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Reduce to the max
IT Service Management für KMU
von Martin Andenmatten
Dem Trend in Richtung Cloud kann man sich nicht mehr entziehen. Immer neuere und verlockende Angebote
schiessen Tag für Tag aus dem Boden, und die Verkäufer von Cloud-Service-Providern belagern CIOs, um ihre Services anzupreisen. Ob man nur die Infrastruktur als Service bezieht und Plattformen und Anwendungen in einer
ausschliesslich privaten Umgebung selber installiert und betreibt, oder ob man die ganzen Lösungen in einem gemeinsam mit anderen Benutzern geteilten Umfeld nutzt, zeigt die schier grenzenlose Bandbreite auf, wie IT heute
bereitgestellt werden kann. Was den Unternehmen jedoch nicht abgenommen werden kann, ist das Managen dieser
Cloud-Services und die Sicherstellung der Datensicherheit und Einhaltung der Datenschutzbestimmung.
kmuRUNDSCHAU // Seite 52
B
esser: Ein strategisches Asset
sollte besser intern unter Kontrolle
gehalten werden. IT Service Management und IT Governance bleiben in
den Verantwortungsbereichen der Unternehmen – unabhängig ob gross, mittel oder klein. Zu gross sind die Herausforderungen der IT-Industrie, welche
auch vor den kleineren Organisationen nicht haltmachen. Verlässliche ITLeistungen, Sicherheit, Mobilität und
Kostendruck sind nicht nur für grosse
Organisationen eine Herkulesaufgabe –
auch KMUs müssen hier eine gangbare Lösung finden. Für IT Service Management und IT Governance gibt es
bewährte Praktiken in Form von umfassenden Leitfäden (ITIL®, 1) COBIT® 2) ),
welche in allen Details beschreiben, WAS
eine professionelle Organisation alles tun
muss, um die IT im Griff zu haben. Nur,
diese Frameworks bleiben aufgrund ihres Umfangs für die meisten Organisationen ein Buch mit sieben Siegeln. Viele
Organisationen – insbesondere auch
grosse – sind daran gescheitert, weil sie
vor lauter Prozessen das Business aus
den Augen verloren und sich in einem
Bürokratielabyrinth verrannt haben.
ist Professionalität in der Führung der
Service-Lieferketten. Hier haben KMU
gewaltige Vorteile gegenüber den grossen Organisationen.
Unterschiede zwischen gross und klein
Kleinere Organisationen werden oft auf
ihre beschränkten finanziellen und personellen Mittel reduziert. Das leuchtet
ein und macht klar, dass nicht mit der
gleich grossen Kelle angerührt werden
kann. Trotzdem bleiben die Herausforderungen hinsichtlich Sicherheit und
Qualität ähnlich gross.
vermessen, einzelne Service-Management-Disziplinen generell als mehr oder
weniger wichtig zu deklarieren. Grundsätzlich sind alle Themen wichtig –
sonst wären sie nicht in der IT-Branche
als Best-Practice-Ansätze aufgenommen worden.
Jedes Unternehmen muss sich seinen
Herausforderungen stellen und ist auf
eine kundenfokussierte und ordnungsgemässe IT-Dienstleistung angewiesen.
Ich habe die wesentlichen Disziplinen in
folgende fünf Domänen aufgeteilt:
Es gibt aber auch viele Vorteile, welche kleinere Organisationen gegenüber
grösseren haben: Agilität und Flexibilität. Während grosse Organisationen geradezu darunter leiden, breitangelegte
Abstimmungen mit allen Bereichen des
Unternehmens durchführen zu müssen,
werden in KMU Entscheide recht pragmatisch und im Türrahmen mit dem CIO
gefällt. Grosse Organisationen tendieren zu viel mehr Bürokratie und damit
zu lähmenden Abläufen, während kleine
Organisationen schlanke und direkte
Wege kennen.
