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Neuartige trifunktionelle Antikörper befreien
Stammzelltransplantate von residualen Tumorzellen
Dr. Horst Lindhofer,
Klinische Kooperationsgruppe Bispezifische Antikörper der GSF und
der HNO-Poliklinik, Großhadern
쑺 Die meisten Tumorerkrankungen des
Menschen sind immer noch nicht definitiv
heilbar, weil trotz chirurgischer, Chemobzw. Radiotherapie häufig residuale maligne Zellen zurückbleiben, die sich der Detektion und Zerstörung entziehen und später zu einem Rezidiv führen. Ein wichtiges
Ziel ist daher die Entwicklung neuer Strategien, welche nach konventioneller Therapie eine Prävention des Tumorrezidivs
durch Ausschaltung der residualen Tumorzellen ermöglichen. Große Hoffnungen
werden dabei auf immuntherapeutische
Ansätze gesetzt, da diese auch ruhende, sich
nicht oder nur langsam teilende Tumorzellen zerstören können.
Herkömmliche Bispezifische Antikörper (bsAk) können gleichzeitig an Tumorzellen und an T-Zellen des Immunsystems binden, was zu einer Aktivierung
der Immunzellen mit nachfolgender Zerstörung der Tumorzellen führt (Abb.1) (1).
Erfahrungen aus den letzten 10 Jahren
mit bsAk haben aber gezeigt, daß der immunologische Ansatz zur Zerstörung von
Tumorzellen noch stark verbesserungsfähig ist. Zwei Hindernisse haben eine weitreichende klinische Anwendung dieses
vielversprechenden Konzeptes verhindert. Zum einen war bisher die Herstellung der bsAk sehr aufwendig und teuer,
Abb. 1: Herkömmliche Bispezifische Antikörper
(bsAk) können gleichzeitig an Tumorzellen und
an T-Zellen des Immunsystems binden, was zu
einer Aktivierung der T-Zellen mit nachfolgender
Zerstörung der Tumorzellen führt. Die unphysiologische Aktivierung der T-Zelle allein über das
CD3 Molekül führt aber in der Regel zum
anschließendem Absterben der T-Zelle.
zum anderen war die Aktivierung der TZellen mit den bisher verwendeten bsAk
nicht genügend effizient bzw. nicht in der
Lage eine dauerhafte Immunität zu etablieren.
Mit einem neuartigen Herstellungsverfahren ist es gelungen, trifunktionelle
bsAk (wie z.B. removab® und rexomab®)
aus fusionierten Säugetierzellen in hoher
Ausbeute und Reinheit zu gewinnen (2).
Die Kombination der ImmunglobulinSubklassen Maus IgG2a und Ratte IgG2b
in einem IgG-Molekül (Abb.2) hat einen
enormen Vorteil gegenüber konventionellen bsAk: Die neuen Antikörper können
nicht nur über ihre beiden Bindungsarme
T-Zellen mit Tumorzellen verbinden, sondern über ihre Fc-Region auch akzessorische Zellen (Makrophagen, Dendritische
Zellen und Natürliche Killer-Zellen) rekrutieren (3). Die spezielle Struktur der
Fc-Region löst die gleichzeitige Aktivierung der verschiedenen Immunzelltypen,
T-Zellen und akzessorische Zellen aus
(Abb.3). Diese Konstellation bringt im
wesentlichen 3 Vorteile:
1. Die für eine physiologische Aktivierung
der T-Zellen notwendigen kostimulatorischen Signale werden von den aktivierten akzessorischen Zellen an die T-Zellen vermittelt.
2. Durch die zusätzliche Rekrutierung von
akzessorischen Zellen, neben den T-Zellen, werden auch weitere Killer-Mechanismen wie z.B. Phagozytose bereitgestellt (4), die in der Lage sind auch gegenüber T-Zellen resistente Tumorzellen
zu zerstören. Die Folge ist eine, im Vergleich zu monoklonalen oder herkömmlichen bispezifischen Antikörpern, effizientere Tumorzerstörung.
