Zahnmedizin Die implantatgetragene Einzelkrone in der ästhetisch anspruchsvollen Region IST ÄSTHETIK SICHTBAR? Ein Beitrag von Prof. Dr. Martin Lorenzoni, Graz, Dr. med. dent. Marlene Stopper, Graz, und Ztm. Rudi Hrdina, Guntramsdorf Zahnersatz mittels Implantaten im anterioren Bereich des Zahnbogens ist ein komplexes Teilgebiet der Implantologie, bei dem der Parameter Ästhetik eine zentrale Rolle spielt. Das Ziel der Behandlung ist die natürliche Imitation der fehlenden Zähne in Farbe, Form, Textur und Größe. Außerdem muss sich nach der Therapie nicht nur der Zahn, sondern auch das periimplantäre Gewebe harmonisch in das gesunde orale Umfeld einfügen [1]. Im nachfolgenden Beitrag erläutern die Autoren, wie dem Patienten durch eine exakte präoperative Analyse der Ausgangssituation, durch einen minimalinvasiven chirurgischen Eingriff sowie durch eine perfekte Umsetzung der prothetischen Planung, eine individuelle Behandlung geboten werden kann. Indizes: Abutment, Ästhetik, Implantologie, Parodontologie, Vollkeramik, Veneer, Weichgewebsmanagement >> Vorbemerkung mit einer resorbierbaren Membran, ist auch eine transmukosale Implantation möglich, was eine etwaige Resorption des bukkalen Knochens und eine daraus resultierende Rezession des Weichgewebes verhindern würde. Essentiell für den Erfolg einer Implantatbehandlung ist die optimale dreidimensionale Positionierung des Implantats innerhalb einer Sicherheitszone in bukko-palatinaler und mesiodistaler Richtung, wobei eine computerunterstützte Planung die Präzision des Verfahrens erhöht und eine minimalinvasive Implantation ohne Lappenbildung sowie die präoperative Fertigung der provisorischen Restauration ermöglicht. Die wichtigsten Parameter für eine Rehabilitation in der ästhetisch relevanten Zone des Mundes mithilfe von Implantaten sind q die Ziele und die Erwartungen des Patienten und des Behandlers, q die Ausgangssituation und die Grenzen des Behandlungsergebnisses, q das Können und das Wissen auf den Gebieten der Parodontologie, Implantologie sowie der Prothetik und der Zahntechnik, q die Langzeitstabilität des Ergebnisses und q das Management eventueller Komplikationen. >> Der richtige Zeitpunkt der Implantation Je nach Ausgangssituation (zu extrahierende Zähne, bestehende Lücke oder bereits vorhandene ästhetische Komplikationen) kommen für eine Therapie mit Implantaten verschiedene Behandlungsprotokolle in Betracht. Eine Sofortimplantation bietet die Möglichkeit vorhandene, suffiziente Hart- und Weichgewebsverhältnisse zu erhalten, während eine verzögerte Implantation die Wiederherstellung der Gewebe bei einer ungünstigen Ausgangssituation erleichtert. Die Langzeitstabilität der periimplantären Weichgewebe ist abhängig von einem ausreichenden horizontalen und vertikalen Knochenlager. Im Zweifelsfall muss es durch augmentative Maßnahmen, wie „socket preservation“, GBR oder ein Knochentransplantat verbessert werden. Nach der Augmentation einer dünnen bukkalen Alveolarwand mit einem Knochentransplantat oder mit Knochenersatzmaterial in Kombination Der Spätimplantation sowie der verzögerten Implantation – mit oder ohne Sofortversorgung – werden bezüglich der Langzeitstabilität des Endergebnisses hohe Erfolgsraten zugeschrieben. Auch minimalinvasive Techniken, wie die „flapless surgery“, und verkürzte Behandlungsprotokolle, wie die Sofortimplantation mit oder ohne Sofortversorgung, sind