Die Fünf-plus-eins-Domänen in ITSM
In vielen Organisationen macht man
nun einen weiten Bogen um diese BestPractice-Ansätze und versucht einen eigenen Weg, um der Sache «IT» Herr zu
werden. Dabei sind aber nicht die Frameworks das eigentliche Problem, sondern
die Art und Weise, wie versucht wurde,
diese Empfehlungen in der eigenen Organisation umzusetzen. IT Governance
und IT Service Management stellen das
Business und deren Erwartungen an die
IT in den Vordergrund – nicht die Prozesse. IT-gestützte Businessergebnisse
und Zufriedenheit der Anwender sind
die eigentlichen Ziele. IT-Organisationen
messen ihre Leistungen hinsichtlich Reaktionszeiten von Störungstickets oder
Verfügbarkeit von Systemen in Prozenten. CIOs wundern sich, dass die Ampeln der SLAs Grün anzeigen und er
trotzdem unzufriedene Anwender hat.
Die IT ist oft zu weit weg von ihrem Business und versucht, mit technokratischen
Mitteln die gutgemeinte Qualität zu beweisen, statt sich von den Zielen und
Erwartungshaltungen des Business leiten zu lassen.
Dabei braucht es wenig, um IT-Services im Sinne des Unternehmens managen zu können. Was es aber braucht,
Grössere Organisationen sind schwierig zu führen. Man holt sich Berater und
stützt sich mehrfach ab, um ja nicht belangt zu werden; Währenddessen kleinere Organisationen eher auf ihre Kunden und Kollegen in ähnlichem Umfeld
hören und sich inspirieren lassen.
Kleine Organisationen sind wie ein Dorf –
da kennt man sich und weiss, wer wofür zuständig ist. Grosse Organisationen
sind wie Städte – sehr unpersönlich und
immer wieder überraschend, wer auch
noch seine Ideen einbringen möchte.
Grosse Organisationen haben also nicht
nur Vorteile. Es ist gerade für den Mittelstand wichtig, dass wichtig, dass er
seine Vorteile nutzt und und durch mehr
Agilität und Flexibilität besser auf die
Anforderungen ihres Business reagieren. Das ist im Bereich ITSM besonders
wichtig.
Die Fünf-plus-eins-Domäne ITSM
Welche Themen von ITIL® und COBIT®
sind nun wichtig für eine Organisation –
welche können weggelassen werden?
Diese Frage stellen sich nicht nur die
kleinen Organisationen. Auch grosse
sind oft nicht in der Lage, alle Themen
gleichzeitig zu starten. Es wäre auch
Die Fünf-plus-eins-Domänen in ITSM
> G overnance: Hier sind die Führungsprinzipien, die Abstimmung
mit den Businesszielen sowie die
Rollen und Verantwortlichkeiten
zwischen dem Business und der
IT-Organisation definiert.
> Kunden-Domäne: Hier spielen sich
alle direkten Kontakte auf Business- und Benutzerebene ab.
> Sicherheits-Domäne: Hier geht es
um die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und den Schutz der
Daten und Services.
> Sourcing-Domäne: Bei dieser Domäne dreht sich alles um die Bereitstellung der Ressourcen, sei es intern
oder extern oder gar aus der Cloud.
> Technologie-Domäne: Letztlich ist
die IT immer auch noch Technik, welche immer mehr in der Kontrolle des
Endanwenders liegt und gleichzeitig
mit den internen Technologie-Architekturen vernetzt werden muss.
Die «plus eine» Domäne kümmert sich
um Change & Control und soll sich damit um die ordnungsmässige Abwicklung der Änderungen kümmern und die
Nachvollziehbarkeit gewährleisten.
Ausgabe 4_2015 // Seite 53
Marcom
Alle Fünf-plus-eins-Domänen sind für
KMU-Verantwortliche wie auch für grosse Organisationen wichtig. Das ITService-Management-System ist das
Führungssystem, welches diese Domänen zusammenhält und damit die Basis
für mehrwertgenerierende IT-Services
bildet.
cen und Risiken, insbesondere in der
Frage des Sourcing oder Einsatzes von
Cloud-Diensten muss mit dem Business
aufgebaut und fortlaufend überprüft werden. Ohne diese Klarheit bezüglich Zielen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten wird die IT nie ein optimaler
Partner für das Business werden.
Ich stelle im Folgenden die Fünf-pluseins-Domänen etwas detaillierter vor.
