Einführungs- und Betriebsdienstleistungen für eine

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Einführungs- und Betriebsdienstleistungen für
eine kontextbezogene Informationsversorgung
Wolf Engelbach, Martin Delp
Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO)
Nobelstr. 12
70569 Stuttgart
Telefon: 0711 / 970-21 28
[email protected]
www.iao.fraunhofer.de
Einleitung und Fragestellung
In den Unternehmen ist die Verfügbarkeit von Informationen in digitaler Form
heute selbstverständlich geworden. Präsentationen, Verträge, Anleitungen, Dokumentationen, Wettbewerbsbetrachtungen, Emails und viele andere Informationen
liegen heute als digitales Dokument auf der Festplatte oder im Netz. Doch die
Nutzung dieser Informationen ist in technischer und organisatorischer Hinsicht
nach wie vor nicht unproblematisch. Eine der zentralen Herausforderungen liegt in
der Identifikation und dem effizienten Zugriff auf diese oft verstreut und nur
schwach strukturierten Daten. Bei diesem Zugriff sollte zudem die individuelle
Situation den Nutzers, z.B. sein aktuelles Informationsbedürfnis, seine aktuelle
Aufgabe oder seine Vorbildung, kurz seinen „Kontext“ berücksichtigt werden.
Eine solche kontextorientierte Informationsbereitstellung soll dem Mitarbeiter im
Unternehmen bessere Entscheidungsgrundlagen liefern, seine Prozesse beschleunigen, Innovationen fördern und insgesamt die Wettbewerbsposition des Unternehmens verbessern. Die Einführung eines entsprechenden organisatorischen und
technischen Konzeptes zur Unterstützung von Wissensarbeitern ist jedoch mit
Vorarbeiten auf verschiedenen Handlungsfeldern und -ebenen verbunden. Eine
klare Beschreibung und Aufwandschätzung für diese vorbereitenden Dienstleistungen ist erforderlich, um Unternehmen bei den notwendigen Änderungen
optimal zu unterstützen, die Planungssicherheit zu erhöhen und die erwarteten
Verbesserungen sicher zu erzielen.
Typischerweise wird ein solcher Prozess durch Berater oder Systemhäuser begleitet, die für ein solches Einführungsprojekt umfangreiche Kenntnisse der Erfolgsfaktoren im Einführungsprozess, das Wissen um die einzelnen Schritte und ihre
adäquaten Methoden sowie die Vorstellungen über mögliche Aufteilungen der
Leistungen zwischen internen und externen Projektbearbeitern besitzen. Es stellt
sich also die Frage, ob die Gestaltung und die Umsetzung der Informationsversorgung mit Hilfe eines systematischen Vorgehens als Dienstleistung produktisiert
werden kann. Weiter stellt sich die Frage, ob und wie dieses Vorgehen aufgebaut
werden sollte und wie der Erfolg gemessen werden kann.
Dieser Beitrag präsentiert deshalb ein Modell zur Systematisierung von Einführungsdienstleistungen. Anhand eines konkreten IT-Konzeptes wird eine kontextbezogene Informationsversorgung auf Grundlage von Situations- und Zielanalysen
bei fünf Unternehmen vorgestellt. Diese Arbeiten erfolgten im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekt PreBIS (Pre Built Information Space), in dessen Verlauf ein Software-Prototyp zur aufgaben- und rollenspezifischen Nutzung
von digitalen Dokumenten entwickelt wird [Hoof, Fillies, Härtwig (03)].1
Anforderungen an die Einführungsdienstleistungen
Ein kontextorientiertes Informationssystem kann um so besser genutzt werden, je
strukturierter Prozesse, Begriffswelten, Dokumente und Datenablagen im Unternehmen dokumentiert vorliegen und verwendet werden. Daher sind bei der Einführung von PreBIS in Unternehmen strukturierende Vorarbeiten zur Beschreibung der Informationslogistik erforderlich, beispielsweise zum Prozessmanagement oder zur Dokumentenanalyse. Sofern diese Vorarbeiten noch nicht erfolgt
sind, müssen sie in Form von Dienstleistungen erhoben werden. Der Maßstab für
die adäquate Form und Granularität der Dienstleistungen bzw. Vorarbeiten misst
sich dabei an den Ergebniserwartungen der Unternehmen an das Informationssystem [Engelbach, Delp (03)].
