Mit Umsicht und Aussicht Blue Office, Bochum - astec Klima

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Architektur Mit Umsicht und
Aussicht
Blue Office, Bochum
Foto: Wolfgang Flamisch
Was macht ein Bürogebäude aus, das nicht nur Ergeb­
nis, sondern auch Schauplatz fachübergreifender, ganz­
heitlicher Planungsprozesse ist? Ein Weg zur Antwort
führt ins Ruhrgebiet. Zu einem Objekt, das für alle
Aspekte des Bauens plausible Lösungen formuliert.
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum
v.l.n.r.: Dipl.-Ing. Matthias Kraemer, Dipl.-Ing. Thomas Schmidt, Dipl.-Ing.Thomas Schmidt, Dipl.-Ing. Marius Scheffer, Dipl.-Ing. Matthias Solbach, Dipl.-Ing.
(FH) Versorgungstechnik Heiner Blum
Die SSP SchürmannSpannel AG ist eines der größten integralen Planungsbüros
in Deutschland.
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2281–8
Foto: Jörg Hempel
DBZ 10 | 2014 DBZ.de
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Foto: Jörg Hempel
Architektur | Blue Office, Bochum
Lageplan, M 1 : 1 750
Wenn Planer ein Gebäude zur eigenen Nutzung entwickeln, ist das
immer interessant. In diesem Fall hat SSP SchürmannSpannel AG,
ein interdisziplinär aufgestelltes Planungsbüro mit mehr als 80 Mit­
arbeitern aus den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen, Projektentwicklung und Wirtschaftswissenschaft, seinen Überzeugungen eine
Form gegeben.
Und so weist bereits die Wahl des Standorts auf einen von vielen
Seiten beleuchteten, reflektierten Planungsprozess hin: Unweit der
Universität Bochum das Ruhrtal überblickend, markiert das neue
Haus den Eingang zum Technologiequartier. Eine starke Adresse,
nicht zu übersehen, insbesondere für den talseitig ankommenden
Besucher. Dazu ist das Grundstück verkehrstechnisch hervorragend
angebunden und die Umgebung so grün, wie es im Ruhrgebiet überhaupt nur geht – auffindbar und attraktiv, mit Nähe zur Wissenschaft.
Das Gelände des Technologiequartiers, der ehemalige Standort der
Zeche Mansfeld, wird sinnvoll nachverdichtet.
Auch das Volumen des Gebäudes leistet seinen Teil zur Adress­
bildung. Zur nördlichen Straßenseite vier- und zur Südseite zwei­
geschossig wirkt das Gebäude als Torhaus für das gesamte Quartier.
Die graue Fassade ist einem geschäftlichen Auftritt angemessen:
auf zurückhaltende Art erfüllt sie die Erwartungen des Besuchers
an zeitgenössische Architektur. Ein filigranes Rahmenwerk strukturiert die Gebäudehülle und gibt Hinweis auf die Tragstruktur. Die
so entstehenden regelmäßigen Rasterfelder sind an den Hauptansichtsseiten zu einem Drittel geschlossen und zu zwei Dritteln transparent, wobei die geschlossenen Elemente ein erst auf den zweiten
Blick wahrnehmbares Farbspiel von Grautönen aufweisen. Die Eternitplatten der Fassade und die anthrazitfarbigen Aluminiumober­
flächen der Fenster tragen zu dem ruhigen, förmlichen Gesamteindruck bei.
Beim Betreten des Gebäudes wandelt sich das Bild allerdings:
Innen wirkt das Gebäude im Gegensatz zum eher kühlen Äußeren
überraschend zugänglich und heiter. Die außen mit Aluminium­
oberflächen versehenen Fenster entpuppen sich im Inneren als Holzfenster. Dem Besucher öffnet sich, der Hanglage folgend, eine sich
bis in das darunter liegende Geschoss reichende, großzügige Halle
mit hölzernen Treppen- und Sitzstufen. Sie bildet den einladenden
Mittelpunkt des Gebäudes. Die Wahrnehmung wird hier von den
Holz­oberflächen und einem warmen, orangeroten Farbton bestimmt.
