“Hands on Particles Physics”, International Masterclasses Willkommen bei den Masterclasses! Wie arbeitet ein Teilchenphysiker? Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 1 Ablauf des Tages 10:00 Uhr: Begrüßung 10:10 Uhr: Vortrag “Auf den Spuren der Elementarteilchen” 11:10 Uhr: Diskussion zum Vortrag 11:30 Uhr: Mittagspause (mehr Zeit, um Fragen zu stellen) 12:00 Uhr: “Identifying Particles”, Auswertung von Daten 13:20 Uhr: Diskussion der Ergebnisse 13:40 Uhr: Quiz 14:00 Uhr: Schlussworte Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 2 Auf den Spuren der Elementarteilchen Philipp von Weitershausen Überblick Teilchen und Kräfte Identifikation LHC/ Atlas/ CMS Z-Zerfälle Nützliche Einheiten für Teilchen Größe: 1 fm = 1 Femtometer („Fermi“) = 10-15 m (1 µm = 1.000.000.000 fm) Energie: 1 ElektronVolt = 1eV 1 keV = 1000 eV 1 MeV = 1.000.000 eV 1 GeV = 1.000.000.000 eV 1 GeV: viel für ein Teilchen, aber makroskopisch winzig: könnte Taschenlampe (1,6 Watt) für ganze 0,000.000.0001 Sekunden zum Leuchten bringen Wie ist die Materie aufgebaut? 1/10.000.000 ~ 0,01 m Kristall 10-9 m Molekül 1/10 1/10.000 10-10 m Atom 1/1.000 1/10 10-14 m Atomkern 10-15 m Proton <10-18 m Quark, Elektron Welche Elementarteilchen gibt es? Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 5 Das Elektron, e 1897 von J.J. Thomson entdeckt -31 Masse m= 0,5 MeV = 9,109·10 kg Ladung q= -1·e keine innere Struktur → tatsächliches Elementarteilchen, das nicht weiter geteilt werden kann? Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 6 Das Myon, µ 1937 in der Höhenstrahlung entdeckt Höhenstrahlung: Teilchen aus dem All treffen auf Atmosphäre → Teilchenschauer entsteht Ähnliche Eigenschaften wie Elektron -6 ABER: instabil, zerfällt nach 2,2·10 s schwerer, mµ- = 100 MeV (= 200 me-) Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 7 Das Tau, τ 1975 wurde das τ entdeckt Masse: mτ = 1784 MeV → 3000mal schwerer als e-, doppelte Masse des Protons ( mp = 1,6·10-27 kg) -13 s sehr kurze Lebensdauer: 5·10 Trotzdem: ähnliche Eigenschaften wie Elektron e-, µ-, τ- gehören zur Gruppe der Leptonen (griech.: leichtgewichtig) ! Masse des Tau Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 8 Noch ein Lepton! 1914 Chadwick β-Zerfall: n p + eUnerwartete Energieverteilung Pauli (1930) postuliert neues Teilchen: Neutrino ν Elektrisch neutraler Partner des Elektrons Sehr leicht Nur schwach wechselwirkend (Fermi): 999.999.999 von 1.000.000.000 schaffen Erddurchquerung ziemlich verbreitet im Universum 366.000.000 Neutrinos / m3 im Vergleich zu 0,2 Protonen / m33 Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 9 Das Lepton-Set → jedem geladenen Lepton wird ein Neutrino zugeordnet Es entsteht ein Ordnungsschema: Einteilung der Leptonen in drei Familien/Generationen. Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 10 Warum zerfallen Myon- und TauLepton? • Beide Leptonen haben große Masse, aber sonst gleiche Eigenschaften wie das Elektron. → Umwandlung in „energetisch günstigeren Zustand“ Zerfallsdiagramm für µ- → νµ + e- + νe Beachte: Ladungserhaltung Leptonzahlerhaltung Ähnlich für Tau-Lepton τ- → ντ + e- + νe Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 11 Was ist mit Proton/Neutron? In den 1950ern: Entdeckung vieler Teilchen (“Teilchenzoo”) 1964 Erklärung von Murray Gell-Mann: es gibt kleinere, elementare Teilchen, die Quarks D.h. Proton und Neutron sind nicht elementar! Direkter Beweis: Beschuss mit Elektronen 1970: Stanford, Kalifornien; seit 1989: DESY, Hamburg 1 fm Proton wahrscheinlich stabil, Lebensdauer > 1033 Jahre Normale Materie ist aus u-,d-Quark und Elektronen aufgebaut, die Atomkerne und Atome bilden. Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 12 Aufbau der Materie Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 Vollständiger Satz der Bausteinteilchen Alle Teilchen sind punktförmig ( < 0.001 fm) Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 14 Gibt es vielleicht mehr Generationen? Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 15 Die Massen der Elementarteilchen 1995: TeVatron, FNAL, Chicago Entdeckung des Top Quarks (Masse: ~173 GeV ! ) (Massen in MeV) Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 16 Konzept der Wechselwirkungen Wechselwirkung: Kraftwirkung zwischen Teilchen Verantwortlich für Teilchen-Zerfälle und Produktion 4 fundamentale Wechselwirkungen Gravitation (Schwerkraft) S Elektromagnetismus Schwache Wechselwirkung N Starke Wechselwirkung q q Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 n n pp n n np n pn np pp ppn p 17 Prinzip von Kraftwirkungen Zu jeder Wechselwirkung gehört eine Ladung Nur Teilchen mit entsprechender Ladung spüren Wechselwirkung Wechselwirkung erfolgt über Austausch von Botenteilchen Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 18 Was ist eigentlich eine Ladung? Eine Fundamentale Eigenschaft eines Teilchens Ladungen sind additiv: Ladung(A+B) = Ladung(A) + Ladung(B) Ladungen kommen nur in Vielfachen einer kleinsten Ladungsmenge vor Ladung ist erhalten, d.h. sie entsteht weder neu, noch geht sie verloren Mehr wissen wir (noch) nicht Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 19 Die elektromagnetische Kraft Ladung: elektrische Ladung Q Arten: 1 Ladungsart: „Zahl“, positiv oder negativ Botenteilchen: Photon Eigenschaften: elektrisch neutral: Q=0 (keine WW untereinander) masselos : m=0 (bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit) Teilchen Up Down Neutrino Elektron Ladung +2/3 -1/3 0 -1 Besonderheiten: Unendliche Reichweite Makroskopisch beobachtbar Magnetfelder lenken elektrisch geladene Teilchen ab, umso weniger je höher deren Energie ist Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 20 Die starke Kraft Ladung: starke Ladung Arten: 3 Ladungsarten: „Farbe“, plus jeweilige Antifarbe Botenteilchen: 8 Gluonen Eigenschaften: tragen selber je 1 Farbe und Antifarbe masselos : m=0 Teilchen Up Down Neutrino Elektron Ladung r, b, g r, b, g Besonderheiten: Endliche Reichweite ca 1 fm Hält p, n und Atomkern zusammen Makroskopisch nicht beobachtbar, außer im radioaktiven α-Zerfall Heliumkerne Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 21 Die schwache Kraft Ladung: schwache Ladung (I1, I2, I3) Arten: 1 Ladungsart: „Zahlentriplett“ 0 + Botenteilchen: W , Z , W Eigenschaften: tragen selber schwache Ladung: I = -1, 0, 1 3 Masse : m = 80 – 90 GeV Teilchen Up Down Neutrino Elektron I3 +1/2 -1/2 +1/2 -1/2 Besonderheiten: Endliche Reichweite ca 0.0025 fm Makroskopisch nicht beobachtbar, außer Brennen der Sonne und radioaktive Umwandlung („Zerfall“) des Neutrons Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 22 Die starke Kraft Besonderheit: Gluonen (Botenteilchen) tragen ebenfalls Farbladung, können dadurch auch miteinander wechselwirken es gibt keine freien Farbladungen Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 23 Teilchen und Kräfte Neutrinos wechselwirken sehr selten (nur über schw. WW) (999.999.999 von 1.000.000.000 schaffen Erddurchquerung) Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 24 Antimaterie Zu jedem Bausteinteilchen existiert ein Antiteilchen mit umgekehrten Ladungsvorzeichen Sonst sind alle Eigenschaften (Masse, Lebensdauer) gleich Aus Botenteilchen können paarweise Materie- und Antimaterieteilchen entstehen Umgekehrt können sich diese wieder zu Botenteilchen vernichten, z.B. e+ + e- Z0 , am besten wenn 2Ee=mZc2 Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 25 Wie entdeckt man neue Teilchen? Teilchenphysik = Hochenergiephysik Forscher nutzen Teilchenstrahlen höchster Energie, denn mit steigender Energie E (Impuls p) der Projektile steigt: Fähigkeit, kleine Strukturen ∆x zu erkennen ∆x ∆p = ħ (Heisenberg) Fähigkeit, neue schwere Teilchen zu erzeugen: E = mc2 (Einstein) Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 26 Teilchenbeschleuniger als Mikroskope Sehen = Abbilden Wurfgeschoß (Projektil) Zielobjekt Nachweis (Detektor) „Auflösungsvermögen“ : Treffgenauigkeit << Größe der Strukturen Projektilgröße << Größe der Strukturen Treffgenauigkeit = 200 fm / Energie (in MeV), zum Beispiel: 0,2 fm bei E = 1 GeV = 1000 MeV 200 fm bei E = 1 MeV = 1000 keV 0,2 µm bei E = 1 eV Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 27 Unbekanntes Objekt Projektil: Basketbälle Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 