Gradmesser für gute Behandlung - Solimed Unternehmen Gesundheit

Werbung
QUAlITÄTSINDIKATOREN
C
N
CU
a-
Gradmesser für gute Behandlung
tlO
ro
Um die Qualität der Gesundheitsversorgung über Sektorengrenzen hinweg zu messen und
zu verbessern, ziehen Kostenträger und Ärzte in der Region Solingen an einem Strang. Sie
setzen auf Qualitätsindikatoren aus Routinedaten. Von Herbert Langer und Anne Busemeyer
~
Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung über die Sektorengrenzen hinweg ist das Ziel aller am
Gesundheitswesen Beteiligten. Dass dies
möglich ist, zeigt der Vertrag zur Integrierten Versorgung (IV) nach Paragraf
140a ff. Sozialgesetzbuch V, den die AO K
Rheinland/Hamburg
und "solimed Unternehmen Gesundheit" vor vier Jahren abgeschlossen haben. Der Vertrag
umfasst die medizinische Vollversorgung
und ist nicht auf eine bestimmte Indikation oder eine einzelne Patientengruppe
beschränkt.
An dem Netzwerk solimed sind 70
Haus- und Fachärzte sowie drei Krankenhäuser in der Stadt Solingen beteiligt.
Im Rahmen des Arztnetzes koordiniert
der Hausarzt die gesamte medizinische
Versorgung. Ist eine fachärztliche oder
stationäre Behandlung erforderlich, vereinbart die Hausarztpraxis einen zeitnahen Termin. Die schnelle und umfassende Information zwischen den behandelnden Netzärzten erfolgt mithilfe der
elektronischen Patientenakte. Die Behandlung ist leitlinienorientiert. In das
Versorgungsangebot haben sich zurzeit
6.200 Versicherte der AOK Rheinlandl
Hamburg eingeschrieben.
Werkzeugkasten für die Qualität. Wie
aber erreichen die Vertragspartner ihr
gemeinsames Ziel, die Qualität der medizinischen Versorgung transparent und
messbar zu machen? Sie setzen auf Qualitätsindikatoren aus Routinedaten. Diese machen Fehlsteuerungen in der Versorgung sichtbar, zeigen auf, ob eine
Behandlung leitliniengerecht ist, und wo
Komplikationen entstehen. Hierbei greifen die Gesundheitskasse und solimed
auf "QISA - das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung"
zurück - ein Instrumentarium, das vom
18
Gesundheit und Gesellschaft
Göttinger AQUA-Institut
und dem
AOK-Bundesverband entwickelt (siehe
Kasten" Was QISA beinhaltet") und kürzlieh vom Sachverständigenrat zur Begutachtung des Gesundheitswesens in seinem Sondergutachten "Wettbewerb an
der Schnittstelle zwischen ambulanter
und stationärer Gesundheitsversorgung"
als zukunftsweisend bezeichnet worden
ist (siehe Kasten" Gutachten: Gesundheitsweise würdigen Indikatoren-Set").
Kein Mehraufwand für Ärzte und Kasse.
Als Grundlage der Qualitätsmessung
dienen Routinedaten. Dazu gehören unter anderem Angaben über Erkrankungen
sowie vertragsärztliche und stationäre
Leistungen. Diese werden in Verbindung
mit weiteren Versichertendaten wie Alter,
Geschlecht und Versichertenstatus der
Patienten analysiert. Der Vorteil: Den
Was QISA beinhaltet
Das .Oualitätstndlkatcrensvstern für die ambulante Versorgung" (QISA) ist ein Gemeinschaftsprojekt des AOK-Bundesverbandes
und des Göttinger AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im
Gesundheitswesen. Mit über 100 systematisch zusammengestellten Indikatoren hilft
QISA Ärzten in Praxen oder Qualitätszirkeln,
in Arztnetzen oder in anderen Versorgungsmodellen, die Qualität ihrer Arbeit zu messen
und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es
umfasst eine Einführung und einen Band mit
allgemeinen Indikatoren für regionale Versorgungsmodelle und je einen Band zu Asthma/
COPD,Diabetes Typ2, Bluthochdruck, Rückenschmerz, Pharmakotherapie, Prävention,
Krebsfrüherkennung und Hausärztliche Palliatlvversorgung. In Arbeit sind Bände zu Herzinsuffizienz, Depression, Koronare Herzkrankheit, Alkoholmissbrauch und Multimorbidität.
Mehr Infos: www.QISA.de
Netzärzten entsteht kein zusätzlicher
Dokumentationsaufwand, und die AOK
kann auf den bestehenden Datenpool
zurückgreifen. Falls erforderlich werden
die im Wesentlichen aufQISA basierenden Qualitätsindikatoren modifiziert.
Die Vertragspartner unterscheiden zwi-
Indikatoren für die
Qualität gemeinsam
zu erarbeiten, erhöht
ihre Akzeptanz.
schen "indikationsspezifischen"
und
"indikationsübergreifenden" Indikatoren.
Deren Auswahl erfolgt nach einem einfachen Muster: Im Rahmen der Jahresplanung verständigen sich die Vertragspartner darauf, für welche Indikationen
Behandlungspfade erstellt werden. Die
von solimed erarbeiteten und mit der
Gesundheitskasse vereinbarten Behandlungspfade bauen auf den Leitlinien der
Fachgesellschaften sowie auf den Empfehlungen der Disease-ManagementProgramme auf. Sielegen verbindlich fest,
welche Untersuchungen der Hausarzt
macht und wann eine Überweisung zum
Facharzt oder ins Krankenhaus erfolgt.
