dd S P E C I A L N a t ü r l i c h e A s p e k t e i n d e r To t a l p r o t h e t i k Den Details auf der Spur Ein Beitrag von Ztm. Oliver Petersdorf, Berlin-Glienicke/Deutschland Indizes: altersgerechte Form- und Farbgebung, individuelle Oberflächengestaltung, harmonische Gingivagestaltung Gesunde, eigene Zähne sind ein wertvolles Gut. Wie wertvoll, dass wissen wir und unsere Patienten in der Regel erst im Nachhinein besonders zu schätzen. Schönheit, Individualität, Funktion und ein harmonisches Gesamtbild – das sind wichtige Aspekte, die vom Zahntechniker beachtet werden müssen. Die Schönheit eines Gesichts wird ganz wesentlich durch die Form, Farbe und Stellung der Zähne beeinflusst. Trotz aller Bemühungen, auf die Ästhetik zu achten, sollten wir nie die Funktion vernachlässigen. Wie schwer es sein kann, ein Brötchen zu essen oder feste Nahrung zu zerkleinern, weiß nur der Patient, der täglich mit einem Zahnersatz zu kämpfen hat, der eigentlich nicht – und das in allen genannten Bereichen – zu ihm passt. Auch die Phonetik kann durch Zahnersatz beeinflusst und verändert werden. Geringe Veränderungen der Zahnstellung, Lücken oder schlecht sitzende Prothesen können die Kommunikation erheblich stören oder sogar unmöglich machen. U m einen möglichst natürlich wirkenden Zahnersatz anfertigen zu können, ist eine intensive Kommunikation zwischen Patient, Zahnarzt und Zahntechniker erforderlich. Hilfsmittel wie Ästhetikschablonen, Fotos und vieles mehr vereinfachen es uns – beispielsweise – die Größe, Stellung und Farbe der Zähne patientengerecht zu berücksichtigen. Viele Detailinformationen über das stomathognathe System sind jedoch mit dem Zahnverlust verloren gegangen. Dazu gehören unter anderem die Oberflächentextur der Zähne oder der Aufbau der angrenzenden Gingiva. An dieser Stelle kommt das Wissen und die Erfahrung des Zahntechnikers zum Tragen, um eine natürliche Gestaltung der Strukturen vornehmen und so die Prothesen so unauffällig wie möglich integrieren zu können. Das Alter des Patienten und seine optische Gesamterscheinung spielen eine große Rolle. In den meisten Fällen spiegelt sich die Lebensphilosophie in der Mundhöhle wieder. Die individuelle Gestaltung ist für den Patienten eine Voraussetzung, dem Wunsch nach Schönheit, Makellosigkeit und Perfektion einen Schritt näher 50 dental dialogue 8. JAHRGANG 2007 © zu kommen. Hierbei ist jedoch stets auf die Funktion des Okklusionskonzepts, die Phonetik, eine muskelgriffige Gestaltung der Prothesenbasis und nicht zuletzt auf die Ästhetik zu achten. Formgebung Die meisten konfektionierten Prothesenzähne sind wie jugendliche Zähne geformt (Abb. 1 a und b). Ein wichtiger Arbeitsschritt ist es, die Form altersgerecht zu modifizieren. Durch einfache Schleifmaßnahmen können Abrasionsfacetten natürlich nachgeahmt werden. Eine Charakterisierung im zervikalen, approximalen und inzisialen Bereich ist zu empfehlen. Randleistenverläufe und interdentale Verschlüsse (Schwarze Dreiecke) müssen dem Verlauf des marginalen Saums angepasst werden (Abb. 2 a und b). Oberflächentextur Die Zahnform sollte durch Farbe, Größe und Körpertyp individuell dem oralen Umfeld angepasst werden (vgl. Abb. 3 und 4). S P E C I A L dd 1a 1b 2a 2b Abb. 1 a und b sowie 2 a und b Individuelle Formgebung der meist jugendlich wirkenden konfektionierten Prothesenzähne. 1 a zeigt die individuelle Aufstellung ohne und 2 a mit individuell charakterisierten Zähnen. 1 b und 2 b zeigen die frei gestellten Zähne die zur Kontrolle mit Texturpuder aus Silber versehen wurden. Abb. 3 und 4 Hier der Vergleich: rechts der unbeschliffene konfektionierte Zahn, links der individualisierte Zahn im Detail. Auch auf die Ausprägung und Gestaltung der horizontalen Wachstumslinien und Perikymatien sollte geachtet werden. Es ist ratsam, die Oberflächentextur den altersgerechten Abnutzungsgraden anzupassen. Auftreffendes Licht führt zu farblichen und charakteristischen Reflexionen, die den einzelnen Zahn natürlich wirken lassen (Abb. 5 und 6). © 8. JAHRGANG 2007 dental dialogue 51 dd S P E C I A L 5 Abb. 5 und 6 Es ist ratsam, die Oberflächentextur den altersgerechten Abnutzungsgraden anzupassen. Auftreffendes Licht führt zu farblichen und charakteristischen Reflexionen, die den einzelnen Zahn natürlich wirken lassen – Silberpuder macht dies deutlich. 