2. Kunden-Domäne
1. Governance
IT Service Management ist eine Führungsaufgabe, welche sicherzustellen
hat, dass mit den IT Services die Unternehmensstrategie ermöglicht und die
Geschäftsprozesse im Tagesgeschäft
unterstützt werden. Es ist wichtig zu verstehen, was der Wertbeitrag der IT für
das Business ist und wie dieses konkret
aus Sicht des Business erlebt werden
soll. Das gemeinsame Verständnis dazu
und die Abstimmung der Ziele sind wichtige Voraussetzung, damit die IT-Organisationen ihre Prioritäten richtig setzen.
Das gemeinsame Verständnis der Chan-
Schnittstelle zwischen Business und Service
Provider schliessen.
Die Kunden-Domäne des ITSM
Die Kunden-Domäne des ITSM
Es gibt drei Ebenen, bei welchen der
Kunde mit der IT-Organisation in Kontakt tritt. Der Benutzer auf der operationellen Ebene im Wesentlichen über
den Service-Desk. Der Business-Manager auf der taktischen Ebene über
den Service-Katalog und das SLA
durch den Business Relationship Manager und den Service Level Manager und letztlich der Geschäftsführer
über die strategische Ebene. Insbesondere der Service-Desk, das Incident
Management und der Service-Katalog
sind zentrale Elemente, um der IT ein
Gesicht und eine Sprache zu geben.
Wenn diese Schnittstellen zum Kunden gut realisiert und damit als Visitenkarte der IT-Organisation etabliert sind,
kann sich hinter dieser Fassade noch
sehr viel Chaos verbergen, ohne dass
damit das Image der IT leidet. Umgekehrt kann eine noch so gut strukturierte IT-Organisation mit einem lausigen Kunden-Interface nie den Kunden
zufriedenstellen.
Weitere Optimierungen nach der Umsetzung des Service-Desks und des
Service-Katalogs sind im Bereich
Service-Request-Modelle und Automatisierung von Bestellabwicklungen
anzustreben.
kmuRUNDSCHAU // Seite 54
3. Sicherheits-Domäne
Sicherheit darf nicht unterschätzt werden. Sie ist nicht mit einem Tool oder mit
den restriktiven Verboten von bestimmten Technologien alleine zu gewährleisten. Sicherheit kostet – aber KEINE
Sicherheit kostet viel MEHR. Ein CIO
handelt schlichtweg fahrlässig, wenn er
nicht die notwendigen Schutzmassnahmen einrichtet.
Rollenkonzept und ein gut definierter
und durchgesetzter Identity & Access
Management Prozess, welcher den Zugriff auf vertrauliche Systeme und Daten regelt, sind das absolute Minimum.
Privacy – der Schutz der Privatsphäre –,
aber auch Cyber Security sind heute
die zentralen Themen in der Geschäftswelt. Einfach einen Virenscanner zu installieren genügt heute bei Weitem nicht
mehr. Die Angriffe sind viel subtiler und
zielen auf die Daten von Unternehmen
ab. Auch KMUs brauchen heute hier
ein minimales Verständnis dieser Gefahren und müssen sich hinsichtlich
wirkungsvoller Abwehr rüsten. Letztlich
gehört in diese Domäne auch ein Business Continuity Management sowie ein
darauf abgestütztes IT-Service-Continuity-Konzept. Eine einfache, aber mit
dem Business durchgeführte ImpactAnalyse zeigt aufschlussreich auf, wie
schmerzlich sich der Ausfall oder Verlust
von Daten und IT-Services auf das Geschäft auswirken würde. Wir reden hier
nicht mehr von einfachen Störungen,
sondern von solchen, die sich zur Krise
entwickeln und das Unternehmen stilllegen. Der damit hochgerechnete Schaden lässt geeignete Recovery-Massnahmen gut begründen.
Marcom
IT-Organisationen, welche bereits an der
Planung des Business Continuity Management scheitern, planen das Scheitern des Unternehmens im Ernstfall.
ten Schatten-ITs ausgesetzt zu sein
und die Einhaltung der regulatorischen
Pflichten zu gefährden.
