Warum OP-Mindestmengen in Krankenhäusern notwendig sind

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Warum OP-Mindestmengen in
Krankenhäusern notwendig sind | Manuskript
Warum OP-Mindestmengen in Krankenhäusern notwendig sind
Bericht: Inga Klees
Vor zweieinhalb Jahren hat Dieter Kampe zum letzten Mal ein künstliches Hüftgelenk
eingesetzt bekommen:
Dieter Kampe
Ich versuche möglichst jeden Tag 30 Minuten zu fahren. Ich bin froh, dass ich mich endlich
wieder so belasten kann, wie ich es vorher auch gemacht habe.
Dieses Vorher ist inzwischen zehn Jahre her. 2007 wurde bei dem Rentner eine Arthrose im
linken Hüftgelenk festgestellt. Eine Operation war unumgänglich. Der heute 77-Jährige
bekam ein künstliches Hüftgelenk. Doch das bereitete nach kurzer Zeit Probleme. 2008
musste er wieder operiert werden, um den Fehler vom ersten Mal zu korrigieren:
Dieter Kampe:
Ich habe dann beim selben Operateur, weil ich mich in dem Haus normalerweise wohl
gefühlt habe und gedacht habe, wenn ein Fehler passiert, müsste es beim zweiten Mal ja
dann richtig gemacht werden. Aber leider hat man dann einzementiertes Implantat
genommen, Hüfte gesetzt und nach etwa drei Monaten hat sich dieser Zement wohl
gelockert, wie auch immer gelockert, und ich bekam wieder Schmerzen und habe dann
Ärzte aufgesucht, die festgestellt haben zu wenig Zement.
2014 entschließt sich Dieter Kampe notgedrungen endlich zu einer dritten Hüftoperation.
Die führte Professor Karl-Dieter Heller aus, bei dem Herr Kampe einmal im Jahr zur
Nachuntersuchung ist:
Prof. Karl-Dieter Heller, Chefarzt Herzogin Elisabeth Hospital
Es ist ja unüblich, dass eine solche Prothese nach so kurzer Zeit locker ist. Wir gehen davon
aus, dass maximal 10 Prozent nach 10 Jahren locker sind. Das Schicksal, was Sie da erlitten
haben, ist schon eine Ausnahme. Das ist nicht normal.
Karl-Dieter Heller ist der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik.
Auch wenn Hüftoperationen inzwischen sehr häufig durchgeführt werden, ist das
Operationsverfahren durchaus anspruchsvoll. Der Mediziner fordert deshalb die Einführung
einer sogenannten Mindestmenge, die bei planbaren Hüft-Operationen festlegt, ab welcher
Anzahl von Operationen pro Krankenhaus und Jahr ein Mindeststandard von Qualität
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erreicht wird, der die Sicherheit der Patienten garantieren soll. Bei künstlichen Kniegelenken
gibt es so eine Mindestmenge bereits. Sie lautet minimal 50 Eingriffe pro Krankenhaus im
Jahr.
Prof. Karl-Dieter Heller:
Das Ziel muss es sein, Erfahrung zu haben und Qualität zu liefern. Und das kann man
meiner Meinung nach nur, wenn man einen solchen Eingriff in gewisser Regelmäßigkeit
macht. Stellen sie sich einfach vor, sie haben eine MM von 50 OPs pro Jahr, dann ist das
einmal pro Woche. Das ist meiner Meinung nach immer noch relativ wenig.
Ob auch bei Hüftgelenken tatsächlich eine Mindestmenge eingeführt wird und wie hoch die
sein soll, darüber müssen sich Ärzte, Krankenkassen und die Deutsche Krankenhaus
Gesellschaft im sogenannten Gemeinsamen Bundesauschuss verständigen. Untersuchungen
belegen jedenfalls den eindeutigen Zusammenhang zwischen Häufigkeit der Operationen
und einer deutlich sinkenden Fehlerrate.
Von 2012 bis 2014 erhielten 134.000 AOK-Patienten ein neues Hüftgelenk. In Kliniken in
denen maximal 38 solcher Operationen pro Jahr stattfanden, war das Risiko für die
Patienten doppelt so hoch innerhalb eines Jahres eine erneute Hüftoperation zu brauchen,
als in den Krankenhäuser, die mehr als 211 Hüft-OPs im Jahr vornahmen.
(Quelle: AOK Krankenhaus-Report 2017)
Seit 2004 wurden Mindestmengen für Krankenhäuser bundesweit eingeführt. Sie gelten
bisher für sechs planbare Operationen, die - wie hier an der Bauspeicheldrüseaußerordentlich kompliziert und mit hohen Risiken für die Patienten verbunden sind
.
