Wertigkeit einer SMAD4-Expressionsreduktion als prognostischer

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Aus der
Medizinischen Klinik
im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer
- Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. Wolff-H. Schmiegel
Wertigkeit einer SMAD4-Expressionsreduktion als prognostischer Marker bei einer
Erstlinien-Chemotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms mit
Oxaliplatin und Fluoropyrimidinen
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Dominik Meier
aus Schwerte
2011
Dekan:
Prof. Dr. med. Klaus Überla
Referent:
Prof. Dr. med. Anke Reinacher-Schick
Korreferent:
Prof. Dr. rer. nat. Hans-Joachim Trampisch
Tag der mündlichen Prüfung:
08.05.2012
Abstract
Dominik Meier
Wertigkeit einer SMAD4-Expressionsreduktion als prognostischer Marker bei einer
Erstlinien-Chemotherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms mit Oxaliplatin und
Fluoropyrimidinen
Problem
SMAD4 ist ein Tumorsuppressorgen, welches eine wichtige Rolle in der kolorektalen Karzinogenese spielt.
Erste Studien deuten auf eine Wertigkeit von SMAD4 als prognostischer Biomarker bei kolorektalen
Karzinomen (KRK) in den UICC-Stadien II und III hin. Für metastasierte KRK des Stadiums IV sind
vergleichbare Daten bislang nicht verfügbar. In dieser Arbeit haben wir Gewebeproben von Patienten mit
metastasierten KRK, welche eine Kombinationschemotherapie bestehend aus Oxaliplatin und einem
Fluoropyrimidin erhalten haben, analysiert, um eine mögliche Assoziation zwischen dem SMAD4Expressionsstatus und dem Gesamt- bzw. progressionsfreien Überleben der Patienten nachzuweisen.
Methode
Es wurden Tumor-Gewebeproben aus einem Teilkollektiv einer großen klinischen Phase III Studie der
Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) untersucht (Porschen et al., 2007). In dieser Studie wurde
der Einsatz des oralen Fluoropyrimidins Capecitabin mit einer infusionalen Applikation von 5-FU/FS – jeweils
in Kombination mit Oxaliplatin – im Rahmen der Erstlinien-Chemotherapie von Patienten mit metastasiertem
KRK
verglichen.
Die
immunhistochemischer
Auswertung
Methoden.
Für
des
die
SMAD4-Expressionsstatus
statistischen
Analysen
erfolgte
bezüglich
mittels
des
etablierter
Gesamt-
und
progressionsfreien Überlebens wurden der log-rank-Test sowie Kaplan-Meier-Plots verwendet.
Ergebnis
Es stand Tumor-Material von 121 Patienten zur Verfügung. Eine reduzierte nukleäre SMAD4-Expression war
in 19,7% der Präparate nachweisbar, eine gleichzeitige Expressionsreduktion sowohl in den Nuklei als auch
im Zytoplasma in 4,3% der Fälle. Eine alleinige nukleäre Expressionsreduktion zeigte keinen signifikanten
Unterschied bezüglich des Gesamtüberlebens (OS) im Vergleich zu Patienten mit erhaltener SMAD4Expression (p = 0.533). Die vollständige, d.h. sowohl nukleär als auch zytoplasmatisch nachweisbare
Expressionsreduktion war hingegen signifikant mit einem reduzierten OS assoziiert (6,733 vs. 14,960 Monate,
p = 0.002). Eine signifikante Assoziation mit dem progressionsfreien Überleben (PFS) war weder bei alleiniger
Reduktion der nukleären Expression (p = 0.334) noch bei gleichzeitiger Reduktion in Nuklei und Zytoplasma
(p = 0.458) nachweisbar.
Diskussion
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine reduzierte SMAD4-Expression ein negativer prognostischer
Marker bei Patienten mit metastasiertem KRK unter Behandlung mit Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin ist.
Die vorliegende Arbeit war Grundlage für eine größere retrospektive Studie, die eine erste Bestätigung der
Resultate dieser Arbeit zeigen konnte (Baraniskin et al., 2011). Eine weitere prospektive Validierung dieser
Daten in größeren Kollektiven erscheint daher sinnvoll.
Meiner Mutter und Nina
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung …………………………………………………………………………
1.1
6
Das kolorektale Karzinom – Epidemiologie, Pathologie und Prognose ……………..…………………………………………………..
6
1.2
Medikamentöse Therapie des kolorektalen Karzinoms …………. 11
1.3
Molekulare Prognose- und Prädiktionsfaktoren beim kolorektalen Karzinom …………………….….……………………………….. 14
1.3.1
k-ras …………………………………………………………………… 17
1.3.2
Mikrosatelliteninstabilität ………..………………………………….. 18
1.3.3
SMAD4 …………………………….…………………………………. 18
2
Fragestellung und Ziel ………………………………………………………… 21
3
Material und Methoden …………………..……………………………………. 22
4
3.1
Material ……………………………………………………………….. 22
3.1.1
Studiendesign ……………………………….………………………. 22
3.1.2
Materialien und Geräte …………………….……………………….. 23
3.2
Methoden …………………………………..………………………… 26
3.2.1
Ethikvotum …………………………………………………………… 26
3.2.2
Herkunft des Studienmaterials …………..………………………… 26
3.2.3
Aufbereitung der Gewebeproben …………………..……………… 26
3.2.4
Immunhistochemie ………………………………………………….. 27
3.2.4.1
Allgemeines Prinzip der Immunhistochemie ………..……………. 27
3.2.4.2
Immunhistochemische Färbung ……………………...……………. 29
3.2.5
Konventionell-histologische Färbung ……………….…………….. 30
3.2.6
Kontrollen …………………………………………………………….. 31
3.2.7
Auswertung der gefärbten Gewebeproben ………………………. 32
3.2.8
Statistische Auswertung ……………………………….…………… 33
Ergebnisse ………………………………………………………….…………… 34
4.1
Basis-Charakteristika des untersuchten Teilkollektivs ………….. 34
4.2
SMAD4-Expressionsstatus …………………………………………. 36
4.3
Korrelationsanalysen ……………………………………………….. 39
4.3.1
SMAD4-Expressionsstatus und Basis-Charakteristika ………….. 39
4.3.2
SMAD4-Expressionsstatus und Gesamt- bzw. progressionsfreies Überleben …………………………………………………….. 40
-1-
5
Diskussion ………………………………………………………………….……. 45
5.1
Erläuterung und Diskussion der Ergebnisse ……………….…….. 45
5.1.1
Basis-Charakteristika und Expressionsstatus ……………………. 45
5.1.2
Gesamt- und progressionsfreies Überleben ………………..…….. 46
5.1.3
Immunhistochemie …………………………………………..……… 48
5.1.4
Studiendesign ……………………………………………….………. 49
5.2
Einordnung der Ergebnisse in die Literatur …………….………… 49
5.3
Ausblick ……………………………………………………………… 53
6
Zusammenfassung …………………………………………………….……….. 55
7
Literaturverzeichnis ……………………………………………………………. 57
-2-
Verzeichnis der Abkürzungen
5-FU
5-Fluorouracil
AIO
Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie
CAPOX- Schema
Chemotherapie-Protokoll bestehend aus Capecitabin und
Oxaliplatin
CIM
CpG-Insel-Methylierung
CIN
chromosomale Instabilität
CR
complete response
EGFR
Epidermal-Growth-Factor-Rezeptor
FAP
familiäre adenomatöse Polyposis
FOBT
fecal occult blood test
FOLFOX-Schema
Chemotherapie-Protokoll bestehend aus 5-Fluorouracil,
Folinsäure und Oxaliplatin
FS
Folinsäure
FUFOX-Schema
Chemotherapie-Protokoll bestehend aus 5-Fluorouracil,
Folinsäure und Oxaliplatin
HE-Färbung
Hämatoxylin-Eosin-Färbung
HIER-Methode
heat induced epitop retrieval Methode
HNPCC
hereditäres nicht-polypöses Kolonkarzinom
KRK
kolorektales Karzinom
LOH
loss of heterozygosity
LSAB-Methode
Labelled-Streptavidin-Biotin-Methode
MAPK
Mitogen-aktivierte Protein-Kinase
mRNA
Messenger-Ribonukleinsäure
MSI
Mikrosatelliteninstabilität, mikrosatelliteninstabil
ORR
overall response rate
OS
overall survival
PD
progressive disease
PFS
progression free survival
PR
partial response
RECIST
response evaluation criteria in solid tumors
SD
stable disease
TGF-β
transforming growth factor beta
UICC
Union internationale contre le cancer
VEGF
vascular endothelial growth factor
-3-
Verzeichnis der Tabellen
Tabelle 1:
Stadieneinteilung des KRK nach UICC (TNM-Klassifikation in
der 6. Auflage) und 5-Jahres-Überlebensrate nach O’Connell
et al. .…………………………….………..……………………………. 10
Tabelle 2:
Definition des Remissionsverhaltens gemäß der RECIST-Kriterien. ……….……………………….………….….……………..……… 23
Tabelle 3:
Geräte und Computerprogramme. ……………...………….………. 24
Tabelle 4:
Reagenzien und Verbrauchsmaterialien. ……...…………..………. 25
Tabelle 5:
Basis-Charakteristika des untersuchten Teil- und des Gesamtkollektivs im Vergleich. …………………..……...…………..………. 34
Tabelle 6:
Basis-Charakteristika des untersuchten Teilkollektivs. ….….……. 35
Tabelle 7:
SMAD4-Expressionsstatus in Nuklei und Zytoplasma. ….…….…. 36
Tabelle 8:
p-Werte der Korrelationsanalyse zwischen SMAD4-Expressionsstatus und Basis-Charakteristika des Teilkollektivs. …….….……. 40
Tabelle 9:
Uni- und multivariate Korrelationsanalysen des SMAD4-Expressionsstatus und der Basischarakteristika mit Gesamt- und
progressionsfreiem Überleben. ……………………………..………. 44
-4-
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Genetische Veränderungen im Verlauf der klassischen
Adenom-Karzinom-Sequenz. …….……...……...………………….
8
Abbildung 2: Unterschiede zwischen prognostischen und prädiktiven
Markern. ………………………….…..…………...…………………. 15
Abbildung 3: Prinzip der LSAB-Methode bei der immunhistochemischen
Färbung. ……………………………..…………...………………….. 29
Abbildung 4: Deutlich positive Anfärbung von Tumorgewebe und Stroma,
erhaltene SMAD4-Expression in Nuklei und Zytoplasma. ..…….. 37
Abbildung 5: Expressionsverlust in Nuklei und Zytoplasma des Tumorgewebes, deutlich positive Anfärbung des Stromas und angrenzenden Normalgewebes. ……………………….…………….. 38
Abbildung 6: Verlust der Expression in den Nuklei bei erhaltener zytoplasmatischer Expression, positiv angefärbtes Stroma. ……….…….. 39
Abbildung 7: Kaplan-Meier-Plots des Gesamtüberlebens (Expressionsreduktion vs. -erhalt getrennt nach Lokalisation). ……..….….….. 41
Abbildung 8: Kaplan-Meier-Plots des progressionsfreien Überlebens (Expressionsreduktion vs. -erhalt getrennt nach Lokalisation). …..... 43
-5-
1
Einleitung
1.1
Das kolorektale Karzinom – Epidemiologie, Pathologie und Prognose
Das kolorektale Karzinom (KRK) stellt innerhalb Deutschlands die zweithäufigste
Manifestation maligner Tumorerkrankungen dar. Jährlich sind beinahe 70.000
Neuerkrankungen sowie nahezu 30.000 Todesfälle aufgrund eines KRK in
Deutschland
zu
verzeichnen.
Damit
nimmt
das
KRK
auch
in
der
Todesursachenstatistik der Krebserkrankungen den zweiten Platz ein. Diese
Daten verteilen sich zu nahezu gleichen Teilen auf Männer und Frauen (Husmann
et al., 2010).
Das mittlere Erkrankungsalter beträgt bei Männern 69, bei Frauen 75 Jahre. Das
KRK ist damit im Wesentlichen – lässt man genetisch bedingte Erkrankungen wie
z.B. die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) oder das hereditäre nichtpolypöse Kolonkarzinom (HNPCC) einmal beiseite – eine Erkrankung des alten
Menschen. Dies zeigt sich auch bei der Betrachtung der Altersverteilung. Die
Inzidenz nimmt bei beiden Geschlechtern mit steigendem Alter stetig zu und
erreicht bei den Männern ein Maximum im Alter zwischen 80 und 85 Jahren bzw.
bei den Frauen im Alter von mehr als 85 Jahren (Husmann et al., 2010). Auch bei
Betrachtung des vorwiegenden Diagnosealters ergibt sich das gleiche Bild: 90%
der KRK werden im Alter über 50 Jahren diagnostiziert. Ab diesem Zeitpunkt
verdoppeln sich sowohl Inzidenz als auch Mortalität pro weiterer Lebensdekade
(Nelson et al., 1999). Insgesamt betrachtet ergibt sich für Deutschland ein
individuelles Lebenszeitrisiko von 4-6%. Damit erkrankt in etwa jeder 20.
Bundesbürger im Laufe seines Lebens an einem KRK.
Betrachtet man Inzidenz und Mortalität über einen Erfassungszeitraum von 1980
bis 2006 hinweg, so lassen sich folgende Trends erkennen: Die Inzidenzen haben
sich seit etwa Mitte der 90er Jahre zunächst auf einem – für Männer und Frauen
etwas unterschiedlichen – Niveau stabilisiert, um nun seit ca. 2002 eine langsam
abfallende Tendenz zu zeigen. Demgegenüber zeigt die Betrachtung der
Mortalitätsraten
einen
schwachen,
aber
stetigen
Rückgang
bei
beiden
Geschlechtern bereits seit ca. 1992 (Husmann et al., 2010). Es ist anzunehmen,
dass dieser Rückgang der Mortalitätsraten sowohl durch die Entwicklung von
-6-
effektiven Methoden zur Krebs-Früherkennung als auch durch die Verbesserung
der verfügbaren Therapieoptionen mit bedingt ist (Stewart et al., 2004; Brenner et
al., 2010). So können mittlerweile Screening-Methoden wie z.B. der FOBT (fecal
occult
blood
test)
und
die
Kolonoskopie
der
Allgemeinbevölkerung
(weitestgehend) flächendeckend angeboten werden. Auch das zur Verfügung
stehende Spektrum an Therapieoptionen ist in den letzten Jahren stetig
gewachsen, insbesondere durch die Einführung neuer wirksamer Substanzen
(siehe Kap. 1.2).
