In vitro-Untersuchungen zum Tat-abhängigen Transport des Fusionsproteins TorA-PhoA INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Biologie der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i.Br. Vorgelegt im März 2008 von Sascha Panahandeh geb. in Teheran, Iran Diese Arbeit wurde angefertigt am Institut für Biochemie und Molekularbiologie, der medizinischen Fakultät an der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i.Br. Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. Matthias Müller Dekan der Fakultät: Prof. Dr. Ralf Reski Promotionsvorsitzender: Prof. Dr. Samuel Rossel 1. Koreferent: JunProf. Dr. Michael Schroda 2. Koreferent: Dr. Katja Arndt Tag der Verkündigung des Ergebnisses: 19.06.2008 Wesentliche Teile dieser Arbeit wurden zur Publikation eingereicht: Panahandeh S., Moser, M., Maurer C., DeLisa M.P., and Müller, M. (2008) Following the path of a twin-arginine precursor along the TatABC translocase of Escherichia coli. EMBO Journal Im Rahmen dieser Arbeit wurde veröffentlicht: Moser, M., Panahandeh, S., Holzapfel, E., and Müller, M. (2007). In vitro analysis of the bacterial twin-arginine-dependent protein export. Methods in Molecular Biology, 390, 63-80 Panahandeh, S., Holzapfel, E., and Müller, M. (2008) The twin-arginine translocation pathway. Horizon Book Chapter, Review (in press) Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I. Zusammenfassung 1 II. Einleitung 3 II.1. Das sekretorische (Sec)-System in E. coli II.1.1. Das Sec-Translokon II.1.2. Zielsteuerung und Erkennung II.1.3. SecA/SecB-abhängiger posttranslationaler Transport sekretorischer Proteine II.1.4. Signal recognition particle (SRP)–abhängige cotranslationale Integration von Innenmembranproteinen 4 4 5 6 7 II.2. Das twin arginine translocation (Tat)–System II.2.1. Tat-Substrate II.2.2. Die Komponenten der Tat-Translokase II.2.2.1. TatA II.2.2.2. TatB II.2.2.3. TatC II.2.3. Tat-Komplexe II.2.3.1. Der TatBC-Rezeptor-Komplex II.2.3.2. Der TatA-Komplex II.2.4. Tat-spezische Signalsequenz und Zielsteuerung II.2.5. Transportmechanismus II.2.5.1. Kontakt des Tat-Substrates mit dem TatBC–Rezeptor–Komplex II.2.5.2. Translokationsmodelle II.2.6. Energetisierung der Tat-abhängigen Translokation II.2.7. Qualitätskontrolle des Tat-Systems II.2.8. Spezifische Chaperone der Tat-Substrate 8 8 9 10 11 12 13 13 14 15 16 II.3. Zielsetzung 23 III. Material und Methoden III.1. Material III.1.1. III.1.2. III.1.3. III.1.4. III.1.5. Escherichia coli-Stämme Plasmide Oligonukleotide Antibiotika Chemikalien 17 18 19 20 21 24 24 24 24 25 26 26 i Inhaltsverzeichnis III.2. Methoden III.2.1. Molekularbiologische Methoden III.2.1.1. Anzucht und Lagerung von Escherichia coli III.2.1.2. Herstellung kompetenter E. coli-Zellen und Transformation nach der TSB-Methode III.2.1.3. Plasmidpräparation im großen Maßstab (Maxiprep) III.2.1.4. Plasmidpräparation im kleinen Maßstab (Miniprep) III.2.1.5. Agarose-Gelelektrophorese III.2.1.6. Mutagenisierende PCR (polymerase chain reaction) 27 27 III.2.2. Biochemische Methoden III.2.2.1. Denaturierende SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese III.2.2.2. Visualisierung von Proteinen in Polyacrylamidgelen III.2.2.2.1. Autoradiographie III.2.2.2.2. Coomassie-Blau-Färbung von Polyacrylamidgelen III.2.2.2.3. Western-Blotting III.2.2.3. Bestimmung der Proteinkonzentration mit Amidoschwarz III.2.2.4. Überexpression und affinitätschromatographische Aufreinigung von TorD III.2.2.5. Präparation der Komponenten des zellfreien Systems III.2.2.5.1. Präparation des Zellextraktes S135 III.2.2.5.2. Präparation von inside-out Innenmembranvesikeln (INV) III.2.2.5.3. Präparation von T7-RNA-Polymerase III.2.2.6. Versuche im zellfreien System aus E. coli III.2.2.6.1. Gekoppelte in vitro-Transkription/Translation III.2.2.6.2. In vitro-Translokation und Protease-Resistenz-Test III.2.2.6.3. Ortsgerichtete Quervernetzung mit para-Benzoyl-L-phenylalanin (pBPA) III.2.2.7. Immunpräzipitation III.2.2.8. Kovalente Modifikation freier Sulfhydrylgruppen von in vitro-synthetisiertem Protein III.2.2.9. Größenchromatographische Analyse eine in vitro-Transport-Ansatzes III.2.2.10. Affinitätschromatographische Aufreinigung von in vitrosynthetisiertem Protein 31 31 33 33 IV. Ergebnisse IV.1. Etablierung des Tat-abhängigen in vitro-Transports von TorA-PhoA IV.1.1. In vitro-Transport von TorA-PhoA findet nur unter oxidierenden Synthesebedingungen statt IV.1.2. Durch oxidierende Synthesebedingungen wird vollständig oxidiertes TorA-PhoA synthetisiert IV.1.3. Oxidiertes TorA-PhoA wird TatABC-abhängig transportiert ii 27 27 28 28 29 29 33 33 35 35 36 36 38 40 41 41 43 44 45 47 48 48 50 51 53 55 58 Inhaltsverzeichnis IV.1.4. In vitro-Transport des oxidierten pTorA-PhoA ist abhängig von der TorA-Signalsequenz IV.1.4.1. TorD-Bindung an die TorA-Signalsequenz verhindert den Transport von pTorA-PhoA IV.1.4.2. Das Doppel-Arginin des Konsensusmotifs ist essentiell für den Transport von pTorA-PhoA IV.2. Charakterisierung der Membranbindung von TorA-PhoA IV.2.1. Etablierung eines Nachweises für die Bindung von TorA-PhoA an die INV-Membran IV.2.2. Transportkompetentes, oxidiertes TorA-PhoA assoziiert Tat-spezifisch mit der Membran IV.2.3. Auch transportinkompetentes, reduziertes TorA-PhoA assoziiert Tat-spezifisch mit der Membran IV.3. Charakterisierung molekularer Interaktionen von TorA-PhoA mit den Tat-Proteinen IV.3.1. Zielgerichteter Einbau des photoaktivierbaren Quervernetzers pBPA in die Signalsequenz von TorA-PhoA IV.3.2. Reduziertes TorA-PhoA zeigt eine stark abgeschwächte Interaktion der Signalsequenz mit TatC IV.3.3. Reduziertes TorA-PhoA zeigt eine abgeschwächte Interaktion der Signalsequenz mit TatB IV.3.4. Die Signalsequenz von TorA-PhoA interagiert mit TorD und FkpA IV.4. Charakterisierung eines potentiellen Transportintermediates von TorA-PhoA IV.4.1. Triton-Resistenz von iTorA-PhoA wird nur für die oxidierte Form beobachtet IV.4.2. Die Bildung von iTorA-PhoA ist abhängig vom Doppel-Arginin-Motif IV.4.3. Translokationsarrest findet vor dem ∆pH-abhängigen Schritt der Translokation statt IV.4.4. Translokationsarrest findet vor der Abspaltung der Signalsequenz statt IV.4.5. Der C-Terminus von iTorA-PhoA ist nicht proteasegeschützt IV.4.6. Überlastung der Tat-Translokase könnte die Ursache für den Translokationsarrest sein IV.4.7. Translokationsarrest findet in der unmittelbaren Nähe von TatA statt 61 61 62 64 64 67 68 71 71 73 75 78 80 80 81 83 86 87 89 90 V. Diskussion 95 V.1. Etablierung des Tat-abhängigen in vitro-Transportes von TorA-PhoA 95 V.1.1. Faltungszustand von in vitro-synthetisiertem TorA-PhoA V.1.2. Der in vitro-Transport des oxidierten TorA-PhoAs ist Tat-abhängig 96 98 iii Inhaltsverzeichnis V.2. TorA-PhoA bindet faltungsunabhängig und TatABC-spezifisch an die Membran 100 V.3. Erkennung der Faltungszustände von TorA-PhoA durch das Tat-System 104 V.4. Charakterisierung eines potentiellen Transportintermediates 106 V.5. Translokationsarrest findet in der unmittelbaren Nähe von TatA statt 109 VI. Literaturverzeichnis 113 VII. Anhang 125 VII.1. TorA-PhoA-Sequenz 125 VII.2. Abkürzungsverzeichnis 126 VII.3. Danksagung 129 iv I. Zusammenfassung I. Zusammenfassung Das Cytoplasma Gram-negativer Bakterien ist von einer Zellhülle umgeben, die sich aus der Innenmembran (Cytoplasmamembran), der Außenmembran und dem dazwischen liegenden Periplasma zusammensetzt. Proteine, die in einem dieser Kompartimente lokalisiert sind, müssen nach ihrer Synthese im Cytoplasma spezifisch an ihren Wirkungsort transportiert werden. Der posttranslationale Transport einiger dieser Proteine wird durch das twin arginine translocation (Tat)-System vermittelt, das aus den drei Innenmembranproteinen TatA, TatB und TatC aufgebaut ist. Substrate des Tat-Systems besitzen in ihrer N-terminalen Signalsequenz das Konsensusmotif S-R-R-x-F-L-K, dessen Arginin-Paar Namensgeber dieses Transportsystems ist. Eine Besonderheit des Tat-Systems stellt dessen Fähigkeit dar, Proteine im vollständig gefalteten Zustand zu transportieren. Tat-Substrate falten sich bereits vor ihrem Transport, da sie entweder Kofaktoren benötigen, die im Cytoplasma eingebaut werden, als Oligomere transportiert werden, oder vermutlich eine sehr schnellen Faltungskinetik aufweisen. Im Rahmen dieser Arbeit sollte Einblick in den Mechanismus des Tat-abhängigen Transportes in Escherichia coli gewonnen werden. Dazu kam das Tat-abhängige Fusionsprotein TorA-PhoA zum Einsatz, das sich aus der Signalsequenz des Tat-Substrates Trimethylamin-N-Oxid-Reduktase (TorA) und dem reifen Teil der alkalischen Phosphatase (PhoA) aus Escherichia coli zusammensetzt. In einer früheren Studie konnte gezeigt werden, dass die Bildung der beiden intramolekularen Disulfidbrücken im reifen Teil von TorA-PhoA, und somit das Erlangen der nativen Faltung, Voraussetzung für den Tat-abhängigen Transport in Escherichia coli-Zellen war. In der vorliegenden Arbeit ist es gelungen, diese Ergebnisse reproduzieren. in einem gekoppelten TorA-PhoA wurde in vitro-Transkriptions/Translations-System in vitro synthetisiert und Tat-abhängig zu in Innenmembranvesikel aus Escherichia coli transportiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass im Gegensatz zu der reduzierten Form, nur die nachweislich vollständig oxidierte Form des TorA-PhoA-Proteins transportkompetent war. Membranbindungsstudien ergaben, dass die TatABC-spezifische Zielsteuerung des TorAPhoA-Proteins an die Membran unabhängig vom Faltungszustand des Fusionsproteins, und sogar bei Fehlen des konservierten Arginin-Paars erfolgt. Die Inhibition dieser Bindung durch Dicyclohexylcarbodiimid (DCCD) deutet auf eine Beteiligung von membranintegralen, sauren Aminosäureresten des TatBC-Rezeptor-Komplexes an dieser Interaktion hin. Um die molekulare Interaktion des TorA-PhoA-Proteins mit den Tat-Proteinen zu charakterisieren, wurde der photoaktivierbare Quervernetzer pBPA ortsspezifisch in die 1 I. Zusammenfassung Signalsequenz von TorA-PhoA eingebaut. Es konnte gezeigt werden, dass die Region um das Konsensusmotif der Signalsequenz mit TatC interagiert, während die h-Region der Signalsequenz mit TatB interagiert. Im Gegensatz zur Membranbindung, waren diese Interaktionen abhängig vom Redoxzustand des TorA-PhoA-Proteins, da die reduzierte, transportinkompetente Form des Proteins eine deutlich schwächere Interaktion mit TatB und insbesondere mit TatC aufwies. Auf Grund dieser Beobachtung muss der TatBC-RezeptorKomplex die Fähigkeit haben, den Faltungszustand des TorA-PhoA-Proteins zu detektieren. Weiterhin wurde ein Transportintermediat charakterisiert, das nur im Fall des oxidierten, transportkompetenten TorA-PhoA entstand. Es konnte gezeigt werden, dass die Bildung des Intermediates die Anwesenheit der Tat-Proteine sowie eines intakten Doppel-Arginin-Motifs voraussetzt. Die Bildung des Intermediates erfolgt nach der initialen Bindung an den TatBCRezeptor-Komplex, jedoch vor dem ∆pH-abhängigen Schritt der Translokation, sowie vor der Signalpeptidase-spezifischen Prozessierung des TorA-PhoA-Proteins. Eine partielle Proteaseresistenz des Intermediates auch in Gegenwart verschiedener Detergenzien deutete darauf hin, dass sich das Intermediat in einer schützenden Membranstruktur befindet. Schließlich konnte demonstriert werden, dass die Bildung des Intermediates sowohl in Abhängigkeit von TatA als auch in dessen unmittelbarer Umgebung stattfindet. Diese Beobachtung, zusammen mit der Vorstellung einer durch den TatA-Komplex gebildeten Pore des Tat-Translokons, läßt den Schluss zu, dass sich das Intermediat noch in eben solch einer Pore befindet. Somit konnte erstmals ein direkter Kontakt eines Tat-abhängigen Transportintermediates mit TatA nachgewiesen werden, wodurch Translokationsmodelle mit einem porenbildenden TatA-Komplex unterstützt werden. 2 II. Einleitung II. Einleitung Das Prinzip der Kompartimentierung eukaryontischer sowie prokaryontischer Zellen durch Biomembranen erlaubt eine Unterteilung der Zelle in separate Reaktionsräume. Im Gegensatz zu Eukaryonten ist die Anzahl der Kompartimente bei Prokaryonten gering. So besitzt das Gram-negative Bakterium Escherichia coli (E. coli) nur vier Zellkompartimente. Das Cytoplasma ist von der Innenmembran, der so genannten Cytoplasmamembran umgeben, an die sich nach außen das Periplasma und schließlich die äußere Membran anschließen. Da Proteinsynthese ausschließlich im Cytoplasma stattfindet, stellt die Kompartimentierung der Zelle allerdings ein Problem für die Proteine dar, deren Funktionen nicht im Cytoplasma liegen. Etwa ein Drittel des im Cytoplasma synthetisierten bakteriellen Proteoms besteht aus Proteinen, die entweder in die innere Membran eingebaut (Membranproteine) oder durch diese transportiert werden müssen (sekretorische Proteine), da sich ihr finaler Wirkungsort im Periplasma, in der äußeren Membran oder sogar im zellumgebenden Medium befindet. Dazu gehören beispielsweise hydrolytische Enzyme, Toxine, Strukturproteine sowie membranintegrale Proteine, die an selektivem Ionen- und Metabolitentransport, Energiekonvertierung, Zellteilung, Signalleitung und Membran-, beziehungsweise Zellwandbiogenese beteiligt sind. Proteine, die für den Transport bestimmt sind, besitzen eine intrinsische Signalsequenz, wodurch sie von cytoplasmatischen Proteinen unterschieden werden können. Die Signalsequenz beinhaltet darüber hinaus die Information durch welches der Transportsysteme das Protein exportiert oder in die Membran integriert werden soll. In Bakterien haben sich zu diesem Zweck komplexe Transportwege entwickelt. Der Haupttransportweg in oder durch die Cytoplasmamembran ist das sekretorische (Sec-) Transportsystem, welches ausschließlich Proteine im entfalteten Zustand post- oder cotranslational transportiert. Einige Proteine allerdings erlagen auf Grund von Kofaktorinsertion, Assemblierung zu oligomeren Strukturen oder schnellen Faltungskinetiken bereits im Cytoplasma ihre native Form. Diese Gruppe von Proteinen wird posttranslational durch das twin arginine translocation (Tat)-System in und vor allem über die Cytoplasmamembran transportiert. Dabei zeigt das System die bemerkenswerte Fähigkeit, den Faltungszustand der Tat-Substrate zu erkennen, um nur Proteine mit korrekten Konformationen zu transportieren. In Gram-negativen Bakterien sind auch Transportsysteme in und über die äußere Membran der Zellhülle nötig. Zu diesen gehören beispielsweise die Sekretionssysteme des Typs I-VI, 3 II. Einleitung die entweder Proteine, die durch das Sec- oder Tat- System ins Periplasma gelangt sind weitertransportieren, oder sogar eigenständig den gesamten Transport über die innere und äußere Membran vermitteln. II.1. Das sekretorische (Sec)-System in E. coli Das Sec-System ist außer in der Plasmamembran von Bakterien auch in der Plasmamembran der Archaebakterien sowie in eukaryontischen Organellen wie dem Endoplasmatischen Reticulum und Chloroplasten zu finden. In E. coli basiert dieses System im Wesentlichen auf der Funktion des heterotrimeren Membrankomplexes SecYEG (bestehend aus den Membranproteinen SecY, SecE und SecG), der die porenbildende Komponente darstellt, durch die Proteine in oder durch die Plasmamembran transportiert werden. Da die Pore an sich passiv ist, benötigt sie Partner, welche Energie für den Proteintransport durch die Pore zur Verfügung stellen und sich zu diesem Zweck peripher an den SecYEG-Komplex lagern. Dabei handelt es sich entweder um das translatierende Ribosom selbst oder um das ATP-abhängige Motorprotein SecA. Weitere Proteine des SecSystems (SecD, SecF, YaiC) erhöhen durch ihre Interaktion mit dem SecYEG-Komplex die Effizienz des Translokationsprozesses. II.1.1. Das Sec-Translokon Den Kern des SecYEG-Komplexes bildet das essentielle SecY (SecY in Bakterien und Archaebakterien, cpSecY in Chloroplasten, Sec61α in Säugern und Sec61p in Hefe), ein 48 kDa großes Protein mit zehn membrandurchspannenden Domänen, wobei der N- und der CTerminus cytoplasmatisch lokalisiert sind [Akiyama und Ito, 1987]. Das ebenfalls essentielle SecE-Protein (SecE in Bakterien und Archaebakterien, cpSecE in Chloroplasten, Sec61γ in Säugern und Sss1p in Hefe) ist 14 kDa groß und durchspannt die Membran dreimal, wobei nur der N-Terminus cytoplasmatisch lokalisiert ist [Schatz et al., 1989]. SecG (SecG in Bakterien, Secβ in Archaebakterien, Sec61β in Säugern und Sbh in Hefe) ist ein 12 kDa großes Protein, das die Plasmamembran zweimal durchspannt. N- und C-Terminus sind periplasmatisch lokalisiert [Nishiyama et al., 1996]. Anders als SecY und SecE ist SecG nicht essentiell für die Zelle [Bost und Belin, 1995]. Der SecYEG-Komplex bildet sich als Resultat der Interaktion von SecY mit SecE. In Abwesenheit von SecE ist SecY instabil und wird von der membrangebundenen Protease FtsH abgebaut [Kihara et al., 1995]. Für die Bildung eines SecYE-Komplexes ist SecG nicht nötig [Akimaru et al., 1991], aber durch seine 4 II. Einleitung Interaktionen scheint der SecYE-Komplex stabilisiert zu werden [Homma et al., 1997]. In vitro-Studien zeigten, dass SecG auch eine Bedeutung als stimulierender Faktor der Translokation zukommt [Nishiyama et al., 1994; Hanada et al., 1996]. Dabei scheint eine Topologieinversion des SecG-Proteins von Bedeutung zu sein [Nishiyama et al., 1996; Sugai et al., 2007]. Neueste Daten zur Struktur des Komplexes aus einem Archaebakterium [Van den Berg et al., 2004], sowie aus E. coli [Breyton et al., 2002; Bostina et al. 2005] zeigen eine Sanduhrähnliche Struktur des Komplexes mit jeweils einer trichterförmigen Öffnung des Kanals zur cytoplasmatischen und periplasmatischen Seite der Membran. Die Spitzen der beiden Trichter treffen sich in der Mitte der Membran, wo sich die engste Stelle des Kanals befindet. Diese wird aus einem Ring von sechs hydrophoben Aminosäuren gebildet, wodurch die selektive Permeabilität der Membran erhalten bleibt. Unterstützt wird dies in einem nichttranslozierenden SecYEG-Kanal durch eine kurze α-Helix („plug“), die den Trichter zur periplasmatischen Seite hin verschließt und erst während einer Proteintranslokation den Weg durch den Kanal freigibt [Saparov et al., 2007]. Unklar ist bislang, ob während der Proteintranslokation ein einzelner SecYEG-Komplex oder mehrere, zu Oligomeren zusammengelagerte Komplexe, nötig sind [Rapoport, 2007]. II.1.2. Zielsteuerung und Erkennung Substrate des Sec-Systems sind sekretorische Proteine, die durch die Membran transportiert werden oder Membranproteine, die in die Membran inseriert werden müssen. Sec-Substrate werden als solche erkannt und zur Sec-Translokase geleitet. Sekretorische Proteine werden von Proteinen, die nicht für den Export bestimmt sind, durch eine N-terminale Signalsequenz unterschieden. Diese besteht aus durchschnittlich 20 Aminosäuren und besitzt eine dreigeteilte Struktur, die sich zusammensetzt aus einer meist positiv geladenen N-terminalen Region (n-Region), einem hydrophoben Kern aus etwa 10–15 Aminosäuren (h-Region), sowie einer polaren C-terminalen Region (c-Region) [von Heijne, 1990]. Die Signalsequenz wird postranslokational durch eine Signalpeptidase vom reifen Teil des Proteins abgespalten. Membranproteine dagegen besitzen in der Regel keine derartige Signalsequenz. Die Funktion eines intrinsischen Signals für die Zielsteuerung des Proteins zum SecYEGKomplex wird von einer N-terminalen hydrophoben Transmembrandomäne, der SignalAnker-Sequenz, übernommen, die nach der Insertion des Proteins nicht abgespalten wird. In E. coli existieren für Sec-abhängige Proteine zwei unterschiedliche Zielsteuerungswege. In der Regel werden sekretorische Proteine posttranslational durch das molekulare Chaperon SecB, Membranproteine dagegen cotranslational durch das sog. signal 5 II. Einleitung recognition particle (SRP) zum SecYEG-Komplex gelenkt. Welcher der beiden Wege eingeschlagen wird, entscheidet sich zu einem frühen Zeitpunkt der Translation, wenn das naszierende Protein aus dem Ribosom austritt [Koch et al., 1999] und eine Interaktion entweder mit SRP oder der Peptidyl-Prolyl-cis/trans-Isomerase trigger factor (TF) eingeht. Die Hydrophobizität der Kette ist ausschlaggebend für die Wahl des Interaktionspartners. Je hydrophober die naszierenden Kette (bspw. Transmembrandomäne), desto wahrscheinlicher ist eine Interaktion mit SRP und somit eine cotranslationale Zielsteuerung [Valent et al., 1995]. In Konkurrenz dazu steht die Interaktion mit TF, der eine Interaktion einer wenig hydrophoben Kette mit SRP verhindert und somit eine Bindung von SecB an die wachsende Kette zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht, wodurch das Protein posttranslational zum SecYEG-Komplex geleitet wird [Beck et al., 2000]. TF bindet in vitro unspezifisch an cytoplasmatische und sekretorische Proteine [Valent et al., 1995; Hesterkamp et al., 1996], jedoch nicht an Membranproteine [Beck et al., 2000]. II.1.3. SecA/SecB-abhängiger, posttranslationaler Transport sekretorischer Proteine In der Regel werden sekretorische Proteine, die durch das SecYEG-Translokon transportiert werden, durch den SecA/SecB-abhängigen Weg zum Translokon geleitet. Da die SecSubstrate ausschließlich in einer ungefalteten Konformation transportiert werden und ungefaltete Proteine im Cytosol instabil sind, wird nach der Vollendung der Translation die ungefaltete Konformation sekretorischer Proteine durch die Bindung des cytosolischen, tetrameren Chaperons SecB stabilisiert und somit in einer transportkompetenten Form gehalten [Reyes et al., 2007]. SecB übergibt die Polypetidkette an ein an den SecYEGKomplex gebundenes SecA-Protein, das eine hohe Affinität zu diesem Komplex besitzt [Hartl et al., 1990]. SecA ist ein ATP-abhängiges Motorprotein, das mit SecB interagiert und sich sowohl an die Signalsequenz als auch an den reifen Teil des sekretorischen Proteins binden kann [Walter und Johnson, 1994; Valent et al., 1998; Prinz et al., 2000]. Die Translokation beginnt mit der Bindung von ATP an SecA, wodurch sich SecA über SecY in die Membran inseriert und dabei die Signalsequenz des Polypeptids in einer Haarnadel-ählichen Form in die Translokationspore einführt [Ramamurthy und Oliver, 1997]. Dieser Schritt kann durch die protonenmotorische Kraft stimuliert werden, die wahrscheinlich die Orientierung der Signalsequenz in der Pore beeinflusst [Nouwen et al., 1994; van Dalen et al., 1999]. Hydrolyse des gebundenen ATPs induziert die Deinsertion des SecA aus der Membran sowie dessen Dissoziation von der inserierten Polypetidkette [Schiebel et al., 1991], um anschließend erneut an die Polypeptidkette zu binden, wodurch diese weiter durch die Pore 6 II. Einleitung geschoben wird. Durch erneute ATP-Bindung wird SecA erneut inseriert und die Polypeptidkette nochmals weiter durch die Pore geschoben [Schiebel et al., 1991; van der Wolk et al., 1997]. Der beschriebene Zyklus aus ATP-Bindung und -Hydrolyse, also wiederholter SecA-Insertion und -Deinsertion schiebt in jedem Zyklus etwa 5 kDa der Kette weiter durch die Pore, bis schließlich die Translokation vollständig ist [van der Wolk et al., 1997]. Der Protonengradient unterstützt die SecA-Deinsertion [Nishiyama et al., 1999] und kann sogar zu einem späten Zeitpunkt die Translokation ohne SecA vorantreiben [Schiebel et al., 1991]. Außerdem bestimmt der Protonengradient wahrscheinlich die Transportrichtung, indem ein Zurückgleiten des Proteins in das Cytoplasma verhindert wird. Nach vollendeter Translokation wird die Signalsequenz des sekretorischen Proteins durch eine membranständige Signalpeptidase abgespalten und anschließend abgebaut. II.1.4. Signal recognition particle (SRP)–abhängige cotranslationale Integration von Innenmembranproteinen In der Regel werden Innenmembranproteine, die durch den SecYEG-Komplex in die Cytoplasmamembran integriert werden, durch den signal recognition particle (SRP)– abhängigen Weg zum Translokon geleitet. Das SRP in E. coli besteht aus einer 4,5 S RNA und der 48 kDa großen GTPase Ffh (fifthy-four homolog) [Poritz et al., 1990]. Sobald die hydrophobe Signal-Anker-Sequenz translatiert wurde und sich außerhalb des Ribosoms befindet, wird diese durch SRP erkannt und gebunden [Valent et al., 1997]. Der Komplex aus Ribosom, naszierender Kette und dem SRP bindet an den membranständigen SRPRezeptor FtsY [Bernstein et al., 1989]. FtsY ist ebenfalls eine GTPase, die entweder an anionische Phospholipide der Membran [de Leeuw et al., 2000] oder direkt an den SecYEGKomplex binden kann [Angelini et al., 2005]. Durch Bindung des Komplexes aus Ribosom, naszierender Kette und SRP an FtsY bindet GTP an SRP sowie an FtsY [Shan und Walter, 2005; Reyes et al., 2007]. SRP und FtsY sind beide GTP-abhängige GTPase-aktivierende Proteine (GAPs) für das jeweils andere Protein, wodurch eine gegenseitig Regulation erfolgt [Keenan et al., 2001]. Eine anschließende GTP-Hydrolyse an FtsY als auch an SRP führt zur Übergabe des Ribosoms mit der naszierenden Kette an den SecYEG-Komplex [Valent et al., 1998]. Dabei geht das Translokon einen engen Kontakt mit dem Ribosom ein, wodurch die Pore des Translokons zum Cytoplasma hin abgedichtet wird [Prinz et al., 2000]. Durch die fortlaufende Translation bewegt sich nun die naszierende Kette direkt aus dem Austrittskanal des Ribosoms in die Pore des SecYEG-Komplexes. Während das Ribosom für die Synthese der Polypeptidkette GTP benötigt, ist die Bewegung der naszierenden Kette durch den SecYEG-Komplex unabhängig von Nukleotidhydrolysen [Connolly und Gilmore, 1986]. 