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24.50 Lesen von Texten
Literatur
[1] Goldblum D, Brugger A, Haselhoff A et al. Longitudinal
change of refraction over at least 5 years in 15,000 patients.
Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2013; 251(5): 1431–1436
[2] Grosvenor T, Scott R. Three-Year changes in refraction and
its components in youth-onset and early adult-onset myopia. Optom VisSci 1993; 70(8): 677–683
[3] Lee KE, Klein BE, Klein R et al. Changes in refraction over 10
years in an adult population: the Beaver Dam Eye study. Invest Ophthalmol VisSci 2002; 43(8): 2566–2571
[4] Liang YB, Lin Z, Vasudevan B et al. Generational difference of
refractive error in the baseline study of the Beijing Myopia
Progression Study. Br J Ophthalmol 2013; 97(6): 765–769
[5] Mutti DO Zadnik K. Age-related decreases in the prevalence
of myopia. Invest Ophthalmol Vis Sci 2000; 41(8): 2103–
2107
24.49 Fusion
Unter Fusion wird ophthalmologisch das Verschmelzen der beiden einzelnen, mit beiden Augen
getrennt gesehenen Bilder zu einem Gesamtbild
verstanden. Dieser komplexe zerebrale Vorgang
wird als solcher nicht bewusst wahrgenommen.
Physiologischerweise ist eine horizontale Fusionsbreite um 6–10 pdpt – allerdings individuell sehr
unterschiedlich – vorhanden. Im vertikalen Bereich ist nur eine sehr geringe Toleranzbreite von
3–5 pdpt gegeben.
Ist das Fusionsvermögen nur etwas beeinträchtigt, können durch eine unterschwellige Kompensationsstörung mehr oder weniger dauerhafte
Kopfschmerzen – meist im Stirn-/Schläfenbereich –
oder ein allgemeines Unwohlsein auftreten. Da
eine derartige Fusionsstörung von dem Betroffenen nur diffus konkretisiert werden kann, wird allgemein nur von einer wenig aussagekräftigen
Symptomatik berichtet.
In Grenzbereichen der Fusion treten verschwommene Umrisse, insgesamt verschwommene Bildeindrücke oder intermittierend Doppelbildwahrnehmungen – beim Fernsehen oder besonders bei längeren Feinarbeiten in der Nähe oder
beim Lesen – auf. Auch das Erfassen sich schnell
bewegender (dynamisches räumliches Sehen) oder
gar vieler sich in verschiedene Richtungen bewegender Objekte (allgemeiner Verkehrsfluss) ist behindert.
Wenn die Fusion zusammenbricht, wird es als
Verlust an Stereosehen bemerkt. Anfangs entste-
hen Fehlgriffe, Fehleinschätzungen in näheren Distanzen und damit allgemeine Unsicherheiten. Zudem können zu Beginn Doppelbildwahrnehmungen auftreten.
Durch stumpfe Schädel-Hirn-Traumen kann es
zu einer Schädigung der sensorischen Fusion kommen. Auch bislang kompensierte, sich hinsichtlich
ihrer Größe unterscheidende retinale Bilder können nicht mehr wie bisher beschwerdefrei verschmolzen werden. Die resultierenden Beschwerden reichen von Asthenopien, Bildverziehungen,
Verschwommenheiten bis zu manifesten Doppelbildern.
24.50 Lesen von Texten
24
Zum Lesen eines Textes bedarf es einer kurzen ruhenden Fixation auf jeweils einem Zeilenstück
(▶ Abb. 24.27), das dann aneinandergereiht wird,
ähnlich einem Kinofilm, der stehende Einzelbilder
in fortlaufender Reihenfolge zeigt. Wie ein gleichmäßig permanent durchgezogener Filmstreifen
nur verwaschen gesehen wird, würde auch ein
Text als verschwommener breiter Strich erscheinen, wenn die Augen gleichbleibend fließend lesen. Würde z. B. das Sehzentrum des Auges (Makula) die Zeilen gleitend abtasten, so würde sich die
Zeile als ein inhomogenes verwaschenes Band
ohne Einzelheiten darstellen. Mit der Registrierung
von Blickbewegungen sind heute die für das Lesen
typischen Blickbewegungen (Sakkaden) bekannt.
Die häufigsten Ursachen von aufgetretenen Lesestörungen sind zentrale oder homonyme Gesichtsfeldausfälle mit Macular Splitting, ein visueller Neglect sowie eine Sehschärfenminderung und
Augenbewegungsstörungen, Fusionsstörungen –
selten Defizite in den hirnorganischen Verschaltungen.
