Sei X = (M × [0, 1])/ ∼, wobei die Äquivalenzrelation ∼ definiert
wird durch
(x, 1) ∼ (f (x), 0).
Dann ist der Suspensionsfluss von f auf X definiert durch
ψt ([(x, θ)]) := [(f ⌊t+θ⌋ (x), t + θ − ⌊t + θ⌋)].
Hierbei bedeutet ⌊r⌋ = max{s ∈
Z : s ≤ r}.
Wir können den Suspensionsfluss statt für Diffeomorphismen einer Mannigfaltigkeit M auch für Diffeomorphismen einer offenen Menge U im n
definieren. Allerdings ist auch in diesem Fall die Menge X, auf der der
Suspensionsfluss definiert ist, keine Teilmenge des n × [0, 1] sondern eine abstrakte Mannigfaltigkeit.
R
R
Beispiel 1.4.3.2 Wenn f : S 1 → S 1 eine Rotation ist, so ist X ein Torus.
Beispiel 1.4.3.3 Wenn f : S 1 → S 1 eine Spiegelung ist, so ist X eine KleinFlasche, eine nicht-orientierbare Mannigfaltigkeit (eine Fläche, deren Innensei”
te“ gleichzeitig die Außenseite“ ist).
”
Beispiel 1.4.3.4 Wenn f : (0, 1) → (0, 1) eine Spiegelung ist, so ist X ein
Möbiusband.
Beispiel 1.4.3.5 In unserem Beispiel mit den roten und blauen Ruhelagen auf
der S 1 erhalten wir als Suspensionsfluss auf T 2 mit zwei periodischen Orbits und
einem heteroklinen Orbit, der die beiden verbindet.
1.5 Aufgaben
Aufgabe 1.5.0.6 Man überlege sich, ob ein Zerfallsgesetz u(t), welches der
Beziehung (1.3) genügt, auch eine Gleichung der Form (1.1) erfüllt.
Aufgabe 1.5.0.7 (a) Man begründe, dass jede Lösung der Gleichung
du
=u
dx
1.5. AUFGABEN
39
die Form Cex mit einer reellen Konstante C hat.
(b) Man gebe ein entsprechendes Argument für die Gleichung
g
ϕ′′ (t) = − ϕ(t)
ℓ
√
√
und die Lösungen A sin( ωt) + B cos( ωt) mit
ω=
g
ℓ
an.
Aufgabe 1.5.0.8 Man zeige, dass für das dynamische System auf [0, 1], das durch
f (x) = 2x mod 1 gegeben ist, rationale Anfangswerte zu periodischen Orbits
führen.
Aufgabe 1.5.0.9 Man zeige, dass für das dynamische System auf [0, 1], das durch
f (x) = x+ b mod 1, gegeben ist, bei irrationalem b jeder Orbit dicht in [0, 1] liegt.
Aufgabe 1.5.0.10 Man löse die Gleichungen
(a) u′ = u2 + 1
2
(b)
u′ = − x3
u
(c) u′ = eu sin(x)
mit der Methode der Trennung der Veränderlichen und diskutiere das Verhalten der Lösungen mit u(0) = p0 , p0 ∈ . Darunter verstehen wir die
Beantwortung der folgenden Fragen.
R
• Für welche t ∈
R existiert die Lösung?
• Wie verhält sich die Lösung für t → t+ , t → t− , wenn (t− , t+ ) das
(maximale) Intervall bezeichnet, auf dem die Lösung u(t) existiert?
Aufgabe 1.5.0.11 Man verifiziere die Aussagen über die logistische Gleichung:
(a) Für p0 ∈ (0, K) existiert die Lösung für alle Zeiten und strebt für t → ∞
gegen K, für t → −∞ gegen Null.
(b) Für p0 > K existiert die Lösung nicht für alle reellen Zeiten. Man diskutiere das Verhalten.
(c) Man untersuche das Verhalten der Lösungen für p0 < 0!
KAPITEL 1. DYNAMISCHE SYSTEME – GRUNDLEGENDES
40
Aufgabe 1.5.0.12 Man diskutiere das System
w ′′ = −Kw
v ′′ = −Kv
für K < 0.
1. Beweisen Sie Satz 1.1.3.1
Aufgabe 1.5.0.13
2.
R
Aufgabe 1.5.0.14 Man zeige, dass die Menge C([0, 1]; n ) der stetigen Funktionen auf dem Intervall [0, 1] mit Werten im n , versehen mit der Norm
R
kuk = sup ku(x)kRn ,
x∈[0,1]
ein Banachraum ist.
Aufgabe 1.5.0.15 Wir betrachten die Abbildung
T : C([0, 1];
R ) → C([0, 1]; R ) : u 7→
n
n
Z1
f (., y)u(y) dy,
(1.13)
0
wobei f eine auf [0, 1] × [0, 1] stetige, reellwertige Funktion ist. Man zeige,
T ist stetig und linear. Ist T eine Kontraktion?
Aufgabe 1.5.0.16 Man beweise das Lemma 1.2.2.3.
Aufgabe 1.5.0.17 Man veranschauliche sich das Tangentialbündel an die
Einheitssphäre im 2 . Wie sehen typische Vektorfelder aus? Wie hat man
sich das entsprechende auf dem Torus T2 vorzustellen.
R
Aufgabe 1.5.0.18 Für die Folge {xn }n∈N aus dem Beweis zum Banachschen Fixpunktsatz beweise man die Fehlerabschätzung
d(xn+1 , x) ≤
λn
d(x1 , x0 ).
1−λ
Aufgabe 1.5.0.19 Man beweise Satz 1.3.1.12.
Kapitel 2
Stabilität
In diesem Kapitel beschränken wir uns auf diskrete dynamische Systeme
und wir wollen Aussagen über Stabilität von gewissen invarianten Mengen machen, indem wir linearisieren, d.h. eine im Allgemeinen nichtlineare Abbildung durtch die Linearisierung approximieren. Dazu muss der
Zustandsraum das Konzept der Linearisierung zulassen. Wir betrachten
daher als Zustandsraum eine offene Menge im n oder eine Mannigfaltigkeit. Grundlegend ist dabei ein kurzer Blick auf lineare Systeme im n .
R
R
2.1 Lineare Systeme
R
Im folgenden sei X = n der Zustandsraum, A sei eine lineare Abbildung
A : X → X, = oder = . Wir betrachten das dynamische System
(X, A). Ist A injektiv, wählen wir
= , im anderen Fall ist
= . Mit
σ(A) bezeichnen wir das Spektrum von A. Ist λ ∈ σ(A) so sei E(λ) der
verallgemeinerte Eigenraum von A zum Eigenwert λ, d.h.
o
n
r
E(λ) = x ∈ X ∃r∈N (A − λ1l) x = 0 .
T Z
T N
T Z
T N
Entsprechend sei
K(λ) = ker(A − λ1l)
der Eigenraum zum Eigenwert λ. Wir notieren das triviale Lemma:
Lemma 2.1.0.20 (Invarianz der Eigenräume) Die Räume E(λ), K(λ) sind
innvariante Mengen für (X, A).
41
KAPITEL 2. STABILITÄT
42
Beweis. Für x ∈ E(λ) gilt mit r, so dass (A − λ1l)r x = 0
(A − λ1l)r Ax = (A − λ1l)r (A − λ1l + λ1l)x = (A − λ1l)r+1 x + λ(A − λ1l)r x = 0.
Lemma 2.1.0.21 (Asymptotik in den Eigenräumen)
x ∈ E(λ), so gilt
lim Ak x = 0.
1. Ist |λ| < 1 und
k→∞
2. Ist |λ| > 1, so ist für 0 6= x ∈ E(λ) die Folge {Ar }r∈N x unbeschränkt. Die
Folge wächst wie |λ|r .
3. Ist λ| = 1, so gilt 0 6= x ∈ K(λ), dass
{Ar x}r∈N
eine beschränkte, von Null wegbeschränkte Folge ist mit
kAr xk = kxk
für alle r ∈
N und eine geeignete Norm auf V .
4. Ist |λ| = 1 und x ∈ E(λ) \ K(λ) so ist {Ar x}r∈N unbeschränkt, die Folge
wächst polynomial in r.
Beweis.
1. Ist x ∈ K(λ) so ist Ak x = λk x → 0 für k → ∞. Im allgemeinen Fall
schreiben wir die Einschränkung auf E(λ) in der Form A = D + N,
wobei D = λ1l und N nilpotent ist, d.h. es existiert ein m ∈
mit
m
N = 0. Dann ist
m−1
X r r
r
D r−j N j .
A = (D + N) =
j
j=1
N
Dann sieht man leicht, dass
lim Ar x = 0.
r→∞
2.2. LINEARE EBENE SYSTEME
43
2. Der Beweis für den Fall |λ| > 1 folgt dem vorigen und braucht keine
neuen Argumente.
3. Ist |λ| = 1, und VC der komplexifixierte Raum, so ist für x ∈ K(Λ)C
Ar x = λr x
und damit ist
kAr xk = kλr xk = |λ|r kxk = kxk.
2.2 Lineare ebene Systeme
Ein ebenes lineares diskretes System hat die Form
xn+1 = Bx
R
wobei xi ∈ 2 und B ∈ L(
hat Eigenwerte λ1 , λ2 mit
R , R ) ist. Wir unterscheiden mehrere Fälle: B
2
2
1. |λ1,2 | < 1
2. |λ1 | < 1, |λ2 | = 1
3. |λ1 | < 1, |λ2 | > 1
4. |λ1,2 | = 1
5. |λ1 | = 1, |λ2 | > 1
6. |λ1,2 | > 1
In den Fällen mit mindestens einem Eigenwert vom Betrag < 1 ist die Matrix eventuell nicht invertierbar und wir müssen die Fälle in denen mindestens ein Eigenwert 0 auftritt, getrennt betrachten.
KAPITEL 2. STABILITÄT
44
2.2.1 |λ1,2 | < 1
Doppelter Eigenwert 0
Ist B = 0, so ist die Dynamik trivial: in einem Iterationsschritt landen wir
in 0 und bleiben dort.
Ist B 6= 1, so hat die Jordan-Form von B die Gestalt
B=
0 1
0 0
Ein Punkt der Form
x=
x1
x2
wird auf
x2
0
abgebildet und im nächsten Schritt auf die 0. Auch eine recht einfache
Dynamik.
Ein Eigenwert 0
Nun kann B diagonalisiert werden, wir reduzieren in einem Schritt die
Dynamik in eine eindimensionale Situation. Dort konvergiert die Folge
gegen 0.
0 < |λ1 | < |λ2 | < 1
Hier könnten wir die Fälle ob die Eigenwerte gleiches oder ungleiches Vorzeichen haben unterscheiden.
Im beiden Fällen gibt es die eindimensionalen Eigenräume E(λi ) die invariant unter der Dynamik sind. In beiden Unterräumen konvergieren die
Folgen gegen 0 mit Raten |λi |n .
2.3. STABILITÄT VON RUHELAGEN
45
2.2.2 Ein Eigenwert vom Betrag höchstens 1, mindestens
ein Eigenwert von Betrag 1
Ein Eigenwert 0, ein Eigenwert vom Betrag 1
In diesem Fall sind beide Eigenwerte einfach, und es gibt die zwei Möglichkeiten für die Jordanform
0 0
0 0
oder
0 −1
0 1
In einem Schritt erreicht man den Eigenraum zum Eigenwert vom Betrag
1, in einem Fall ist dieser gefüllt mit Ruhelagen, im anderen mit periodischen Orbits der Länge 2.
Ein Eigenwert 0 < |λ| < 1, ein Eigenwert vom Betrag 1
Der Eigenwert vom Betrag 1 ist entweder 1 oder −1. Hier hat man Konvergenz gegen eine Familie von Ruhelagen, oder gegen eine Familie periodischer Orbits der Länge 2.
Zwei Eigenwerte vom Betrag 1
Hier sind die einfachen Fälle aus Kombination von zwei reellen Eigenwerten ±1 denkbar, bei geichen Eigewerten geometrisch doppelt, oder geometrisch einfach. Allerdings gibt es auch den Fall von einem Paar konjugiert
komplexer Eigenwerte, entweder Einheitswurzeln λp = 1, p ∈ oder keine Einheitswurzeln. Die ersten Fälle mit Eigenwerten λ1,2 = ±1 λ1 λ2 = −1
führen auf periodische Orbits der Länge 2, zwei gleiche Eigenwerte mit
geometrisch doppelten Eigenwerten führen ebenfalls auf Ruhelagen oder
periodische Orbits, sind aber keine stabilen Situationen. Im Fall von geometrisch einfachen, algebraisch doppelten Eigenwerten ±1 hat man polynomiale Divergenz.
Z
2.3 Stabilität von Ruhelagen
Wir betrachten nun die Situation einer nichtlinearen Abbildung f : U →
U, wobei U ⊂ n offen ist. Die Situation einer offenen Teilmenge einer
R
KAPITEL 2. STABILITÄT
46
Mannigfaltigkeit M wird ganz entsprechend behandelt. Wir nehmen an,
x0 ∈ U sei eine Ruhelage von f , also f (x0 ) = x0 . Wir nehmen an, f sei
stetig differenzierbar und A = Dx f (x0 ). OBdA dürfen wir annehmen, dass
x0 = 0 ist, indem wir
f1 (x) = f (x + x0 ) − x0
setzen, dann ist
f1 (0) = f (x0 ) − x0 = 0
und Dx f1 (0) = Dx f (x0 ). Es sei g = f − A und damit gilt
Dg(x0 ) = 0
und zu jedem ε > 0 und zu jeder Norm auf L(
bung V von 0 mit
kDg(y)kL(Rn) < ε
R ; R ) gibt es eine Umgen
n
für y ∈ V .
Definition 2.3.0.1 (Stabilität von Ruhelagen)
1. Eine Ruhelage heißt stabil, wenn sie als kompakte invariante Menge stabil ist.
2. Sie wird als asymptotisch stabil bezeichnet, wenn sie als invariante Menge ein Attraktor ist.
3. Ist die Ruhelage nicht stabil, so bezeichnen wir sie als instabil.
R
n
1
Satz 2.3.0.2 (Stabilität von Ruhelagen)
n Es sei0 ∈ U ⊂o offen, f ∈ C (U; U)
mit A = Dx f (0). Dann gilt: Ist σ(A) ⊂ z ∈ |z| < 1 , dann ist 0 asymptotisch stabil.
C
Beweis. Der Spektralradius ρ(A) < s < 1. Daher gibt es eine Norm, mit
zugehöriger Operatornorm, so dass
kAkL(Rn ,Rn ) < s.
Ist ε < 1 − s, so ist auf V , kDf k < k < 1. Dann ist für x ∈ Bδ (0) ⊂ V
kf (x) − f (0)k ≤ kDf (ξ)kL(Rn;Rn ) kxk ≤ kkxk < δ.
Somit ist 0 stabil, und das gleiche Argument zeigt, dass 0 attraktiv ist.
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
R
47
R
Satz 2.3.0.3 (Störungssatz) Ist f : n → n stetig differenzierbar auf einer
Umgebung W eines Fixpunktes x0 und ist kDf (x0 )k < 1, so gibt es eine abgeschlossene Umgebung U von x0 , so dass f (U) ⊂ U und f ist Kontraktion auf U.
Ferner ist jede hinreichend nahe an f in gelegene Abbildung g : U → U (f, g nahe in C 1 (U; U)), dass g auf U eine Kontraktion ist (und damit einen asymptotisch
stabilen Fixpunkt besitzt).
Wir erhalten dafür einen zweiten Stabilitätsbegriff: (U, f ) ist als System stabil (gegen Störungen). Dieser Begriff spielt in der Theorie dynamischer
Systeme eine sehr große Rolle.
2.4 Lineare Differentialgleichungen und Stabilität
2.4.1 Jordan Form
In diesem kurzen Abschnitt wiederholen wir einige Begriffe der linearen
Algebra. Sei A : n → n eine lineare Abbildung mit zugehöriger Matrix
A (diese wird durch die Wahl einer Basis bestimmt). Wir gehen immer von
der kanonischen Basis aus und identifizieren auf diese Weise die lineare
Abbildung mit der Matrix. Eine Zahl λ ∈ heißt Eigenwert von A, wenn
es einen Vektor uc ∈ n gibt mit
R
R
C
C
Auc = λuc .
Dieser Vektor uc wird Eigenvektor genannt. Natürlich müssen wir auch bei
reellen Matrizen komplexe Eigenwerte und Eigenvektoren zulassen. Deshalb arbeiten wir zunächst im komplexifizierten Raum n . Die Eigenwerte
sind Lösungen der charakteristischen Gleichung
C
det(A − λ1l) = 0.
(2.1)
Wegen des Fundamentalsatzes der Algebra gibt es (mit Vielfachheiten gerechnet) genau n Wurzeln dieser Gleichung. Jede Wurzel von (2.1) ist auch
Eigenwert, jedoch gibt es im allgemeinen weniger als n Eigenvektoren. Sei
λ ein Eigenwert, so ist
Kλ = ker(A − λ1l)
KAPITEL 2. STABILITÄT
48
ein A-invarianter Unterraum, der Eigenraum von A zum Eigenwert λ. Sei
m die Dimension von Kλ . Kλ ist enthalten im verallgemeinerten Eigenraum,
der gegeben ist durch
Eλ = {u ∈
C
n
| ∃k ∈
N mit (A − λ1l) u = 0}.
k
Der verallgemeinerte Eigenraum Eλ zum Eigenwert λ ist invariant unter
der Abbildung A. Eine weitere Zerlegung in invariante Unterräume ist
möglich. Dazu betrachtet man den minimalen Wert k0 , so dass ker(A −
λ1l)k0 = Eλ ist. So eine Zahl existiert immer. In Eλ existiert eine Basis B,
welches die Vereinigung von m Mengen H1 , . . . , Hm ist, wobei jedes Hk die
Form
Hk = {uk,1, . . . , uk,rk }
(2.2)
hat mit
(A − λ1l)uk,i+1 = uk,i, i = 1, . . . , rk , (A − λ1l)uk,1 = 0.
Die Einschränkung von A auf Eλ hat in der Basis B dann die Gestalt