Wie dies konkret aussieht, verdeutlicht
das Beispiel Herzinsuffizienz. Der Hausarzt macht regelmäßige Kontrolluntersuchungen, um eine eventuelle Verschlechterung der Krankheit früh zu erkennen. Dazu gehören eine jährliche
Herzuntersuchung inklusive EKG, gegebenenfalls ein Ultraschall des Herzens
und alle sechs bis zwölf Monate eine
Blutuntersuchung. Im Rahmen dieser
Kontrolluntersuchung wird auch abgeAusgabe 9/12, 15. Jahrgang
klärt. ob eine medikamentöse Behandlung beibehalten oder geändert werden
muss. Je nach Krankheitsbild zieht der
Hausarzt einen Kardiologen oder andere
Fachärzte hinzu.
Indikatoren für fünf Indikationen. Die
Vertragspartner haben indikationsübergreifende und indikationsspezifische
Qualitätsindikatoren für die Krankheiten
Diabetes mellitus Typ 2, Koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Rückenschmerzen und Depressionen entwickelt
und vereinbart, um die medizinische
Versorgung zu messen. Für die Indikationen chronischer Schmerz und Asthmal
CO PD sind Indikatoren in Arbeit.
Zu den indikationsübergreifenden
Indikatoren gehören die Steuerung und
Koordinierung der medizinischen Versorgung sowie die Prävention. Hinsichtlich der Steuerung und Koordinierung
der medizinischen Versorgung wird beispielsweise ermittelt, wie sich bei den
eingeschriebenen Patienten die Zahl der
Krankenhauseinweisungen und die der
Hausarztkontakte entwickelt haben, und
anschließend mit denen der Patienten in
der Regelversorgung verglichen. Vereinbarte Qualitätsindikatoren im Bereich
-Prävention sind beispielsweise die In-
fluenza-Impfrate der eingeschriebenen
Versicherten ab dem Alter von 65 Jahren
oder der Gesundheitscheck ab 35 Jahre
im Vergleich zu den Versicherten in der
Regelversorgung. Beispielefür die vereinbarten indikationsspezifischen Qualitätsindikatoren sind der Anteil der Typ 2Diabetiker mit einer jährlichen augenärztlichen Untersuchung und ihr Anteil
mit HbAI-Bestimmung oder bei Herzinsuffizienz die Hospitalisierungsrate der
betroffenen Patienten.
Gutachten
r
Gesundheitsweise würdigen Indikatoren-Set
In seinem aktuellen Sondergutachten "Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanterund stationärerGesundheitsversorgung"
würdigt der Sachverständigenrat zur segutachtung des Gesundheitswesens die QISAIndikatoren der AOK und des AQUA-Instituts.
"Das bundesweit erste Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung QISA
stellt für inzwischen zehn häufige chronische
Erkrankungen beziehungsweise versorgungsaufgaben Indikatorensets zur Verfügung, die
sich insbesondere für den Einsatz in regionalen
Praxisnetzen eignen", heißt es in KapitelS des
Gutachtens. Das für die interne Evaluation
entwickelte System könnte aber künftig auch
die Basis für externe Qualitätsvergleiche zwischen Ärztenetzen bilden. Denn umfassende
Ausgabe 9/12, 15. Jahrgang
Indikatorensysteme, die sektorenübergreifend
und populationsbezogen
ausgelegt seien,
fehlten bislang in Deutschland noch.
Weiterhin betonen die Sachverständigen, dass
die Ergebnisqualität in Form des Gesundheitszustandes des Patienten eine Gernelnschattsleistung verschiedenster Beteiligter sei. "Populationsbezogene Indikatoren können diese
gemeinsame Verantwortung widerspiegeln
und einen Qualitätsvergleich zwischen den
Regionen ermöglichen. Das Konzept einer
gemeinsamen Qualitätsverantwortung, wie sie
für Krankenhausärzte innerhalb eines Hauses
gilt, würde damit auf den ambulanten Bereich
ausgeweitet."
Das Sondergutachten 2012 im Internet:
www.svr-gesundheit.de
Nutznießer sind die Patienten. Insgesamt
wenden die Vertragspartner Qualitätsindikatoren an, die aus Routinedaten
ermittelt werden können. Hierfür bildet
QISA eine gute Basis. Das zeigen die
Erfahrungen, die die AOK Rheinlandl
Hamburg und solimed - Unternehmen
Gesundheit bisher gemacht haben. Die
Anwendung von Routinedaten lässt sich
relativ einfach umsetzen, setzt allerdings
sowohl bei der Gesundheitskasse als auch
bei dem Arztnetz eine gute Datenqualität
voraus. Diese ließe sich im ambulanten
Bereich mit Kodierrichtlinien weiter erhöhen, was letztendlich auch zu valideren
Ergebnissen führen würde.
Unabhängig davon hat sich die Art
und Weise bewährt, wie die Qualitätsindikatoren aus Routinedaten ausgewählt
und vereinbart werden. Die gemeinsame
Diskussion fördert die Zusammenarbeit
zwischen Kostenträger und Leistungsanbieter, was im Gesundheitswesen nicht
immer selbstverständlich ist. Das gemeinsame Erarbeiten des Indikatoren-Sets
trägt nicht nur zu deren Akzeptanz bei,
sondern dient auch ihrem Ausbau. Nutznießer sind die Patienten, die von der
qualitativ verbesserten und transparenten
Gesundheitsversorgung profitieren .•
Herbert Langer ist Referent im Geschäftsbereich Ärzte/Zahnärzte und Anne Busemeyer
Referentin für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der AOK Rheinland/Hamburg.
Kontakt: [email protected]
Gesundheit und Gesellschaft
Herunterladen