Bauen am Siedlungsrand - Joint Master Architecture

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Bauen am Siedlungsrand
TBU Nils S. Gygax
BFH AHB | HS 2016/17
Abstract
Der Perrimeter liegt in Ipsach, einer Agglomerationsgemeinde von Biel, an
einer Schnittstelle zwischen Stadt und Land sowie zwischen Wohn-, Landwirtschafts- und Industrienutzung.
Eine langfristige Planung soll das Siedlungsgebiet schliessen und einen
Spannungsraum zwischen dem neu verdichteten Siedlungsrand und den
dichten Kernzonen aufbauen. Eine horizontale Verdichtungsform soll dem
Agglomerationsmassstab trotz hoher Dichte gerecht werden und durch die
architektonische Qualität zusätzlich die Akzeptanz für grössere Überbauungen in Agglomerationen bei der Bevölkerung steigern.
Dabei sind insbesondere die Bereiche Flexibilität und Variabilität, die Qualität des Raumgefüges und der Wegführung sowie die Privatheit von Freibereichen von Bedeutung.
Ein flächig angelegtes Gebäude wird von linearen Strukturen ergänzt. Dadurch entsteht ein Gefüge mit bewusst gesetzten Spannungsfeldern zwischen Privat und Öffentlich sowie klar zonierten Aussenbereichen.
Die Durchlässigkeit, welche in der ganzen Siedlung spührbar ist, soll die
Identifikation der Wohnbevölkerung mit dem Quartier und der Umgebung
fördern und zugleich den nachbarschaftlichen Austausch vereinfachen.
Der vielfältige Wohnungsmix kann durch die hohe Planungsflexibilität der
Struktur problemlos umgesetzt werden und sorgt so für eine gute Durchmischung der Bewohner.
Durch eine sehr gute Gebäudehülle und einem relativ kompakten Volumen
mit bewusst gesetzten Öffnungen kann der Heizenergieverbrauch minimiert
werden. Durch die Hybridkonstruktion (Holz und Beton) kann der Anteil an
grauer Energie gering gehalten werden, ohne dass wichtige Speichermasse
fehlt. Eine Solaranlage auf dem Dach unterstützt das ausschliesslich mit
elekrischer Energie versorgte Gebäude, um die Erdsondenwärmepumpe,
den Haushaltsstrom sowie Elektrofahrzeuge zu speisen.
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Standort
Der Perimeter liegt in der Agglomerationsgemeinde Ipsach an der dicht
befahrenen Hauptstrasse, welche Biel auf der Südostseite des Bielersees
mit Ins verbindet.
Die bestehende Bausubstanz auf dem Gelände war ursprünglich eine Fabrik für Baumaschinenteile und wurde in den 70er Jahren in drei Etappen erbaut. Im Baugrund wurden wegen des hohen Grundwasserniveaus
Pfähle unter die Bodenplatte verbaut. Ein Untergeschoss ist nicht vorhanden und ist aufgrund der Bodenbeschaffenheit nur schwer zu realisieren.
Die Parzelle liegt an einer Schnittstelle zwischen Stadt und Land sowie
Wohn-, Landwirtschafts- und Industrienutzung. Zudem laufen die drei
Ortschaften Sutz, Ipsach und Bellmund an diesem Punkt zusammen. Die
Hauptstrasse mit nebenliegender Bahnschiene trennt die Industriezone
(Seeseitig) von der kleinmassstäblichen Wohnzone. Lediglich der zu bearbeitende Perimeter ist auf der Südostseite der Strasse noch industriell
geprägt.
Ein Camping mit Badebucht am Bielersee sowie ein nahe gelegenes Waldgebiet bilden attraktive Naherhohlungszonen. Das Zentrum der Stadt Biel
ist rund drei Kilometer entfernt.
Der Sektor A (Südwest) bildet den Kernbereich des Projekts und wird ausführlich bearbeitet. Er umfasst rund 5100 m2 Landfläche.
Der 1900 m2 grosse Sektor B wird momentan von einer Stiftung genutzt.
Das Gebäude ist teilweise jedoch in schlechtem Zustand weshalb es für
die städtebauliche Planung miteinbezogen wird. Die 1800 m2 grosse Parzelle von Sektor C ist momentan für den Verkauf ausgeschrieben.
Städtebau
Das Verdichtungspotential liegt unter anderem dort wo die Siedlungsstruktur „dünn“ ist: in der Agglomeration. Eine langfristige Planung soll das
Siedlungsgebiet schliessen und einen Spannungsraum zwischen dem
neu verdichteten Siedlungsrand und den dichten Kernzonen aufbauen.
Um den Agglomerationsmassstab zu respektieren und zugleich bei der
Bevölkerung ein gewisses Mass an Akzeptanz zu erreichen, werden horizontale Verdichtungsformen mit maximal vier Geschossen angestrebt.