Betrachtet man alle auftretenden KRK in der Gesamtschau, so findet sich in 6575% der Fälle eine leere Familienanamnese. Die sporadischen KRK stellen
anteilsmäßig also den Großteil aller Neuerkrankungen. In 25-35% der Fälle findet
sich im Gegensatz dazu jedoch eine familiäre Häufung (Lichtenstein et al., 2000).
Diese Häufung ist zu einem kleinen Teil (2-6% aller KRK (Kemp et al., 2004))
einem der heute bekannten, monogen erblichen Syndrome zuzuordnen. Dazu
gehören v.a. das hereditäre nicht-polypöse Kolonkarzinom (HNPCC bzw. LynchSyndrom) und die FAP. Weitere, seltenere Ursachen sind das Peutz-JeghersSyndrom sowie die juvenile Polyposis coli. Der restliche Anteil der familiär gehäuft
auftretenden Fälle wird anderen, noch nicht identifizierten (poly-) genetischen
Faktoren zugeschrieben (Xu and Pasche, 2007).
Karzinome des Kolons und des Rektums entstehen fast nie in bzw. aus gesunder
Schleimhaut. In der Regel finden sich zunächst Adenome, welche primär benigner
Dignität sind. Die Entstehung eines KRK aus einem Adenom dauert im Mittel etwa
10 Jahre. Die zugrundeliegenden molekularbiologischen Veränderungen sind
heute gut untersucht (Vogelstein et al., 1988). Man bezeichnet diese genetischen
Alterationen im Verlauf der Entwicklung von gesunder Schleimhaut zum Adenom
und später zum Karzinom auch als klassische Adenom-Karzinom-Sequenz.
Das Progressions-Modell dieser klassischen Adenom-Karzinom-Sequenz beruht
auf der Annahme, dass die Akkumulation verschiedener Mutationen bzw.
genetischer Veränderungen im Verlauf dazu führt, dass zunächst aberrant
kryptische Foci, kleine Adenome, größere Adenome und dann Karzinome
entstehen.
Diese
Veränderungen
betreffen
verschiedene
Onkogene
und
Tumorsuppressorgene (Kinzler and Vogelstein, 1998). Einen Überblick über die
genetischen Alterationen im Verlauf dieser Progressionskaskade gibt Abbildung 1:
-7-
Abbildung 1: Genetische Veränderungen im Verlauf der klassischen AdenomKarzinom-Sequenz (modifiziert nach (Vogelstein et al., 1988;
Kinzler and Vogelstein, 1998), Erläuterungen im Text).
Bei KRK kann man nun je nach Art der zugrundeliegenden Veränderungen bzw. je
nach Zeitpunkt ihres Auftretens drei verschiedene Phänotypen unterscheiden: die
Phänotypen der chromosomalen Instabilität (CIN), der Mikrosatelliteninstabilität
(MSI) sowie der CpG-Insel-Methylierungen (CIM) (Issa, 2008).
Der sog. Phänotyp der chromosomalen Instabilität ist der häufigste der drei
genannten Phänotypen. Er zeichnet sich aus durch eine Kaskade von Alterationen
verschiedener chromosomaler Abschnitte und entspricht dem o.g., von Vogelstein
et al. postulierten, klassischen Modell der Adenom-Karzinom-Sequenz (Vogelstein
et al., 1988).
Am Anfang dieser Kaskade steht die Inaktivierung des APC-Gens, bei dem es sich
um ein Tumorsuppressorgen handelt. Es verliert aufgrund von inaktivierenden
Mutationen seine Funktion, wodurch ein Wachstums- bzw. Überlebensvorteil der
Zelle resultiert (Goss and Groden, 2000) und es zur Akkumulation weiterer
genetischer Alterationen im Rahmen der klonalen Expansion kommt.
Im weiteren Verlauf des Progressions-Modells kommt es dann sowohl zu aktivierenden Mutationen des k-ras Onkogens als auch zu inaktivierenden Veränderungen von Tumorsuppressorgenen auf dem Chromosom 18q. Dort sind insbesondere die Gene DCC, SMAD2 und SMAD4 (siehe Kap. 1.3.3) von Bedeutung,
welche v.a. durch Verlust chromosomalen Materials inaktiviert werden.
-8-
Schließlich ist auch das Tumorsuppressorgen p53 im Rahmen des ProgressionsModells von Alterationen betroffen. Sind Mutationen im Bereich dieses Gen-Locus
aufgetreten, so findet man als morphologisches Korrelat high-grade intraepitheliale
Neoplasien oder sogar bereits invasive Karzinome.
Ein kleinerer Anteil der KRK weist den sog. Phänotyp der Mikrosatelliteninstabilität
auf. Diese Form ist insbesondere typisch für Tumoren im Rahmen eines LynchSyndroms (HNPCC), kommt aber auch beim sporadischen KRK vor. Zugrunde
liegt eine angeborene (HNPCC) oder erworbene Mutation im Bereich der DNAMismatch-Reparatur-Gene. Bei Mutationen im Bereich dieser Loci kommt es
zunehmend zu verbleibenden Fehlern bei der Replikation, die insbesondere
repetitive Sequenzen, die sog. Mikrosatelliten, betreffen. Bei Längenveränderungen dieser repetitiven Bereiche kann es gehäuft zu „frame-shifts“, d.h. zu
Verschiebungen des Leserasters und damit in der Konsequenz zur Synthese
funktionsuntüchtiger Proteine kommen. Dies resultiert in einem beschleunigten
Durchlauf des Tumor-Progressions-Modells (Issa, 2008).
Der dritte und letzte Phänotyp trägt die Bezeichnung CpG-Insel-MethylierungsPhänotyp. Hier spielen epigenetische Vorgänge wie Histon-Acetylierungen oder
die sog. CpG-Insel-Methylierung eine Rolle. Durch das Stattfinden dieser
Vorgänge in genregulatorischen Abschnitten (insbesondere im Promoter-Bereich)
kommt es zur Abschaltung der Transkription der jeweils betroffenen Gene, was
einer funktionellen Inaktivierung entspricht. Sind von dieser Inaktivierung nun
Tumorsuppressorgene oder Loci der DNA-Mismatch-Reparatur-Gene betroffen, so
kann nun auch hier eine (beschleunigte) Karzinogenese stattfinden. Bezüglich der
DNA-Mismatch-Reparatur-Gene ist gehäuft der Locus des MLH-1Gens von einer
Hypermethylierung betroffen. Dies führt dazu, dass häufig gleichzeitig eine
Mikrosatelliteninstabilität vorliegt (Issa, 2008).
Die Einteilung des KRK erfolgt nach dem TNM-System. Die verschiedenen TNMParameter werden den UICC-Stadien 0-IV (Union internationale contre le cancer)
zugeordnet. Diese Einteilung erlaubt die Zusammenfassung von Stadien mit
ähnlichem prognostischem Verlauf. Für die bislang in der 6. Auflage verwendete
TNM-Klassifikation
der
UICC
(UICC,
-9-
2002)
zeigt
beispielsweise
eine
Untersuchung von O’Connell et al. (O'Connell et al., 2004) wie die 5-JahresÜberlebensrate mit fortschreitendem Stadium stetig sinkt (siehe Tabelle 1):
Tabelle 1:
Stadieneinteilung des KRK nach UICC (TNM-Klassifikation in der 6.
Auflage (UICC, 2002)) und 5-Jahres-Überlebensraten nach O’Connell
et al. (O'Connell et al., 2004).
T-Stadium
N-Stadium
M-Stadium
Anteil
5-JahresÜberlebensrate
UICC 0
Tis
N0
M0
-
-
UICC I
T1-2
N0
M0
~ 15%
93,2%
UICC IIA
T3
N0
M0
UICC IIB
T4
N0
M0
UICC IIIA
T1-2
N1
M0
UICC IIIB
T3-4
N1
M0
UICC IIIC
jedes T
N2
M0
UICC IV
jedes T
jedes N
M1
~ 20-30%
84,7%
72,2%
83,4%
~ 30-40%
64,1%
44,3%
~ 20-25%
8,1%
Seit kurzem ist diese TNM-Klassifikation nun in der aktualisierten 7. Auflage
verfügbar (UICC, 2010). Hierbei wird das UICC-Stadium II nun in die Subgruppen
A, B und C und das Stadium IV in die Subgruppen A und B unterteilt. In den
Stadien II, III und IV wurden darüber hinaus geringfügige Änderungen an der
jeweiligen Zuordnung der N- und M-Parameter vorgenommen. Bislang sind für
diese neue Fassung jedoch noch keine Überlebensdaten verfügbar, so dass eine
prospektive Evaluation dieser Klassifikation noch aussteht.
Die UICC-Stadieneinteilung ist nun nicht nur relevant für die Abschätzung der Prognose bzw. der 5-Jahres-Überlebensrate einzelner Patienten, sondern spielt auch
eine entscheidende Rolle für die Wahl der entsprechenden Therapie. Die Stadieneinteilung bei Erstdiagnose stellt die Entscheidungsgrundlage für das sich anschließende therapeutische Vorgehen dar. Generell sollte die chirurgische R0-Resektion – wann immer möglich – die Therapie der Wahl darstellen, da nur so das
KRK potentiell kurativ zu behandeln ist. Neben dem chirurgischen Vorgehen stellt
die systemische medikamentöse (Chemo-) Therapie einen weiteren Bestandteil
- 10 -
der KRK-Behandlung dar. Hierbei unterscheidet man je nach Therapieziel verschiedene Ansätze. Die adjuvante Therapie wird an eine chirurgische R0Resektion angeschlossen, um das Auftreten von Rezidiven zu verhindern. Im
Gegensatz dazu geht die neoadjuvante Therapie der Operation voraus. Ihr Ziel
besteht darin, Tumormanifestationen (wie beispielsweise hepatische Metastasen)
zu verkleinern, um sie so sekundär resektabel zu machen. Die palliative Therapie
verfolgt schließlich keinen kurativen Therapieansatz mehr. Ihr Ziel ist es das
Gesamt- bzw. progressionsfreie Überleben der Patienten bei größtmöglicher
Lebensqualität zu verlängern. Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung stellt
auch die Strahlentherapie eine weitere etablierte Therapieform dar. Sie ist Teil von
adjuvanten und neoadjuvanten Therapieansätzen, beschränkt sich in ihrem
Einsatz allerdings im Wesentlichen auf Karzinome mit Lokalisation im Rektum.
1.2
Medikamentöse Therapie des kolorektalen Karzinoms
Die systemische medikamentöse Therapie des (fortgeschrittenen) KRK ist ein
wesentlicher
Bestandteil
der
Behandlung
im
Rahmen
von
adjuvanten,
neoadjuvanten und palliativen Therapieansätzen. Zu diesem Zweck stand bis vor
etwa 10 Jahren lediglich eine etablierte Substanz zur Verfügung: das 5-Fluorouracil (5-FU). Dieses ist nach wie vor – insbesondere zusammen mit dem synergistisch wirksamen Modulator Folinsäure (FS) – ein entscheidender Bestandteil
der zum Einsatz kommenden Therapieregime. Allerdings hat sich darüber hinaus
in den letzten Jahren das Therapie-Spektrum durch die Einführung neuer
Substanzen ganz entscheidend erweitert. Die Entdeckung und Zulassung neuer
Chemotherapeutika und auch sog. zielgerichteter Substanzen führte zu entscheidenden Fortschritten in der Behandlung des KRK. Im Rahmen der zuerst
genannten Gruppe sind vor allem zu nennen das Platinderivat Oxaliplatin, der
Topoisomerase-I-Inhibitor Irinotecan sowie orale Vorstufen des bereits bekannten
und etablierten 5-FU (v.a. Capecitabin). Die Gruppe der neu eingeführten
zielgerichteten Substanzen (auch als Biologicals bezeichnet) umfasst im
Wesentlichen zwei Antikörper-Gruppen: den Anti-VEGF-Antikörper (vascular
endothelial
growth
factor)
Bevacizumab
sowie
die
Anti-EGFR-Antikörper
(Epidermal-Growth-Factor-Rezeptor) Cetuximab und Panitumumab.
- 11 -
Eine adjuvante Therapie wird durchgeführt mit dem Ziel, das Risiko für Rezidive
nach einer chirurgischen R0-Resektion des Primärtumors (bei fehlenden
Fernmetastasen) zu verringern.
Für Patienten mit einem kurativ resezierten KRK im Stadium I ist eine adjuvante
Therapie nicht indiziert (Schmiegel et al., 2008).
Die Empfehlungen bezüglich einer adjuvanten Behandlung im Stadium II
differieren international erheblich. In Deutschland wird laut aktueller Leitlinie
(Schmiegel et al., 2008) derzeit empfohlen, eine adjuvante Therapie unter
Absprache mit dem Patienten ggf. in Erwägung zu ziehen.
Im Gegensatz dazu stellt die adjuvante Behandlung im Stadium III schon seit
vielen Jahren einen gesicherten Standard dar. Alle Patienten im Stadium III sollten
heute (bei ausreichend gutem Allgemeinzustand) eine 6-monatige Chemotherapie
nach einem FOLFOX-Protokoll (bestehend aus Oxaliplatin und 5-FU/FS) erhalten,
da dieses in großen Studien eine signifikante Verbesserung des Überlebens
zeigen konnte (Andre et al., 2009).
Neben den genannten Chemotherapeutika besitzt auch Capecitabin in bestimmten
Situationen einen Stellenwert in adjuvanten Therapieansätzen. Die zielgerichteten
Substanzen Bevacizumab, Cetuximab und Panitumumab hingegen spielen
ebenso wie Irinotecan in adjuvanten Behandlungskonzepten gegenwärtig keine
Rolle.
Neben der adjuvanten Therapie konnte auch in der palliativen Situation in den
letzten Jahren eine Verbesserung der Therapieerfolge erzielt werden. Hierzu
haben neben Oxaliplatin und Capecitabin auch Irinotecan sowie die o.g.
Biologicals beigetragen.
Standard der palliativen Chemotherapie war in der jüngeren Vergangenheit
bislang die alleinige kontinuierliche infusionale Applikation einer 5-FU/FS
Monotherapie. Im Vergleich hierzu konnten diverse Studien jedoch zeigen, dass
sowohl Oxaliplatin als auch Irinotecan bei Kombination mit dem genannten 5FU/FS Schema die Ansprechraten sowie das PFS (progression free survival,
progressionsfreies Überleben) und OS (overall survival, Gesamtüberleben)
deutlich steigern können. Diese Oxaliplatin- und Irinotecan-Protokolle sind sowohl
für die Erst- als auch für die Zweitlinien-Therapie zugelassen. Außerdem sind
beide Therapie-Schemata einander gleichwertig bezüglich der Erfolgsraten, so
- 12 -
dass die Auswahl der optimalen Erstlinien-Therapie unter Berücksichtigung der
individuellen Situation des Patienten erfolgen sollte.