B1 0 . . . . . . 0
 0 B2 0 . . . 0 


 .. . .
..  ,
..
..
(2.3)
 .
.
.
.
. 


 0 ... 0
0 
0 . . . . . . 0 Bm
wobei jeder dieser rk × rk Blöcke Bk die einfache Form


λ 1
0 ... ... 0


..
 0 λ
. 0 
1
0

 .
 . . . . . . . . . . . . . .. 
. 
 .
Bk =  .

.
.
.
 ..
..
..
.. 0 


 ..
.
.. λ 1 

 .
0 ... ... ... 0 λ
(2.4)
hat. Damit haben wir die komplexe Jordansche1 Normalform einer Matrix
erhalten. In der reellen Jordanschen Normalform hat man auch eine Dar1
Camille Marie Ennemond Jordan (5.1.1838-21.1.1922) wurde zunächst zum Bergbauingenieur ausgebildet. Im Jahre 1916 wurde er Präsident der französischen Akademie der
Wissenschaften. Sein Werk umfasst neben der Normalform Beiträge zur Algebra (u.a. zur
Galois-Theorie), zur Analysis, zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und zur Topologie der
Ebene (Kurvensatz).
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
49
stellung in Blöcken wie in (2.3), jedoch sehen die Blöcke i.a. anders aus. Ist
λ reell so bleibt die Form (2.4) erhalten. Für komplexe Eigenwerte λ = eiα ,
ergibt sich statt (2.4) die Form


cos α − sin α
1
0
... ... ...
0

 sin α cos α
0
1
0 ... ...
0



 0
0
cos
α
−
sin
α
1
0
.
.
.
0



 0
0
sin α cos α
0
1
...
0


..
..

 ..
..
..
..
..
..
.
.
.
.
.
 . (2.5)
.
.
.
Bk = 

 .
.
.
.

 ..
..
..
..
1
0



 .
.
.
..
..

 ..
0
1


 0
...
...
...
. . . 0 cos α − sin α 
0
...
...
...
. . . 0 sin α cos α
Eine einfache Begründung für diese Form ergibt sich aus der komplexen
Jordanschen Normalform und der folgenden Überlegung. Ist λ ∈
ein
komplexer Eigenwert einer reellen Matrix so ist λ̄ ebenso ein Eigenwert
und es gibt zu dem zur Menge aus Gleichung 2.2 Hk = {uk,1, . . . , uk,rk }
eine Menge Hk∗ = {uk,1 , . . . , uk,rk } konjugiert komplexer Vektoren die eine
entsprechende Basis zum Eigenwert λ̄ bilden. Wir definieren nun ein Paar
reeller Vektoren
1
(uk,j + uk,j ), j = 1, . . . , rk
vk,j =
2
1
wk,j =
(uk,j − uk,j ), j = 1, . . . , rk .
2i
C
Nun sehen wir leicht
1
(Auk,j + Auk,j )
2
cos(α) − sin(α)
vk,j
= vk,j−1 +
.
sin(α) cos(α)
wk,j
Avk,j =
Für Awk,j ergibt eine ähnliche Rechnung ein ganz ähnliches Ergebnis. Für
die Basis, die immer aus Paaren
HkR = {vk,1 , wk,1, . . . , vk,rk , wk,rk }
besteht ergibt sich dann die obige Abbildungsmatrix.
Wie sieht der Block für λ = |λ|eiα aus?
KAPITEL 2. STABILITÄT
50
2.4.2 Die Matrixexponentialfunktion
Definition 2.4.2.1
Sei A ∈ L(
n
, |u| = 1 .
R
R , R ). Wir setzen kAk
n
n
= sup |Au| u ∈
Lemma 2.4.2.2 k · k ist eine Norm auf dem linearen Raum der linearen Abbildungen von n in sich. Außerdem gilt kABk ≤ kAkkBk.
R
Beweis. Einfaches Nachrechnen!
Definition 2.4.2.3 Sei A eine n × n-Matrix. Die Funktion E :
sei definiert durch
∞ k
X
t k
E(A, t) =
A .
k!
R → L(R , R )
n
n
(2.6)
k=0
Wir nennen E(A, t) die Matrixexponentialfunktion und schreiben dafür auch
E(A, t) = eAt .
Lemma 2.4.2.4 Die Funktion E(A, t) ist für jedes A ∈ L(
reelle Zahl t ∈ definiert.
R
R , R ) und jede
n
n
Beweis. Übungsaufgabe!
Satz 2.4.2.5 Die Matrixexponentialfunktion E(A, t) löst das Anfangswertproblem (??)
Ċ = AC, C(0) = 1l
aus Hilfssatz ??.
Beweis. Zunächst betrachten wir eine Teilsumme der Reihe E(A, t)
Em (A, t) =
m
X
tk
k=0
k!
Ak .
Die Ableitung von Em (A, t) ist natürlich
Ėm (A, t) =
m
X
k=1
tk−1
Ak = AEm−1 (A, t).
(k − 1)!
Wegen der gleichmäßigen Konvergenz der rechten Seite (auf kompakten
Teilmengen von ) ist E(A, t) differenzierbar und Ė(A, t) = AE(A, t).
Natürlich ist auch E(A, 0) = 1l.
Die Lösung des Anfangswertproblems u̇ = Au, u(0) = u0 erhält man
also durch u(t, u0) = E(A, t)u0 .
R
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
51
Hilfssatz 2.4.2.6 Kommutieren die beiden Matrizen A, B miteinander, d.h.
ist AB = BA, folgt für alle t ∈
R
BE(A, t) = E(A, t)B,
und es gilt
E(A + B, t) = E(A, t)E(B, t) = E(B, t)E(A, t) ∀t ∈
R.
Beweis. Die erste Eigenschaft ist eine unmittelbare Konsequenz der Definition, die zweite erhält man aus dem Eindeutigkeitssatz für die Lösung
von Anfangswertproblemen, indem man nachprüft, dass E(A + B, t) und
E(A, t)E(B, t) das gleiche Anfangswertproblem lösen.
A kann durch eine Ähnlichkeitstransformation in die Jordansche Normalform gebracht werden. Sei J die Jordansche Normalform von A und
C die Transformationsmatrix, also J = CAC −1 . Die allgemeine Form des
Verhaltens der Lösungen unter Koordinatentransformation ist in Aufgabe
20, Blatt 5 angegeben. Für den Spezialfall können wir die Lösung des Ausgangsproblems gewinnen, indem wir A in die Jordansche Normalform
überführen, für diese dann die Gleichung lösen und zurücktransformieren. Wir erhalten
u(t, u0) = E(A, t)u0 = C −1 v(t, Cu0) = C −1 E(J, t)Cu0 .
Aus der Eindeutigkeit der Lösung folgt noch
E(A, t) = C −1 E(CAC −1 , t)C.
Natürlich kann man diese Formel auch unmittelbar aus der Definition von
E(A, t) schließen. Zur allgemeinen Lösung linearer Anfangswertprobleme
müssen wir noch E(J, t) ausrechnen. Wir gehen von der Gestalt (2.3) aus.
Natürlich gilt für eine Matrix J in Blockdiagonalgestalt
J = diag(B1 , . . . , Bm )),
dass die Matrixexponentialfunktion auch Blockdiagonalgestalt annimmt,
also
E(J, t) = diag(E(B1 , t), . . . , E(Bm , t)).
Ist B ein Block der Länge 1, also B = (λ), so ist natürlich E(B, t) = eλt . Ist B
ein Block der Länge r > 1 und der zugehörige Eigenwert λ reell, so ergibt
sich die Exponentialreihe aus folgenden Betrachtungen.
KAPITEL 2. STABILITÄT
52
Definition 2.4.2.7 Eine Matrix N heißt nilpotent, wenn es ein r ∈
N r = 0.
N gibt mit
Lemma 2.4.2.8 Ein Block der Gestalt (2.4) ist die Summe einer Diagonalmatrix
D und einer nilpotenten Matrix N.
Beweis. Natürlich ist D = diag(λ, . . . , λ). Übrig bleibt die r × r Matrix