Welche Vorarbeiten und Erwartungen sind nun derzeit in den Unternehmen zu
erwarten? Mit dieser Frage hat das Fraunhofer IAO im Jahr 2003 in fünf exemplarischen Unternehmen ausgewählte Geschäftsprozesse, die Informationsinfrastruktur, die verwendeten Informationsquellen und die Erwartungen der künftigen Anwender analysiert. Die betrachteten Unternehmen decken unterschiedliche Branchen ab und beschäftigen zwischen 25 und 2000 Mitarbeiter. Im Einzelnen standen folgende wissensintensive Prozesse im Blickpunkt [Engelbach, Delp
(03)]:
1
Das dem Beitrag zugrunde liegende Vorhaben PreBIS (Pre Built Information Space,
siehe www.prebis.de) wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Arbeit unter dem Förderkennzeichen 01 MD 216 im Rahmen von WissensMedia
gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den
Autoren.
1.
Informationsaufbereitung für die telefonische Kundenbetreuung
2.
Produktentwicklung von der Idee bis zum Feinkonzept
3.
Vertriebsaußendienst im langfristigen Objektgeschäft
4.
Projektanbahnung mit verschiedenen Kooperationspartnern
5.
Organisation von Großveranstaltungen
Als relevant für die Gestaltung der Einführungsprozesse wurden folgende Aspekte
identifiziert:
•
Prozessdokumentation
Die Geschäftsprozesse funktionieren, sind aber schwach dokumentiert.
•
Systemunterstützung
Für wissensintensive Prozesse besteht kein eindeutig prozessführendes
System
•
Systemintegration
Für die Informationssuche wird auf eine Vielzahl heterogener Anwendungssysteme zugegriffen, die nur schwach integriert sind.
•
Begriffsklarheit
Die Begriffsklarheit in den Firmen reicht von großer Heterogenität selbst
innerhalb von Abteilungen über eine klare interne Nomenklatur bei davon abweichendem externen Corporate Wording bis zu einer relativ konsequent verwendeten Branchen- und Unternehmenssprache.
Aufgrund der Erfahrungen in anderen Projekten und einer Fragebogenaktion gehen wir davon aus, dass diese Einschätzungen auch für viele andere Unternehmen
gelten. Die notwendigen Vorarbeiten für die Einführung eines prozessorientierten
Informationssystems liegen daher in den Unternehmen überwiegend nicht in der
erforderlichen Granularität vor. Es ist also einerseits sinnvoll, einen systematischen Überblick zu den insgesamt erforderlichen Aktivitäten in der Einführungsphase zu bieten. Andererseits ist es wichtig, daraus pragmatische Einführungsmethoden auswählen zu können, die mit vertretbarem Aufwand zu den unternehmensspezifischen Zielen bei der Einführung eines kontextbezogenen Informationssystems führen.
Systematisierte Einführungsdienstleistungen
Bei der Einführung von technischen Informationsmanagement-Sytemen bestehen
eine Reihe von Herausforderungen in Unternehmen, auf die eine
Einführungsmethode sich einstellen muss. So sind der Nutzen und die Kosten dem
Management zu verdeutlichen, um Akzeptanz zu erreichen. Selbst wenn ein
Budget für die Software und Hardware vorhanden ist, bestehen oft überzogene
Erwartungen an eine schnelle automatische Einführung. Daher ist in der
Darstellung der Einführungsmethode wichtig, den Aufwand der Einführung klar
zu kommunizieren und Zwischenziele durch einzelne Vorleistungen
herauszustellen.
Eine besondere Relevanz hat der Reifegrad der Organisation. Insbesondere ein
ausgeprägtes Prozess- und Begriffsmanagement sowie die systemtechnische
Integration können den Einführungsaufwand deutlich reduzieren. Solche
Vorarbeiten sind daher frühzeitig abzuklären, aber auch die Anpassbarkeit des
Systems an zukünftige Optionen ist zu gewährleisten. Zudem sind der Nutzen und
Aufwand für die betroffenen Mitarbeiter zu vermitteln, indem sie in die Auswahl
und Gestaltung einbezogen sowie an die Technik und Anwendung herangeführt
werden; ferner ist die Bedienerfreundlichkeit des IT-Systems zu beachten. Auch
die Interessen des Betriebsrates und des Datenschutzes sind frühzeitig
aufzunehmen und zu berücksichtigen. Entsprechende Aktivitäten sind im
Projektplan und bei einer Einführungsmethodik vorzusehen.