Neben Oxaliplatin und Irinotecan besitzt auch Capecitabin in der palliativen
Therapie seinen Stellenwert. Es konnte gezeigt werden, dass es nicht nur bei 5FU Monotherapie sondern auch bei einer Kombinationschemotherapie bestehend
aus 5-FU und Oxaliplatin dem 5-FU jeweils äquipotent ist. Darüber hinaus besitzt
die
Substanz
Vorteile
bezüglich
der
Patientenfreundlichkeit
(orale
Darreichungsform) und der Therapiekosten. Bei Kombinationsprotokollen von 5FU und Irinotecan bleibt derzeit noch abzuwarten, ob Capecitabin auch hier dem
infusionalen 5-FU gleichwertig ist.
In Anbetracht der drei bisher genannten zur Verfügung stehenden Substanzen
(Fluoropyrimidine, Oxaliplatin, Irinotecan) stellt sich die Frage, ob bestimmte – und
falls ja welche – Präparate dem Patienten einen maximalen Überlebensvorteil
bringen. Diesbezüglich konnte gezeigt werden, dass es nicht auf die Auswahl einer bestimmten Substanz im Rahmen der Erst- oder Zweitlinientherapie ankommt.
Prognose-bestimmend ist vielmehr die Anzahl der eingesetzten Substanzen im
Verlauf der Therapie, d.h. entscheidend ist, dass der Patient während seines
Krankheitsverlaufs Zugang zu allen drei Substanzen erhält (Grothey et al., 2004).
Zusätzlich zu den bereits genannten Präparaten sind im Rahmen palliativer
Therapieansätze mittlerweile auch die zielgerichteten Substanzen Bevacizumab,
Cetuximab und Panitumumab sinnvoll einsetzbar.
Der Antikörper Bevacizumab ist gegen das Signalmolekül VEGF gerichtet und
wirkt auf diesem Wege v.a. der tumorösen Neoangiogenese entgegen.
Bevacizumab ist sowohl für die Erst- als auch für die Zweitlinientherapie
zugelassen.
Die Wirkung des Anti-EGFR-Antikörpers Cetuximab resultiert im Wesentlichen aus
der Inhibition des MAPK-Signalweges (Mitogen-aktivierte Protein-Kinase) und
somit
aus
der
Hemmung
von
Zellproliferation,
Metastasierung
und
Neoangiogenese. Auch Cetuximab ist sowohl für die Erst- als auch für die
Zweitlinientherapie zugelassen.
Neben Cetuximab ist das Präparat Panitumumab als weiterer Anti-EGFRAntikörper zugelassen. Dieser ist vollhumanen Ursprungs und birgt so geringere
Gefahren anaphylaktischer Reaktionen. Für beide Antikörper gilt, dass ihre
Wirksamkeit ausschließlich auf Tumoren des k-ras Wildtyps beschränkt ist.
Patienten mit metastasiertem KRK müssen somit vor Therapie-Start mit einem
- 13 -
Anti-EGFR-Antikörper eine k-ras Mutationsanalyse aus Primärtumorgewebe
erhalten. Bei Vorliegen einer k-ras Mutation sind diese Antikörper kontraindiziert.
Dies stellt die erste Integrierung des Konzeptes einer individualisierten Therapie in
den klinischen Alltag beim KRK dar (siehe Kap. 1.3.1).
Unter einer neoadjuvanten Therapie im Rahmen kolorektaler Karzinome wird im
Allgemeinen die lokale strahlentherapeutische Behandlung des Rektumkarzinoms
im Stadium II und III verstanden. Darüber hinaus kommt ein neoadjuvanter
Therapieansatz auch für Patienten in Frage, bei denen bereits eine z.B.
hepatische Fernmetastasierung vorliegt (siehe Kap. 1.1). In diesem Rahmen wird
eine medikamentös-systemische Behandlung mit dem Ziel eingesetzt, eine
Verkleinerung primär nicht-resektabler Metastasen zu induzieren, um so
schließlich eine sekundäre Operabilität zu erreichen. Im Rahmen einer solchen
Behandlung kommen im Wesentlichen die Chemotherapeutika 5-FU, Oxaliplatin
und Irinotecan sowie der Antikörper Cetuximab zum Einsatz.
1.3
Molekulare Prognose- und Prädiktionsfaktoren beim kolorektalen
Karzinom
In Anbetracht der im vorangegangenen Kapitel dargestellten Therapieoptionen
und Behandlungsschemata wird deutlich, dass die Zahl der zur Verfügung
stehenden wirksamen Medikamente in den letzten 10-15 Jahren deutlich
gewachsen
ist.
Dies
bedeutet
zwar
Fortschritt
und
Verbesserung
der
Therapieergebnisse auf der einen Seite, jedoch auch eine zunehmende
Differenzierung der Behandlung auf der anderen. Insbesondere wird es
zunehmend schwieriger, das für die individuelle Situation des jeweiligen Patienten
optimale therapeutische Vorgehen herauszuarbeiten.
Bei der Auswahl einer solchen individuell optimalen Therapie ist es erforderlich, einen Kompromiss zwischen verschiedenen Anforderungen an das therapeutische
Vorgehen zu finden. Das primäre Ziel besteht dabei darin, das für den Patienten
bestmögliche Therapieresultat durch maximalen Therapieeinsatz zu erreichen.
Gleichzeitig ist aber eine Übertherapie des Patienten zu vermeiden, da gerade
Chemotherapeutika bekanntermaßen erhebliche Nebenwirkungen haben. Desweiteren ist zu beachten, dass moderne Chemotherapeutika, wie z.B. die o.g. Biologicals, sehr kostenintensiv sein können. In der Konsequenz sollten also diese
- 14 -
Substanzen möglichst selektiv nur bei jenen Patienten eingesetzt werden, bei denen mit einer entsprechend hohen Wahrscheinlichkeit ein Benefit zu erwarten ist.
Diese Umstände begründen also schon für sich allein genommen die dringliche
Forderung nach einer Identifizierung von molekularen Markern, welche eine
Aussage darüber erlauben, ob und wenn ja für welche Therapie ein Patient am
ehesten qualifiziert. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Faktoren, die die
Identifizierung dieser Marker notwendig erscheinen lassen. Zu nennen ist hier
insbesondere die Tatsache, dass KRK in ihrer Gesamtheit ein sehr heterogenes
Tumorkollektiv bilden. Aufgrund der verschiedenen Phänotypen der Karzinomentstehung handelt es sich (trotz einem möglicherweise ähnlichen (histo-)
morphologischen Erscheinungsbild) nicht um molekularbiologisch identische
Entitäten (siehe Kap. 1.1), sondern es bestehen z.T. erhebliche interindividuelle
Unterschiede im jeweiligen genetischen Makeup sowie bezüglich Prognose und
Therapieansprechen (Zlobec and Lugli, 2008).
Beschäftigt man sich nun mit der Untersuchung von solcherlei molekularen
Markern, so ist definitionsgemäß zwischen prognostischen und prädiktiven
Markern zu unterscheiden (Zlobec and Lugli, 2008). In Abbildung 2 sind die
Unterschiede zwischen diesen Markern schematisch dargestellt:
Abbildung 2: Unterschiede zwischen prognostischen und prädiktiven Markern
(modifiziert nach (Barratt et al., 2002), Erläuterungen im Text).
- 15 -
Ein prognostischer Marker wird definiert als ein Kriterium zur Vorhersage des
individuellen Risikos für ein bestimmtes Outcome. Dies bedeutet, dass rein
prognostische
Marker
(links
in
Abbildung
2)
eine
Aussage
über
die
Wahrscheinlichkeit erlauben, mit der bei einem Patienten ein bestimmtes Ereignis
eintritt, wie z.B. eine Tumorprogression oder der Tod. Rein prognostische Marker
sind allerdings nicht dazu bestimmt, eine spezifische Therapieauswahl zu
begründen.
Prädiktive Marker hingegen sind dazu da, die Effektivität oder den Benefit einer
spezifischen Behandlung bei einem bestimmten Patienten aufgrund des
Markerstatus vorherzusagen. Rein prädiktive Faktoren (rechts in Abbildung 2)
zeigen also unabhängig vom Ausgangsrisiko an, welcher Benefit von der
Durchführung einer spezifischen Therapie zu erwarten ist. Folglich sind sie als
Hilfsmittel bei der Therapieauswahl durchaus geeignet.
Zu den potentiellen, für diesen Zweck geeigneten molekularen Markern zählen
nun vor allem jene Gene bzw. Genprodukte, die im Rahmen der oben
beschriebenen Karzinogenese (siehe Kap. 1.1) von Alterationen betroffen sind. Da
diese Strukturen (mit-) verantwortlich sind für die Tumorentstehung und
-progression, stellen sie mögliche Zielstrukturen für eine Therapie dar. Darüber
hinaus können sie unter Umständen auch Ursache einer Therapieresistenz
gegenüber bestimmten Behandlungsansätzen sein (z.B. Mikrosatelliteninstabilität,
siehe Kap. 1.3.2). Aufgrund dieser Tatsachen erscheinen die entsprechenden
Strukturen also als potentiell geeignet eine prädiktive Aussage im oben
beschriebenen Sinne zu ermöglichen. Gleichzeitig beeinflussen diese Gene bzw.
Genprodukte jedoch auch die Prognose, da sie die Tumorprogression,
-metastasierung und -invasion beschleunigen (können). Somit können sie also
auch als prognostische Marker von Relevanz sein.
Gleichwohl gibt es bisher, mit Ausnahme des k-ras (siehe Kap. 1.3.1), jedoch noch
keine klinisch sicher etablierten molekularen Marker zur Prognosevorhersage oder
Therapieprädiktion. Ziel soll es also nach Möglichkeit sein, Biomarker zu finden,
die eine verlässliche Vorhersage über (beispielsweise) die zu erwartende
Entwicklung von klinischem Verlauf, Therapieansprechen und Toxizität der
jeweiligen Therapie erlauben. So können im optimalen Fall Therapieerfolge
maximiert und gleichzeitig Nebenwirkungen sowie Kosten minimiert werden.
- 16 -
Um solche Vorhersagen treffen zu können, muss ein optimaler Biomarker jedoch
gewisse Voraussetzungen erfüllen. Zunächst einmal muss er im Patientenmaterial
(z.B. Blut oder Gewebe) stabil, reproduzierbar und einfach bestimmbar sein. Es
sollte ein ausreichend großes Patientenkollektiv im Rahmen einer randomisierten
Therapiestudie untersucht werden, um den Effekt eines solchen optimalen
Markers zu belegen. Dieser dabei festgestellte Effekt muss weiterhin ausreichend
groß sein, um eine entsprechende klinische Relevanz zu haben. Schließlich muss
auch eine Validierung stattfinden, welche nach Möglichkeit unter prospektiven
Bedingungen durchgeführt werden sollte (Sargent et al., 2005).
Unter diesen Voraussetzungen sollen nun im Folgenden drei Marker näher
beschrieben werden, welche in Bezug auf das KRK von besonderer Bedeutung
sind.
1.3.1 k-ras
Das Onkogen k-ras kodiert für ein in die Signalkaskade des EGF-Rezeptors
integriertes Protein, welches in etwa 35% aller kolorektalen Karzinome mutiert ist
(Bamford et al., 2004).
Seine Wertigkeit als prognostischer Marker ist in der Vergangenheit umfassend
untersucht worden. Jedoch sind die Aussagen diesbezüglich noch immer
widersprüchlich, da einige Studien eine prognostische Relevanz nachweisen
konnten (Andreyev et al., 2001; Bazan et al., 2002), wohingegen andere
Untersuchungen keine Assoziation zwischen dem k-ras Mutationsstatus und
klinischem Outcome finden konnten (Bleeker et al., 2001; Westra et al., 2005).
Demgegenüber
konnte
dem
k-ras
Mutationsstatus
kürzlich
jedoch
eine
zuverlässige Aussage als prädiktiver Marker zugeschrieben werden. Es wurde
gezeigt, dass nur Patienten mit einem k-ras Wildtyp von einer Behandlung mit
einem Anti-EGFR-Antikörper profitieren – im Gegensatz zu Patienten, deren k-ras
Gen mutiert ist (Amado et al., 2008). Damit ist k-ras der bislang einzige prädiktive
Biomarker, der beim KRK klinisch etabliert und in Kombination mit einer AntiEGFR-Therapie zugelassen ist (siehe Kap. 1.2).
- 17 -
1.3.2 Mikrosatelliteninstabilität
Die Mikrosatelliteninstabilität (MSI) tritt bei KRK auf, bei denen es zu einer
Schädigung des zellulären DNA-Mismatch-Reparatur-Systems gekommen ist.
Dies ist bei etwa 8-18% aller KRK der Fall. Dabei handelt es sich sowohl um
hereditäre KRK im Rahmen eines HNPCC als auch in ca. 15% der Fälle um
sporadische KRK (Locker et al., 2006).
Eine prognostische Relevanz des Mikrosatelliten-Status konnte bereits in
verschiedenen Studien demonstriert werden. Demnach ergibt sich für Patienten
mit mikrosatelliteninstabilen KRK eine bessere Prognose als für Patienten mit
mikrosatellitenstabilen Tumoren (Popat et al., 2005). Dennoch wird die
routinemäßige Analyse dieses Markers zwecks einer prognostischen Aussage
bislang noch nicht empfohlen.
Im Gegensatz zur prognostischen Aussagekraft ist die prädiktive Relevanz des
Mikrosatelliten-Status bislang weitestgehend unklar. Verschiedene Studien zeigten
ein vermindertes Ansprechen von MSI-KRK auf eine Chemotherapie mit 5-FU. Als
Ursache vermutet man aufgrund von in-vitro Untersuchungen eine gewisse Resistenz von MSI-Zellen gegenüber diesem Chemotherapeutikum (Carethers, 2008).
Die genaue klinische Relevanz diesbezüglich bleibt derzeit jedoch noch unklar.
1.3.3 SMAD4
Wie bereits zuvor beschrieben (siehe Kap. 1.1), handelt es sich bei SMAD4 um
ein wichtiges Tumorsuppressorgen, dessen Genlocus auf dem Chromosom 18 an
der Stelle 18q21.1 zu finden ist. Entdeckt wurde die Lokalisation dieses Gens bzw.
seine Bedeutung als möglicher Tumorsuppressor Mitte der 90er-Jahre zunächst
im Rahmen der Analyse von Pankreas-Karzinomen (Hahn et al., 1996). In den
folgenden Jahren zeigte sich, dass dieser Genlocus auch in der Karzinogenese
von Malignomen anderer Organe eine wichtige Rolle spielt – zu nennen ist hier vor
allen anderen das KRK (Miyaki et al., 1999; Maitra et al., 2000).