7 II. Einleitung Transmembrandomänen der naszierenden Kette werden durch eine laterale Öffnung des SecYEG-Komplexes in die Membran inseriert, ein Vorgang, der unter Mithilfe des Membranproteins YidC erfolgt [Beck et al., 2001]. Eine Besonderheit stellt die Mithilfe von SecA bei der Integration von Membranproteinen mit großen periplasmatischen Domänen dar. SecA fungiert auch in diesem Fall als Motorprotein, das schrittweise die große periplasmatische Domäne durch das Translokon befördert [Scotti el al., 1999; Neumann-Haefelin et al., 2000]. II.2. Das twin arginine translocation (Tat)–System Das twin arginine translocation (Tat)-System ist ein Proteintransportsystem in Bakterien, Archaebakterien und Chloroplasten, das in der Lage ist, vollständig gefaltete Proteine über die Cytoplasmamembran bzw. Thylakoidmembran zu transportieren. Der Name ist auf zwei hochkonservierte Arginine (Doppel-Arginin-Motif) in der n-Region der Signalsequenz Tatabhängiger Proteine zurückzuführen. Prätranslokationale Faltung der Tat-Substrate findet auf Grund von Kofaktorinsertion, Assemblierung zu oligomeren Strukturen oder schnellen Faltungskinetiken statt. Das Tat-System unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom Sec-System. Der bemerkenswerteste Unterschied liegt in der Fähigkeit des Tat-Systems, vollständig gefaltete Proteine zu transportieren, während die Vorraussetzung für den Sec-abhängigen Transport eine entfaltete Form des Substrates ist. Ein weiterer Unterschied besteht im Aufbau der Signalsequenz, die in Tat-Substraten länger ist und ein N-terminales Konsensusmotif besitzt, das die zwei konservierten Arginine beinhaltet. Substrate, denen das Doppel-Arginin-Motif fehlt oder unvollständige Faltung besitzen, werden in der Regel nicht transportiert. Darüber hinaus arbeitet das Tat-Translokon unabhängig von Nukleotidhydrolysen und wird exklusiv durch die protonenmotorische Kraft (PMF) an der Membran energetisiert, während das SecSystem ATP (für die ATPase SecA), GTP (für die GTPasen SRP und FtsY) als auch die PMF nutzt. II.2.1. Tat-Substrate Proteintranslokation durch das Tat-System wird in Bakterien in unterschiedlicher Intensität genutzt. In E. coli werden wahrscheinlich nur 26 Proteine durch das Tat-System transportiert, während beispielsweise im Gram-positiven Actinomyceten Streptomyces coelicolor 250 TatSubstrate vorausgesagt wurden [Widdick et al., 2006]. Halophile Archaebakterien nutzen für 8 II. Einleitung den Export sekretorischer Proteine sogar hauptsächlich das Tat-Sytem. Dies ist vermutlich auf die hohe Salzkonzentration im Cytoplasma und der damit verbundenen schnellen Faltung neu synthetisierter Proteine zurückzuführen [Rose et al., 2002]. In Chloroplasten hält sich die Anzahl der Tat- bzw Sec-abhängigen Proteine die Waage. Ein Transportsystem für gefaltete Proteine kann aus unterschiedlichen Gründen nötig sein. So sind die meisten Tat-Substrate in E. coli kofaktortragende Redoxproteine, deren Kofaktoren, wie Moybdopterin, FAD, NADP+, [FeS] - und [NiFe] - Cluster und Kupferionen, bereits im Cytoplasma eingebaut werden müssen [Berks et al., 2003]. Diese Proteine übernehmen in E. coli Funktionen in der anaeroben Atmung als Hydrogenase, FormatDehydrogenase, Trimethylamin-N-Oxid (TMAO)–Reduktase, Dimethylsulfoxid (DMSO)– Reduktase und Nitrat-Reduktase, sowie als Enzym der Biogenese der Zellhülle und als Virulenzfaktor [Lee et al., 2006]. Darüber hinaus existieren in E. coli kofaktorlose TatSubstrate wie beispielsweise periplasmatische Amidasen oder auch das SufI-Protein (suppressor of FtsI), das Zellteilungsdefekte von ftsI-Mutanten subprimieren kann. Diese Proteine besitzen wahrscheinlich eine schnelle Faltungskinetik, wodurch sie inkompatibel für das Sec-System sind. Einige Tat-abhängige Proteine werden durch den sog. Hitchhiker-Mechanismus transportiert. Sie selbst besitzen keine eigene Tat-Signalsequenz, werden aber in einem Komplex mit Proteinen transportiert, die eine solche besitzen. So weist nur die DmsA-Untereinheit der dimeren DMSO-Reduktase eine Tat-Signalsequenz auf. Gleiches gilt auch für eine der Untereinheiten der Hydrogenase-1 oder -2 in E. coli [Rodrigue et al., 1999]. Das Tat-System spielt auch in der Pathogenese eine Rolle. So ist das Tat-Translokon essentiel für die Virulenz sowohl von Yersinia pseudotuberculosis [Lavander et al., 2006] als auch von Agrobacterium tumefaciens [Ding and Christie, 2003]. Zwei Phospholipasen aus Pseudomonas aeruginosa wurden als Tat-abhängige Virulenzfaktoren identifiziert [Voulhoux et al., 2001; Ochsner et al., 2002]. Darüber hinaus sind auch Membranproteine als Tat-Substrate bekannt. So sind in E. coli mindestens fünf der Tat-Substrate vorausgesagte Innenmembranproteine, die durch eine Cterminale Transmembranhelix verankert sind [Hatzixanthis et al., 2003]. Auch das RieskeFeS-Protein in Paracoccus denitrificans [Bachmann et al., 2006] und in Legionella pneumophila [DeBuck et al., 2007] sind Tat-abhängige Membranproteine. II.2.2. Die Komponenten der Tat-Translokase Das Tat-System in E. coli besteht aus den drei Innenmebranproteinen TatA (TatE), TatB und TatC. Die orthologen Proteine in der Thylakoidmembran des Chloroplasten werden als Tha4, 9 II. Einleitung Hcf106 und cpTatC bezeichnet. Sowohl in E. coli als auch im Chloroplasten sind diese Proteine essentiell für die Tat-abhängige Proteintranslokation [Sargent et al., 1998; Bogsch et al., 1998; Sargent et al., 1999; Mori et al., 1999 und 2001]. TatE aus E. coli ist zu 50% sequenzhomolog zu TatA und kann auch funktionell TatA ersetzen, weshalb nur eine Deletion beider Proteine zu einer Inhibition des Tat-abhängigen Transportes führt [Sargent et al., 1998]. TatA liegt allerdings in der 50–200fach höheren Menge als TatE in der Zelle vor, wodurch eine TatA-Deletion wesentlich schwerwiegendere Folgen hat als die einer TatEDeletion [Jack et al., 2001]. TatD, dessen Gen in einem Operon mit den Genen von TatA, TatB und TatC organisiert ist, ist eine Nuklease, die nicht am Tat-System beteiligt ist [Wexler et al., 2000]. Periplasma TatA TatB TatC N N C C N Cytoplasma C Abb. II.1 Topologie der Membranproteine TatA, TatB und TatC II.2.2.1. TatA TatA ist die kleinste und mit einem 25–50fach höheren Expressionsniveau als TatB oder TatC auch die häufigste der drei Komponenten der Tat-Translokase in E. coli [Jack et al., 2001]. Da TatA dazu neigt, homooligomere, ringförmige Komplexe in der Cytoplasmamembran zu bilden, wird angenommen, dass TatA die porenbildende Komponente der Translokase repräsentiert. TatA besteht aus 89 Aminosäuren und zeigt 20 % Sequenzhomologie zu TatB. Zudem wurde für beide Proteine eine ähnliche Toplogie vorgeschlagen, mit einer N-terminalen, transmembranen α-Helix die über eine „Gelenk“Region mit einer amphiphatischen Helix verbunden ist, an die sich ein unstrukturierter CTerminus anschließt, der im Fall von TatA wesentlich kürzer ist [Porcelli et al., 2002] (Abb. II.1). Die tatsächliche Orientierung des TatA-Proteins ist noch ungeklärt. Untersuchungen zur Topologie zeigten eine cytoplasmatische Lokalisierung der amphiphatischen Helix und des unstrukturierten C-Terminus, wodurch der N-Terminus zum Periplasma hin orientiert ist [Porcelli et al., 2002]. Neuere Studien deuten jedoch auf eine umgekehrte Orientierung mit einer dualen Topologie des periplasmatisch lokalisierten C-terminalen Teils des Proteins, der 10 II. Einleitung von einer membranassoziierten Position zu einer in die Membran eingebetteten Position wechseln kann [Gouffi et al., 2004; Chan et al., 2007]. Es konnte sogar eine Abhängigkeit der Topolgieänderung des C-terminalen Teils vom Membranpotential gezeigt werden. Basierend auf dieser Annahme wurde ein Model für einen TatA-Komplex mit einem 50 Å breiten Kanal vorgeschlagen, dessen periplasmatische Öffnung durch die amphiphatischen Helices aller TatA-Untereinheiten in Gegenwart eines Membranpotentials verschlossen wird. Dieses Model einer geschlossen TatA-Pore würde allerdings eine aus energetischen Gesichtspunkten ungünstige Konformation besitzen [Chan et al., 2007]. Eine Vielzahl von Mutationsstudien identifizierten für die Funktion von TatA essentielle Aminosäuren in der Transmembranhelix, der „Gelenk“-Region sowie der amphiphatischen Helix. So führten Transmembranhelix), Alanin-Substitutionen Phe20 und Gly21 der Aminosäuren („Gelenk“-Region), Glu8 (N-Terminus Phe39 und der geladene Aminosäuren an Position 41 (C-Terminus der amphipathischen Helix) teilweise zur vollkommenen Inhibition des Tat-abhängigen Transportes von TorA in E. coli [Hicks et al., 2003 und 2005, Green et al., 2007]. Der unstrukturierte C-Terminus des Proteins scheint für die Funktion von TatA bedeutungslos zu sein, da die Aktivität von TatA auch ohne seine 40 C-terminalen Aminosäuren voll erhalten bleibt [Lee et al., 2002]. In den gram-positiven Bakterien Streptomyces lividans [De Keersmaeker et al., 2005] und Bacilus subtilis [Westermann et al., 2006] konnten lösliche Formen von TatA im Cytoplasma nachgewiesen werden. Das TatAd-Protein aus Bacillus subtilis ist spezifisch für den Transport des Tat-Substrates PhoD. Der löslichen Form des TatAd muss möglicherweise eine Funktion als Zielsteuerungs-Faktor eingeräumt werden, da es sowohl an die Signalsequenz PhoD bindet als auch mit TatCd interagiert [Schreiber et al., 2006]. II.2.2.2. TatB Für TatB wurde eine ähnliche Topologie wie für TatA vorgeschlagen (Abb. II.1). Mit 171 Aminosäuren ist es größer als TatA und besitzt dadurch einen deutlich längeren unstrukturierten C-Terminus als TatA [De Leeuw et al., 2001]. Trotz der Homologien zwischen den beiden Proteinen erfüllen sie verschiedene Aufgaben und können funktionell einander nicht ersetzen [Sargent et al. 1999]. TatB bildet zusammen mit TatC den Erkennungskomplex für die Tat-Signalsequenz. TatB fungiert wahrscheinlich als Vermittler zwischen TatC und TatA [Cline und Mori, 2001; Alami et al., 2003]. Einige konservierte Aminosäuren wie das Glu8 (N-Terminus der Transmembranhelix), Gly21 und Pro22 („Gelenk“-Region), sowie Leu25, Pro26 und drei Glutamate an Position 49, 53 und 58 (C-Terminus der amphipathischen Helix) wurden Mutationsstudien unterzogen. Die stärksten Inhibitionen wurden durch Substitution der Aminosäuren in der „Gelenk“-Region, sowie in der amphiphatischen Helix beobachtet. Dennoch scheint keine der konservierten 11 II. Einleitung Aminosäuren essentiell für den Tat-abhängigen Transport zu sein [Barrett et al., 2003; Hicks et al., 2003]. Außerdem kann der unstrukturierte C-Terminus genau wie bei TatA ohne Aktivitätsverlust entfernt werden [Lee et al., 2002]. Während TatB essentiell für den Transport natürlicher Tat-Substrate in E. coli ist [Sargent et al., 1999], konnte für Fusionsproteine (TorA–maltose binding protein, TorA-Colicin V) auch in einem TatB-Deletionsstamm Tat-abhängiger Transport beobachtet werden [Ize et al., 2002; Blaudeck et al., 2005]. Transport des TorA–maltose binding protein in einem TatBDeletionshintergrund konnte durch Mutationen im extremen N-Terminus von TatA, einer Region wo das TatB-Protein ein konserviertes Aspartat an Position 3 aufweißt, deutlich gesteigert werden. Wahrscheinlich ist diese Region entscheidend für die spezifische Funktion von TatB [Blaudeck et al., 2005]. Die erwähnten TatA-Mutanten sind sogar in der Lage in der Abwesenheit von TatB das natürliche Tat-Substrat TorA effektiv zu transportieren, selbst wenn sie zusätzlich an TatC fusioniert sind [Barrett et al., 2007]. Tatsächlich existieren in Archaebakterien und Gram-positiven Bakterien auch natürliche Beispiele für TatAC-Typ Tat-Systeme, in denen TatA nicht nur seine vermutliche Funktion als porenbildende Komponente erfüllt, sondern auch die spezifische Funktion von TatB als Mediator zwischen TatC und TatA übernimmt [Dilks et al., 2003, Jongbloed et al., 2004]. II.2.2.3. TatC TatC ist mit 258 Aminosäuren das größte der Tat-Proteine. Eine Toplogie mit sechs transmembranen Helices mit beiden Termini auf der cytoplasmatischen Seite wurde vorgeschlagen [Mori et al., 2001; Behrendt et al., 2004; Ki et al., 2004]. Gouffi et al. schlugen eine TatC-Toplogie mit nur vier Transmembrandomänen vor, wobei eine große periplasmatische Schleife die transmembranen Helices vier und fünf des anderen Modells beinhaltet [Gouffi et al., 2002]. Neueste Studien unterstützen allerdings eher die 6Transmembrandomänen-Topologie [Punginelli et al., 2007] (Abb. II.1). TatC bildet zusammen mit TatB den Erkennungskomplex für die Tat-Signalsequenz [Cline und Mori, 2001; Alami et al., 2003]. Trotz ausgedehnter Mutationsstudien konnte bislang keine definierte Region identifiziert werden, die in Kontakt zur Signalsequenz kommt. Vielmehr scheint die gesamte N-terminale Hälfte des Proteins bei der Erkennung der TatSignalsequenz beteiligt zu sein [Holzapfel et al., 2007]. Lediglich die Identifizierung von Suppressor-Mutanten in TatC, die eine erhöhte Toleranz gegenüber mutierten TatSignalsequenzen aufweisen, deuten auf einen Einfluss der ersten cytoplasmatischen Schleife von TatC auf die Signalsequenz-Bindungsregion des TatBC-Rezeptor-Komplexes hin [Kreutzenbeck et al., 2007]. Darüber hinaus führen Mutationen in dieser Schleife zur Reduktion der Tat-Transport-Effizienz [Strauch und Georgiou, 2007]. 12 II. Einleitung II.2.3. Die Tat-Komplexe Die drei E. coli Tat-Komponenten TatA, TatB und TatC bilden Komplexe in der inneren Membran. Die Zusammensetzung isolierter Tat-Komplexe scheint von der verwendeten Aufreinigungsmethode abhängig zu sein. Nichtsdestotrotz zeigten mehrere Studien eine Organisation der Tat-Komponenten in hauptsächlich zwei Typen von Komplexen. Zum einen der Rezeptor-Komplex oder Tat(A)BC-Komplex, der vorwiegend durch TatB und TatC gebildet wird und, wenn aus Membranen aus E. coli gereinigt, Spuren von TatA enthält [Bohluis et al, 2001; McDevitt et al., 2005]. Der zweite Komplex ist der TatA-Komplex, der hauptsächlich durch TatA gebildet wird und, wenn aus Membranen aus E. coli gereinigt, Spuren von TatB enthält [Sargent et al., 2001; Oates et al., 2003; McDevitt et al., 2005 und 2006]. Trotz geringer Sequenzhomologien der Tat-Komponenten verschiedener Organismen scheint die strukturelle Organisation der Tat-Proteine unter Bakterien konserviert zu sein. Dies zeigten elektronenmikroskopische Studien aufgereinigter Tat-Komplexe aus E. coli, Agrobacterium tumefaciencs und Salmonella thyphimorium [Oates et al., 2003]. II.2.3.1. Der TatBC-Rezeptor-Komplex Die Bezeichnung als Rezeptor-Komplex leitet sich von dessen Funktion als Rezeptor der Tat-spezifischen Signalsequenz ab. Die Bindung Tat-abhängiger Proteine an den RezeptorKomplex wurde in in vitro-Studien mit einem ortsspezifischen photoaktiven Quervernetzer für das natürlich Tat-Substrat SufI aus E. coli gezeigt [Alami et al., 2003], sowie für pflanzliche Tat-Substrate, die spezifisch an den thylakoidalen Rezeptor-Komplex, dem Hcf106–cpTatCKomplex assozierten [Cline und Mori, 2001]. In diesen Studien war das Vorhandensein des Doppel-Arginin-Motifs Voraussetzung für die spezifische Bindung des Tat-Substrates an den Rezeptor-Komplex. Dies war in einer neueren in vivo-Studie nicht der Fall, in der SufI überexprimiert, die Tat-Komponenten dagegen auf Wildtyp-Niveau belassen wurden. Das SufI-Protein war unter diesen Bedingungen an den aufgereinigten TatBC-Rezeptor-Komplex auch dann gebunden, wenn das Doppel-Arginin-Motif durch zwei Lysinreste substituiert wurde [McDevitt et al., 2006]. Die molekulare Masse des Rezeptor-Komplexes variiert in Abhängigkeit der Aufreinigungsmethode zwischen 360-700 kDa [Oates et al., 2005; McDevitt et al., 2005]. Unter Berücksichtung der molekularen Massen von TatB (18,4 kDa) und von TatC (28,9 kDa) muss der TatBC-Rezeptor-Komplex eine hochmolekulare Struktur besitzen, dessen stöchiometrische Verhältnisse von TatB zu TatC mit 1:1 bestimmt wurden [Bolhius et al., 2001; McDevitt et al., 2005]. In E. coli bildet sich der Rezeptor-Komplex unabhängig von 13 II. Einleitung TatA [Behrendt et al., 2007; Orriss et al., 2007]. Auf Grund von Quervernetzungs-Studien geht man bislang davon aus, dass der TatBC-Rezeptor-Komplex einer internen Organisation unterliegt, in der die TatB-Protomere im Zentrum lokalisiert sind, während die TatC-Proteine sich peripher anordnen [Lee et al., 2006; Punginelli et al., 2007]. Da translationale Fusionen aus einem TatB- und einem TatC-Protein separate TatB- und TatC-Proteine funktionell ersetzen können, muss von einer strukturellen und funktionellen Einheit aus je einem Protomer von TatB und TatC innerhalb des Rezeptor-Komplexes ausgegangen werden [Bohlius et al., 2001]. Elektronenmikroskopische Analysen des TatBC-Rezeptor-Komplexes zeigen eine ovale Struktur mit einem maximalen Durchmesser von 13 Å, wodurch die Funktion eines Kanals ausgeschlossen werden kann, da dieser in der Lage sein sollte, vollständig gefaltete Proteine bis zu einer Größe von 100 kDa zu transportieren [Oates et al., 2003]. Diese Daten unterstützen somit das Modell von einer aus TatA-Proteinen gebildeten Pore. Neuste Blaue Nativ Gelelektrophorese-Analysen zeigen, dass überproduziertes TatB bzw. TatC in Abwesenheit des jeweilig anderen, stabile homooligomere Komplexe bilden kann [Orriss et al., 2007; Behrendt et al., 2007]. TatB assembliert in Oligomere von 100 kDa [Orriss et al., 2007; Behrendt et al., 2007], die wiederum Multimere von bis zu 880 kDa bilden können [Behrendt et al., 2007]. TatC dagegen bildet distinkte Oligomere von 220–250 kDa [Orriss et al., 2007; Behrendt et al., 2007]. Diese homomultimeren Komplexe könnten Vorstufen zur Bildung des TatBC-Rezeptor-Komplexes darstellen. II.2.3.2. Der TatA-Komplex In der bakteriellen Cytoplasmamembran und in der Thylakoidmembran ist TatA bzw. Tha4 das mengenmäßig häufigste der drei Tat-Komponenten. TatA bildet in der bakteriellen Membran ringförmige homooligomere Komplexe mit einer molekularen Masse von 100– 700 kDa [Barrett et al., 2005; McDevitt et al., 2006]. Es wird angenommen, dass der TatAKomplex den proteinschleusenden Kanal bildet, der sich durch modularen Aufbau seiner Komplexe den unterschiedlich großen Tat-Substraten anpassen kann. Diese Anpassung muss sehr präzise erfolgen, um die Membranpermeabilitätsbarriere während der Translokation zu erhalten. Elektronenmikroskopische Analysen in Kombination mit Strukturrekonstruktionen von gereinigten TatA-Komplexen aus E. coli zeigten eine Poren-ähnliche Struktur von TatAKomplexen unterschiedlicher Größe, die sich in vier Klassen einteilen ließen. Darunter waren Komplexe zu finden mit molekularen Größen von 130–390 kDa, Protomer-Anzahlen von 12– 35 und Kanal-Durchmessern von 30–70 Å [Gohlke et al., 2005]. Diese Kanal-Durchmesser würden zu den Größen der E. coli Tat-Substrate passen, wobei das größte Substrat der FdnGH-Subkomplex der Format-Dehydrogenase mit 70 Å im Durchmesser und das kleinste 14 II. Einleitung Substrat das NrfC-Protein mit 20–30 Å im Durchmesser wäre [Berks et al., 2003]. Darüber hinaus wurde eine Deckel-ähnliche Struktur auf der cytoplasmatischen Seite des TatAKomplexes entdeckt, die vermutlich durch die amphiphatische Helix aller TatA-Protomere gebildet wird. Solch eine Struktur könnte den Zugang zur Pore des TatA-Komplexes kontrollieren, indem es zum einen den Eintritt des Tat-Substrates reguliert und zum anderen den unspezifischen Fluss von Ionen durch den Kanal verhindert [Gohlke et al., 2005]. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Modell in dem sich die amphiphatischen Helices der TatA-Protomere eines TatA-Komplexes von einer cytoplasmatisch lokalisierten Position in die Membran hinein bewegen und dadurch in ihrer Gesamtheit einen hydrophilen Kanal ausbilden [Gouffi et al., 2004]. Diese Modelle wären unabhängig von der Orientierung des TatA-Proteins in der Membran. II.2.4. Tat-spezische Signalsequenz und Zielsteuerung Wie die Signalsequenz Sec-abhängiger Proteine besitzt auch die Tat-spezifische Signalsequenz eine dreigeteilte Struktur aus einer kurzen, basischen, aminoterminalen nRegion, gefolgt von einer längeren hydrophoben h-Region an die sich die carboxyterminale c-Region anschließt, die meist ein Erkennungsmotif für eine Signalpeptidase besitzt. Charakteristisch für die Tat-Signalsequenz ist das Konsensusmotif S-R-R-x-F-L-K in der nRegion, wobei x eine polare Aminosäure ist. Die beiden hochkonservierten Arginine in diesem Konsensusmotif sind der Namensgeber des Tat-Systems. Die Aminosäuren um dieses Arginin-Paar sind weniger stark konserviert und sind in pflanzlichen TatSignalsequenzen variabler als in Bakterien. Bakterielle Tat-Signalsequenzen sind in der Regel länger und besitzen eine weniger hydrohobe h-Region als Sec-Signalsequenzen [Cristobal et al., 1999]. Außerdem besitzt die c-Region der Tat-Signalsequenz häufig basische Aminosäuren, während die c-Regionen von Sec-Signalsequenzen praktisch nie geladen sind [Berks et al., 2003]. Obwohl nicht alle TatSignalsequenzen dieses Merkmal aufweisen, geht man von einer sog. Sec-avoidanceFunktion dieser Region aus [Blaudeck et al., 2003]. Kürzlich wurde berichtet, dass zur TatSpezifität einer Signalsequenz die Ladung der c-Region als auch die Ladung der Nterminalen Region des reifen Proteins beitragen [Tullmann-Ercek et al., 2007]. Es gibt Hinweise auf eine RR-unspezifische Zielsteuerung von Tat-Substraten zur Membran, die einhergeht mit der Insertion der Signalsequenz in die Membran noch bevor ein Kontakt zur Tat-Translokase besteht [Hou et al., 2006; Shanmugham et al., 2006]. Nichtsdestotrotz gilt es als gesichert, dass die initiale Kontaktstelle der Tat-Signalsequenz an die TatTranslokase durch den TatBC-Rezeptor-Komplex gebildet wird [Cline and Mori, 2001; Alami 15 II. Einleitung et al., 2003; McDevitt et al., 2006]. Obwohl das Doppel-Arginin-Motif praktisch unerlässlich für den Tat-abhängigen Transport in vivo und in vitro ist, ist dessen Bedeutung für die Bindung des Tat-Substrates an den TatBC-Rezeptor-Komplex weniger klar. So zeigten in vitro-Quervernetzungsversuche mit dem natürlichen Tat-Substrat SufI aus E. coli [Alami et al., 2003] sowie Blaue Nativ Gelelektrophorese-Analysen des Tat-abhängigen Fusionsproteins HiPIP-PhoA in vivo [Richter und Brüser, 2005], dass die Substitution des Arginin-Paares durch zwei Lysine zu einem Verlust der Interaktion zwischen dem TatSubstrat und dem TatBC-Rezeptor-Komplex führen. Dies war nicht der Fall in vivo, wenn SufI überexprimiert, die Tat-Proteine allerdings auf Wildtyp-Niveau belassen wurden [McDevitt et al., 2006]. Unter diesen Bedingungen fand Bindung zwischen SufI und dem Rezeptor-Komplex auch dann statt, wenn das Arginin-Paar durch zwei Lysine bzw. zwei Alanine ersetzt wurde. Auch im pflanzlichen Tat-System konnte beobachtet werden, dass transport-inkompetente Mutanten des natürlichen Tat-Substrates OE17 auch dann geringe Interaktionen zum Tat-Translokon aufwiesen, wenn das Arginin-Paar durch zwei Lysine oder zwei Glutamine ersetzt wurde [Alder und Theg, 2003]. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, dass auch einige wenige natürliche Tat-Substrate existieren, die von dem hochkonservierten Doppel-Arginin-Motif abweichen. Beispiele sind die TtrB-Untereinheit der Tetrathionat-Reduktase aus Salmonella enterica (KR) [Hinsley et al., 2001], die Präpropenizillinamidase aus E. coli (RNR) [Ignatova et al., 2002], sowie das Rieske-Protein des Cytochrom b6f-Komplexes in Chloroplasten (KR) [Molik et al., 2001]. Darüber hinaus zeigt die Doppel-Lysin-Mutante des Tat-abhängigen Reporterproteins TorA-ColV eine geringe Transportkompetenz in E. coli-Zellen [Ize et al., 2002]. Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass das Doppel-Arginin-Motif nicht die einzige Determinante für die Tat-abhängige Zielsteuerung des Tat-Substrates zum TatBCRezeptor-Komplex sein kann. Diese Annahme wird bestätigt durch die Identifizierung von Tat-Translokasen mit Mutationen in der ersten cytosolischen Domäne von TatC, die in der Lage sind, die Transportinkompetenz des Reporterproteins TorA-PhoA, dessen DoppelArginin-Motif durch ein Lysin und ein Glutamin ersetzt wurde, zu unterdrücken [Kreutzenbeck et al., 2007]. II.2.5. Transportmechanismus Die Größe der Tat-Substrate die durch die Cytoplasmamembran ins Periplasma (Bakterien und Archaebakterien), bzw. durch die Thylakoidmembran ins Thylakoidlumen transportiert werden (Chloroplast), reicht von 10-100 kDa [Müller, 2005], mit Durchmessern von 20–70 Å [Berks et al., 2000]. Um Substrate solch unterschiedlicher Größe in einer vollständig 16 II. Einleitung gefalteten Konformation durch eine Membran zu transportieren, ohne deren Funktion als Permeabilitätsbarriere zu stören, bedarf es eines Transportmechanismus, der sich grundlegend von den bekannten Proteintranslokations-Systemen unterscheidet. Der Translokationsprozess lässt sich in zwei Schritte unterteilen. Zum einen die Bindung des Tat-Substrates an den TatBC-Rezeptor-Komplex und zum anderen die PMF-abhängige Rekrutierung eines TatA-Komplexes an den Substrat-TatBC-Rezeptorkomplex zur Assemblierung der vollständig aktiven Translokase, wodurch die eigentliche Translokation stattfindet. Nach der Translokation zerfällt die Translokase in ihre Subkomplexe. II.2.5.1. Kontakt des Tat-Substrates mit dem TatBC–Rezeptor–Komplex In in vitro-Experimenten mit einem photoaktiven ortsgerichteten Quervernetzer in der Signalsequenz des natürlichen Tat-Substrates SufI aus E. coli wurde eine Hierarchie in der Interaktion der Signalsequenz zu den Tat-Komponenten beobachtet [Alami et al., 2003]. So findet der erste Kontakt der Signalsequenz zu TatC statt. Anschließend bindet an die Signalsequenz TatB, das vermutlich den darauf folgenden Kontakt der Signalsequenz zu TatA vermittelt. Der Kontakt zu TatA fand nur statt, wenn die in dieser Studie benutzten, invertierten Membranvesikel durch eine intakte PMF energetisiert waren. Durch die Veränderung der Position des Quervernetzers in der Signalsequenz konnte gezeigt werden, dass TatC mit der Region um das Konsensus-Motif interagiert, während TatB mit der gesamten Signalsequenz sowie mit dem N-terminalen Teil des reifen Proteins in Kontakt steht [Alami et al., 2003]. Im Prinzip wurden die gleichen Ergebnisse für das Tat-System des Chloroplasten erhalten, einzig mit der Ausnahme, dass kein Kontakt zu TatA nachgewiesen wurde [Gerald und Cline, 2006]. Dieser Unterschied kann mit der Beobachtung erklärt werden, dass die thylakoidalen Tha4-Komplexe relativ instabil und von transienter Natur sind. In der gleichen Studie wurde auch dann noch Transport beobachtet, wenn die Signalsequenz kovalent an das cpTatCProtein gebunden war, was darauf hindeutet, dass der Transfer der Signalsequenz von cpTatC auf andere Tat-Komponenten keine Voraussetzung für die Translokation des reifen Teils des Substrates ist [Gerald und Cline, 2006]. An der Erkennung der Signalsequenz durch TatC ist dessen gesamte N-terminale Hälfte beteiligt [Holzapfel et al., 2007], wobei die erste cytoplasmatische Schleife von TatC wahrscheinlich von besonderer Bedeutung ist [Kreutzenbeck et al., 2007]. Der TatBC-Rezeptor-Komplex erkennt nicht nur die Signalsequenz, sondern scheint diese auch in die Membran zu inserieren noch bevor die Translokation des reifen Proteins stattfindet. Die Insertion der Signalsequenz ermöglicht es der an der periplasmatischen Seite der Membran assoziierten Signalpeptidase die spezifische Schnittstelle am C-Terminus der 17 II. Einleitung Signalsequenz zu erkennen, noch bevor die Translokation des reifen Proteins stattgefunden hat [DiCola und Robinson, 2005]. II.2.5.2. Translokationsmodelle Nach der Bindung des Tat-Substrates an den TatBC-Rezeptor-Komplex erfolgt in einem zweiten Schritt die eigentliche Translokation des reifen Teils des Proteins durch die Membran. Um diesen Prozess zu beschreiben wurden verschiedene Modelle vorgeschlagen. In allen Modellen gilt TatA als die Tat-Komponente, die die Passage des Proteins durch die Membran ermöglicht. Nach der Bindung des Tat-Substrates an den TatBC-RezeptorKomplex wird TatA PMF-abhängig rekrutiert, wodurch sich die vollständige Translokase assembliert [Mori und Cline, 2002; Alami et al., 2003; Dabney-Smith et al., 2006]. In Bakterien wird überwiegend davon ausgegangen, dass dazu ein bereits assemblierter TatAKomplex an den Substrat-Rezeptor-Komplex bindet [Sargent et al., 2001; Alami et al., 2003], während im Chloroplasten die Tha4-Oligomerisierung durch die Bildung des SubstratRezeptor-Komplexes ausgelöst wird [Dabney-Smith et al., 2006]. In beiden Fällen bildet der TatA-(Tha4)-Komplex einen hydrophilen Kanal, durch den der reife Teil des Proteins transportiert wird. Diese Annahme fußt im Wesentlichen auf elektronenmikroskopischen Analysen von TatA-Komplexen der die E. coli-Membran, ringförmige Strukturen unterschiedlicher Größen aufweisen. Man geht davon aus, dass die Größe des TatSubstrates durch das Tat-System detektiert wird und dadurch entweder der Kanaldurchmesser sich dem Substrat anpasst oder alternativ dazu, einfach ein TatAKomplex passender Größe rekrutiert wird [Gohlke et al., 2005]. In einer neuen Studie wurde ein Tat-abhängiges Fusionsprotein in Chloroplasten benutzt, dessen Transport unvollständig verläuft und dadurch ein Transportintermediat generiert, das in der Thylakoidmembran stecken bleibt. Dieses Intermediat weist keinen Kontakt zu den Tat-Komponenten auf [Cline and McCaffery, 2007]. Dies bedeutet entweder das Substrat befand sich zu keinem Zeitpunkt in einer Poren-ähnlichen Struktur oder die Translokase hat das Substrat lateral in die Membran entlassen als dessen Transportinkompetenz detektiert wurde. Nicht-Poren-Modelle bevorzugen die Idee einer Membran-schwächenden Funktion von TatA. In diesen Modellen wird die Translokation durch die Membran durch eine Destabilisierung der Membran erreicht. Dies wird entweder durch die Ansammlung der Transmembranhelices der TatA-Protomere in direkter Nähe zum Substrat-Rezeptor-Komplex [Brüser und Sanders, 2003], oder durch die Insertion der amphiphatischen Helices der TatA-Protomere in die Membran erreicht, wodurch ein passiver, transienter Kanal gebildet wird [Dabney-Smith et al., 2006]. Letzteres könnte durch einen Falltür-Mechanismus funktionieren, in dem auf Grund einer mechanischen Kraft, die das Substrat durch die Membran bewegt, die 18 II. Einleitung amphipathischen Helices in die Membran inserieren. Die hydrophilen Seiten der inserierten amphiphatischen Helices blieben dabei in engem Kontakt zum reifen Teil des Substrates [Dabney-Smith et al., 2006]. Völlig unklar ist bislang, wie die PMF der Membran in mechanische Arbeit konvertiert wird. Die spekulative Annahme TatC könne durch eine PMFabhängige Topologieänderung die PMF in mechanische Energie umwandeln [Brüser und Sanders, 2003] basiert auf Ergebnissen einer TatC-Topologie-Studie, die eine 4- statt 6Transmembran-Topologie für TatC vorschlägt [Gouffi et al., 2002]. II.2.6. Energetisierung der Tat-abhängigen Translokation Der Tat-abhängige Transport wird exklusiv durch die PMF energetisiert, die sich aus dem elektrischen Potential (∆ψ) und dem pH-Gradienten (∆pH) der Membran zusammensetzt. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Protein-Translokationssystemen ist die Unabhängigkeit des Tat-Systems von Nukleotidtriphosphat-Hydrolysen [Cline et al., 1992; Mould und Robinson, 1991]. Die ursprüngliche Bezeichnung des Tat-Systems als ∆pHSystem rührt von der exklusiven Abhängigkeit der Tat-abhängigen Translokation in Chloroplasten vom pH-Gradienten der Thylakoidmembran. Die Abhängigkeit vom pHGradienten sowie die Unabhängigkeit von Nukleotidtriphosphat-Hydrolysen konnte in einem zellfreien System aus E. coli bestätigt werden, da Tat-Substrate effizient in Abwesenheit von ATP transportiert wurden, der Transport aber inhibiert war, wenn der pH-Gradient zerstört wurde [Yahr und Wickner et al., 2001; Alami et al., 2002]. Die Bindung des Tat-Substrates an den TatBC-Rezeptor-Komplex erfolgt PMF-unabhängig [Ma und Cline, 2000; Alami et al., 2002]. Die meisten Studien zur Energetisierung des Tat-Systems wurden im pflanzlichen TatSystem durchgeführt, da die Bildung der PMF an der Thylakoidmembran über die photosynthetische Transportkette durch Bestrahlung mit Licht erfolgt. Die Proteintranslokation durch die cpTat-Translokase benötigt einen minimalen pH-Gradienten, der vom jeweiligen Substrat abhängt [Alder und Theg, 2003]. Alder und Theg waren in der Lage, den energetischen Aufwand für die Translokation eines Tat-Substrates mit 7,9 x 104 Protonen zu beziffern. Dieser Protonenfluss ist äquivalent zu der Energie, die aus der Hydrolyse von 104 ATP-Molekülen gewonnen werden kann [Alder und Theg, 2003]. Neuste Ergebnisse deuten darauf hin, dass der ∆pH durch den ∆ψ der Membran als treibende Kraft des cpTat-abhängigen Transportes ersetzt werden kann [Braun et al., 2007]. Die Austauschbarkeit der beiden Gradienten deutet auf die Existenz eines proton well innerhalb der Tat-Translokase hin [Alder und Theg, 2003; Theg et al., 2005]. Dieses Prinzip der Energiekonvertierung ist bereits von der Funktionsweise der ATP-Synthase bekannt 19 II. Einleitung [Mitchell, 1968]. Kürzlich wurde sogar ∆ψ als einzige Energiequelle für den Tat-abhängigen Transport in E. coli vorgeschlagen. Die Autoren postulierten, daß der Transport in Abwesenheit eines pH-Gradienten in zwei distinkten, ∆ψ-abhängige Schritte abläuft [Bageshwar und Musser, 2007]. Einen indirekten Hinweis auf die Bedeutung der PMF für das Tat-System liefert das phage shock protein (PspA), das an der Stabilisierung der PMF unter Stressbedingungen beteiligt ist [Kleerebezem et al, 1996] und dessen Überproduktion den Tat-Transport in E. coli [DeLisa et al., 2004] als auch in Streptomyces lividans verstärkt [Vrancken et al., 2007]. II.2.7. Qualitätskontrolle des Tat-Systems Die Tatsache, dass das Tat-System vollständig gefaltete Proteine transportiert, wirft die Frage nach einer intrisischen Qualitätskontrolle oder eines Korrektur-Mechanismus auf. Dies würde den Transport nicht-reifer und somit inaktiver Tat-Substrate ins Periplasma oder eine Konkurrenz falsch gefalteter mit korrekt gefalteten Substraten am Tat-Translokon verhindern. Unklar ist bislang, wie dieser Mechanismus funktionieren könnte und ob das Tat-Translokon selbst in der Lage ist, den Faltungszustand des Substrates zu erkennen um es entweder abzuweisen oder zu transportieren. Starke Indikationen für eine intrinsische Qualitätskontrolle durch die Tat-Tranlokase selbst liefern Experimente mit Disulfid-haltigen Tat-abhängigen Substraten, die im reduzierten Zustand nicht transportiert werden. So konnte gezeigt werden, dass PhoA (alkalische Phosphatase) aus E. coli sowie andere Disulfidhaltige Proteine, die über eine Tat-spezifische Signalsequenz verfügen, nur in einem E. coliStamm mit einem oxidierenden Cytoplasma Tat-abhängig transportiert werden [DeLisa et al, 2003]. Dies konnte für verschiedene an PhoA-fusionierte Tat-Signalsequenzen gezeigt werden, wodurch die Beteiligung Signalsequenz-spezifischer Chaperone ausgeschlossen werden kann, so dass nur die Tat-Translokase selbst als Detektor des Redox- bzw. Faltungszustandes der Substrate in Frage kommt [DeLisa et al., 2003]. Unterstützt wird diese Annahme durch die Beobachtung des Tat-abhängigen Transportes von Cytochrom c, der nur dann stattfindet, wenn die Reifung und Faltung des Proteins im Cytoplasma ermöglicht ist [Sanders et al., 2001]. Musser und Theg postulierten eine Qualitätskontrolle, die nach der Erkennung der Signalsequenz, aber vor dem Transport stattfindet. Diese Annahme basiert auf der Beobachtung, dass die Tat-spezifische Signalsequenz einer großen Avidineinheit vom Rezeptor-Komplex erkannt wird, aber Translokation nicht stattfindet [Musser und Theg, 2000]. Die Idee der Qualitätskontrolle durch die Tat-Translokase selbst wurde angezweifelt durch die Beobachtung, dass auch reduziertes und somit ungefaltetes PhoA-Protein an die Tat- 20 II. Einleitung Translokase binden kann, wodurch angenommen wurde, dass weder TatC noch TatB die Funktion einer intrinsischen Qualitätskontrolle ausüben [Richter und Brüser, 2005]. Wurde das transportinkompetente PhoA unter diesen Bedingungen überexprimiert, wiesen die E. coli-Zellen einen defekten Protonengradienten auf, was damit erklärt wurde, dass das ungefaltete PhoA fehlerhaft transportiert wurde. Demnach würde auch nach der Erkennung durch den TatBC-Rezeptor-Komplex keine Qualitätskontrolle, beispielsweise durch TatA, stattfinden [Richter und Brüser, 2005]. In einer anderen Studie wurde für das E. coli Tat-System gezeigt, dass Tat-abhängiger Transport von ungefalteten Proteinen von der Hydrophobizität ihrer Oberfläche abhängt, da erst die Insertion einer hydrophoben Sequenz zur Transportinkompetenz der ungefalteten Proteine führte. Somit wäre eine Vorraussetzung für den Tat-abhängigen Transport eine hydrophobe Oberfläche des Proteins, wie es bei allen vollständig gefalteten Proteinen der Fall ist [Richter et al., 2007]. Die Transport-Effizienz der unstrukturierten Proteine sank dabei mit steigender Größe. Andererseits konnte ein unvollständiger Transport langer, unstrukturierter Tat-Substrate bestehend aus 120 Aminosäuren im cpTat-System beobachtet werden [Cline und McCaffery, 2007]. Unvollständig deshalb, weil sie während des Translokationsprozesses in der Membran stecken blieben. Ein Kontakt dieses Transportintermediats zu einem der Tat-Komponenten konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Dies könnte bedeuten, dass Transport-inkompetente Substrate lateral in die Membran entlassen werden. Diese Vorstellung unterstützt die Idee, dass Qualitätskontrolle nicht über die Zurückweisung des Substrates durch die Translokase geschieht, sondern durch den Abbau transportinkompetenter Substrate durch Membranproteasen erfolgt [Brüser und Sanders, 2003]. Somit herrscht bislang keine Einigkeit darüber, ob das Tat-System auch ungefaltete Proteine transportiert und falls nicht, ob die Tat-Translokase selbst an der Detektion des Faltungszustandes beteiligt ist. II.2.8. Spezifische Chaperone der Tat-Substrate Reifungsprozesse der natürlichen Tat-Substate wie Faltung, Kofaktorinsertion oder sogar Assemblierung zu oligomeren Komplexen finden prätranslokational im Cytoplasma statt und verleihen dadurch den Substraten Transportkompetenz. Da am Reifungsprozess einiger TatSubstrate spezifische Chaperone beteiligt sind, könnten diese auch eine KorrekturleseFunktion ausüben [Turner et al., 2004; Sargent, 2007]. Eines der am besten charakterisierten Chaperone ist TorD, das spezifisch mit der Signalsequenz der Trimethyl-N-Oxidoreduktase (TorA) interagiert. Beide Proteine sind im 21 II. Einleitung torCAD- Operon codiert. TorA bildet zusammen mit TorC das Trimethylamin-N-Oxid (TMAO)-reduzierende System, ein respiratorisches System, das unter anaeroben Bedingungen zur Reduktion von TMAO als alternativer Elektronenakzeptor genutzt wird. TorD erkennt spezifisch die TorA-Signalsequenz [Jack et al, 2004] und scheint diese dadurch vor proteolytischem Abbau zu schützen [Genest et al., 2006]. Da TorA bereits vor der Insertion des Molybdän-Kofaktors in TorA an dessen Signalsequenz bindet, wurde vermutet TorD assistiert in einer frühen Phase der Reifung von TorA, indem es durch seine Bindung TorA in einer Kofaktor-Insertion-kompetenten Form hält [Ilbert et al., 2003]. TorD konnte aus Shewanella massilia als Mono- und als Dimer aufgereinigt werden. Beide Formen binden an TatA, wobei das Dimer stärker interagiert [Tranier et al., 2002]. Das TorAProtein weist zwei Bindestellen für TorD auf: zum einen die Signalsequenz und zum anderen eine im reifen Teil von TorA [Jack et al, 2004]. Ein anderes Tat-Signalsequenz-bindendes Chaperon in E. coli ist DmsD, dem eine essentielle Funktion in der Biogenese der Dimethylsulfoxid (DMSO)–Reduktase zukommt, und das an die Signalsequenz der DMSO-Reduktase-Untereinheit DmsA bindet [Oresnik et al., 2001]. DmsD interagiert auch mit der Signalsequenz von TorA [Oresnik et al., 2001], was auf die Sequenzhomologie von TorD und DsmD zurückzuführen ist [Sargent et al., 2002]. Unter anaeroben Bedingungen bindet DmsD an die Cytoplasmamembran. Diese Assoziation setzt die Präsenz von TatB und TatC aber nicht die von DmsA voraus [Papish et al., 2003], weswegen spekuliert wurde, dass DmsD als Zielsteuerungsprotein fungieren könnte. Dabei kann es sich aber nicht um eine essentielle Funktion handeln, da GFP mit der Signalsequenz von TorA oder DmsA auch in Abwesenheit von DmsD Tat-abhängig transportiert wird [Ray et al., 2003]. Weitere bekannte Tat-spezifische E. coli-Chaperone sind HyaE und HybE, die spezifisch mit den Tat-Signalsequenz-tragenden Untereinheiten der Hydrogenase-1, HyaA, und der Hydrogenase-2, HybO interagieren [Dubini and Sargent, 2003]. Den beiden Chaperonen wird wiederum eine Funktion bei der Reifung der Untereinheiten, sowie der Assemblierung des Hydrogenase-Komplexes zugesprochen [Dubini and Sargent, 2003]. So konnte gezeigt werden, dass HybE die Translokation von HybO in Abwesenheit seines Komplexpartners HybC verhindert [Jack et al., 2004]. Ein erst kürzlich beschriebenes Chaperon aus E. coli ist NapD, ein Signalsequenz-bindendes Chaperon des Tat-Substrates NapA, das durch seine Bindung die Interaktion unreifen NapAProteins an die Tat-Translokase verhindert. NapA ist eine katalytische Untereinheit der periplasmatischen Nitrat-Reduktase, die als Kofaktoren sowohl einen [4Fe-4S]-Cluster als auch ein bis-Molybdopterin-Guanin-Dinukleotid (bis–MGD) besitzt [Maillard et al., 2007]. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass spezifischen Chaperonen eine KorrekturleseFunktion beim Reifungsprozess Kofaktor-tragender Tat-Substrate zukommen könnte. 22 II. Einleitung II.3. Zielsetzung In der vorliegenden Arbeit sollten Einblicke in den Transport-Mechanismus des Tat-Systems gewonnen werden. Dabei war das Tat-abhängige Fusionsprotein TorA-PhoA von besonderem Interesse. Für dieses Protein konnte bereits gezeigt werden, dass Tatabhängiger Transport nur in einem E. coli-Stamm mit einem oxidierenden Cytoplasma möglich ist, wodurch die Bildung der beiden intramolekularen Disulfidbrücken im PhoA-Teil des Proteins und somit das Erlangen einer nativen Faltung erlaubt war [DeLisa et al., 2003]. Da nur diese Form des TorA-PhoA-Proteins Tat-abhängig transportiert wurde, konnte diese Beobachtung als Indiz für eine intrinsische Qualitätskontrolle bzw. Erkennung von Faltungszuständen durch das Tat-System gewertet werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es zunächst, den Tat-abhängigen in vitro-Transport von TorA-PhoA in Abhängigkeit seines Faltungszustandes zu etablieren. Anschließend sollten die molekularen Interaktionen des gefalteten, transportkompetenten Proteins und des ungefalteten, transportinkompetenten Proteins mit den Tat-Proteinen durch verschiedene Methoden untersucht werden. Unterschiede in den Interaktionen mit den Komponenten der Tat-Translokase würden Rückschlüsse auf den Mechanismus zur Erkennung von Faltungszuständen der TatSubstrate durch das Tat-System erlauben. 23 III. Material und Methoden III. Material und Methoden III.1. Material III.1.1. Escherichia coli-Stämme Tabelle III.1.1 In der vorliegenden Arbeit verwendete Bakterienstämme Stamm DH5α Resistenz BL21(DE3) pLysS Cam Beschreibung supE44 ∆lacU169 Φ80lacZ∆M15 hsdR17 recA1 endA1 gyrA96 thi-1 relA1 F ompT hsdSB(rBmB) gal dcm (DE3) pLysS MC4100 F- araD139 ∆(argF-lac) U169 rpsL150 relA1 flbB3501 deoC1 ptsF25 rbsR DEAD MC4100 ∆tatABCDE Top10 Str M15 F- mcrA ∆(mrr-hsdRMS-mcrBC) φ80lacZ∆M15 ∆lacX74 recA1 araD139 ∆(araleu)7697 galU galK rpsL (StrR) endA1 nupG NalS, StrS, RifS, Thi-, Lac-, Ara+, Gal+, Mtl-, F-, RecA+, Uvr+, Lon+ (Phänotyp) Verwendung Plasmid DNAIsolierung Referenz Sambrook et al., 1984 Überexpression von TatA-D und Tat+-INVPräparation Überexpression von TatB-D und ∆TatA-INVPräparation ∆Tat-INVPräparation Präparation von S135 und Expression des orthogonalen tRNASynthetase/tRNA CUA-Paares Überexpression von TorD Novagen Silhavy et al., 1984 Sargent et al., 1999 Invitrogen Quiagen III.1.2. Plasmide Tabelle III.1.2 In der vorliegenden Arbeit verwendete Plasmide Plasmid pET28a-TorA-PhoA Resistenz Kan pET28a-TorA-PhoAF15 Kan pET28a-TorA-PhoAV24 Kan 24 Beschreibung und Verwendung Expressionsvektor für T7-abhängige in vitro Synthese Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur Einführung von pBPA an Position 15 von TorA-PhoA Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur Einführung von pBPA an Position 24 von TorA-PhoA Referenz DeLisa M.P., unveröffentlicht Die vorliegende Arbeit Die vorliegende Arbeit III. Material und Methoden pET28a-TorA-PhoAKR Kan pET28a-TorA-PhoAKK Kan pET28a-TorA-PhoA∆SP1 Kan pET28a-TorA-PhoA∆SP2 Kan pKSM717-SufI Amp p8737 Amp pDULE Tet pQE60-TorD Amp pFat222 Amp pRep4 Kan Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur in vitro Synthese von TorA-PhoA, dessen erstes Arginin im Doppel-Arginin-Motif durch Lysin substituiert ist (R12K) Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur in vitro Synthese von TorA-PhoA, dessen beide Arginine im Doppel-Arginin-Motif durch Lysine substituiert sind (R12K, R13K) Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur in vitro Synthese von TorA-PhoA, mit der Mutation A40L. Zwischenprodukt bei der Herstellung von pET28a-TorAPhoA∆SP2 Derivat von pET28a-TorA-PhoA zur in vitro Synthese von nichtprozessierbarem TorA-PhoA, mit den Mutationen A40L und A41L Expressionsvektor für T7-abhängige in vitro Synthese Expressionsvektor zur in vivo Synthese von TatA-D (Tat+-INV). tatABCD in pET22b Expressionsvektor zur in vivo Synthese des orthogonalen tRNA- SynthetasetRNACUA-Paares Expressionsvektor zur in vivo Synthese von TorD Expressionsvektor zur in vivo Synthese von TatB-D (∆TatA-INV) Expressionsvektor zur in vivo Synthese des Lac-Repressor-Proteins Die vorliegende Arbeit Die vorliegende Arbeit Die vorliegende Arbeit Die vorliegende Arbeit Alami et al., 2003 Alami et al., 2002 Farrell et al., 2005 Hatzixanthis et al., 2005 Sargent et al., 1999 Qiagen III.1.3. Oligonukleotide Tabelle III.1.3 In der vorliegenden Arbeit verwendete Oligonukleotide Oligonukleotid TorA-PhoAF15for TorA-PhoAF15rev TorA-PhoAV24for TorA-PhoAV24rev TorA-PhoAR12KRfor TorA-PhoAR12KRrev TorA-PhoAKR13Kfor Sequenz 5´-CA TCA CGT CGG CGT TAG CTG GCA CAA CTC GGC GGC-3´ 5´-GCC GCC GAG TTG TGC CAG CTA ACG CCG ACG TGA TG-3´ 5´-CAA CTC GGC GGC TTA ACC TAG GCC GGG ATG CTG G-3´ 5´- C CAG CAT CCC GGC CTA GGT TAA GCC GCC GAG TTG-3´ 5´-CTC TTT CAG GCA TCA AAG CGG CGT TTT CTG GCA CAA CTC GGC-3´ 5´-GCC GAG TTG TGC CAG AAA ACG CCG CTT TGA TGC CTG AAA GAG-3´ 5´-CTC TTT CAG GCA TCA Verwendung zur Einfügung von TAG-Codon in TorA-PhoA anstelle des Codons für F15 zur Einfügung von TAG-Codon in TorA-PhoA anstelle des Codons für F15 zur Einfügung von TAG-Codon in TorA-PhoA anstelle des Codons für V24 zur Einfügung von TAG-Codon in TorA-PhoA anstelle des Codons für V24 zur Einfügung der Mutation R12K in TorA-PhoA zur Einfügung der Mutation R12K in TorA-PhoA zur Einfügung der Mutation R13K 25 III. Material und Methoden TorA-PhoAKR13Krev TorA-PhoA40LAfor TorA-PhoA40LArev TorA-PhoLA41Lfor TorA-PhoLA41Lrev AAG AAG CGT TTT CTG GCA CAA CTC GGC-3´ 5´-GCC GAG TTG TGC CAG AAA ACG CTT CTT TGA TGC CTG AAA GAG-3´ 5´-CCG CGA CGT GCG ACT CTG GCG CAA GCG GCG-3´ 5´- CGC CGC TTG CGC CAG AGT CGC ACG TCG CGG-3´ 5´-CCG CGA CGT GCG ACT CTG CTG CAA GCG GCG-3´ 5´-CGC CGC TTG CAG CAG AGT CGC ACG TCG CGG-3´ in TorA-PhoAKR zur Einfügung der Mutation R13K in TorA-PhoAKR zur Einfügung der Mutation in TorA-PhoA zur Einfügung der Mutation in TorA-PhoA zur Einfügung der Mutation in TorA-PhoAA40L zur Einfügung der Mutation in TorA-PhoAA40L A40L A40L A41L A41L III.1.4. Antibiotika Tabelle III.1.4 In der vorliegenden Arbeit verwendete Antibiotika Antibiotikum Ampicillin Chloramphenicol Kanamycin Streptomycin Tetracyclin Konzentration der Stammlösung (mg/ml) 50 35 50 10 5 Lösungsmittel H2O EtOH H2O H2O 70 % (v/v) EtOH Endkonzentration (µg/ml) 100 35 50 50 2,5 oder 25 Alle wässrigen Antibiotika-Stammlösungen wurden mit einem 0,22 µm Spritzenfilter steril filtriert (Rotilabo-Spritzenfilter steril, Roth) und bei -20°C gelagert. III.1.5. Chemikalien Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Chemikalien der Firmen ICN, Pharmacia, Roche, Roth, Serva, Bachem und Sigma verwendet. Enzyme wurden von den Firmen NEB, und Stratagene, Plasmidpräparations-Kits von Qiagen bezogen. Von Amersham stammte der 35 S-Methionin/35S-Cystein-Mix, zur radioaktiven Markierung von Proteinen. Die Hersteller verwendeter Spezialchemikalien werden in den beschrieben Methoden explizit genannt. 26 III. Material und Methoden III.2. Methoden III.2.1. Molekularbiologische Methoden III.2.1.1. Anzucht und Lagerung von Escherichia coli E. coli wurde, wenn nicht anders angegeben, in LB-Medium (pro Liter dest. Wasser: 10 g pankreatisch verdautes Casein, 10 g NaCl, 5 g Hefeextrakt) unter aeroben Bedingungen (Schüttler: 180 rpm) bei 37°C angezogen. Das Medium wurde vor der Anzucht der Bakterien autoklaviert. Nach dem Abkühlen wurden je nach Bedarf Antibiotika zugeben. Die Bakterienzellen aus diesen Anzuchten dienten zur Aufreinigung überexprimierter Protein, oder als Ausgangsmaterial für die Präparation von Zellextrakten, Membranen und Plasmiden. Verdünnungsausstriche zur Isolierung von Einzelzellkolonien, sowie zur Kultivierung und Selektion von transformierten Zellen erfolgten auf 2 % Agar-LB-Platten (pro Liter dest. Wasser: 10 g pankreatisch verdautes Casein, 10 g NaCl und 5 g Hefeextrakt, 20 g AgarAgar) über Nacht bei 37°C im Brutschrank. Je nach Bedarf wurden Antibiotika zur Selektion der Bakterien dem handwarmen Agar-Medium vor dem Gießen der Platten zugeben. Bei 4°C wurden Kulturen auf Agar-LB-Platten ca. 4 Wochen gelagert. Für eine längere Lagerung wurden Glycerinkulturen hergestellt. Dazu wurde ein Volumen Bakterien-Kultur mit einem Volumen autoklaviertem LB-Medium, das 30 % (w/v) Glycerin enthielt, versetzt, in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei -70°C gelagert. III.2.1.2. Herstellung kompetenter E. coli-Zellen und Transformation nach der TSB-Methode Zur Herstellung kompetenter Zellen wurde der gewünschte E. coli-Stamm in 3 ml LBMedium, bei Bedarf in Anwesenheit des entsprechenden Antibiotikums, über Nacht angezogen. Für jeden Transformationsansatz wurden die Über-Nacht-Kultur im Verhältnis 1:100 in 3 ml LB-Medium überimpft und ca. zwei weitere Stunden bis zu einer OD600nm von 0,3 im Schüttler (180 rpm) inkubiert. Danach wurden je 1,5 ml Zellkultur zentrifugiert (Tischzentrifuge: 14000 rpm, 3 min, RT). Das Zellpellet wurde in 150 µl TSB resuspendiert (TSB: 10 % (w/v) Polyethylenglykol 6000, 5 % (v/v) DMSO, 10 mM MgCl2, 10 mM MgSO4, in LB-Medium gelöst und steril filtriert) und 10 min auf Eis inkubiert. Den nun kompetenten Zellen wurde die DNA zugegeben (ca. 100-300 ng/Transformationsansatz), vorsichtig vermengt und weitere 90 min auf Eis inkubiert. Anschließend erfolgte die Zugabe von 900 µl TSB sowie von 12,5 µl 20 %iger (w/v) Glukose-Lösung und eine weitere Inkubation der Proben für 1 h bei 37°C im Thermomixer (200-300 rpm). Die Zellen wurden daraufhin erneut 27 III. Material und Methoden abzentrifugiert (Tischzentrifuge: 14000 rpm, 3 min, RT) und der Überstand vollständig abgenommen. Das Zellpellet wurde in 100 µl LB-Medium resuspendiert, zur Selektion erfolgreich transformierter Zellen auf LB-Agarplatten mit Antibiotika ausplattiert und über Nacht bei 37°C inkubiert. III.2.1.3. Plasmidpräparation im großen Maßstab (Maxiprep) Plasmid-DNA wurde insbesondere für die in vitro-Synthese von Proteinen benötigt. Für die Präparation von Plasmid-DNA wurden Zellen in 400 ml LB-Medium in einem 2 lErlenmeyerkolben, eventuell mit den ensprechenden Antibiotika, bei 37°C über Nacht im Schüttler (180 rpm) angezogen und in der Regel nach ca. 15 h durch Zentrifugation geerntet (SCL 3000 Rotor (Sorvall), 7000 rpm (8650 xg), 4°C, 10 min). Zur Aufreinigung der PlasmidDNA aus den Zellen wurde das Qiagen Maxiprep-Kit verwendet und dabei den Anweisungen des Herstellers gefolgt. Die Funktionsweise des Kits basiert auf dem Prinzip der alkalischen Lyse von Zellen und der anschließenden Aufreinigung der Plasmid-DNA durch Ionenaustauscher-Chromatographie. Abweichungen vom Hersteller-Protokoll lauten wie folgt: Nach der Isopropanol-Fällung der Plasmid-DNA und anschließender Zentrifugation wurde das DNA-Pellet in 700 µl TE-Puffer (10 mM Tris-HCl, pH 8, 1 mM EDTA) resuspendiert, in ein 2 ml-Reaktionsgefäß (Eppendorf) überführt, mit 70 µl QiagenNeutralisationspuffer P3 (3 M Kaliumacetat, pH 5,5) sowie 1,2 ml EtOH p.a. versetzt und entweder für 20 min bei -70°C oder über Nacht bei -20°C inkubiert. Anschließend wurde durch Zentrifugation (Kühltischzentrifuge: 16000 g, 15 min, 4°C) das DNA-Präzipitat sedimentiert. Das daraus resultierende Pellet wurde einmal mit 1 ml 70 % EtOH p.a. gewaschen und anschließend an der Luft getrocknet. Das getrocknete DNA-Pellet wurde in 50 µl TE-Puffer oder 50 µl autoklaviertem, dest. Wasser aufgenommen und bei 4°C gelagert. III.2.1.4. Plasmidpräparation im kleinen Maßstab (Miniprep) Plasmidpräparationen aus E. coli wurden im kleinen Maßstab zur Überprüfung von Mutagenesen durchgeführt. Für die Präparation von Plasmid-DNA wurden E. coli-Zellen in 5 ml LB-Medium in einem verschließbaren 50 ml-Reaktionsgefäß (Falcon), eventuell mit den entsprechenden Antibiotika, bei 37°C über Nacht im Schüttler (180 rpm) angezogen und in der Regel nach ca. 15 h durch Zentrifugation geerntet (5000 xg, 10 min, 4°C). Das Zellpellet wurde mit 5 ml dest. H2O gewaschen und anschließend nach den Angaben des Herstellers unter Verwendung eines Quiagen Miniprep-Kits aufgereinigt. Die Funktionsweise des Kits basiert, wie die des Maxiprep-Kits, auf dem Prinzip der alkalischen Lyse und der anschließenden Aufreinigung der Plasmid-DNA durch Ionenaustauscher-Chromatographie. Die so präparierte DNA wurde entweder gelchromatographisch analysiert und diente als Material für Sequenzierungen (Seqlab, Göttingen) und Transformationen. 28 III. Material und Methoden III.2.1.5. Agarose-Gelelektrophorese Diese Methode wurde zur Auftrennung von DNA-Fragmenten nach ihrer Größe benutzt. Dazu wurde die DNA-haltige Probe (beispielsweise aus Miniprep oder PCR) zunächst mit 1/10 Volumen 10x Ladepuffer (30 % (v/v) Glycerin, 0,25 % (w/v) Bromphenolblau, 0,25 % (w/v) Xylecyanol) versetzt. Je nach potentieller Größe des Molekulargewichts der zu analysierenden DNA-Moleküle betrug die Konzentration der Agarose im Gel zwischen 0,8 % (z.B. Plasmide: zwischen ca. 3 kbp und 10 kbp) und 2 % (z.B. PCR-Produkte: 100 bp bis 3 kbp). Zum Gießen des Agarosegels wurde die Agarose zunächst in 70 ml 1 x TAE-Puffer (50 x TAE-Puffer: 242 g Tris Base, 57,1 ml Essigsäure p.a., 100 ml 0,5 M EDTA pH 8, ad. 1 l dest. H2O) aufgekocht, unter Rühren auf ca. 50°C wieder abgekühlt, mit 7 µl Ethidiumbromid (10 mg/ml) versetzt und vor dem Erkalten in die Flachbettapparatur gegossen. Der Lauf erfolgte mit 3 V/cm Elektrodenabstand in 1 x TAE Laufpuffer. Die DNA Banden konnten im Gel mittels UV-Licht auf einem UV-Tisch sichtbar gemacht werden. III.2.1.6. Mutagenisierende PCR (polymerase chain reaction) Ortsgerichtete Mutation einzelner Codons der Signalsequenz-codierenden Region des TorAPhoA-Gens wurde unter Verwendung der Turbo-Pfu-DNA-Polymerase (2,5 U/µl, Stratagene) durchgeführt. Durch diese Methode wurden sämtliche Mutanten des TorA-PhoA-Gens generiert (Tabelle III.1.2). Dazu wurden zwei komplementäre mutagene Primer benutzt die jeweils etwa in der Mitte ihrer Sequenz das mutierte Codon enthielten (Tabelle III.1.3). Die Synthese der in den PCRs verwendeten Primer wurde bei der MWG-Biotech AG in Auftrag gegeben. Ein 50 µl PCR-Ansatz wurde wie folgt angesetzt: Komponente Menge/Volumen Matrize (Plasmid) 10-20 ng Primer 1 (for.) 125 ng Primer 2 (rev.) 125 ng Turbo-Pfu-DNA-Polymerase 1 µl 10x Polymerase-Reaktionspuffer 5 µl dNTP-Mix* 1 µl H2O autokl., bidest. ad 50 µl → Turbo-Pfu-Polymerase, Reaktionspuffer, dNTP-Mix und H2O wurden häufig zusammen als Mix angesetzt, während Matrize und Primer im PCRReaktionsgefäß vorgelegt wurden. → Als DpnI-Kontrolle wurde immer auch ein Ansatz ohne Matrize angesetzt. 29 III. Material und Methoden * dNTP-Mix wurde wie folgt vorbereitet: die einzelnen dNTP-Stammlösungen (je 100 mM, Desoxynucleoside Triphosphate Set, Roche) wurden auf Eis aufgetaut und 10 µl aus jeder Stammlösung mit autokl., bidest. H2O in 100 µl Endvolumen verdünnt. PCR wurde in einem Thermocyler (Mastercycler, Eppendorf) und mit dem folgenden Programm durchgeführt: Zyklus Funktion Temperatur Dauer Wiederholungen 1 Denaturierung 95°C 30 sec 1 2 Denaturierung Annealing Elongation 95°C 55°C 68°C 30 sec 1 min 10 min 16 3 Elongation 68°C 20 min 1 Nach Beendigung der PCR wurde jeder Ansatz mit dem Restriktionsenzym DpnI behandelt. Dazu wurde jedem Ansatz 1 µl DpnI-Lösung (20000 U/ml, New England Biolabs) zugegeben und 3 h bei 37°C im Thermomixer bei 500 rpm inkubiert. Durch diese Behandlung wurde auf Grund seiner Methylierung selektiv nur das als Matrize eingesetzte Plasmid verdaut. Das in der PCR synthetisierte, mutierte Plasmid war dagegen nicht methyliert und blieb deshalb erhalten. 25 µl eines DpnI-behandelten PCR-Ansatzes wurde zur Transformation des E. coliBakterienstamm DH5α eingesetzt. Nach erfolgreicher Transformation wurde das Plasmid präpariert und sequenziert (SeqLab, Göttingen) um die Mutation im Gen von TorA-PhoA zu bestätigen. 