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Das Forum ist der Mittelpunkt des
Hauses. Es ist Treffpunkt für die verschiedenen Aktivitäten des Büros –
Wissensvermittlung in einem zweigeschossigen Raumgefüge
Hohe Transparenz und Offenheit ist
durch die integrale Arbeitsweise im
ganzen Haus erforderlich. Eine Mischung von Kommunikationsräumen
mit Konzentrationsräumen und dem
Angebot eines Bistros mit 50 Plätzen und einer angrenzenden Südterrasse wurde in einem Workshopprozess zu Beginn der Planungsphase
mit einem Querschnittsteam des Büros erarbeitet
Schnitt AA, M 1 : 500
Grundriss Erdgeschoss, M 1 : 500
Foto: Jörg Hempel
DBZ 10 | 2014 DBZ.de
Die Organisation integraler Planung – Der Wechsel von
Konzentration und Kommunikation
Diese, besonders durch den Kontrast von innen und außen auflockernd wirkenden architektonischen Mittel sind
tatsächlich in einem logischen Zusammenhang zu sehen.
Denn die Innenraumgestaltung trägt so auf subtile Art und
Weise ihren Teil dazu bei, Schwellenängste abzubauen und
interdisziplinäre Kommunikation zu fördern.
Die Arbeitsplatzorganisation im gesamten Haus spiegelt, diesem Auftakt folgend, das Credo des Planungs­
büros wider: In den beiden die Halle flankierenden, einbeziehungsweise zweigespannten Riegeln entwickelt sich
auf flexiblem Grundriss mit einem Ausbauraster von
1,35 m eine heterogene Bürolandschaft mit gut dimensionierten, offenen Arbeitszonen, die den informellen Austausch der interdisziplinären Planungsteams unterstützen sollen. Konzentrierte Besprechungen, auch mit
Bauherren und externen Planungspartnern, finden in den
elf über das Haus verteilten Konferenzräumen statt.
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Architektur | Blue Office, Bochum
Durch die offene Konfiguration und den Einsatz von Glaswänden
bleiben Mitarbeiter und Prozesse innerhalb des Büros sichtbar.
Die im Untergeschoss angeordnete Cafeteria und die Halle, beide
auf den ersten Blick dem Raumprogramm zusätzlich beigefügte Gemeinschaftseinrichtungen, erscheinen vor diesem Hintergrund als integrale Bestandteile eines Gesamtkonzeptes. „Teamgeist“ wird so
zwar nicht zwangsläufig herbeigeführt, zumindest aber möglich gemacht. Passend dazu nutzen die Planer ihre zentrale Halle als Forum
für den täglichen Austausch von Ideen, für Vorträge und Präsenta­
tionen, und eine quartalsweise stattfindende Gemeinschaftsveranstaltung, die alle Mitarbeiter über die laufenden Projekte informiert
und so Synergien innerhalb der Gemeinschaft vorbereitet. Investition
in die Zukunft: Modularität und Flexibilität.
Foto: Jörg Hempel
Foto: Jörg Hempel
Nachhaltige Planung
Dem Gebäude „gute Erbanlagen mitzugeben“ wie Thomas Schmidt,
verantwortlicher Projektleiter und Mitglied des Vorstands, es formuliert, war ein wichtiger Fokus der Planung. Eine Zielsetzung, die aus
den Sanierungsprojekten des Büros rührt: So gibt es der Erfahrung
der Planer nach Gebäude mit solider Struktur, deren zeitgemäße Ertüchtigung wegen ihrer robusten Konzeption vergleichsweise leicht
fällt. „Und von denen“, sagt Schmidt, „gibt es etwas zu lernen“.
So ist die technische Infrastruktur des Blue Office beispielsweise
dezentral organisiert. Jedes Geschoss hat eigene Sanitäranlagen
und Serverräume. Das ist zwar zunächst mit Mehraufwand für haustechnische Vorinstallation verbunden, lässt aber im Zusammenspiel
mit der geschickten Grundrisskonfiguration eine Vermietung an
sechs voneinan­der unabhängigen Mietparteien zu. Vorausschauend
geplant ist so sowohl ein Wachstum des Büros bis zu einem Maximum von 120 Mitarbeitern, als auch eine Reduzierung der Arbeitsplätze innerhalb des Objektes möglich. Im südlichen Gebäudeteil
machen die Wahl der lichten Geschosshöhe von 3 m und die durch
Spannbetonhohldielen erreichte Stützenfreiheit auch die Einrichtung
einer Veranstaltungseinheit möglich – Drittverwendung. Man denke
an die Nähe zur Universität.
An die weitere Entwicklung des Gebiets ist gedacht: ein übergeordneter Plan für das noch unbebaute angrenzende Gelände sieht
eine Erweiterung mit gleichartigen Modulen vor.