Die Bedeutung des Tumorsuppressorgens SMAD4 bei der Karzinogenese
erschließt sich aus der Betrachtung seiner physiologischen zellulären Funktion
(Leivonen and Kahari, 2007; Xu and Pasche, 2007). In Säugern sind insgesamt
acht SMAD-Gene bekannt, deren Genprodukte allesamt an der intrazellulären
Signaltransduktion der TGF-β-Zytokin-Superfamilie (transforming growth factor
- 18 -
beta) beteiligt sind. Diese acht SMAD-Gene wirken in komplexer Art und Weise
zusammen, wobei SMAD4 die Rolle des zentralen Mediators übernimmt. Darüber
hinaus interagiert SMAD4 auch mit anderen Signalkaskaden (z.B. dem MAPKSignalweg). Nach Translokation in den Zellkern im Rahmen der Signaltransduktion
beeinflussen SMAD4 bzw. seine Komplexe dann die entsprechenden Zielgene.
Die auf diese Weise beeinflussten Zielgene sind an der Regulation vielseitiger
Prozesse beteiligt – dazu zählen unter anderem: Zell-Differenzierung, -Proliferation und -Migration, Zellzyklus-Kontrolle, Apoptose, Angiogenese und Immunmodulation. Weiterhin beeinflusst werden auch Eigenschaften wie die Zusammensetzung der extrazellulären Matrix und die Zell-Zell-Adhäsion. SMAD4 ist somit
also an der Steuerung von genau jenen elementaren Zellfunktionen beteiligt,
deren Regulation bei neoplastischen Läsionen typischerweise pathologisch
verändert ist (Schwarte-Waldhoff, 2003; Reinacher-Schick et al., 2004).
Die Bedeutung von SMAD4 bei der kolorektalen Karzinogenese liegt nun darin,
dass es seine Funktion als Tumorsuppressor durch Inaktivierung im Verlauf des
Adenom-Karzinom-Progressionsmodells verliert. Dies ist meist bedingt durch
einen Verlust genetischen Materials, kann aber auch durch eine Mutation
innerhalb des Genlocus verursacht sein.
Der beschriebene Verlust genetischen Materials betrifft den das SMAD4-Gen
tragenden langen Arm des Chromosoms 18 (siehe Kap. 1.1). In den meisten
Fällen kommt es zunächst nur zur Deletion eines der beiden Allele, während das
andere intakt bleibt. Man bezeichnet dies als sog. loss of heterozygosity (LOH). Es
konnte gezeigt werden, dass eine Deletion der chromosomalen Region 18q in
etwa 70% der KRK nachweisbar ist und es sich hierbei um die am häufigsten
nachweisbare Deletion überhaupt handelt (Vogelstein et al., 1988). Desweiteren
zeigte sich, dass ein 18q LOH im Rahmen des zeitlichen Ablaufs der AdenomKarzinom-Sequenz ein spät auftretendes Ereignis ist. Die besondere Bedeutung
des 18q LOH bzw. der SMAD4-Inaktivierung liegt dabei vor allem am (klinisch
bedeutsamen) Übergang zu invasiven und metastasierenden Stadien des KRK.
So konnten z.B. Tanaka et al. zeigen, dass metastasierte KRK signifikant häufiger
einen 18q LOH und eine SMAD4-Inaktivierung aufweisen als frühe KarzinomStadien (Tanaka et al., 2006; Tanaka et al., 2008).
Neben einem 18q LOH können auch Mutationen die Funktion des SMAD4-Gens
verändern bzw. beeinträchtigen. Insgesamt sind diese jedoch deutlich seltener zu
- 19 -
beobachten als der beschriebene LOH. Ihre Bedeutung liegt v.a. in der
Pathogenese der angeborenen juvenilen Polyposis coli, weniger in der
Karzinogenese der sporadischen KRK. Allerdings sind Mutationen des SMAD4Gens auch beim Übergang in invasive und metastasierende KRK-Stadien von
Bedeutung. So konnten Miyaki et al. zeigen, dass metastasierte KRK signifikant
häufiger eine inaktivierende SMAD4-Mutation aufweisen als frühe KRK-Stadien
mit noch nicht eingetretener Metastasierung (Miyaki et al., 1999).
Die prognostische und prädiktive Aussagekraft einer SMAD4-Inaktivierung bzw.
eines 18q LOH wurde in der Vergangenheit bereits in verschiedenen Studien
untersucht (siehe Kap. 5.2). In diesen Untersuchungen sind im Wesentlichen KRK
in den UICC-Stadien II und III berücksichtigt worden.
So konnte für Patienten im Stadium II (Font et al., 2001; Diep et al., 2003) wie
auch im Stadium III (Watanabe et al., 2001) gezeigt werden, dass ein 18q LOH
eine negative prognostische Bedeutung besitzt bzw. mit einem schlechteren
Gesamtüberleben assoziiert ist. Ebenso konnte für Patienten im Stadium III in
zwei Studien demonstriert werden, dass eine reduzierte SMAD4-Expression mit
einem signifikant schlechteren Gesamt- und progressionsfreien Überleben
einhergeht (Alazzouzi et al., 2005; Alhopuro et al., 2005).
Studien zur Analyse der prädiktiven Relevanz ergaben für KRK im Stadium II wie
auch im Stadium III Hinweise, dass Patienten mit intakten 18q Loci bzw. mit
normalem diploiden SMAD4-Status einen größeren Benefit aus einer adjuvanten
5-FU-basierten Chemotherapie ziehen können als Patienten mit einem 18q LOH
bzw. einer SMAD4-Inaktivierung (Barratt et al., 2002; Boulay et al., 2002).
Vergleichbare Daten für KRK des UICC-Stadiums IV sind bisher jedoch nur
unzureichend verfügbar. Insbesondere ist bislang noch keine diesbezügliche
Evaluation unter Applikation eines aktuellen Chemotherapie-Protokolls mit
Einbeziehung von Oxaliplatin erfolgt.
Aufgrund der Assoziation einer SMAD4-Inaktivierung mit dem Übergang zu
invasivem und metastasierendem Wachstum kolorektaler Karzinome im Verlauf
der mehrstufigen Karzinogenese und die dadurch erfassbare Markierung einer
klinisch relevanten Stufe, erscheint das Potenzial dieses Markers bezüglich einer
prognostischen Relevanz bei Patienten im Stadium IV als hoch. Die Frage nach
einer etwaigen prädiktiven Relevanz des Markers SMAD4 innerhalb dieses
Kontexts kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf der Basis der zugrunde
liegenden Daten jedoch nicht beantwortet werden.
- 20 -
2
Fragestellung und Ziel
Die zuvor dargestellten Sachverhalte lassen eine Reduktion der SMAD4Expression als einen potentiell geeigneten prognostischen Marker für Patienten
mit kolorektalen Karzinomen erscheinen. Diesbezügliche Daten bei metastasierten
KRK im Stadium IV liegen bislang nicht vor. Um Hinweise auf eine prognostische
Relevanz des SMAD4-Expressionsstatus zu finden, sollen in dieser Arbeit
Gewebeproben von Patienten mit metastasierten KRK analysiert werden. Ziel der
Auswertung soll es sein, eine mögliche Assoziation zwischen dem SMAD4Expressionsstatus und dem Gesamt- bzw. progressionsfreien Überleben der
Patienten nachzuweisen.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden Gewebeproben von Patienten untersucht,
die mit einem aktuellen Chemotherapie-Protokoll unter Verwendung einer
Kombination von Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin therapiert wurden. Die
Evaluation des SMAD4-Expressionsstatus erfolgte durch lichtmikroskopische
Analyse nach immunhistochemischer Färbung, einem etablierten und zuverlässigen Verfahren. Abschließend wurde unter Verwendung statistischer Tests
eine Korrelationsanalyse bezüglich des PFS und OS durchgeführt.
Die vorliegende Arbeit soll also folglich einen Beitrag zu folgender Fragestellung
liefern:
Welche Wertigkeit besitzt eine Expressionsreduktion des Proteins SMAD4 als
prognostischer Marker bei einer Erstlinien-Chemotherapie des metastasierten
kolorektalen Karzinoms mit Oxaliplatin und Fluoropyrimidinen?
- 21 -
3
Material und Methoden
3.1
Material
Bei den für diese Arbeit untersuchten 121 Tumor-Gewebeproben handelt es sich
um
ein
Teilkollektiv
Arbeitsgemeinschaft
einer
großen
Internistische
klinischen
Onkologie
Phase
(AIO),
III
welche
Studie
aus
der
einem
Gesamtkollektiv von 470 Patienten bestand (intention-to-treat-Population). In
dieser bereits abgeschlossenen und publizierten Studie (Porschen et al., 2007)
wurde der Einsatz des oralen Fluoropyrimidins Capecitabin mit einer infusionalen
Applikation von 5-FU/FS (jeweils in Kombination mit Oxaliplatin) im Rahmen der
Erstlinien-Chemotherapie von Patienten mit metastasiertem KRK verglichen.
Die 121 in dieser Arbeit analysierten Gewebeproben sind auch Teil einer im
Anschluss von uns durchgeführten weitergehenden Untersuchung, in der dieses
Kollektiv auf 230 Patienten erweitert wurde (Baraniskin et al., 2011).
3.1.1 Studiendesign
Das von der AIO geplante Studiendesign (Porschen et al., 2007) sah eine
multizentrisch und prospektiv-randomisiert durchzuführende Studie vor. Alle in die
Studie aufgenommenen Patienten wurden einem der zwei im Studienprotokoll
definierten Therapiearme zugeordnet und entsprechend dem jeweiligen TherapieProtokoll behandelt. Patienten des Therapiearms A erhielten eine Kombination
bestehend aus den Chemotherapeutika 5-FU/FS und Oxaliplatin (sog. FUFOXSchema) während die Behandlung im Therapiearm B aus den zwei Präparaten
Capecitabin und Oxaliplatin (sog. CAPOX-Schema) bestand.
Die Studie wurde als sog. „non-inferiority clinical trial“ konzipiert. Das Ziel der
Untersuchung war somit der Nachweis, dass das definierte CAPOX-Protokoll dem
entsprechenden
FUFOX-Regime
bezüglich
der
Behandlungs-Effektivität
mindestens gleichwertig ist.
Die Zielkriterien der Studie waren das progressionsfreie Überleben als primärer
Endpunkt sowie das Gesamtüberleben und die Gesamtansprechraten auf die
Therapie (ORR, overall response rate). Um die Gesamtansprechraten beurteilen
zu können, wurde das Remissionsverhalten der Patienten gemäß den RECIST-
- 22 -
Kriterien (response evaluation criteria in solid tumors) (Therasse et al., 2000) in
die üblichen Kategorien eingeteilt (siehe Tabelle 2):
Tabelle 2:
Definition des Remissionsverhaltens gemäß der RECIST-Kriterien
(Therasse et al., 2000).
Kategorie
Definition
complete response (CR)
vollständiges Verschwinden aller Läsionen
partial response (PR)
Verkleinerung der Läsionen um min. 30%
progressive disease (PD)
Vergrößerung der Läsionen um min. 20%
stable disease (SD)
Einordnung weder unter PR noch PD möglich
Der Parameter der Gesamtansprechraten auf die Therapie (ORR) ist schließlich
definiert durch die zusammenfassende Betrachtung der Kategorien CR und PR.
3.1.2 Materialien und Geräte
Im Folgenden sind sämtliche Materialien und Geräte aufgelistet, die für die
Aufbereitung und Auswertung der in dieser Arbeit untersuchten Gewebeproben
verwendet wurden (siehe Tabellen 3 und 4):
- 23 -
Tabelle 3:
Geräte und Computerprogramme.
Artikel
Kühlplatte CP 60
Hersteller
Microm International GmbH, Walldorf,
Deutschland
Schlittenmikrotom HM 400
Microm International GmbH, Walldorf,
Deutschland
Mikrotom-Klingen R35
pfm AG, Köln, Deutschland
Paraffin-Streckbad HIR-3
Kunz Instruments AB, Nynäshamn, Schweden
Objektträger M7620, 76x26 mm
Süsse GmbH Labortechnik, Gudensberg,
mit Mattrand 20 mm
Deutschland
Adhäsions-Objektträger
Fa. Menzel, Braunschweig, Deutschland
®
SuperFrost Plus, 75x25 mm
Wasserbad 1002 GFL
Gesellschaft für Labortechnik, Burgwedel,
Deutschland
Immunfärbeautomat Dako
Dako Deutschland GmbH, Hamburg,
Autostainer plus S3800
Deutschland
Deckgläser, 24x50 mm
Diagonal GmbH & Co KG, Münster, Deutschland
Eindeckgerät CTM6
Microm International GmbH, Walldorf,
Deutschland
Mikroskop Carl Zeiss Axioplan
Carl Zeiss MicroImaging GmbH, Göttingen,
Deutschland
Statistikprogramm SPSS 16.0
SPSS GmbH Software, München
Textverarbeitungsprogramm
Microsoft Deutschland GmbH, Unterschleißheim,
®
Microsoft Word 2007
Deutschland
Tabellenkalkulationsprogramm
Microsoft Deutschland GmbH, Unterschleißheim,
Microsoft® Excel 2007
Deutschland
- 24 -
Tabelle 4:
Reagenzien und Verbrauchsmaterialien.
Artikel
Xylol
Hersteller
Quadflieg GmbH, Gelsenkirchen,
Deutschland
Alkohol 70%, 96%, 100%
Quadflieg GmbH, Gelsenkirchen,
Deutschland
Aqua destillata
aus eigener Destillationsanlage
Tris-/EDTA-Pufferlösung Dako Target
Dako Deutschland GmbH, Hamburg,
Retrieval Solution pH 9
Deutschland
Färbekit Dako REAL™ Detection System
Dako Deutschland GmbH, Hamburg,
Peroxidase/DAB+, Rabbit/Mouse Kit
Deutschland
Inhalt:
- Biotinylated Secondary Antibodies
(AB2)
- Streptavidin Peroxidase (HRP)
- DAB+ Chromogen
- HRP Substrate Buffer
Primär-Antikörper SMAD4, Typ B-8,
Santa Cruz Biotechnology, Santa Cruz,
monoklonal, Maus IgG1
USA
Antikörper-Verdünnungsmedium Dako
Dako Deutschland GmbH, Hamburg,
Antibody Diluent
Deutschland
Waschpuffer für Dako Autostainer Plus
Dako Deutschland GmbH, Hamburg,
Deutschland
Mayers Hämalaun
Fa. Merck, Darmstadt, Deutschland
Eindeckmedium CytosealTM XYL
Microm International GmbH, Walldorf,
Deutschland
Eosin Y, wässrig 2%
Microm International GmbH, Walldorf,
Deutschland
- 25 -
3.2
Methoden
3.2.1 Ethikvotum
Mit Datum vom 8. Juli 2002 wurde bei der Ethik-Kommission der Ruhr-Universität
Bochum der entsprechende Antrag mit dem Thema „5-Fluorouracil/Folinsäure plus
Oxaliplatin
(FUFOX)
versus
Oxaliplatin/Capecitabin
(CAPOX)
beim
fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom“ eingereicht. Diesem Antrag wurde per
12. Juli 2002 unter der Registrier-Nr. 1923 durch ein positives Votum der EthikKommission stattgegeben. Es bestanden keine Bedenken hinsichtlich des
beantragten Untersuchungsvorhabens.