30 III. Material und Methoden III.2.2. Biochemische Methoden III.2.2.1. Denaturierende SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese Die Auftrennung denaturierter Proteine in Abhängigkeit des Molekulargewichtes erfolgte durch SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) nach Laemmli (1970). Zum Gießen von vertikalen Gelen wurden zunächst Glasplatten mit 10 % Acrylamid (AA), 0,26 % Bisacrylamid, 0,15 % TEMED und 0,075 % APS abgedichtet. Je nach Größe der zu trennenden Proteine variierte die Konzentration des Acrylamids zwischen 8 % und 15 %. Die angegebenen Volumina waren ausreichend für ein Gel mit ca. 100ml Volumen: Trenngel: 15 %ig: 30% Acrylamid, 0.8% Bisacrylamid 50 ml oder 10 %ig: 30% Acrylamid, 0.8% Bisacrylamid 33,3 ml oder 8 %ig: 30% Acrylamid, 0.8% Bisacrylamid Unmittelbar vor 26,7 ml 2 M Tris-HCL, pH 8,8 20 ml 25 % (w/v) SDS 400 µl TEMED 40 µl dest. H2O ad 100 ml dem Eingießen zwischen die Glasplatten wurden 10% Ammoniumperoxodisulfat (1 ml/100 ml) als Starter der Vernetzungsreaktion hinzugegeben. Das Gel wurde mit Isobutanol überschichtet. Nach vollständiger Polymerisation des Trenngels wurde das Isobutanol entfernt und das Sammelgel eingegossen wobei sofort ein passender Kamm für die Bildung der Probentaschen eingeschoben wurde: Sammelgel (pro Gel): 30 % Acrylamid, 0,8% Bisacrylamid 5 ml 0,5 M Tris-HCl, pH 6,8 3,6 ml 25 % (w/v) SDS 120 µl TEMED 12 µl 10 % APS 0,3 ml dest. H2O ad 30 ml 31 III. Material und Methoden Nach der vollständigen Polymerisation des Sammelgels wurde der Kamm entfernt, das Gel in die Gelelektrophoresevorrichtung (Eigenbau) eingespannt und die Kammern mit Laufpuffer befüllt: Tris-Glycin-Puffer (5 x): Tris 150 g Glycin 720 g dest. H2O ad 5 l SDS-PAGE-Laufpuffer: Tris-Glycin-Puffer (5 x) 400 ml 25 % (w/v) SDS 8 ml dest. H2O ad 2 l Die Proteinproben konnten anschließend in die Probentaschen geladen werden. Dazu wurde die zu analysierende Proteinlösung mit dem gleichen Volumen oder, im Falle eines Pellets aus einer Proteinfällung, mit 30 µl SDS-PAGE-Probenpuffer versetzt und im Thermomixer bei 95°C und 1400 rpm für 5 min inkubiert. Lösung 1 : Tris Base 0,2 M EDTA, pH 8 20 mM Lösung 2: Tris Base 83,3 mM Glycerin 29,2 % (w/v) SDS 8,3 % Bromphenolblau 0,03 % SDS-PAGE-Probenpuffer (jeweils frisch angesetzt): Lösung 1 0,5 ml Lösung 2 0,4 ml 1 M DTT 0,1 ml Als Molekulargewichtstandard wurde vorgefärbte Proteinmarkerlösung (Prestained Molecular Weight Marker, Bio Rad) verwendet. Die Gele liefen entweder über Nacht mit 25 mA oder über Tag mit 50 mA. 32 III. Material und Methoden III.2.2.2. Visualisierung von Proteinen in Polyacrylamidgelen III.2.2.2.1. Autoradiographie Radioaktiv markierte Proteine aus einer in vitro-Proteinsynthese wurden mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Dazu wurde zunächst nach der Beendigung der Gelelektrophorese das Gel durch eine 15 min Inkubation in Fixierer-Lösung (10 % (v/v) Essigsäure p.a., 35 % (v/v) EtOH) behandelt und anschließend zweimal für 10 min gewässert. Anschließend wurde das Gel auf Filterpapier (Whatman) bei 65°C für 90-120 min Vakuum-getrocknet und das getrocknete Gel unter einem Phosphoimiger-Screen (Molecular Dynamics) exponiert, dessen Beschichtung empfindlich gegenüber radioaktiver Strahlung ist. Zur Detektion der radioaktiven Anregung der Screen-Beschichtung diente ein Phosphoimager (Molecular Dynamics). Die Quantifizierung der radioaktiven Signale erfolgte mittels des Programms ImageQuant 5.2 (Molecular Dynamics). III.2.2.2.2. Coomassie-Blau-Färbung von Polyacrylamidgelen Um alle Proteine eines Polyacrylamidgeles sichtbar zu machen konnten die Proteinbanden mit Coomassie-Blau angefärbt werden. Dazu wurde das Gel nach Beendigung der Elektrophorese in Coomassie-Blue-Lösung (40 % (v/v) EtOH tech., 10 % (v/v) Essigsäure, 1 % (w/v) Coomassie Brilliant Blau R250) für mind. 2 h inkubiert und anschließend wieder mit 10 % (v/v) Essigsäure entfärbt. Dabei wurde der Gelhintergrund schneller entfärbt als die angefärbten Proteinbanden. Zur Dokumentation wurde das gefärbte Gel entweder fotografiert oder zwischen Cellophan-Folien bei 65°C für 90-120 min Vakuum-getrocknet. III.2.2.2.3. Western-Blotting Durch Western-Blotting konnten gelelektrophoretisch getrennte Proteine durch spezifische Antikörper immunologisch nachgewiesen werden. In der vorliegenden Arbeit wurde diese Methode eingesetzt um den Gehalt der Tat-Proteine (TatA, TatB und TatC) in präparierten Membranvesikeln zu bestimmen. Dazu wurden nach der Auftrennung durch SDS-PAGE die Proteinproben auf eine PVDFMembran (Millipore) transferiert (geblottet), die kurz in Methanol inkubiert, und dann in folgender Anordnung in die Nassblottapparatur eingesetzt wurde. Sämtliche Komponenten des Transfers wurden 5 min in Transferpuffer inkubiert und anschließend, bei der Kathode beginnend, in der folgenden Reihenfolge angeordnet: Saugschwamm, 3 Lagen Filterpapier (Whatman), SDS-PAGE-Gel, PVDF-Membran, 3 Lagen Filterpapier (Whatman) und Saugschwamm: 33 III. Material und Methoden 5 x Tris-Glycin-Puffer: Tris 150 g Glycin 720 g dest. H2O ad 5 l Transferpuffer: 5x Tris-Glycin-Puffer 600 ml MeOH tech. 600 ml 25 % (w/v) SDS 2 ml dest. H2O ad 3 l Der Transfer erfolgte entweder bei 400 mA für 2 h oder bei 20 mA über Nacht. Anschließend konnte zur Kontrolle die Membran einige Minuten in Ponceau-S-Lösung (0,2 % (w/v) Poinceau S, 3 % (v/v) TCA) inkubiert werden, wodurch die transferierten Proteine sichtbar gemacht werden konnten. Nach dem Entfärben der Membran mit dest. H2O wurde der Blot unter leichtem Schwenken 2 h in Blockierungslösung (5 % (w/v) Milchpulver in TTBS) inkubiert und daraufhin dreimal 5 min in 50 ml TTBS gewaschen: 10x TBS: Tris-HCl, pH 7,5 0,2 M NaCl 1,49 M TTBS: Tween-20 in 1x TBS 0,1 % Um die Antikörperadsorption zu ermöglichen, wurde das gewünschte Antiserum in entsprechender Verdünnung in TTBS für 1 h unter leichtem Schwenken mit dem Blot inkubiert. Antiserum (Kaninchen) αTatA αTatB αTatC Verdünnung 1 : 2500 1 : 2500 1 : 2500 Herkunft AG M. Müller AG M. Müller AG M. Müller Anschließend wurde der Blot zunächst dreimal 5 min in 50 ml TTBS gewaschen und dann mit dem sekundären Antikörper (anti-Kaninchen-Antikörper von der Ziege, MeerrettichPeroxidase-gekoppelt, Amersham Bioscience) in einer Verdünnung von 1:5000 in TTBS für 1 h unter leichtem Schwenken inkubiert. Nach einer erneuten Waschung (dreimal 5 min in 50 34 III. Material und Methoden ml TTBS) und nach dem Trocknen des Blots durch kurzes Abstreifen auf Filterpapier wurde zur Detektion der antikörpermarkierten Proteinbanden das „Enhanced Chemiluminescence ECL Westernblotting System“ (Amersham Bioscience) verwendet. In diesem Verfahren erkennt der sekundäre Antikörper den primären Antikörper und kann diesen durch eine chemoluminiszierende Reaktion der gekoppelten Peroxidase über Belichtung eines Rötgenfilms sichtbar machen. Dazu wurden Lösung 1 und 2 des ECL Detektionskits 1:1 frisch vermischt und durch vorsichtiges Pipettieren gleichmäßig auf der abgetrockneten Membran verteilt und 1 min inkubiert, die Lösung entfernt, der Blot abgetrocknet und in eine Blotkassette gelegt. Durch Auflegen eines Röntgenfilms (Hyperfilm, Amersham Bioscience) für ca. 10 sec und anschließende Filmentwicklung wurden die durch den ersten Antikörper erkannten Proteine als schwarze Banden sichtbar. Um die Membran nach der Entwicklung mit einem weiteren Antikörper dekorieren zu können, mußten die vorher verwendeten Antikörper von der Membran abgelöst werden. Hierfür wurde die Membran für 30 min in 5 % (v/v) Essigsäure tech. und 0,5 M NaCl unter leichtem Schwenken inkubiert. Nach 3 Waschschritten mit TTBS begann das Verfahren bei der Inkubation mit der Blockierlösung wieder von neuem. III.2.2.3. Bestimmung der Proteinkonzentration mit Amidoschwarz Die zu bestimmende Proteinlösung wurde mit dest. H2O auf 200 µl aufgefüllt und mit 800 µl Färbelösung (10 % (v/v) Essigsäure, 90 % (v/v) Methanol p.a., Spatelspitze Amidoschwarz) versetzt und für 10 min bei RT inkubiert. Nach einem Zentrifugationsschritt (Tischzentrifuge, 14000 rpm, 20 min, RT) wurde der Überstand abgenommen und das Proteinpellet mit 1 ml Waschlösung (10 % (v/v) Essigsäure, 90 % (v/v) Ethanol p.a.) gewaschen und erneut zentrifugiert. Diese Prozedur wurde so lange wiederholt bis der Überstand farblos war. Der farblose Überstand wurde abgenommen und das Pellet in 1 ml 0,2 M NaOH gelöst. Diese Lösung wurde bei 615 nm im Photometer vermessen. Anhand einer BSA-Eichkurve wurde die Proteinkonzentration bestimmt. III.2.2.4. Überexpression und affinitätschromatographische Aufreinigung von TorD Zur Überexpression des TorD-Proteins wurde der E. coli-Stamm M15pRep4, der mit dem Plasmid pQE60-TorD transformiert wurde (siehe III.2.1.2.), welches für eine His-getaggte Version des TorD-Proteins codierte [Hatzixanthis et al., 2005] (siehe Tabellen III.1.1 und III.1.2) verwendet. Der transformierte Stamm wurde über Nacht in 10 ml autoklaviertem Medium in einem 100 ml-Erlenmeyerkolben unter aeroben Bedingungen (Inkubator: 180 rpm) und in Gegenwart von Kanamycin (50 µg/ml) sowie Ampicillin (100 µg/ml) bei 37°C angezogen. Für eine Über-Tag-Kultur wurden 100 ml autoklaviertes LB-Medium in einem 1000 ml-Erlenmeyerkolben im Verhälnis 1:100 mit der Über-Nacht-Kultur in Gegenwart der 35 III. Material und Methoden oben genannten Antibiotika überimpft und unter den gleichen Bedingungen angezogen. Bei einer optischen Dichte (OD600) der Kultur von 0,6 wurde die Expression des TorD-Proteins durch die Zugabe von 1 mM IPTG induziert und die Zellen nach 4 h Induktion durch Zentrifugation geerntet (SCL 3000 Rotor (Sorvall): 7000 rpm (8650 xg), 10 min, 4°C). Das Zellpellet wurde in Pufferlösung (1,5 ml Puffer /g Zellen, Puffer: 10 mM Tris-HCl, pH 7, 10 % (w/v) Glycerin) resuspendiert und mit einem Proteaseinhibitormix (“complete, EDTA-free“, Roche) versetzt. Die Zellsuspension wurden im French-Press-Verfahren (French Press von SCM Aminico) in einer gekühlten 40k-Zelle (Spectronic Unicam) mit einem Druck von 8000 psi in zwei Durchgängen aufgeschlossen. Anschließend wurde die Suspension zentrifugiert (30000 g, 30 min, 4°C). Im Folgenden wurde versucht das überexprimierte His-getaggte TorD-Protein im batch-Verfahren affinitätschromatographisch aufzureinigen. Dazu wurde der Überstand der Zentrifugation mit gewaschener Talon-Sepharose (0,15 ml SepharoseSuspension/ml Überstand, Talon Polyhistidine-Tag Purification Resins von Clontech) auf Eis inkubiert und im Abstand von 15 min kurz gevortext. Nach 1,5 h wurde durch Zentrifugation (Kühltischzentrifuge: 2000 rpm, 2 min, 4°C) das Säulenmaterial sedimentiert und anschließend mit Puffer A gewaschen (Puffer A: 10 mM Tris-HCl, 7,0; 300 mM NaCl; Vol. an Puffer A = 10 x Vol. an Talon). Nach zwei weiteren Waschungen mit Puffer A wurde einmal mit Puffer B gewaschen (Puffer B: 10 mM Tris-HCl, pH 7, 5 mM Imidazol; Vol. an Puffer B = 10 x Vol. an Talon). Anschließend wurde die Suspension in eine Einweg-Säule überführt (Polypropylene column 1 ml, Qiagen) wodurch Puffer B weitgehend entfernt wurde. Die Elution des an das Säulenmaterial gebundene TorD-Proteins erfolgte durch Applikation von Elutionspuffer (10 mM Tris-HCl, pH 7, 50 mM Imidazol; Vol. an Eluationspuffer = 4 x Volumen an Talon). Das Eluat wurde in 1 ml-Fraktion aufgefangen und die Reinheit der Fraktionen durch SDS-PAGE und anschließender Coomassie-Blue-Färbung des Gels analysiert. TorD-haltige Fraktionen wurden mit Glycerin in einer Endkonzentration von 20 % (v/v) versetzt und bei -20°C gelagert. III.2.2.5. Präparation der Komponenten des zellfreien Systems III.2.2.5.1. Präparation des Zellextraktes S135 Um Proteine in vitro zu synthetisieren wurde ein Zellextrakt aus E. coli benötigt, der sämtliche cytosolische Komponenten enthält, die zur Transkription und Translation gebraucht wurden [Müller und Blobel, 1984]. Ein solcher Extrakt (S135) wurde in der vorliegenden Arbeit aus Zellen der E. coli-Stämme BL12(DE3)pLys des Top10pDULE (siehe Tabellen III.1.1 und III.1.2) gewonnen. Zellextrakt aus der Präparation des Top10pDULEStammes enthielt neben den nötigen Komponenten der Transkription und Translation auch das orthogonale Paar aus einer mutierten Aminoacyl-tRNA-Synthetase und einer amber- 36 III. Material und Methoden Suppressor-tRNA (tRNACUA), deren beider Gene auf dem pDULE-Plasmid codiert vorlagen [Farrell et al., 2005]. Die Anwesenheit des orthogonalen Paares im Zellextrakt war Voraussetzung für die ortsgerichtete Integration des photoaktiven Aminosäurenderivates pBPA in das TorA-PhoA-Protein. Zur Herstellung des Zellextraktes S135 wurden zunächst folgende Lösungen hergestellt: S30-Medium: pankreatisch verdautes Casein 9 g/l Hefeextrakt 0,8 g/l NaCl 5,6 g/l 1 M NaOH 1 ml/l → Nach dem Autoklavieren des Mediums wurde zugesetzt: 20% (w/v) Glukose (autoklaviert) 4 ml/l S30-Puffer: Triethanolaminacetat (TeaOAc), pH 7,5 10 mM Mg(OAc)2 14 mM KOAc, pH 7,5 60 mM DTT 1 mM Zur Anzucht der E. coli-Zellen wurde eine Über-Nacht-Kultur des jeweiligen Stammes (100 ml S30-Medium in einem 500 ml-Erlenmeyerkolben) in Gegenwart des entsprechenden Antibiotikums (siehe Tabelle III.1.4) bei 37°C und unter Schütteln bei 180 rpm angezogen. Für eine Über-Tag-Kultur wurden 4x 1 l S30-Medium in einem 5 l-Erlenmeyerkolben im Verhälnis 1:100 mit der Über-Nacht-Kultur in Gegenwart von Antibiotika überimpft und unter den gleichen Bedingungen angezogen. Um die Expression des orthogonalen Paares zu optimieren wurde im Fall des Top10pDULE-Stamms die Konzentration des Tetracyclins in der Über-Tag-Kultur auf 2,5 µg/ml gesenkt. Nach Erreichen einer optischen Dichte (OD600) von 1,0-1,2 wurde die Kultur in einem Wasser/Eis-Gemisch kaltgestellt und anschließend durch Zentrifugation geerntet (SCL 3000 Rotor (Sorvall): 7000 rpm (8650 xg), 10 min, 4°C). Das Zellpellet wurde mit S30-Puffer gewaschen und erneut zentrifugiert. Anschließend wurde das Zellpellet in 1 ml S30-Puffer pro 1 g Zellen resuspendiert und die Zellen im French-Press-Verfahren (Presse von SCM Aminico, 40k-Zelle von Spectronic Unicam) mit einem Druck von 8000 psi in 2-3 Durchgängen aufgeschlossen. Durch eine weitere Zentrifugation (SS 34 Rotor (Sorvall): 15500 rpm (30000 xg), 30 min, 4°C) wurden Zellbruchstücke und nicht-aufgeschlossene Zellen sedimentiert. Der S30-Überstand wurde abgenommen und durch eine anschließende „read out“-Behandlung die darin enthaltenen 37 III. Material und Methoden endogenen mRNAs vollständig translatiert. Dies war eine Voraussetzung für die spezifische in vitro-Proteinsynthese. Dazu wurden pro ml S30-Überstand folgende Komponenten zugesetzt: 1 M TeaOAc, pH 7,5 60 µl 1 M DTT 0,6 µl 1 M Mg(OAc)2 1,6 µl 1 mM 18 Aminosäuren-Mix 6 µl 1 mM Cystein 6 µl 1 mM Methionin 6 µl 0,25 M ATP (neutralisiert) 2 µl 0,2 M PEP 27 µl 2 mg/ml Pyruvat-Kinase 2,4 µl Die „read out“-Behandlung wurde bei 37°C für 1 h durchgeführt. Um die zugegebenen niedermolekularen Komponenten, insbesondere nicht radioaktives Methionin und Cystein, aus dem S30-Überstand zu entfernen, wurde anschließend zweimal für je 1 h und ein drittes Mal über Nacht bei jeweils 4°C gegen je 1 l S30-Puffer dialysiert. Dazu wurde ein Dialyseschlauch mit einer Ausschlußgröße von 14 kDa benutzt (Visking, Roth). Der so gewonnene S30 konnte nun in Aliquots in flüssigem Stickstoff eingefroren und dann bei –80°C aufbewahrt oder direkt zu S135 weiterverarbeitet werden. Dazu wurde je 1 ml S30-Überstand zentrifugiert (Ultrazentrifuge Beckman, Rotor: TLA 100.2, 90000 rpm, 13 min, 4°C), wodurch endogene Membranen abgetrennt wurden. Je 750 µl des Überstands wurden als S135 abgenommen. Der S135-Zellextrakt wurde aliquotiert, in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei −70°C gelagert. III.2.2.5.2. Präparation von inside-out Innenmembranvesikeln (INV) Um den Transport von sekretorischen Proteinen über die Innenmembran von E. coli in vitro untersuchen zu können, wurden sogenannte inside-out Vesikel (INV), Vesikel der Innenmembran mit umgedrehter Orientierung, im Wesentlichen nach dem Protokoll von Moser et al. (2007) hergestellt. Zur Präparation der INVs wurden die in Tabelle III.1.1 und III.1.2 beschriebenen Stämme und Plasmide verwendet. Zunächst wurden folgende Lösungen angesetzt: 38 III. Material und Methoden INV-Medium: dest. H2O mit 10g pankreatisch verdautem Casein und 10 g Hefeextrakt 753 ml 1 M KH2PO4 41 ml 1 M K2HPO4 166 ml 25 % (w/v) Glukose 40 ml → Die Lösungen wurden getrennt von einander autoklaviert und erst kurz vor Beginn der Anzucht in den angegebenen Volumina zu 1 l INV-Medium vereint. Puffer A: Triethanolaminacetat (TeaOAc), pH 7,5 50 mM Saccharose 0,25 M EDTA 1 mM DTT 1 mM PMSF 0,5 mM → PMSF wurde erst kurz vor dem Aufschluß der Zellen aus einer frisch zubereiteten 0,1 M-Lösung in EtOH p.a. zugegeben INV-Puffer: Triethanolaminacetat (TeaOAc), pH 7,5 50 mM Saccharose 250 mM DTT 1 mM Zur Präparation der INVs wurde zunächst eine Über-Nacht-Kultur (100 ml INV-Medium in 1 lErlenmeyerkolben, entsprechendes Antibiotikum) angezogen. Für eine Über-Tag-Kultur wurden 4x 1 l INV-Medium in je einem 5 l-Erlenmeyerkolben im Verhälnis 1:50 mit der ÜberNacht-Kultur in Gegenwart von Antibiotika überimpft und bei 37°C unter Schütteln bei 180 rpm angezogen. Gegebenfalls wurde die Expression plasmidkodierter Proteine durch die Zugabe von 1 mM IPTG bei einer OD600 von 0,6 induziert (Tat+-INVs, ∆TatA-INVs). Die Ernte der Zellen erfolgte bei einer OD600 von 1,5-1,8. Dazu wurde die Kultur in einem Wasser/EisGemisch kalt gestellt und anschließend durch Zentrifugation geerntet (SCL 3000 Rotor (Sorvall): 7000 rpm (8650 xg), 10 min, 4°C). Alle folgenden Schritte wurden auf Eis bzw. bei 4°C durchgeführt. Nach einem Waschschritt mit Puffer A wurde das Zellpellet in 1 ml Puffer A pro 1 g Zellen resuspendiert und die Zellen im French-Press-Verfahren (Presse von SCM Aminico, 40k-Zelle von Spectronic Unicam) mit einem Druck von 8000 psi in 2-3 Durchgängen aufgeschlossen. Zelltrümmer und nicht aufgeschlossene Zellen wurden durch 39 III. Material und Methoden einen niedertourigen ersten Zentrifugationsschritt sedimentiert (Rotor: SS-34 (Sorvall), 5000 rpm, 5 min). Durch Ultrazentrifugation des Überstandes (Rotor: 50.2 Ti (Beckmann), 40000 rpm, 2 h) wurde das Rohmembranen-Pellet sedimentiert, das aus Innenmembranen, Außenmembranen sowie Ribosomen bestand. Dieses Pellet wurde anschließend mit Hilfe eines Dounce Homogenisators (“loose fit“) in 8 ml Puffer A resuspendiert. Auf Grund der unterschiedlichen Dichten konnten im folgenden Präparationsschritt die Außenmembranen und Ribosomen des Rohmembranen-Pellets von den Innenmembranvesikeln weitgehend getrennt werden. Dazu wurden 0,77 M, 1,44 M und 2,02 M Saccharoselösungen in Saccharose-freiem Puffer A (50 mM TeaOAc, pH 7,5, 1 mM EDTA, 1 mM DTT, 0,5 mM PMSF (frisch)) hergestellt. Durch Unterschichtung von 12 ml der 0,77 M Saccharoselösung mit 12 ml der 1,44 M Lösung und schließlich mit 10 ml der 2,02 M Lösung entstand ein Saccharosegradient, der für 1 h bei 4°C äquilibriert wurde. Nach Überschichtung von 2–2,5 ml der Rohmembranen pro Gradient erfolgte ein weiterer Ultrazentrifugationsschritt (Ausschwingrotor SW28 (Beckmann), 25000 rpm, mindestens 16 h). Auf Grund ihrer spezifischen Dichte bewegten sich die Innenmembranvesikel zu der oberen Interphase zwischen der 0,77 M und 1,44 M Saccharoselösung und waren hier als gelbliche Bande zu erkennen. Diese wurde mittels einer Kanüle und einer Spritze abgezogen. Um die Saccharosekonzentration der Innenmembranvesikellösung zu verringern, wurde diese 1:4 mit 50 mM Triethanolaminacetat, pH 7,5 verdünnt. Durch einen weiteren Ultrazentrifugationsschritt (Rotor: 50.2 Ti (Beckmann), 40000 rpm, 2 h) wurden die INVs pelletiert und anschließend mit Hilfe eines Homogenisators in insgesamt 1 ml INV-Puffer resuspendiert, um eine ausreichend hohe Vesikel-Konzentration zu erhalten. Zur Absorptionsmessung (OD280) wurden die Vesikel 1:100 in 2 % SDS verdünnt. Präparierte INVs wurden durch Western-Blotting (siehe III.2.2.2.3.) mit Antikörpern gegen die Tat-Proteine TatA, TatB und TatC, sowie durch Bestimmung ihrer in vitro-Transportaktivität charakterisiert (siehe III.3.2.). III.2.2.5.3. Präparation von T7-RNA-Polymerase Die in der vorliegenden Arbeit zur in vitro-Synthese verwendeten Plasmide codierten für Proteine, deren Gene unter der Kontrolle des T7-Promotors standen. Zur Optimierung der Synthese wurde daher dem Transkriptions/Translations-System exogene T7-RNA- Polymerase zugegeben. Diese wurde aus einem überproduzierenden E. coli-Stamm von D. Trescher nach der in Beck et al., (2000) beschriebenen Methode aufgereinigt. 40 III. Material und Methoden III.2.2.6. Versuche im zellfreien System aus E. coli III.2.2.6.1. Gekoppelte in vitro-Transkription/Translation In vitro-Proteinsynthese erfolgte in der vorliegenden Arbeit im Wesentlichen nach dem Protokoll von Moser et al., 2007. Ein Ansatz zur Synthese eines radioaktiv-markierten Proteins enthielt neben einem aus E. coli präpariertem S135-Extrakt folgende Komponenten: Ein Plasmid, das für das T7-Promotor-kontrollierte Gen des zu synthetisierenden Proteins codiert, T7-RNA-Polymerase und für die Transkription notwendige Nukleotide; ein ATPregenerierendes System aus Kreatinphosphat (CP), Kreatinphosphatkinase (CPK) und Phosphoenolpyruvat (PEP); 20 Aminosäuren, darunter mit 35 S radioaktiv-markiertes Cystein und Methionin; Polyethylenglycol zur Simulierung des „molecular crowding“; Spermidin, das als Polyamid die Ribosomen stabilisiert, sowie DTT, das die im Cytoplasma herrschenden reduzierenden Bedingungen etabliert. Dieses System wurde je nach Fragestellung durch den Zusatz weiterer Komponenten erweitert. Entscheidend für die Effizienz der in vitro-Proteinsynthese war die Etablierung stabiler Ionenverhältnisse. Gleichbleibende Konzentrationen an Tea+- (Triethanolamin), K+- und insbesondere Mg2+-Ionen wurden durch die Verwendung eines Kompensationspuffers gewährleistet, dessen ionische Zusammensetzung sich nach der Art und Menge der zu dem in vitro-System zugesetzten Komponenten richtete. So wurde beispielsweise durch den Einsatz von 1 µl S135 10 nmol Tea+-, 60 nmol K+- und 14 nmol Mg2+-Ionen in das in vitroSystem eingetragen. Um das Konzept des Kompensationspuffers zu verdeutlichen wird im Folgenden die Beispielrechnung eines 5x Kompensationspuffers für einen Syntheseansatz (25 µl) dargestellt, in der 5 µl S135 und 1µl Plasmid-DNA verwendet wurden: 10 60 14 5µl S135 (T K Mg ) 1 µl Plasmid-DNA (T10) Gewünschte Endkonzentration Dies entspricht in 25µl ∆ nmol Konzentration der Stammlösungen Volumen für 500µl 5x Kompensationspuffer Tea+ 50 nmol 10 nmol 40 mM 1000 nmol 940 1M K+ 300 nmol 140 mM 3500 nmol 3200 4M Mg+ 70 nmol 11 mM 275nmol 205 1M Spermidin 0,8 mM 20 nmol 20 0,1M H20 94µl 80 µl 20,5 µl 20µl ad 500µl Nach einer S135-Präparation wurde die optimale Menge an Zellextrakt/Syntheseansatz durch Titration neu ermittelt. Ein weiteres Mittel zur Optimierung der Syntheseleistung war außerdem die Titration der Mg+-Konzentration. 41 III. Material und Methoden Der eigentliche Syntheseansatz wurde wie folgt zusammenpipettiert: Kompensationspuffer Polyethylenglykol (PEG) 18 Aminosäuren DTT NTP-Mix: ATP, GTP, CTP, UTP Phosphoenolpyruvat (PEP) Kreatinphosphat (CP) Kreatinphosphatkinase (CPK) S135 DNA T7- RNA- Polymerase 35 S- Met/Cys sonstige Komponenten dest. H2O [Stammlösung] Endkonzentration 5x 40% je 1mM 200mM 50, 10, 10 ,10 mM 0,2M 0,5M 10mg/ml 1x 3,2% je 0,04mM 2mM 2,5 ; 0,5; 0,5; 0,5 mM 12mM 8mM 40µg/ml 1µg/µl 40µg/ml 15µCi/µl 0,3µCi/µl µl/ 25µl Ansatz 5 2 1 0,25 1,25 1,5 0,4 0,1 5 1 0,1 0,5 x ad 25 Die Komponenten wurden entweder einzeln, oder zur Vereinfachung, in Mix-Lösungen aus mehreren Komponenten pipettiert. So wurden PEG, die 18 Aminosäuren und der NTP-Mix als sog. Master-Mix angesetzt, während alle anderen Komponenten einzeln pipettiert wurden. Die Komponenten, die in gleicher Menge in allen Syntheseansätzen vorkamen, wurden erst in einem so genannten Reaktions-Mix zusammenpipettiert. Dabei wurde das Volumen des Reaktions-Mixes für n+1 Ansätze berechnet. Dieser konnte dann auf die einzelnen Reaktiongefäße verteilt werden. Komponenten, die auf Grund der experimentellen Fragestellung nicht in allen Ansätzen vorhanden war, wurden für die entsprechenden Ansätze einzeln in die Reaktionsgefäße vorgelegt oder zu definierten Zeitpunkten zugegeben. Nahmen die zusätzlichen Komponenten Einfluss auf die ionischen Verhältnisse des in vitro-Systems, so wurde dies im Vorhinein in die Berechnung des Kompensationspuffers einbezogen. Ansätze denen diese Komponenten fehlten, wurden stattdessen nur mit dem Puffer der zusätzlichen Komponente versetzt. Die zugesetzten Komponenten mussten auch bei der Berechnung des Endvolumens des Reaktionsansatzes (25 µl) berücksichtigt werden. Die radioaktiven Aminosäuren wurden zuletzt zugegeben. Die Transkriptions-/Translationsreaktion erfolgte bei 37°C für 30-35 min. Die Synthese wurde entweder durch eine Fällung mit 5 % TCA und einer anschließenden Inkubation von 30 min auf Eis gestoppt, oder durch die Zugabe des Antibiotikums Puromycin in einer Endkonzentration von 0,8 mM und einer Inkubation von 10 min bei 37°C beendet (Stammlösung Puromycin: 11 mM, pH 6,5). Durch Puromycin wird die naszierende Polypeptidkette vom Ribosom abgelößt. Die Ursache hierfür liegt in der Struktur des Antibiotikums, die der eines Aminoacylterminuses einer Aminoacyl-tRNA ähnelt. Dadurch bindet Puromycin an die leere A-Stelle im Ribosom, die Peptidyltransferaseaktivität des Ribosoms katalysiert eine Peptidbindung zwischen der αAminogruppe des Puromycins und 42 III. Material und Methoden der Carboxylgruppe der letzten Aminosäure der naszierenden Kette, wodurch das PeptidylPuromycin-Molekül vom Ribosom abdissoziiert. III.2.2.6.2. In vitro-Translokation und Protease-Resistenz-Test Das in der vorliegenden Arbeit benutzte in vitro-System konnte auch zur Untersuchung von Translokationsprozessen des in vitro-synthetisierten Proteins über die Cytoplasmamembran von E. coli benutzt werden. Dazu wurden dem in vitro-Syntheseansatz 5-10 min nach dem Start der Synthese invertierte Innenmembranvesikel (INV) aus E. coli zugesetzt und für weitere 25 min inkubiert. Die Zugabe der INVs wurde im Kompensationspuffer für die Synthese berücksichtigt (1 µl INV: (T50)). Ein Spezialfall stellte der Tat-abhängige in vitroTransport des TorA-PhoA-Proteins da, der von „oxidierenden“ Synthesebedingungen abhängig war. Oxidierende Bedingungen wurden durch die Zugabe von 5 mM oxidiertem Glutathion (GSSG) etabliert. Dieses wurde den entsprechenden Ansätzen zu Beginn der in vitro-Synthese zugegeben. Dazu wurden einem bereits fertiggestellten Reaktionsmix 0,625 µl/25 µl-Ansatz einer 200 mM GSSG-Lösung zugesetzt und erst dann auf die Reaktionsgefäße verteilt. Da GSSG in dest. H2O gelöst war hatte dieser Zusatz keinen Einfluss auf die ionischen Verhältnisse des in vitro-Systems, allerdings mußte das zugegebene Volumen der GSSG-Lösung mit in die Kalkulation einbezogen werden. Zur Inhibition des PMF-abhängigen in vitro-Tat-Transportes konnten dem in vitro-Ansatz Entkoppler-Substanzen Protonengradienten zugesetzt wurde werden. das Zur Protonophor Zerstörung CCCP eines bestehenden (Carbonylcyanid-m- chlorophenylhydrazon, Sigma) in einer Endkonzentration von 0,1 mM unmittelbar vor der Zugabe der INVs zugesetzt. Die CCCP-Arbeitslösung wurde immer frisch in einer Konzentration von 10 mM in DMSO angesetzt. Zur Inhibition der ATPase der zugesetzten INVs und somit zur Inhibition der Formation eines Protonengradienten wurde DCCD (Dicyclohexylcarbodiimid, Fluka) in einer Endkonzentration von 0,5 mM unmittelbar vor der Zugabe der INVs dem in vitro-Transportansatz zugesetzt. Die DCCD-Arbeitslösung wurde in einer Konzentration von 50 mM in DMSO aus einer 1 M Stammlösung in Tetrahydrofuran (THF) angesetzt. Die Stammlösung wurde immer frisch angesetzt. Als Kontrolle wurde Ansätzen ohne Entkoppler das entsprechende Volumen DMSO zugesetzt. Transportaktivität wurde nach Proteinsynthese und Inkubation des Ansatzes mit den INV mittels eines Protease-Resistenz-Tests überprüft. Dazu wurde 25 min nach der Zugabe der INVs 15µl eines Doppelansatzes (50 µl) direkt mit TCA (Endkonzentration 5 %) gefällt, während 30 µl mit 30 µl Proteinase K (1 mg/ml) für 25 min bei 25°C inkubiert wurden. Während des 25-minutigen Proteaseverdaus wurden Proteine, die nicht durch die Membranvesikel geschützt wurden, vollständig verdaut. Proteine, die dagegen durch Transport ins Lumen des Membranvesikel gelangten, waren dem proteolytischem Verdau 43 III. Material und Methoden durch Proteinase K nicht ausgesetzt. Proteinas K-Behandlung konnte in Gegenwart von Detergenzien (bspw. 1 % Triton X100) durchgeführt werden, die zusammen mit der Proteinase K zugesetzt wurden. Durch Detergenzien wurde die Integrität der Membran zerstört, wodurch auch das Vesikellumen der Proteinase K zugänglich wurde. TCA-Pellets von Ansätzen denen Detergenzien zugesetzt worden waren, wurden zunächst mit 1 ml Aceton p.a. gewaschen und erst dann in SDS-PAGE-Probenpuffer gelöst. PK-behandelte Proben wurden mit TCA gefällt und, um eine vollständige Inaktivierung der Proteinase K zu erreichen, für 10 min bei 56°C inkubiert und erst danach mind. 30 min bei 4°C inkubiert. Die Proben wurden dann wie beschrieben mittels SDS-PAGE analysiert. III.2.2.6.3. Ortsgerichtete Quervernetzung mit para-Benzoyl-L-Phenylalanin (pBPA) Um molekulare Interaktion des in vitro-synthetisierten Proteins zu analysieren wurden in der vorliegenden Arbeit eine in vitro-Quervernetzungsmethode mit dem photoaktivierbaren Quervernetzer para-Benzoyl-L-Phenylalanin (pBPA, Bachem) etabliert. pBPA wurde dabei ortsspezifisch in das in vitro-synthetisierte Protein eingebaut. Vorbild dieser Methode bildete das von Farrell et al., 2005 etablierte in vivo-System zum ortsspezifischen Einbau von pBPA in Proteine. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst an einer gewünschten Position der DNA-Sequenz des plasmidcodierten Proteins ein Aminosäurecodon zu einem amber-Stop-Codon (TAG) mutiert, wodurch es zu einem Abbruch der in vitro-Translation an dieser Stelle kam. Durch den Einbau von pBPA konnte der Translationsstopp supprimiert werden, wodurch ein Protein synthetisiert wurde, das einen photoaktivierbaren Quervernetzer an einer definierten Position der Aminosäuresequenz enthielt. Die Grundlage für den Einbau von pBPA an dieser Position bildet ein orthogonales Paar aus einer amber-Suppressor-tRNA (tRNAUAG) und einer mutierten Tyrosyl-tRNA-Synthetase. Beide Komponenten waren bereits in dem für diese Methode verwendeten Zellextrakt vorhanden, da der E. coli-Stamm aus dem der Extrakt präpariert wurde das pDULE-Plasmid (siehe Tabelle III.1.2) trug, auf dem die Gene dieser Komponenten codiert waren. Beide Komponenten wurden in vivo unter der Kontrolle eines endogenen llp-Promotors aus E. coli exprimiert [Farrell et al., 2005]. Durch die Zugabe von pBPA zum in vitro-Syntheseansatz wurde die amber-Suppressor-tRNA in einer durch die mutierten Tyrosyl-tRNA-Synthetase-katalysierten Reaktion mit pBPA aminoacyliert, wodurch eine pBPA-amber-Suppressor-tRNA (pBPA-tRNAUAG) entstand. Diese supprimierte das amber-Stop-Codon in der transkribierten mRNA des mutierten Proteins, wodurch das photoaktivierbare pBPA an dieser Stelle während der Translation in die Polypeptidkette eingebaut und das Protein bis zum regulären Stop-Codon am 3’ Ende fertig synthetisiert wurde (siehe Abb. IV.11 in IV. Ergebnisse). 