Die Dienstleistungen bei der Einführung von prozessorientiertem Informationsmanagement werden in Form einer Matrix dargestellt. Die y-Achse repräsentiert
den zeitlichen Ablauf, auf der x-Achse sind die einzelnen Handlungsfelder dargestellt. So ist einerseits sichtbar, welche Aktivitäten parallel stattfinden, und andererseits lässt sich betrachten, was in welcher Reihenfolge in einem Handlungsfeld
notwendig ist.
Für diese Einführungsmatrix wird eine Phaseneinteilung verwendet, wie sie für
IT-Projekten generell sinnvoll ist. Hier sind für ein prozessorientiertes Informationssystem die folgenden spezifische Fragestellungen relevant:
1.
Vorbereitung
Was bringt der Berater zum ersten Gespräch mit, um seine Idee überzeugend zu vermitteln (ggf. schon branchen- oder prozessbezogen)? Hier
bieten die Ergebnisse aus dem PreBIS-Projekt generische Lösungen.
2.
Bedarfsanalyse (Angebotsdefinition)
Was erfährt der Berater beim ersten Gespräch oder Workshop, um einen
unternehmensbezogenen Projektplan erstellen zu können? Hier wird festgestellt, welche Vorarbeiten und Erwartungen im Unternehmen vorhanden sind.
3.
Systemplanung (Ist-Analyse)
Was erhebt der Berater im Unternehmen, um ein detailliertes Konzept
erstellen zu können? Hier werden konkrete Vorarbeiten analysiert oder
eigene Analysen durchgeführt.
4.
Systemdefinition (Lastenheft)
Welche Anforderungen hat das Unternehmen an das Informationssystem? Hier werden aus Sicht der Anwender die Erwartungen konkretisiert.
5.
Systemkonzeption (Pflichtenheft)
Mit welchem Konzept realisiert der Berater die Anforderungen des Unternehmens? Welche standardisierten und welche spezifischen Lösungen
kommen zum Einsatz?
6.
Implementierung
Welche Aufgaben fallen bei der Umsetzung des Konzeptes an? Woran
muss der Berater auf jeden Fall denken?
7.
Probelauf und Rollout
Welche Tests sind im Unternehmen erforderlich? Wie ist die Einführung
von PreBIS in den operativen Betrieb zu gestalten?
Zudem sind dann, wenn PreBIS operativ läuft, Betriebsdienstleistungen zu erbringen. Einige sind kontinuierlich durchzuführen, beispielsweise die ergänzende
Anbindung neuer Informationsquellen. Andere Aspekte von PreBIS sollten bedarfsweise optimiert werden, wenn z.B. eine neue Organisationsform im Unternehmen realisiert wurde. Darüber hinaus sollte ein jährlicher Review als Gelegenheit genutzt werden, die generelle Ausrichtung von PreBIS zu reflektieren und
gegebenenfalls weitere Optionen zu realisieren. So können die im Unternehmen
gesammelten Erfahrungen, beispielsweise zum Aufwand der Recherche und zur
Brauchbarkeit der Ergebnisse reflektiert und die Systemeinstellungen (z.B. zur
individuellen Konfiguration) optimiert werden.
Bei der Einführung eines Informationssystems wie PreBIS sind die Handlungsfelder Kontext, Inhalte, Informationstechnologie sowie Projektmanagement zu unterscheiden. Unter Kontext sind dabei Prozesse, Rollen, Recherchen und Ontologien
zu verstehen. Mit den Inhalten sind Dokumente und Informationsquellen gemeint.
Die Projektsteuerung umfasst die Unternehmens-Strategie, das ChangeManagement, Schulung / Qualifizierung, das Projektmanagement sowie die Kostenbetrachtung. Unter Informationstechnologie sind User Interface, Reporting /
(Systemanalyse), Software-Umgebung, Hardware-Umgebung sowie den Support
zusammenfasst.
Die folgende Abbildung verdeutlicht den Aufbau der Matrix. Durch den einheitlichen Blick auf die Handlungsfelder werden die zentralen Aktivitäten während der
einzelnen Einführungsphasen im Zusammenhang deutlich. Ihre Schnittstellen und
zeitlichen Abhängigkeiten können besser erfasst und überwacht werden.