Das translationale Begleitforschungsprogramm (u.a. die Analyse von SMAD4 in
diesem Kollektiv) wurde sowohl im Studienprotokoll beschrieben als auch in der
Patientenaufklärung
genannt.
Die
Teilnahme
am
translationalen
Forschungsprogamm der Studie war freiwillig. Die in dieser Arbeit analysierten
Gewebeproben stammen sämtlich von Patienten, die für diesen Studienteil ihre
Einwilligung erteilt haben.
3.2.2 Herkunft des Studienmaterials
Die für diese Arbeit untersuchten 121 Tumor-Gewebeproben wurden von den
jeweiligen primären Pathologien zur Verfügung gestellt. Das Patientenmaterial lag
Formalin-fixiert und in Paraffin eingebettet vor. Die Gewebeproben wurden von der
Studienzentrale pseudo-anonymisiert und dann an das Institut für Pathologie am
Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum weitergeleitet. Dort fand die weitere Prozessierung statt, im Rahmen derer von jedem
Tumorpräparat ein konventionell-histologisch sowie ein immunhistochemisch gefärbter Schnitt erstellt wurde.
3.2.3 Aufbereitung der Gewebeproben
Nach Kühlung auf der Kühlplatte wurden von den zur Verfügung gestellten
Paraffinblöcken mittels des Schlittenmikrotoms jeweils zwei konsekutive, je 2-µm
dicke Schnitte angefertigt. Diese wurden aus dem Paraffin-Streckbad auf die
entsprechenden Objektträger aufgezogen. Für die alleinige Hämatoxylin-Eosin-
- 26 -
Färbung
(HE-Färbung)
wurden
die
Objektträger
M7620
(Süsse
GmbH
Labortechnik, Gudensberg, Deutschland) verwendet, für die immunhistochemisch
zu färbenden Schnitte die Adhäsions-Objektträger SuperFrost® Plus (Fa. Menzel,
Braunschweig, Deutschland). Diese sind mit einer permanenten positiven Ladung
versehen,
wodurch
eine
elektrostatische
Anziehung
zwischen
negativen
Gewebeladungen und der positiv geladenen Beschichtung auf der Glasoberfläche
erzeugt wird. Auf diese Weise wird die Widerstandsfähigkeit des Präparates
erhöht, so dass die recht raue Behandlung der Präparate vor allem im Rahmen
der Antigendemaskierung erst ermöglicht wird. Nach Trocknung bei 37°C über
Nacht wurden alle Schnitte mittels Xylol entparaffiniert und in einer absteigenden
Alkoholreihe rehydriert. Dazu wurde folgendes Schema angewandt:
Entparaffinierung und Rehydrierung
1. Xylol
3x 5 min.
2. Alkohol 100%
2-3 min.
3. Alkohol 100%
2-3 min.
4. Alkohol 96%
2-3 min.
5. Alkohol 70%
2-3 min.
6. Aqua destillata
2-3 min.
Die so vorbereiteten Schnitte wurden dann direkt der konventionell-histologischen
Färbung (als HE-Färbung) zugeführt (siehe Kap. 3.2.5) bzw. für die immunhistochemische Färbung zunächst weiter prozessiert.
3.2.4
Immunhistochemie
3.2.4.1
Allgemeines Prinzip der Immunhistochemie
Die Immunhistochemie ist eine spezifische Färbemethode, bei der sich selektiv
bestimmte Gewebebestandteile eines histologischen Schnittes anfärben lassen.
Das zugrundeliegende Prinzip ist eine spezifische Antigen-Antikörper-Reaktion.
Die zu detektierende antigene Determinante muss dabei eine für das zu
untersuchende Merkmal typische Gewebeeigenschaft sein. Ein solches Epitop
kann beispielsweise eine Aminosäuresequenz oder eine Oligosaccharidkette sein.
Um das darzustellende Epitop für die entsprechenden Reaktionspartner
- 27 -
zugänglich zu machen, muss dieses zunächst demaskiert werden. Dazu wurde in
dieser Arbeit die sog. HIER-Methode (heat induced epitop retrieval) angewandt.
Dabei wird durch das Einwirken von feuchter Hitze die Permeabilität des fixierten
Gewebes erhöht. Die Sichtbarmachung des Epitops kann dann unter Anwendung
verschiedener Methoden erfolgen. In dieser Arbeit wurde die derzeit am meisten
verbreitete Methode, die sog. Labelled-Streptavidin-Biotin-Methode (LSABMethode) angewandt. Dabei wird zunächst ein Primär-Antikörper verwendet,
welcher mit seinem variablen Fab-Anteil spezifisch gegen das zu detektierende
Epitop gerichtet ist (sog. Schlüssel-Schloss-Prinzip). Durch diese Spezifität
besteht im optimalen Fall eine besonders hohe Affinität zwischen Antigen und
Antikörper, so dass es zu einer starken Bindung kommt. In einem zweiten Schritt
wird ein Sekundär- oder auch Brücken-Antikörper hinzugegeben. Dieser stellt das
Bindeglied zwischen dem Primär-Antikörper und dem eigentlichen Detektionssystem dar. Der Sekundär-Antikörper erkennt seinerseits spezifisch das Fc-Fragment des Primär-Antikörpers und ist gleichzeitig mehrfach mit dem Vitamin Biotin
konjugiert. Im letzten Schritt wird Streptavidin hinzugegeben, welches mit hoher
Affinität an den biotinylierten Sekundär-Antikörper bindet. Gleichzeitig ist es mit
dem Enzym Meerrettichperoxidase konjugiert, welches für die eigentliche
Umsetzung des Chromogens verantwortlich ist. Als Substratchromogen wird
Diaminobenzidin verwendet, welches von der Peroxidase in ein stabiles,
sichtbares, braunes Farbprodukt umgewandelt wird. Auf diese Weise wird eine
eindeutige Identifizierung der gesuchten Gewebeeigenschaft durch indirekte
färberische Markierung erreicht. Gleichzeitig wird eine Signalamplifikation dadurch
erreicht, dass jedes Biotin-Molekül der mehrfach biotinylierten SekundärAntikörper als Bindungspartner für das Enzym-konjugierte Streptavidin zur
Verfügung steht. Das Prinzip ist noch einmal in Abbildung 3 verdeutlicht:
- 28 -
Abbildung 3: Prinzip
der LSAB-Methode
bei der immunhistochemischen
Färbung.
Abschließend wird eine Gegenfärbung mit Hämalaun durchgeführt, um eine
bessere Kontrastierung der Zellkerne und somit eine bessere Beurteilbarkeit des
Schnittes zu erreichen (Lang, 2006).
3.2.4.2
Die
Immunhistochemische Färbung
zuvor vorbereiteten Gewebeproben (siehe
Kap. 3.2.3) wurden
zur
Antigendemaskierung nach folgendem Schema prozessiert:
Antigendemaskierung (HIER-Methode)
1. Inkubation in Tris-/EDTA-Pufferlösung im Wasserbad für 10 min. bei
98,8°C
2. Abkühlung in Tris-/EDTA-Pufferlösung für 20 min. bei Raumtemperatur
3. Spülung mit Tris-/EDTA-Pufferlösung
4. Spülung mit Aqua destillata
Danach erfolgte die immunhistochemische Färbung im Immunfärbeautomat unter
Verwendung des Färbekits und des monoklonalen SMAD4 Primär-Antikörpers,
welcher die gesamte Länge des humanen SMAD4-Proteins (Aminosäuren 1-552)
- 29 -
detektiert. Der Primär-Antikörper wurde in einer Verdünnung von 1:100 (hergestellt
mittels Verdünnungsmedium) verwendet. Die Färbung erfolgte nach folgendem
Protokoll:
Färbung im Immunfärbeautomat
1. Primär-Antikörper SMAD4
30 min.
2. Waschpuffer
5 min.
3. Biotinylierter Sekundär-Antikörper
4. Waschpuffer
15 min.
5 min.
5. Peroxidase-konjugiertes Streptavidin
6. Waschpuffer
15 min.
5 min.
7. Diaminobenzidin-Chromogen
8. Waschpuffer
10 min.
5 min.
Die Gegenfärbung zur besseren Kontrastierung der Präparate erfolgte nach
folgendem Schema:
Gegenfärbung
1. Mayers Hämalaun
2 min.
2. Aqua destillata
2-3 min.
3. Alkohol 70%
2-3 min.
4. Alkohol 96%
2-3 min.
5. Alkohol 100%
2-3 min.
6. Alkohol 100%
2-3 min.
7. Xylol
2-3 min.
Die so gefärbten Präparate wurden dann unter Verwendung der entsprechenden
Materialien (Eindeckmittel, Deckgläser, Eindeckgerät) eingedeckt.
3.2.5 Konventionell-histologische Färbung
Neben den immunhistochemisch gefärbten Präparaten wurde zusätzlich von jeder
Gewebeprobe ein konventionell-histologisch gefärbter Schnitt angefertigt. Dazu
wurde eine HE-Färbung der zuvor vorbereiteten Gewebeschnitte (siehe Kap.
3.2.3) nach folgendem Schema durchgeführt:
- 30 -
HE-Färbung
1.
Mayers Hämalaun (Kernfärbung)
12 min.
2.
Spülung mit Leitungswasser
3.
Bläuen in lauwarmem Leitungswasser
3 min.
4.
Eosin Y, wässrig 2% (Zytoplasmafärbung)
2 min.
5.
Spülung mit Leitungswasser
6.
Alkohol 70%
2-3 min.
7.
Alkohol 96%
2-3 min.
8.
Alkohol 100%
2-3 min.
9.
Alkohol 100%
2-3 min.
10. Xylol
2-3 min.
Anschließend wurden auch diese Schnitte unter Verwendung der entsprechenden
Materialien (Eindeckmittel, Deckgläser, Eindeckgerät) eingedeckt.
3.2.6 Kontrollen
Um die Aussagekraft der Ergebnisse der immunhistochemischen Färbung zu
bestätigen, wurden bei jeder Färbung sowohl Positiv- als auch Negativkontrollen
mitgeführt.
Als Positivkontrolle wurde das Gewebe eines Kolonkarzinoms verwendet, welches
das SMAD4-Antigen exprimiert und somit eine positive Reaktion sicher erwartet
werden kann. Das Kontrollgewebe wurde der gleichen Behandlung wie die
Patientenproben unterzogen. Wäre bei diesem Gewebe nun eine Anfärbung
ausgeblieben, so hätten die Patientenproben nicht beurteilt werden können.
Als
Negativkontrolle
Positivkontrolle
wurde
eingesetzt,
das
gleiche
jedoch
Karzinomgewebe
wurde
der
wie
bei
der
Primär-Antikörper
im
entsprechenden Schritt des Färbeprotokolls durch Waschpuffer ersetzt. Davon
abgesehen wurden auch die Negativkontrollen auf identische Weise wie die
Patientenproben behandelt. Die Aussagekraft der Negativkontrolle liegt in der
Aufdeckung von unspezifischen Färbereaktionen bei fehlendem Primär-Antikörper
in Abgrenzung zu einer echten positiven Reaktion.
- 31 -
3.2.7 Auswertung der gefärbten Gewebeproben
Die Auswertung der gefärbten Gewebeproben erfolgte am o.g. Mikroskop. Dazu
wurden die Gewebeschnitte von drei Untersuchern (AB, ARS und DM)
unabhängig voneinander ausgewertet. Bei fehlender Übereinstimmung wurde ein
weiterer
Untersucher
(JM)
Berufsgenossenschaftlichen
aus
dem
Institut
Universitätsklinikum
für
Pathologie
Bergmannsheil
am
Bochum
hinzugezogen, dessen Meinung dann ausschlaggebend für die endgültige
Beurteilung war. Die HE-Schnitte dienten als Referenz-Medium des jeweils
korrespondierenden
kontrollierende
Zellverbände
immunhistochemischen
Beurteilung
zu
von
ermöglichen.
Schnittes,
Zellmorphologie
Die
um
und
mikroskopische
so
Dignität
ggf.
eine
einzelner
Auswertung
der
immunhistochemisch gefärbten Schnitte erfolgte in einem semiquantitativen
Verfahren, bei dem die Intensität sowie die intrazelluläre Lokalisation der
Anfärbung beurteilt wurden. Bezüglich der Lokalisation wurde unterschieden
zwischen Anfärbung im Zytoplasma und/oder im Nukleus. Die Intensität der
Färbung der Karzinomzellen wurde im Vergleich zu daran angrenzender normaler
Mukosa (sofern vorhanden) sowie zum umgebenden Stroma beurteilt, wodurch
eine zusätzliche interne Positivkontrolle bezüglich der Färbung möglich war. Bei
dieser Beurteilung erfolgte die Zuordnung von Tumoranteilen zu insgesamt drei
Gruppen: Zellen, deren Färbeintensität dem Normalgewebe entsprach, Zellen, die
schwächer als das Normalgewebe gefärbt waren sowie Zellen, die einen
vollständigen Verlust der Anfärbung zeigten. Eine solche Einteilung in drei
Gruppen ist auch in vorangegangenen Arbeiten bereits verwendet worden
(Wilentz, Iacobuzio-Donahue et al., 2000; Wilentz, Su et al., 2000; ReinacherSchick et al., 2004). Der Anteil der entsprechenden Gruppen am jeweiligen Tumor
wurde dann prozentual abgeschätzt. Für die statistische Auswertung wurde
definiert, dass Tumoren, die einen vollständigen Verlust der Anfärbung in einem
Anteil von ≥30% zeigten, der Kategorie „reduzierte SMAD4-Expression“ („SMAD4negativ“) zugeordnet werden sollten. Der Verlust der Anfärbung konnte dabei im
Zytoplasma und/oder im Kern lokalisiert sein. Demgegenüber wurden alle anderen
Tumoren
der
Gruppe
„erhaltene
SMAD4-Expression“
(„SMAD4-positiv“)
zugeordnet. Dieser Cut-Off wurde in Anlehnung an eine große translationale
Studie von Bosman et al. (Bosman et al., 2009) mit mehr als 1500 Patienten
definiert (siehe Kap. 5.2).
