18 A 2 Vorbereitung des Patienten zur Anästhesie Geringe Abstände zwischen oberen und unteren Schneidezähnen (Schneidekantendifferenz: SKD < 4 cm), zwischen Schildknorpel und Kinnspitze bei Reklination des Kopfes (thyreomentaler Abstand < 6 cm) sowie zwischen Zungenbein und Kinnspitze (hyomentaler Abstand < 2 Querfinger) können ebenfalls Schwierigkeiten bei der Intubation verursachen. 2.4 Apparative präoperative Untersuchungen Hals. Die Aufmerksamkeit gilt der Kehlkopfbeweglichkeit (→ Intubationsschwierigkeiten bei eingeschränkter Kehlkopfbeweglichkeit) sowie einer möglicherweise vorhandenen Struma. Jede Struma kann die Lumeneinengung der Trachea durch Verdrängung und Kompression zur Folge haben. Bei Verdacht sind weitere Untersuchungen (z. B. Tracheazielaufnahmen) durchzuführen (s. S. 19). Präoperative Therapie bei Struma s. S. 35. 2.4 Apparative präoperative Untersuchungen Ziel: Sie dienen dazu, entdeckte Störungen genauer abzuklären. Der Umfang richtet sich nach dem Alter und dem Gesundheitszustand des Patienten sowie nach der Größe und Dringlichkeit des Eingriffs. Ziel: Präoperative Untersuchungen dienen dazu, entdeckte Störungen, die für Operation und Anästhesie von Bedeutung sein können, genauer abzuklären und durch entsprechende therapeutische Maßnahmen den Allgemeinzustand des Patienten präoperativ zu verbessern. Das bei der Operation ggf. notwendige Instrumentarium (z. B. für eine schwierige Intubation) kann dann bereits vorbereitet werden. Der Umfang der präoperativen Untersuchungen richtet sich nach dem Alter und dem Zustand des Patienten sowie nach Größe und Dringlichkeit des Eingriffs. Bei anamnestisch Gesunden kann auf routinemäßige Voruntersuchungen verzichtet werden. Praktisches Vorgehen: Bei gesunden Kindern sind für überschaubare Eingriffe Anamnese und körperliche Untersuchung ausreichend. Bei Erwachsenen mit unauffälliger Anamnese werden ab 40 Jahren ein EKG und ab 60 Jahren eine Röntgen-ThoraxAufnahme durchgeführt. Bei geplanter rückenmarknaher Anästhesie wird ein Gerinnungsstatus inklusive Thrombozytenzahl durchgeführt. Bei Hinweisen auf Vorerkrankungen werden weiterführende Untersuchungen zur Abklärung durchgeführt. Praktisches Vorgehen: Folgendes kann empfohlen werden: Bei gesunden Kindern sind für überschaubare Eingriffe Anamnese und körperliche Untersuchung ausreichend. Bei Kindern mit Begleiterkrankungen und vor größeren Eingriffen (z. B. Tumoroperationen) erfolgt eine erweiterte bildgebende und laborchemische Diagnostik. Bei Erwachsenen mit unauffälliger Anamnese und ohne pathologischen klinischen Untersuchungsbefund werden ab 40 Jahren ein EKG und ab 60 Jahren eine RöntgenThorax-Aufnahme durchgeführt. Bei geplanter rückenmarknaher Regionalanästhesie sollte ein Gerinnungsstatus inklusive Bestimmung der Thrombozytenzahl durchgeführt werden. Bei anamnestischen und/oder klinischen Hinweisen auf Vorerkrankungen werden weiterführende Untersuchungen zur differenzierten Abklärung durchgeführt. 