298_374_BIOsp_0310.qxd 320 22.04.2010 12:37 Uhr Seite 320 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN High performance- Durchflusszytometrie Innovative Hochleistungsgeräte mit neuen Anwendungsmöglichkeiten ROLAND GÖHDE 1 , VOLKER OST 2 , MATTHIAS STEINBERG 2 , WOLFGANG GÖHDE 3 1 PARTEC GMBH, GÖRLITZ 2 PARTEC GMBH, MÜNSTER 3 MEDIZINISCHE FAKULTÄT, WESTFÄLISCHE WILHELMS-UNIVERSITÄT MÜNSTER Die Durchflusszytometrie hat die zytologische Grundlagenforschung entscheidend verändert und zu neuen Einsichten in die komplexen molekularen Hintergründe der Zelldifferenzierung sowie zur Realisierung neuer Konzepte für eine effektive Diagnostik und Therapie bei zahlreichen Erkrankungen beigetragen. Flow cytometry fundamentally has changed cytological research and contributed to new insights into the complex molecular backgrounds of cell differentiation. Innovative high performance flow cytometers lead to new interesting applications. ó Anwendungen in der Medizin dominieren die fluoreszenzbasierte Durchflusszytometrie seit ihrer Entstehung im Jahr 1968 [1, 2]. Die technische Entwicklung dieser Technologie war für viele Jahre von dem Wunsch getragen, Anwendungen zu erschließen, die Patienten unmittelbar Nutzen bringen. Zusätzlich hat die Durchflusszytometrie viele neue Ansätze für die wissenschaftlich-technische Forschung gefunden, die allesamt auf der präzisen Erfassung physikalischer und chemischer Eigenschaften einer großen Anzahl von Einzelzellen und anderer mikroskopisch kleiner Partikel beruhen. Die high performance-Durchflusszytometrie mit Partec CyFlow®-Durchflusszytome- tern ist durch einen hohen Probendurchsatz von mehr als 10.000 Einzelmessungen pro Sekunde und einer hohen Empfindlichkeit (Messung der DNA bis unter 10–15 bis 10–16 g pro Zelle, Bakterium oder Virus) bei einer Messgenauigkeit pro Einzelmessung mit einem Varianzkoeffizienten (CV) ≤ 1 % gekennzeichnet (Abb. 1A, D). Immunologie Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete ist die Immunstatusbestimmung für HIV/AIDS-Patienten. Ohne diese Laboruntersuchung, die nur mithilfe der Durchflusszytometrie möglich ist, gelingt eine langfristige Stabilisierung der Patienten nicht. Generell eignen sich Partec-Multilasersysteme für die Routineimmunologie (Abb. 2) und für polychromatische Analysen mit über acht Farben bzw. Fluoreszenzkanälen in der immunologischen Forschung [3]. Die Immunphänotypisierung einer Patientenprobe erlaubt z. B. die Differenzierung und Konzentrationsbestimmung von LeukozytenSubpopulationen. Bei unserem Versuch mit dem Partec CyFlow-Durchflusszytometer wurde eine Vollblutprobe (100 μl) mit je 10 μl monoklonalen Antikörpern CD45-PE-Dy647 für alle Leukozyten, CD8-PE für CD8-positive Lymphozyten und CD3-FITC inkubiert und anschließend fixiert und schonend lysiert (Abb. 2). ¯ Abb. 1: Hochauflösende DNA-Messungen mit Durchflusszytometern. A, menschliche Lymphozyten, Anregung mit dem UV-Spektrum einer HBO-Lampe. Dem Hauptpeak der diploiden Zelle (*) wird per Definition ein DNA-Index von 1,0 zugeordnet. B, Menschliche Lymphozyten (aus A) wurden mit Zellen einer Mundhöhlen-Tumorbiopsie gemischt. Die neu auftretenden Peaks (Pfeile) symbolisieren Zellen mit abweichenden DNA-Gehalten (Tumorzellen). C, Blattgewebe von Arabidopsis thaliana. Anregung bei 532 nm. Die relativen Positionen der DNA-Peaks ermöglichen die exakte Bestimmung des DNA-Gehalts einer Zelle. (*): diploider DNAPeak. D, Hochauflösende DNA-Messung menschlicher Lymphozyten. Anregung mittels UV-LED bei 365 nm. CV: Varianzkoeffizient (durchgeführt mit Partec CyFlow). BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang 298_374_BIOsp_0310.qxd 22.04.2010 12:37 Uhr Seite 321 321 ¯ Abb. 2: Durchflusszytometrische DreifachImmunmarkierung. Der Dot-Plot zeigt links die positive Auswahl