Abbildung 1: Matrix der Handlungsfelder im Projektverlauf
Die folgende Tabelle konkretisiert für die ersten Prozessschritte von der Vorbereitung bis zum Pflichtenheft die Aktivitäten und Fragestellungen im Handlungsfeld
Kontext.
Projektverlauf
Prozesschritt
Vorbereitung
Kontext
Prozesse
Rollen
Recherchen
Ontologien
(Liste mit)
StandardProzessen
(Liste mit )
Standard-Rollen
(Liste mit)
StandardRechercheverfahren
(Liste mit)
StandardOntologien
Überblick zum
Gibt es bereits
Wie liegen die Gibt es RollenSuchverhalten
Ontologien?
Prozesse vor?
definitionen?
Bedarfsanalyse
(SuchmaschinenBetrachtungs(Angebotsdefinition) Welche Prozesse Welche Rollen
Anfragen,
fokus
sind relevant?
sind relevant?
Leitfäden)?
Systemanalyse
(Ist-Aufnahme)
Analyse vorhanAnalyse der
Analyse des dener Ontologien
Prozessanalyse Rollen und ihrer Suchverhaltens (Organigramme,
Aufgaben
der Mitarbeiter Produktkataloge,
Glossare ...)
Systemdefinition
(Lastenheft)
Prozessmodellierungsmethode und
Prozessoptimierungsansätze
Zuordnung
Prozesse und
Aufgaben zu
Rollen
DetaillierungsFestlegung der
grad, Zuordnung
betrachteten
Ontologie zu
RechercheProzessen und
Verfahren
Rollen
Prozessmodellierung mit
RechercheBetrachtung
Verknüpfung
Rolle mit
Recherche
Verknüpfung von
Erstellung der
Information
rollenspezifiRetrieval, Data
schen Ontologien
Mining etc.
Systemkonzeption
(Pflichtenheft)
Tabelle 1: Einführungsdienste für das Handlungsfeld Kontext (Übersicht)
Jedes Feld der Matrix im Schnittpunkt der Betrachtungsebene mit der Vorgehensphase bildet ein Modul innerhalb der Einführungsmethodik, das genauer betrachtet
werden muss. Diese Module lassen sich durch vier Aspekte weiter spezifizieren:
1.
Ziel
Welches Ziel verfolgt PreBIS mit diesem Modul? Warum ist es für die
Einführungsmethode wichtig?
2.
Informationsbedarf
Welcher Informationsbedarf besteht im Unternehmen, um das Modul bearbeiten zu können? Welche Fragen sind zu klären?
3.
Methoden
Mit welchen Methoden kann der Informationsbedarf gedeckt werden?
Welche etablierten Ansätze sind geeignet?
4.
Ergebnis
Welches Ergebnis ist für das Unternehmen nach diesem Modul greifbar?
Welcher autarke Nutzen für das Unternehmen wurde erzielt?
Die folgende Tabelle enthält einen Auszug der großen Matrix für die Betrachtungsebene (Spalte) der Prozesse, wiederum für die ersten Phasen der Einführung.
Projektverlauf
Prozesschritt
Vorbereitung
Kontext / Prozesse
Ziel
Informationsbedarf
Systemdefinition
(Lastenheft)
Systemkonzeption
(Pflichtenheft)
Ergebnis
Vorarbeiten aus
PreBIS
PreBIS bekannt Informationen zu (z.B. Standard- Überzeugung
machen
Branche und
prozesse)
interner InteresInteresse wecken
Prozessen
Vergleich mit
sensgruppen
Unternehmensprozessen
ProzessmanageProzessumfeld
ment-System
und -auswahl
ProzessBedarfsanalyse
Vorarbeiten und Dokumentation
(Angebotsdefinition)
Erwartungen
Prozessrealität
erkennen
Für PreBIS relevante Prozesse
Systemanalyse
(Ist-Aufnahme)
Methode
Gespräch,
Workshop
AssessmentMethoden
Review des
Prozessmanagements
Assessmentprotokolle o.ä.
