Wirtschaftsausblick Winter 2016/17 - Polen 16.12.2016 Inhalt Wirtschaftsentwicklung: Nach der Ebbe folgt die EU-Fördermittelflut Investitionen: Sichtbare Belebung ab 2017 Konsum: Shopping auf Staatskosten Außenhandel: Deutsch-polnischer Warenhandel entwickelt sich dynamisch Wirtschaftswachstum bleibt über 3% / Investitionen warten auf EU-Mittelzufluss / Privater Konsum profitiert von Lohnerhöhungen und Sozialleistungen / Von Michal Wozniak Warschau (GTAI) - Polens Wirtschaftswachstum wird die optimistischen Prognosen von Anfang 2016 verfehlen, was vor allem an der schleppenden EU-Mittelverteilung liegt. Zu den nach den Parlamentswahlen verunsicher­ ten Unternehmern kehrt die Investitionslust erst langsam zurück, ausländische Investoren sind zuversichtlicher. Konsumenten scheinen jegliche Zusatzgelder unmittelbar an die Ladentheken zu tragen. Wirtschaftsentwicklung: Nach der Ebbe folgt die EU-Fördermittelflut Die Europäische Kommission (http://ec.europa.eu/index_de.htm ) prognostiziert für Polen im Gesamtjahr 2016 ein Wirtschaftswachstum von 3,1%. Damit erreicht das Land immer noch das achtbeste Ergebnis in der EU, ver­ fehlt aber die optimistischen Prognosen vom Jahresanfang deutlich: Die polnische Regierung ging von fast 4% aus. In den beiden Folgejahren soll die Dynamik wieder zulegen und Polen zu den fünf sich am schnellsten ent­ wickelnden Wirtschaften Europas gehören. Die Polnische Nationalbank (NBP, http://www.nbp.pl ) ist mit ihrer Schätzung von 3,0% Wachstum in diesem Jahr etwas zurückhaltender, geht für 2017 aber vom Durchbrechen der 3,5%-Marke aus. Das polnische Wirtschaftswachstum wird in 2016 in erster Linie vom privaten Konsum getragen: Nach realem Zuwachs von 3,1% in 2015 und voraussichtlich 3,7% in 2016 dürften Privathaushalte ihre Ausgaben 2017 um über 4% steigern. Diese Entwicklung begünstigt einerseits der 2015 und 2016 reale Lohnanstieg um über 4% jährlich. Andererseits werden die schrittweise eingeführten neuen Sozialleistungen laut polnischem Entwicklungsminis­ ter Mateusz Morawiecki (http://www.mr.gov.pl ) im Gesamtjahr 2017 über 8 Mrd. Euro zusätzlich in die Porte­ monnaies der Polen spülen. 1 www.gtai.de WIRTSCHAFTSAUSBLICK WINTER 2016/17 - POLEN MKT201612158006.14 Sobald die stockende Verteilung der EU-Mittel aus der Förderperiode 2014 bis 2020 Fahrt aufnimmt, dürften öf­ fentliche Investitionen wieder mehr zum Wirtschaftswachstum beitragen. Die prognostizierten 2,5% Zuwachs für 2016 dürften in den beiden nächsten Jahren deutlich überboten werden. Analytiker der NBP schätzen, dass die Staatsausgaben 2017 um über 3% und ein Jahr später um knapp 4% zunehmen werden. Auch Privatunternehmen dürften ihre Investitionen in den nächsten Jahren steigern. Die seit den Parlaments­ wahlen im November 2015 sattfindenden Umwälzungen auf den höchsten Managementebenen staatlicher Kon­ zerne haben die Aufnahmen neuer Vorhaben beinahe zum Stillstand gebracht. Aufgrund des steigenden Fach­ kräftemangels und der Turbulenzen in der globalen Wirtschaft agieren private Firmen zunehmend zurückhal­ tend. Durch eine teils sehr restriktive Fiskalpolitik wurden Unternehmen zusätzlich verunsichert. Deshalb wer­ den die Bruttoanlageinvestitionen 2016 rückläufig sein. In den Jahren 2017 und 2018 dürfte die Entwicklung mit über 6% beziehungsweise knapp 5,5% den Rückgang mehr als wettmachen. Wirtschaftliche Eckdaten Polens Indikator 2014 2015 Vergleichsdaten Deutschland 2015 BIP (nominal, Mrd. Euro) 411,0 429,8 3.033 BIP pro Kopf (Euro) 10.700 11.200 37.100 Bevölkerung (Mio.) 38,5 38,4 82,2 Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Zloty) 4,1843 