3. Die Aufnahme, Prozessierung und Präsentation von Tumormaterial durch bestimmte akzessorische Zellen (wie z.B.
aktivierte Makrophagen oder Dendritische Zellen) ist eine Voraussetzung für
die Induktion einer zellulären und humoralen Anti-Tumorantwort des Immunsystems. Der Nachweis für die Induktion
einer derartigen Immunantwort gegen
den autologen Tumor mit Hilfe trifunktioneller Antikörper konnte bereits in
Maustumormodellen erbracht werden
(Ruf und Lindhofer, Manuskript eingereicht).
Produktbeschreibung
Es stehen derzeit zwei trifunktionelle
Antikörper mit folgenden Bindungsspezifitäten zur Verfügung:
쑺 anti-EpCAM X anti-CD3 (removab®) und
쑺 anti-Her2/neu X anti-CD3 (rexomab®)
Anwendung
Trifunktionelle bispezifische Antikörper können als adjuvante immuntherapeutische Agentien in der Krebstherapie eingesetzt werden. Dabei gibt es zwei verschiedene Anwendungsstrategien:
Abb. 2: Trifunktionelle bispezifische Antikörper
(triomab®) kombinieren die beiden evolutionär
verwandten und homologen Subklassen Maus
IgG2a und Ratte IgG2b. Beide Subklassen
besitzen potente immunologische Effektorfunktionen wie z.B. Komplementbindung oder FcRezeptorbindung, so dass es über den Fc-Teil des
Antikörpers nicht nur zur Bindung sondern auch
zur Aktivierung von akzessorische Zellen, neben
der T-Zelle, kommt. Dies führt zu einer besonders
effizienten Zerstörung von Tumorzellen. TAA =
tumorassoziiertes Antigen; CD3 = Oberflächenantigen auf T-Zellen.
1. ex vivo : Entfernung von Tumorzellen aus
autologen Stammzelltransplantaten
2. in vivo: Zerstörung von im Körper verbliebenen Tumorzellen nach z.B. operativer
Entfernung des Primärtumors (Tumorresterkrankungssituation)
Beide Zielstrukturen (EpCAM und Her2/
neu) sind tumorassoziierte Antigene und
kommen auf den meisten epithelialen
Krebsarten (wie z.B. Brust-, Eierstock-, Magen-, Lungen-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs) in unterschiedlicher Ausprägung vor. In der ex vivo-Anwendung sind
diese Zielstrukturen sogar tumorspezifisch,
was zu einer effizienten Zerstörung von Tumorzellen in autologen Apheresaten, insbesondere durch die Kombination beider Antikörper (removab® + rexomab® = removall®), führt. Aufgrund der hohen Spezifität dieses Ansatzes werden die Stamm- und
Vorläuferzellen, die für die erneute Blutbildung notwendig sind, nicht angegriffen.
Dies konnte in begleitenden Untersuchun-
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gen mittels sogenannter Kolonie-formierenden-Einheiten (CFU-Assays) nachgewiesen werden.
In einer Pilotstudie mit removall®-Antikörpern zur Reinigung von StammzellApheresaten von Brust- und Eierstockkrebspatientinnen konnte in allen 10 von
29 Proben, die mit autologen Tumorzellen
kontaminiert waren, eine 100%ige Zerstörung der Tumorzellen gezeigt werden. In
diesen Versuchen wurden auch drei komplette Stammzellapheresate von zwei Brustkrebs- und einer Eierstockkrebspatientin
behandelt. Neben der Zerstörung der Tumorzellen, stand hier insbesondere die Sicherheit der Anwendung während und nach
Reinfusion der Apheresate im Mittelpunkt.
Alle 3 Patientinnen zeigten bei insgesamt
5 Transplantationen eine gute Verträglichkeit bei der Reinfusion der mit removall®
gereinigten Stammzellapheresate und der
Neuaufbau der Blutbildung (Engraftment)
war in keiner der Patientinnen verzögert.