2.4.1 Radiologische Untersuchung 2.4.1 Radiologische Untersuchung Die häufigste präoperativ durchgeführte radiologische Untersuchung ist die Röntgenaufnahme des Thorax. Die häufigste präoperativ durchgeführte radiologische Untersuchung ist die Röntgenaufnahme des Thorax. Sie zielt darauf ab, bisher nicht erkannte kardiopulmonale Erkrankungen aufzudecken. Patienten, die keine Hinweise auf Erkrankungen der Thoraxorgane bieten, weisen selten pathologische Befunde im Röntgen-Thorax auf, daher wird nur bei Verdacht auf ein pathologisches Geschehen geröntgt. Technik: Thoraxaufnahme im Stehen in maximaler Inspiration. Technik: Zur besseren Darstellung der bronchopulmonalen und kardiovaskulären Strukturen ist die Standardtechnik eine Thoraxaufnahme im Stehen in maximaler Inspiration. Indikationen: vor thorakalen Eingriffen vor Strumektomie (Abb. A-2.7, Abb. A-2.8). Indikationen: Vor thorakalen Eingriffen ist eine Aufnahme indiziert, um später eventuelle Operationsfolgen von schon vorhandenen Veränderungen abgrenzen zu können. Vor einer Strumektomie werden ein posterior-anteriores (p.-a.) und ein seitliches Röntgenbild angefertigt, um Lumeneinengungen der Trachea zu erkennen (Abb. A-2.7). Bei V. a. Tracheomalazie muss wegen Kollapsgefahr auf die Gabe von Muskelrelaxanzien verzichtet werden. Sollte das konventionelle Bild noch keinen ausreichenden Aufschluss geben, ist die Durchführung einer Tracheazielaufnahme (Abb. A-2.8) erforderlich. Bei Lungentumoren oder -metastasen ist eine präoperative radiologische Untersuchung indiziert, um deren Größe zu ermitteln und evtl. vorhandene Atelektasen, Pleuraergüsse oder eine Mediastinalverlagerung zu diagnostizieren. bei Lungentumoren oder -metastasen bei pulmonaler Stauung (Abb. A-2.9) bei höhergradiger Herzinsuffizienz (NYHA III–IV). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Hals. Die Aufmerksamkeit gilt der Kehlkopfbeweglichkeit einer möglicherweise vorhandenen Struma. A A-2.7 19 2.4 Apparative präoperative Untersuchungen Struma mit Trachealdeviation A-2.8 Tracheazielaufnahme Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Intrathorakale (retrosternale) Struma mit Verlagerung der Trachea nach rechts und suprasternaler Einengung (←) Übersichtsaufnahme: → nach rechts verlagerte Trachea; ⇒ Struma A-2.9 Herzverbreiterung mit pulmonaler Stauung Dichte gestaute Hilusgefäße, vermehrte Lungengefäßzeichnung, alveoläres Lungenödem (basal > apikal) Finden sich klinische Hinweise auf eine pulmonale Stauung (Abb. A-2.9) oder höhergradige Herzinsuffizienz (NYHA III oder IV), sollte ebenfalls geröntgt werden, um das Ausmaß der Stauung abzuschätzen und evtl. weitere diagnostische und/oder therapeutische Schritte zu veranlassen (s. S. 25). 2.4.2 EKG 2.4.2 EKG Ziel: Das EKG dient zur Aufdeckung behandlungsbedürftiger Herzerkrankungen und zur Abschätzung der Notwendigkeit weiterer Diagnostik (z. B. Echokardiografie, Koronarangiografie). Ziel: Aufdeckung behandlungsbedürftiger Herzerkrankungen. Indikation: Bei kardialen Risikopatienten ist die Durchführung eines EKG immer indiziert. Bezüglich gesunder Patienten herrscht allerdings keine einheitliche Meinung darüber, ab welchem Alter ein EKG zum Screening eingesetzt werden sollte. Studienergebnisse sprechen dagegen, es bei Gesunden unter 40 Jahren als Routineuntersuchung anzuwenden. Indikation: Bei kardialen Risikopatienten ist ein EKG immer indiziert, bei gesunden Patienten unter 40 Jahren ist es als Screening nicht notwendig. 