GeschäftsproProzessanalyse
zessmodellie- Prozessmodelle,
Prozessanalyse mit Wissensberungsmethoden SchwachstellenVorarbeiten darf und Anwenim Unternehmen,
analyse +
analysieren und dungssystemen
Handlungsggf. Semdurchführen
für die ProzessTalk+KSA oder empfehlungen
schritte
ARIS+EPK
Prozessoptimierung
hinsichtlich
PreBIS
Verknüpfung
Prozessschritt
mit Recherche
Umgang mit der
Gespräche,
Differenz von
Lastenheft
Workshops,
IST und SOLL(Konzept des
DokumentenProzessen,
ProzessmanageAnforderungen analyse, Projektments)
zieldefinition
an Prozessmodelle
Prozessmodellierung
Tabelle 2: Modulbeschreibung für die Prozesserhebung
Siehe
Systemanalyse
Pflichtenheft
(Modellierte
Prozesse)
Idealerweise sollte für diese einzelnen Module der erforderliche Aufwand abgeschätzt werden. Allerdings ist dies erst für ein konkretes Unternehmen und nicht
als generelle Aussage möglich. Es lassen sich jedoch Methoden zur Aufwandsschätzung und die wesentlichen Einflussfaktoren benennen.
Unternehmensbezogene Modulauswahl
Eine solche umfassende Darstellung der Einführungsmethodik kann Praktikern im
Unternehmen unhandlich erscheinen. Sie macht zudem bewusst, wie vielschichtig
ein Einfhrungsprozess sein kann. Da ein allumfassendes und teures Vorgehen oft
nicht in Frage kommt, sollen die zentralen Ansatzpunkten für ein konkretes
Unternehmen folgendermaßen herausgearbeitet werden:
Als erstes sind für jedes Unternehmen die Ziele zu klären, die es mit der Einführung eines prozessorientierten Informationsmanagements verfolgt. Hieraus lässt
sich bereits ableiten, ob einige der Handlungsfelder eine geringere Priorität besitzen und dortige Module auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können
bzw. weniger detailliert bearbeitet werden müssen.
Die Aufwendungen bei der Einführung sind dann aber auch viel geringer, wenn in
den Unternehmen die entsprechenden Vorarbeiten vorhanden sind. Je nach
Umfang und Nutzbarkeit vorhandener oder geplanter Vorarbeiten variiert auch der
Umfang der für die Einführung notwendigen Tätigkeiten. Diese können anhand
der Ampelfarben anschaulich illustriert werden:
1.
Sind bereits Vorarbeiten vorhanden, aus denen ein konkretes, endgültiges
Ergebnis hervorgegangen ist (z.B. eine valide Prozessdokumentation), so
entfällt der entsprechende Aufwand für eine sonst notwendige Erhebung
eben dieser Information (grün bzw. dunkelgrau hinterlegt).
2.
Ergeben sich Synergiepotentiale, weil zum Beispiel in parallel
ablaufenden Projekten im Unternehmen Informationen erschlossen
werden, die auch für die PreBIS-Einführung relevant sind, können diese
adaptiert werden (gelb bzw. hellgrau hinterlegt). Diese Synergiepotenziale können dann in „grüne“ Vorarbeiten umschlagen, jedoch im
Falle ihres Scheiterns auch in „rote“ offene Fragen.
3.
Das Nichtvorhandensein von Vorarbeiten führt zu einer notwendigen
Erschließung der benötigten Information innerhalb des Einführungsprojektes (rot bzw. nicht hinterlegt).
Um Aussagen über benötigte Einführungsdienstleitungen machen zu können,
muss also die Differenz aus notwendigen Tätigkeiten und vorhandenen
Vorarbeiten gebildet werden. Die Informationsgrundlage hierfür wird in einem
Workshop zu Beginn des Einführungsprojektes im Unternehmen erhoben. Die
vorhandenen Vorarbeiten wirken sich dann in nachfolgenden Schritten des
Einführungsprojektes aus, indem Tätigkeiten entfallen oder nur noch in
eingeschränkter Form durchgeführt werden müssen.
Anhand der Einführungsmatrix lässt sich zudem auf einer sehr konkreten Ebene
diskutieren, welche der Aktivitäten ein Unternehmen selbst leisten kann und welche Tätigkeiten von außen unterstützt werden müssen. Ein solches Vorgehen hilft,
die komplexe und vielschichtige Methodik handhabbar zu gestalten, Schwerpunkte zu setzen und wenig relevante Aspekte als solche zu identifizieren.