5. Technologie-Domäne
4. Sourcing-Domäne
Die Kunden-Domäne des ITSM
Die letzte und doch auch wichtige Domäne ist die Steuerung aller Veränderungen an IT-Services, Verträgen und Technologien. Die IT ist heute dermassen in
die Abwicklung der Business-Prozesse
integriert, dass die regulatorischen Anforderungen eins zu eins in der IT umgesetzt werden müssen. Änderungen
an den Abläufen und Systemen müssen nachvollziehbar sein, und der CIO
ist rechenschaftspflichtig über sämtliche Bewegungen der IT-Assets, Daten
und Systeme.
Das Change Management ist eine der ersten Hausaufgaben einer jeden, wenn auch
noch so kleinen IT-Organisation, welche
möglichst früh umgesetzt werden muss.
Jedes noch so gut gemeinte «Hey – Joe,
mach mal schnell» ist Gift in den Augen
der Auditoren und letztlich nicht zu verantworten.
Die Kunden-Domäne des ITSM
Alles aus einer Hand ist heute eher die
Ausnahme als die Regel. Grosse wie
auch kleine Organisationen tendieren
mehr den je dazu, IT-Leistungen extern
zu beziehen.
Die Frage nach dem richtigen SourcingModell kann sowohl auf der IT-Entwicklungs- wie auch auf der Servicebereitstellungs-Seite gestellt werden. Gerade
jetzt, wo Infrastrukturen, Plattformen
und ganze Software-Applikationen als
Services aus der Wolke bezogen werden können, ist diese Frage mehr als
berechtigt.
Dieser Trend wird anhalten. Die IT kann
sich diesem Trend nicht entziehen. Der
Kostendruck ist schlichtweg zu gross
und der Fachkräftemangel zu prägnant,
als dass sie mit dem vielfältigen CloudAngebot Schritt halten kann. Auch
KMUs müssen hier die Schnittstelle
zwischen Business und Service Provider wahrnehmen und als Service Broker
sicherstellen, dass Vorgaben und Kontrollen eingehalten und die operative Abhängigkeit minimiert werden.
Das Lieferanten-Management sowie die
Definition einer mit dem Business abgestimmten Sourcing und Cloud Governance sind zentrale Themen, welche
auch ein Mittelständer umsetzen muss,
um nicht einem Heer von unkontrollier-
Die Technologie ist die Paradedisziplin
der IT-Organisationen. Aber immer mehr
geht die Kontrolle darüber auf die Endbenutzer über und läuft Gefahr, der ITOrganisation zu entgleiten. Vorbei sind
die Zeiten, in welchen die interne IT die
Herrschaft und das Wissen über die
Technologie gehortet hatte. Die neuen
Generationen von Anwendern wachsen
mit dem Internet und all seinen Möglichkeiten auf. BYOD, Social Media und Mobilität sind Voraussetzungen, um überhaupt gute Leute in die Unternehmen
zu locken. Eine IT-Organisation, welche
sich hier unter noch so gut gemeinten
Argumenten versucht zu verweigern,
wird früher oder später von der Realität
überrannt. «Man kann den Regen nicht
am Fallen hindern.»
Fazit
ITSM ist auch für den Mittelstand wichtig. Es empfiehlt sich, sich mit den
Frameworks ITIL® und COBIT® vertieft
auseinanderzusetzen. Ein erfahrener
externer Berater kann hier helfen, den
Weg durch den Dschungel zu finden und
als Lotse in der Organisation dem CIO
den Weg aufzuzeigen.
Anmerkung
1)
ITIL® ist ein registriertes Trademark der Firma Axelos Limited und gilt als für eine konsistente Umsetzung von IT Service Management. Es vermittelt einen
guten Überblick und ein gutes Verständnis über die
Zusammenhänge innerhalb einer IT-Organisation.
2)
COBIT® ist ein registriertes Trademark der Information Systems Audit and Control Association (ISACA)
und ist für die Governance und das Management der
Unternehmens-IT. Es stellt Anleitungen und Hilfsmittel zur Gestaltung und Umsetzung von Führungsgrundlagen bereit, mit denen Informationstechnologien und Daten so gesteuert werden können, dass
ihr Unternehmen den gewünschten Erfolg und Mehrwert erzielt.
Plus eins: Change-Control-Domäne
Martin Andenmatten
ist Gründer und Geschäftsführer der
Glenfis AG.
Die Change-Control-Domäne des ITSM
www.glenfis.ch
Ausgabe 4_2015 // Seite 55
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