- 32 -
3.2.8 Statistische Auswertung
Die für diese Arbeit notwendigen statistischen Analysen wurden unter Einsatz des
Statistikprogramms SPSS 16.0 (SPSS GmbH Software, München) gemacht. Die
Korrelationsanalysen der zu vergleichenden Gruppen bzw. Kollektive wurden
unter Verwendung des t-Tests durchgeführt. Die multivariate Auswertung erfolgte
mittels der Cox-Regressions-Analyse. Für die Überprüfung des Gesamt- und
progressionsfreien Überlebens auf Signifikanz wurde der log-rank-Test verwendet.
Die grafische Darstellung erfolgte mittels Kaplan-Meier-Plots. Als Signifikanzniveau wurde durchgehend p = 0.05 definiert.
- 33 -
4
Ergebnisse
4.1
Basis-Charakteristika des untersuchten Teilkollektivs
Für die Erstellung dieser Arbeit war Tumor-Material von insgesamt 121 Patienten
verfügbar. Aufgrund von nicht ausreichendem Tumorgewebe, nicht ausreichender
Qualität der eingesandten Gewebeproben oder fehlender essentieller Daten waren
nur bei 117 der 121 Proben (97%) die Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Auswertung des SMAD4-Expressionsstatus gegeben. Diese 117 Gewebeproben
wurden immunhistochemisch gefärbt. Die immunhistochemische Färbung war in
allen Fällen (100%) erfolgreich und aussagekräftig – bestätigt durch die oben
beschriebenen Kontrollmechanismen (siehe Kap. 3.2.6 und 3.2.7). Dies entspricht
einem Anteil von 25% bezogen auf das Gesamtkollektiv der ursprünglichen AIOStudie (Porschen et al., 2007). Dieses Teilkollektiv kann in Bezug auf Alter,
Geschlecht, Lokalisation des Primärtumors, ORR, PFS und OS als repräsentativ
für das gesamte Studienkollektiv betrachtet werden (siehe Tabelle 5):
Tabelle 5:
Basis-Charakteristika des untersuchten Teil- und des Gesamtkollektivs im Vergleich.
Charakteristika
Teilkollektiv
Gesamtkollektiv
p-Wert
(n=117)
(n=470)
(Teil- vs.
Gesamtkollektiv)
Alter (in Jahren)
63,99
64,41
0,648
Geschlecht (m/w)
76/41
292/178
0,572
Lokalisation Primärtumor
69/42/6
262/193/15
0,825
overall response rate (CR & PR)
57,0%
54,3%
0,609
PFS (in Monaten)
7,750
8,074
0,578
OS (in Monaten)
14,608
15,523
0,309
(Kolon/Rektum/unbekannt)
In der untersuchten Subkohorte fanden sich 76 Männer und 41 Frauen (Verhältnis
m:w = 1,85:1), deren Alter zwischen 35-82 Jahren lag (Median: 65,00 ± 8,752
Jahre). Bei 69 Patienten (59,0%) war der Primärtumor im Kolon, bei 42 Patienten
(35,9%) im Rektum lokalisiert – in 6 Fällen (5,1%) war die Lokalisation nicht
- 34 -
bekannt. Die Behandlung erfolgte bei 56,4% der Patienten mittels des FUFOXSchemas, wohingegen 43,6% mit einem CAPOX-Schema therapiert wurden. Die
Basis-Charakteristika des untersuchten Teilkollektivs sind in Tabelle 6 dargestellt:
Tabelle 6:
Basis-Charakteristika des untersuchten Teilkollektivs.
Charakteristika
Teilkollektiv
(n=117)
Alter (in Jahren)
•
Mittelwert
63,99
•
≤60
39 (33,3%)
•
>60
78 (66,7%)
Geschlecht
•
männlich
76 (65,0%)
•
weiblich
41 (35,0%)
Lokalisation
•
Kolon
69 (59,0%)
•
Rektum
42 (35,9%)
•
unbekannt
6 (5,1%)
Grading
•
G1
2 (1,7%)
•
G2
58 (49,6%)
•
G3
17 (14,5%)
•
G4
1 (0,9%)
•
unbekannt
39 (33,3%)
T-Stadium
•
T1
0 (0,0%)
•
T2
8 (6,8%)
•
T3
77 (65,8%)
•
T4
28 (23,9%)
•
unbekannt
4 (3,4%)
N-Stadium
•
N0
30 (25,6%)
•
N1
31 (26,5%)
•
N2
51 (43,6%)
•
unbekannt
5 (4,3%)
- 35 -
Wie aus der Tabelle ersichtlich waren für die Variablen Lokalisation, Grading, TStadium und N-Stadium nicht für alle Patienten des Teilkollektivs Daten
vorhanden.
Dies
wurde
in
den
folgenden
statistischen
Berechnungen
berücksichtigt.
4.2
SMAD4-Expressionsstatus
Die 117 erfolgreich auswertbaren Gewebeproben wiesen allesamt eine deutlich
positive Anfärbung von Stroma und normaler Kolonmukosa (sofern vorhanden) auf
– diese Gewebsanteile dienten als zusätzliche interne Positivkontrolle der Färbung. Bei der unabhängigen Auswertung durch drei Untersucher ergab sich eine
hohe interindividuelle Reliabilität von 93,2%. In den übrigen Fällen war die
Meinung eines hinzugezogenen weiteren Untersuchers ausschlaggebend (siehe
Kap. 3.2.7).
Von den 117 Gewebeproben wiesen 23 Präparate (19,7%) eine reduzierte
SMAD4-Expression mit Verlust der Anfärbung im Nukleus und 5 Präparate (4,3%)
eine reduzierte SMAD4-Expression mit Verlust der Anfärbung im Zytoplasma auf
(siehe Tabelle 7). Ein Expressionsverlust im Zytoplasma war dabei in allen Fällen
mit einem gleichzeitigen Verlust der Expression im Kern verbunden, so dass es
sich in diesen Fällen um einen vollständigen Expressionsverlust der jeweiligen
Tumoren handelte. Ein isolierter Expressionsverlust im Zytoplasma bei erhaltener
nukleärer Expression war bei keinem der Präparate nachweisbar.
Tabelle 7:
SMAD4-Expressionsstatus in Nuklei und Zytoplasma.
Expressionsstatus
Nukleus
Nukleus &
Zytoplasma
reduzierte
SMAD4-Expression
(SMAD4-
23 (19,7%)
5 (4,3%)
SMAD4-Expression
(SMAD4-
94 (80,3%)
112 (95,7%)
117 (100,0%)
117 (100%)
negativ)
erhaltene
positiv)
Gesamt
- 36 -
Die
folgenden
Abbildungen
zeigen
exemplarisch
einige
charakteristische
Aufnahmen von einer Auswahl der gefärbten Präparate (siehe Abbildungen 4-6):
Abbildung 4: Deutlich positive Anfärbung von Tumorgewebe und Stroma,
erhaltene SMAD4-Expression in Nuklei und Zytoplasma.
- 37 -
Abbildung 5: Expressionsverlust in Nuklei und Zytoplasma des Tumorgewebes,
deutlich positive Anfärbung des Stromas und angrenzenden
Normalgewebes.
- 38 -
Abbildung 6: Verlust
der
Expression
in
den
Nuklei
bei
erhaltener
zytoplasmatischer Expression, positiv angefärbtes Stroma.
4.3
Korrelationsanalysen
4.3.1 SMAD4-Expressionsstatus und Basis-Charakteristika
Bei der Korrelationsanalyse zwischen den beobachteten Expressionsmustern und
den Basis-Charakteristika des Teilkollektivs ergaben sich – mit einer Ausnahme –
keine signifikanten Abhängigkeiten (siehe Tabelle 8). Die Präparate mit reduzierter
SMAD4-Expression verteilen sich somit gleichmäßig auf die entsprechenden
Subgruppen des jeweiligen Basischarakteristikums. Als Ausnahme war eine
reduzierte SMAD4-Expression mit vollständigem Verlust der Anfärbung sowohl im
Nukleus als auch im Zytoplasma knapp signifikant häufiger bei Tumoren des
Rektums im Vergleich zu Neubildungen des Kolons zu beobachten.
- 39 -
Tabelle 8:
p-Werte der Korrelationsanalyse zwischen SMAD4-Expressionsstatus
und Basis-Charakteristika des Teilkollektivs.
reduzierte SMAD4-Expression
Korrelation mit
Nukleus
Nukleus & Zytoplasma
Alter
0,869
0,747
Geschlecht
0,605
0,471
Lokalisation
0,267
0,047
Grading
0,092
0,304
T-Stadium
0,904
0,294
N-Stadium
0,061
0,814
Wie bereits unter Tabelle 6 erläutert, waren für die Variablen Lokalisation,
Grading, T-Stadium und N-Stadium nicht für alle Patienten des Teilkollektivs
Daten vorhanden.
4.3.2 SMAD4-Expressionsstatus und Gesamt- bzw. progressionsfreies
Überleben
Das mittlere Gesamtüberleben der Patienten mit Reduktion der SMAD4Expression nur im Nukleus lag bei 12,964 (95% CI: 9,150 – 16,777), das der
Patienten mit erhaltener Expression bei 15,010 (95% CI: 13,276 – 16,744)
Monaten (p = 0.533). Demgegenüber war das mittlere OS der Patienten mit
gleichzeitiger Reduktion der Expression sowohl im Nukleus als auch im
Zytoplasma mit 6,733 Monaten (95% CI: 2,314 – 11,152) signifikant kürzer
(p = 0.002) als das mittlere OS der Patienten mit erhaltener Expression, welches
bei 14,960 (95% CI: 13,348 – 16,572) Monaten lag. Die Kaplan-Meier-Plots des
Gesamtüberlebens sind in Abbildung 7 dargestellt. Die Korrelation zwischen OS
und Alter, Geschlecht, Lokalisation, Grading, T- und N-Stadium ergab in der
univariaten Analyse keine signifikanten Abhängigkeiten (siehe Tabelle 9).
In
der
multivariaten
Analyse
zeigten
sich
weder
zwischen
SMAD4-
Expressionsstatus und OS noch zwischen den Basischarakteristika und dem OS
signifikante Abhängigkeiten (siehe Tabelle 9).
- 40 -
Abbildung 7: Kaplan-Meier-Plots des Gesamtüberlebens (Expressionsreduktion
vs. -erhalt getrennt nach Lokalisation).
- 41 -
Das mittlere progressionsfreie Überleben der Patienten mit Reduktion der SMAD4Expression nur im Nukleus lag bei 6,812 (95% CI: 4,978 – 8,645), das der
Patienten mit erhaltener Expression bei 7,980 (95% CI: 6,847 – 9,113) Monaten
(p = 0.334). Demgegenüber lag das mittlere PFS der Patienten mit gleichzeitiger
Reduktion der Expression sowohl im Nukleus als auch im Zytoplasma bei 6,287
(95% CI: 2,120 – 10,453) Monaten, das der Patienten mit erhaltener Expression
lag bei 7,816 (95% CI: 6,808 – 8,824) Monaten (p = 0.458). Die Kaplan-MeierPlots des progressionsfreien Überlebens sind in Abbildung 8 dargestellt. Die
Korrelation zwischen PFS und Alter, Geschlecht, Lokalisation, Grading, T- und NStadium ergab in der univariaten Analyse keine signifikanten Abhängigkeiten
(siehe Tabelle 9).
Auch in der multivariaten Analyse zeigten sich keine signifikanten Abhängigkeiten
zwischen SMAD4-Expressionsstatus bzw. den Basischarakteristika und dem PFS
(siehe Tabelle 9).
- 42 -
Abbildung 8: Kaplan-Meier-Plots
des
progressionsfreien
Überlebens
(Expressionsreduktion vs. -erhalt getrennt nach Lokalisation).
- 43 -
Tabelle 9:
Uni- und multivariate Korrelationsanalysen des SMAD4-Expressionsstatus und der Basischarakteristika mit Gesamt- und progressionsfreiem Überleben.
Charakteristika
Gesamt
n
OS
117
14,608
SMAD4-Expression
p-Wert
PFS
p-Wert
univariate
multivariate
univariate
multivariate
Analyse
Analyse
Analyse
Analyse
-
-
-
-
0,533
0,366
0,334
0,524
0,458
0,476
0,912
0,528
0,764
0,370
0,956
0,370
0,167
0,172
0,078
0,639
0,315
0,916
7,750
nukleär
• erhalten
94
15,010
7,980
• reduziert
23
12,964
6,812
0,002
SMAD4-Expression
nukleär & zytoplasmatisch
• erhalten
• reduziert
112
5
14,960
6,733
39
78
12,906
15,459
Alter (in Jahren)
• ≤60
• >60
• männlich
• weiblich
76
41
14,475
14,854
69
42
14,278
15,120
• Rektum
• unbekannt
0,655
7,826
7,713
0,653
Lokalisation
• Kolon
7,816
6,287
0,243
Geschlecht
0,931
0,617
7,598
8,033
0,749
0,310
7,820
8,044
6
Grading
0,167
0,993
• G1
2
11,683
5,200
• G2
58
17
15,551
14,388
8,180
6,692
1
39
4,633
2,900
• G3
• G4
• unbekannt
T-Stadium
0,414
0,204
• T2
0
8
17,650
9,842
• T3
77
15,234
8,233
• T4
28
4
12,264
5,932
• T1
• unbekannt
N-Stadium
• N0
• N1
• N2
• unbekannt
0,218
0,568
30
31
15,886
16,074
8,654
7,766
51
5
13,083
7,370
- 44 -
5
Diskussion
5.1
Erläuterung und Diskussion der Ergebnisse
In
der
vorliegenden
Arbeit
wurden
Gewebeproben
von
Patienten
mit
metastasiertem KRK retrospektiv auf einen Expressionsverlust des Proteins
SMAD4 hin untersucht. Das untersuchte Material stammt aus einer großen
randomisierten Phase III Therapiestudie, welche aus einem Gesamtkollektiv von
470 Patienten bestand. Die Behandlung im Rahmen der Studie erfolgte in zwei
Armen
unter
Anwendung
eines
CAPOX-
respektive
eines
FUFOX-
Therapieregimes. Aufgrund der randomisierten Studiendurchführung kann das
rekrutierte Patienten-Kollektiv in den beiden Studien-Armen als homogen
betrachtet werden.
5.1.1 Basis-Charakteristika und Expressionsstatus
Für diese Arbeit wurde Tumor-Material von insgesamt 121 Patienten des AIOStudienkollektivs
untersucht.
Die
Voraussetzungen
für
eine
erfolgreiche
Auswertung waren in 117 Fällen (97%) gegeben. Das aus diesen 117
auswertbaren Präparaten gebildete Teilkollektiv stellt einen Anteil von 25% des
ursprünglichen Studienkollektivs dar und kann als repräsentativ für dieses
betrachtet werden. So zeigten sich in Bezug auf Alter, Geschlecht, Lokalisation
des Primärtumors, Ansprechraten, PFS und OS keine signifikanten Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen.