Anwendungsbeispiel
In einem zweitägigen Workshop bei einem der eingangs erwähnten Unternehmen
wurden die Vorarbeiten und parallele Projekte erhoben, die einen Einfluss auf die
Gestaltung eines Einführungsprojektes haben. Ein zentrales Ziel dabei war die
bessere Informationsversorgung von Vertriebsmitarbeitern entlang eines
mehrjährigen Vertriebsprozesses mit sehr unterschiedlichen externen Adressaten.
Dabei stellte sich heraus, dass vor allem im Bereich der Prozesse, der Ontologien
und der Schulung bzw. Qualifizierung gute Grundlagen bestehen:
•
Prozesse:
Jede der beteiligten Abteilungen weist im Rahmen des Qualitätsmanagements sowie aus der Konzeption und Einführung des Intranets dokumentierte Prozesse auf. Außerdem lassen laufende Projekte zur Prozessmodellierung und zur einheitlichen Definition von kundenorientierten
Kernprozessen auf ein hohes Synergiepotential schließen. Idealerweise
erspart die vorhandene Prozessdokumentation eine eigene Prozessanalyse
und -modellierung, wahrscheinlich ist aber der Blickwinkel der Informationsbeschaffung bei den einzelnen Prozessschritten nachzuerheben.
•
Ontologien:
Die
Begrifflichkeiten
sind
durch
unternehmensspezifische
Produktkataloge und branchenweite Glossare weitgehend geklärt. Zudem
wurde bereits eine Begriffsanalyse der bestehenden Dokumente
durchgeführt, die weitere Aufschlüsse über die Eindeutigkeit der
Begriffsverwendung erlaubt. Das erfordert keine Neuerstellung, sondern
gegebenenfalls eine Überprüfung der verschiedenen Ontologie-Ansätze.
•
Qualifizierung:
Das laufende Projekt zur Kundenorientierung bietet die Möglichkeit, eine
prozessorientierte Denkweise im Unternehmen zu etablieren. Inhalte der
PreBIS-Schulung lassen sich anwendungsnah zusammen mit dem
anderen Projekt vermitteln. Somit kann der Aufwand für die Konzeption,
Vorbereitung und Durchführung der Qualifizierung reduziert und
teilweise in ein anderes Projekt integriert werden.
Kontext
Projektverlauf
Projektst.
Prozesschritt
Prozesse
Ontologien
Qualifizierung
Vorbereitung
(Liste mit)
Standard-Prozessen
(Liste mit)
Standard-Ontologien
(Liste mit) Schulungsangeboten, z.B. Inhouse
oder im PreBISDemocenter
Gibt es bereits
Ontologien?
Betrachtungsfokus
Wie ist die Qualifikation
der Mitarbeiter? Welche
Lern-, Fortbildungsund Schulungkonzepte
verfolgt das Unternehmen (z.B. interne
und/oder externe Schulungen)?
Analyse vorhandener
Ontologien (Organigramme, Produktkataloge, Glossare ...)
Kenntnisstand und Wissensbedarf erfassen
Systemdefinition
(Lastenheft)
Prozessmodellierungs- Detaillierungsgrad, Zumethode und Prozessop- ordnung Ontologie zu
Prozessen und Rollen
timierungsansätze
Qualifizierungsanforderungen definieren
Systemkonzeption
(Pflichtenheft)
Prozessmodellierung mit Erstellung der rollenspezi- Konkretes SchulungskonRecherche-Betrachtung
zept festlegen
fischen Ontologien
Wie liegen die
Bedarfsanalyse
Prozesse vor?
(Angebotsdefinition) Welche Prozesse sind
relevant?
Systemanalyse
(Ist-Aufnahme)
Implementierung
Probelauf
Rollout
Prozessanalyse
Prozessfunktionalität
implementieren
Vorbereitung der Schuggf. Bau von Konnektoren lung (Unterlagen erstelzu begriffsdefinierenden len, Testrecherchen definieren ...)
Systeme
Nutzertest und Ergebnis- Prüfung der Ontologie,
prüfung; Validierung der Verbesserung der RecherVerbesserung
che durch Ontologie
"Anschalten"
"Anschalten"
Probeschulung
Schulung für alle Mitarbeiter (Prozesse, User
Interface, Feedback, ...)