44 III. Material und Methoden Im Einzelnen wurde wie folgt verfahren: Da pBPA lichtempfindlich ist wurden alle folgenden Schritte im Dunkeln durchgeführt, d.h. alle pBPA-haltigen Lösungen wurde mit Alufolie vor Licht geschützt. Zunächst wurde eine 1 M pBPA-Stammlösung in 1 N NaOH angesetzt. Daraus wurde anschließend durch eine 1:500 Verdünnung mit dest. H2O eine 2 mM pBPAArbeitslösung hergestellt. Um die Stop-Codon-Mutation zu supprimieren wurden 0,5 µl dieser Arbeitslösung/25 µl Syntheseansatz (Endkonzentration pBPA: 40 µM) entweder einzeln in die Reaktionsgefäße vorgelegt oder direkt in den Reaktionsmix pipettiert und wie beschrieben bei 37°C für 30 min inkubiert. Das Volumen der zugegebenen pBPA-Lösung wurde bei der Berechnung des Reaktionsmixes einkalkuliert. Für die Quervernetzungsexperimente mußten die Synthesebedingungen der Stop-CodonMutanten optimiert werden. Die Suppression des amber-Stop-Codons hing sehr stark von der Mg2+-Konzentration im Syntheseansatz ab. Bei zu hoher Mg2+-Konzentration wurde das amber-Stop-Codon, auch ohne Zugabe von pBPA, von den Ribosomen zum Teil überlesen (readthrough). Bei zu geringen Mg2+-Konzentrationen war die Syntheserate deutlich reduziert. In Vorversuchen wurde die optimale Mg2+ Konzentration ermittelt, die meist bei 89 mM lag. Der eigentliche Quervernetzungsversuch fand nach dem Stopp der in vitro-Synthese durch Puromycin statt. Dazu wurde der Syntheseansatz (Doppelter Syntheseansatz: 50 µl) gegebenenfalls mit Membranvesikeln bei 37°C für 20 min inkubiert, um anschließend zu gleichen Teilen aufgeteilt zu werden, wobei eine Hälfte durch die Zugabe von TCA in einer Endkonzentration von 5 % gefällt, und die zweite Hälfte durch eine Bestrahlung mit UV-Licht (365 nm, Handlampe VL-6.L von Vilbert Lourmat) für 20 min auf Eis behandelt wurde. Nach der Bestrahlung wurde auch diese Probe mit TCA gefällt. Eventuelle Quervernetzungsprodukte konnten nach SDS-PAGE über Autoradiographie sichtbar gemacht werden. III.2.2.7. Immunpräzipitation Durch Immunpräzipitation (IP) können Proteine in Lösungen (bspw. in vitro- Syntheseansätze) mit Hilfe von Antikörpern nachgewiesen werden. Auf diese Weise konnten in der vorliegenden Arbeit Interaktionspartner des in vitro-synthetisierten Proteins identifiziert werden. Zur Immobilisierung der Antikörper wurde Protein A-Sepharose (CL-4B, GE Healthcare) verwendet, deren Protein A den Fc-Teil von IgG-Antikörpern bindet. Je nach Fragestellung wurde eine native oder eine denaturierende Immunpräzipitation angewandt. Im Einzelnen wurde wie folgt verfahren: Für Immunpräzipitationen (IP) mit Antikörpern gegen TatC wurden 20 mg, für alle anderen IPs 10 mg ProteinA-Sepharose eingesetzt. In jedem Fall wurde die ProteinA-Sepharose zunächst in 1 ml kaltem Triton-Puffer (25 mM Tris-HCl, pH 6,8, 0,9 % (w/v) NaCl, 1 % (v/v) 45 III. Material und Methoden Triton X100, 5 mM EDTA, pH 8) für 5 min auf Eis gequollen und anschließend durch Zentrifugation (Tischzentrifuge, 14000 rpm, 1 min, RT) pelletiert. Die Protein A-Sepharose wurde in 1 ml kaltem Triton-Puffer gewaschen um schließlich in demselben Volumen TritonPuffer wieder aufgenommen und mit dem spezifischen Antiserum versetzt zu werden: Antiserum (vom Kaninchen) µl pro Immunpräzipitation α TatA α TatB α TatC α FkpA α TorD α PhoA 30 30 80 20 30 10 Herkunft AG M. Müller AG M. Müller AG M. Müller J.M. Betton F. Sargent Abcam (ab354) Der Antikörper-haltige Ansatz wurde ca. 90 min bei 4°C in einem Überkopfschüttler inkubiert. In dieser Zeit bindet der Antikörper an die ProteinA-Sepharose. Nach zwei Waschschritten mit jeweils 1 ml kaltem Tritonpuffer zur Abtrennung nicht gebundener Antikörper, wurden die Antikörper-Protein-A-Sepharose-Komplexe wiederum in 0,5 ml kaltem Tritonpuffer aufgenommen. An dieser Stelle konnte der zu untersuchende in vitro-Ansatz zugesetzt werden. Dieser wurde im Fall einer denaturierenden IP mit 1 % SDS versetzt, bei 56°C für 10 min in einem Thermomixer inkubiert, auf RT abgekühlt und anschließend zu der präparierten Antikörper-Protein-A-Sepharose-Suspension pipettiert. Entsprechend dem Volumen des zugesetzten Ansatzes wurde die Suspension mit Triton-Puffer bis zu einer SDS-Konzentration von 0,1 % verdünnt. Im Fall einer nativen IP wurde auf die Inkubation mit SDS verzichtet und der in vitro-Ansatz direkt zur Antikörper-Protein-A-Sepharose- Suspension pipettiert und mit Triton-Puffer auf 1 ml aufgefüllt. Handelte es sich um einen mit Proteinase K-behandelten Ansatz wurde dieser nach der 25 minütigen Inkubation mit Proteinase K (Endkonzentration 0,5 mg/ml) bei 25°C mit 0,5 mM PMSF (Stammlsg: 0,1 M PMSF in EtOH p.a.) sowie 3 µl „Complete“-Lösung (“Complete“, EDTA-frei, Roche: 1 Tablette in 1 ml dest. H2O) versetzt, bei 25°C für 20 min inkubiert und erst dann zu der Antikörper-Protein A-Sepharose-Suspension pipettiert. In jedem Fall wurden die IP-Ansätze für ca. 3 h oder über Nacht bei 4°C in einem Überkopfschüttler inkubiert. Schließlich wurden die Proben zweimal mit 1 ml Triton-Puffer gewaschen, um nicht gebundene Proteine zu entfernen, und einmal mit 1 ml Äquilibrierungspuffer (25 mM Tris-HCl, pH 6,8) zur Entfernung des Tritons. Das Sepharose-Pellet wurde in 40 µl SDS-PAGE-Probenpuffer aufgenommen, für 10 min bei 56°C im Thermomixer (14000 rpm) inkubiert und, zur Sedimentierung der Sepharose, für 1 min zentrifugiert. Der SDS-PAGE-Probenpuffer wurde mit einer HamiltonSpritze (50 µl-Hamiltonspritze) abgenommen und auf ein SDS-PAGE-Gel aufgetragen. 46 III. Material und Methoden III.2.2.8. Kovalente Modifikation freier Sulfhydrylgruppen von in vitro-synthetisiertem Protein Um den Oxidationszustand von Sulfhydrylgruppen eines Proteins zu bestimmen wurden reduzierte und somit freie Sulfhydrylgruppen kovalent modifiziert. Durch die Alkylierung freier Sulfhydrylgruppen mit Iodacetamid wird eine Oxidation des Proteins während der Analyse durch SDS-PAGE verhindert. Dazu wurde ein in vitro-Syntheseansatz (25 µl) nach einer 30 minütigen Synthese mit 5 % TCA gefällt und 30 min auf Eis inkubiert. Durch anschließende Zentrifugation (Tischzentrifuge: 14000 rpm, 10 min, RT) wurde das Präzipitat sedimentiert, mit 1 ml 100 % Aceton gewaschen und in gleicher Weise erneut zentrifugiert. Das gewaschene Pellet wurde in 25 µl SDS-PAGE-Probenpuffer (siehe III.2.2.1.) aufgenommen, der 100 mM Iodacetamid aber kein DTT (nicht-reduzierend) enthielt. Die Probe wurde daraufhin 30 min bei 25°C in einem Thermomixer bei 1400 rpm inkubiert und anschließend über eine SDS-PAGE analysiert. Eine weitere Methode zur kovalenten Modifikation freier Sulfhydrylgruppen stellt die Behandlung mit AMS (4´-Acetamido-4´-maleimidylstilbene-2,2´-Disulfonsäure, Molecular Probes) dar. Freie Sulfhydrylgruppen reagieren mit AMS, wodurch dem Molekulargewicht des Proteins ca. 500 Da/AMS-Molekül zugefügt werden und dadurch ein verändertes Laufverhalten des Proteins in der anschließenden SDS-PAGE-Analyse auftritt. Dazu wurde erneut ein in vitro-Syntheseansatz (25 µl) nach einer 30 minütigen Synthese mit 5 % TCA gefällt, 30 min auf Eis inkubiert und anschließend zentrifugiert (16000 g, 30 min, 4°C). Die AMS-Behandlung wurde nach Hoffmann et al., 2004 durchgeführt. Hierfür wurde das Pellet der TCA-Präzipitation in 20 µl ASB-A-Puffer aufgenommen und in einem Thermomixer bei 25°C und 900 rpm für 1 h im Dunkeln inkubiert: ASB-A-Puffer: Harnstoff 6M Tris-HCl, pH 8,5 200 mM EDTA 10 mM SDS 0,5% (w/v) → zu dieser Pufferlösung wird frisch zugegeben: AMS 15 mM Nach Beendigung der Inkubation wurde die gesamte Probe in 10 µl SDS-PAGEProbenpuffer aufgenommen, bei 95°C für 3 min gekocht und durch SDS-PAGE analysiert. 47 III. Material und Methoden III.2.2.9. Größenchromatographische Analyse eines in vitro-Transport-Ansatzes Um die Bindung des in vitro-synthetisierten Proteins an zugegebene Membranen zu analysieren wurden nach dem Gelfiltrationsprinzip die Membranen vom restlichen TransportAnsatz nach Beendigung des in vitro-Transportes getrennt. Dazu wurde zunächst ca. 1,5 ml Säulenmaterial (Sepharose CL-6B, Sigma-Aldrich), das einen Trennbereich von 10 kDa –4 MDa aufweist, unter Berücksichtung der HerstellerAngaben in eine Einweg-Säule (Polypropylene column 1 ml, Qiagen) gepackt und mit fünf Säulenvolumen dest. Wasser gespült. Anschließend wurde die Säule mit 5 Säulenvolumen Puffer I bei RT äquilibriert: Puffer I HEPES, pH 7,5 50 mM KAc 140 mM MgAc 10 mM DTT 2,2 mM → wurden Transportansätze analysiert, die oxidiertes Glutathion (GSSG) enthielten: GSSG 5 mM Für die größenchromatographischen Analysen eines Transportansatzes wurde dieser nach dem Stopp der Synthese durch die Zugabe von Puromycin (siehe III.3.1.) 20 min mit 16000 g bei 4°C zentrifugiert um eventuelle Aggregate des synthetisierten Proteins zu sedimentieren. 100 µl des Überstandes wurden bei RT auf die Säule appliziert. Eluation fand mit 2 ml Puffer I statt. Dabei wurden 20 Fraktionen à 100 µl aufgefangen, mit TCA in einer Endkonzentration von 5 % versetzt und mind. 30 min auf Eis inkubiert. Durch anschließende Zentrifugation (Tischzentrifuge: 14000 rpm, 10 min, RT) wurde das Präzipitat sedimentiert. Zur anschließenden SDS-PAGE- Analyse wurde das Pellet der Zentrifugation in 30 µl SDSPAGE-Probenpuffer aufgenommen (siehe III.2.2.1.). III.2.2.10. Affinitätschromatographische Aufreinigung von in vitro-synthetisiertem Protein In vitro-synthetisiertes, His-getaggtes TorA-PhoA wurde im batch-Verfahren affinitätschromatographisch aufgereinigt. Dazu wurde zunächst 50 µl einer Ni2+-SepharoseSuspension (Ni-Sepharose 6 fast flow, GE healthcare) mit 1 ml dest. H2O versetzt und anschließend zentrifugiert (500 xg, 2 min, RT). Der Überstand wurde entfernt und die 48 III. Material und Methoden Sepharose in 1 ml Äquilibrierungspuffer (25 mM Tris-HCl, pH 8,0, 150 mM NaCl, 1 % (v/v) Triton X100) aufgenommen, erneut zentrifugiert (500 xg, 2 min, RT) und der Überstand entfernt. Dieser Schritt wurde ein weiteres Mal wiederholt und schließlich der Überstand mit einer Spritze vollständig abgenommen (Hamilton, 50 µl). Auf die so äquilibrierte Ni2+Sepharose wurde 50 µl eines in vitro-Syntheseansatzes gegeben, der mit Puromycin gestoppt und zusätzlich mit Triton X100 in einer Endkonzentration von 1 % (v/v) versetzt wurde. Nach einer Inkubationszeit von 15 min bei RT wurde erneut zentrifugiert und der Überstand als ungebundenes Material vollständig mit der Spritze abgenommen. Die Ni2+Sepharose wurde mit 50 µl Äquilibrierungspuffer versetzt, 15 min bei RT inkubiert um anschließend die Probe zu zentrifugieren und den Überstand mit der Spritze abzunehmen. Dieser Schritt wurde einmal wiederholt und die Überstände aus beiden Schritten als Waschfraktionen 1 und 2 gesammelt. Elution des an die Sepharose gebundenen Proteins erfolgte durch Inkubation der Ni2+-Sepharose mit 50 µl Elutionspuffers (25 mM Tris-HCl, pH 8,0, 150 mM NaCl, 1 % (v/v) Triton X100, 50 mM EDTA) für 15 min bei RT. Nach erneuter Zentrifugation wurde der Überstand mit der Spritze abgenommen und als Eluat-Fraktion gesammelt. Sämtliche Fraktionen wurden mit TCA in einer Endkonzentration von 5 % versetzt und mind. 30 min auf Eis inkubiert. Durch anschließende Zentrifugation (Tischzentrifuge: 14000 rpm, 10 min, RT) wurde das Präzipitat sedimentiert. Zur anschließenden SDS-PAGE-Analyse wurde das Pellet der Zentrifugation in 30 µl SDSPAGE-Probenpuffer aufgenommen (siehe III.2.2.1.). 49 IV. Ergebnisse IV. Ergebnisse Ziel dieser Arbeit war es, detaillierte Einblicke in den Mechanismus des twin-argininetranslocation (Tat)-Systems, einem Proteintranslokations-Systems aus E. coli zu erhalten. In E. coli wird der Tat-abhängige Transport von den drei essentiellen Membranproteinen TatA, TatB und TatC vermittelt. Tat-abhängig transportierte Proteine tragen zwei konservierte Arginine (twin arginine) in ihren N-terminalen Signalsequenzen. Die Bedeutung des TatSystems liegt in der Translokation von Proteinen, bei denen die Ausbildung von tertiären und quartären Strukturen im Cytoplasma auf Grund von Kofaktor-Insertion, Assemblierung mit Untereinheiten eines Komplexes oder schneller Faltungskinetik dem Transport voraus gehen. Dadurch werden diese Proteine inkompatibel für den sekretorischen (Sec) Transportweg, der nur vollständig ungefaltete Proteine befördern kann. Das Tat-System muss in der Lage sein den Faltungszustand der Tat-Substrate zu erkennen, da ungefaltete Proteine nicht transportiert werden. Dies wurde bereits durch Untersuchungen mit Tatabhängigen Proteinen definierter Faltung in vivo gezeigt. Unklar ist bislang, welche Komponente des Tat-Systems und in welchem Schritt des Translokationsprozesses die Detektion des Faltungszustandes stattfindet. Im Fokus der Untersuchungen der vorliegenden Arbeit stand die Fähigkeit des Tat-Systems, Faltungszustände des Translokations-Substrates zu unterscheiden. Hierfür wurde das Tatabhängige Fusionsprotein TorA-PhoA in einem zellfreien, gekoppelten TranskriptionsTranslations-System aus E. coli synthetisiert und die Interaktionen von TorA-PhoA mit den Komponenten des Tat-Systems charakterisiert. Mit dem Tat-abhängigen Fusionsprotein TorA-PhoA war in vivo der Zusammenhang zwischen Faltungszustand und Transportkompetenz des Substrates untersucht und dabei nachgewiesen worden, dass nur die vollständig gefaltete Form des Proteins Tat-abhängig transportiert wird [DeLisa et al., 2003]. In dieser Studie wurde die vollständige Faltung des Proteins wegen zweier intramolekularer Disulfidbrücken im reifen Teil des Proteins nur in einem E. coli-Stamm mit einem „oxidierenden“ Zytoplasma erreicht. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, einen faltungsabhängigen Transport von TorA-PhoA in vitro durch das Tat-System in einem zellfreien gekoppelten Transkriptions-Translations-System aus E. coli zu etablieren. Unterschiede in den Interaktionen der gefalteten zur ungefalteten Form von TorA-PhoA mit den Komponenten des Tat-Systems würden Rückschlüsse auf die intrinsische Detektion des Tat-Substrat-Faltungszustands zulassen. 50 IV. Ergebnisse IV.1. Etablierung des Tat-abhängigen in vitro-Transports von TorA-PhoA Für die in vitro-Synthese eines radioaktiv-markierten Proteins wurden die Komponenten des Transkriptions- und Translationsapparates eines E. coli-Zellextrakts (S135) verwendet. Weitere zugesetzte Komponenten waren: Plasmid-DNA mit dem Gen des zu exprimierenden Proteins unter der Kontrolle des T7-Phagen-Promotors, gereinigte T7-RNA-Polymerase, Nukleotide, sämtliche proteinogenen Aminosäuren, darunter 35 S-markiertes Methionin und Cystein, Ribosomen-stabilisierende Polyamine wie Spermidin und Putrescin [Kakegawa et al., 1986], Polyethylenglykol, ein ATP-regenerierendes System aus Kreatinphosphat, Kreatinphosphatkinase und Phosphoenolpyruvat, definierte Konzentrationen an Mg2+ und K+, sowie DTT als Reduktionsmittel. Für den Tat-abhängigen in vitro-Transport wurden invertierte Innenmembranvesikel (INV) von E. coli verwendet. In diesen Vesikeln zeigt die cytoplasmatische Seite der Membran nach außen und die periplasmatische Seite nach innen. Daher entspricht der Transport von Proteinen über die Membran ins Innere der Vesikel dem Proteintransport in einer intakten Zelle aus dem Cytoplasma in das Periplasma. Dies bildet die Grundlage für den Nachweis des in vitro-Proteintransportes durch Proteinase K (PK). Sämtliches radioaktiv-markiertes Protein, das nicht transportiert wurde und sich deshalb nicht im Inneren der Vesikel befindet, wird durch Proteinase K verdaut, während transportiertes Protein Proteinase K-geschützt ist. Die für das in vitro-System verwendeten INVs wurden aus einem E. coli-Stamm präpariert, in dem die Tat-Proteine Plasmid-codiert unter der Kontrolle eines lac-Promotors vorlagen und überexprimiert wurden. Der Grund für die Überexpression liegt in der Beobachtung früherer Studien, wonach ein Tat-abhängiger in vitro-Transport nicht mit Wildtypmengen an TatProteinen möglich ist. [Yahr und Wickner, 2001; Alami et al., 2002]. Das zellfreie gekoppelte Transkriptions-Translations-System aus E. coli wurde bereits erfolgreich für die Synthese und den Transport des natürlichen Tat-Substrates SufI eingesetzt [Alami et al., 2002; Moser et al., 2007]. SufI (supressor of FtsI, Abb. IV.1) ist ein Tat-abhängiges, periplasmatisches E. coli-Protein, das im Gegensatz zu den meisten natürlichen E. coli-Tat-Substraten keinen Kofaktor trägt und sich daher sehr gut für das in vitro-System eignet. SufI, dessen in vitro-Synthese und Transport in diversen Studien durchgeführt und charakterisiert wurde [Alami et al., 2002 und 2003; Bageshwar und Musser, 2007], diente in der vorliegenden Arbeit als etabliertes Kontrollprotein für den Tatabhängigen Transport. TorA-PhoA (Abb. IV.1) ist ein Tat-abhängiges Fusionsprotein, bestehend aus der Signalsequenz des E. coli Tat-Substrates TorA (Trimethylamin-N-Oxid-Reduktase) und dem reifen Teil des E. coli Sec-Substrates PhoA (alkalische Phosphatase). TorA ist ein 51 IV. Ergebnisse periplasmatisches Protein, dessen Signalsequenz bereits in mehreren Studien über das TatSystem zum Einsatz kam. MSLSRRQFIQASGIALCAGAVPLKASA Signalsequenz SufI SP Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA Abb. IV.1: Schematische Darstellung der Tat-abhängigen Proteine. SufI: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif. TorA-PhoA: TorA-Anteil am Tat-abhängigen Fusionsprotein bestehend aus der TorA-Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). SP markiert die potentielle Schnittstelle der Signalpeptidase I. Wie aus Abb. IV.1 deutlich wird, ist das TorA-Signalpeptid in TorA-PhoA über die ersten sieben Aminosäuren des reifen Teils von TorA mit dem reifen Teil von PhoA verknüpft. Dies war vermutlich aus klonierungsstrategischen Gründen nötig und ist sogar von Vorteil, da die positiven Ladungen am N-Terminus des reifen Teils Tat-abhängiger Substrate im Allgemeinen dazu beitragen Sec-abhängigen Transport zu verhindern [Tullman-Ercek et al., 2007]. Die alkalische Phosphatase (PhoA) wird normalerweise Sec-abhängig ins Periplasma transportiert, wo sich durch die dort herrschenden oxidierenden Bedingungen zwei intramolekulare Disulfidbrücken ausbilden. Die Disulfidbrücken sind kritisch für die Stabilität und für die Formation eines katalytisch aktiven Homodimers. Die Ausbildung von Disulfidbrücken und somit die Faltung von PhoA wird durch die reduzierenden Bedingungen des Cytoplasmas verhindert, wodurch Sec-abhängiger Transport erst möglich wird. Nur in einem mutierten E. coli-Stamm, der durch die Deletion der Gene der GlutathionOxidoreduktase und der Thioredoxin-Reduktase ein oxidierendes Cytoplasma besitzt, wird die Bildung von Disulfidbrücken im reifen PhoA vor dem Membrantransport ermöglicht [Bessette et al., 1999]. Für TorA-PhoA konnte in solch einem Stamm Tat-abhängiger Transport beobachtet werden [DeLisa et al., 2003], während in einem Stamm mit reduzierendem Cytoplasma weder Tat- noch Sec-abhängiger Transport zu beobachten war [DeLisa et al., 2003; Tullman-Ercek et al., 2007]. Diese in vivo-Untersuchungen mit TorAPhoA zeigten eindeutig den Zusammenhang zwischen Faltungszustand des Substrats und dessen Transportkompetenz. Das Tat-System scheint demnach eine intrinsische Qualitätskontrolle zu besitzen, wodurch es in der Lage ist, ungefaltetes, reduziertes TorAPhoA oder 52 transportinkompetentes Substrat von gefaltetem, oxidierten TorA-PhoA oder IV. Ergebnisse transportkompetentem Substrat zu unterscheiden. Ziel dieser Arbeit war es, Unterschiede in den molekularen Interaktionen der beiden Faltungszustände von TorA-PhoA mit dem TatSystem zu charakterisieren. Voraussetzung hierfür war es, einen Tat-abhängigen in vitroTransport von TorA-PhoA zu etablieren. IV.1.1. In vitro-Transport von TorA-PhoA findet nur unter oxidierenden Synthesebedingungen statt Von der Entwicklung eines Tat-abhängigen in vitro-Transportes war bekannt [Yahr und Wickner, 2001; Alami et al., 2002], dass dieser mit E. coli-Komponenten nur dann möglich ist, wenn Vesikel mit hohem TatABC-Gehalt verwendet wurden. In dieser Arbeit wurden invertierte Innenmembranvesikel (INV) von einem BL21 (DE3) pLys E. coli-Stamm verwendet, der mit dem p8737-Plasmid (siehe Tabelle III.1.2) transformiert worden war, wodurch die Überexpression von TatABC durch Induktion mit IPTG möglich wurde. Die Aktivität des Tat-Transportes neu präparierter INVs wurde in vitro mit SufI, die Aktivität des Sec-Transportes mit OmpA (outer membrane protein A) getestet. Die optimale Menge aktiver INVs für den Tat-abhängigen in vitro-Transport ist durch Titration ermittelt worden. Abb. IV.2A zeigt exemplarisch einen Tat-abhängigen in vitro-Transport von SufI in Abwesenheit oder Anwesenheit von INVs eines TatABC-Überproduzenten (Tat+-INV). SufI wurde in einem gekoppelten Transkriptions-Translations-System synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Um die Syntheseleistung, sowie eventuelle Transportaktivität nachzuweisen wurde jeder Ansatz zu einem Drittel mit Trichloressigsäure (TCA) gefällt, während zwei Drittel mit Proteinase K (PK) behandelt und erst anschließend mit TCA gefällt wurden. Sämtliches Protein, das durch Translokation in die Vesikel gelangt, ist vor dem proteolytischen Verdau durch die Proteinase K geschützt. Die PK-unbehandelte Probe in Spur 1 zeigt das synthetisierte SufI-Vorläuferprotein bei ca. 50 kDa. Durch Proteinase KBehandlung wurde das Protein komplett proteolytisch verdaut (Abb. IV.2A, Spur 2). Da die Spuren 1 und 2 keine INVs enthielten und somit kein Proteintransport erfolgen konnte, war, wie zu erwarten, auch keine Proteaseresistenz zu beobachten. In Spur 3 und 4 dagegen wurde fünf Minuten nach Synthesestart Tat+-INVs zugesetzt. In diesen Spuren war Translokation zu beobachten. Es war ein um die Länge des Signalpeptides kleineres Fragment unterhalb des Vorläuferproteins (pSufI) zu beobachten, bei dem es sich um das reife, prozessierte Protein (mSufI) handelte (Abb. IV.2A, Spur 3). Dieses entstand nach dem erfolgten Transport in die Vesikel und der anschließenden Abspaltung des Signalpeptids durch die Signalpeptidase der Membranvesikel. Bestätigt wurde dies durch die anschließende Proteinase K-Behandlung (Abb. IV.2A, Spur 4), wodurch sämtliches Protein, 53 IV. Ergebnisse das nicht transportiert und daher nicht durch die Vesikel geschützt wurde, durch Proteinase K verdaut worden war. Neben der reifen Form von SufI war eine gewisse Menge an pSufI in der Proteinase K-behandelten Probe zu finden, da nicht das gesamte transportierte Protein prozessiert wurde. A B Tat+-INV - PK Tat+-INV + + + GSSG [mM] + - PK 50 kDa p m 1 2 3 2 + 3 + 5 + + SufI p TorAm PhoA i 50 kDa 4 1 2 3 4 5 6 7 8 Abb. IV.2: Die Transporteffizienz von TorA-PhoA ist abhängig von der GSSG-Konzentration. A: SufI wurde in zwei 50 µl Ansätzen bei 37°C in einem zellfreien E. coli-Transkriptions/Translations-System 35 35 synthetisiert und durch Verwendung von S-Met/ S-Cys radioaktiv markiert. 5 min nach Synthesestart wurden + Vesikel der inneren Membran eines TatABC-überproduzierenden E. coli-Stammes (Tat -INV), beziehungsweise Membranpuffer zugesetzt. Nach weiteren 25 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit 5 % TCA gefällt (Spur 1 und 3), während 30 µl für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK; 0,5 mg/ml) inkubiert und anschließend mit 5 % TCA gefällt wurden (Spur 2 und 4). Proteine, die durch Transport in die Vesikel gelangen sind der PK nicht zugänglich und erlangen PK-Resistenz (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m). B: TorA-PhoA wurde in vier 50 µl Ansätzen bei 37°C in einem zellfreien E. coli-Transkriptions/TranslationsSystem synthetisiert und durch Verwendung von 35S-Met/35S-Cys radioaktiv markiert. Die Ansätze in den Spuren 3-8 enthielten oxidiertes Glutathion (GSSG) in ansteigender Konzentration. Allen Ansätzen wurden 5 min nach Synthesestart Tat+-INVs zugesetzt. Nach weiteren 25 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit 5 % TCA gefällt (Spuren 1, 3, 5, 7), während 30 µl für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK; 0,5 mg/ml) inkubiert und anschließend mit 5 % TCA gefällt wurden (Spuren 2, 4, 6, 8). Proteine, die durch Transport in die Vesikel gelangen sind der PK nicht zugänglich und erlangen PK-Resistenz (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben aus A und B wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. In Abb. IV.2B wurde in gleicher Weise TorA-PhoA synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Allen Ansätzen wurde 5 Minuten nach Synthesestart Tat+-INV zugesetzt. Die Spuren 1 und 2 sind direkt mit den Bedingungen in Abb. IV.2A in Spuren 3 und 4 vergleichbar. Dennoch ist kein Transport von TorA-PhoA zu beobachten, da in der Proteinase K-behandelten Probe (Abb. IV.2B, Spur 2) keine Protease-geschützen Fragmente sichtbar wurden. Auch das Fragment unterhalb des Vorläuferproteins (pTorA-PhoA) in Spur 1 bei ca. 50 kDa ist kein Hinweis auf Signalpeptidase-spezifische Prozessierung, sondern rührt von einer proteolytischen Aktivität des in vitro-Systems her, auf die im Abschnitt IV.1.3. ausführlich eingegangen wird. Um oxidierende Bedingungen zu etablieren, welche Vorraussetzung für die Ausbildung von Disulfidbrücken im reifen Teil von TorA-PhoA sind, wurden den Ansätzen in den Spuren 3–8 in Abb. IV.2B zu Beginn der Synthese steigende Konzentrationen an oxidiertem Glutathion (GSSG) zugesetzt. Tatsächlich treten mit steigender Konzentration an GSSG in den Proteinase K-behandelten Proben (Abb. IV.2B, Spuren 4, 6 und 8) drei Protease-geschützte Proteine in ansteigenden Mengen auf. Das größte Protein läuft bei ca. 54 IV. Ergebnisse 55 kDa auf der Höhe des Vorläuferproteins. Dabei handelt es sich um transportiertes TorAPhoA-Protein, das nicht durch die Signalpeptidase prozessiert wurde (pTorA-PhoA). Darunter, bei ca. 50 kDa, läuft das reife, prozessierte TorA-PhoA-Protein (mTorA-PhoA), das nach dem Transport durch die Signalpeptidase um die Größe des Signalpeptids verkleinert wurde. Diese Zuordnung wurde auch in späteren Experimenten mit einer TorA-PhoAMutante, deren Signalpeptidase-Spaltstelle fehlt, bestätigt. Darüber hinaus ist ein drittes Protease-geschütztes Fragment - kleiner als das mTorA-PhoA-Protein - bei ca. 46 kDa zu finden, das hier als Intermediat oder iTorA-PhoA bezeichnet wird und auf das ausführlich im letzten Teil dieser Arbeit eingegangen wird. Das Auftreten der beschriebenen Protease-geschützten TorA-PhoA-Spezies in Abhängigkeit der GSSG-Konzentration lässt auf eine Translokation des Proteins in Abhängigkeit seines Redoxzustandes schließen. Mit ansteigenden oxidierenden Bedingungen werden ansteigende Mengen an pTorA-PhoA transportkompetent. Der Redoxzustand von TorAPhoA wurde im Folgenden näher untersucht. IV.1.2. Durch oxidierende Synthesebedingungen wird vollständig oxidiertes TorA-PhoA synthetisiert TorA-PhoA besitzt insgesamt vier Cysteinreste die im vollständig oxidierten TorA-PhoA zwei Disulfidbrücken ausbilden (Cys-168-Cys-178 und Cys-286-Cys-336). Um den Einfluss von oxidiertem Glutathion auf die Bildung der Disulfidbrücken von in vitro-synthetisiertem TorAPhoA zu analysieren, wurde im Folgenden die Mobilität des Proteins in der SDSgelelektrophoretischen Analyse untersucht. So ist von der reduzierten Form des PhoAProteins bekannt, eine geringere Mobilität im Vergleich zur oxidierten Form des PhoAProteins zu besitzen (Akiyama et al., 1992). In Abb. IV.3A wurde TorA-PhoA in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Synthese fand entweder in Gegenwart von 5 mM GSSG (Abb. IV.3A, Spuren 2 und 4, oxidierende Bedingungen) oder in dessen Abwesenheit statt (Abb. IV.3A, Spuren 1 und 3, reduzierende Bedingungen). 