Das Lesen erfolgt in Sakkaden, d. h. es werden
nicht die einzelnen Buchstaben oder Worte fixiert,
sondern in einer Zeile sprunghaft mehrere Areale
(die nicht einem Wort entsprechen) fixiert und die
Umgebung wird dazu mit aufgenommen – wenngleich nicht in der Deutlichkeit (Schärfe), wie der
direkt fixierte Text. So folgen die Augenbewegungen einer imaginären Linie an Haltepunkten – und
bei Textreihen einer anstehenden Diagonalen
(▶ Abb. 24.27). Zwischendurch kommt es immer
wieder zu Regressionen, d. h. einer entgegengesetzten Sakkade oder gar Wiederholung mehrerer Teilstrecken, wenn die gelesenen Abschnitte
als nicht folgerichtig erkannt und/oder inhaltlich
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raussetzungen zur Erlangung von Ansprüchen als
Basis zur Verfügung stehen, um die Belange des
Einzelnen weitgehend zu berücksichtigen.
Schwierigkeiten
wierigkeiten beim Lesen
Dass Lesen erfolgt in Sakkaden, d.h. es werden nicht die
einzelnen
einer
zelnen Buchstaben oder Worte fixiert, sondern in eine
Zeile sprunghaft mehrere Areale (die nicht einem Wort
Wo
aufgeentsprechen!) fixiert und das Umfeld dazu wird mit aufg
nommen – wenngleich nicht in der Deutlichkeit (Schä
(Schärfe)
wie die direkt fixierte Buchstabenkette. So folgen die Augenbewegungen
Haltepunkten
ewegungen einer imaginären Linie an Haltepu
Diagonalen. Zwi– und bei Textreihen einer anstehenden Diagonalen
schendurch
Regressionen,
durch kommt es immer wieder zu Regressione
d..h.
..h. einer entgegengesetzten Sakkade oder gar WiederWie
nicht sinngemäß erfasst wurden. Diese Vorgänge
werden auch immer wieder gezielt provoziert, um
den Satz als Ganzes – in seiner Struktur als auch
seiner Aussage – zu analysieren, bzw. sich zu vergewissern, dass alles so aufgenommen (erfasst)
wurde, wie es konkret vorliegt. So ist verständlich,
dass der Anteil an Regressionen bei komplexen
Satzkonstruktionen, mehrdeutigen Aussagen oder
unklaren Definitionen als auch schwierigen Zusammenhängen zunimmt.
Die auftretenden Sakkaden sind u. a. abhängig
von der Schriftwiedergabe (rechts nach links oder
umgekehrt) als auch der Textgestaltung und seinem Inhalt. In der westlichen Kultur verlaufen sie
von links nach rechts und oben nach unten. Bei
leicht verständlichen Texten sind weniger Sakkaden pro Zeile, bei anspruchsvolleren Texten mehrere mit teilweisen Rücksprüngen gegeben. Bei
geübten Lesern erfasst der Blick jeweils 3 bis 4
Worte und entnimmt den Sinnzusammenhang.
Zu einem beschwerdefreien Lesen ist eine gewisse intakte Sehzone (ca. 5° horizontal sowie 2°
vertikal) um den Fixierpunkt erforderlich. Diese
Vorgabe wird bei einer Makuladegeneration oft
nicht mehr erreicht. So wird hier zwar ein noch
ausreichender Fernvisus (Prüfung von Einzelbuchstaben) angegeben, aber ein zusammenhängender
Text mühsam und meist unvollständig erfasst.
holung
ung
ng mehrerer Teilstrecken, wenn die gelesenen Abschnitte als
inhaltlichls nicht folgerichtig erkannt und/oder inhaltl
sinngemäß
ngemäß erfasst wurden. Diese Vorgänge laufen reflekreflek
torisch ab ...
Interessant wird es, wenn beim genauen Lesen dieses
Textes das hier direkt darunterliegende Feld mit den
Streifen „im Blickwinkel“ mit beobachtet wird: Bei einem
gleichmäßigen Lesen würden die Balken als schwarze
Flächen erscheinen. Sie werden aber bemerken, dass sich
die Balken entsprechend ihrer Lesegeschwindigkeit
ruckartig – besser ausgedrückt nystagmisch – nach links
bewegen. So sehen Sie selbst das ruckartige Bewegen
ihres Auges beim Lesevorgang.
Abb. 24.27 Sakkaden beim Lesen.
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Merke
Ein beschwerdefreies Lesen erfordert in westlicher
Schriftkultur ein ca. 5° langes und 2° hohes intaktes Netzhautareal um die Makula.
Um diese Ursache und die auftretende Schwierigkeit, ein größeres Lesegebiet zusammenhängend
erfassen zu können, muss gewusst werden, wenn
vergrößernde Sehhilfen zum Einsatz kommen sollen. Gerade hier ist eine möglichst hohe Vergrößerung keineswegs auch die optimale Hilfe, zumal
wenn ohnehin nur eine kleine intakte Sehinsel
noch vorhanden ist. Weiter dazu im Kapitel vergrößernde Sehhilfen (S. 607).
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