20 A Folgende EKG-Befunde sind von Interesse: absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern Vorhofflattern Rechtsherz- oder Linksherzhypertrophie AV-Blockierung verschiedener Grade Schenkelblockbilder Extrasystolen (supraventrikulär und ventrikulär) Präexzitationssyndrome ST-Streckenveränderungen Zeichen des durchgemachten Myokardinfarktes. Folgende EKG-Veränderungen sind von anästhesiologischem Interesse: absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern Vorhofflattern (s. S. 20) Rechtsherz- oder Linksherzhypertrophie (s. S. 21) AV-Blockierung verschiedener Grade (s. S. 21) Schenkelblockbilder (s. S. 22) Extrasystolen (supraventrikulär und ventrikulär) (s. S. 23) Präexzitationssyndrome (s. S. 23) ST-Streckenveränderungen (s. S. 23) Zeichen des durchgemachten Myokardinfarktes (s. S. 24). Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern (Abb. A-2.10) Pathophysiologie: Unregelmäßige Überleitung von Flimmerwellen (350–600/min) auf die Kammern (absolute Arrhythmie). Pathophysiologie: Die Flimmerwellen, die eine Frequenz von 350–600/min haben, werden unregelmäßig auf die Kammern übergeleitet (absolute Arrhythmie). In Abhängigkeit von der Überleitungsrate werden Brady-, Tachy- und normfrequente Arrhythmien unterschieden. Gefahr: Herzinsuffizienz und Bildung von Thromben im linken Vorhof. Gefahr: Bei kritischem Absinken des Herzminutenvolumens infolge asynchroner Vorhof- und Kammererregung kann es zur akuten Herzinsuffizienz kommen. Eine weitere Gefahr besteht in der Bildung von Thromben im linken Vorhof, die sich als arterielle Embolien im großen Kreislauf manifestieren können (z. B. Herz-, Hirnoder Mesenterialinfarkt). Ursachen: Herzklappenfehler mit chronischer Überdehnung der Vorhöfe, koronare Herzkrankheit, Kardiomyopathien und Myokarditis. Ursachen: Am häufigsten sind Herzklappenfehler mit chronischer Überdehnung der Vorhöfe, koronare Herzkrankheit, Kardiomyopathien und Myokarditis. Grobes Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie I V1 II V2 Flimmerwellen III V3 unauffällig konfigurierte Kammerkomplexe in unregelmäßigen Abständen Präoperative Therapie: Ziel ist es, eine Reduktion der tachykarden Kammerfrequenz, z. B. durch Amiodaron, Digitalis oder Verapamil, und ein für den Patienten adäquates Herzminutenvolumen zu erreichen. Methode der Wahl ist die elektrische Kardioversion. Präoperative Therapie: Ziel ist es, eine Reduktion der tachykarden Kammerfrequenz, z. B. durch Amiodaron (Cordarex®), Digitalis oder Verapamil (Isoptin®), und ein für den Patienten adäquates Herzminutenvolumen zu erreichen. Erst sollte der Serumkaliumspiegel in hochnormale Bereiche gebracht werden (5,0–5,5 mmol/l). Dann wird bei noch nicht lange bestehender absoluter Arrhythmie (< 3 Monate) versucht, möglichst umgehend wieder einen Sinusrhythmus herbeizuführen. Bei länger bestehender Arrhythmie darf dieses nur nach echokardiografischer Kontrolle und unter begleitender Antikoagulation geschehen, um die durch Entflimmerung ausgelöste Absprengung frischer Thromben zu vermeiden. Methode der Wahl ist die elektrische Kardioversion. Ist der Sinusrhythmus wiederhergestellt, kann der Patient einer Anästhesie unterzogen werden. Bei bestehendem Vorhofflimmern ist eine Narkose zwar ebenfalls möglich, birgt aber ein größeres Risiko. Vorhofflattern (Abb. A-2.11) Vorhofflattern (Abb. A-2.11) Pathophysiologie: Die