4,1841 - Quellen: Eurostat, Statistisches Hauptamt GUS, Bundesbank, Statistisches Bundesamt 2 www.gtai.de WIRTSCHAFTSAUSBLICK WINTER 2016/17 - POLEN Investitionen: Sichtbare Belebung ab 2017 Die etwa 2 Mio. in Polen tätigen Unternehmen haben 2015 über 86 Mrd. Euro für Sachanlagen und immaterielle Anlagegüter aufgebracht. Damit wurde das Vorjahresergebnis um 5 Mrd. Euro überboten. Ausländische Investo­ ren gaben für neue Projekte über 12 Mrd. Euro aus - 12% mehr als im Vorjahr. Die bisherigen Meldungen stimmen optimistisch, dass auch 2016 der Zulauf ausländischer Unternehmen hoch bleibt. Demgegenüber stehen jedoch rückläufige Aktivitäten heimischer Konzerne. Die Bruttoanlageinvestitio­ nen gingen im ersten Quartal 2016 im Jahresvergleich um knapp 2%, in den nachfolgenden drei Monaten um fast 5% zurück. Die verzeichnete leichte Belebung in der zweiten Jahreshälfte wird die Bilanz nicht entschei­ dend ändern können. Deswegen rechnet die NBP mit einem Rückgang der Investitionen im Gesamtjahr 2016 um 2,6%. 3 www.gtai.de WIRTSCHAFTSAUSBLICK WINTER 2016/17 - POLEN Ausgewählte Großprojekte in Polen Projektbezeichn­ Investitio­ Projektstand Anmerkung/Ansprechpartner ung nssumme Ausschreibung soll noch 2016 Kraftwerksblock 1000 MW; Investor: Energa im Kraftwerk Ost­ erfolgen; Fertigstellung: 2. SA, Enea SA roleka Halbjahr 2023 (Mio. Euro) *) Neuer Kohleblock Modernisierung der 1.360 950 Bahnlinie Nr. 7 Ausschreibungsverfahren (8 Modernisierung der Bahnlinie Nr. 7 auf der Bauaufträge) laufen Strecke: Warszawa - Otwock - Deblin - Lub­ lin; Investor: PKP Polskie Linie Kolejowe SA Werksneubau in Ja­ 500 wor (SWZ Legnica) Werksneubau in Werk für Kfz-Motoren; Investor: Mercedes- 2019 Benz Cars/Daimler AG Baubeginn: Anfang Oktober Werk für Lithium-Batterien für elektrische Kobierzyce (SWZ 2016; Inbetriebnahme: 2. Halb­ Autos; Investor: LG Chem Ltd. Tarnobrzeg) jahr 2017 Neuer Schifffahrts­ 295 Baubeginn: 2017;Fertigstellung: 200 kanal Ausschreibung für Projektie­ Neuer Kanal zwischen Frisches Haff (Zalew rung: Oktober 2016; Ausschrei­ Wislany) und der Danziger Bucht (Zatoka bung der Bauarbeiten: April Gdanska); Investor: Urzad Morski in Gdingen 2018; Fertigstellung: spätestens (Gdynia) 2022 Werksneubau in 180 Biskupiec (SWZ Investorengenehmigung wird Werk für Holzplatten und Möbel; Investor: bis Ende 2016 erwartet Horizont Project Development/Egger-Grup­ Warminsko- pe Mazurska) Werksausbau in Produktionsbeginn in Toyota Motor Manufacturing Poland/ Walbrzych und 150 Walbrzych: 2018; Produktions­ Walbrzych: Ausweitung der Produktion um Jelcz-Laskowice beginn in Jelcz: 2017 und 2019 Hybrid-Antriebe; Toyota Motor Industries Poland/Jelcz: Ausweitung der Produktion um zwei Benzinmotoren; Investor: Toyota Motor Europe Werksneubau in 100 Ujazd (SWZ Kato­ Baubeginn: Mitte 2016; Fertig­ Werk für Antriebshalbachsen; Investor: IFA stellung: 2017 Powertrain Polska Inbetriebnahme: 2. Halbjahr Metathese-Anlage zur Herstellung von Pro­ 2018 pen; Investor: PKN Orlen SA wice) Werksausbau in Plock 90 *) Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 4,4081 Zl; Stand: 11.11.16 Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen In den beiden Folgejahren dürften die Bruttoanlageinvestitionen zwischen 5,5 und 6% steigen, nicht zuletzt dank EU-Förderung. Bis 2020 müssen im Rahmen zentraler Programme unter anderem 9,4 Mrd. Euro für die Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit des KMU-Sektors sowie knapp 10 Mrd. Euro für Forschungs- und Ent­ 4 www.gtai.de WIRTSCHAFTSAUSBLICK WINTER 2016/17 - POLEN wicklungsaktivitäten verteilt werden. Auf regionaler Ebene stehen Unternehmern für die gleichen Themenberei­ che sowie für Energieeffizienzmaßnahmen etwa 6 Mrd. Euro zur Verfügung. Polens öffentliche Ausschreibungen werden in der Datenbank http://bzp0.portal.uzp.gov.pl/? ogloszenie=browser veröffentlicht. Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten finden Sie unter http://www.gtai.de/polen, "Aus­ schreibungen" und "Entwicklungsprojekte". Konsum: Shopping auf Staatskosten Die derzeit gute Konjunktur ermuntert die Polen zum Einkaufen. Trotz einer seit zwei Jahren andauernden De­ flation steigen die Konsumausgaben seit 2015 nominell um über 3% jährlich. Laut NBP-Prognosen wird 2017 mit 4,1% die Dynamik vorerst ihren Höhepunkt erreichen. Im Jahr 2018 dürften 3,5% mehr Waren als im Vorjahr über die Ladentheken gehen. Eine Umkehr der positiven Entwicklung ist auf absehbare Zeit sehr unwahrscheinlich, denn die Gehälter sollen 2017 und 2018 nominell um jeweils über 5% steigen. Zudem setzt die Regierung alles daran, dass die unteren Ge­ sellschaftsschichten, die Lohnerhöhungen überwiegend vollständig ausgeben, am meisten davon profitieren: Der Mindestlohn wird ab den 1.1.17 um über 8% steigen, die Mindestrente wird zum gleichen Zeitpunkt um über 13% erhöht. Die Mehrausgaben für Konsumgüter werden auch durch das am 1.4.16 eingeführte neue Kindergeld in Höhe von über 100 Euro monatlich sowie durch den seit dem 1.9.16 geltenden Anspruch auf Gratismedikamente für Senio­ ren ab dem 75. Lebensjahr befeuert. Außenhandel: Deutsch-polnischer Warenhandel entwickelt sich dynamisch Dank des immer größeren Warenangebots lokaler Produzenten und einer ungehemmten Expansionslust polni­ scher Unternehmen im Ausland erzielte Polen 2015 ein positives Außenhandelssaldo. Zwischen Januar und Au­ gust 2016 stiegen die Exporte auf Landeswährungsbasis um 6,3% und die Importe um 3,8%. Laut NBP-Progno­ sen dürften 2017 und 2018 die Einfuhren (etwa 7% per annum) aber wieder schneller zulegen als die Ausfuhren (circa 6% per annum). Außenhandel Polens (in Mio. Euro; Veränderung in %) 2014 2015 Veränderung 2015/2014 Importe 168.432,3 177.232,9 5,2 Exporte 165.773,6 179.578,2 8,3 Handelsbilanzsaldo -3.559,1 2.345,3 - Quelle: Statistisches Hauptamt GUS Die Entwicklung des deutsch-polnischen Warenverkehrs ist ausgeglichener, die Handelsumsätze legten zwi­ schen Januar und August 2016 um knapp 7,5% zu. Nach Angaben des Statistischen Hauptamtes GUS verkauften in Polen ansässige Firmen Produkte im Wert von 32,6 Mrd. Euro an den westlichen Nachbarn. In die entgegenge­ setzte Richtung wurden Waren für 27 Mrd. Euro geliefert. Damit festigte Deutschland seine Position als wich­ tigster Außenhandelspartner Polens mit einem Anteil von 25,5% an den Außenhandelsumsätzen. Polen belegte 5 www.gtai.de WIRTSCHAFTSAUSBLICK WINTER 2016/17 - POLEN 2015 Platz sieben in der Rangliste der deutschen Außenhandelspartner. Der polnische Bedarf an deutschen Pro­ dukten wird weiterhin von Erzeugnissen des Maschinenbaus und der Chemiebranche sowie von verarbeiteten Gütern dominiert. Eine Analyse der Chancen und Risiken, die das Land aufweist, bieten wir Ihnen unter: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=swotanalyse--polen,did=1588376.html Eine Prognose der Entwicklung interessanter Märkte finden Sie unter: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=produktmaerkte-inpolen-2017,did=1595476.html KONTAKT Heiko Steinacher +49 (0)228 24 993-421 Ihre Frage an uns Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teilweise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. © 2017 Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bun­ destages. 6 www.gtai.de