0 1
0 ... ... 0


..
 0 0
. 0 
1
0

 .
 . . . . . . . . . . . . . .. 
.
.


(2.7)
N = .
.
..
..
..

 ..
.
.
.
0



 .
.
.
.
 .
. 0 1 
0 ... ... ... 0 0
Eine einfache Rechnung zeigt, dass N r = 0 ist. Damit ist N nilpotent.
Bemerkung 2.4.2.9 Genauer gilt, dass jede Matrix A Summe einer diagonalisierbaren und einer nilpotenten Matrix ist. Unser Beweis zeigt dies zumindest
für reelle Matrizen mit ausschließlich reellen Eigenwerten.
Lemma 2.4.2.10 Die Matrixexponentialfunktion E(B, t) eines Jordan-Blocks der
Länge r zum Eigenwert λ hat die Gestalt


tr−1
1 t t2 /2 t3 /6 . . . (r−1)!

.. 
..
..
 0 1
.
.
t
. 


 .. . .

..
..
..
3
.
.
.
. t /6 

E(B, t) = eλt  ..
(2.8)

..
..
..
 .

2
.
.
. t /2 
 .
 .

.
..
 ..
1
t 
0 ... ... ...
0
1
Beweis. Es gilt DN = ND und daher mit dem Hilfssatz 2.4.2.6
E(B, t) = E(D + N, t) = E(D, t)E(N, t).
Nun ergibt E(D, t) = eλt 1l und da N nilpotent ist, hat man
E(N, t) = 1l + tN +
tr−1
t2 2
N +···+
N r−1 .
2
(r − 1)!
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
53
Für einen nichtreellen Eigenwert stellt man die gleiche Betrachtung im
Komplexen an und schneidet den Lösungsraum mit dem n . Wir wollen
die entsprechende Formel im Moment nicht angeben.
R
R R ).Wir
Satz 2.4.2.11 (Algebraische Struktur des Lösungsraumes I) Sei A ∈ L( n ,
setzen U = {u ∈ C 1 ( , n ) | u̇ = Au}. U ist ein linearer Raum. Die Dimension
von U ist n.
RR
Beweis. Offensichtlich ist die Summe zweier Lösungen wieder eine Lösung.
Gleiches gilt für das Produkt ξu mit ξ ∈ und u ∈ U. Also bleibt zu zeigen, dass dim U = n ist. Sei A : U → n die Abbildung Au = u(0). Offensichtlich ist A linear und wegen der eindeutigen Lösbarkeit von Anfangswertproblemen injektiv. Wegen des globalen Existenzsatzes ist A surjektiv.
Also gilt U ≃ n .
Als nächsten Schritt betrachten wir die inhomogene lineare Gleichung,
gegeben durch
u̇ = Au + f (t),
(2.9)
R
R
R
R
R
→ n eine stetige Abbildung ist. Wir wissen, aufgrund
wobei f :
des Existenzsatzes, dass diese Gleichung bei Vorgabe eines Anfangswertes
lösbar ist. Die algebraische Struktur ist natürlich etwas anders als vorher.
Wie in der linearen Algebra besteht die allgemeine Lösung aus einer speziellen Lösung plus einem beliebigen Element aus U.
Satz 2.4.2.12 (Algebraische Struktur des Lösungsraumes II) Sei
R R ) | u̇ = Au + f (t)}.
U ist ein n-dimensionaler affiner Unterraum von C (R, R ). Es existiert also
ein u ∈ C (R, R ) mit der Eigenschaft, dass
Uf = {u ∈ C 1 ( ,
n
1
f
0
1
n
n
Uf = {u0 + u | u ∈ U}.
Beweis. Wie schon bemerkt, hat die Gleichung (2.9) immer eine Lösung.
Sei u0 eine solche Lösung. Dann ist natürlich für u ∈ U auch u0 + u eine
Lösung. Wir müssen noch zeigen, dass jede Lösung diese Form hat. Sei u1
eine weitere Lösung der Gleichung (2.9). Dann ist u0 − u1 eine Lösung der
homogenen linearen Gleichung (einfaches Nachprüfen zeigt dies). Damit
ist u0 − u1 ∈ U.
Wir wollen uns noch kurz Gedanken machen, wie man eine spezielle
Lösung u0 findet.
n
KAPITEL 2. STABILITÄT
54
R R
Lemma 2.4.2.13 (Formel der Variation der Konstanten) Sei A ∈ L( n , n ),
f :
→ n stetig. Sei u0 ∈ n . Dann ist eine spezielle Lösung der Gleichung
u̇ = Au + f (t) gegeben durch
Z t
0
At
u (t) = e u0 +
eA(t−s) f (s)ds.
(2.10)
R R
R
0
Beweis. Differenzieren ergibt
d 0
u (t) = AeAt u0 + [eA(t−s) f (s)]|s=t +
dt
Z
t
0
d A(t−s)
e
f (s)ds,
dt
also
d 0
u (t) = AeAt u0 + f (t) + A
dt
Z
t
eA(t−s) f (s)ds = Au + f (t).
0
2.4.3 Ebene lineare Systeme
In diesem Abschnitt wollen wir ebene, lineare und autonome Systeme charakterisieren. Wir betrachten also eine Gleichung der Form
u̇ = Au,
R R
(2.11)
wobei A ∈ L( 2 , 2 ) eine lineare Abbildung ist. Seien λ1 , λ2 die Eigenwerte von A. Wir unterscheiden:
1. λ1 > λ2 > 0;
2. λ1 = λ2 > 0;
3. λ1 = λ2 , Reλ1 > 0;
4. λ1 > λ2 = 0;
5. λ1 = λ2 = 0;
6. Reλ1 = Reλ2 = 0, λi 6= 0;
7. λ1 > 0 > λ2 ;
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
55
5
4
3
2
1
0
−1
−2
−3
−4
−5
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
Abbildung 2.1: Die Trajektorien von E(J, t).
8. λ1 = λ2 < 0;
9. λ1 < λ2 < 0;
10. λ1 = λ2 , Reλ1 < 0;
11. λ1 < λ2 = 0.
1. Fall: Dabei hat die Jordan Normalform die Gestalt
λ1 0
J=
0 λ2
(2.12)
Seien e1 , e2 die Eigenvektoren zu λ1,2 . Dann konvergieren alle Lösungen
für t → −∞ gegen Null, für t → ∞ verlassen alle Lösungen (außer einer!)
jedes Kompaktum. Sie schmiegen sich (für t → −∞) an die e2 -Achse an.
2. Fall: Wir unterscheiden zwei mögliche Formen des Jordan Blocks (Eigenwerte sind geometrisch einfach oder nicht). Zunächst der Fall der geometrisch einfachen Eigenwerte. Hier hat der entsprechende Jordanblock
die Form
λ1 0
.
(2.13)
J=
0 λ1
Alle Lösungen haben dieselben Konvergenzeigenschaften wie zuvor. Nur
ist die Bewegung längs gerader Linien.
Ist der Eigenwert nicht geometrisch einfach, so hat der Jordanblock die
Gestalt
λ1 1
J=
.
(2.14)
0 λ1
KAPITEL 2. STABILITÄT
56
5
4
3
2
1
0
−1
−2
−3
−4
−5
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
Abbildung 2.2: Die Trajektorien von E(A, t) mit schiefliegenden Eigenräumen.
15
10
5
0
−5
−10
−15
−15
−10
−5
0
5
10
15
Abbildung 2.3: Die Trajektorien von E(J, t) mit halbeinfachen Eigenwerten.
2.4. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN UND STABILITÄT
57
15
10
5
0
−5
−10
−15
−15
−10
−5
0
5
10
15
Abbildung 2.4: Die Trajektorien von E(J, t) mit geometrisch einfachem,
algebraisch doppelten Eigenwert.
Auch hier hat man die Konvergenzeigenschaften wie im ersten Fall, jedoch schaut das Bild wiederum anders aus.
3. Fall: Wieder ergibt sich die gleiche Konvergenz, jedoch erhält man
einen Strudel. Sei λ1 = |λ|eiθ . Dann ist λ2 = |λ|e−iθ und die reelle Normalform hat die Form
cos θ − sin θ
.
(2.15)
J = |λ|
sin θ cos θ
4. Fall: Für die Jordan Form ergibt sich
J=
λ1 0
0 0
.
(2.16)
Längs der e2 -Achse hat man konstante Lösungen (Ruhelagen). Alle anderen
Lösungen konvergieren für t → −∞ gegen 0 und verlassen in positiver
Zeitrichtung jedes Kompaktum.
5. Fall: In diesem Fall hat die Jordan Form das Aussehen
J=
0 0
0 0
(2.17)
J=
0 1
0 0
(2.18)
oder
.
KAPITEL 2. STABILITÄT
58
Der erste dieser beiden Fälle liefert ausschließlich konstante Lösungen. Im
zweiten hat man eine Bewegung auf Parallelen zur e1 -Achse gegen unendlich.
6. Fall: Unsere Abbildung erhält die Gestalt
J=
cos θ − sin θ
sin θ cos θ
.
(2.19)
Wir erhalten Lösungen, die sich auf Kreislinien um den Ursprung bewegen.
7. Fall: Ein qualitativ neues Bild ergibt sich hier. Auf der einen Achse bewegt man sich für t → ∞ gegen unendlich und für t → −∞ gegen Null,
auf der anderen Achse hat man das gegenteilige Verhalten. Dazwischen
sind Lösungen, die für beide Zeitrichtungen jedes Kompaktum verlassen