Dabei sind insbesondere die Bereiche Flexibilität und Variabilität, die Qualität des Raumgefüges und der Wegführung sowie die Privatheit von Freibereichen von Bedeutung. Gemäss Helmut Schramm, Autor von „Low Rise
- High Density“ ist eine Dichte mit einer Geschossflächenziffer (GFZ) von
1.0 oder höher erstrebenswert. (Schramm Springer-Verlag, Wien, 2008)
Um im Perrimeter den Abschluss des Siedlungsrandes zu verdeutlichen
wird ein grosses Volumen im „Industriemassstab“ gesetzt. Dieses verfügt
über drei Geschosse plus einen halbgeschossigen Dachraum. Die Überbauung zieht sich mit quer zur Hauptstrasse gesetzten linearen Strukturen weiter. Diese verfügen über eine optimale Ausrichtung gegenüber der
Sonne. Zudem befindet sich jeweils eine kurze Fassade an der dicht befahrenen Hauptstrasse, was die Lärmbelastung in den Häusern reduziert.
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Eine weiterentwicklung dieses Gebäudetyps als Ersatz oder Erweiterung
für die bestehenden Einfamilienhäuser und kleinen Mehrfamilienhäuser
ist denkbar.
Gebäude
Die Überbauung auf der Sektor A gliedert sich in zwei Volumen. Ein flächig
angelegtes Gebäude wird von einer linearen Struktur ergänzt. Auf dem
Sektor B kommt ein weiteres lineares Volumen dazu. Dadurch entsteht
ein Gefüge mit bewusst gesetzten Spannungsfeldern zwischen Privat und
Öffentlich sowie klar zonierten Aussenbereichen.
Die Durchlässigkeit, welche in der ganzen Siedlung spührbar ist, soll die
Identifikation der Wohnbevölkerung mit dem Quartier und der Umgebung
fördern und zugleich den nachbarschaftlichen Austausch vereinfachen.
Um diesen Aspekt zu unterstützen befinden sich zusätzlche Gemeinschaftsräume in der Überbauung. Denn gerade bei dichten Siedlungen
zählen die Beziehungen unter den Bewohnern zu den wichtigsten Aspekten und können einen erheblichen Mehrwert schaffen.
Durch den vielfältigen Wohnungsmix (1.5 bis 5.5 Zimmer) entsteht eine
identitätsstiftende Vielfalt in der Einheit, wodurch die Siedlung mehr als
nur die Summer ihrer einzelnen Wohnungen darstellt.
3 x 1.5 Zi
3 x 2 Zi
10 x 2.5 Zi
9 x 3.5 Zi
6 x 4.5 Zi
5 x 5.5 Zi
4 x Cluster
Total:
Personen:
40 Einheiten
ca. 109
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Die Gebäudestruktur erlaubt ein hohes Mass an Planungsflexibilität, was
sich auch in den unterschiedlich grossen Wohnungen wiederspiegelt. Gegen Südwesten befinden sich ausschliesslich Geschosswohnungen, der
Nordostteil des Grossvolumens beinhaltet viele mehrgeschossige Einheiten. Dadurch können trotz der geringen Gebäudeabstände qualitativ hochwertige Wohnungen geschaffen werden, da beispielsweise die Wohnräume in das Dachgeschoss verlegt werden können, wodurch eine optimale
natürliche Belichtung gewährleistet wird.
Ergänzt werden die Wohnungen von Atelierräumen. Diese können einerseits Privat genutzt werden, von Menschen die zu Hause Arbeiten, ein
StartUp gründen wollen oder ihren künstlerischen Tätigkeiten nachgehen
möchten. Ein Vorteil bietet dabei eine mögliche direkte Verbindung mit
dem Wohnteil. Andererseits wird auch ein Teil der Atelierräume öffentlich
zugänglich gemacht. Menschen die nicht die Möglichkeit haben, einen eigenen „Hobbyraum“ zu haben sollen die Möglichkeit bekommen, die Infrastruktur zu Nutzen. Das Ganze wird durch eine mehrfach nutzbare Fläche
ergänzt, welche als Ausstellungs-, Begegnungs-, Gewerbe- und Seminarraum belegt werden kann. Zudem biedet auch die Einstellhalle in der Mitte
des grossflächigen Gebäudes die Option, an der gedeckten Aussenluft zu
Arbeiten oder Material zu lagern.
Um diesen „Werkcharakter“ zu unterstreichen nimmt die Überbauung mit
den Sheddächern und der Polycarbonatfassade deutlich Bezug auf Industriebauten.