der stark fluoreszierenden Lymphozyten (R1) und rechts die daraus abgeleitete Darstellung der Lymphozytenuntergruppen in Quadranten: CD8-positiv (Q2: CD8+), CD8-negativ (Q3 und Q4: CD8–), CD3-positiv (Q2 und Q4: CD3+) und CD3-negativ (Q1 und Q3: CD3–), die in ihrer Gesamtheit aus R1 stammen. Rot: CD45PE-Dy647; orange: CD8-PE; grün: CD3-FITC (durchgeführt mit Partec CyFlow). ¯ Abb. 3: Durchflusszytometrische Anwendungen aus den Bereichen Mikrobiologie, Partikelund Virendetektion. A, Färbung von Hefezellen mittels eines Lebendfarbstoffs und Fluoreszenzmarkierung von toten Zellen zur Bestimmung der Zellvitalität. Die Hefezellen wurden direkt einem Fermenter entnommen und mit Yeast Control-Viability (Partec) angefärbt. Laseranregung bei 488 nm. B, Identifizierung von Mikroorganismen durch den Einsatz von fluoreszenzmarkierten, sequenzspezifischen DNA-Sonden. Ein Organismus kann in einem Gemisch zahlreicher verschiedener Zellen markiert und somit erkannt werden. Oben: alle Zellen einer Probe im Streulichtbild (Region R1). Unten: fluoreszenzmarkierte Escherichia coli-Zellen nach Hybridisierung mit einer spezifischen DNA-Sonde (Q2), Zellen ohne Markierung (Q4). C, Darstellung einer Probe von Mikropartikeln im Streulichtbild. Größe: 200 nm. D, Probe von kleinsten Goldpartikeln im Streulichtbild. Größe: 88 nm. E, T4-Bakteriophagen nach Anfärbung der viralen Nukleinsäuren. Messung mit blauer Laseranregung bei 488 nm (durchgeführt mit Partec CyFlow). Mikroorganismen DNA-Analytik Eine der ersten medizinischen Anwendungen der Durchflusszytometrie hatte zum Ziel, den DNA-Gehalt von Zellen und Tumorzellen sehr genau an großen Zellpopulationen zu bestimmen. Der zytodiagnostische Wert dieser Untersuchungen ergibt sich daraus, dass Tumorzellen in der Regel eine höhere Chromosomenzahl und damit einen höheren DNA-Gehalt haben als normale Zellen [4]. Bei einer Messgenauigkeit von ≤ ± 1 % lassen sich Zellen charakterisieren, deren Chromosomenzahl um BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang mindestens ein Chromosom vom Normalwert abweicht [5]. Ergebnisse von DNA-Messungen sind in Abbildung 1A und B gezeigt. Hochpräzise DNA-Analysen spielen heute auch in der Pflanzen- und Tierzüchtung eine wichtige Rolle [6]. Abbildung 1C zeigt die DNA-Verteilung der für genetische Untersuchungen wichtigen, aber für die genaue DNA-Bestimmung „schwierigen“ Pflanze Arabidopsis thaliana. Der DNAGehalt, der hier lediglich 0,5 · 10–12 Gramm pro Zelle beträgt [7], lässt sich immerhin mit einer Genauigkeit von ± 1,5 % bestimmen. Für viele Untersuchungen an Mikroorganismen lässt sich die Durchflusszytometrie effektiv einsetzen, häufig hat diese Technologie die zeitraubende Kultivierung auf Agarplatten ersetzt. Für die Überwachung von Zellkulturen z. B. in Fermentern liefert die Durchflusszytometrie neue und aufschlussreiche Informationen (Abb. 3A). In Ergänzung zum Nachweis von Mikroorganismen besteht häufig der Wunsch, deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art zu ermitteln. Mittels fluoreszenzmarkierter DNA- und RNA-Proben gelingt diese taxonomische Einordnung mithilfe der Durchflusszytometrie (Abb. 3B). Mikrobeads/Nanopartikel/Viren Die besondere Leistungsfähigkeit der high performance-Durchflusszytometrie wird durch die Analyse extrem kleiner Partikel deutlich. Ohne auf die interessanten Anwendungsmöglichkeiten derart hochsensitiver Messungen im Detail einzugehen, sei darauf hingewiesen, dass diese Partikel oft benutzt werden, um die Leistung unterschiedlicher tech- 298_374_BIOsp_0310.qxd 322 22.04.2010 12:37 Uhr Seite 322 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN nischer Lösungen oder kompletter Durchflusszytometer miteinander zu vergleichen. Insoweit dienen diese Messungen auch als Entscheidungshilfe für die Auswahl der