und sich für t → ±∞ an die jeweilige Eigenwertachse anschmiegen. (Dies
ist die Motivation für den Begriff hyperbolisch, den wir noch einführen werden.)
In den anderen Fällen ergeben sich ganz ähnliche Bilder wie bisher, nur
die Zeitrichtungen sind anders. Wir geben nur die Normalformen und die
Bilder, keine weiteren Kommentare.
λ1 0
J=
(2.20)
0 λ2
8. Fall:
J=
λ1 0
0 λ1
(2.21)
J=
λ1 1
0 λ1
(2.22)
J=
λ1 0
0 λ2
(2.23)
oder
9. Fall:
10. Fall:
J=
cos θ − sin θ
sin θ cos θ
(2.24)
2.5. NEWTONS METHODE ALS DYNAMISCHES SYSTEM
11. Fall:
J=
λ1 0
0 0
59
(2.25)
2.5 Newtons Methode als dynamisches System
Numerische methoden zur Lösung eines (nichtlinearen) Gleichungssystems
f (z) = 0.
Iterationsvorschrift
x1 = x0 − Df (x0 )−1 f (x0 ).
Fixpunkte diser Gleichung lösen
x0 = x0 − Df (x0 )−1 f (x0 )
und damit
f (x0 ) = 0.
Ein Fixpunkt einer Iteration F heißt superattraktiv, falls DF (x0 ) = 0. Als
Abbildung F erhalten wir
F (x) = x − Df (x)−1 f (x).
Nun ergibt sich
DF (x0 ) = 1l − (Df (x0 )−1 )2 (Df (x0 )2 − D 2 f (x0 )f (x0 )) = 0.
Also ist der Fixpunkt super-attraktiv und die Konvergenz gegen den Fixpunkt ist quadratisch.
Allerdings ist das globale Verhalten sehr viel komplizierter: sucht man
nach den komplexen Nullstellen von einfachen Gleichungen wie z 3 = 1,
so sieht man, dass die Einzugsgebiete der einzelnen Lösungen, d.h. die
Gebiete ω(z) = zi auf komplizierte Weise ineinander verwoben sind.
60
KAPITEL 2. STABILITÄT
Kapitel 3
Klassifikation dynamischer
Systeme
3.1 Konjugation und Orbit-Äquivalenz
Im Folgenden wollen wir die Analyse von dynamischen Systemen erleichtern, indem wir gleich ganze Klassen von ,,gleichen”, ,,äquivalenten” usw.
Systemen untersuchen. Doch was sind geeignete Konzepte von ,,Gleichheit”, ,,Äquivalenz” usw.?
Für Abbildungen hat sich folgendes Konzept als brauchbar herausgestellt:
Definition 3.1.0.1 Zwei C k -Diffeomorphismen f : X → X, g : Y → Y , 1 ≤
k ≤ ∞, heißen topologisch konjugiert (oder C 0 -konjugiert), wenn es einen
Homöomorphismus h : X → Y gibt mit
f = h−1 ◦ g ◦ h.
Allgemeiner heißen zwei C k -Diffeomorphismen f : X → X, g : Y → Y , 1 ≤
k ≤ ∞, C j -konjugiert mit 1 ≤ j ≤ ∞, wenn es einen C j -Diffeomorphismus
h : X → Y gibt mit f = h−1 ◦ g ◦ h.
R
R
→ , f (x) = 2x, g(x) = 8x, sind
Beispiel 3.1.0.2 Die Abbildungen f, g :
3
topologisch konjugiert mittels h(x) = x , was ein Homöomorphismus ist. h ist
kein Diffeomorphismus, und es gibt auch keinen solchen, wie wir in Kürze sehen.
Wenn f, g C j -konjugiert sind, so muss h nicht eindeutig bestimmt sein.
61
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
62
Beispiel 3.1.0.3 Wenn f = g : X → X, dann ist jeder Homöomorphismus
h : X → X eine Konjugation.
Diese Definition von Konjugation ist zwar leicht auf Flüsse zu übertragen,
aber es wird sich gleich herausstellen, dass da ein anderes Konzept brauchbarer
ist. Zunächst die analoge Definition:
Definition 3.1.0.4 Zwei C k -Flüsse ϕ, ψ auf X, Y mit 1 ≤ k ≤ ∞ heißen
topologisch konjugiert (C 0 -konjugiert), wenn es einen Homöomorphismus
h : X → Y gibt, so dass für alle t ∈ gilt:
R
ϕt = h−1 ◦ ψt ◦ h.
Allgemeiner heißen zwei C k -Diffeomorphismen f : X → X, g : Y → Y , k ≥ 1,
C j -konjugiert mit 0 ≤ j ≤ ∞, wenn es einen C j -Diffeomorphismus h : X → Y
gibt mit ϕt = h−1 ◦ ψt ◦ h.
Hier taucht nun folgendes Problem auf: Sei beispielsweise ϕ der Fluss zu
dem System
ṙ = r,
θ̇ = 1
(in Polarkoordinaten) und ψ der Fluss zu
ṙ = 2r,
θ̇ = 2.
Diese beiden Systeme haben dasselbe Phasenportrait, d.h. für jeden Punkt
x ∈ 2 durchläuft der Orbit von ϕ genau dieselben Punkte wie der Orbit
von ψ durch x. Der einzige Unterschied ist, dass die Geschwindigkeit verschieden ist. Wir brauchen daher ein Konzept von Äquivalenz, das nicht
so sensibel bezüglich des Zeitparameters ist. Folgendes ist brauchbar:
R
Definition 3.1.0.5 Die C k -Flüsse ϕ, ψ auf X, Y mit 1 ≤ k ≤ ∞ heißen Orbitäquivalent (C 0 -Orbit-äquivalent), wenn es Homöomorphismen h : X → Y
und σ : → gibt, so dass σ orientierungserhaltend (d.h. monoton wachsend)
ist und für alle t ∈ gilt:
R R
R
ϕt = h−1 ◦ ψσ(t) ◦ h.
Es gibt auch die Definition von C j -Orbit-Äquivalenz mit 0 ≤ j ≤ ∞;
dabei wird gefordert, dass in der obigen Definition h ein C j -Diffeomorphismus
ist. Allerdings wird für σ nach wie vor nur Homöomorphie gefordert.
3.1. KONJUGATION UND ORBIT-ÄQUIVALENZ
63
Wenn also zwei Flüsse Orbit-äquivalent sind, dann können die Orbits zusammengestaucht werden.
Unmittelbare Folgerungen der Definition sind:
Lemma 3.1.0.6
• Wenn f zu g C j -konjugiert ist (0 ≤ j ≤ ∞) und f einen Fixpunkt hat,
dann auch g.
• Wenn f zu g C j -konjugiert ist (0 ≤ j ≤ ∞), gibt es für jedes periodisches
Orbit von f ein periodisches Orbit von g, und zwar mit derselben Periode.
• Eine Identitätsabbildung 1lX ist zu keiner anderen Abbildung außer anderen Identitätsabbildungen 1lY konjugiert.
Beweis. Alle Punkte sind direkt einsehbar.
Fast alles in diesem Lemma gilt auch für Konjugation von Flüssen und
für Orbit-Äquivalenz von Flüssen; allerdings kann sich die Periode eines
periodischen Orbits bei Orbit-Äquivalenz ändern:
Lemma 3.1.0.7
• Wenn ϕ zu ψ C j -konjugiert ist (0 ≤ j ≤ ∞), gibt es für jeden periodischen Orbit von ϕ einen periodischen Orbit von ψ, und zwar mit derselben
Periode.
• Wenn ϕ zu ψ Orbit-äquivalent ist, gibt es für jeden periodischen Orbit
von ϕ einen periodischen Orbit von ψ, aber nicht notwendigerweise mit
derselben Periode.
Beweis. Auch dieses Lemma ist direkt einsehbar.
In fast allen Fällen kann man nur C 0 -Konjugation erwarten, auch bei
glatten Abbildungen oder Flüssen. Eine Ausnahme macht folgender Satz:
Satz 3.1.0.8 ( flow-box“) Wenn ϕ ein C 1 -Fluss auf einer n-dimensionalen Man”
nigfaltigkeit ist und das zugehörige Vektorfeld
f (x) =
d
|t=0 ϕ(x)
dt
64
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
an der Stelle x0 nicht verschwindet, dann gibt es eine offene Umgebung U von x0 ,
so dass ϕ|U (die Einschränkung von ϕ auf U) C 1 -konjugiert ist zum konstanten
Fluss auf einer offenen Teilmenge des n , definiert durch
R
ψt (y) = y + te1
(mit e1 = der erste Einheitsvektor in
R ).
n
Beweis. Folgt aus einer Konstruktion mittels eines (lokalen) Schnittes. Einen
vollständigen Beweis findet man in jedem Lehrbuch über Gewöhnliche
Differentialgleichungen.
3.2 Hufeisen und Büroklammer
Im Folgenden wollen wir ein Beispiel für eine chaotische“ Abbildung
”
betrachten, ein sogenanntes Hufeisen. Das erste Beispiel eines solchen
stammt von Smale; hier studieren wir eine abgewandelte Version, die angenehmer ist.
Definition 3.2.0.9 Die die G-förmige Hufeisen-Büroklammer ist auf U =
[0, 1] × [0, 1] definiert durch