Die integrale Vernetzung im Büroalltag wird mit dem Thema Bürolandschaft
verknüpft. Die Bürostrukturen wurden weiter aufgelöst und optimiert
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Die Gebäudetechnik ist als integraler Bestandteil der Planung nachhaltig bis
ins Detail entwickelt worden
DBZ 10 | 2014 DBZ.de
Foto: Jörg Hempel
Energieeffizienz
Auch am Energiekonzept lässt sich das integrale Zusammenspiel illustrieren: so dient die Halle nicht nur als
identitätsstiftender Treffpunkt, sondern verbessert auch
maßgeblich das A/V Verhältnis auf den guten Wert von
0,3. Mithilfe der Oberlichter findet hier eine automatisch
gesteuerte und durch die Thermik des Raumes gestützte
Nachtauskühlung der anliegenden Büroräume statt. In Verbindung mit einer hoch gedämmten, trotz transparenter
Anmutung lediglich zu 45 % dreischeibenverglasten Fassade erreicht das Bürogebäude mit + 15 % EnEV Passivhaus-Standard. Die Südfassade des nördlichen Bauteils
ist bis auf zwei große Panoramafenster geschlossen. Die
Ausführung ohne abgehängte Decke ermöglicht in den
Bürobereichen die Bauteilaktivierung der Betondecken.
Die zusätzlichen Kühldecken wirken schallabsorbierend
und lassen trotz der schallharten Betonoberflächen eine
angenehme Raumakustik entstehen. Passend zur Planungsphilosophie des Büros sind die Installationen an
der Decke sichtbar geführt, die Abwärme der Serverräume wird zur Wärmerückgewinnung mit einem Wirkungsgrad von mehr als 85 % genutzt. Innenliegende Lamellen,
die Durchsicht ermöglichen und das eintreffende Licht
blendfrei in die Tiefe des Raums lenken bzw. nach außen
reflektieren, maximieren den Tageslichteintrag an der
Südfassade. Im gesamten Haus sind LED-Leuchtmittel
eingesetzt. Durch die Verwendung zertifizierter Baustoffe
erreicht das Gebäude eine positive Ökobilanz.
Fazit
Das Blue Office blendet nicht durch spektakuläre Innovationen. Seine Stärke liegt nicht in der besonderen, nie
da gewesenen Ausformulierung einzelner Aspekte. Was
überzeugt ist die sinnvolle Balance, das auf ein indivi­
duelles Planungsziel ausgerichtete, funktionierende Zusammenspiel aller Teile. Die Abwesenheit fachlicher Scheuklappen ist spürbar. Spürbar, dass sich alles undogmatisch
zusammenfügt. Alexander Arndt, Dortmund
Die natürliche Belüftung kann durch eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung unterstützt werden. Die Energie wird durch eine hocheffiziente Wärmepumpe im Außenbereich
erzeugt, die notwendigen Heizflächen werden
kombiniert und als Heiz-Kühldeckensysteme mit
integrierter Akustikauflage und Beleuchtungssysteme als modulares Deckensystem unter der
massiven Betondecke angebracht
Eingang
Nachverdichtung
Modularität
Optim. A/V-Verhältnis
Flächenoptimierung/
Wandelbarkeit
SÜD
LED-Beleuchtung &
Lichtlenkung
Positive Ökobilanz/
Natürliche Lüftung/
Nachtauskühlung
Wärmerückgewinnung
Wirkungsgrad >85 %
Drittverwendung/
6 Nutzungseinheiten
EnEV Standard +15%
OST
WEST
Natürliche Belichtung
HT
LIC
RD
NO
Regenwassernutzung/
Versickerung
Integrales Gebäudekonzept, o. M.
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Architektur | Blue Office, Bochum
Natürliche
Belichtung
Optional
Photovoltaikanlage
Aussenliegender
Sonnenschutz
Südlicht
Westlicht
Gutes A/V
Verhältnis von 0,30
Automatisch gest.
Nachtauskühlung
hochgedämmte
Gebäudehülle
(15% besser als EnEV)
Optional
Gründach
Ostlicht
Tageslichtlenkung
Anschluss
Fernwärme
Technischer
Technischer
Schnitt,Schnitt,
o.M.
Regenrückhaltebecken/
RegenwasserVersickerung
Raumkühlung
über Kühldecke
(kühlen & heizen)
o. M.