28 Unbekanntes Objekt Projektil: Tennisbälle Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 29 Unbekanntes Objekt Projektil: Murmeln Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 30 Mikroskope der Teilchenphysik: Beschleuniger Hat jeder zu Hause! • Funktionsprinzip: Simulation • Linearbeschleuniger: Fermilab, Chicago (in Betrieb) DESY, Hamburg (in Planung) Masterclasses, St. Afra, 18.5.200923.04.09 Masterclasses, St. Benno-Gymnasium, 31 Bis 2000: e-e+ Vernichtung bei CERN Strahlenergie Ee= 40-100 GeV Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 32 Der Large Hadron Collider LHC Kollision von 7 TeV Protonen mit 7 TeV Protonen, Umlauffrequenz 11 kHz Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 33 LHC Energie Gespeicherte Energie der beiden Protonenstrahlen: 2·350 MJ Wie 240 Elefanten auf Kollisionskurs 120 Elefanten mit 40 km/h Die Energie eines einzelnen Protons entspricht der einer Mücke im Anflug 120 Elefanten mit 40 km/h Nadelöhr: 0.3 mm Durchmesser Protonstrahlen am Kollisionspunkt: 0.03 mm Durchmesser Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 34 Ein Blick in den Tunnel Der LHC verschafft uns erstmals Zugang zu -19 Metern Strukturen und Abständen von 10 Massen auf der Teraskala (E = mc2 = 1TeV) Entwicklung des Universums nach dem Urknall von 0,000.000.000.001 s bis 0,000.01 s Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 35 In Dresden: ATLAS Experiment, LHC Jede Teilchenart hinterlässt bestimmte Kombination von Signalen in den Komponenten 170 Universitäten und Institute aus 35 Ländern Größenvergleich Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 Zwiebelschalenartiger Aufbau verschiedener Komponenten 36 Teilchenidentifikation = Detektivarbeit Feststellbare Teilcheneigenschaften: aus Quarks („Hadronen“) elektr. geladen/ ungeladen leicht/ schwer Zwiebelschalenartiger Aufbau verschiedener Komponenten Jede Teilchenart hinterlässt bestimmte Kombination von Signalen in den Komponenten Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 37 Mehr Durchschlagskraft für: - schwere Teilchen - schwächere Wechselwirkung Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 38 Schnitt durch den CMS Detektor Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 39 Einzelne Quarks ergeben „Hadronen“ Jet e-p Kollisionen bei HERA am DESY Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 40 Die Augen der Teilchenphysik: Detektoren CERN, Genf, bis 2000 Elektronische Bilder Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 41 Z “Zerfälle“ Das Z Teilchen ist nicht stabil -25s (!) in andere Teilchen Wandelt sich nach 3·10 um eZ0 Z0 Z0 qq τ+ τ- µ+ µ- e+ e- νν e+ Zeit Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 42 Zerfallskanäle Löcher entsprechen „Zerfallskanälen“ Für einzelnes Wassermolekül Austrittsloch nicht vorhersagbar Für einzelnes Z-Teilchen Zerfallskanal nicht vorhersagbar Entleerungsdauer → absolute Größe der Löcher Zerfallsdauer → Stärke der „Kopplungen“ an Teilchenpaare Ergebnis: „Schwache Wechselwirkung“ gar nicht so schwach! Verhältnis der Austrittsmengen → Größenvergleich der Löcher Verhältnis der Zerfallswahrscheinlichkeiten → Größenvergleich der Kopplungen Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 43 Animation des ATLAS und CMS Detektors ATLAS CMS Ziele: Suche nach Neuem: • Higgs Teilchen (was ist überhaupt Masse?) • Supersymmetrie ( Dunkle Materie?) - nur 4% des Weltalls ist „normale“ Materie • zusätzliche Raumdimensionen Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 44 Kosmologie - Teilchenphysik frühes Universum: Temperatur 1015 K Bewegungsenergie der Teilchen: 100 GeV alle Teilchen kollidieren unkontrolliert Teilchenbeschleuniger: Bewegungsenergie der Teilchen: 100 GeV gezielte, kontrollierte einzelne Kollisionen und deren Aufzeichnung Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 45 Auf der Suche nach der „Weltformel heutige experimentelle Grenze Fortschritt der Physik Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 Zurück zum Urknall 46 Schlussübersicht Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 47 Viel Spaß bei den Übungen! Masterclasses, St. Afra, 18.5.2009 48