y

für x ≤ 1/3
 3x, 3
2
y+2
G:U →
, G(x, y) =
3x − 2, 3
für x ≥ 2/3


glatt fortgesetzt für x ∈ [1/3, 2/3]
R
Diese Abbildung ist noch keine Abbildung eines Raums auf sich selbst.
Um eine geeignete Menge als Definitionsbereich zu finden, betrachten wir:
Definition 3.2.0.10 Sei f : X → X eine Abbildung. Eine Menge A ⊂ X heißt
positiv invariant unter f, wenn f (A) ⊂ A. Für eine invertierbare Abbildung
f heißt A negativ invariant, wenn f −1 (A) ⊂ A. Wenn A positiv und negativ
invariant ist, heißt A bi-invariant oder einfach invariant. Eine Abbildung H :
X → Y heißt invariant unter f , wenn H ◦ f = H.
Vorsicht: Manche Bücher benutzen das Wort invariant“ als Synonym für
”
,,positiv invariant” und nicht für bi-invariant“.
”
3.2. HUFEISEN UND BÜROKLAMMER
65
R
Nun suchen wir eine möglichst große Menge im 2 , die unter G invariant ist. Beachte: Für eine allgemeine Abbildung von U ⊂ R2 nach R2 gibt es
zwar nicht unbedingt eine maximale invariante Menge. Hierfür bietet sich die
Menge
\
Λ=
Gi (U)
Z
i∈
an. Sie ist per Definition invariant, und sie ist Teilmenge von U, da U =
G0 (U).
Definition 3.2.0.11 Die Standard-Cantormenge ist definiert als
(∞
)
X
C=
an 3−n : (an )n∈N0 erfüllt an ∈ {0, 2} ∀n ∈ 0 .
N
n=0
Lemma 3.2.0.12 Es gilt:
a) C ist überabzählbar.
b) C ist homöomorph zum Cantor-Staub C × C. (Zwei Mengen heißen
homöomorph, wenn es eine stetige Bijektion zwischen ihnen mit stetiger Umkehrabbildung gibt.)
Beweis. a) Es gibt überabzählbar viele unendliche Folgen in {0, 2}. Wenn
(an )n∈N 6= (bn )n∈N ,
dann ist
X
N
n∈
an 3−n 6=
X
N
bn 3−n ,
n∈
denn wenn k die erste Stelle ist, an der sich a und b unterscheiden, dann
ist
X
X
X
2 · 3−n > 0.
an 3−n −
bn 3−n | ≥ 3−k −
|
N
N
n∈
n∈
n>k
b)
f(
X
N
an 3−n ) = (
n∈
ist bijektiv, da
f −1 ((
X
N
a2n 3−n ,
n∈
X
N
n∈
an 3−n ,
X
N
n∈
X
N
a2n+1 3−n )
n∈
bn 3−n ) =
X
N
n∈
cn 3−n
66
mit
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
(
an/2 für n gerade
cn =
b(n−1)/2 für n ungerade.
f istPstetig: Für ε > 0 sei k so groß, dassP
3−k < 2ε und wähle
<
P 0 < δ −n
−n
−n
3
− n>2k 2 · 3 > 0. Dann gilt für x = n∈N an 3 , y = n∈N bn 3
mit |x − y| < δ, dass die ersten 2k Stellen von x und y übereinstimmen.
Somit ist
X
X
|f (x) − f (y)| ≤ |
(a2n − b2n )3−2n | + |
(a2n+1 − b2n+1 )3−(2n+1) |
−2k
N
N
n∈
n∈
X
X
= |
(a2n − b2n )3−2n | + |
(a2n+1 − b2n+1 )3−(2n+1) | < ε.
n>k
n>k
−k
f −1Pist stetig: Für ε > 0 sei k so groß, dass
ε und
0<δ<
P wähle −n
P 3 < −n
−n
3P − n>k 2 ·P
3 > 0. Dann gilt für x = ( n∈N an 3 , n∈N bn 3 ), y =
( n∈N a′n 3−n , n∈N b′n 3−n ) mit |x − y| < δ in der Summennorm, dass die
ersten k Stellen von x und y in beiden Koordinaten übereinstimmen. Somit
ist
X
X
|f −1 (x) − f −1 (y)| ≤
|cn − c′n |3−n <
|cn − c′n |3−n < ε.
−k
N
n∈
mit
n>k
(
an/2 für n gerade
cn =
b(n−1)/2 für n ungerade,
(
a′ für n gerade
c′n = ′n/2
b(n−1)/2 für n ungerade.
T
Lemma 3.2.0.13 Die Menge Λ = i∈Z Gi (U) ist der Standard-Cantor-Staub
C × C, wobei C die Standard-Cantormenge ist.
Beweis. U ∩ G(U) ist das Einheitsquadrat mit dem horizontalen Drittel“” 1
Rechteck
entfernt,
also
die
zwei
horizontalen
Rechtecke
[0,
1]
×
0, 3 und
2 [0, 1] × 3 , 1 . Da G aus zwei linearen Abbildungen besteht, wird bei der
3.2. HUFEISEN UND BÜROKLAMMER
67
nächsten Anwendung von G aus jedem dieser Rechtecke wieder ein horizontales Drittel entfernt usw. Somit ist
\
Gi (U) = [0, 1] × C.
N
i∈
−1
Für die Umkehrabbildung
G−1 gilt,
2 dass
U ∩G (U) aus den zwei verti 1
kalen Rechtecken 0, 3 × [0, 1] und 3 , 1 × [0, 1] besteht. Bei jeder weiteren
Anwendung von G wird aus jedem Rechteck wieder ein vertikales Drittel
entfernt, und somit ist
\
G−i (U) = C × [0, 1].
N0
i∈
Damit ist natürlich
Λ=
\
i∈Z
Gi (U) = C × C.
Diese Abbildung ist, wie wir sehen werden, ein Prototyp einer ,,chaotischen” Abbildung in folgendem Sinn:
Definition 3.2.0.14 Eine Abbildung f : X → X, wobei X ein topologischer
Raum ist, heißt topologisch transitiv, wenn es einen dichten Orbit gibt.
Satz 3.2.0.15 Es sei X ein vollständiger metrischer Raum, der zusätzlich
• separabel (d.h. er hat eine abzählbare dichte Teilmenge) sei und
• keine isolierten Punkte besitze.
Es sei f : X → X stetig, dann sind die vier folgenden Bedingungen äquivalent:
1. f ist topologisch transitiv.
2. f besitzt einen dichten Halborbit.
3. Für nichtleere offene Mengen U, V ⊂ X gibt es ein N ∈
V 6= ∅.
4. Für nichtleere offene Mengen U, V ⊂ X gibt es ein N ∈
V 6= ∅.
Z mit f
N
(U) ∩
N mit f
N
(U) ∩
68
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
Beweis. Die Implikationen (4) impliziert (3), bzw. (2) impliziert (1) sind
klar. Wir beweisen nun (1) ⇒ (3). Sei {f n (x) : n ∈ } dicht und U, V offen und nichtleer. Dann existieren n, m ∈
mit f n (x) ∈ U, f m (x) ∈ V
m−n
unddann ist f
(U) ∩ V 6= ∅. (Beachte, hier wird nur die Stetigkeit von f
verwendet, die weiteren Voraussetzungen werden nicht verwendet.)
(1) ⇒ (4). Wir müssen zeigen, dass wir den Beweis so führen können, dass
m > n. Ist also V offen, der Orbit dicht und besitzt X keine isolierten Punkte, dann gibt es in V Punkte, die nicht im Orbit liegen. (Orbit ist abzählbar,
eine abgeschlossene Umgebung eines jeden Punktes ist ein vollständiger
metrischer Raum und als solcher nicht die Vereinigung nirgends dichter
Mengen (Satz von Baire) und jeder Punkt ist nirgends dicht.) Sei y ∈ V
und nicht im Orbit von f . Also gibt es eine Folge mk → ∞ mit k → ∞ mit
f mk (x) → y. Diese Folgenglieder sind ab eines bestimmten Index alle in V
und demzufolge, kann m > n gewählt werden.
Nun beweisen wir (4) ⇒ (2) und (3) ⇒ (1). Sei also X separabel und eine
der Bedingungen (3) oder (4) erfüllt. Sei S eine abzählbar dichte Teilmenge
in X und es sei für j ∈ Uj eine Abzählung der abzählbar vielen metrischen Kugeln
Bq (x) mit x ∈ Sund 0 < q ∈
Z
Z
N
Q
Q
um Punkte x ∈ S mit Radien 0 < q ∈ . Wenn wir zeigen, dass es einen
Orbit/Halborbit gibt, der jede dieser Mengen Uj trifft, so sind wir fertig.
Wir beginnen mit einem N1 ∈
oder N1 ∈ , so dass f (U1 ) ∩ U2 6= ∅.
Sei nun V1 eine metrische Kugel vom Radius kleiner 12 in U1 mit V1 ⊂
U1 ∩ f −N1 (U2 ). Wähle V2 eine metrische Kugel vom Radius höchstens 41 mit
V 2 ⊂ V1 ∩ f −N2 (U3 ). Setze die Wahl induktiv fort: Vn+1 ist metrische Kugel
1
vom Radius höchstens 2n+1
mit V n+1 ⊂ Vn ∩ f −Nn+1 (Un+2 ). Nun bilden die
T
Mittelpunkte der Kugeln von {Vn }n∈N eine Cauchyfolge. Sei x ∈ n∈N Vn .
Dann ist f Nn−1 (x) ∈ Un für alle Nn oder für alle n.
Z
N
Aufgabe 3.2.0.16 Man ergänze den letzten Schritt im Falle einer Abbildung f ,
die nicht invertierbar ist.
Definition 3.2.0.17 Eine Abbildung f : X → X, wobei X ein topologischer
Raum ist, heißt topologisch mischend, wenn es für alle nichtleeren offenen
Mengen U, V ⊂ X ein N ∈
gibt, so dass für alle n > N gilt: U ∩ f n (V )
ist nicht leer.
N
Diese beiden Begriffe sind eng miteinander verbunden. Wir haben den
folgenden Satz.
3.3. SYMBOLISCHE DYNAMIK
69
Satz 3.2.0.18 Jede topologisch mischende Abbildung ist topologisch transitiv.
Beweis. Folgt aus Satz 3.2.0.15.
Definition 3.2.0.19 Eine Abbildung f : X → X heißt chaotisch, wenn die
Menge der periodischen Punkte dicht ist und die Abbildung topologisch transitiv
ist.
Diese Definition von Chaotizität stammt von Devaney1 ; es gibt noch andere.
Anstatt diese Eigenschaften für unsere Hufeisen-Büroklammer direkt
zu zeigen, studieren wir zuerst ein gänzlich anders aussehendes System,
sogenannte symbolische Dynamik. Dann werden wir sehen, dass diese augenscheinlich sehr verschiedenen Systeme vergleichbare Dynamik haben.
3.3 Symbolische Dynamik
Zunächst definieren wir die Symbolräume:
Definition 3.3.0.20 [Symbolraum] Die Menge
Z
Ω = {(ωi )i∈Z : ωi ∈ {0, 1} für alle i ∈ }
heißt Menge der zweiseitigen Sequenzen (oder zweiseitiger Symbolraum)
und
ΩR = {(ωi)i∈N0 : ωi ∈ {0, 1} für alle i ∈ 0 }
N
heißt Menge der einseitigen Sequenzen (oder einseitiger Symbolraum).
Darauf gibt es ein natürliches dynamisches System, welches alle Folgenglieder nach links schiebt:
Definition 3.3.0.21 [Shift-Operator] Der Shift-Operator auf Ω (bzw. ΩR ) ist
definiert durch
σ(ω)i = ωi+1 .
σ wird auch als topologischer Bernoulli-Shift bezeichnet.
1
statt einer historischen Bemerkung ein Link:
http://math.bu.edu/people/bob/
70
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
Auf der Menge der zweiseitige Sequenzen ist das eine Bijektion; auf der
Menge der einseitigen Sequenzen dagegen nicht, denn dort wird der Wert
von ω an der linkesten (0-ten) Koordinaten vergessen“ und mit ω1 über”
schrieben.
Die Symbolräume sind metrische Räume:
Definition 3.3.0.22 [Metrik auf Symbolräumen] Auf Ω ist für jedes λ > 1 eine
Metrik wie folgt definiert:
X
λ−|i| ∆(αi , ωi)
dλ (α, ω) =
Z
i∈
mit ∆(a, b) = 0 für a = b und ∆(a, b) = 1 sonst, bzw. allgemeiner
X
dλ (α, ω) =
λ−|i| |αi − ωi |.
Z
i∈
Natürlich kann man auch Symbolräume mit mehr als zwei Symbolen definieren. Dies findet man z.B. in [15]. Eine alternative Weise eine Topologie
zu erklären ist, dass man Ω mit der Menge {0, 1}Z identifiziert. Versieht