30 Minuten nach Synthesestart wurde jeder Reaktionsansatz mit 5 % Trichloressigsäure gefällt und für 30 Minuten auf Eis inkubiert. Das Pellet dieser Fällung wurde in einem DTT-freien SDSProbenpuffer aufgenommen, der entweder 100 mM Iodacetamid (Abb. IV.3A, Spuren 3 und 4) oder kein Iodacetamid enthielt (Abb. IV.3A, Spuren 1 und 2). Die Proben wurden dann für 30 Minuten bei 25°C inkubiert um anschließend durch SDSGelelektrophorese analysiert zu werden. Unabhängig von den Synthesebedingungen zeigte pTorA-PhoA gleiches Laufverhalten in Abwesenheit von Iodacetamid (Abb. IV.3A, Spuren 1 und 2). Erst durch die Zugabe von Iodacetamid in den SDS- 55 IV. Ergebnisse Probenpuffer verringerte sich die Mobilität des pTorA-PhoA-Proteins, welches unter reduzierenden Bedingungen synthetisiert wurde, um ca. 1-2 kDa (Abb. IV.3A, Spur 3) gegenüber dem, welches unter oxidierenden Bedingungen synthetisiert wurde (Abb. IV.3A, Spur 4). Die verringerte Mobilität des unter reduzierenden Bedingungen synthetisierten pTorA-PhoAs deutet auf eine erfolgreiche Alkylierung reduzierter Sulfhydrylgruppen durch Iodacetamid hin, wodurch Oxidation und somit Faltung in eine kompaktere, mobilere Form des Proteins während der nicht-reduzierenden SDSGelelektrophorese verhindert wurde. Dies war nur möglich da das Protein nach der in vitroSynthese nicht vollständig oxidiert vorlag. pTorA-PhoA, das unter oxidierenden Bedingungen synthetisiert wurde, konnte nicht durch Iodacetamid alkyliert werden, was darauf deutete, dass das Protein zumindest partiell oxidiert vorlag. Da Sone et al. zeigen konnte, dass allein die Ausbildung der C-terminalen Disulfidbrücke (Cys-286-Cys-336) ausreichen kann um den beobachteten Mobilitätsunterschied durch die Iodacetamid-Behandlung zu bewirken, [Sone et al., 1997] konnte mit diesem Experiment keine Aussage über den Zustand der Nterminalen Disulfidbrücke (Cys-168-Cys-178) gemacht werden. Um dies zu klären wurde ein weiteres, in Abb. IV.3B dargestelltes Experiment durchgeführt. A Red. Probenpuffer Ox. - Iodacetamid Red. Ox. +Iodacetamid pTorA-PhoA 50 kDa 1 2 3 4 B Red. AMS Ox. + + pTorA-PhoA 50 kDa 1 2 3 4 Abb. IV.3: TorA-PhoA ist unter oxidierenden Synthesebedingungen vollständig oxidiert. A: TorA-PhoA wurde in zwei 50 µl Ansätzen bei 37°C in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand entweder in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox.) oder in dessen Abwesenheit (Red.) statt. Nach 30 min Synthese wurde jeder Ansatz in gleiche Teile geteilt und mit 5 % TCA für 30 min auf Eis gefällt. Das Pellet der Proteinfällung wurde in 30 µl DTT-freiem SDS-PAGE-Probenpuffer aufgenommen, der im Falle der Proben 3 und 4 zusätzlich mit 100 mM Iodacetamid versetzt war und anschließend für 30 min bei 25°C und 14000 rpm in einem Thermomixer inkubiert wurde. B: TorA-PhoA wurde in zwei 50 µl Ansätzen bei 37°C in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand entweder in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox.) oder in dessen Abwesenheit (Red.) statt. Nach 30 min Synthese wurde jeder Ansatz in gleiche Teile geteilt und mit 5 % TCA 30 min auf Eis gefällt. Das Pellet der Proteinfällung wurde in 20 µl ASB-A-Puffer aufgenommen (6M Harnstoff; 0,2M Tris-HCL, pH 8,5; 10 mM EDTA; 0.5% (w/v) SDS), der im Fall der Proben 2 und 4 zusätzlich 15 mM AMS enthielt. Sämtliche Proben wurden für 1 h bei 25°C und 900 rpm in einem Thermomixer inkubiert und anschließend in 30 µl SDSPAGE-Probenpuffer aufgenommen und 5 min bei 95°C gekocht. Sämtliche Proben aus A und B wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. 56 IV. Ergebnisse Grundlage dieses Versuchsansatzes ist wiederum die Alkylierung nicht-reduzierter Sulfhydrylgruppen, diesmal jedoch durch 4-Acetamido-4’-maleimidylstilbenen-2,2’- disulfonsäure oder kurz AMS. Durch die Alkylierung des pTorA-PhoA-Proteins mit einem AMS-Molekül wird das Molekulargewicht des Proteins um 490 Da erhöht, wodurch eine Verringerung der Mobilität allein durch die vergrößerte Masse des Proteins in der SDSGelelektrophorese sichtbar werden sollte. In Abb. IV.3B wurde TorA-PhoA in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Synthese fand entweder in Gegenwart von 5 mM GSSG (Abb. IV.3B, Spuren 3 und 4, oxidierende Bedingungen) oder in dessen Abwesenheit statt (Abb. IV.3B, Spuren 1 und 2, reduzierende Bedingungen). 30 Minuten nach Synthesestart wurde jeder Reaktionsansatz mit 5 % Trichloressigsäure gefällt und für 30 Minuten auf Eis inkubiert. Das Pellet der Proteinfällung wurde im Puffer aufgenommen, der im Fall der Proben 2 und 4 zusätzlich 15 mM AMS enthielt. Sämtliche Proben wurden für 1 h bei 25°C inkubiert und anschließend in DTT-haltigem SDS-Probenpuffer aufgenommen und SDS-gelelektrophoretisch analysiert. Aus Abb. IV.3B wird deutlich, dass pTorA-PhoA, welches in Gegenwart von 5 mM GSSG synthetisiert wurde, durch die Behandlung mit AMS nicht in seiner Mobilität beeinträchtigt wurde (Abb. IV.3B, Spuren 3 und 4). Daraus konnte eindeutig auf die vollständige Oxidierung des pTorA-PhoA-Proteins während der in vitroSynthese in Gegenwart von 5 mM GSSG geschlossen werden. pTorA-PhoA, welches in Abwesenheit von GSSG synthetisiert wurde, zeigt dagegen eine verringerte Mobilität, wenn es mit AMS behandelt wurde (Abb. IV.3B, Spuren 1 und 2). Durch die Alkylierung von reduzierten Sulfhydrylgruppen des Proteins durch AMS wurde das Molekulargewicht des Proteins um ca. 1-2 kDa vergrößert, woraus geschlossen werden konnte, dass sich 2-4 AMS-Moleküle an das Protein gebunden haben. Dies war nur möglich, weil es sich hierbei um eine partiell oder vollständig reduzierte Form des pTorA-PhoA-Proteins handelte. Aus den gezeigten Experimenten in Abb. IV.3 geht eindeutig hervor, dass durch die Gegenwart von GSSG vollständig oxidiertes pTorA-PhoA in vitro synthetisiert wurde, während in Abwesenheit von GSSG dies nicht der Fall ist. Demnach muss vollständig oxidiertes pTorA-PhoA zwei Disulfidbrücken ausgebildet haben, was gleichgesetzt werden kann mit der vollständigen Faltung des Proteins. Über die Qualität der Disulfidbrücken lässt sich allerdings keine Aussage machen, wodurch nicht-native Disulfidbrücken nicht ausgeschlossen werden konnten. Ungeachtet dessen wurde in dieser Arbeit von nun an das TorA-PhoA-Protein in Abhängigkeit der Synthesebedingungen als reduziert bzw. oxidiert bezeichnet. 57 IV. Ergebnisse IV.1.3. Oxidiertes TorA-PhoA wird TatABC-abhängig transportiert In den bisherigen Experimenten konnte gezeigt werden, dass in Gegenwart von 5 mM GSSG ein vollständig oxidiertes, gefaltetes pTorA-PhoA-Protein in vitro synthetisiert wurde (Abb. IV.3). Darüber hinaus wurde deutlich, dass die oxidierte, gefaltete Form des Proteins Voraussetzung für die erfolgreiche in vitro-Translokation in Gegenwart von Tat+-INVs war (Abb. IV.2). In den folgenden Experimenten sollte geklärt werden, ob diese Translokation Tat-abhängig erfolgte. Hierfür wurden Translokationsexperimente von reduziertem und oxidiertem pTorA-PhoA in Abhängigkeit der TatABC-Proteine durchgeführt. Abb. IV.4A zeigt ein solches Experiment, in dem pTorA-PhoA unter reduzierenden Bedingungen oder unter oxidierenden Bedingungen synthetisiert wurde. Fünf Minuten nach Synthesestart wurden entweder Tat+-INVs eines TatABC-überproduzierenden E. coli-Stammes, ∆Tat-INVs eines TatABC-defizienten E. coli-Stammes (DEAD-Stamm) oder keine INVs zugesetzt. In den Proben ohne INVs (Abb. IV.4A, Spuren 1-4) war unter reduzierenden als auch oxidierenden Bedingungen nur das Vorläuferprotein pTorA-PhoA zu erkennen (Abb. IV.4A, Spuren 1 und 3). Darüber hinaus traten wie erwartet in den membranfreien Ansätzen keine Protease K-resistenten Proteine und somit keine Transportaktivität auf (Abb. IV.4A, Spuren 2 und 4). Ähnlich verhielt es sich für die ∆Tat-INV-haltigen Ansätze (Abb. IV.4A, Spuren 5-8), denn auch hier konnten keine Proteinase K-resistenten Proteine und somit keine Transportaktivität beobachtet werden, unabhängig davon, ob es sich um das reduzierte (Abb. IV.4A, Spur 6) oder das vollständig oxidierte pTorA-PhoA handelte (Abb. IV.4A, Spur 8). Auch das kleinere TorA-PhoA-Fragment unterhalb des pTorA-PhoA (Abb. IV.4A, Spuren 5 und 7) bei ca. 50 kDa ist kein Indiz für Prozessierung durch die Signalpeptidase nach dem Transport von pTorA-PhoA, sondern rührt von einer Tatunabhängigen proteolytischen Aktivität der ∆Tat-INVs her, die in Abb. IV.4B charakterisiert ist. Signifikante Mengen an Proteinase K-resistentem pTorA-PhoA (Vorläuferprotein), mTorAPhoA (reifes TorA-PhoA) und iTorA-PhoA (intermediäres TorA-PhoA) und somit TransportAktivität traten nur im Fall des oxidierten, gefalteten pTorA-PhoA-Proteins in Gegenwart von Tat+-INVs auf Proteins (Abb. IV.4A, Spur 12). Im Fall des reduzierten, entfalteten pTorA-PhoA- waren nur sehr geringe Mengen an mTorA-PhoA zu beobachten (Abb. IV.4A, Spur 10). Diese geringen Mengen an Proteinase K-resistentem mTorA-PhoA waren wahrscheinlich nicht das Ergebnis des Transports von reduziertem, entfaltetem pTorA-PhoA, sondern vielmehr auf nicht vollständig etablierte reduzierende Bedingungen in diesem Ansatz zurückzuführen. Als Kontrolle wurde einem Transportansatz mit oxidiertem, gefaltetem pTorA-PhoA, der Tat+INVs enthielt, das Detergenz Triton X100 (1%) während der Proteinase K-Behandlung 58 IV. Ergebnisse zugesetzt (Abb. IV.4A, Spur 14), wodurch die Integrität der Vesikel zerstört wurde und transportiertes Protein im Inneren der Vesikel nicht mehr vor Proteinase K-Verdau geschützt war. Die transportierten Proteine pTorA-PhoA und mTorA-PhoA wurden praktisch vollständig verdaut, wodurch die Validität des Proteinase K-Tests für diese Spezies bestätigt wurde. Das iTorA-PhoA dagegen war auch in Gegenwart von Triton X100 proteaseresistent (Abb. IV.4A, Spur 14). Auf diesen Umstand wird im letzten Teil dieser Arbeit ausführlich eingegangen. Jedoch sei schon an dieser Stelle betont, dass auch die Formation dieser Spezies (iTorA-PhoA) abhängig war von der oxidierten, gefalteten Form des pTorA-PhoA und nur in Gegenwart der TatABC-Proteine in der Membran auftrat. A Triton X100 1% + GSSG (5mM) - + INV - - Proteinase K + - + Tat+ ∆Tat + + + + + + + p m TorA-PhoA i 50 kDa 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 B INV ∆TatA - +DFP +Cu2+ - pTorA-PhoA Fragment aus Pseudoprozessierung 50 kDa 1 2 3 4 Abb. IV.4: TorA-PhoA wird nur in Anwesenheit der Tat-Proteine transportiert. A: TorA-PhoA wurde in 50 µl Ansätzen bei 37°C in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Die Ansätze der Spuren 3, 4, 7, 8 und 11-14 enthalten oxidiertes Glutathion (GSSG). Den Ansätzen in den Spuren 5-8 wurden 5 min nach Synthesestart Vesikel der inneren Membran eines TatABCDE-deletierten E. coli-Stammes (∆Tat-INV) zugesetzt, während den Ansätzen in Spuren 9-14 Tat+-INVs zugesetzt wurden. Nach weiteren 25 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit 5 % TCA gefällt, während 30 µl für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) inkubiert und anschließend mit 5 % TCA gefällt wurden. Proteine, die durch Transport in die Vesikel gelangen sind der PK nicht zugänglich und erlangen PK-Resistenz (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Zur Kontrolle der PK-Aktivität wurde der PK-Verdau in Spur 14 in Gegenwart von 1 % Triton X100 durchgeführt, wodurch die Integrität der Vesikel zerstört wird und Proteine innerhalb des Vesikel nicht länger PK-geschützt sind. B: TorA-PhoA wurde in vier 25 µl Ansätzen bei 37°C in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (GSSG) statt. Allen Ansätzen wurde 5 min nach Synthesestart Vesikel der inneren Membran eines ausschließlich TatBC-überproduzierenden E. coli-Stammes (∆TatA-INV) zugesetzt. Zum selben Zeitpunkt wurde dem Ansatz in Spur 2 50 mM DFP (Diisopropylflurphosphat) und dem Ansatz in Spur 4 5mM CuCl2 zugegeben. Nach weiteren 25 min wurde jeder Ansatz mit 5% TCA gefällt. Sämtliche Proben aus A und B wurden durch SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. 59 IV. Ergebnisse Zusammenfassend zeigen die Transport-Ansätze in Abb. IV.4A, Spur 1–12 eindeutig, dass Transport von pTorA-PhoA sowohl die oxidierte, gefaltete Form des Proteins als auch die Gegenwart der TatABC-Proteine in den zugesetzten Membranen voraussetzt. Dies impliziert zum einen, dass der Transport des oxidierten, gefalteten pTorA-PhoA TatABC-abhängig erfolgt und zum anderen, dass das Tat-System auch in diesem in vitro-System in der Lage ist, den Faltungszustand des Tat-Substrates zu erkennen um selektiv nur das oxidierte, gefaltete pTorA-PhoA zu transportieren. Diese Ergebnisse decken sich in dieser Hinsicht mit dem Tat-abhängigen in vivo-Transport von TorA-PhoA in E. coli [DeLisa et al., 2003]. Wie bereits erwähnt trat in Gegenwart von ∆Tat-INVs (Abb. IV.4A, Spuren 5 und 7) ein TorAPhoA-Fragment bei ca. 50 kDa auf, das eine minimal geringere Mobilität als pTorA-PhoA aufwies (Abb. IV.4A, Spuren 7 und 9). Da die ∆Tat-INVs aber nicht zu Tat-abhängiger Translokation von TorA-PhoA in der Lage waren (Abb. IV.4A, Spuren 6 und 8), war dieses Fragment höchstwahrscheinlich nicht das Ergebnis einer Prozessierung durch die Signalpeptidase, sondern musste von einer anderen proteolytischen Aktivität stammen. Tatsächlich weist die TorA-Signalsequenz eine spezifische Spaltstelle für OmpT (outer membran protease T) zwischen den Argininen an Positionen 36 und 37 auf (Abb. IV.1) [Dekker at al., 2001], unmittelbar vor der Spaltstelle der Signalpeptidase. Das daraus resultierende Fragment hätte damit die zu erwartende Größe, da es nur vier Aminosäuren länger und daher praktisch gleich groß wäre wie das reife TorA-PhoA-Protein. Um OmpTAktivität als Ursache dieser Pseudoprozessierung nachzuweisen, wurde pTorA-PhoA in vitro synthetisiert und fünf Minuten nach Synthesestart mit ∆TatA-INVs versetzt. ∆TatA-INVs wurden aus einem ausschließlich TatBC-überproduzierenden E. coli-Stamm präpariert und sind daher nicht zu einem Tat-abhängigen Transport und somit zu keiner Prozessierung durch die Signalpeptidase nach einem Tat-abhängigen Transport fähig. Die hier verwendete Präparation wies eine besonders hohe Pseudoprozessierungs-Aktivität auf. Durch die Zugabe von Diisopropylfluorphosphat (DFP) (Abb. IV.4B, Spur 2) sowie von Kupferionen (Cu2+) (Abb. IV.4B, Spur 4) wurde, im Vergleich zu den entsprechenden Syntheseansätzen ohne Zusätze (Abb. IV.4B, Spuren 1 und 3), die Menge des Produktes der Pseudoprozessierung bei ca. 50 kDa in beiden Fällen deutlich reduziert. DFP, als auch Cu2+ sind als OmpT-Inhibitoren bekannt [Sugimura und Nishihara, 1988; Baneyx und Georgiou, 1990]. Ein Nebeneffekt der Zugabe von Kupferionen zum Syntheseansatz ist die Reduktion der Syntheseleitung (Abb. IV.4B, Spur 4). Dies ist jedoch ohne Bedeutung für die Aussage des Experiments, da nur das Verhältnis Pseudoprozessierung entscheidend ist. 60 von pTorA-PhoA zum Produkt der IV. Ergebnisse Damit konnte gezeigt werden, dass die Pseudoprozessierung des pTorA-PhoA-Proteins das Resultat einer proteolytischen OmpT-Aktivität war, die als Verunreinigung präparationsbedingt in den INVs vorliegen kann. Die OmpT-Spaltstelle in der TorASignalsequenz ist wahrscheinlich auch Ziel nicht näher definierter, cytoplasmatischer Protease-Aktivitäten [Li et al., 2006; Genest et al., 2006], wodurch die geringe Pseudoprozessierungs-Aktivität auch in Abwesenheit von INVs zu erklären ist, die in vielen der Versuchen dieser Arbeit zu finden ist (Abb. IV.2B, 18B, 19B). Auch eine Kontamination des für die in vitro-Synthese verwendeten Zellextraktes (S135) mit Bestandteilen der Außenmembran und somit mit OmpT kann nicht ausgeschlossen werden. Als eindeutigen Nachweis für den in vitro-Transport von TorA-PhoA wurde in der vorliegenden Arbeit daher nur die Resistenz gegenüber der Behandlung mit Proteinase K gewertet. IV.1.4. In vitro-Transport des oxidierten pTorA-PhoA ist abhängig von der TorA-Signalsequenz IV.1.4.1. TorD-Bindung an die TorA-Signalsequenz verhindert den Transport von pTorA-PhoA Nachdem die Abhängigkeit des pTorA-PhoA-Transportes von den TatABC-Proteinen demonstriert wurde, sollte im Folgenden die Abhängigkeit des Transportes von der Tatspezifischen TorA-Signalsequenz untersucht werden. Dazu wurde zunächst eine His-tag-Version des TorA-spezifischen Chaperons TorD in E. coli überexprimiert und affinitätschromatographisch bis zur Homogenität aufgereinigt (Abb. IV.5A1 und A2). TorD ist ein spezifisches TorA-Signalsequenz-bindendes Chaperon, dessen Funktion als Anti-Zielsteuerungs-Chaperon vermutet wird, das so lange an der TorASignalsequenz bindet, bis Kofaktor-Insertion und somit Faltung des reifen TorA-Proteins stattgefunden hat [Dubini und Sargent, 2003; Jack et al., 2001 und 2004]. In Abb. IV.5B wurde pTorA-PhoA unter oxidierenden Bedingungen synthetisiert und in Anwesenheit von Tat+-INVs transportiert. Durch die Zugabe von aufgereinigtem TorD-Protein in steigenden Konzentrationen nimmt die Menge an Proteinase K-resistentem Material proportional ab (Abb. IV.5B, Spuren 5–10). Die Interpretation dieser Beobachtung ist, dass TorD durch seine Bindung an die Signalsequenz diese gegen Interaktionen mit den Tat-Proteinen abschirmte, wodurch der TatABC-abhängige Transport verhindert wurde. Demnach ist die Tat-abhängige Signalsequenz essentiell für den in vitro-Transport von oxidiertem TorA-PhoA. 61 IV. Ergebnisse rk er IP TG Ma [kDa] [kDa] 75 75 50 50 37 37 25 W1-W4 E1-E3 + TG A2 IP - + M ar ke r A1 25 TorD TorD 20 20 15 15 1 2 1 2 3 4 5 6 7 8 B Ox. TorD - - 1µg 4µg 10µg TorD-Puffer - + - - - PK + + + + + p TorA-PhoA m i 50 kDa 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Abb. IV.5: Der TorA-PhoA-Transport wird durch die Bindung von TorD an die Signalsequenz inhibiert. A1: Eine His-tag-Version von TorD wurde in einer E.coli–Kultur durch Induktion mit 1 mM IPTG überexprimiert (Spur 2). Im Vergleich dazu eine nicht induzierte Kultur gleicher optischer Dichte (Spur 1). A2: 2 l Zellsuspension wurden bei einer optischen Dichte (600 nm) von 0,6 mit 1mM IPTG induziert und die Zellen nach 4 h Wachstum bei 37°C durch das French-press-Verfahren aufgeschlossen. Der Überstand einer 30 minütigen Zentrifigation mit 30000 g diente als Ausgangsmaterial einer affinitätschromatographischen Aufreinigung des TorD-Proteins mittels „Talon“ im batch-Verfahren (1). Spuren 2-5 zeigen die Fraktionen der Waschschritte W1-W4, wobei der letzten Waschung dem Waschpuffer 5 mM Imidazol zugefügt wurden. Spuren 6-8 zeigen die Elution des TorD-Proteins durch die Elutionsschritte E1-E3 mit Waschpuffern mit steigenden Imidazol-Konzentrationen von 50 mM, 100 mM und 200 mM Imidazol. Sämtliche Proben in A1 und A2 wurden mittels SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und das Gel mit Coomassie-Blau gefärbt. B: TorA-PhoA wurde in 50 µl Ansätzen in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox.) in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Den Ansätzen in den Spuren 5-10 wurde zusätzlich aufgereinigtes TorD-Protein mit ansteigenden Mengen zugesetzt. Allen Ansätzen wurden Tat+-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. IV.1.4.2. Das Doppel-Arginin des Konsensusmotifs ist essentiell für den Transport von pTorA-PhoA Des Weiteren wurden die hochkonservierten Doppel-Arginine des Tat-Konsensusmotifs gegen zwei Lysine ersetzt (Abb. IV.6A). In Tat-Substraten führt diese Mutation im Allgemeinen zur kompletten Inhibition des Tat-abhängigen Transports in vivo als auch in vitro. RR-TorA-PhoA sowie KK-TorA-PhoA wurden unter oxidierenden Bedingungen in vitro synthetisiert. Während das RR-TorA-PhoA Proteinase K-resistentes Material und somit 62 IV. Ergebnisse Transportaktivität aufwies (Abb. IV.6B, Spur 2) war im Fall des KK-TorA-PhoAs der Transport vollkommen blockiert, da kein Proteinase K-resistentes Protein detektierbar war (Abb. IV.6B, Spur 4). Somit wurde ein weiteres spezifisches Merkmal, nämlich die Notwendigkeit des Doppel-Arginins, für den Tat-abhängigen Transport bestätigt. Die Inhibition des TorA-PhoA-Transports durch die Abschirmung der Signalsequenz auf Grund der Bindung des TorA-spezifischen Chaperons TorD an die Signalsequenz oder durch die Mutation der Doppel-Arginine des Konsensusmotifs demonstriert eindeutig die Abhängigkeit des Transports von TorA-PhoA von dessen Tat-spezifischer Signalsequenz. Zusammen mit der Abhängigkeit des Transports von den TatABC-Proteinen in der Membran konnte somit zweifellos die Tat-Abhängigkeit des in vitro-Transports von TorA-PhoA demonstriert werden. A Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASKKRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA KK-TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA B Ox. TorA-PhoA RR Proteinase K KK + + p TorA-PhoA m i 50 kDa 1 2 3 4 Abb. IV.6: Das Doppel-Arginin des Konsensusmotifs ist essentiell für den Transport von pTorA-PhoA A: RR-TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). KK-TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif in dem beide konservierten Arginine gegen Lysine (rot) ausgetauscht sind. B: Die TorA-PhoA-Varianten RR- und KK-TorA-PhoA wurden in je einem 50 µl Ansatz in Gegenwart von 5mM + oxidiertem Glutathion (Ox.) in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Allen Ansätzen wurden Tat -INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben wurden durch SDSPAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Zusammenfassend lässt sich über die Etablierung des in vitro Transportes von TorA-PhoA sagen, dass in Gegenwart von 5 mM GSSG ein vollständig oxidiertes, gefaltetes TorA-PhoAProtein synthetisiert und in Gegenwart von Tat+-INVs Tat-abhängig transportiert wurde. Im Transportnachweis durch Proteinase K erschien für das oxidierte TorA-PhoA neben dem 63 IV. Ergebnisse pTorA-PhoA und dem mTorA-PhoA eine weitere Tat-abhängige Proteinase K-resistente Spezies, iTorA-PhoA, die auch in Gegenwart von Triton X100 proteaseresistent blieb. Reduziertes TorA-PhoA dagegen wurde nicht transportiert, was den Schluss zuließ, dass das Tat-System zwischen den beiden Redoxzuständen des TorA-PhoA unterscheiden konnte. Somit konnten die Daten von DeLisa et al. zum selektiven Tat-abhängigen in vivoTransport der oxidierten Form von TorA-PhoA auch in vitro bestätigt werden. IV.2. Charakterisierung der Membranbindung von TorA-PhoA Nach der erfolgreichen Etablierung des Tat-abhängigen in vitro-Transports von TorA-PhoA sollten in den folgenden Experimenten Interaktionen des reduzierten, ungefalteten und des oxidierten, gefalteten TorA-PhoA-Proteins mit den TatABC-Proteinen näher charakterisiert werden. Hierzu wurde zum einen die Bindung des Proteins an die Membran untersucht und zum anderen durch ortsgerichtete Quervernetzungsversuche molekulare Interaktionen des TorA-PhoA-Proteins zu den Tat-Proteinen analysiert. IV.2.1. Etablierung eines Nachweises für die Bindung von TorA-PhoA an die INV-Membran Um die Bindung von TorA-PhoA an die Membranen invertierter Innenmembranvesikel (INV) zu analysieren, wurde ein Versuchsansatz etabliert, in dem die eingesetzten INVs größenausschlusschromatographisch von den restlichen Komponenten eines Transportversuchs getrennt wurden. Neben dem transportkompetenten oxidiertem TorAPhoA (Ox. TorA-PhoA) wurde wiederum als Kontrolle das natürliche Tat-Substrat SufI verwendet. SufI bzw. oxidiertes TorA-PhoA wurden in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Fünf Minuten nach Synthesestart wurden Tat+-INVs bzw. INV-Puffer zugesetzt. Nach weiteren 25 Minuten wurde die Synthese durch das Antibiotikum Puromycin gestoppt und wie in den vorhergehenden Versuchen ein Teil des Transportansatzes mit 5 % Trichloressigsäure gefällt (TCA), während ein weiterer Teil mit Proteinase K (PK) behandelt wurde, um Transportaktivität nachzuweisen. Der größte Teil eines solchen Ansatzes jedoch wurde zunächst mit 16000 xg, 20 min bei 4°C zentrifugiert, um mögliche Aggregate des in vitro-synthetisierten Proteins zu sedimentieren. Ein Teil des Überstandes (10 µl) wurde mit 5 % Trichloressigsäure gefällt (10%), während das restliche Volumen (100 µl) auf eine 64 IV. Ergebnisse äquilibrierte Gelfiltrationssäule appliziert wurde. Die anschließende Elution erfolgte in 100 µlFraktionen und das Elutionsprofil wurde durch SDS-Gelelektrophorese analysiert. A SufI 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 10% TCA PK p -INV B p m p m +Tat+-INV Ox. TorA-PhoA 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 10% TCA PK p -INV p m +Tat+-INV C Ox. TorA-PhoA 4 +PK p m i 5 m i 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 TCA PK p m i Abb. IV.7: Größenchromatographische Isolation der INVs eines in vitro-Transportansatzes zeigt die Assoziation des oxidierten, transportkompetenten TorA-PhoA an Tat+-INVs. A und B: SufI (A) bzw. TorA-PhoA (B) wurden in je einem 175 µl Ansatz in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand entweder in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. TorA+ + PhoA) oder in dessen Abwesenheit (SufI) statt. Den Ansätzen Tat -INVs (+Tat -INV) oder entsprechendes Volumen INV-Puffer (-INV) zugesetzt. Nach 30 min wurde die Proteinsynthese durch Puromycin gestoppt und anschließend 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt (TCA), während 30 µl zuerst mit Proteinase K (PK) verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Der restliche Ansatz wurde mit 16000 xg, 20 min bei 4°C zentrifugiert. 10 µl des Überstandes wurden mit TCA gefällt (10%) während 100 µl auf eine Gelfiltrationssäule (Sepharose CL-6b) aufgetragen wurden. Die Elution der Proteine erfolgte in 100 µl Fraktionen (4-20), die mit 5 % TCA gefällt wurden. Da die INVs in den Fraktion 6-8 (rot) eluierten, sind sowohl Vorläuferprotein (p) als auch reifes Protein (m) in diesen Fraktionen zu finden. C: Die Fraktionen 4-20 (je 100 µl) der Gelfiltration eines Synthese-Ansatzes von oxidiertem TorA-PhoA (wie in A beschrieben) wurden 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) inkubiert und anschließend mit 5 % TCA gefällt. Proteine, die durch Transport in die Vesikel gelangen sind der PK nicht zugänglich und erlangen PKResistenz (reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben aus A-C wurden durch SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Abb. IV.7A zeigt das Elutionsprofil eines SufI-Transportansatzes in Abwesenheit von INVs (INV) mit den Fraktionen 4-20. Aus dem Profil geht hervor, dass der Großteil des radioaktiv markierten SufI-Proteins in den Fraktionen 10-15 eluierte. Transportaktivität wurde wie erwartet nicht beobachtet (PK). Erst in Gegenwart von Tat+-INV konnte proteaseresistentes Vorläuferprotein (p) als auch reifes, prozessiertes SufI (m) in der Proteinase K-behandelten Probe und somit Transport nachgewiesen werden (Abb. IV.7A, +Tat+-INV, PK). Außerdem ist durch die Gegenwart der Tat+-INVs das Elutionsprofil deutlich verändert, da signifikante Mengen des radioaktiven pSufI in den Fraktionen 6-8 eluierten (Abb. IV.7A, +Tat+-INV, 4– 20). Ausschließlich diese Fraktionen enthielten darüber hinaus das reife, prozessierte 65 IV. Ergebnisse Protein, das sich durch Tat-abhängigen Transport im Innern der INVs befinden musste. Aus diesem Grund konnten die Fraktionen 6-8 als INV-haltige Fraktionen identifiziert werden (rotmarkierte Fraktionen). Die Tatsache, dass in einem Tat+-INV-haltigen Transport eine signifikante Menge des Vorläufers von SufI mit den INVs coeluierte ließ den Schluss zu, dass dieses Material zwar nicht transportiert wurde, aber anscheinend an die Membran assoziiert vorlag. In gleicher Weise wie mit SufI wurde mit dem transportkompetenten, oxidierten TorA-PhoA (Ox. TorA-PhoA) verfahren (Abb. IV.7B). In Abwesenheit von Membranen (Abb. IV.7B, -INV) fand sich kein proteaseresistentes Material (Abb. IV.7B, -INV, PK). Das Elutionsprofil des radioaktiv markierten TorA-PhoA-Vorläuferproteins (p) war praktisch identisch mit dem von pSufI im vergleichbaren Versuchsansatz, da wiederum der Großteil des pTorA-PhoAs in den Die Anwesenheit von Tat+-INVs Fraktionen 10-15 eluierte (Abb. IV.7B, -INV, 4-20). ermöglichte den Transport von TorA-PhoA. Sichtbar wurde dies durch die Detektion des prozessierten, reifen mTorA-PhoA und des intermediären iTorA-PhoA in der Proteinase Kbehandelten Probe (Abb. IV.7B, +Tat+-INV, PK). Außerdem veränderte sich das Elutionsprofil dahingehend, dass nun signifikante Mengen des pTorA-PhoAs in den Fraktionen 6–8 eluierten (Abb. IV.7B, +Tat+-INV, 4-20). Diese Fraktionen wurden in den oben beschriebenen Elutionsprofilen mit pSufI als die INV-haltigen Fraktionen definiert, da sie das prozessierte, reife mSufI enthielten. Im Fall von TorA-PhoA ist ebenfalls das prozessierte, reife mTorA-PhoA in diesen Fraktionen zu finden, welches Tat-abhängig in die INVs transportiert wurde. Allerdings ist radioaktiv markiertes Protein derselben Größe auch in den mittleren, INV-freien Fraktionen zu finden. Dies ist auf die im ersten Teil dieser Arbeit erläuterte Pseudoprozessierung zurückzuführen (siehe Erläuterung zu Abb. IV.4B). Protein, das aus einer Prozessierung des pTorA-PhoA durch die Signalpeptidase stammt, sollte sich von dem Protein, das aus einer Pseudoprozessierung stammt durch seine Resistenz gegenüber einer Proteinase K-Behandlung unterscheiden lassen. Aus diesem Grund wurden sämtliche Fraktionen der Elution einer Gelfiltration eines Transportansatzes mit oxidiertem TorA-PhoA in Anwesenheit von Tat+-INVs mit Proteinase K behandelt (Abb. IV.7C, +PK), mit dem Resultat, dass tatsächlich nur in den Fraktionen 6-8 Proteinase K-resistentes mTorAPhoA und iTorA-PhoA zu finden war (Abb. IV.7C, +PK, 4-20). Nur diese Fraktionen enthielten INVs, die als Folge des Transports und anschließender Prozessierung durch die Signalpeptidase mTorA-PhoA in ihrem Inneren enthielten. Somit ist es gelungen eine Methode zu etablieren, um die Assoziation von TorA-PhoA an die Membran unter Transportbedingungen nachzuweisen. Wie bereits bei SufI beobachtet coeluiert eine signifikante Menge des oxidierten TorA-PhoAs mit den INVs in den Fraktionen 6-8 (Abb. IV.7A und B, +Tat+-INV). Oxidiertes pTorA-PhoA ist wie pSufI an die INVs assoziiert. 