Die mikroskopische Auswertung des SMAD4-Expressionsstatus ergab eine
reduzierte nukleäre Expression in 19,7% und eine reduzierte Expression sowohl
im Zytoplasma als auch in den Nuklei in 4,3% der Fälle. Ein isolierter
Expressionsverlust im Zytoplasma bei erhaltener nukleärer Expression war bei
keinem der Präparate nachweisbar. Dieser Umstand passt in das gegenwärtige
biologische Modell der SMAD4-Funktionalität, da dieses im physiologischen Fall
aus dem Zytoplasma in den Kern transloziert und dann dort transkriptionell aktiv
ist.
- 45 -
Die Korrelation dieser Resultate mit den Basischarakteristika des untersuchten
Kollektivs ergab keine signifikanten Abhängigkeiten und damit eine homogene
Verteilung innerhalb des Teilkollektivs. Als Ausnahme war eine gleichzeitige
Expressionsreduktion in Zytoplasma und Nuklei bei Tumoren des Rektums etwas
häufiger (p = 0.047) als bei Neoplasien des Kolons zu beobachten. Bei der
Beurteilung dieser grenzwertigen Signifikanz ist jedoch sowohl die geringe Anzahl
an Präparaten, welche eine vollständige (d.h. nukleäre und zytoplasmatische)
Expressionsreduktion aufwiesen (n = 5), als auch der Umstand zu beachten, dass
nicht für alle Patienten Daten zu den Variablen Lokalisation, Grading, T- und NStadium vorhanden waren.
5.1.2 Gesamt- und progressionsfreies Überleben
Bei der Korrelation des SMAD4-Expressionsstatus mit dem Gesamtüberleben
ergab sich ein divergentes Bild. Eine Expressionsreduktion nur in den Nuklei
zeigte keinen signifikanten Unterschied bezüglich des Gesamtüberlebens im Vergleich zu Patienten mit erhaltener nukleärer SMAD4-Expression (p = 0.533).
Demgegenüber war jedoch die gleichzeitige Expressionsreduktion sowohl im Zytoplasma als auch in den Nuklei mit einem reduzierten OS bei deutlicher Signifikanz
(p = 0.002) assoziiert. Dies bedeutet, dass eine vollständige, d.h. sowohl
zytoplasmatisch als auch nukleär nachweisbare Reduktion der SMAD4Expression ein negativer prognostischer Marker bei Patienten mit metastasiertem
KRK unter Behandlung mit einem Chemotherapie-Protokoll bestehend aus
Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin ist.
Die multivariaten Analysen in der Gruppe des Gesamtüberlebens waren jedoch
allesamt ohne Signifikanz. Eine unabhängige prognostische Bedeutung des
SMAD4-Expressionsstatus kann demnach an dem Patienten-Kollektiv dieser
Arbeit zunächst nicht nachgewiesen werden.
Der Umstand, dass eine signifikante Assoziation des Gesamtüberlebens mit einer
alleinigen Reduktion der Expression im Kern nicht nachzuweisen war, lässt sich
möglicherweise dadurch erklären, dass erst bei einem vollständigen Verlust der
Expression in der Zelle (d.h. Zytoplasma und Nukleus betreffend) ein messbarer
Effekt zu belegen ist. Auch die eher geringe Größe des untersuchten Kollektivs
spielt in diesem Zusammenhang gegebenenfalls eine Rolle.
- 46 -
Bei der Beurteilung der signifikanten Assoziation zwischen der gleichzeitigen
Expressionsreduktion in Nukleus und Zytoplasma und dem OS in der univariaten
Analyse ist auch hier die geringe absolute Anzahl an Präparaten in dieser Gruppe
zu berücksichtigen (n = 5, siehe oben). Diese geringe Fallzahl ist möglicherweise
auch einer der wesentlichen Gründe für die in der multivariaten Analyse fehlende
Signifikanz. Dieser Umstand war u.a. Anlass dazu, in einer weitergehenden
Untersuchung das für diese Arbeit untersuchte Kollektiv von 121 auf 230 Patienten
auszudehnen. In dieser nachfolgenden, von Baraniskin et al. publizierten Arbeit
konnte an dem erweiterten Kollektiv eine Reduktion der SMAD4-Expression als
unabhängiger prognostischer Faktor sowohl in der uni- als auch in der
multivariaten Analyse für das OS (wie auch für das PFS, siehe unten) identifiziert
werden (Baraniskin et al., 2011).
Bei den Analysen bezüglich des Gesamtüberlebens ist zu beachten, dass das OS
wesentlich auch durch Folgetherapien, d.h. durch Zweit- und Drittlinientherapien,
(mit-) bestimmt wird. Daher könnte die prognostische Aussagekraft des SMAD4Expressionsstatus in Relation zum OS insbesondere bei Patienten von Nutzen
sein, die aufgrund ihrer progredienten Erkrankung sich an die Erstbehandlung
anschließende Folgetherapien erhalten. Eine diesbezügliche Evaluation muss
jedoch zunächst in der Zukunft an geeigneten Kollektiven durchgeführt werden.
Die Korrelationsanalysen des SMAD4-Expressionsstatus mit dem progressionsfreien Überleben ergaben im Gegensatz zu den zuvor genannten Analysen ein
homogenes Resultat. Es waren weder bei der alleinigen Expressionsreduktion in
den Nuklei (p = 0.334) noch bei der vollständigen, zytoplasmatisch und nukleär
nachweisbaren Expressionsreduktion (p = 0.458) signifikante Abhängigkeiten
nachweisbar. Ebenso waren auch die multivariaten Analysen in der Gruppe des
PFS allesamt ohne Signifikanz. Eine prognostische Aussagekraft des SMAD4Expressionsstatus bezüglich des PFS kann also bei dem für diese Arbeit
untersuchten Kollektiv nicht abgeleitet werden. In dem erweiterten Kollektiv der
Arbeit von Baraniskin et al. (siehe oben, (Baraniskin et al., 2011)) konnte jedoch
sowohl in der uni- als auch in der multivariaten Analyse eine Reduktion der
SMAD4-Expression in den Nuklei als negativer prognostischer Faktor auch für das
PFS identifiziert werden.
- 47 -
5.1.3 Immunhistochemie
Die zur Auswertung der 117 Präparate durchgeführte immunhistochemische
Färbung verlief in allen Fällen erfolgreich (100%). Bestätigt durch die oben
beschriebenen Kontrollmechanismen (siehe Kap. 3.2.6 und 3.2.7) war demnach in
allen Fällen (100%) eine aussagekräftige Auswertung möglich.
Die mikroskopische Auswertung erfolgte unter Verwendung in der Literatur
etablierter Methoden (Wilentz, Iacobuzio-Donahue et al., 2000; Wilentz, Su et al.,
2000; Reinacher-Schick et al., 2004) und in Anlehnung an eine große aktuelle
Studie ((Bosman et al., 2009), siehe Kap. 5.2).
Der ganz überwiegende Anteil der Präparate war mikroskopisch eindeutig zu
beurteilen bzw. auszuwerten, was sich auch in der hohen interindividuellen
Reliabilität von 93,2% bei der Auswertung zeigte.
In
dieser
Arbeit
wurde
die
Immunhistochemie
verwendet,
um
den
Expressionsstatus von SMAD4 beurteilen zu können, da diese Methode diverse
Vorteile bietet. Es handelt es sich um ein etabliertes, standardisiertes und
reproduzierbares Verfahren, welches darüber hinaus relativ kostengünstig
durchzuführen ist. Im Vergleich zu anderen Methoden, wie beispielsweise der
Untersuchung
des
Mutations-
oder
des
18q
LOH
Status,
ist
die
immunhistochemische Analyse außerdem ein sensitiverer Parameter, um eine
prognostische Vorhersage treffen zu können (Alazzouzi et al., 2005). Die Färbung
mittels kommerziell erhältlicher Kits und Färbeautomaten erlaubt heutzutage eine
sichere und reproduzierbare histologische Aufarbeitung. Das Verfahren zeigt eine
hohe Erfolgsquote bzw. Zuverlässigkeit in seiner Anwendung (Bosman et al.,
2009). Selbst große Mengen an Präparaten lassen sich verhältnismäßig schnell
und routinemäßig aufarbeiten und untersuchen. Als weiteren wichtigen Aspekt
bietet die Immunhistochemie über die mikroskopisch erfassbare Intensität der
Färbung ein direktes Maß für die verminderte Expression des Proteins –
unabhängig von der zugrunde liegenden Ursache. Gleichzeitig lässt sich
außerdem sowohl die Morphologie des untersuchten Gewebes als auch die
subzelluläre Lokalisation der Färbung evaluieren.
Der wahrscheinlich größte Nachteil dieses Verfahrens liegt in seiner großen
Abhängigkeit vom Untersucher bzw. dessen Erfahrung. In diesem Zusammenhang
ist auch die bereits zuvor erwähnte interindividuelle Reliabilität bei der Auswertung
(siehe oben) zu bewerten. Darüber hinaus stellt die Immunhistochemie als
- 48 -
semiquantitatives Auswertungsverfahren kein exaktes empirisches Maß, sondern
nur eine Annäherung an dieses dar. Auch erlaubt eine reine immunhistochemische Analyse keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Funktion des
Proteins im jeweiligen Gewebe. Darüber hinaus sind auch die komplexen
Methoden der Antigen-Aufbereitung im Färbeprozess mögliche Fehlerquellen. So
garantiert zwar der in dieser Arbeit verwendete monoklonale SMAD4-Antikörper
eine hohe Antigenaffinität, jedoch können bereits geringe Abweichungen bei der
Gewebebehandlung bzw. bei der Einstellung der Reaktionsbedingungen im
Rahmen der Epitop-Aufbereitung dazu führen, dass das Epitop zerstört wird oder
für den Antikörper nicht erreichbar ist. Daraus können in der Folge falsch-negative
Ergebnisse resultieren (Lang, 2006).
5.1.4 Studiendesign
Die AIO-Studie, im Rahmen derer das Patientenkollektiv für diese Arbeit generiert
wurde, war eine gut geplante, multizentrische und prospektiv-randomisiert
durchgeführte Studie. Die Behandlung innerhalb der Studie erfolgte mittels
moderner Chemotherapie-Protokolle unter Verwendung von Oxaliplatin und
Fluoropyrimidinen.
Da jedoch alle Patienten mit diesen Chemotherapeutika behandelt wurden
(Oxaliplatin und 5-FU entweder intravenös oder als orales Prodrug Capecitabin),
gab es innerhalb der Studie keinen zweiten, alternativen Therapiearm,
insbesondere keinen Nullarm. Die Analyse des SMAD4-Expressionsstatus im
Hinblick auf eine etwaige prädiktive Aussagekraft war demnach nicht möglich.
5.2
Einordnung der Ergebnisse in die Literatur
In diversen vorangegangenen Studien wurden die Bedeutung der genomischen
Inaktivierung von SMAD4 im Rahmen der kolorektalen Karzinogenese und die
Korrelation mit der Tumorprogression bereits aufgezeigt.
So demonstrierten Takaku et al., dass eine homozygote Inaktivierung des
SMAD4-Gens bei Maus-Mutanten eine Progression von polypösen Adenomen zu
invasiven und malignen Karzinomen zur Folge hat (Takaku et al., 1998). Miyaki et
al. fanden keine Mutationen von SMAD4 in Adenomen und in auf die Mukosa
- 49 -
begrenzten Karzinomen. Demgegenüber konnte die Arbeitsgruppe jedoch eine
deutlich erhöhte Mutationsfrequenz beim Übergang in fortgeschrittene, invasive
und insbesondere metastasierende Tumorstadien (siehe Kap. 1.3.3) feststellen
(Miyaki et al., 1999). Dass die Inaktivierung von SMAD4 mit zunehmender
Progression des Tumorstadiums gehäuft auftritt, konnten Maitra et al. bei der
Untersuchung von 83 Präparaten kolorektaler Adenome und Adenokarzinome
demonstrieren. Sie fanden eine Inaktivierung des SMAD4-Gens in 0% der
Patienten im Stadium I, in 8% im Stadium II, in 6% im Stadium III und bei 22% der
Patienten im Stadium IV (Maitra et al., 2000). Die Bedeutung des Eintretens der
Metastasierung in diesem Zusammenhang konnten auch Tanaka et al. darlegen
(siehe Kap. 1.3.3). Sie zeigten, dass in Lymphknoten oder Leber metastasierte
KRK signifikant häufiger eine SMAD4-Inaktivierung aufweisen als frühe KarzinomStadien (Tanaka et al., 2006; Tanaka et al., 2008). Übereinstimmend mit diesen
Resultaten konnten Alhopuro et al. zeigen, dass die SMAD4 Protein- und mRNALevels (Messenger-Ribonukleinsäure) in Lymphknotenmetastasen signifikant
niedriger sind als im Primärtumorgewebe (Alhopuro et al., 2005).
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Inaktivierung von SMAD4 ein spät
auftretender Vorgang im Rahmen der kolorektalen Karzinogenese ist, der
insbesondere am klinisch relevanten Übergang zu invasiven und metastasierenden Stadien des KRK auftritt.
Die Häufigkeit einer solchen immunhistochemisch nachweisbaren Inaktivierung
der SMAD4-Expression variiert jedoch je nach betrachteter Studie. So fanden
Reinacher-Schick et al. (Reinacher-Schick et al., 2004) in einer Untersuchung von
51 Gewebeproben kolorektaler Karzinome einen Anteil von SMAD4-negativen
Gewebeproben in 26% der Fälle im Stadium III und in 29% der Fälle im Stadium
IV. Salovaara et al. (Salovaara et al., 2002) untersuchten ein etwa gleich großes
Kollektiv bestehend aus 53 Patienten und fanden einen SMAD4-negativen Anteil
von insgesamt 38%. Die SMAD4-negativen Fälle verteilten sich hier auf die
Dukes-Stadien A, B, C und D zu 0%, 9%, 21% und 8%. Im Vergleich zu diesen
Resultaten fand die Arbeitsgruppe um Maitra et al. in den Stadien I und II eine
annähernd gleiche Häufigkeitsverteilung, in den Stadien III und IV zeigte sich
jedoch eine in etwa spiegelverkehrte Verteilung der Prozentsätze (siehe oben).