man nun die Menge {0, 1} mit der diskreten Topologie, so erhält man auf
Ω die Produkttopologie, erinnert man sich noch daran, dass man {0, 1}
auch mit einer Gruppenstruktur versehen kann, so wird Ω zu einer kompakten topologischen Gruppe. Wir betrachten eine weitere Konstruktion.
Wähle ein k ∈ und zu dazu ganzzahlige Werte
N
n1 < n2 < · · · < nk
und αk ∈ {0, 1}.
Definition 3.3.0.23 Ein Zylinder in Ω ist eine Menge der Form
o
n
n1 ,...,nk
Cα1 ,...,αk = ω ∈ Ω ωni = αi für k = 1 . . . n .
Die Zahl k heißt Rang des Zylinders.
Eine dritte Art und Weise eine Topologie zu erklären besteht nun darin,
dass wir jeden Zylinder als offene Menge betrachten und dies als Basis
einer Topologie. Man beachte, dass die Punkte in einem Zylinder an endlich vielen Stellen einen vorgegebenen Wert haben, d.h. an endlich vielen
Stellen sind die Werte vorgegeben.
3.3. SYMBOLISCHE DYNAMIK
71
Aufgabe 3.3.0.24
1. Man zeige Komplemente von Zylindern sind endliche
Vereinigungen von Zylindern (also nach der dritten Definition auch offen).
2. Die drei Methoden eine Topologie zu erklären führen auf die gleiche Topologie, insbesondere erzeugen für λ1 6= λ2 die Metriken dλ1 , dλ2 die gleichen
Topologien.
Bemerkung 3.3.0.25 Die gleichen Konstruktionen kann man auch mit einseitigen Symbolräumen machen.
Satz 3.3.0.26 Periodische Punkte für σ sind in Ω, bzw. in ΩR dicht. In beiden
Räumen ist σ topologisch mischend.
Beweis. Die periodischen Punkte für σ sind gerade die Fixpunkte einer
geeigneten Potenz von σ. Ist σ r ω = ω, so gilt für alle Indizes
ωn = ωn+r .
Für die Dichtheit der periodischen Punkte reicht es daher, in jedem Zylinder die Existenz eines periodischen Punktes nachzuweisen. In jedem
Zylinder C gibt es einen Zylinder der Form
,
Cαm = Cα−m,...,m
−m ,...,αm
wobei α für das 2m + 1-Tupel
α = (α−m , . . . , αm )
steht. Aber in diesem Zylinder findet man den 2m + 2 periodischen Punkt
ω, der sich durch Wiederholen der Folge α ergibt, also
ωn = αk , −m ≤ k ≤ m und n − k = 0 mod 2m + 1.
Man beachte, dass es 22m+1 solcher endlichen Folgen α gibt. Um die Eigenschaft des topologischen Mischens nachzuweisen, muss man die entsprechende Eigenschaft für Zylinder nachweisen. Gegeben seien also zwei
,...,nr
,...mk
Zylinder Cαm11,...,α
und Cβn11,...,β
. Wähle zunächst
r
k
,...mk
ω ∈ Cαm11,...,α
k
und betrachte n > max{mk + |nr | + |n1 |}. Setze für j = 1, . . . r
ω(n + nj ) = βj .
,...,nr
,...mk
dann ist ω ∈ Cαm11,...,α
und σ n ω ∈ Cβn11,...,β
. Dies war zu beweisen.
r
k
72
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
Lemma 3.3.0.27 Der Cantor-Staub C × C ist homöomorph zu Ω, die Abbildung
G : C × C → C × C ist konjugiert zum Shift σ : Ω → Ω. Insbesondere ist G
topologisch mischend, die periodischen Punkte liegen dicht und G ist chaotisch.
Beweis. Wir betrachten die Abbildung h : Ω → Λ die Konjugation zwischen G und dem Shift auf Ω, definiert durch
ω 7→ h(ω) =
\
Z
G−n (Vωn ),
n∈
wobei V0 = 0, 31 × [0, 1] und V1 = 23 , 1 × [0, 1]. Zu zeigen ist:
1. h ist eine Bijektion
2. h und h−1 sind beide stetig und
3. h konjugiert σ und G.
Wir betrachten die folgenden Bilder
3.3. SYMBOLISCHE DYNAMIK
73
74
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
3.3. SYMBOLISCHE DYNAMIK
75
Wir sehen daran, dass endlich viele Schnitte von Mengen der Form G−n (Vωn )
gerade Schnitte von entsprechenden Rechtecken mit C × C sind. Diese bilden eine Basis für die Topologie auf C × C. Betrachten wir also
∩rj=1 G−nj (Vωnj )
so ist dies gerade das Bild des Zylinders
r
Cωnn11,...,n
,...ωnr .
Durch Bilden des Schnitts über eine Folge von geschachtelten Rechtecken
der Form
−j
∩m
j=−m G (Vωj )
erhält man genau einen Punkt on C × C, ebensoliefern die Schnitte der
entsprechenden Zylinder
Cω−m,...,m
−m ,...,ωm
genau einen Punkt in Ω. Diese werden aufeinander abgebildet und aufgrund der Konstruktion ist h Bijektion und in beiden Richtungen stetig.
76
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
Die Konjugationseigenschaft ist leicht zu sehen:
!
\
\
G
=
G−n (Vωn )
G−n+1 (Vωn )
Z
Z
n∈
n∈
=
\
Z
G−n (Vωn−1 )
n∈
= h(σω).
Lemma 3.3.0.28 Isometrien sind nicht topologisch mischend.
Beweis. Ist f : X → X eine Isometrie, seien x, y, z verschiedene Punkte in
X und
1
δ = min{d(x, y), d(y, z), d(x, z)}.
4
Seien
U = Bδ (x), V1 = Bδ (y), V2 = Bδ (z).
Sei W ⊂ X eine beliebige nichtleere Teilmenge und
n
o
D(W ) = sup d(w1 , w2 ) w1,2 ∈ W
der Durchmesser von W . Da f eine Isometrie ist, ist
D(W ) = D(f (W )).
Nun ist D(U) = 2δ und damit gilt
D(f n (U)) = 2δ.
Angenommen für ein n ∈ N gilt
f n (U) ∩ V1 6= ∅, f n (U) ∩ V2 6= ∅.
Seien ui ∈ U mit
Dann ist
f n (ui) ∈ Vi .
2δ > d(u1, u2 ) = d(f n (u1 ), f n (u2)) > d(y, z)−(d(y, f n(u1 ))−d(z, f n (u2 ))) > 4δ−δ−δ.
Damit kann es kein N ∈
N geben, so dass für n > N und i = 1, 2 gilt
f n (U) ∩ Vi 6= ∅.
Dies ist gerade die Behauptung.
3.3. SYMBOLISCHE DYNAMIK
77
Definition 3.3.0.29 Es sei X ein metrischer Raum, f : X → X stetig. Die
Abbildung f heißt expandierend, falls ein λ0 > 1 und ein ε > 0 existiert, so
dass
(x 6= y ∧ d(x, y) < ε) ⇒ d(f (x), f (y)) > λ0 d(x, y).
Beispiel 3.3.0.30 Die Abbildungen Em : S 1 → S 1 : z 7→ z m sind für m > 1
expandierend.
Lemma 3.3.0.31 Es sei X eine differenzierbare kompakte Mannigfaltigkeit mit
Metrik d. Wir fordern von dieser Metrik, dass es zu jedem x ∈ X ein ε > 0 gibt,
so dass für y ∈ Bε (x) gilt
d(x, y) =
inf
γ∈C 1 (I,X)
Zb
a
kγ̇(s)kds.
Eine stetig differenzierbare Abbildung f : X → X ist expandierend, falls es ein
λ > 1 gibt, so dass für alle x ∈ X und alle v ∈ Tx X gilt
kDf (x)vk ≥ λkvk.
(3.1)
Beweis. Die Menge der ε-Kugeln, die im Lemma angegeben sind, bilden
eine offene Überdeckung von X, aufgrund der Kompaktheit von X reichen endlich viele X zu überdecken, dann gibt es ein ε0 > 0 (Lebesguezahl), so dass zu jedem x ∈ X die Kugel Bε0 (x) in einer der überdeckenden
Mengen liegt.
Unter den Voraussetzungen an f ist die Linearisierung in jedem Punkt
surjektiv, d.h. der Satz über implizite Funktionen garantiert, dass das Bild
einer ε-Kugel um x eine δ(x)-Kugel um f (x) enthält. Sei δ0 = inf{δ(x), x ∈
X} > 0. Dann betrachten wir für x, y ∈ X mit d(f (x), f (y)) < δ0 C 1 Kurven, die in Bδ0 (f (x)) verlaufen f (x) und f (y) verbinden. Sei L(γ) die
Länge von γ. Ferner sei γ̃ die eindeutige Kurve, die x mit y verbindet und
γ = f ◦ γ̃.
Dann ist
Zb
Zb
Zb
˙ γk dt > µ k ˜(t)
˙ γ dt = µL(γ̃).
L(γ) = kγ̇(t)k dt = kf ′ (γ(t)) ˜(t)
a
a
a
Dann ist
d(f (x), f (y)) = inf L(γ) > µ inf L(γ̃) ≥ µd(x, y).
γ
γ
78
KAPITEL 3. KLASSIFIKATION DYNAMISCHER SYSTEME
Korollar 3.3.0.32 Ist X = S 1 , so reicht anstatt 3.1 die schwächere Bedingung
∀x ∈ S 1 : |f ′ (x)| > 1
um sicherzustellen, dass f expandierend ist.
Beweis. Statt des Argumentes mit der Bogenlänge kann im Eindimensionalen mit dem Mittelwertsatz gearbeitet werden, der eine Gleichheit
d(f (x), f (y)) = f ′ (ξ)d(x, y)
mit ξ ∈ (x, y) garantiert. Übergang zum Minimum ergibt die behauptete
Ungleichung.
Lemma 3.3.0.33 Expandierende Abbildungen auf S 1 sind topologisch mischend.
R
→ S 1 : x 7→ [x], die jedem Punkt
Beweis. Betrachte die Projektion π :
die Äquivalenzklasse in / zuordnet. Ein Lift von f : S 1 → S 1 ist eine
Abbildung F : → , so dass
R R
RZ
f ◦π =π◦F
ist. Ein Lift ist eindeutig bist auf eine additive ganzzahlige Konstante (Beweis der Existenz in den Übungen.) Wir betrachten nun eine offene Menge
U in S 1 . π −1 (U) enthält ein Intervall I positiver Länge. Dann gibt es ein
F n (I) ein Intervall ist, dessen Länge größer als 1 ist. Dann ist π(F n (I)) =
S 1 und π(F n (U)) ⊃ π(F n (I)) = S 1 = f n (π(I)). Insbesondere schneidet
f n (U) jede offene Menge V nichtleer.
Kapitel 4
Fraktale und Dimension
4.1 Selbstähnlichkeit
Was sind Fraktale? Das Wort fraktal“ kommt von zerbrochen“ und steht
”
”
für die nicht-ganzzahlige Dimension. Wir betrachten also Objekte deren
Dimension keine ganze Zahl ist. Einige solche Objekte sind seit einigen
Jahren gut bekannt. Oft werden diese als selbstähnlich bezeichnet. Um diesem Begriff näher zu kommen betrachten wir wieder die Cantormenge C
und eine Abbildung
x
f : C → C : x 7→ .
3
Dieses Abbildung bildet die Cantormenge auf den Schnitt der Cantormenge mit dem Intervall [0, 13 ] ab, genauso kann man die Abbildung x 7→ (x+2)
3
betrachten, die C auf den rechten Teil von C abbildet. Jeder Schnitt der
Cantormenge mit einem Intervall der Länge 3−n , das bei der Konstruktion
von C auftritt, ist Bild der Cantormenge unter einer (affin linearen) Kontraktion. Das heißt jeder solcher Teil ist der Menge C ähnlich, dies motiviert uns C, als selbstähnlich zu bezeichnen. Für die formale Definition des
Begriffes benötigen wir den nachfolgenden Satz, der eine Verallgemeinerung des Banachschen Fixpunktsatzes ist und auf Hutchinson zurückgeht.
Satz 4.1.0.34 Es sei X ein vollständiger metrischer Raum, Ti : X → X sei für
i = 1, . . . , m jeweils eine Kontraktion. Dann gibt es genau eine kompakte Menge
K ⊂ X mit
n
[
K=