6 Abb. 7 Nach Absprache mit dem Patienten können individuelle Wünsche wie beispielsweise Verfärbungen im approximalen und zervikalen Bereich, Schmelzrisse, Füllungen, und InlayRestaurationen vorgenommen werden. Die hier verwendeten Keramikzähne wurden durch Bemalen verändert. Auffällig ist der Gingivaverlauf. 7 Farbgebung In Kooperation mit dem Patienten werden individuelle Wünsche wie zum Beispiel Verfärbungen im approximalen und zervikalen Bereich, Schmelzrisse, Füllungen und Inlay-Restaurationen detailliert besprochen. Die hier verwendeten Keramikzähne können mit wenig Aufwand durch Bemalen verändert werden (Abb. 7). Im Hinblick auf eine altersgerechte Gestaltung sollte vorab auf die Zahnfarbe und den Wunsch des Patienten geachtet werden. Pigmentierung und Struktur der Gingiva Um das Zahnfleisch bestmöglich zu imitieren, ist es entscheidend, die unterschiedlichen Regionen der Gingiva näher zu betrachten. Der Bereich der festen Gingiva über dem Alveolarfortsatz ist nur gering durchblutet und zeichnet sich durch einen hellen Farbton aus. Die bindegewebsartigen Einstülpungen der angrenzenden Gingiva verleihen diesem Bereich eine Oberflächenstruktur, die einer Orangenschale ähnelt. Ein weiterer Bereich ist die alveoläre Mukosa, wie man sie in der Region der Umschlagfalte vorfindet, die an den Alveolarfortsatz 52 dental dialogue 8. JAHRGANG 2007 © angrenzt. Diese Bereiche sind stärker durchblutet und zeichnen sich durch einen kräftigen, transparenten Farbton aus, der von zahlreichen bläulich schimmernden Venolen und rötlichen Arteriolen durchzogen ist (Abb. 8 und 9). Diese anatomischen Vorlagen müssen bei der Gestaltung des individuellen, marginalen Saums beachtet werden, wozu diverse Sets zur Charakterisierung zur Verfügung stehen (Abb. 9). Bei der Oberflächengestaltung ist darauf zu achten, dass die tägliche Mundhygiene leicht und problemlos möglich ist. Die Oberfläche darf Plaqueansammlungen nicht begünstigen. Eine ausgeprägte anatomische Gingivagestaltung ist in der Geroprothetik somit kontraindiziert. Das Zahnfleisch ist das Gewebe mit der stärksten Pigmentierung im Mund. Die Farbe vom gesunden Zahnfleisch variiert von blassem Rosa bis hin zu bläulichem Violett. Die Farbvariationen sind abhängig von der Tiefe der Epithelisierung und der Anordnung der Blutgefäße. Die Farbgebung kann einheitlich, einseitig, zweiseitig, gesprenkelt, gefleckt und pustelartig sein. Sie können Papillen S P E C I A L dd Abb. 8 Die fertige, charakterisierte Zahnaufstellung im Artikulator. In diesem muss die Okklusion noch einmal genau überprüft werden. Denn schlecht sitzender Zahnersatz mindert die Lebensqualität immens. Abb. 9 Anmischen der Gingivafarben Abb. 10 Harmonische Farbgestaltung, harmonisches Endergebnis. Wenn wir uns intensiver mit Totalprothetik befassen, erreichen wir Zahnersatz, der als solcher nicht zu erkennen ist. betreffen oder sich über das gesamte Zahnfleisch ausdehnen und auf die weiteren Mundgewebe übergehen. Wenig pigmentiertes Zahnfleisch ist häufiger bei hellhäutigen, während stark pigmentiertes Zahnfleisch gewöhnlich bei dunkelhäutigen Menschen zu finden ist. Mit der individuellen Charakterisierung von Totalprothesen lässt sich herausnehmbarer Zahnersatz völlig natürlich gestalten. Das Studieren der Natur in Form und Farbe der Zähne und den Weichgewebszonen ist ein wesentlicher Aspekt für eine naturgetreue Rekonstruktion. Fazit Produktliste Indikation Name Individualisierungsset Prothesenkunststoff Prothesenzähne Aesthetic Intensiv Colors Aesthetic Heiss 34 Candulor CT Keramikzähne Hersteller/ Vertrieb Candulor Dental GmbH Candulor Dental GmbH Candulor Dental GmbH Die Natur in ihrem Aufbau, die Funktion und Schönheit, das harmonische Zusammenspiel einzelner Faktoren zu sehen und zu verstehen – das alles zu erlernen und nach bestem Wissensstand zu kopieren ist nicht nur eine Philosophie, sondern eine Aufgabe. Eine Aufgabe, die sich, wenn man das Resultat betrachtet, lohnt (Abb. 10). Danksagung Kontaktadresse Oliver Petersdorf • Breitscheidstraße 94 • 16548 Glienicke Fon +49 33056 433069 • [email protected] Ich möchte mich bei der Meisterschule BerlinBrandenburg und der Candulor Dental GmbH für die freundliche Unterstützung bedanken. K © 8. JAHRGANG 2007 dental dialogue 53