Tabelle 3: Einführungsdienste für ausgewählte Handlungsfelder (Übersicht)
Für diese Betrachtungsebenen ergeben sich daraus die in der vorstehenden Tabelle
dargestellten Einschätzungen hinsichtlich einer Reduzierung des Einführungsaufwandes (dunkelgrau für starke, hellgrau für mittlere Reduktion). Für eine
konkrete Aufwandsschätzung bleibt jeweils Fall zu beurteilen, wie gut sich die
vorhandenen Informationen und Vorarbeiten bei der Verwendung für PreBIS
nutzen lassen.
Aus dieser Tabelle wird deutlich, dass sich an dem Vorbereitungsaufwand kaum
etwas verändert. Gerade in der Analysephase (Bedarfs- und z.T. Systemanalyse)
lässt sich ein Großteil des Aufwandes vermeiden. In der Konzeption (Lasten- und
Pflichtenheft) ist hingegen ein Teil des Aufwandes für die PreBIS-spezifischen
Sichtweisen weiterhin erforderlich. In der Umsetzung (Implementierung,
Probelauf, Rollout) wird dann insbesondere bei der Schulung weniger Aufwand
durch die enge Integration mit dem laufenden Projekt erforderlich.
Das Unternehmen verfügt darüber hinaus über ein ausgefeiltes Projektmanagement, so dass diese Aufgabe bei der Einführung das Unternehmen federführend
übernehmen kann. Hingegen fehlen vertiefte Kenntnisse zu systemtechnischen
Integrationsmöglichkeiten. Hierzu ist auf jeden Fall externes Wissen erforderlich,
das entweder durch den bestehenden Systemintegrator oder den Einführer des
PreBIS-Systems beigesteuert werden kann.
Fazit und Ausblick
Diese Übersicht der Einführungs- und Betriebsdienstleistungen zeigt auf, wie tief
kontextorientierte Informationssysteme in dem Gefüge eines Unternehmens verankert sind und wie spezifisch sie auf eine einzelne Institution ausgerichtet werden
sollten. Das vorgestellte Konzept zeigt die erforderliche Breite der Maßnahmen in
der Einführung auf. Eine systematische Auswahl der Module entlang der vorhandenen Vorarbeiten macht diese Matrix handhabbar.
Aus den Schwerpunktsetzungen in Unternehmen werden wir als nächstes typische
Einführungsszenarien herausarbeiten, beispielsweise im Zusammenhang mit Unternehmensfusionen oder einer Überarbeitung des Intranets. Für Begrifflichkeiten
oder Standardprozesse können sich zudem auch branchenspezifische Lösungen
heraus kristallisieren, durch die sich die Einführung weiter beschleunigen lassen.
Literatur
[Engelbach, Delp (03)] Engelbach, W., Delp, M.: „Kontextbezogene Informationsversorgung: Anwenderanforderungen und Granularität der Modellierung“; Content- und Wissensmanagement. Beiträge auf den LIT'03 Leipzig, (2003),
16-25.
[Härtwig, Fähnrich (03)] Härtwig, J., Fähnrich, K.-P.: „Grundkonzepte des Wissensmanagement im Informationsraum“; Content- und Wissensmanagement.
Beiträge auf den LIT'03 Leipzig, (2003), 35-42.
[Hoof, Fillies, Härtwig (03)] Hoof, van A., Fillies, C., Härtwig, J., : „Aufgaben- und rollengerechte Informationsversorgung durch vorgebaute Informationsräume“;
Content- und Wissensmanagement. Beiträge auf den LIT'03 Leipzig (2003),
1-9.
[Zagos, Kiehne (03)] Zagos, A., Kiehne, D.-O.: „Wirtschaftliche Perspektiven, Anwendungen und Chancen für das Prozessorientierte Wissensmanagement“; Contentund Wissensmanagement. Beiträge auf den LIT'03 Leipzig (2003), 10-15.
[Ngonga Ngomo, Fähnrich 2003] Ngonga Ngomo, A.-C., Fähnrich, K.-P.: „Der Informationsraum als Metapher für die Realisierung dynamischer Informationsbedürfnisse im Kontext rollenbasierter Communities“; Content- und Wissensmanagement. Beiträge auf den LIT'03 Leipzig (2003), 26-34.
[Filles et. al. 2003] Filles, C., Quasthoff, U., Schaar, A., Schmidt, F.: „Werkzeugunterstützte Modellierung von kontextuellen Informationsräumen“; Content- und
Wissensmanagement. Beiträge auf den LIT'03 Leipzig (2003), 64-71.
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