In der Zusammenschau dieser Daten ergibt sich bezüglich der konkreten
Häufigkeit des Auftretens einer SMAD4-Inaktivierung im Stadium IV also eine nicht
- 50 -
ganz homogene Datenlage mit zwischen 8% und 29% schwankenden Zahlen. In
Deckung mit diesen Angaben ergab sich bei den in dieser Arbeit durchgeführten
Untersuchungen ein Anteil von insgesamt 19,7% an SMAD4-negativen Gewebeproben. Dieses Ergebnis erscheint also in Kongruenz mit den bisher in der
Literatur zu findenden Angaben.
In Anbetracht der Ergebnisse von Reinacher-Schick et al. sowie Maitra et al. ist
jedoch davon auszugehen, dass tendenziell eher noch höhere Prozentsätze an
SMAD4-negativen KRK im Stadium IV zu erwarten sind. Dies bestätigte sich
beispielsweise in unserer Untersuchung von Baraniskin et al., in der das für diese
Arbeit herangezogene Kollektiv auf insgesamt 230 Patienten erweitert wurde. Bei
der Untersuchung dieses Kollektivs ergab sich dann eine Reduktion der SMAD4Expression mit einer Häufigkeit von 34% im Stadium IV (Baraniskin et al., 2011).
Die
bisher
größte
Untersuchung
zur
stadienabhängigen
Häufigkeit
und
prognostischen Relevanz eines SMAD4-Expressionsverlustes bei KRK wurde von
Bosman et al. durchgeführt (Bosman et al., 2009). Diese Studiengruppe
untersuchte ein Kollektiv von mehr als 1500 Patienten mit KRK im Stadium II und
III. Als Resultat fanden die Autoren einen SMAD4-Verlust in 9% bzw. 13% der
Fälle im Stadium II bzw. III.
Aufgrund der großen Anzahl eingeschlossener Patienten erscheint ein Vergleich
mit dieser Studie als relevant und richtungsweisend. Das methodische Vorgehen
bei der vorliegenden Arbeit wurde daher in weitgehend analoger Weise
durchgeführt. So wurden die Gewebeproben hier ebenso wie bei Bosman et al.
mittels immunhistochemischer Färbung und semiquantitativer mikroskopischer
Auswertung analysiert. Es ergaben sich vergleichbare Prozentsätze an erfolgreich
auswertbaren Präparaten (98% bei Bosman et al. vs. 100%). In beiden Arbeiten
erfolgte die Auswertung durch Analyse des Prozentsatzes an SMAD4-defizitären
Zellen im Tumorgewebe unter Verwendung in etwa identischer Cut-Offs (35% bei
Bosman et al. vs. 30%). Für diese Arbeit wurde aus Praktikabilitäts-Gründen ein
Cut-Off von 30% gewählt, da im Rahmen der semiquantitativen mikroskopischen
Auswertung ein Unterschied im Bereich von 5% kaum sicher zu erfassen ist. Bei
der Untersuchung von Bosman und Kollegen wurde jedoch ausschließlich der
Nukleus als subzelluläres Kompartiment für die Beurteilung herangezogen,
während bei dieser Arbeit zwischen Nukleus und Zytoplasma unterschieden
wurde.
- 51 -
In Anbetracht der vorangegangenen Ausführungen und unter Berücksichtigung
der Resultate von Bosman et al. für die Stadien II und III erscheint das in dieser
Arbeit gefundene Ergebnis einer SMAD4-Expressionsreduktion von 19,7% im
Stadium IV als plausibel. Dies gilt insbesondere, da der SMAD4-Verlust als ein
spät auftretendes Ereignis im Rahmen der kolorektalen Karzinogenese angesehen
wird (siehe oben).
Die prognostische und prädiktive Aussagekraft einer SMAD4-Inaktivierung bzw.
auch eines 18q LOH wurde ebenfalls in der Vergangenheit bereits in verschiedenen Studien untersucht. In diesen Untersuchungen sind im Wesentlichen
KRK in den UICC-Stadien II und III berücksichtigt worden.
So konnte beispielsweise für KRK im UICC-Stadium II bzw. im Dukes-Stadium B
in zwei Studien gezeigt werden, dass ein 18q-Allelverlust eine unabhängige
prognostische Bedeutung besitzt: Sowohl Font et al. (Font et al., 2001) als auch
Diep et al. (Diep et al., 2003) demonstrierten eine signifikant schlechtere Prognose
bei Vorhandensein eines 18q LOH. Watanabe et al. zeigten, dass KRK im
Stadium III oder in einer Hochrisiko-Situation des Stadiums II nach adjuvanter
Chemotherapie
mit
einem
5-FU-Protokoll
ein
signifikant
schlechteres
Gesamtüberleben haben, wenn ein 18q LOH nachgewiesen werden kann
(Watanabe et al., 2001). Auch Alazzouzi et al. und Alhopuro et al. konnten mittels
immunhistochemischer Analyse von KRK im Dukes-Stadium C demonstrieren,
dass eine verminderte Expression von SMAD4 mit einem signifikant schlechteren
Gesamt- und progressionsfreien Überleben assoziiert ist. Diese Ergebnisse
wurden in den beiden Studien für ein jeweils unterschiedliches Kollektiv belegt:
Auf der einen Seite für Patienten, welche ausschließlich eine (potentiell kurative)
operative Behandlung erhalten hatten (Alazzouzi et al., 2005), und zum Anderen
für ein Kollektiv, welches zusätzlich zur Operation noch mit einer adjuvanten 5-FU
Chemotherapie behandelt wurde (Alhopuro et al., 2005).
Barratt et al. zeigten in einer Untersuchung, dass Patienten im Dukes-Stadium B
und C mit intakten 18q Loci einen größeren Benefit aus einer adjuvanten Therapie
mit 5-FU ziehen als Patienten mit einem 18q LOH (Barratt et al., 2002). Auch eine
Arbeitsgruppe aus der Schweiz fand Hinweise darauf, dass Patienten mit einem
normalen diploiden SMAD4-Status einen höheren Benefit aus einer adjuvanten 5FU-basierten Chemotherapie ziehen als Patienten mit einem SMAD4-Verlust
(Boulay et al., 2002).
- 52 -
Patienten mit KRK im Stadium IV sind demgegenüber jedoch bisher kaum
Gegenstand von derartigen Studien. Insbesondere gibt es bislang keine
Untersuchungen mit einer isolierten Betrachtung des metastasierten Stadiums
unter Fokussierung auf eine mögliche prognostische Relevanz eines SMAD4Verlustes oder eines 18q LOH. In dieser Arbeit wurde eine derartige Untersuchung
erstmalig durchgeführt und demonstrierte eine prognostische Relevanz einer
SMAD4-Expressionsreduktion in Bezug auf das Gesamtüberleben bei Patienten
im Stadium IV unter Chemotherapie mit Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin.
Eine Bestätigung dieser Ergebnisse erfolgte schließlich durch die weitergehenden
Untersuchungen von Baraniskin et al. (siehe oben, (Baraniskin et al., 2011)).
5.3
Ausblick
Die Ergebnisse der in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen deuten auf
eine prognostische Bedeutung eines SMAD4-Verlustes im Rahmen metastasierter
KRK hin. Eine erste Bestätigung dieser Resultate erfolgte in der nachfolgenden
Arbeit publiziert von Baraniskin et al. (Baraniskin et al., 2011) an einer größeren
Serie von Patienten. Dort konnte eine unabhängige prognostische Bedeutung
sowohl im Rahmen des OS als auch des PFS demonstriert werden. Gewiss
müssen diese Daten jedoch in großen prospektiven klinischen Studien weiter
evaluiert und verifiziert werden. Erst bei Untersuchung weiterer, großer Kollektive
von Patienten im Stadium IV unter randomisierten Bedingungen können
zuverlässige Aussagen über die tatsächliche Aussagekraft dieses Markers
getroffen werden.
Um neben der prognostischen Bedeutung auch eine mögliche prädiktive Relevanz
näher zu untersuchen, ist es weiterhin notwendig Studien durchzuführen, welche
verschiedene Therapiearme beinhalten. So sollten zum Einen verschiedene
Chemotherapie-Protokolle miteinander verglichen werden, zum Anderen sollte
man in ausgewählten Situationen unter Umständen auch einen reinen
Beobachtungsarm als Vergleichskriterium in Erwägung ziehen. Die bereits
vorhandenen Daten zu KRK in den Stadien II und III deuten bereits auf eine
mögliche, praxisrelevante Therapieprädiktion hin (siehe Kap. 5.2), jedoch sind
auch hier weitere Untersuchungen notwendig.
Kann die weitere Validierung des Markers SMAD4 in der Zukunft die in dieser
Arbeit gefundenen Ergebnisse bestätigen oder noch weiter spezifizieren, so kann
- 53 -
dieser Marker möglicherweise als zusätzliches diagnostisches Werkzeug auf dem
Weg zu einer Individualisierung der medikamentösen Therapie des KRK herangezogen werden.
- 54 -
6
Zusammenfassung
Das
kolorektale
Karzinom
liegt
in
Deutschland
sowohl
bei
den
Krebsneuerkrankungen als auch in der Todesursachenstatistik der Krebserkrankungen auf Platz zwei. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Im Rahmen der kolorektalen Karzinogenese spielt das Tumorsuppressorgen
SMAD4 eine wichtige Rolle, da es im Verlauf der Adenom-Karzinom-Sequenz
seine Funktion verliert. Dieser Prozess findet insbesondere am Übergang zu
invasiven und metastasierenden Stadien statt.
Die Bedeutung von SMAD4 als möglicher prognostischer Biomarker ist in der
Vergangenheit bereits für KRK in den UICC-Stadien II und III evaluiert worden.
Hierbei ergaben sich Hinweise insbesondere für eine prognostische Relevanz des
SMAD4-Verlustes im Rahmen eines 18q LOH. Entsprechende Untersuchungen
für metastasierte KRK im Stadium IV sind bislang jedoch nicht erfolgt.
In dieser Arbeit wurden Tumor-Gewebeproben aus einem Teilkollektiv einer
großen klinischen Phase III Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische
Onkologie untersucht. In dieser Studie wurde der Einsatz des oralen
Fluoropyrimidins Capecitabin mit einer infusionalen Applikation von 5-FU/FS –
jeweils in Kombination mit Oxaliplatin – im Rahmen der Erstlinien-Chemotherapie
von Patienten mit metastasiertem KRK verglichen. Die Beurteilung und
Auswertung des SMAD4-Expressionsstatus erfolgte unter Verwendung etablierter
immunhistochemischer Methoden.
Bei der Untersuchung der 121 Gewebeproben fanden wir, dass eine vollständige
(d.h. sowohl zytoplasmatisch als auch nukleär nachweisbare) Reduktion der
SMAD4-Expression in der univariaten Analyse mit einem signifikant kürzeren OS
assoziiert ist und demnach einen negativen prognostischen Marker bei Patienten
mit metastasiertem KRK unter Behandlung mit einem Chemotherapie-Protokoll
bestehend aus Oxaliplatin und einem Fluoropyrimidin darstellt. Eine unabhängige
prognostische Bedeutung konnte bei fehlender Signifikanz in der multivariaten
Analyse zunächst nicht nachgewiesen werden. Auch eine signifikante Assoziation
des Expressionsstatus mit dem PFS war in dieser Arbeit nicht nachweisbar.
Bei unserer weitergehenden Untersuchung von Baraniskin et al. konnte an einem
größeren Kollektiv der Einfluss auf das OS bestätigt und auch die unabhängige
prognostische Bedeutung der Expressionsreduktion von SMAD4 demonstriert
werden. Gleichzeitig konnte auch eine negative prognostische Assoziation mit
- 55 -
dem PFS nachgewiesen werden. Eine erste Validierung der Ergebnisse dieser
Arbeit ist also positiv verlaufen.
Für die Zukunft ist es jedoch notwendig, weitere Untersuchungen zur Validierung
des potentiellen Biomarkers SMAD4 durchzuführen, welche insbesondere unter
prospektiven klinischen Bedingungen an geeigneten, großen Kollektiven erfolgen
sollten. Erst dann wird sich zeigen, ob langfristig eine Integration des SMAD4Expressionsstatus als Biomarker zur Individualisierung der Therapie des
kolorektalen Karzinoms im klinischen Alltag erfolgen kann.
- 56 -
7
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Danksagung
An erster Stelle möchte ich Frau PD Dr. A. Reinacher-Schick für die Überlassung
des interessanten und spannenden Themas sowie für die ausgezeichnete
Betreuung während der gesamten Dauer des Promotionsverfahrens danken.
Vielen Dank für Ihre steten Mühen!
Ich danke auch Herrn Dr. K. Schulmann sowie Herrn Dr. A. Baraniskin für die
kompetente Unterstützung bei der Erstellung der Statistik sowie für die Hilfe bei
generellen Fragen und Problemen.
Auch Frau Dr. J. Munding und Frau Dr. W. Ziebarth im Institut für Pathologie am
Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil möchte ich ganz
herzlich für die Hilfe bei der Erstellung des „Material und Methoden“-Teils danken.
Frau Dr. J. Munding danke ich darüber hinaus auch für die hilfreiche Mitbegutachtung einiger Präparate. Ebenso danke ich Frau Prof. Dr. A. Tannapfel für
die Möglichkeit uneingeschränkt in Ihrem Institut arbeiten zu dürfen.
Ein ganz besonderer Dank gilt Nina und meiner Mutter dafür, dass sie mich immer
wieder ermutigt haben diese Arbeit fortzusetzen und schließlich zu beenden.
Danke für die vorbehaltlose Unterstützung und stete Motivation!
Abschließend bedanke ich mich auch bei Ingo für seine kompetente und hilfreiche
Unterstützung in praktischen Dingen. Und auch meinen Freunden danke ich für ihr
fortwährendes Verständnis für meine gelegentlich knapp bemesse Zeit während
der Erstellung dieser Arbeit.
Curriculum Vitae
Persönliche Daten
Name
Dominik Meier
Geburtsdatum/ -ort
27. April 1984 in Schwerte
Staatsangehörigkeit
deutsch
Familienstand
ledig
Beruf
seit 04/2011
Assistenzarzt in der Medizinischen Klinik, Augusta-KrankenAnstalt, Bochum
Studium
12/2010
Approbation als Arzt
11/2010
2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
09/2006
1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
10/2004 – 11/2010
Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum
Zivildienst
08/2003 – 05/2004
Zivildienst beim Caritasverband Hattingen-Schwelm e. V.,
Hattingen
Schulbildung
6/2003
Abitur
6/2001
High School Diploma USA
08/2000 – 06/2001
Laconia High School, Rosendale, Wisconsin, USA
08/1994 – 06/2003
Gymnasium im Schulzentrum Hattingen-Holthausen
08/1993 – 06/1994
Gemeinschafts-Grundschule Niedersprockhövel
12/1991 – 07/1993
Gemeinschafts-Grundschule Gevelsberg-Silschede
08/1989 – 11/1991
German Swiss International School Hongkong
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