Vorhoffrequenz beträgt 200–350/min. Bei inkonstantem Blockierungsverhältnis ist die Kammerfrequenz unregelmäßig. Pathophysiologie: Die Vorhoffrequenz beträgt 200–350/min. In der Regel liegt keine 1 : 1-Überleitung der Flatterwellen auf die Kammern vor, da gleichzeitig eine AV-Blockierung besteht (2 : 1-, 3 : 1-Überleitung etc.). Bei inkonstantem Blockierungsverhältnis ist die Kammerfrequenz unregelmäßig. Ursachen: Sie entsprechen denen des Vorhofflimmerns. Ursachen: Sie entsprechen denen des Vorhofflimmerns. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. A-2.10 2 Vorbereitung des Patienten zur Anästhesie A A-2.11 21 2.4 Apparative präoperative Untersuchungen Vorhofflattern mit absoluter Arrhythmie Kammerkomplexe in unregelmäßigen Abständen I aVR II aVL Flatterwellen III aVF Präoperative Therapie: Senkung der Kammerfrequenz (möglichst auf < 100/min) durch Einsatz von Amiodaron, β-Rezeptorblockern, Digitalis oder Verapamil. Rechts- und Linksherzhypertrophie (Abb. A-2.12) Rechts- und Linksherzhypertrophie (Abb. A-2.12) Die Zeichen der Hypertrophie bedürfen weiterer Untersuchungen bezüglich der zugrunde liegenden Ursache und des Ausmaßes der Hypertrophie mittels Echokardiografie und Röntgen-Thorax-Aufnahme. Die Zeichen der Hypertrophie bedürfen weiterer Untersuchungen mittels Echokardiografie und Röntgen-Thorax-Aufnahme. A-2.12 Herzhypertrophie I V1 r Pmitrale R I Ppulmonale S II V2 III V3 aVL aVF Pmitrale T neg. V2 II ST aVR V1 III V3 SV2+ RV5 > 3,5mm = Sokolow-Lyon-Index V4 aVR V5 aVL V5 aVF V6 V4 ST T neg. V6 a a Rechtsventrikuläre Hypertrophie. b b Linksventrikuläre Hypertrophie. AV-Blockierungen AV-Blockierungen Der AV-Block I. Grades ist eine EKG-Diagnose ohne klinische Symptome (Abb. A-2.13a). Die PQ-Zeit ist länger als 0,2 s. Ursachen sind erhöhter Vagotonus oder Medikamenteneinflüsse (z. B. Digitalis-Überdosierung). Der AV-Block II. Grades imponiert als intermittierende Leitungsunterbrechung: Beim Typ A (Wenckebach- oder Mobitz-I-Periodik) wird die PQ-Zeit mit jeder Herzaktion länger, bis eine Überleitung und damit eine Herzaktion ganz ausfallen. Ursache kann eine Digitalis-Überdosierung sein (Abb. A-2.13b). Beim Typ B (Mobitz II), dem eine organische Herzerkrankung zugrunde liegt, besteht ein fixiertes Blockierungsverhältnis. Wenn von zwei Sinusknotenerregungen eine übergeleitet wird, spricht man vom 2 : 1-Block; ein 3 : 1-Block besteht, wenn von drei Erregungen lediglich eine übergeleitet wird. Beim Mobitz-II-Block besteht die Gefahr des Übergangs zum AV-Block III. Grades mit Adams-Stokes-Anfällen. Der AV-Block I. Grades ist eine EKGDiagnose ohne klinische Symptome (Abb. A-2.13a). Der AV-Block II. Grades imponiert als intermittierende Leitungsunterbrechung (Abb. A-2.13b). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Präoperative Therapie: Eine hohe Kammerfrequenz muss umgehend durch Einsatz von Amiodaron, β-Rezeptorblockern, Digitalis oder Verapamil gesenkt werden. Dabei sollte möglichst eine Frequenz von < 100/min erreicht werden. 