Gegenstand zahlreicher aktueller Studien. Doch nur wenige, jüngst veröffentlichte Studien bewerten den Erfolg einer implantatprothetischen Therapie auch in ästhetischer Hinsicht [2, 3, 4]. Insgesamt zeigen die Studien, vor allem aus der subjektiven Sicht des Patienten, akzeptable Ergebnisse. Aus der kritischen Sicht des Behandlers sind jedoch verschiedene ästhetische Einschränkungen anzumerken, wie unzureichende oder fehlende Papillen, sichtbare Implantataufbauten oder Implantatteile. Das Erscheinungsbild kann durch Narben, Asymmetrien in Volumen, 50 04. Jahrgang 4/2010 Literatur Die Literatur zu diesem Beitrag finden Sie unter www.teamworkmedia.de unter „Journale online“ Zahnmedizin 1a Abb. 1a und b Aufgrund eines endodontischen Misserfolges musste der Zahn 21 entfernt und in einem zeitlich gestaffelten Vorgehen ein Implantat inseriert werden 1b lung einer bereits manifesten fazialen Rezession erfolgt mit einer Koronalverschiebung der Gingiva (koronaler Verschiebelappen), kombiniert mit einem subepithelialen Bindegewebstransplantat. Das ermöglicht die Rekonturierung des Gingivalsaums und die Etablierung einer neuen und stabilen periimplantären Weichgewebskontur. Die Kombination von Chirurgie, Parodontologie und moderner Zahntechnik sowie die Kooperation zwischen Behandler(n) und Zahntechniker ist Voraussetzung für optimale Implantatrekonstruktionen in ästhetisch anspruchsvollen Regionen. >> Zahntechnische Aspekte Farbe und Kontur der Restauration oder Rezession der periimplantären Gingiva beeinträchtigt werden. Im Rahmen einer ästhetischen Rehabilitation ist nach wie vor die konventionelle Technik der verzögerten Implantation ein wichtiges Verfahren. Nach einer Extraktion sollte bis zur Abheilung der Weichgewebe sechs bis acht Wochen gewartet werden. Erst dann wird, zumeist in Kombination mit Augmentation, implantiert. >> Die Bedeutung parodontalchirurgischer Verfahren Ein gesundes und ausreichendes periimplantäres Weichgewebe ist für den ästhetischen Erfolg einer implantatgetragenen Restauration unerlässlich. Deshalb ist die präoperative Analyse des Phänotyps der Schleimhaut für die Art des implantologischen Vorgehens und für das Endergebnis entscheidend. Bei einer dicken Mukosa mit flachem Verlauf des Gingivalsaums und breiter keratinisierter Gingiva ist das periimplantäre Gewebe stabil und reagiert bei Irritation eher mit erhöhter Sondierungstiefe im Sinne einer Taschenbildung. Der Biotyp mit dünner, deutlich girlandenförmig verlaufender Gingiva ist wesentlich verletzlicher und neigt zur Rezession. Da dieser Aspekt das therapeutische Vorgehen beeinflusst, ist das bei der Planung implantologischer Maßnahmen zu berücksichtigen und mit dem Patienten zu besprechen. Wichtig für den Behandlungserfolg sind außerdem die Kenntnis möglicher Risikofaktoren wie Rauchen, Parodontopathien, Bruxismus oder Allgemeinerkrankungen und die daraus resultierende Patientenselektion sowie die genaue Aufklärung des Patienten über postoperative Maßnahmen. Die Korrektur von Weichgewebsdefiziten erfolgt durch plastisch parodontalchirurgische Eingriffe. Hierbei stehen die Koronalverschiebung der Gingiva, subepitheliale Bindegewebstransplantate und freie Schleimhauttransplantate im Mittelpunkt. Damit soll das Volumen des Weichgewebes optimiert und eine Verbreiterung der keratinisierten Mukosa generiert werden. Mit minimalinvasiven, parodontalchirurgischen