Zusammenfassung
Trifunktionelle Antikörper rekrutieren
sowohl T-Zellen als auch akzessorische Zellen des Immunsystems an die Tumorzelle.
Die anschließende simultane Aktivierung
beider Immunzelltypen durch die trifunktionellen Antikörper führt zu einer besonders effizienten Zerstörung der Tumorzellen.
쑺 Im Rahmen einer Pilotstudie waren 33%
(10/29) der untersuchten Apheresate von
Patientinnen mit metastasiertem Brustoder Eierstockkrebs mit Tumorzellen
kontaminiert.
쑺 Nach der Inkubation mit removall® konnten in keinem der kontaminierten Apheresate (10/10) noch Tumorzellen nachgewiesen werden.
쑺 Die in removall® enthaltenen trifunktionellen Antikörper removab® und rexomab® richten sich gegen die wichtigsten tumorassoziierten Antigene epithelialer Tumoren.
쑺 In der ex vivo-Situation sind Her2/neu
und EpCAM tumorspezifisch.
쑺 Selbst Tumorzellen mit einer geringen
Antigenexpression werden zerstört.
쑺 Die Rekonstitution des blutbildenden
Systems (Engraftment) wird durch removall® nicht beeinträchtigt.
Aufgrund der sehr geringen Menge an
eingesetzten trifunktionellen Antikörpern (20µg) und dem Abbau durch Makrophagen kann nach Inkubation kein
restlicher Antikörper mehr nachgewiesen
werden.
쑺 Das removall®-Verfahren ist einfach in der
Handhabung und benötigt zur Initiierung
der Inkubation im Apheresat nur eine
kurze Vorbereitungszeit (ca. 30min.).
Abb. 3: Der postulierte „Drei-Zell-Komplex”: Die
Formation dieses Komplexes durch trifunktionelle bispezifische Antikörper führt zur Aktivierung
verschiedener Klassen von Immunzellen und
anschließender Zerstörung der Tumorzelle. Die
Aktivierung speziell der akzessorischen FcRezeptor-positiven Zellen nach Antikörperzugabe
konnte durch die Freisetzung der Zytokine IL-1,
IL-6, IL-12 und des, für dendritische Zellen
spezifischen, Zytokins DC-CK1 gezeigt werden.
Die T-Zelle erhält wichtige kostimulatorische
Signale (Signal 2) über Oberflächenantigene wie
z.B. CD40, LFA3 oder den B7 Komplex von der
akzessorischen Zelle.
Literatur
1. Fanger MW, Segal DM, Wunderlich JR: Going
both ways: bispecific antibodies and targeted
cellular cytotoxicity [news]. FASEB J 4: 28462849, 1990
2. Lindhofer H, Mocikat R, Steipe B, Thierfelder S: Preferential species-restricted heavy/light
chain pairing in rat/mouse quadromas. Implications for a single-step purification of bispecific
antibodies. J Immunol 155: 219-225,
3. Zeidler R, Reisbach G, Wollenberg B, Lang
S, Chaubal S, Schmitt B, Lindhofer H: Simultaneous activation of T cells and accessory cells by
a new class of intact bispecific antibody results
in efficient tumor cell killing. J Immunol 163:
1246-1252, 1999
4. Zeidler R, Mysliwietz J, Csanady M, Walz A,
Ziegler I, Schmitt B, Wollenberg B, Lindhofer
H: The Fc-region of a new class of intact
bispecific antibody mediates activation of
accessory cells and NK cells and induces direct
phagocytosis of tumour cells. Br.J.Cancer 83:
261-266, 2000
Korrespondenzadresse
Dr. Horst Lindhofer
Klinische Kooperationsgruppe Bispezifische Antikörper
der GSF und der HNO-Poliklinik, Großhadern
Marchioninistraße 25, D- 81377 München
Tel. 089-7099 322
eMail: [email protected]
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