66 IV. Ergebnisse IV.2.2. Transportkompetentes, oxidiertes TorA-PhoA assoziiert Tat-spezifisch mit der Membran In den folgenden Experimenten sollte der Frage nachgegangen werden, ob die Assoziation von oxidiertem TorA-PhoA mit der Membran Tat-abhängig erfolgte, oder ob es sich hierbei um unspezifische Bindung handelte. Diese Frage ist von besonderem Interesse, da es Hinweise für unspezifische Insertion der Tat-Signalsequenz von Tat-Substraten in die LipidDoppelschicht der Membran gibt, die dem Kontakt der Signalsequenz mit dem TatBCRezeptor-Komplex vorausgehen könnte (Hou et al., 2006; Shanmugham et al., 2006). A Ox. TorA-PhoA 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 10 % TCA PK p -INV +Tat+- INV 20 p m i p m p +∆Tat- INV B 25 Tat+-INV 20 delta Tat-INV -INV % 15 10 5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Fraktion membranhaltige Fraktionen Abb. IV.8: Oxidiertes, transportkompetentes TorA-PhoA bindet Tat-spezifisch an die Membran. A: TorA-PhoA wurde in einem 175 µl Ansatz in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese + fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. TorA-PhoA) statt. Den Ansätzen wurden Tat -INVs + (+Tat -INV), INV-Puffer (-INV) oder ∆Tat-INVs (+∆Tat-INV) zugesetzt. Nach 30 min wurde die Proteinsynthese durch Puromycin gestoppt und anschließend 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt (TCA), während 30 µl zuerst mit Proteinase K (PK) verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Der restliche Ansatz wurde mit 16000 xg, 20 min bei 4°C zentrifugiert. 10 µl des Überstandes wurden mit 5 % TCA gefällt (10%) während 100 µl auf eine Gelfiltrationssäule (Sepharose CL-6b) aufgetragen wurden. Die Elution der Proteine erfolgte in 100 µl Fraktionen (4-20), die mit 5 % TCA gefällt wurden. Fraktionen 6-8 (rot) sind die membranhaltigen Fraktionen. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und das radioaktiv markierte Protein mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. B: Graphische Darstellung des TorA-PhoA-Elutionsprofils der in A gezeigten Versuchsansätze. Das Rechteck markiert die membranhaltigen Fraktionen 6-8. 100 % entsprechen der Summe des quantifizierten Proteins aus allen Fraktionen. Die Quantifizierung erfolgte mit dem Programm ImageQuant 5.2 Hierzu wurde oxidiertes TorA-PhoA in in vitro-Ansätzen synthetisiert, denen entweder keine INVs (-INV), Tat+-INVs (+Tat+-INV) oder ∆Tat-INVs (+∆Tat-INV) zugesetzt wurden (Abb. IV.8). Diese Ansätze dienten, wie oben beschrieben, als Ausgangsmaterial für eine 67 IV. Ergebnisse Auftrennung nach Größe durch Gelfiltration. Ansätze mit oxidiertem TorA-PhoA, die keine INVs bzw. Tat+-INVs enthielten, zeigten die Elutionsprofile wie in Abb. IV.7B bereits beschrieben: Oxidiertes TorA-PhoA aus dem Ansatz ohne INVs eluiert überwiegend in den Fraktionen 10-15 (Abb. IV.8A, -INV, 4-20). Nur in Anwesenheit von Tat+-INVs eluiert eine signifikante Menge des Proteins in den INV-haltigen Fraktionen 6-8 (Abb. IV.8A, +Tat+INVs, 4-20). Wurde dagegen ein Ansatz der ∆Tat-INVs enthielt analysiert, war kein oxidiertes TorA-PhoA-Protein in den INV-haltigen Fraktionen 6–8 zu finden. Vielmehr eluierte der größte Teil des Proteins in den Fraktionen 10–15 (Abb. IV.8A, +∆Tat-INV, 4–20). Der Ansatz ohne INVs und der Ansatz mit ∆Tat-INVs wiesen somit praktisch identische Elutionsprofile auf. Transportaktivität in Gegenwart der ∆Tat-INVs war wie erwartet nicht zu erkennen (Abb. IV.8A, +∆Tat-INV, PK). Die hier beschriebenen Experimente wurden zwei- bis dreimal unabhängig voneinander wiederholt und quantitativ mit dem Programm ImageQuant 5.2 ausgewertet, um die Elutionsprofile graphisch darzustellen (Abb. IV.8B). Daraus wurde klar ersichtlich, dass nur in Gegenwart der TatABC-Proteine ca. 38 % des auf die Gelfiltrationssäule aufgetragenen, oxidierten TorA-PhoA in den INV-haltigen Fraktionen 6–8 eluierten (Abb. IV.8B, blaue Linie). In Abwesenheit von INVs (Abb. IV.8B, schwarze Linie) oder in Anwesenheit von INVs eines TatABC-deletierten E. coli-Stamms (Abb. IV.8B, grüne Linie) eluierte weniger als 1 % des TorA-PhoA in den Fraktionen 6–8. Somit stellt die Koelution des oxidierten TorA-PhoA mit den Tat+-INVs eine Tat-spezifische Assoziation des Proteins mit der Membran dar. IV.2.3. Auch transportinkompetentes, reduziertes TorA-PhoA assoziiert Tat-spezifisch mit der Membran Das reduzierte TorA-PhoA wurde, im Gegensatz zur oxidierten Form, nicht in vitrotransportiert, erlangte also keine Transportkompetenz für das Tat-System (Abb. IV.2B und 4A). Da bislang die Tat-Spezifität der Membranassoziation von oxidiertem TorA-PhoA bewiesen wurde (Abb. IV.8) sollte im Folgenden einer möglichen Membranassoziation des reduzierten TorA-PhoA nachgegangen werden. Ist auch das transportinkompetente, reduzierte TorA-PhoA in der Lage Tat-spezifisch zu binden? Dazu wurde reduziertes TorA-PhoA in in vitro-Ansätzen synthetisiert, denen entweder keine INVs (-INV), Tat+-INVs (+Tat+-INV) oder ∆Tat-INVs (+∆Tat-INV) zugesetzt wurden. Diese Ansätze dienten wiederum als Ausgangsmaterial für eine Auftrennung nach Größe durch Gelfiltration. Abb. IV.9A zeigt zum Vergleich zunächst das Elutionsprofil des oxidierten TorAPhoAs in Gegenwart von Tat+-INVs (Abb. IV.9A, +Tat+-INV, 4-20). 68 IV. Ergebnisse A Ox. TorA-PhoA 4 5 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 TCA PK p m +Tat+-INV B 6 p m i Red. TorA-PhoA 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 10% TCA PK p +Tat+-INV p - INV p +∆Tat INV C Membranbindung TorA-PhoA 25 ox. TorA-PhoA,Tat+-INV red.TorA-PhoA, Tat+-INV 20 red. TorA-PhoA, deltaTat-INV red TorA-PhoA, -INV % 15 10 5 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Fraktion membranhaltige Fraktionen D Red. KK-TorA-PhoA 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 10% TCA PK p +Tat+-INV Abb. IV.9: Reduziertes, transportinkompetentes TorA-PhoA bindet im selben Maße wie das oxidierte transportkompetente TorA-PhoA Tat-spezifisch an die Membran. Die Bindung erfordert aber kein intaktes RR-Motif A und B: TorA-PhoA wurde in einem 175 µl Ansatz in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. TorA-PhoA) oder in dessen Abwesenheit (Red. TorA-PhoA) statt. Den Ansätzen wurden Tat+-INVs (+Tat+-INV), INV-Puffer (-INV) oder ∆TatINVs (+∆Tat-INV) zugesetzt. Nach 30 min wurde die Proteinsynthese durch Puromycin gestoppt und anschließend 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt (TCA), während 30 µl zuerst mit Proteinase K (PK) verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Der restliche Ansatz wurde mit 16000 g, 20 min bei 4°C zentrifugiert. 10 µl des Überstandes wurden mit TCA gefällt (10%) während 100 µl auf eine Gelfiltrationssäule (Sepharose CL-6B) aufgetragen wurden. Die Elution der Proteine erfolgte in 100 µl Fraktionen (4-20), die mit TCA gefällt wurden. Fraktionen 6-8 (rot) sind die membranhaltigen Fraktionen. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und das radioaktiv markierte Protein mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. C: Graphische Darstellung des TorA-PhoA-Elutionsprofils der in A und B gezeigten Versuchsansätze. Das Rechteck markiert die membranhaltigen Fraktionen 6-8. 100 % entsprechen der Summe des quantifizierten Proteins aus allen Fraktionen. Die Quantifizierung erfolgte mit dem Programm ImageQuant 5.2. D: Red. KK-TorA-PhoA wurde wie in B beschrieben synthetisiert und durch anschließende Gelfiltration analysiert. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und das radioaktiv markierte Protein mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. 69 IV. Ergebnisse In Gegenwart von Tat+-INVs entspricht das Elutionsprofil des reduzierten TorA-PhoA im Prinzip dem des oxidierten Proteins, da auch in diesem Fall eine bedeutende Menge von TorA-PhoA in den INV-haltigen Fraktionen 6-8 eluierte (Abb. IV.9B, +Tat+-INV, 4–20). Da kein Transport stattfand (Abb. IV.9B, +Tat+-INV, PK), war auch in den INV-haltigen Fraktionen 6-8 kein mTorA-PhoA zu finden (Abb. IV.9B, +Tat+-INV, 4-20). Signifikante Mengen des reduzierten TorA-PhoA eluierten nicht in Fraktionen 6–8, wenn keine INVs zugesetzt (Abb. IV.9B, -INV, 4–20), oder wenn INVs aus einem TatABC-deletierten E. coliStamm zugesetzt worden waren (Abb. IV.9B, +∆Tat-INV, 4–20). In beiden Fällen eluierte der Großteil des reduzierten Proteins in den Fraktionen 10–15. Proteinase K-resistentes Material war in keinem der beiden Fälle zu beobachten (Abb. IV.9B, -INV, PK oder +∆Tat-INV, PK). Sämtliche Versuche mit dem reduzierten TorA-PhoA wurden wieder drei- bis fünfmal unabhängig voneinander wiederholt und quantitativ mit dem Programm ImageQuant 5.2 ausgewertet, um die Elutionsprofile graphisch darzustellen (Abb. IV.9C). Daraus wurde deutlich, dass das reduzierte TorA-PhoA im vergleichbaren Maße (ca. 45 %, grüne Linie) wie das oxidierte TorA-PhoA (ca. 38%, blaue Linie) zusammen mit den INVs in den Fraktionen 6–8 eluierte, während in Abwesenheit von INVs (schwarze Linie) oder in Abwesenheit der TatABC-Proteine in der Membran der INVs (rote Linie) nur 9 % bzw. 12 % in den INVhaltigen Fraktionen 6–8 zu finden war. Dies bedeutet, dass das reduzierte TorA-PhoA im selben Maße an die Membran assozierte wie das oxidierte Protein, obwohl es sich dabei um die transportinkompetente Form handelt. Diese Assoziation war auch im Fall des reduzierten TorA-PhoAs Tat-spezifisch. Somit besteht hinsichtlich der Tat-spezifischen Membranbindung kein erkennbarer Unterschied zwischen der transportkompetenten und transportinkompetenten Form des Proteins. In einem abschließenden Versuch wurde die Membranassoziation von KK-TorA-PhoA untersucht (Abb. IV.9D). Bei dieser Version des Proteins handelte es sich um eine Mutante, deren Doppel-Arginin-Motif durch zwei Lysine ersetzt wurde, wodurch der Transport auch für das oxidierte Protein vollständig inhibiert war (Abb. IV.6). Obwohl der Tat-abhängige Transport durch die Mutation in der Signalsequenz des Proteins zu einer Inhibition der Transports führt, ist die Bindung von TorA-PhoA in seiner reduzierten Form an die Membran überraschenderweise nicht beeinträchtigt, da wiederum eine signifikante Menge des Proteins mit den Tat+-INVs in den Fraktionen 6–8 eluierte (Abb. IV.9D). 70 IV. Ergebnisse IV.3. Charakterisierung molekularer Interaktionen von TorA-PhoA mit den Tat-Proteinen Bislang wurde eine Tat-spezifische Assoziation des TorA-PhoA-Proteins an eine TatABChaltige Membran bewiesen. Dabei war diese Bindung unabhängig von dem Redox- bzw. Faltungszustand des Proteins. Da das Tat-System selektiv nur das oxidierte, gefaltete TorAPhoA transportierte, sollte nach Unterschieden der beiden Faltungszustände des Proteins in deren Interaktion mit den Tat-Proteinen gesucht werden. In Quervernetzungsexperimenten mit dem natürlichen Tat-Substrate SufI konnten definierte Kontakte zwischen der Signalsequenz und den Tat-Proteinen in vitro nachgewiesen werden (Alami et al. 2003). Aus diesem Grund wurde auch in dieser Arbeit versucht, Kontakte dieser Art nachzuweisen. IV.3.1. Zielgerichteter Einbau des photoaktivierbaren Quervernetzers pBPA in die Signalsequenz von TorA-PhoA Um Interaktionen des TorA-PhoA-Proteins mit den Tat-Proteinen zu untersuchen, wurde eine neue Methode etabliert, durch die der photoaktivierbare Quervernetzer p-Benzoyl-LPhenylalanin (pBPA) ortspezifisch in die Signalsequenz eingebaut werden konnte. pBPA ist ein Phenylalaninderivat, das in OH O OH O seiner Hydrophobizität und der NH 2 Größe seiner Seitenkette dem OH O NH 2 80-120µs NH 2 Tryptophan O Durch Bestrahlung mit UV-Licht findet hν ~ 350 nm O ähnelt. C eine O R3 R2 der Carbonylgruppe der Seitenkette OH O H Umwandlung zu einem hochreaktiven Biradikal NH 2 R1 statt, das bevorzugt mit C-HHO R1 R2 R3 Abb. IV.10: Reaktionsmechanismus des Quervernetzers pBPA Bindungen reagiert und dabei kovalente Bindungen benachbarten mit Molekülen ausbildet. Findet sich kein geeigneter Reaktionspartner in der unmittelbaren Nähe des Biradikals, fällt es zurück in seinen Grundzustand (Abb. IV.10) [Kauer et al., 1986]. Abb. IV.11 illustriert den ortspezifischen Einbau des Quervernetzers in das in vitrosynthetisierte Protein. Um den Einbau von pBPA zu ermöglichen, war es zunächst nötig, das Codon einer Aminosäure bestimmter Position mittels mutierender PCR in ein amber-StopCodon (TAG) umzuwandeln. 71 IV. Ergebnisse A C C amberSuppressortRNA pBPA pBPA TetR AUC Mutierte Tyrosyl-tRNASynthetase pDULE 3´ Aminosäure-Codon ACG A C C amber-Stop-Codon TAG Plasmid AUC TAG 5´ mutiertes Protein mit ortsspezifisch inseriertem pBPA mRNA Plasmid Abb. IV.11: Ortsspezifische Insertion von pBPA in Proteine Das Stop-Codon würde bei einer in vitro-Synthese zum vorzeitigen Abbruch der Translation führen. Doch durch die Anwesenheit einer pBPA-amber-Suppressor-tRNA während der in vitro-Synthese des mutierten Proteins wird ein Abbruch verhindert und ein Protein synthetisiert, dem ortsgerichtet ein pBPA-Molekül inkorporiert wurde. Die pBPA-amberSuppressor-tRNA wird erst nach Zugabe von pBPA zum in vitro-Proteinsynthese-Ansatz durch eine mutierte Tyrosyl-tRNA-Synthetase aus Methanococcus Jannaschii beladen. Dabei handelt es sich um eine hochspezifische Reaktion, da die Synthetase hierfür keine der endogenen E. coli-tRNAs und keine der 20 proteinogenen Aminosäuren, sondern nur pBPA und die amber-Suppressor-tRNA als Substrat akzeptiert [Chin et al., 2002]. Sowohl die amber-Suppressor-tRNA als auch die mutierte Tyrosyl-tRNA-Synthetase sind auf einem Plasmid (pDULE) codiert, das in den E. coli-Stamm transformiert worden war, aus dem der für die in vitro-Synthese verwendeten Zellextrakt (S135) präpariert wurde [Farrell et al., 2005]. Da die Tyrosyl-tRNA-Synthetase und die amber-Suppressor-tRNA unter der Kontrolle eines endogenen E. coli-Promotors in vivo exprimiert wurden, sind diese somit bereits im Zellextrakt vorhanden, so dass für eine Suppression des amber-Stop-Codons in vitro nur die Zugabe von pBPA notwendig ist. Die Positionen für den Einbau von pBPA in die Signalsequenz von TorA-PhoA ergaben sich daraus, dass möglichst hydrophobe Aminosäuren gegen den Quervernetzer ausgetauscht werden sollten. Es wurden ein Phenylalanin auf Position 8 direkt vor dem Konsensusmotif, ein weiteres Phenylalanin an Position 15 in direkter Nachbarschaft zum Doppel-Arginin, ein Valin an Position 24 in der hydrophoben Region und ein Leucin an Position 32 im Cterminalen Bereich der Signalsequenz ausgetauscht (Abb. IV.12). 72 IV. Ergebnisse Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA Abb. IV.12: Schematische Darstellung der Stop-Codon-Mutanten Der TorA-Anteil am Tat-abhängigen Fusionsprotein TorA-PhoA bestehend aus der TorA-Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). Rot sind die Aminosäurereste markiert, deren Codon durch ein amber-Stop-Codon ersetzt wurde, um den Einbau von pBPA an diesen Positionen zu ermöglichen. Alle Stop-Codon-Mutanten zeigten vergleichbare Transportaktivitäten (bezogen auf mTorAPhoA-Mengen) wie das nicht mutierte TorA-PhoA (nicht gezeigt). Membranabhängige Quervernetzungsprodukte allerdings wurden nur für zwei der vier Stop-Codon-Mutanten beobachtet, auf die im Folgenden näher eingegangen wird (F15-TorA-PhoA und V24-TorAPhoA). IV.3.2. Reduziertes TorA-PhoA zeigt eine stark abgeschwächte Interaktion der Signalsequenz mit TatC Aus früheren in vitro-Experimenten mit einem vergleichbaren, photoaktivierbaren Quervernetzer (Tmd-Phe: Trifluoromethyldiazerin-Phenylalanin) und dem natürlichen TatSubstrat SufI aus E. coli war bekannt, dass die Region um das Konsensusmotif mit TatC interagiert [Alami et al., 2003]. Um zu überprüfen, ob Interaktion auch zwischen dem Konsensusmotif der Signalsequenz des reduzierten bzw. oxidierten TorA-PhoAs mit den Tat-Proteinen stattfindet, wurde unter Verwendung der Stop-Codon-Mutante F15-TorA-PhoA im folgenden Versuch pBPA anstelle des Phenylalanins an Position 15 der Signalsequenz innerhalb des Konsensusmotifs eingebaut (Abb. IV.13A). Reduziertes bzw. oxidiertes F15-TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von pBPA synthetisiert (Abb. IV.13B). Zur Aktivierung des Quervernetzers wurde mit UV-Licht bestrahlt, wobei immer eine Probe als Negativkontrolle unbestrahlt blieb (Abb. IV.13B, Spuren 1 und 6). Durch Bestrahlung traten mehrere hochmolekulare Banden auf. In Proben, denen keine Tat+-INVs zugesetzt worden waren, erschien nach UVBestrahlung eine Gruppe von Quervernetzungsprodukten mit molekularen Größen von ca. 75–85 kDa. Diese Produkte traten unabhängig vom Redoxzustand des TorA-PhoAs auf (Abb. IV.13B, Spuren 2 und 7). Unter Berücksichtigung des Molekulargewichts von TorAPhoA mit ca. 55 kDa resultiert daraus ein theoretisches Molekulargewicht der Quervernetzungspartner von ca. 20–30 kDa. Da diesen Ansätzen keine INVs zugesetzt 73 IV. Ergebnisse waren, handelte es sich um lösliche, nicht-membranabhängige Faktoren. Diese + Quervernetzungsprodukte waren nach Zugabe von Tat -INVs sowohl im Fall des reduzierten als auch des oxidierten TorA-PhoAs deutlich reduziert (Abb.IV.13B, Spuren 3 und 8). Zugleich erschien im Fall des oxidierten Proteins Quervernetzungsprodukt bei ca. 70 kDa (Abb. IV.13B, Spur 8). produkt war in der vergleichbaren Probe des ein neues Dieses reduzierten intensives QuervernetzungsTorA-PhoAs nicht zu erkennen (Abb.IV.13B, Spur 3). A Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA B Red. F15-TorA-PhoA Ox. F15-TorA-PhoA INV - - + - - + UV - + + - + + IP α TatB α TatC α TatB α TatC 100 kDa 75 kDa * pF15-TorA-PhoA ► 25 µl Ansatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 2x 2x 2x 8x 8x 2x 2x 2x 8x 8x Abb. IV.13: Die Signalsequenz des oxidierten TorA-PhoA interagiert mit TatC. A: Der TorA-Anteil am Tat-abhängigen Fusionsprotein TorA-PhoA bestehend aus der TorA-Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). Rot markiert an Position 15 befindet sich das Phenylalanin, dessen Codon durch ein amber-Stop-Codon ersetzt wurde, um den Einbau von pBPA an diesen Positionen zu ermöglichen (F15-TorA-PhoA). B: F15-TorA-PhoA wurde in einem 25 x Ansatz in Gegenwart von pBPA synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. 25 µl entsprechen einem Ansatz. Der verwendete Zellextrakt stammt von einem mit dem pDULE-Plasmid transformierten E. coli-Stamm und enthält daher die für die Suppression nötigen Komponenten. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. F15-TorA-PhoA) oder in dessen Abwesenheit statt (Red. F15-TorA-PhoA). Nach 30 min wurde die Synthese durch Puromycin gestoppt und der 25 x Ansatz aufgeteilt auf je zwei 2x Ansätze (1,2,6,7) und je ein 18 x Ansatz (3,8). Letzteren wurden Tat+-INVs zugesetzt, allen anderen Ansätzen das gleiche Volumen INV-Puffer. Nach einer Inkubation von 15 min bei 37°C wurden Ansätze 1 und 6 mit TCA gefällt, während die restlichen Ansätze 20 min auf Eis mit UV-Licht bestrahlt wurden um den eingebauten Quervernetzer zu aktivieren. Anschließend wurden Ansätze 2 und 7 mit TCA gefällt. Ansätze 3 und 8 wurden aufgeteilt um je 50 µl mit TCA zu fällen, während der restliche Ansatz in gleichen Teilen (je 8 x) für Immunpräzipitationen verwendet wurde. Alle TCA-Pellets, sowie die für die Immunpräzipitation verwendete Protein A-Sepharose wurden in SDS-PAGE-Probenpuffer bei 56°C und 1400 rpm für 15 min in einem Thermomixer inkubiert. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (8%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Rote Klammern oder Sterne markieren die Quervernetzungsprodukte. Rote Pfeile markieren präzipitiertes Material. 74 IV. Ergebnisse Durch Immunpräzipitationen mit Antikörpern gegen TatC konnte die Bande bei 70 kDa als ein Quervernetzungsprodukt zwischen der Signalsequenz des oxidierten TorA-PhoA und TatC identifiziert werden (Abb. IV.13B, Spur 10). Immunpräzipitation mit dem Antikörper gegen TatB ergab eine Bande auf gleicher Höhe wie die mit TatC-Antikörpern (Abb. IV.13B, Spur 9). Dabei handelte es sich höchstwahrscheinlich nicht um ein echtes Signal, sondern viel mehr um eine Verunreinigung dieser Spur durch die benachbarte Probe der αTatC-Immunpräzipitation, da aus anderen TatB-Quervernetzungsstudien, sowie aus Ergebnissen dieser Arbeit bekannt ist, dass TatB-Quervernetzungsprodukte ca. 5 kDa höher laufen als die von TatC. Obwohl im Falle des reduzierten TorA-PhoAs kein vergleichbares Quervernetzungsprodukt erkennbar war, konnte mit Antikörpern gegen TatC eine geringe Menge an radioaktivem Material immunpräzipitiert werden, das auf derselben Höhe lief wie das Signal der αTatCImmunpräzipitation des oxidierten TorA-PhoAs (Abb. IV.13B, Spur 5). Dies könnte auf eine sehr schwache Interaktion der Signalsequenz des reduzierten TorA-PhoAs und TatC hindeuten, die nur in der Immunpräzipitation zu erkennen war, da im Vergleich zur Probe in Spur 3 die vierfache Menge an Material für die Immunpräzipitation benutzt wurde (Abb. IV.13B, Spur 5). Die Ergebnisse der Quervernetzungsexperimente zeigen, dass eine direkte Interaktion der Region um das Konsensusmotif mit TatC besteht, und dass die Stärke dieser Interaktion sich zwischen den beiden Redoxzuständen bzw. Faltungszuständen des Proteins deutlich unterscheidet, wobei die reduzierte Form eine stark abgeschwächte Interaktion aufweist. Demnach ist die Bindung dieser Region der Signalsequenz abhängig von der Konformation bzw. vom Redoxzustand des TorA-PhoA-Proteins. Die Tatsache, dass das oxidierte sowie das reduzierte Protein in gleicher Stärke Tat-spezifisch an die Membran binden (Abb. IV.9C), lässt den Schluss zu, dass die stark abgeschwächte Interaktion der Region um das Konsensusmotif des reduzierten TorA-PhoAs mit TatC nicht den primären Kontakt an den TatBC-Rezeptor-Komplex widerspiegelt. IV.3.3. Reduziertes TorA-PhoA zeigt eine abgeschwächte Interaktion der Signalsequenz mit TatB Aus früheren in vitro-Experimenten mit dem photoaktivierbaren Quervernetzer Tmd-Phe und dem natürlichen Tat-Substrates SufI aus E. coli war bekannt, dass die hydrophobe Region (h-Region) der Signalsequenz mit TatC und TatB interagiert [Alami et al., 2003]. Um zu überprüfen, ob Interaktion auch zwischen der h-Region der Signalsequenz des reduzierten bzw. oxidierten TorA-PhoAs mit den Tat-Proteinen stattfindet, wurde unter 75 IV. Ergebnisse Verwendung der Stop-Codon-Mutante V24-TorA-PhoA im folgenden Versuch pBPA anstelle des Valins an Position 24 der Signalsequenz innerhalb des Konsensusmotifs eingebaut (Abb. IV.14A). Signalsequenz TorA A mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA B Red. V24-TorA-PhoA Ox. V24-TorA-PhoA INV - - + - - + UV - + + - + + IP α TatB α TatC α TatB α TatC 100 kDa 75 kDa * * pV24-TorA-PhoA ► 25 µl Ansatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 2x 2x 2x 8x 8x 2x 2x 2x 8x 8x Abb. IV.14: Die Signalsequenz des reduzierten V24-TorA-PhoA zeigt eine abgeschwächte Interaktion mit TatB. A: Der TorA-Anteil am Tat-abhängigen Fusionsprotein TorA-PhoA bestehend aus der TorA-Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). Rot makiert an Position 24 befindet sich das Valin, dessen Codon durch ein amber-Stop-Codon ersetzt wurde, um den Einbau von pBPA an diesen Positionen zu ermöglichen (V24-TorA-PhoA). B: V24-TorA-PhoA wurde in einem 25 x Ansatz in Gegenwart von pBPA synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. 25 µl entsprechen einem Ansatz. Der dafür verwendete Zellextrakt stammt von einem mit dem pDULE-Plasmid transformierten E. coli-Stamm und enthält daher die für die Suppression nötigen Komponenten. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. V24-TorA-PhoA) oder in dessen Abwesenheit statt (Red. V24TorA-PhoA). Nach 30 min wurde die Synthese durch Puromycin gestoppt und der 25x Ansatz aufgeteilt auf je zwei 2 x Ansätze (1,2,6,7) und je ein 18 x Ansatz (3,8). Letzteren wurden Tat+-INVs zugesetzt, allen anderen Ansätzen das gleiche Volumen INV-Puffer. Nach einer Inkubation von 15 min bei 37°C wurden Ansätze 1 und 6 mit TCA gefällt, während die restlichen Ansätze 20 min auf Eis mit UV-Licht bestrahlt wurden um den eingebauten Quervernetzer zu aktivieren. Anschließend wurden Ansätze 2 und 7 mit TCA gefällt. Ansätze 3 und 8 wurden aufgeteilt um je 50 µl mit TCA zu fällen während der restliche Ansatz in gleichen Teilen (je 8 x) für Immunpräzipitationen verwendet wurde. Alle TCA-Pellets, sowie die für die Immunpräzipitation verwendete Protein A-Sepharose wurden in SDS-PAGEProbenpuffer bei 56°C und 1400 rpm für 15 min in einem Thermomixer inkubiert. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (8%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Rote Klammern oder Sterne markieren die Quervernetzungsprodukte. Rote Pfeile markieren präzipitiertes Material. 76 IV. Ergebnisse Reduziertes bzw. oxidiertes V24-TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von pBPA synthetisiert, wodurch der Quervernetzer an Position 24 in der hydrophoben Region der Signalsequenz eingebaut wurde (Abb. IV.14B). Wie im vorherigen Experiment beschrieben, wurde pBPA durch Bestrahlung mit UV-Licht photoaktiviert (Abb. IV.14B). Dadurch traten im Vergleich zu unbestrahlten Proben (Abb. IV.14B, Spuren 1 und 6) mehrere hochmolekulare Banden auf (Abb. IV.14B, Spuren 2 und 7). In Proben, denen keine Tat+-INVs zugesetzt waren erschien nach UV-Bestrahlung erneut eine Gruppe von Quervernetzungsprodukten mit molekularen Größen von ca. 75–85 kDa. Diese Produkte traten unabhängig vom Redoxzustand des TorA-PhoAs auf und wurden bereits für die oben beschriebene StopCodon-Mutante F15-TorA-PhoA beobachtet (Abb. IV.14B, Spuren 2 und 7). Diese Quervernetzungsprodukte waren nach Zugabe von Tat+-INVs sowohl im Fall des reduzierten als auch des oxidierten TorA-PhoAs deutlich reduziert (Abb. IV.14B, Spuren 3 und 8). Zugleich erschien unabhängig Quervernetzungsprodukt bei 75 von kDa Redoxzustand des TorA-PhoAs (Abb. IV.14B, Spuren 3 und 8), das ein mit neues TatB Antikörpern immunpräzipitiert werden konnte und daher auf die Interaktion zwischen der Signalsequenz und TatB zurückzuführen war. (Abb. IV.14B, Spuren 4 und 9). Die durch TatB-Antikörper immunpräzipitierte Bande des reduzierten TorA-PhoAs war deutlich schwächer als die des oxidierten TorA-PhoA. Demnach interagiert die Signalsequenz des reduzierten TorA-PhoA im Vergleich zum oxidierten Protein in einer abgeschwächten Weise mit TatB. Dieses Quervernetzungsexperiment verdeutlichte, dass die h-Region der Signalsequenz von TorA-PhoA mit TatB interagiert, und dass auch diese Interaktion vom Redox- bzw. Faltungszustand des Proteins beeinflusst war, wobei die reduzierte Form eine weniger starke Interaktion aufwies. Der Unterschied in den Intensitäten der Interaktion des reduzierten und oxidierten TorA-PhoAs war jedoch schwächer ausgeprägt als es für die Interaktion der Region um das Konsensusmotifs (F15-TorA-PhoA) mit TatC zu beobachten war (Abb. IV.13B). Einen Kontakt der h-Region zu TatC, wie es für SufI gezeigt wurde [Alami et al., 2003], konnte nicht nachgewiesen werden. Interaktionen mit TatA konnten weder für die F15-, noch für die V24-Stop-Codon-Mutante beobachtet werden. Darüber hinaus führte der Einbau von pBPA an die bereits erwähnten Positionen F8 (vor dem Konsensusmotif) und L31 (Cterminale Region der Signalsequenz) zu keinen Interaktionen mit den Tat-Proteinen (nicht gezeigt). 77 IV. Ergebnisse IV.3.4. Die Signalsequenz von TorA-PhoA interagiert mit TorD und FkpA In den Experimenten in Abb. IV.13B und Abb. IV.14B trat in Proben, denen keine Tat+-INVs zugesetzt worden waren, nach UV-Bestrahlung eine Gruppe von Quervernetzungsprodukten mit molekularen Größen von ca. 75–85 kDa auf (jeweils Spuren 2 und 7). Um diese zu identifizieren, wurde exemplarisch reduziertes F15-TorA-PhoA in Gegenwart von pBPA synthetisiert und mit UV-Licht bestrahlt, wobei eine Probe als Negativkontrolle unbestrahlt blieb (Abb. IV.15, Spuren 1 und 2). Red. F15-TorA-PhoA INV UV - + IP αFkp A αTorD 100 kDa 75 kDa pF15-TorA-PhoA ► 25 µl Ansatz 1 2x 2 2x 3 4x 4 4x Abb. IV.15: FkpA und TorD interagieren mit der Signalsequenz von TorA-PhoA. F15-TorA-PhoA wurden in einem 12 x Ansatz in Gegenwart von pBPA synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. 