Techniken – wie etwa der Tunnelierung – wird versucht, die Weichgewebsaugmentation und die Koronalverschiebung ohne vertikale Inzision vorzunehmen. Je nach Ausgangssituation kann die Weichgewebsaugmentation vor oder simultan mit der Implantation oder post insertionem vor oder gleichzeitig mit der Implantatfreilegung erfolgen. Außerdem kann bei kompromittierten Implantaten auch postrestaurativ augmentiert werden. Die Behand- Die prothetische Versorgung eines Implantats ist für den Erfolg oder Misserfolg einer Implantatrestauration wesentlich. Form, Farbe und Oberfläche von Aufbau und Krone sowie die Ausformung des Durchtrittsprofils einer Implantatrestauration sind wichtige ästhetische Parameter. Vor allem ist eine einwandfreie statische und dynamische Okklusion zu gewährleisten. Nur so kann die keramische Restauration vor Abplatzungen (Chipping) oder Frakturen geschützt werden. Aus Patientensicht ist das optische Erscheinungsbild einer prothetischen Versorgung enorm wichtig, unter anderem, weil er dieses selbst beurteilen kann. Das impliziert, dass ästhetisch anspruchsvolle Restaurationen nur in Zusammenarbeit mit dem Patienten angefertigt werden sollten. Bei einer guten Kooperation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker ist es möglich, das Finishing der Versorgung im Labor zusammen mit dem Patienten vorzunehmen. Qualitätsgesichertes Hygienemanagement sowie der korrekte Umgang mit dem Patienten sind die Voraussetzungen. Der Zahntechniker muss mit seinem Wissen und seiner Erfahrung über eine Vielzahl an Technologien und Materialien für Kronen, Brücken und Implantataufbauten – in Absprache mit dem Behandler – das individuell richtige Vorgehen wählen und auch anwenden können. So entsteht zum Beispiel durch die korrekte Anwendung der richtigen Keramikmassen mit optimalen lichtoptischen Eigenschaften, wie Chroma, Transluzenz, Opaleszenz und Fluoreszenz, eine naturkonforme Krone für das Implantat. Die beiden folgenden Fallpräsentationen von Rehabilitationen mithilfe von Implantaten im Frontzahnbereich zeigen unser Konzept. >> Der erste Patientenfall Die Patientin wurde wegen einer endodontischen Läsion mit apikalem Knochenabbau an dem nicht erhaltungswürdigen Zahn 21 in der Klinik vorstellig (Abb. 1a). >> Das chirurgische Vorgehen Die Behandlungsplanung sah ein zeitlich gestaffeltes Vorgehen vor. Acht Wochen nach der Extraktion und der provisorischen Versorgung der Lücke mit einer Draht-Komposit-Schiene wurde der fehlende Knochen durch Knochenersatzmaterial unter Anwendung einer Membran (GBR-Technik) augmentiert. Nach sechsmonatiger Heilung wurde das Implantat inseriert (Abb. 1b), 04. Jahrgang 4/2010 51 Zahnmedizin Abb. 2 Nach erfolgreicher Einheilung zeigte sich an der provisorischen Versorgung eine faziale Rezession, reduziertes Weichgewebsvolumen und abweichende Textur des periimplantären Weichgewebes Abb. 3 Zur Korrektur der asymmetrischen Weichgewebsverhältnisse wurde ein sub-epitheliales Bindegewebstransplantat nach bukkaler Tunnelierung supraperiostal eingebracht und mit Matratzennähten immobilisiert vier Monate nach gedeckter Einheilung freigelegt und ein implantatgetragenes Kunststoffprovisorium eingegliedert (Abb. 2). Nach erfolgreicher Einheilung zeigte sich an der provisorischen Versorgung eine faziale Rezession, reduziertes Weichgewebsvolumen und abweichende Textur des periimplantären Weichgewebes (Asymmetrie), was