22 A A-2.13 2 Vorbereitung des Patienten zur Anästhesie AV-Blockierungen 0,18 I 0,29 0,30 0,35 ∞ 0,18s P I PT I P P PT P P P E III P P P PQ-Zeit > 0,2s a II II III III b a AV-Block I. Grades. c b AV-Block II. Grades (Wenckebach). c AV-Block III. Grades. Der AV-Block III. Grades besteht in einer totalen Dissoziation von Vorhof- und Kammeraktionen (Abb. A-2.13c). Beim AV-Block II. Grades Typ B und beim AV-Block III. Grades sollte perioperativ ein Herzschrittmacher gelegt werden. Der AV-Block III. Grades besteht in einer totalen Dissoziation von Vorhof- und Kammeraktionen (Abb. A-2.13). Zwischen einem normfrequenten Vorhofrhythmus werden QRS-Komplexe eingestreut, die schenkelblockartig deformiert sein können und in keiner Beziehung zur P-Welle stehen. Die Gefahren bestehen im Herzstillstand (Asystolie) mit Bewusstseinsverlust und Atemstillstand und bei starker Bradykardie in einer Herzinsuffizienz. Deswegen sollte beim AV-Block II. Grades Typ B und beim AV-Block III. Grades zumindest perioperativ ein Herzschrittmacher gelegt werden. In der Regel muss anschließend ein permanenter Schrittmacher implantiert werden. Schenkelblockbilder Schenkelblockbilder Man unterscheidet unifaszikuläre, bifaszikuläre und trifaszikuläre (totale) Blockbilder: 1. Kompletter Rechtsschenkelblock (Abb. A-2.14a). 2. Linksanteriorer Hemiblock. 3. Linksposteriorer Hemiblock. 4. Kompletter Linksschenkelblock (Abb. A-2.14b). Entsprechend den intraventrikulären Reizleitungsstrukturen unterscheidet man unifaszikuläre, bifaszikuläre und trifaszikuläre (totale) Blockbilder: 1. Kompletter Rechtsschenkelblock (Abb. A-2.14a): QRS-Zeit > 0,11 s mit verspätetem Beginn der endgültigen Negativitätsbewegung; S-Zacke in I, M-förmig aufgesplitterter Linkstyp. 2. Linksanteriorer Hemiblock: überdrehter Linkstyp. 3. Linksposteriorer Hemiblock: Steilstellung bzw. Rechtsverlagerung der Herzachse ohne Rechtsherzbelastung. 4. Kompletter Linksschenkelblock (Abb. A-2.14b): QRS-Zeit > 0,11 s; breite und tiefe S-Zacke in V1 und V2. A-2.14 I Schenkelblockbilder S tief, breit V1 r R V1 I T stark pos. r T stark pos. S V2 II ST II V2 r S stark neg. R breit, aufgesplittert III aVR aVL S tief, breit QRS neg. V3 V4 III V3 aVR V4 V5 Q und S fehlen aVL aVF R breit, aufgesplittert a a Kompletter Rechtsschenkelblock. V6 aVF ST V5 V6 b b Kompletter Linksschenkelblock. T neg. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. II 23 Ursachen: Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Myokarditis und Kardiomyopathien. Ursachen: KHK, Herzinfarkt, Myokarditis und Kardiomyopathien. Therapie: Bei bifaszikulärem Block und zusätzlicher AV-Überleitungsverzögerung besteht zumindest für die perioperative Phase eine Schrittmacherindikation. Therapie: Bei bifaszikulärem Block (z. B. Rechtsschenkelblock + linksanteriorer Hemiblock) und zusätzlicher AV-Überleitungsverzögerung (inkompletter trifaszikulärer Block) besteht wegen der Gefahr einer kompletten Blockierung zumindest für die perioperative Phase eine Schrittmacherindikation. Extrasystolen Extrasystolen Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES, Abb. A-2.15a) kommen auch bei Gesunden vor und bedürfen keiner Therapie. Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES, Abb. A-2.15a) kommen auch bei Gesunden vor und bedürfen keiner Therapie. Ventrikuläre Extrasystolen (VES, Abb. A-2.15b) müssen hinsichtlich ihrer Häufigkeit und ihrer Morphologie betrachtet werden. Ventrikuläre Extrasystolen (VES, Abb. A-2.15b) müssen hinsichtlich ihrer Häufigkeit und ihrer Morphologie betrachtet werden. Vereinzelte, monomorphe VES sind in der Regel harmlos; polymorphe und häufig auftretende VES, insbesondere bei kranken Patienten (z. B. Myokardinfarkt), sind behandlungsbedürftig, da sie Kammerflimmern auslösen können, wenn sie in die sog. „vulnerable Phase“ einfallen. Die VES werden nach Häufigkeit und Art eingeteilt (Stadium 0–V nach Lown). Therapie: Nach Überprüfung und ggf. Korrektur des Serumkaliumwertes (angestrebter Bereich: 5,0–5,5 mmol/l) kann eine Therapie mit Antiarrhythmika eingeleitet werden (z. B. Amiodaron – Cordarex®, Metoprolol – Lopresor®, Lidocain – Xylocain®, Mexiletin – Mexitil®). A-2.15 Therapie: Nach Überprüfung und ggf. Korrektur des Serumkaliumwertes kann eine Therapie mit Antiarrhythmika eingeleitet werden. Extrasystolen SVES SVES V1 VES V1 V2 V2 V3 V3 a a Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES). b Ventrikuläre Extrasystolen (VES) mit kompensatorischer Pause. V4 b Präexzitationssyndrome Präexzitationssyndrome Wolff-Parkinson-White-(WPW-) und Lown-Ganong-Levine-(LGL-)Syndrom. Die Präexzitationssyndrome können durch paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien zur Verminderung des Herzzeitvolumens bis hin zum kardiogenen Schock führen. Das WPW-Syndrom manifestiert sich im EKG durch eine verkürzte PQ-Zeit (< 0,12 s) und eine δ-Welle. Beim LGL-Syndrom ist die PQ-Zeit ebenfalls < 0,12 s, die δ-Welle hingegen fehlt. Bei paroxysmaler Tachykardie ist eine Behandlung mit Ajmalin (Gilurytmal®) indiziert. Sie können durch paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien zur Verminderung des Herzzeitvolumens bis hin zum kardiogenen Schock führen. ST-Streckenveränderungen (Abb. A-2.16) ST-Streckenveränderungen (Abb. A-2.16) ST-Streckensenkungen oder -hebungen von > 0,1 mV in Ruhe können Hinweis auf eine myokardiale Ischämie sein. Bei klinischem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit ohne Ruhe-EKG-Veränderungen kann zur Objektivierung ein BelastungsEKG durchgeführt werden. ST-Streckensenkungen oder -hebungen von > 0,1 mV in Ruhe können Hinweis auf eine myokardiale Ischämie sein. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 2.4 Apparative präoperative Untersuchungen A 24 A a b c d e f g h i ST-Streckenveränderungen a b c d f g h i e Muldenförmige ST-Streckenveränderung, z. B. bei Digitaliseinnahme. Gesenkte, aszendierende ST-Strecke, z. B. bei Tachykardie, Hyperthyreose, Sympathikotonie. ST-Streckensenkung, z. B. bei Angina-pectoris-Anfall. Deszendierende ST-Streckensenkung bei Ischämie. Teilschichtinfarkt. ST-Streckenhebung, z. B. akute Ischämie bei akutem Koronarsyndrom. ST-Streckenhebung mit spitzer T-Welle, z. B. bei Perikarditis. ST-Streckensenkung mit TU-Verschmelzung, z. B. bei Hypokaliämie oder Ischämie. Hyperkaliämie mit zeltförmig positiver T-Welle. Zeichen eines Myokardinfarkts Zeichen eines Myokardinfarkts Je nach Stadium sind folgende EKG-Veränderungen zu unterscheiden (Abb. A-2.17a): 1. frischer Infarkt (T-Überhöhung und ST-Hebung, Abb. A-2.17b) 2. Zwischenstadium (R-Verlust, terminal negatives T, Abb. A-2.17c) 3. alter Infarkt (T-Normalisierung, kleine R-Zacke, tiefe Q-Zacke, Abb. A-2.17d). Je nach Infarktstadium sind folgende EKG-Veränderungen zu unterscheiden (Abb. A-2.17a): 1. frischer Infarkt: T-Überhöhung (sog. Erstickungs-T) und ST-Hebung (Abb. A-2.17b) 2. Zwischenstadium: R-Verlust mit QS-Komplex, terminal negatives T (Abb. A-2.17c) 3. alter Infarkt: T-Normalisierung, kleine R-Zacke, tiefe Q-Zacke (Abb. A-2.17d). Um abschätzen zu können, wie groß der Anteil des nicht mehr funktionsfähigen Myokards nach einem Infarkt ist, empfiehlt sich die Durchführung einer Echokardiografie oder eines koronaren CT. A-2.17 Myokardinfarkt EKG-Stadium EKG-Veränderungen Stadium 1 frischer Infarkt (akutes Stadium) Zwischenstadium Stadium 2 I II II II III III aVR aVR aVL aVL R-Verlust III aVR Q aVL Stadium 3 a b c d I ST alter Infarkt (chronisches Stadium) a I aVF b Schema eines Infarkts. Akuter Hinterwandinfarkt. Subakuter Hinterwandinfarkt (Zwischenstadium). Alter Hinterwandinfarkt. aVF aVF c d Q Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. A-2.16 2 Vorbereitung des Patienten zur Anästhesie 25 2.5 Bedeutung von Begleiterkrankungen 2.4.3 Laboruntersuchungen 2.4.3 Laboruntersuchungen In Abhängigkeit vom klinischen Befund, Anamnese sowie Art und Umfang der geplanten Operation werden laborchemische Parameter wie Hämoglobin, Hämatokrit, Natrium, Kalium und Kalzium, Glukose, Kreatinin und Harnstoff, Gesamteiweiß, GPT und γ-GT im Serum untersucht. Bei Patienten mit unauffälliger Anamnese ist eine Blutabnahme vor kleinen Eingriffen entbehrlich. Bei Störungen der Blutgerinnung, bei größeren Eingriffen und bei geplanten Regionalanästhesien sollte ein Gerinnungsstatus (INR, aPTT, Thrombozytenzahl und ggf. Thrombozytenfunktionstest) vorliegen. Bei pulmonalen Erkrankungen wird neben der arteriellen Blutgasanalyse (PaO2, SaO2, PaCO2, SBic, BE und pH) eine weitergehende Lungenfunktionsdiagnostik (Spirometrie: z. B. Vitalkapazität, forciertes Exspirationsvolumen, s. S. 432) unter Belastung durchgeführt. In Abhängigkeit vom klinischen Befund, Anamnese sowie Art und Umfang der geplanten Operation werden unterschiedliche laborchemische Parameter bestimmt. Bei Patienten mit unauffälliger Anamnese ist vor kleinen Eingriffen keine Blutabnahme nötig. 2.4.4 Spezielle präoperative Untersuchungen Je nach Ausmaß des operativen Eingriffes und Gesundheitszustand des Patienten können spezielle präoperative Untersuchungen notwendig werden. Anhand eines klinischen Beispiels soll dies verdeutlicht werden. ▶ Klinischer Fall. Ein 59-jähriger Mann mit Ösophaguskarzinom soll sich einer abdominothorakalen Ösophagusresektion mit Magenhochzug unterziehen. Intraoperativ ist eine Ein-Lungen-Ventilation geplant. Die Anamnese des Patienten ergibt einen seit 10 Jahren bestehenden, mit β-Rezeptorblockern eingestellten arteriellen Hypertonus, eine belastungsabhängige Dyspnoe, morgendlichen Husten mit gelblichem Auswurf, abendliche Unterschenkelödeme 2- bis 3-malige Nykturie, einen Nikotinabusus von 40 Zigaretten pro Tag sowie einen Alkoholabusus von 3 l Bier pro Tag. Bis auf den erhöhten Blutdruck sei der Patient immer gesund gewesen. Die klinische Untersuchung konzentriert sich auf die Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion. Es finden sich regelmäßige Herzaktionen, der Blutdruck wird mit 170/110 mmHg gemessen. Die Untersuchung des hepatojugulären Refluxes ergibt einen positiven Befund. Über beiden Lungenfeldern lässt sich ein hypersonorer Klopfschall perkutieren. Das Atemgeräusch ist leise, es lassen sich feinblasige Rasselgeräusche auskultieren. Die übrige körperliche Untersuchung ist bis auf beidseitige Knöchelödeme unauffällig. An pathologischen Laborparametern finden sich eine Erhöhung der γ-GT auf 47 U/l und des Blutzuckers auf 163 mg/dl. Das EKG zeigt eine Linksherzbelastung sowie ST-Streckensenkung in V1–V3. Im Röntgen-Thorax sieht man ein verbreitertes Herz, einen gestauten Gefäßhilus sowie ein Lungenemphysem. 