Professor Thomas Mansky, der das Fachgebiet medizinisches Qualitätsmanagement an der
TU Berlin leitet, erklärt, weshalb die Einhaltung der Mindestmengen bei diesen Eingriffsarten
so wichtig ist.
Prof. Thomas Mansky, Strukturentwicklung- und Qualitätsmanagement im
Gesundheitswesen, TU Berlin
Die Sterblichkeit als der wichtigste Ergebnisindikator kann in Krankenhäusern mit kleiner
Fallzahl doppelt so hoch sein, wie in Krankenhäusern mit großer Fallzahl. Das ist wirklich
ein sehr relevanter Unterschied. Aber es ist nicht nur die Sterblichkeit, die Möglichkeit bei
auftretenden Komplikationen den Patienten zu retten unterscheiden sich. Und auch die
Langzeitergebnisse können unterschiedlich sein.
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Soweit die Theorie. Doch viele Krankenhäuser halten die Mindestmengen in der Praxis nicht
ein. So haben beispielsweise 2014 bei Operationen an der Speiseröhre 66,3 Prozent der
Krankenhäuser, die einen solchen Eingriff durchführten, die Mindestmenge nicht erreicht.
Bei Operationen an der Bauchspeicheldrüse waren es 44,3 Prozent
und bei künstlichen Kniegelenken blieben 24,6 Prozent der Kliniken unterhalb der
vorgeschriebenen Fallzahl.
(Quelle: Mansky, Nimptsch TU Berlin)
Prof. Karl-Dieter Heller
Wenn eine Klinik die Mindestmengen nicht erreicht, dann muss man auch erwarten, dass
die Kassen dann diese OP’s auch nicht bezahlen. So ist es im Gesetz festgelegt. Was dann
vor Ort verhandelt wird, warum dann dennoch diese zu geringe Zahl unterstützt und
bezahlt wird, das ist letztlich eine Frage, die man der AOK oder anderen Kassen stellen
muss, die ja eigentlich die Mindestmengen haben wollen.
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender AOK-Bundesverband
Die Krankenkassen konnten in der Vergangenheit auch nicht so konsequent die
Mindestmengen „verfolgen“, weil eben die Rechtsgrundlage nicht so klar ist, wie wir uns
das wünschen würden, wie es auch für eine rechtssichere Umsetzung notwendig ist. Wenn
wir eine Krankenhausrechnung nicht bezahlen, dann macht das Krankenhaus seine
Rechtsposition geltend und dann kommt es zum Rechtsstreit und es ist relativ schwierig.
Die Krankenhäuser sind da in einer vergleichsweise guten Position die Mindestmengen zu
umgehen.
Das Bundesgesundheitsministerium hat deshalb nachgebessert. Seit 2016 gilt:
Krankenhäuser, die die Mindestmengen nicht erreichen, dürfen die entsprechenden
Operationen nicht mehr anbieten und die Krankenkassen dürfen solche Leistungen auch
nicht mehr bezahlen. Allerdings gibt es wie im alten Gesetz auch hier wieder Ausnahmen, bei
denen die Mindestmenge unterschritten werden darf.
Das ganze muss allerdings noch in einer Rahmenrichtlinie bis Ende des Jahres konkretisiert
werden. Das passiert hier in Verhandlungen im Gemeinsamen Bundesausschuss zwischen
Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Und zwischen denen wird
häufig mit harten Bandagen gekämpft. Die Kassen befürchten, dass die Kliniken auch bei der
neuen gesetzlichen Regelung versuchen könnten die Mindestmengen zu unterlaufen.
Nachfrage beim Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft:
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Georg Baum, Hauptgeschäftsführer Deutsche Krankenhausgesellschaft
Die Sorge der Krankenkassen, dass wir Krankenhäuser bei diesen Verhandlungen
versuchen würden irgendwelche Umgehungsstrategien zu implantieren, ist hier wirklich
absolut unberechtigt. Die sind Stimmungsmache. Der Gesetzgeber hat ein sehr
austariertes Verfahren entwickelt, da gehen wir jetzt hinein und werden das mit Leben
füllen.
Halten wir fest: Seit 13 Jahren sollten Mindestmengen mehr Qualität und Sicherheit für die
Patienten bringen. Ob das mit dem neuen Gesetz endlich klappt, werden wir erst in ein paar
Jahren wissen.
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