eine parodontalchirurgische Intervention zur Folge hatte. Ein subepitheliales Bindegewebstransplantat wurde vom Gaumen entnommen und mittels supraperiostaler Tunnelierungstechnik und Matratzennähten bukkal immobilisiert (3 und 4). Die koronale Adaption der Mukosagirlande wurde über eine approximale Kompositverblockung mit Aufhängungsnähten vorgenommen. >> Das zahntechnische Vorgehen Nicht nur eine perfekte Krone in Form, Farbe und Oberflächentextur ist entscheidend für den Erfolg einer Implantatrestauration. Mindestens genauso viel Gewicht hat das vom 52 04. Jahrgang 4/2010 Abb. 4 Nach der Fixierung des Transplantats erfolgte die Koronalverschiebung der Mukosa mit zwei Aufhängenähten nach vorheriger Verblockung der Approximalräume mit Komposit Chirurgen erhaltene oder augmentierte periimplantäre Weichgewebe. Dem Zahntechniker muss bewusst sein, wie groß der Aufwand ist und wie viele Eingriffe notwendig sind, um eine erstklassige rote Ästhetik zu erzielen. Daher sollte er mit Bedacht an die Gestaltung oder an die Übertragung des Emergenzprofils auf das Meistermodell herangehen. >> Die transmukosale Kontur des Implantataufbaus Da mit herkömmlichen Abformpfosten das periimplantäre Weichgewebe nicht ausreichend gestützt werden kann, muss die subgingivale Form der provisorischen Krone übernommen werden. Dazu wird das abgeschraubte Provisorium auf ein Implantatanalog geschraubt und zur Reproduktion der Form seines transgingivalen Anteils bis über den zervikalen Kronenanteil in Silikon gesteckt (Abb. 5a und b). Nach der Entfernung des Provisoriums (Abb. 5c) wird der Abformpfosten aufgeschraubt und der verbliebene Hohlraum zwischen Silikon Zahnmedizin 5a 5b 5c 6a 6b 6c Abb. 5a bis c und 6a bis c Um das periimplantäre Weichgewebe zu stützen, muss die transgingivale Form des Provisoriums übernommen werden Abb. 7 Rechts: Individuell gestalteter Abformpfosten Links:Provisorium Abb. 8 und 9 Konventionelle Abformung mit geschlossenem Löffel (Repositionstechnik) und individuellem Abformpfosten. Der Abformpfosten ermöglicht die exakte Übertragung der Mukosakontur auf das Meistermodell und Abformpfosten mit licht- oder selbsthärtendem Kunststoff aufgefüllt (Abb. 6a bis c). Mit dieser Kopie des Durchtrittsprofils des Langzeitprovisoriums (Abb. 7) kann man konventionell abformen (Abb. 8 und 9) und die Mundsituation auf das Meistermodell übertragen (Abb. 10). >> Das individuelle Abutment Wir verwenden im Frontzahnbereich sowie für die ersten Prämolaren im Oberkiefer ausschließlich individuelle Implantataufbauten aus Zirkoniumdioxid. Im vorliegenden Fall wurden 04. Jahrgang 4/2010 53 Zahnmedizin Abb. 10 Das Meistermodell Abb. 11 CAD/CAM-gefertigtes Lava Abutment aus Zirkoniumdioxid Abb. 12 Konfektionierter Cercon-Aufbau Abb. 13 Überpresste Cercon-Aufbauten Abb. 14 Cercon-Abutment mit geschichteter Presskeramikkrone zu Studienzwecken zwei verschiedene Aufbauten angefertigt: Ein CAD/CAM-gefertigtes Lava Abutment aus Zirkoniumdioxid (Abb. 11), welches mit einer Titanbasis verklebt wird und ein konfektioniertes Cercon Abutment (Abb. 12). Letzteres ist für die Anfertigung eines zentralen Schneidezahns in Länge und Ausdehnung zur Stützung des periimplantären Weichgewebes zu gering dimensioniert und muss modifiziert werden. Die fehlenden Anteile können mit Presskeramik ergänzt und die Krone aus der Tiefe mit hoch fluoreszierender Keramik erarbeitet