Ti (K).
(4.1)
i=1
79
80
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
Für den Beweis benötigen wir einige Hilfsmittel, die wir in Form mehrerer
Lemmata formulieren.
Definition 4.1.0.35 Eine Teilmenge K eines metrischen Raumes X heißt total
beschränkt, falls es zu jedem ε > 0 eine endliche Teilmenge N ⊂ K gibt mit
[
K⊂
Bε (x).
x∈N
Lemma 4.1.0.36 In einem metrischen Raum X sind für eine Teilmenge K ⊂ X
die folgenden Aussagen äquivalent:
1. K ist (überdeckungs) kompakt.
2. K ist folgenkompakt, d.h. jede Folge in K enthält eine konvergente Teilfolge.
3. K ist total beschränkt und vollständig.
Beweis. (1) impliziert (2): Sei K kompakt, {xn }n∈N eine Folge in K, die
keine konvergente Teilfolge besitze. Dann gibt es auch keinen Häufungspunkt der Folge, d.h. für jedes x ∈ K gilt, dass es ein ε(x) > 0 gibt
mit Bε(x) (x) enthält nur endlich viele Folgenglieder. Nun bildet die Menge {Bε(x) (x)}x∈K eine endliche Überdeckung, also gibt es eine endliche
Teilüberdeckung
m
[
K⊂
Bε(xi ) (xi ).
i=1
Jede dieser endlich vielen Kugeln enthält nur endlich viele Folgenglieder,
also ist die Folge endlich.
(2) impliziert (3): Wir wollen nun zeigen, dass zu jedem ε > 0 endlich viele
Elemente xi ∈ K, i = 1, . . . , m existieren mit
K⊂
m
[
Bε (xi ).
i=1
Angenommen, dies ist nicht der Fall. Dann gibt es ein ε > 0, so dass für je
endlich viele Punkte xi ∈ K, i = 1, . . . , m immer gilt
K 6=
m
[
i=1
Bε (xi ).
4.1. SELBSTÄHNLICHKEIT
81
Sei ein solches ε > 0 gegeben. Dann ist zu beliebig gewählten x1 ∈ K die
Menge Bε (x1 ) 6= K, also gibt es ein
K ∋ x2 ∈
/ Bε (x1 ).
Angenommen x1 , . . . , xk seien konstruiert mit
K ∋ xj+1 ∈
/
j
[
i=1
Bε (xi ), j = 1, . . . , k − 1.
Dann ist aufgrund der Voraussetzung
K 6=
k
[
Bε (xi )
i=1
und wir finden ein
K ∋ xk+1 ∈
/
k
[
Bε (xi ).
i=1
Damit konstruieren wir induktiv eine Folge {xk }k∈N , so dass jedes Folgenglied zu allen vorherigen einen Abstand mindestens ε hat. Also hat diese
Folge keine konvergente Teilfolge, im Widerspruch zur Annahme. Damit
ist diese Implikation gezeigt.
(3) impliziert (1): Wir nehmen an, K sei total beschränkt, aber nicht kompakt. Dann gibt es eine Überdeckung U, so dass
[
K⊂
U,
U ∈U
aber je endlich viele dieser Mengen U überdecken K nicht. Wir nehmen an,
dass X total beschränkt sei, also gibt es zu ε1 = 1 eine endliche Teilmenge
x11 , . . . , x1r1 mit
r1
[
K⊂
B1 (x).
i=1
Nun überdeckt U jede der Mengen B1 (xi ), i = 1, . . . r mindestens eine dieser Mengen besitzt keine endliche Teilüberdeckung, dies sei oBdA B1 (x1 ).
Setze ε2 = 21 . Dann gibt es x21 , . . . , x2r2 ∈ K mit
K⊂
r2
[
i=1
Bε2 (x2i ).
82
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
Insbesondere ist
B1 (x1 ) ⊂
r2
[
(B1 (x1 ) ∩ Bε2 (x2i )).
i=1
Eine dieser endlich vielen Mengen ist nicht endlich überdeckbar, oBdA ist
dies
(B1 (x1 ) ∩ Bε2 (x21 )).
Wähle ε3 = 41 und wiederhole den Vorgang. Induktiv sei εn = 21−n für
n ≥ 1 definiert und Mengen
B1 (x11 ) ∩ · · · ∩ Bεn (xn1 )
gefunden, die nicht endlich überdeckbar sind (bzgl. U). Betrachte die Folge
{xn1 }n∈N .
Diese ist eine Cauchyfolge in K. Der Grenzwert (der aufgrund der Vollständigkeitsannahme für K) in K existiert, sei x0 . Dann gibt es ein U ∈ U mit
x0 ∈ U. Da U offen ist, gibt es ein δ > 0 mit Bδ (x0 ) ⊂ U. Insbesondere gibt
es n0 ∈ N mit n > n0 impliziert xn ∈ B δ (x0 ). Sei n1 > n0 , so dass
2
δ
εn < .
2
Dann ist für n > n1
Bεn (xn ) ⊂ B δ (xn ) ⊂ Bδ (x0 ) ⊂ U.
2
Dies ist ein Widerspruch, dies beweist die Behauptung.
Beweis von Satz 4.1.0.34. Wir betrachten die Halbgruppe von Abbildungen G, die von den Kontraktionen T1 , . . . , Tm erzeugt wird. Wir wollen
im ersten Schritt zeigen, dass ein Orbit eines Punktes x ∈ X unter dieser
Halbgruppe, d.h. eine Menge der Form
n o
gx g ∈ G
total beschränkt ist. Dazu zeigen wir, dass ein solcher Orbit in einer metrischen Kugel enthalten ist. Dazu sei x ∈ X gegeben. Sei
o
n
r = max d(x, Tj x) j = 1, . . . , m
4.1. SELBSTÄHNLICHKEIT
und
83
n o
λ = max λj j = 1, . . . , m .
Es gilt λ < 1. Jedes g ∈ G ist von der Form
g = Tig (j) ◦ Tig (j−1) ◦ · · · ◦ Tig (1) , ig (j) ∈ {1, . . . , m}.
Dann ist mit der Bezeichnung
j
Y
s=k
Tig (s) x = Tig (j) ◦ · · · ◦ Tig (k) x
d(gx, x) ≤
j−1
X
d(
X
j
Y
Tig (s) x)
s=k+1
λj−k−1d(Tig (k) x, x)
k=1
j−2
≤ r
≤
Tig (s) x,
s=k
k=1
j−1
≤
j
Y
X
λk
k=1
r
.
1−λ
Wir ordnen nun Worten w in m Zeichen α1 , . . . , αm Operatoren Tw zu, indem wir zunächst Worten aus einem Zeichen αi den Operator Ti zuordnen
und bei Worten w der Länge |w| = j, w = (w1 , . . . , wn )
Tw = Tw1 ◦ · · · ◦ Twj
schreiben. Sei nun ε > 0 gegeben. Wir definieren j0 durch die Relation
λj 0 r
< ε.
1−λ
Dann ist für x, y ∈ X mit d(x, y) <
r
1−λ
und für jedes Wort w der Länge j0 ,
d(Tw x, Tw y) < ε.
Wir betrachten nun alle Worte Wj0 = {w | |w| ≤ j0 } der Länge höchstens
j0 . Setze
o
n
N = Tw x w ∈ Wj0 .
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
84
Dann gilt für jedes Wort in m Zeichen, dass
w = w 1 +w 2 , w 1 ∈ Wj0 , + steht hier für das Aneinanderhängen von Worten
wobei |w 1| ≤ j0 und |w 2 | = 0 falls |w 1| < j0 . Dann ist
T w = Tw1 ◦ Tw2
mit |w 1| ≤ j0 und Tw2 = 1l, falls |w 1 | < j0 . Ist nun |w| < j0 , so ist Tw x ∈ N
und insbesondere in
[
Bε (ξ).
ξ∈N
Ist |w 1| = j0 , so ist
d(Tw2 x, x) ≤
und
r
1−λ
d(Tw x, Tw1 x) = d(Tw1 ◦ Tw2 x, Tw1 x) ≤ λj0 d(Tw2 x, x) ≤ λj0
Insbesondere ist
Tw x ∈
[
r
= ε.
1−λ
Bε (ξ).
ξ∈N
Also ist Gx total beschränkt. Dann ist Gx kompakt und invariant unter allen Tj , j = 1, . . . , m. Also ist die Menge der kompakten invarianten Mengen nicht leer. Ist nun K eine durch Inklusion vollständig geordnete Kette
solcher kompakten invarianten Teilmengen, so besitzt dies ein minimales
Element (den Durchschnitt, der nichtleer kompakt und invariant ist. Damit sind die Voraussetzungen des Zornschen Lemmas erfüllt und es gibt
eine untere Schranke, d.h. eine kompakte nichtleere und invariante Menge, die minimal bezüglich Inklusion und der Eigenschaften kompakt und
invariant zu sein, ist. Sei K diese Menge. Dann ist offensichtlich Ti (K) ⊂ K
und demzufolge
m
[
Ti (K) ⊂ K.
i=1
Setze nun
′
K =
m
[
i=1
Ti (K).
4.1. SELBSTÄHNLICHKEIT
85
Dann ist K ′ kompakt und
Ti (K ′ ) ⊂ Ti (K) ⊂ K ′ .
Also ist K ′ invariant und wegen der Minimalität von K gilt K ′ = K, also
genügt K der Gleichung (4.1)
Die Eindeutigkeit sieht man leicht. Ist K kompakt und invariant und
Ti x0 = x0 , so ist für x ∈ K die Folge {Tij x}j∈N konvergent und aufgrund
der Invarianz von K ist jedes Folgenglied in K. K ist kompakt, also ist
K ∋ lim Tij x = x0 .
j→∞
Insbesondere besitzen je zwei nichtleere invariante und kompakte Mengen nichtleeren Durchschnitt. Dann nehmen wir an K, K ′ sind kompakt,
invariant, erfüllen die Gleichung (4.1) und K ist minimales Elemente bezüglich
der Halbordnung durch Inklusion. Dann ist
K ∩ K ′ 6= ∅, kompakt, invariant
und genügt der Gleichung (4.1). Ist nun K ′ 6= K so erhalten wir aus K ∩
K ′ ⊂ K und der Minimalität von K, dass K ∩ K ′ = K und damit folgt die
Eindeutigkeit.
R
Definition 4.1.0.37 Eine kompakte Menge K ∈ n heißt selbstähnlich, wenn
es eine endliche Anzahl von Kontraktionen Ti , i = 1, . . . , m gibt mit
K=
m
[
Ti (K),
i=1
und zusätzlich gilt, dass das Maß von Ti (K) ∩ Tj (K) für i 6= j gleich Null ist.
Bemerkung 4.1.0.38 Ersetzt man in der letzten Bedingung das Maß durch andere Konstruktionen, so kann man allgemeinere Begriffe von Selbstähnlichkeit
erhalten.
Beispiel 4.1.0.39 Mit X = [0, 1] und Tx = 13 x, T2 x = 31 x +
gesehen, die Cantormenge C als selbstähnliche Menge.
Weitere Beispiele sind folgende selbstähnliche Objekte:
2
3
erhält man, wie
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
86
• Der Cantor-Staub,
• das Sierpinski-Dreieck,
• der Sierpinski-Teppich,
• der Menger-Schwamm,
• die von Koch-Kurve.
Dabei werden diese Objekte durch folgende Konstruktionen erhalten (C
und C × C kennen wir ja bereits):
1. Sierpinski-Dreieck: wir betrachten ein gleichseitiges Dreieck D00 und
verbinden die Kantenmittelpunkte wieder zu einem Dreieck U0 und
betrachten
D1 = D0 \ U0 .
D1 besteht aus drei gleichseitigen Dreiecken D1j , j = 1, 2, 3. Nun wiederholen wir den Schritt, den wir auf D0 angewendet haben für jedes
der Dreiecke D1j und damit neun Dreiecke D2j , j = 1, . . . 9. Durch Iteration erhalten wir eine selbstähnliche Menge im 2 .
R
2. Sierpinski-Teppich: Wir betrachten ein Quadrat Q0 und teilen die
kanten jeweils in drei gleiche Teile. Dadurch zerlegen wir das Quadrat in 9 Quadrate, das mittlere bezeichnen wir mit U0 . Sei
Q1 = Q0 \ U0 .
Damit bleiben 8 Quadrate Qj1 , j = 1, . . . , 8 übrig, auf jedes dieser
Quadrate wenden wir wieder den ersten Schritt an und erhalten
[ j
Q2 =
Q2 , j = 1, . . . 64.
Wie zuvor ist offensichtlich, dass wir ein selbstähnliches Gebilde erhalten.
3. Der Menger Schwamm ergibt sich als dreidimensionales Analogon
des Sierpinski-Teppichs: wir betrachten den Kubus [0, 1]3 in jeder Koordinatenebene konstruieren wir den Sierpinski-Teppich im Quadrat