jeweils am besten geeigneten Technologie (Abb. 3C, D). Von hier ist der Schritt zum direkten Nachweis von Viren nicht mehr weit (Abb. 3E). High performance-Durchflusszytometrie Diese Messergebnisse zeigen, dass sich die Einsatzmöglichkeiten der high performance-Durchflusszytometrie in der Zukunft auf ganz neue Anwendungen ausbreiten werden. Durchflusszytometrie Bestimmung der NK-ZellZytotoxizität gegen Leukämie- und Tumorzellen Danksagung Für die wertvolle Kooperation sowie wichtige Beiträge und Anregungen danken wir unseren Kollegen Dr. Danny Köhler, Dr. Ines Nasdala und Dr. Lionel Jouvet. ó Literatur [1] Valet G (2003) Past and present concepts in flow cytometry: A European perspective. J Biol Regul Homeost Agents 17:213–222 [2] Göhde W (1968) Automatisches Meß- und Zählgerät für die Teilchen einer Dispersion. Patent DE1815352, Anmeldetag: 18.12.1968 [3] Nemes E, Bertoncelli L, Lugli E et al. (2010) Cytotoxic granule release dominates gag-specific CD4+ T-cell response in different phases of HIV infection. AIDS 24, im Druck [4] Barlogie B, Göhde W, Johnston DA et al. (1978) Determination of ploidy and proliferative characteristics of human solid tumors by pulse cytophotometry. Cancer Res 38:3333–3339 [5] Meistrich M, Göhde W, White R (1978) Resolution of X and Y spermatids by pulse cytophotometry. Nature 274:821–823 [6] Pfosser M, Amon A, Lelley T et al. (1995) Evaluation of sensitivity of flow cytometry in detecting aneuploidy in wheat using disomic and ditelosomic wheat-rye addition lines. Cytometry 21:387–393 [7] Schmuths H, Meister A, Horres R et al. (2004) Genome size variation among accesions of Arabidopsis thaliana. Ann Bot 93:317–321 Korrespondenzadresse: 1 2 3 4 Roland Göhde1, Matthias Steinberg2, Volker Ost3, Wolfgang Göhde4 Roland Göhde Partec GmbH Am Flugplatz 13 D-02828 Görlitz Tel.: 03581-8746-0 Fax: 03581-8746-70 [email protected] www.partec.com ó Zelluläre Immuntherapien mit immunomagnetisch aufgereinigten, aktivierten natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), deren zytotoxische Aktivität gegen verschiedene Typen von Leukämie- und Tumorzellen gerichtet ist, stellen vielversprechende Strategien für Hochrisikopatienten mit malignen Erkrankungen zur Verbesserung ihrer Heilungschancen dar [1, 2]. Die Charakterisierung der stimulatorischen und inhibitorischen NKZell-Rezeptoren (natural cytotoxicity receptors, NCRs, und killer immunoglobulin-like receptors, KIRs) hat neue Perspektiven eröffnet für die therapeutische Entscheidung, NK-Zell-Alloreaktivität zur Unterstützung des graft-versus-tumorund des graft-versus-leukemia-Effekts (GvT/GvL) über die Granzym-B- und Perforin-Signalkaskade zu nutzen [3]. Für die Evaluation dieser neuen Therapien und für die initiale in vitroTestung potenzieller GvT-/GvL-Effekte ist eine zuverlässige Methode zur Charakterisierung der zytologischen Funktion von NK-Effektorzellen gegen die Ziel-Leukämie- oder ZielTumorzellen von essenzieller Bedeutung. Dazu haben wir eine Methode zur Quantifizierung der NK-ZellZytoxizität gegen Leukämiezellen unter Verwendung einer absoluten Zählmethode (single platform) im no-washModus etabliert [4]. Wir konnten diese Methode durch Einführung eines neuen fünffarbigen Zytometrieassays zur Evaluation der lytischen NK-Zellaktivität gegen adhärente Tumorzellen, im Besonderen gegen Neuroblastomzellen (NBZellen) weiter optimieren [5]. Um die Eignung dieser zytometrischen Methode für solide Tumoren zu prüfen, haben wir einen Assay auf einem Beckman Coulter FC500 Fünf-Farben-Zytometer (Abb. 1, Argon-Laseranregung: 488 nm; Bandpass-Filter: 525, 575, 620, 675 und 755 nm) etabliert und die Daten nachfolgend mit der CXP-Analysis-Software ausgewertet. Da die quantitative Auswertung und zugehörige gating-Strategie dieses BIOspektrum | 03.10 | 16. Jahrgang