werden. Farblich kommt dies unserer Erfahrung nach einem natürlichen Zahn näher, als das Abutment aus eingefärbtem Lava Zirkoniumdioxid. Bei der Ausformung des transmukosalen Bereichs des Abutments ist zu beachten, dass es ab Implantatniveau etwa einen bis zwei Millimeter geradlinig nach koronal verläuft und erst dann die Form einer Zahnwurzel annimmt. >> Die Krone 54 04. Jahrgang 4/2010 Abb. 15 Das Lava-Abutment aus Zirkoniumdioxid mit geschichteter Keramikkrone Die Anfertigung einer Krone für ein Implantat unterscheidet sich nicht von derjenigen für einen natürlichen Zahn. Den überpressten Cercon Aufbau (Abb. 13) ergänzten wir mit einer geschichteten Krone aus Presskeramik (Abb. 14). Für das Lava Abutment aus Zirkoniumdioxid fertigen wir eine geschichtete Keramikkrone (Abb. 15). Ein Vorteil des farblich einwandfrei überpressten Cercon Aufbaus mit Presskeramikkrone ist, dass das abzudeckende Zirkoniumdioxid im nicht sichtbaren Bereich liegt. Das ermöglicht eine lebendige Farbwiedergabe. Der Nachteil dieser Variante besteht aber in der eingeschränkten Stabilität der Krone. So kam es nach acht Wochen bei einer provisorischen Zementierung zur Kronenfraktur und zum Bruch des Abutments im Bereich der Überpressung (Abb. 16a und b). Zahnmedizin Abb. 16a und b Im Rahmen einer provisorischen Zementierung kam es zur Lockerung mit nachfolgender Fraktur der Krone. In diesem Fall brach auch das Abutment im Bereich der Überpressung Abb. 17 Der Lava-Aufbau im Mund Abb. 18 Der überpresste Cercon-Aufbau im Mund Abb. 19a und b Die vollkeramische Krone passt sich hervorragend in das orale Umfeld ein >> Die eingegliederte Restauration Die Abbildung 17 zeigt das Cercon Abutment unmittelbar nach dem Einsetzen. Das eingegliederte Lava Abutment ist auf der Abbildung 18 zu sehen. Beurteilt man die Krone und das Abutment hinsichtlich der weißen Ästhetik, also die zahn- technische Leistung, so ist das Ergebnis zufrieden stellend aber nicht perfekt. Die Farbe scheint eine Nuance zu kräftig. Die Krone wirkt etwas zu breit, was jedoch auf die kurze distale Papille zurückzuführen ist. Dennoch wirkt die Krone im Mund harmonisch (Abb. 19). Sie gliedert sich schön in das orale Umfeld ein. Achtzehn Monate später ist das periimplan- 04. Jahrgang 4/2010 55 Zahnmedizin 20a 20b 20c 20d Abb. 20a bis c 24 Monate nach dem Einsetzen: Eine naturgetreue Imitation eines fehlenden Zahns und deutliche Optimierung der Weichgewebsverhältnisse im Vergleich zur Ausgangssituation Abb. 21a Aufgrund einer apikalen Parodontitis war der stark verfärbte des Zahnes 21 nicht erhaltungswürdig. Am Zahn 11 ist ein Defekt an der mesialen Schneidekante erkennbar täre Weichgewebe hervorragend adaptiert. Das verstehen wir unter der natürlichen Imitation eines fehlenden Zahns (Abb. 20a bis d). >> Der zweite Patientenfall Bei der Patientin war Zahn 21 verfärbt und nicht erhaltungswürdig (Abb. 21a). Acht Wochen nach der Extraktion des 56 04. Jahrgang 4/2010 Abb. 20d Das Röntgenbild demonstriert stabile ossäre Verhältnisse nach 24 Monaten Abb. 21b Der Zahn 21 wird ohne zusätzliche augmentative Maßnahmen entfernt Zahnes (Abb. 21b) folgte die Insertion eines Implantats mit simultaner GBR-Technik und gedeckter Einheilung. Im Rahmen der Freilegung wurde ein subepitheliales Bindegewebstransplantat zur Optimierung des bukkalen Weichgewebsvolumens vorgenommen und mittels Kunststoffprovisorium das Emergenzprofil