Flächen und Dichte
Die Summe aller Geschossflächen beträgt rund 7’100m2, die Parzellengrösse beläuft sich auf rund 5’000m2. Die Geschossflächenziffer (GFZ)
liegt somit bei 1.42, was in Bezug zu den umliegenden Bauten in der Agglomeration einer höheren Dichte entspricht. Die Energiebezugsfläche pro
Person beläuft sich für die Wohnungen auf 40.4m2. Diese Zahl ist leicht
höher als der Zielwert von 40m2, da einerseits viele Kleinwohnungen vorgesehen sind, andererseits jede Wohnung über ein eigenes Reduit verfügt. Die Atelier- und Gewerbeflächen betragen rund 1’500m2.
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Energie
Die Überbauung ist gegen Südwesten ausgerichtet, wodurch die
passive Sonnenenergie durch die grossen Fensterflächen optimal
genutzt werden kann. Die von der Gebäudehülle abgelösten Balkonreihen ermöglichen eine statische Verschattung im Sommer und
lassen die Sonne im Winter tief in das Gebäude scheinen. Zusätzlich verfügen sämtliche Öffnungen über Lamellenstoren um den
sommerlichen Wärmeschutz zu gewährleisten. Die Gebäudehülle
ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Dachterrassen) relativ kompakt
gehalten und verfügt über gute U-Werte. Der verglaste Zwischenraum im grossflächigen Bauvolumen dient zudem als Puffer, lässt
sich jedoch über Dachklappen öffnen. Für die Holz-Metallfenster
wird ein Dreifach-Isolierglas verwendet.
Um die Dachfläche optimal zu nutzen verfügen die Gebäude über
eine grosse Photovoltaikanlage. 1400 sowie 840 Quadratmeter
bringen einen Ertrag von 184’031 bzw. 112’325 kWh/Jahr. Auf Photovoltaikelemente an der Fassade wurde verzichtet, da aufgrund der
vielen Fensterflächen der Anteil an PV-Modulen nur gering wäre.
Um die Netzbelastung gering zu halten, sind im Energiekonzept Akkus vorgesehen, welche Energie für rund zwei bis drei Tage speichern können. Dadurch lassen sich Produktionsspitzen (z.B Mittagssonne) entschärfen, was bei einer dezentralen Energieerzeugung
von Bedeutung ist.Unterstützt wird dieser Energiepuffer von einem
an die Produktion angepassten Energieverbrauch.
Dies hat zur Folge, dass beispielsweise Geschirrwaschautomaten
oder Elektroautos nicht mehr mit Nachtstrom, sonder mit Mittagsstrom betrieben bzw. geladen werden.
Die Raumwärme sowie das Warmwasser werden zentral mittels
Erdsonden und Wärmepumpe erzeugt. Somit wird ausschliesslich
elektrische Energie für die Häuser benötigt. Über eine Bodenheizung mit geringer Vorlauftemperatur wird die Raumwärme im Gebäude verteilt. Um eine Bauteilaktivierung sowie Massenträgheit
zu ermöglichen wird durch Anhydritunterlagsböden und Holz-Beton-Verbunddecken (HBV) zusätzlich Masse in das Gebäude gebracht. Das Erdgeschoss sowie die Decke über EG sind ohnehin in
Massivbauweise.
Auf eine mechanische Lüftung wird bewusst verzichtet, um den
technischen Aufwand im Gebäude so gering wie möglich zu halten. Zudem bietet sich eine Fensterlüftung an, da sämtliche Einheiten ein Durchwohnen beinhalten, welches für die manuelle Lüftung
geeignet ist. Es gilt jedoch die Bewohner über Dauerlüften sowie
Hygiene (mehrfaches Stosslüften wäre optimal) zu informieren. Die
Bäder und Küchen verfügen über Abluftgeräte welche direkt in die
Steigzonen geführt werden.
Ein Mobilitätskonzept sieht vor, dass für die Bewohner der Siedlung
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zwei Elektroautos sowie einige Elektrovelos zur Verfügung stehen,
welche gemietet werden können. Dadurch soll die Anzahl von Individual-/Privatfahrzeugen minimiert werden. Weiter sind genügend
Veloabstellplätze vorgesehen. Mit dem Fahrrad erreicht man das
Zentrum von Biel in weniger als zehn Minuten, mit der Bahn werden
rund sieben Minuten benötigt.
Energiebezugsfläche
EBF Haus 1 Total: EBF Haus 1 Wohnen: 3816m2
2782m2
EBF Haus 2 Total: EBF Haus 2 Wohnen: 2096m2
1623m2
EBF Total:
EBF Total Wohnen: 5912m2
4405m2
4405m2 : 109 = 40.4m2 EBF /Pers.
Heizwärmebedarf (Qh)
Haus 1 pro m2: Haus 1 Total: 81 MJ/m2 = 22.6 kWh/m2a
85‘860 kWh/a
Haus 2 pro m2: Haus 2 Total: 68 MJ/m2 = 18.9 kWh/m2a
53‘222 kWh/a
Solaranlage
Ertrag Haus 1:
Ertrag Haus 2:
184‘031 kWh/a
112‘325 kWh/a
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