2.5 2.4.4 Spezielle präoperative Untersuchungen Je nach Eingriff und Gesundheitszustand können spezielle präoperative Untersuchungen notwendig werden. Aufgrund der Anamnese, der bisher erhobenen Befunde und des geplanten intrathorakalen Eingriffes werden vom Anästhesisten zusätzlich eine arterielle Blutgasanalyse, eine Spirometrie, ein Belastungs-EKG und eine echokardiografische Untersuchung angefordert. Die Blutgasanalyse ergibt eine respiratorische Partialinsuffizienz (PaO2 unter Außenluft 68 mmHg); die Spirometrie zeigt außer einer mäßigen Überblähung keinen pathologischen Befund. Das Belastungs-EKG muss bei 100 Watt wegen Erschöpfung und deutlicher ST-Streckenveränderungen abgebrochen werden. Echokardiografisch finden sich ein erweiterter rechter und linker Ventrikel mit ausreichender Kontraktilität. Diese Befunde sprechen insgesamt für eine eingeschränkte kardiopulmonale Funktionsreserve, weshalb eine Koronarangiografie durchgeführt wird, bei der zwei koronararterielle Stenosen mit Stents versorgt werden. Nach zusätzlicher medikamentöser Einstellung z. B. mit Aspirin wird der Patient unter invasivem Kreislaufmonitoring operiert und auf der operativen Intensivstation nachbehandelt. Fazit: Bei intrathorakalen Eingriffen ergeben sich durch anästhesiologische Maßnahmen (Ein-Lungen-Ventilation), Lagerung (Seite) und chirurgische Manipulation (Kompression von Lunge, Gefäßen und Herz) pathophysiologische Veränderungen, die zu Komplikationen führen können. Um das perioperative Risiko dieser Patienten besser abschätzen und ggf. vermindern zu können, muss daher eine differenzierte präoperative Untersuchung und mögliche Verbesserung der Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion erfolgen. Bedeutung von Begleiterkrankungen 2.5 Bedeutung von Begleiterkrankungen Begleiterkrankungen erhöhen je nach Ausprägung bzw. Schweregrad das perioperative Risiko für den Patienten und bedürfen einer sorgfältigen präoperativen Diagnostik ebenso wie gezielter therapeutischer Maßnahmen. 2.5.1 Kardiopulmonale Erkrankungen 2.5.1 Kardiopulmonale Erkrankungen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz ▶ Definition. Bei der Herzinsuffizienz liegt eine Leistungsabnahme des Herzens ▶ Definition. vor, die durch die Unfähigkeit gekennzeichnet ist, den Organismus seinen Bedürfnissen entsprechend mit Blut zu versorgen (NYHA-Klassifikation s. S. 15). Gefahr für die Anästhesie: Patienten mit Herzinsuffizienz zeigen eine deutlich geringere Kompensationsbreite gegenüber den negativ inotropen Wirkungen von Anästhetika, Blutdruckschwankungen, Hyper- oder Hypovolämie und Hypoxämie. Unter Gefahr für die Anästhesie: Unter dem Einfluss von Operation und Anästhesie können kompensierte Zustände akut dekompensieren. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. A