und der Mukosaverlauf konditioniert (Abb. 22a und b). Der Zahn 11 sollte wegen des Defekts an der mesialen Schneidekante mit einem Veneer versehen werden. Zahnmedizin Abb. 22a Nach der Abheilung der Weichgewebe wird ein Implantat in Kombination mit GBR inseriert Abb. 22b Nach erfolgreicher Implantatintegration und Weichgewebsaugmentation (subepitheliales Bindegewebstransplantat) und Konditionierung der Weichgewebe mit einem implantatgetragenen Provisorium zeigt die orale Ansicht ideale dreidimensionale Alveolarkammverhältnisse Abb. 23 Die Insertion des Mock- up zur ästhetischen Probe demonstrierte der Patientin, dass die gewünschte Zahnform nicht zu ihrem Gesicht passt 24 Abb. 24 Nach der Präparation des Zahns 11 für ein Veneer ... 25 Abb. 25 ... erfolgt die konventionelle Abformung des Zahns 11 und des Implantats 21 mit Polyether-Abformmaterial >> Der Patientenwunsch Vor Beginn der restaurativen Behandlung äußerte die Patientin den Wunsch, ihre beiden Frontzähne quadratischer erscheinen zu lassen. Die tatsächliche Wirkung der Veränderung der Form einer Zahnkrone kann sich der Patient oft nur schwer vorstellen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, ihm die gewünschte Form mit einem Mok-up zu veranschaulichen. Nach der Einprobe des Mock-up war unserer Patientin schnell klar, dass die von ihr gewünschte Zahnform nicht in ihr Gesicht passt (Abb. 23). Wann immer die Zahnform verändert werden soll, ist es ratsam „Probierzähne“, wie Jürg Stuck diese treffend bezeichnet, anzufertigen. >> Der Implantataufbau mit Krone und das Veneer Nach der Präparation des Zahns 11 für ein Veneer wird dieses samt dem Implantat in gewohnter Weise unter Verwendung eines individualisierten Abformpfostens abgeformt und ein Meistermodell hergestellt (Abb. 24 und 25). Wenn die transmu- 04. Jahrgang 4/2010 57 Zahnmedizin Abb. 26a bis c Die Ausformung der transmukosalen Kontur für den Implantataufbau erfolgt in diesem Fall am Modell. Die Vorgehensweise ermöglicht die Übertragung des Wurzelquerschnitts des kontralateralen Zahns auf den Querschnitt des Abutments Abb. 27b Für die natürliche Imitation eines Zahns muss im labio-marginalen Anteil des Zirkoniumdioxidaufbaus hochfluoreszierende Schulterkeramik aufgebrannt werden Abb. 27a Fluoreszierender Bereich der Zahnwurzel am natürlichen Zahn kosale Kontur durch das Provisorium nicht vollständig ausgeformt war, wird am Modell korrigiert. Dafür wird auf einem Zweitmodell der kontralaterale Zahn bis auf Gingivaniveau abgetragen und die dabei entstandene Umrisslinie auf ein Wachsplättchen übertragen. Durch das Umsetzen dieses Plättchens auf das Meistermodell wird das für das Implantat gewünschte Durchtrittsprofil abgebildet (Abb. 26a bis c). 58 04. Jahrgang 4/2010 Abb. 28 Zwischen der vollkeramischen Krone und dem Veneer kann man einen Farbunterschied erkennen, erst im Mund wird sich die farbliche Harmonie zeigen Ein natürlicher Zahn hat am Übergang zur Zahnwurzel fluoreszierende Bereiche (Abb. 27a). Daher ist es für eine natürliche Imitation eines Zahns sinnvoll, im labio-marginalen Anteil des Zirkoniumdioxid Abutments, hochfluoreszierende Schulterkeramik aufzubrennen (Abb. 27b). Gerade bei einer sehr dünnen Mukosa ist das empfehlenswert. Die Fluoreszenzmasse kann das Licht gut aufnehmen und in die Krone und die Gingiva Zahnmedizin Abb. 29a Eingeschraubtes Abutment: Die Anämie der periimplantären Gingiva