1 Dachaufbau:
Dachabdichtung, 2-lagig,
beschiefert, Gefälledämmung
Dampfsperre
Stahlbetonfiligrandecke
mit Aufbeton
2 Attika, Blechabdeckung,
Aluminium
3 Attikaverkleidung, vorderseitig,
Eternit
4 Textiler Blendschutz
5 Fenster:
Metall-Holzfenster, festverglast,
geschosshoch mit Brüstungsriegel,
Sicherheitsverglasung,
Lüftungsflügel, geschosshoch
3-fach Wärmeschutzverglasung
Sonnenschutzverglasung
6 Fassade:
Eternit, Natura
Aluminiumunterkonstruktion
Wärmedämmung
Hinterlüftung
7 Segel
8 Deckenaufbau:
Nadelvlies
Hohlraumbodensystem als
Installationsraum
Stahlbetonfiligrandecke
mit Aufbeton
9 Bodenplatte:
Nadelvlies
Hohlraumbodensystem als
Installationsraum
Dampfsperre
Bitumenabdichtung
Ortbetondecke
Wärmedämmung
Trennfolie
Kies
Entlüftungsrohr Methangas
10 Fertigteilstütze
11 Öffnungselement, farbig verglast
12 Festverglasung
Fassadenschnitt, M 1 : 100
50
Das Neubaukonzept
beinhaltet 120 Mitarbeiterplätze.
Der Standort Bochumer Technologiepark:
Die Kombination aus
herausragender verkehrlicher Anbindung, die Nähe zur
Innenstadt und die
Verbindung zu vorhandendenem Forschungspotential soll
weiter genutzt und verstärkt werden
Foto: Jörg Hempel
Baudaten
Projektdaten
Objekt: Blue Office, Bochum
Grundstücksgröße: 2 330 m²
Standort: Lise-Meitner-Allee 30, Bochum
Grundflächenzahl GRZ: 0,30
Bauherr:
Geschossflächenzahl GFZ: 1,04
Objektentwicklungsgesellschaft EGR/ VBW mbH
(OEG mbH), www.oeg.net
Nutzfläche gesamt NF: 2 003 m²
Nutzer:
Funktionsfläche FF: 146 m²
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Verkehrsfläche VF: 326 m²
Architekt:
Dipl.-Ing. Architekt Thomas Schmidt, SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Brutto-Grundfläche BGF: 2 475 m²
Brutto-Rauminhalt BRI: 9 935 m³
Mitarbeiter:
Yvonne Impekoven, Christoph Nowakowski, Gregor
Polaczek
Baukosten: gesamt brutto: 2,6 Mio. €
Gesamt netto: 2,2 Mio. €
Bauleitung: Andreas Bischoff, Christoph Nowakowski, Thomas Schmidt
Hauptnutzfläche HNF: 1 122 €/m²
Bauzeit: September 2012 – Juli 2013
Brutto-Rauminhalt BRI: 226 €/m³
Innenarchitekt:
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Landschaftsarchitekt:
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Fachplaner
Tragwerksplanung: Lederhose, Wittler & Partner GbR, Energiebedarf
Primärenergiebedarf: 131,8 kWh/m²a nach EnEV 2009
Energiekonzept
Gebäudehülle:
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
U-Wert Außenwand =
U-Wert Bodenplatte =
U-Wert Dach = Uw-Wert Fenster =
Ug-Wert Verglasung =
Energieplaner/Fachingenieure:
Haustechnik:
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Wärmepumpe, Kühldecken, Abluftanlage,
Wärmerückgewinnung
Dortmund, www.lederhose-wittler.de
Techn. Gebäudeausrüstung:
Bauphysik: SSP SchürmannSpannel AG, Bochum,
www.ssp.ag
0,16 W/(m²K)
0,20 W/(m²K)
0,20 W/(m²K)
0,79 W/(m²K)
0,60 W/(m²K)
Klimaschutz-Award 2013
Fassadentechnik:
SSP SchürmannSpannel AG, www.ssp.ag
Lichtplanung:
SSP SchürmannSpannel AG, Bochum, www.ssp.ag
Konstruktionsart:
Stahlbeton-Skelettbauweise, Fassadenraster 1,35 m
Bauteile:
Foto: Jörg Hempel
Stahlbeton-Flachdecken, Stahlbeton-Hohldielen
Das Blue Office ist für sechs mögliche Mietparteien geplant und vorgerüstet. Die bauliche Anpassungsfähigkeit und Flexibilität ist für die
Zukunft erfüllt
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