[0, 1]2. Für jede zu entnehmende Menge U betrachten wir U × [0, 1]
4.2. SELBSTÄHNLICHKEITSDIMENSION
87
bzw. [0, 1] × U und die dritte (weniger bequem zu formulierende
Menge. Wir entnehmen aus [0, 1]3 all diese mengen, das verbleibende Objekt nennen wir Menger-Schwamm, wiederum durch die Konstruktion erhalten wir sofort die selbstähnlichkeit.
4. In diesem Fall beginnen wir wieder mit einem Intervall [0, 1] × {0} ⊂
2
und ersetzen nun das mittlere Drittel der Strecke durch ein nach
oben gerichtetes gleichseitiges Dreieck (ohne Bodenlinie). Durch Iteration erhalten wir die von-Koch Kurve.
R
5. Die von-Kochsche Schneeflocke wird durch den eben beschriebenen
Prozess mit einem gleichseitigen Dreieck am Anfang definiert
Für diese Mengen wollen wir einen Begriff der Dimension definieren. Bisher hat sich kein eindeutigen Dimensionsbegriff für solche Konstruktionen durchgesetzt. Es gibt unter Anderem folgende Definitionen von fraktaler Dimension, die leider nicht äquivalent sind:
1. Selbstähnlichkeitsdimension,
2. Hausdorff-Dimension,
3. Box-Dimension.
Gemeinsame Eigenschaft all dieser Dimensionsbegriffe ist: Der n-dimensionale
Einheitswürfel hat Dimension n. Allgemeiner soll gelten: Wenn wir die
Menge A in jeder Koordinatenrichtung in 10 Scheiben schneiden und dann
10d Stücke herauskommen, soll die Dimension gleich d sein. Ebenso mit
der Zahl 10 ersetzt durch eine beliebige Zahl.
Für selbstähnliche Mengen, also solche, die aus verkleinerten Kopien
von sich selbst zusammengesetzt sind, bietet sich die Definition aus dem
nachfolgenden Abschnitt an.
4.2 Selbstähnlichkeitsdimension
R
Definition 4.2.0.40 Wenn eine Menge A ⊂ n aus k Kopien von Bildern von
sich selbst zusammengesetzt ist, die alle mit dem Faktor s ∈ (0, 1) skaliert sind,
so ist die Selbstähnlichkeitsdimension von A gleich
dim(A) = −
S
log k
.
log s
88
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
Das ist dadurch motiviert, dass wir erwarten, dass die Dimension d die
Gleichung
d
1
=k
s
erfüllt. Auflösen nach d ergibt gerade die Formel in der Definition.
Beispiel 4.2.0.41
1. Die Standard-Cantormenge C besteht aus k = 2 Kopien, die mit s = 1/3 skaliert sind. Somit ist
dim(C) =
S
log 2
.
log 3
2. Das Sierpinski-Dreieck D besteht aus k = 3 Kopien, skaliert mit s = 1/2.
Somit ist
log 3
.
dim(D) =
S
log 2
3. Für den Sierpinski-Teppich T ist k = 8 und s = 1/3, somit
dim(T ) =
S
log 8
.
log 3
Aufgabe 4.2.0.42 Was ist die Selbstähnlichkeitsdimension des Menger-Schwamms?
Wenn wir dem n-fachen Cantor-Staub C × · · · × C ⊂ n betrachten (das
n-fache Produkt der Standard-Cantormenge C), wie ist dann die Selbstähnlichkeitsdimension?
Was ist die Selbstähnlichkeitsdimension der Cantormenge C(λ), die entsteht,
wenn aus [0, 1] das offene mittlere Intervall der Länge λ ∈ (0, 1) entfernt wird,
aus jedem verbleibenden Intervall der Länge x wieder das offene mittlere Intervall
der Länge λx ∈ (0, 1) entfernt wird usw.?
R
Natürlich sind solchermaßen selbstähnliche Mengen sehr speziell. Man
kann die Definition noch etwas erweitern, um zuzulassen, dass der Skalierungsfaktor s bei jeder Kopie anders ist. Wir wollen uns aber gleich die allgemeinste Definition von Dimension ansehen, nämlich die der HausdorffDimension.
4.3. HAUSDORFF-DIMENSION
89
4.3 Hausdorff-Dimension
R
R
Definition 4.3.0.43 Für eine Menge A in n und d ∈ und ε > 0 ist
X
diam(Ui )d | (Ui )i∈N Überdeckung von A,
hdε (A) = inf{
N
i∈
diam(Ui ) < ε ∀i ∈
N}.
Das d-dimensionale Hausdorff-Maß ist
hd (A) = lim hdε (A).
ε→0
Letzterer Limes ist wohldefiniert, da hdε monoton in ε ist. Alle Überdeckungen, die für ein ε > 0 zugelassen sind, sind auch für alle größeren
ε′ > ε > 0 zugelassen. Daher wird in diesem Fall das Infimum für ε < ε′
über weniger Überdeckungen gebildet und daher ist das Infimum für den
kleineren Wert größer und man hat in diesem Fall
hdε (A) ≥ hdε′ (A).
Also existiert der Grenzwert in diesem Fall in
folgenden Satz zeigen.
R ∪ {∞}. Man kann nun
Satz 4.3.0.44 Für jedes A gibt es ein d ∈ [0, ∞] mit
hs (A) = ∞
hs (A) = 0
für s < d
für s > d.
Definition 4.3.0.45 Die Zahl
dim(A) = inf{s > 0 : hs (A) = 0}
H
= sup{s ≥ 0 : hs (A) = ∞}
heißt die Hausdorff-Dimension von A.
Bemerkung 4.3.0.46 Es folgt, dass für jedes nichtleere A die Hausdorff-Dimension
gleich der Zahl d in dem vorigen Satz ist. Für die leere Menge kann man wahlweise 0 oder −∞ als Dimension festsetzen. Letzteres ist praktisch, da dann Formeln
wie dimH (A × B) ≥ dimH (A) + dimH (B) stimmen. In der Literatur wird aber
trotzdem oft 0 benutzt.
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
90
Bemerkung 4.3.0.47 Für s = dimH (A) muss hs (A) keineswegs eine Zahl in
(0, ∞) sein; auch 0 und ∞ sind möglich.
Aufgabe 4.3.0.48 Finden Sie solche Mengen A.
Der Vorteil der Hausdorff-Dimension ist, dass beliebigen Mengen eine
Dimension zugeordnet werden kann. Das Problem mit der HausdorffDimension ist, dass ihre Berechnung sehr schwer ist, sogar für ganz einfach Mengen wie [0, 1]n oder die Standard-Cantormenge. Daher befassen
wir uns jetzt noch mit einer weiteren Dimensionsdefinition, die immer
noch reichlich allgemein ist, aber mit wesentlich weniger Aufwand berechenbar ist, sogar automatisiert per Computer.
4.4 Box-Dimension
Es gibt verschiedene Berechnungsvorschriften für die Box-Dimension, die
alle dasselbe Ergebnis liefern und daher alle als Definition taugen.
Zunächst eine Definition, die herauskommt, wenn wir in der Definition der Hausdorff-Dimension den Term diam(Ui ) ersetzen durch die obere
Schranke für diese Durchmesser, also eine Zahl, die nicht von i abhängt:
R
Definition 4.4.0.49 Sei A eine kompakte Menge in n .
Sei N(δ) die kleinste Zahl, so dass A mit N(δ) offenen Mengen von Durchmesser δ überdeckt werden kann.
Definiere die untere Box-Dimension als
dimB (A) := limδ→0
log N(δ)
log N(δ)
= lim inf
δ→0
− log δ
− log δ
und die obere Box-Dimension als
dimB (A) := limδ→0
log N(δ)
log N(δ)
= lim inf
.
δ→0
− log δ
− log δ
Wenn diese Zahlen übereinstimmen, heißt die Zahl die Box-Dimension von A :
log N(δ)
.
δ→0 − log δ
dim(A) := lim
B
4.4. BOX-DIMENSION
91
Diese Definition ist schon leichter zu benutzen, erfordert aber immer noch
etwas Gehirneinsatz bei der Berechnung von N(δ). Daher hier eine weitere
(äquivalente Definition), die so einfach ist, dass ein Computer sie benutzen
kann:
Definition 4.4.0.50 Die δ-Parkettierung des
R
n
ist die Menge
P (δ) := {[k1 δ, (k1 + 1)δ] × · · · × [kn δ, (kn + 1)δ]},
die aus kompakten Würfel der Kantenlänge δ besteht, welche Eckpunkte auf dem
Gitter δ n haben.
Für eine Menge A sei N2 (δ) die Zahl der Würfel in P (δ), die A schneiden.
Dann können die untere Box-Dimension, die obere Box-Dimension und bei
Gleichheit die Box-Dimension so definiert werden wie oben mit N ersetzt durch
N2 .
Z
Definition 4.4.0.51 Sei N3 (δ) die minimale Zahl von Würfeln (der Dimension
n), welche A ⊂ n überdecken, nicht notwendigerweise Elemente der Parkettierung P (δ).
Dann können die untere Box-Dimension, die obere Box-Dimension und bei
Gleichheit die Box-Dimension so definiert werden wie oben mit N ersetzt durch
N3 .
R
Definition 4.4.0.52 Sei N4 (δ) die kleinste Zahl, so dass A mit N(δ) offenen
Bällen von Durchmesser δ überdeckt werden kann.
D.h. N4 (δ) ist so definiert wie N(δ), außer dass statt beliebigen offenen Mengen nun Bälle genommen werden.
Dann können die untere Box-Dimension, die obere Box-Dimension und bei
Gleichheit die Box-Dimension so definiert werden wie oben mit N ersetzt durch
N3 .
Satz 4.4.0.53 Die Box-Dimension, untere und obere Box-Dimension sind unabhängig davon, ob in der Definition N, N2 , N3 oder N4 steht.
Beweis. Jede Menge von Durchmesser δ ist enthalten in einem Cluster aus
3 × · · · × 3 Elementen der Parkettierung P (δ), also ist N3 ≤ N2 ≤ 3n N.
Ein n-Würfel der Kantenlänge 1 kann mit K(n) Bällen von Durchmesser 1 überdeckt werden, wobei die Konstante K(n) nur von n abhängt.
Also ist N ≤ K(n)N3 ≤ K(n)N2 .
92
KAPITEL 4. FRAKTALE UND DIMENSION
Offensichtlich ist auch N ≤ N3 , da jeder Ball von Durchmesser δ in
einen n-Würfel von Durchmesser δ passt.
Weiterhin ist N = N4 , da jeder offene Ball von Durchmesser δ eine offene Menge von Durchmesser δ ist und jede offene Menge von Durchmesser
δ in einen Ball von Durchmesser δ hineinpasst.
Somit ändert sich N bei Übergang zu N2 , N3 oder N4 höchstens um
eine (von δ unabhängige) multiplikative Konstante und log N höchstens
um eine additive. Also hat
log N(δ)
− log δ
nach diesem Übergang denselben oberen und unteren Grenzwert.
Es gibt noch weitere mögliche Modifikationen: Die Bälle oder Würfel
können offen oder abgeschlossen gewählt werden usw. Wir haben bislang
genug Definitionen.
Bemerkung 4.4.0.54 Definition (N2 ) ist für maschinelle Auswertung geeignet:
Ein Computer kann für endlich viele Werte von δ (z.B. für einen einzigen Wert
δ0 ) N2 (δ) bestimmen und somit
log N(δ0 )
− log δ0
als Näherung der Dimension.
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