muss innerhalb weniger Minuten nach dem Einschrauben zurückgegangen sein Abb. 29b Kritische Betrachtung des Ergebnisses: Der Helligkeitswert der beiden Restaurationen stimmt nicht perfekt überein. Die Schneidekanten zeigen zu wenig Transparenz. Die Mukosa zeigt unmittelbar nach der Eingliederung kompromittierte Verhältnisse im Vergleich zum adjazenten Zahn Abb. 30 Bereits drei Wochen nach dem Einsetzen zeigt sich eine vollständige Harmonisierung der Weichgewebskontur Abb. 31 Die kleinen Unzulänglichkeiten sind erst beim Öffnen der Lippen zu erkennen, aber sie wirken keineswegs störend. Die Passung der Restaurationen ist erstklassig, die Funktion korrekt eingeschliffen und die Farbe natürlich transportieren. Würde man die Krone auf dem Aufbau ohne diese Schultermasse brennen, könnten im labialen Anteil unschöne graue Schatten das Ergebnis negativ beeinflussen. Das Anfertigen einer Krone für ein Implantat und eines Veneers für den Nachbarzahn ist eine der größten zahntechnischen Herausforderungen bei einer keramischen Restauration. Betrachtet man in diesem Fall das Veneer und die vollkeramische Krone vor der Eingliederung, ist ein deutlicher Farbunterschied zu erkennen (Abb. 28). Zum einen kann dies auf die Gerüstmaterialien und zum anderen auf die unterschiedlichen Schichtdicken der beiden Restaurationen zurückgeführt werden. Die farbliche Harmonie wird erst im Mund sichtbar. >> Das Eingliedern der Restauration Das Einschrauben des Abutments gestaltete sich in diesem Fall schwierig (Abb. 29a und b), da ein erheblicher Teil der transmukosalen Kontur des Aufbaus am Gipsmodell geformt wurde (s. Abb. 26c). Durch Druck auf die periimplantäre Gingiva besteht die Gefahr, dass eine faziale Rezession entsteht. Daher ist es sehr wichtig, dass sich die Anämie der Gingiva innerhalb weniger Minuten nach dem Einschrauben des Implantataufbaus zurückbildet. Ist das nicht der Fall, muss der die Gingiva durchdringende Anteil des Abutments entsprechend reduziert werden. Betrachten wir die hier angefertigte Arbeit kritisch, kann man erkennen, dass der Helligkeitswert der beiden Restaurationen nicht perfekt übereinstimmt und im inzisalen Bereich etwas mehr Transparenz wünschenswert wäre. Die distale Papille liegt am Zahn 11 höher als am Zahn 21 und der Gingivalsaum verläuft bei 11 anders als bei 21 (Abb. 30). Die kleinen Unzulänglichkeiten werden erst beim Öffnen der Lippen deutlich und wirken keineswegs störend (Abb. 31). Im Vergleich zu den Unterkieferfrontzähnen ist die Oberflächentextur ausgezeichnet 04. Jahrgang 4/2010 59 Zahnmedizin 32 33 Abb. 32 und 33 Sechs Monate nach dem Eingliedern der Restaurationen. Die Textur der Oberfläche passt gut zu derjenigen der Unterkieferschneidezähne, die Kontur der Gingiva ist symmetrisch – eine harmonische Restauration der beiden zentralen Schneidezähne gelungen (Abb. 32 und 33). Sechs Monate nach dem Einsetzen der Krone auf das Implantat 21 und des Veneers auf den Zahn 11 ist die Kontur der Weichgewebe symmetrisch und die Restauration der beiden zentralen Schneidezähne erscheint harmonisch. Auch im ultravioletten Licht (Abb. 34) sowie im Durchlicht (Abb. 35) wirkt die implantatprothetische Versorgung wie ein natürlicher Zahn, sodass auch bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen ein natürliches Erscheinungsbild resultiert. >> Fazit Ein eingespieltes Team, in dem jeder Beteiligte seinen Verantwortungsbereich kompetent beherrscht und bereit ist, mehr als das Alltägliche zu leisten, ist in der Lage auch schwierige Fälle zu lösen. □ 60 04. Jahrgang 4/2010 Wenn Sie mehr von diesen Autoren zum Thema „Interdisziplinäre Kommunikation in der Implantatprothetik“ sehen wollen, dann besuchen Sie uns am 12./13. November in Zell am See. Informationen unter www.teamwork-media.de oder Fon +49 8243 9692-14. Produktliste Indikation Name Hersteller/Vertrieb Knochenersatzmaterial Membran Implantatsystem Kunststoffprovisorium CAD/CAM-gefertigtes Abutment konfektioniertes Abutment Kunststoff f. Mock-up Presskeramik Verblendkeramik Schultermasse Abformmasse BioOss BioGide Xive TempBase Abutment Lava Cercon SR Ivocron HeraCeram Press HeraCeram Zirkonia HeraCeram Zirkonia Impregum NF Geistlich Biomaterials Geistlich Biomaterials Dentsply Friadent Dentsply Friadent 3M Espe Degudent Ivoclar Vivadent? Heraeus Kulzer Heraeus Kulzer Heraeus Kulzer 3M Espe Zahnmedizin Abb. 34 und 35 Im ultravioletten Licht sowie im Durchlicht wirkt die implantatprothetische Versorgung wie ein natürlicher Zahn Zur Person Prof. Martin Lorenzoni absolvierte in den Jahren 1991 bis 1993 seine Ausbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferchirurgie an der Universität Graz. Danach arbeitete er bis 1999 als Assistenzarzt an der Abteilung für Zahnersatzkunde. Martin Lorenzoni habilitierte 1999 mit dem Thema: „Die implantatprothetische Versorgung des Oberkieferseitenzahnbereiches unter besonderer Berücksichtigung der Sinus Augmentation“. Seit Oktober 1999 ist er Professor an der Abteilung für Zahnersatzkunde in Graz und seit November 2009 Präsident der ÖGI (Österreichische Gesellschaft für orale Chirurgie und Implantation). Prof. Lorenzoni ist Autor zahlreicher Publikationen sowie ein gern gesehener Referent auf zahnmedizinischen Kongressen. Dr. Marlene Stopper studierte in den Jahren 1998 bis 2007 an der Universität Graz und promovierte im Fachgebiet Zahnmedizin. Seit dem Jahr 2007 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung für Prothetik, Restaurative Zahnheilkunde und Parodontologie an der Universitätszahnklinik Graz tätig. Ztm. Rudolf Hrdina absolvierte seine Zahntechnikerlehre bei den Österreichischen Wipla Laboratorien von 1972 bis 1976, die er nach bestandener Meisterprüfung 1983 elf Jahre lang leitete. 1993 gründete er das zahntechnische Fortbildungsinstitut BSI Austria. Seit 1995 ist er Geschäftsführer des BSI Zahntechnischen Laboratoriums. Von 1998 bis 2002 war er Lehrbeauftragter an der Universität für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Graz („Prinzipien der biomechanischen Okklusion”). In den vergangenen Jahren hielt Ztm. Hrdina zahlreiche Vorträge und Kurse mit den Schwerpunkten „Implantatprothetische Rehabilitationen” und „Angewandte Biomechanik”. Er legt besonderen Wert auf hochwertigen Zahnersatz, der den individuellen Bedürfnissen des Patienten gerecht wird. Er ist ständig auf der Suche nach innovativen Verfahren und neuartigen Produkten. Kontaktadressen Prof. Martin Lorenzoni · Dr. Marlene Stopper · Abteilung für Zahnersatzkunde · Universitäts Zahnklinik Auenbruggerplatz 12 · 8036 Graz, Österreich · [email protected] · www.lorenzoni.eu Ztm. Rudolf Hrdina · BSI Zahntechnisches · Laboratorium GmbH Kammerringstraße 16 · 2353 Guntramsdorf / Österreich · Fon +43 2236 5205 0 · [email protected] · www.bsi.at 04. Jahrgang 4/2010 61