25 µl entsprechen einem Ansatz. Der dafür verwendete Zellextrakt stammt von einem mit dem pDULE-Plasmid transformierten E. coli-Stamm und enthält daher die für die Suppression nötige amber-SuppressortRNA, sowie die pBPA-spezifische TyrosyltRNA-Synthetase. Nach 30 min wurde die Synthese durch Puromycin gestoppt und der 12 x Ansatz in einen 2 x Ansatz sowie einen 10 x Ansatz aufgeteilt. Der 2 x Ansatz wurde mit TCA gefällt (1), während der 10 x Ansatz 20 min mit UV-Licht auf Eis bestrahlt wurde um den eingebauten Quervernetzer zu aktivieren. Nach der Bestrahlung wurden 50 µl des bestrahlten Ansatzes mit TCA gefällt (2), während der restliche Ansatz zu gleichen Teilen für die Immunpräzipitationen verwendet wurde (3,4). Alle TCA-Pellets, sowie die für die Immunpräzipitation verwendete Protein ASepharose wurden in SDS-PAGEProbenpuffer bei 56°C und 1400 rpm für 15 min in einem Thermomixer inkubiert. Sämtliche Proben wurden durch SDSPAGE (8%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Die rote Klammer markiert die Quervernetzungsprodukte. Rote Pfeile markieren präzipitiertes Material. Wie erwartet trat diese Gruppe von Quervernetzungsprodukten bei ca. 75–85 kDa auf (Abb. IV.15, Spur 2). Durch Immunpräzipitationen konnte diese Gruppe von Quervernetzungsprodukten als Interaktionen der Signalsequenz mit FkpA (27 kDa) (Abb. IV.15, Spur 3) und mit TorD (22,5 kDa) (Abb. IV.15, Spur 4) identifiziert werden. Angesichts der Größe des Signals der Quervernetzungsprodukte werden jedoch noch weitere Interaktionen mit nicht-identifizierten Proteinen vermutet. FkpA ist in dem für die in vitro-Synthese benutzen Zellextrakt (S135) enthalten. Dabei handelt es sich um eine periplasmatische PPIase mit Chaperon-Funktion. Als periplasmatisches Protein hat FkpA 78 IV. Ergebnisse wahrscheinlich keine physiologische Bedeutung für den Tat-abhängigen Transport, dennoch interagiert es mit der Signalsequenz von TorA-PhoA (Abb. IV.15) als auch mit der von TorA23K, einem anderen Tat-abhängigen Fusionsprotein, sowie mit der Signalsequenz des natürlichen Tat-Substrates SufI. Diese Interaktion beeinflusst allerdings nicht den Tatabhängigen in vitro-Transport [E. Holzapfel, Dissertation]. TorD ist ebenfalls in dem für die in vitro-Synthese benutzen Zellextrakt enthalten und ist ein spezifisches cytoplasmatisches Chaperon des TorA-Proteins [Jack et al., 2001 und 2004]. In Abb. IV.5B wurde gezeigt, dass TorD in hohen Mengen durch seine Bindung an die Signalsequenz den Transport von TorA-PhoA inhibiert. Dieser Effekt ist für die Konzentrationen an TorD im Zellextrakt nicht zu erwarten. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass die Interaktion von TorD als auch von FkpA in Anwesenheit der TatProteine nach Zugabe der Tat+-INVs deutlich reduziert war (Abb. IV.13B und 14B) und deshalb wahrscheinlich keine Konkurrenz für die Bindung der Signalsequenz an den BCRezeptor-Komplex darstellten. Zusammenfassend lässt sich über die ortsgerichteten Quervernetzungsexperimente sagen, dass es gelang einen Kontakt der Region um das Konsensusmotif der Signalsequenz mit TatC, als auch einen Kontakt der hydrophoben Region der Signalsequenz mit TatB nachzuweisen. Die Intensitäten der Interaktionen waren dabei abhängig vom Redoxzustand des Proteins. Während die Interaktion des reduzierten TorA-PhoA-Proteins zu TatC im Gegensatz zu der des oxidierten Proteins kaum erkennbar war, zeigte das reduzierte TorAPhoA im Vergleich zum oxidierten Protein eine abgeschwächte Intensität seiner Interaktion zu TatB. Diese Unterschiede sind bislang, neben der Transportkompetenz, die einzigen Hinweise auf eine faltungsabhängige Erkennung des TorA-PhoA-Proteins durch das TatSystem. 79 IV. Ergebnisse IV.4. Charakterisierung eines potentiellen Transportintermediates von TorA-PhoA Der letzte Teil der vorliegenden Arbeit befasst sich mit der Spezies, die in den ersten Teilen dieser Arbeit als Intermediat oder iTorA-PhoA bezeichnet aber noch nicht näher beschrieben wurde. Es konnte bereits gezeigt werden, dass iTorA-PhoA zusammen mit mTorA-PhoA (reifes TorA-PhoA) nur dann als Proteinase K-resistente Proteine auftraten, wenn die für den Transportversuch verwendeten invertierten Vesikel der Innenmembran aus einem TatABCüberproduzierenden Stamm präpariert wurden (Abb. IV.4A). Dies spricht für die TatAbhängigkeit beider Spezies. Anders als mTorA-PhoA blieb iTorA-PhoA auch dann noch Proteinase K-resistent, wenn der Verdau in Gegenwart von 1 % Triton X100 stattfand (Abb. IV.4A), wodurch die Integrität der INVs zerstört wird und das ins Innere der Vesikel transportierte Material nicht länger vor dem Verdau durch Proteinase K geschützt ist. Dieses Phänomen wurde in den folgenden Experimenten näher untersucht. IV.4.1. Triton-Resistenz von iTorA-PhoA wird nur für die oxidierte Form beobachtet Um die Abhängigkeit der Triton-Resistenz des iTorA-PhoA vom Redoxzustand zu untersuchen wurden die reduzierte als auch die oxidierte Form des Proteins in Gegenwart von Tat+-INVs in vitro synthetisiert (Abb. IV.16). TorA-PhoA Red. Ox. Tat+ INV Triton 1% + - Proteinase K + - + + p m i 50 kd 1 2 3 4 5 6 Abb. IV.16: Formation des potentiellen Intermediats ist von dem Redoxzustand des TorA-PhoA-Proteins abhängig. TorA-PhoA wurde bei 37°C in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (4-6, Ox.) oder in dessen Abwesenheit statt (1-3, Red.). Den Ansätzen 1 und 4 ( je 75 µl) wurden Tat+-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt (1 und 4), während je zweimal 30 µl (2,3 und 5,6) zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Die Ansätze 3 und 6 enthielten während der Proteinase K–Behandlung zusätzlich 1% Triton X100. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. 80 IV. Ergebnisse Transportaktivität wurde nur für das oxidierte TorA-PhoA festgestellt, da Protease-resistentes pTorA-PhoA, mTorA-PhoA und iTorA-PhoA detektierbar war (Abb. IV.16, Spur 5), während das reduzierte Protein vollständig verdaut wurde (Abb. IV.16, Spur 2). Proteinase Kbehandelte Proben, denen zusätzlich 1 % Triton X100 zugesetzt wurden, wiesen nur für das oxidierte TorA-PhoA proteaseresistentes iTorA-PhoA auf (Abb. IV.16, Spur 6), während das reduzierte TorA-PhoA keine Resistenzen aufwies (Abb. IV.16, Spur 3). Demnach ist die Bildung des Triton-resistenten iTorA-PhoAs an die oxidierte Form des Proteins gekoppelt. Bemerkenswert allerdings ist die Tatsache, dass trotz der Zerstörung der INV-Integrität durch Triton X100 nur das Vorläuferprotein und das reife Protein (pTorA-PhoA und mTorA-PhoA) verdaut wurden. Dies ließ die Vermutung aufkommen, dass iTorA-PhoA nicht im Inneren der Vesikel zu finden war, sondern noch von Membranstrukturen umgeben war, die das Protein vor proteolytischem Verdau schützten. Allein auf Grund der Menge an detektierbaren iTorA-PhoA kann dieses Protein nur das Produkt eines partiellen Verdaus des pTorA-PhoAs sein. Da diese partielle Proteaseresistenz des oxidierten pTorA-PhoAs nur in Gegenwart von Tat+-INVs auftrat (Abb. IV.4A) ist die Formation des iTorA-PhoA höchstwahrscheinlich abhängig vom Tat-spezifischen Transportapparat. IV.4.2. Die Bildung von iTorA-PhoA ist abhängig vom Doppel-Arginin-Motif Um die Annahme, die Bildung von iTorA-PhoA sei abhängig vom Tat-spezischen Transport zu untermauern, wurde die Bedeutung des Doppel-Arginin-Motifs für die Bildung des iTorAPhoAs untersucht, indem das erste (KR-TorA-PhoA) oder beide hochkonservierten Arginine (KK-TorA-PhoA) im Konsensusmotiv der Signalsequenz durch Lysin ersetzt wurden (Abb. IV.17A). In Tat-Substraten führt diese Mutation im Allgemeinen zur kompletten Inhibition des Tat-abhängigen Transports in vivo als auch in vitro. RR-TorA-PhoA, KR-TorA-PhoA und KK-TorA-PhoA wurden unter oxidierenden Bedingungen in Gegenwart von Tat+-INVs in vitro synthetisiert (Abb. IV.17B). Transportaktivität wurde durch die Behandlung mit Proteinase K überprüft. Transport war wie erwartet für das RRTorA-PhoA zu beobachten, da proteaseresistentes mTorA-PhoA und iTorA-PhoA detektierbar waren, wobei in diesem Versuch verhältnismäßig viel iTorA-PhoA auftrat (Abb. IV.17B, Spur 2). Die Menge an iTorA-PhoA wurde durch den Austausch des ersten Arginins durch Lysin im Doppel-Arginin-Motif stark reduziert, während die Menge an mTorAPhoA unbeeinflusst blieb (Abb. IV.17B, Spur 4). Kein Transport war im Fall des KK-TorAPhoA zu beobachten, da keine Proteaseresistenz zu detektieren war (Abb. IV.17B, Spur 6). Diese Ergebnisse verdeutlichten die Bedeutung des Doppel-Arginin-Motifs für den Tatabhängigen Transport von TorA-PhoA. 81 IV. Ergebnisse Signalsequenz TorA A mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASKRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA KR-TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASKKRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA KK-TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA B Ox. TorA-PhoA RR Proteinase K KR + KK + + p TorA-PhoA m i 50 kDa 1 2 3 4 5 6 Abb. IV.17: Der TorA-PhoA-Transport, sowie die Bildung des potentiellen Intermediates sind abhängig von einem intakten RR-Motif der Signalsequenz. A: RR-TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). KR-TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif in dem das erste der beiden konservierten Arginine gegen Lysin (rot) ausgetauscht ist. KKTorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif in dem beide konservierten Arginine gegen Lysine (rot) ausgetauscht sind. B: Die TorA-PhoA-Varianten RR-,KR- und KK-TorA-PhoA wurden in Gegenwart von 5mM oxidiertem + Glutathion (Ox.) in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Allen Ansätzen wurden Tat -INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben wurden durch SDSPAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Überraschend war allerdings die drastische Auswirkung der KR-Mutation auf die Bildung des iTorA-PhoAs. Offensichtlich ist eine abgeschwächte Interaktion der Doppel-Arginin-Motifs zum TatBC-Rezeptor-Komplex, hervorgerufen durch den Austausch des ersten der beiden Arginine, von besonderer Bedeutung für die Bildung von iTorA-PhoA. Klar ist jedoch, dass für die Bildung von iTorA-PhoA eine intakte TorA-Signalsequenz für die Interaktion mit dem TatBC-Rezeptor-Komplex benötigt wird. Da das Auftreten von iTorAPhoA alle Erfordernisse für den Tat-abhängigen Transport erfüllt, stellt dessen Bildung vermutlich ein translokationsarretierte Form der TorA-PhoA-Proteins dar, die erst nach der produktiven Erkennung durch den TatBC-Rezeptor-Komplex entsteht. 82 IV. Ergebnisse IV.4.3. Translokationsarrest findet vor dem ∆pH-abhängigen Schritt der Translokation statt Um die translokationsarretierte Form des Proteins weiter zu charakterisieren, sollte im folgenden Versuch der Frage nachgegangen werden, ob für die Bildung von iTorA-PhoA Energie in Form der protonenmotorischen Kraft (PMF) benötigt wird. Im bakteriellen zellfreien System wurde gezeigt, dass Tat-Substrate ohne ATP transportiert werden, aber der Transport inhibiert werden kann durch Zerstörung des transmembranen pH-Gradienten (Yahr und Wickner, 2001; Alami et al. 2002). Der transmembrane pH-Gradient wurde in diesem Versuch durch den Einsatz von DCCD (Dicyclohexylcarbodiimid) oder CCCP (Carbonylcyanid-m-chlorophenylhydrazon) manipuliert. DCCD ist ein lipophiles Reagenz, das im Allgemeinen mit protonierten Carboxylresten in einer hydrophoben Umgebung reagiert. Bekannt ist es insbesondere als Inhibitor der F1FO-ATPase, in der DCCD mit dem protonierten Carboxylrest eines konservierten Aspartatrestes der c-Untereinheiten des F0Teils der F1FO-ATPase reagiert, und durch kovalente Modifikation dieses Restes den Protonenfluss über die Membran durch den FO-Teil verhindert [Sebald et al., 1980; Hermolin und Fillingame, 1989]. Da sich im zellfreien in vitro-Proteinsynthese-System ein pH-Gradient an der Membran der INVs durch die Hydrolyse von ATP über die FOF1-ATPase aufbaut, verhindert DCCD die Bildung des pH-Gradienten. CCCP dagegen ist ein protonenspezifisches Ionophor, das einen bereits bestehenden Protonengradienten zerstört indem es selbst Protonen durch die Membran transportiert. Zunächst wurde die Wirkung von DCCD und CCCP auf den Tat-abhängigen SufI-Transport analysiert. SufI wurde in vitro synthetisiert und mit Tat+-INV versetzt, wobei einem Ansatz als Kontrolle nur INV-Puffer zugesetzt wurde (Abb. IV.18A). Durch Proteinase K-Behandlung wurde Translokationsaktivität nur in Gegenwart von Tat+-INVs nachgewiesen (Abb. IV.18A, Spur 4), während in dem Ansatz ohne Vesikel keine Transportaktivität detektierbar war (Abb. IV.18A, Spur 2). Durch den Einsatz von 0,5 mM DCCD während des Transports wurde dieser praktisch vollständig inhibiert, da kein Proteinase K-resistentes Material mehr detektierbar war (Abb. IV.18A, Spur 6). Gleiches gilt für den Einsatz von 0,1 mM CCCP (Abb. IV.18A, Spur 8). Demnach waren beide Substanzen in der Lage den Tatabhängigen Transport von SufI vollkommenen zu inhibieren. Dieser Versuch wurde in gleicher Weise mit dem oxidierten TorA-PhoA durchgeführt (Abb. IV.18B). Auch hier wurde wie erwartet Translokationsaktivität nur in Gegenwart von Tat+-INVs nachgewiesen (Abb. IV.18B, Spur 4), während in dem Ansatz ohne Vesikel keine Transportaktivität detektierbar war (Abb. IV.18B, Spur 2). Wie bei SufI zu beobachten war, wurde auch hier durch den Einsatz von 0,5 mM DCCD der Transport praktisch vollständig inhibiert, da kein Proteinase K-resistentes Material mehr detektierbar war (Abb. IV.18A, Spur 6). 83 IV. Ergebnisse A DCCD 0,5 mM INV CCCP 0,1 mM Tat+ - Proteinase K + + + + p 50 kd SufI m 1 2 3 4 5 B 6 DCCD 0,5 mM INV 7 8 CCCP 0,1 mM Tat+ - Proteinase K + + + + p m i 50 kd 1 C 3 4 5 6 7 8 2 9 10 3 11 4 12 13 5 14 6 15 16 7 17 TorA-PhoA 8 18 19 10% TCA PK - p m i +CCCP i +DCCD Abb. IV.18: Die Bildung des potentiellen Intermediats ist nicht ∆pH-abhängig, wird aber durch DCCD inhibiert. A: SufI wurde in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. 5 min nach Synthesestart wurden den Ansätzen Tat+-INVs (Spuren 3-8) bzw. INV-Puffer (Spuren 1 und 2) zugesetzt. Zusammen mit den INVs wurden den Ansätzen in den Spuren 5 und 6 0,5 mM DCCD und den Ansätzen in den Spuren 7 und 8 0,1 mM CCCP zugesetzt. Nach weiteren 25 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m). B: TorA-PhoA wurde in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion statt. Der restliche Versuchsverlauf wurde wie in A beschrieben durchgeführt. Sämtliche Proben aus A und B wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. C: TorA-PhoA wurde in drei 175 µl Ansätzen in vitro in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion synthetisiert + und dabei radioaktiv markiert. 5 min nach Synthesestart wurden den Ansätzen Tat -INVs zugesetzt. Zusätzlich wurde 0,1 mM CCCP (+CCCP) oder 0,5 mM DCCD (+DCCD) zugesetzt. Nach weiteren 25 min wurde die Proteinsynthese durch Puromycin gestoppt. 15 µl jedes Ansatzes wurden mit TCA gefällt (TCA), während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Der restliche Ansatz wurde mit 16000 xg, 20 min bei 4°C zentrifugiert. 10 µl des Überstandes wurden mit TCA gefällt (10%) während 100 µl auf eine Gelfiltrationssäule (Sepharose CL-6b) aufgetragen wurden. Die Elution der Proteine erfolgte in 100 µl Fraktionen (3-19), die mit TCA gefällt wurden. Fraktionen 6-8 (rot) sind die membranhaltigen Fraktionen. Sämtliche Proben wurden mittels SDS-PAGE (15%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Durch den Einsatz von 0,1 mM CCCP jedoch blieb selektiv iTorA-PhoA proteaseresistent, während pTorA-PhoA und mTorA-PhoA durch Proteinase K verdaut wurden. Demnach sind DCCD als auch CCCP in der Lage den Tat-abhängigen Transport zu inhibieren, zeigen allerdings unterschiedliche Effekte auf die Bildung von iTorA-PhoA. Da die 84 IV. Ergebnisse Bildung von iTorA-PhoA durch CCCP nicht beeinflusst wurde, muß dessen Bildung vor dem ∆pH-abhängigen Schritt des Translokationsprozesses stattfinden. Demnach muss das Verschwinden von iTorA-PhoA durch DCCD unabhängig von dessen inhibitorischen Wirkung auf die FOF1-ATPase sein, und kann nur durch eine unbekannte, direkte Hemmung des TatTransportes erklärt werden. Um die Tat-spezifische Bindung von TorA-PhoA an die Membran in Gegenwart von DCCD zu untersuchen, wurden im folgenden Experiment größenchromatographische Analysen betrieben, wie sie bereits in einem vorhergehenden Teil der vorliegenden Arbeit zur Anwendung kamen (Abb. IV.7-9). Dazu wurden die Elutionsprofile der Gelfiltration einer in vitro-Synthese von oxidiertem TorAPhoA analysiert (Abb. IV.18C). Alle Ansätze enthielten Tat+-INVs, während zwei der drei Ansätze CCCP oder DCCD zugesetzt wurde. Der Ansatz ohne Zusatz von CCCP bzw. DCCD zeigte Transportaktivität (Abb. IV.18C, -, PK). Darüber hinaus wies das Elutionsprofil dieses Ansatzes signifikante Mengen an pTorA-PhoA in den INV-haltigen Fraktionen 6–8 auf. Da die Transportaktivität in diesem Versuchsansatz relativ gering war, ist im Vergleich zu Abb. IV.7 kein mTorA-PhoA in den Fraktionen 6–8 zu erkennen (Abb. IV.18C, -, 4-20). Das Elutionsprofil des CCCP-haltigen Ansatzes war praktisch identisch mit dem des Ansatzes ohne Zusatz (Abb. IV.18C, +CCCP, 4-20). Demnach wurde die Bindung des Proteins an die Membran nicht durch CCCP beeinflusst. Wie erwartet, zeigte in Gegenwart von CCCP nur das iTorA-PhoA Resistenz gegenüber Proteinase K (Abb. IV. 18C, +CCCP, PK). Das Elutionsprofil des DCCD-haltigen Ansatzes unterschied sich von den zwei vorhergehenden dahingehend, dass deutlich geringere Mengen an pTorAPhoA in den INV-haltigen Fraktionen 6–8 eluierten (Abb. IV.18C, +DCCD, 4-20). Die Proteinase K-Behandlung dieses Ansatzes wies keine proteaseresistenten Proteine auf (Abb. IV.18C, +DCCD, PK). DCCD verhinderte offensichtlich die Tat-spezifische Bindung des pTorA-PhoAs an die Membran. Basierend auf diesen Beobachtungen kann davon ausgegangen werden, dass die Bindung von pTorA-PhoA an die Membran Voraussetzung für die Bildung des iTorA-PhoAs nach Behandlung mit Proteinase K ist. Zusätzlich zeigen diese Experimente, dass DCCD neben seiner inhibitorischen Wirkung auf den Tat-abhängigen Transport durch die Inhibition der F1FO-ATPase noch eine direkte Wirkung auf das Tat-System besitzt. Vorstellbar wäre eine Interaktion von DCCD mit einem für die Bindung des Tat-Substrates bedeutende Region des TatBC-Rezeptor-Komplexes, über den nachweislich der initiale Kontakt des Substrats zum Tat-System hergestellt wird [Cline und Mori, 2001; Alami et al., 2003]. 85 IV. Ergebnisse IV.4.4. Translokationsarrest findet vor der Abspaltung der Signalsequenz statt Im folgenden Versuch wurde der Frage nachgegangen, ob dem Translokationsarrest der zur der Bildung von iTorA-PhoA führt eine Prozessierung durch die Signalpeptidase vorausgeht. Dazu wurden die beiden möglichen Spaltstellen (Ala-X-Ala, Abb. IV.19A) am Übergang der Signalsequenz zum reifen Teil des Proteins dadurch inaktiviert, dass das C-terminale Alanin der Signalsequenz, sowie das N-terminale Alanin des reifen Proteins durch Lysine ersetzt wurde (Abb. IV.19A). Die daraus resultierte Spaltmutante wies dadurch kein Ala-X-Ala-Motif mehr auf und wurde als ∆SP-TorA-PhoA bezeichnet. A SP Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATAAQAATDA TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA ∆SP Signalsequenz TorA mTorA MANNNDLFQASRRRFLAQLGGLTVAGMLGPSLLTPRRATLLQAATDA ∆SP-TorA-PhoA TorA ◄ ► reifes PhoA B TorA-PhoA INV ∆SPTorA-PhoA Tat+ - Proteinase K + + + p m TorA-PhoA i 1 2 3 4 5 6 Abb. IV.19: Translokationsarrest findet vor der Abspaltung des Signalpeptids statt. A: TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). SP markiert die potentielle Schnittstelle der Signalpeptidase. ∆SP-TorA-PhoA: Signalsequenz mit blau hervorgehobenem Konsensusmotif sowie den ersten 7 Aminosäuren des reifen TorA (mTorA). Die beiden Alanine unmittelbar neben der potentiellen Signalpeptidase-Schnittstelle sind durch Leucine ersetzt. B: TorA-PhoA und ∆SP-TorA-PhoA wurden in Gegenwart von 5mM oxidiertem Glutathion (Ox.) in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Allen Ansätzen wurden Tat+-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. TorA-PhoA und ∆SP-TorA-PhoA wurden unter oxidierenden Bedingungen in Gegenwart oder Abwesenheit von Tat+-INVs in vitro synthetisiert (Abb. IV.19B). Durch Proteinase KBehandlung wurde Translokationsaktivität nur in Gegenwart von Tat+-INVs nachgewiesen 86 IV. Ergebnisse (Abb. IV.19B, Spur 4), während in dem Ansatz ohne Vesikel keine Transportaktivität detektierbar war (Abb. IV.19B, Spur 2). Transport war auch für ∆SP-TorA-PhoA zu beobachten, da proteaseresistentes pTorA-PhoA und iTorA-PhoA detektierbar waren (Abb. IV.19B, Spur 6). Wie erwartet, trat in dieser Spur praktisch kein mTorA-PhoA auf, da Signalpeptidase-spezifische Prozessierung durch die Mutation in der Spaltmutante nicht möglich war. Aus demselben Grund trat pTorA-PhoA stärker auf. Die Menge an iTorA-PhoA der Spaltmutante unterschied sich nicht von der des spaltbaren TorA-PhoA-Proteins, woraus geschlossen werden kann, dass der Translokationsarrest vor der Abspaltung der Signalsequenz stattfindet. Außerdem wird damit klar, dass die Bildung von iTorA-PhoA das Resultat der proteolytischen Verdaus des pTorA-PhoA-Proteins und nicht der reifen Form des Proteins sein muss. IV.4.5. Der C-Terminus von iTorA-PhoA ist nicht proteasegeschützt Die bisherigen Ergebnisse zur Charakterisierung von iTorA-PhoA zeigen, dass die Tatspezifische Bindung von pTorA-PhoA an die Membran zu einer Interaktion des Proteins mit den Tat-Proteinen führt, die dem pTorA-PhoA-Protein partielle Proteinase K-Resistenz verleiht. Durch Proteinase K-Behandlung wurde das Protein gemäß Analyse durch SDSGelelektrophorese um ca. 9 kDa verkleinert. Unklar ist, welcher Teil des Proteins verdaut wurde. Um dies zu klären, wurde der Umstand ausgenutzt, dass TorA-PhoA einen His-tag am C-Terminus trägt. Oxidiertes TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von Tat+-INVs synthetisiert (Abb. IV.20). Nach Synthesestopp durch Puromycin konnte durch Proteinase K-Behandlung Transportaktivität nachgewiesen werden (Abb. IV.20, Spur 2). Entgegen den meisten Experimenten tritt in diesem Versuch relativ wenig iTorA-PhoA auf. Fand die Proteinase KBehandlung in Gegenwart von 1 % Triton X100 statt, blieb, wie oben bereits mehrfach gezeigt, nur noch iTorA-PhoA proteaseresistent (Abb. IV.20, Spur 4, (IV)). Dieses Material wurde für eine affinitätschromatographische Analyse zum Bindungsverhalten von iTorAPhoA verwendet. Zum Vergleich diente eine mit 1 % Triton X100 versetzte Probe, die nicht mit Proteinase K behandelt wurde, wodurch kein iTorA-PhoA generiert, aber pTorA-PhoA und mTorA-PhoA aus den Vesikeln freigesetzt wurde (Abb. IV.20, Spur 3, (III)). Beide Proben ((III) und (IV)) wurden mit Ni2+-Sepharose inkubiert (Abb. IV.20, Spuren 5–9, (III) und Spuren 10-15, (IV)), während letztere Probe ((III)) als Negativ-Kontrolle auch mit Ni2+-freier Sepharose inkubiert wurde (Abb. IV.20, Spuren 15–19, (III)). 87 IV. Ergebnisse Ni2+- freie Sepharose Ni2+-Sepharose Triton 1% PK - - + + - + - + 1 2 U W1 W2 E1 E2 U W1 W2 E1 E2 U W1 W2 E1 E2 10 11 14 15 16 p m i Ansatz Vol.:15µl 3 4 5 6 7 8 9 12 13 17 I II III IV III IV III 1x 2x 1x 2x 3x 3x 3x 18 19 Abb. IV.20: Der C-Terminus des potentiellen Intermediats ist ungeschützt. TorA-PhoA wurde in einem 15x Ansatz in vitro in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. 15 µl entsprechen einem Ansatz. Dem 15x Ansatz wurden 5 min nach Synthesestart Tat+-INVs zugesetzt. Nach 25 min wurde die Proteinsynthese durch Puromycin gestoppt. Anschließend wurden 15 µl (1x) mit 5 % TCA gefällt (I) während 30 µl (2x) für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) inkubiert und anschließend mit 5 % TCA gefällt wurden (II). Darüber hinaus wurden 105 µl (7x, III) mit 1 % Triton X100, sowie 75 µl (5x, IV) mit 1 % Triton X100 und Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) versetzt. Beide Ansätze wurden 25 min bei 25°C inkubiert. Zuletzt wurden 15 µl aus Ansatz III (1x) und 30 µl aus Ansatz IV (2x,) mit 5 % TCA gefällt. Nach der Inaktivierung der Proteinase K durch 0,5 mM PMSF dienten die restliche Volumina der Ansätze III und IV als Ausgangsmaterial für eine His-tag-Aufreinigung mit Ni2+Sepharose im batch-Verfahren. Um unspezifische Bindung des TorA-PhoA-Proteins auszuschließen, wurde als Kontrolle parallel auch Ni2+-freie Sepharose verwendet. Ungebundenes Protein (U), Waschschritte 1 und 2 (W1, W2) sowie Eluate aus zweimaliger Elution mit 50 mM EDTA (E1, E2) wurden mit 5 % TCA gefällt. Sämtliche Proben wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Dabei zeigte sich, dass der überwiegende Teil des pTorA-PhoA, sowie das gesamte mTorAPhoA an die Ni2+-Sepharose gebunden (Abb. IV.20, Spur 5) und erst durch den EDTAhaltigen Puffer wieder eluiert wurde (Abb. IV.20, Spuren 8 und 9). Dabei muss es sich um eine spezifische Bindung des His-tags an die Ni2+-Ionen handeln, da praktisch kein Protein an die Ni2+-freie Sepharose gebunden wurde (Abb. IV.20, Spuren 15–19). iTorA-PhoA dagegen wurde offensichtlich nicht durch die Ni2+-Sepharose gebunden, da das gesamte Material im Durchlauf zu finden war (Abb. IV.20, Spur 10). Da iTorA-PhoA nicht an die Ni2+Sepharose binden konnte, kann davon ausgegangen werden, dass der mit dem His-tag versehene C-Terminus des Proteins durch die Proteinase K abgespalten wurde. Demnach befindet sich ein vermutlich ca. 9 kDa großes Stück des C-Terminus nicht in einer schützenden Umgebung, welche durch Interaktion des pTorA-PhoAs mit den Tat-Proteinen vermittelt wird. Statistisch gesehen befindet sich nach fast jedem zweiten Aminosäurerest eine Proteinase K-spezifische Schnittstelle in der TorA-PhoA-Aminosäuresequenz (233 Schnittstellen; pTorA-PhoA: 517 Aminosäuren). 88 IV. Ergebnisse IV.4.6. Überlastung des Tat-Apparates könnte die Ursache für den Translokationsarrest sein Unklar ist bislang, wieso ein Teil des TorA-PhoA-Proteins vollständig transportiert wird, während eine signifikante Menge des Proteins nur teilweise transportiert wird. Um einen Einblick in die Entstehung der transportarretierten Form zu bekommen, wurde eine Kinetik des TorA-PhoA-Transportes durchgeführt. A Transport [Min] 0 Proteinase K 1 + 2 + 3 + 5 + 15 + 25 + + p m TorA-PhoA i B 100 100 100 91,7 90 80 70 % 60 Transportiertes TorA-PhoA 50 40 30 Transport-Intermediat 41,4 +Tat+-INV 20 10 0 0 10,4 5,6 0 00,1 1 29,2 27,9 0 2 7,3 0 3 5 15 25 min Transport Abb. IV.21: Die Formation des potentiellen Intermediats findet zu einem späten Zeitpunkt des Transportes statt. A: TorA-PhoA wurde in einem 350 µl Ansatz in vitro in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Dem Ansatz wurden 5 min nach Synthesestart Tat+-INVs zugesetzt. Um eine Transportkinetik zu erstellen wurden 0, 1, 2, 3, 5, 15 und 25 min nach der Zugabe der Tat+-INVs (t = 0 min) 45 µl entnommen. Davon wurden 15 µl mit TCA gefällt während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Sämtliche Proben wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. B: Graphische Darstellung der Transportkinetik von TorA-PhoA. Zur Quantifizierung wurde das Programm ImageQuant 5.2 benutzt. Quantifizierte Signale des Vorläuferproteins (p) und des reifen Proteins (m) jedes Proteinase K-behandelten Ansatzes wurden summiert (Transportiertes TorA-PhoA). Das Signal des potentiellen Transport-Intermediates wurde separat quantifiziert (Transport-Intermediat). Die Prozentangaben beziehen sich auf den höchsten gemessenen Wert (100 %) beider Spezies. Oxidiertes TorA-PhoA wurde in einem Ansatz in vitro synthetisiert, dem fünf Minuten nach Synthesestart Tat+-INVs zugesetzt wurden. Die Zugabe der INVs wurde als Zeitpunkt Null definiert. Zu diesem Zeitpunkt wurde zum ersten Mal eine Probe aus diesem Ansatz entnommen. Weitere Proben wurden nach 1, 2, 3, 5, 15 und 25 Minuten entnommen. Alle entnommenen Proben wurden durch SDS-Gelelektrophorese analysiert (Abb. IV.21A) und 89 IV. Ergebnisse die Signale von pTorA-PhoA, mTorA-PhoA und iTorA-PhoA mit ImageQuant 5.2 quantifiziert, um diese graphisch darzustellen (Abb. IV.21B). Aus dieser Graphik ist die kontinuierliche Zunahme an vollständig transportiertem Protein (p + mTorA-PhoA) zu erkennen, die nach 15 Minuten bereits ihr Maximum erreichte (Abb. IV.21B, blaue Linie). Somit war nach 15 Minuten der vollständige Transport des Proteins bereits abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt lagen dagegen weniger als 30 % der maximal gebildeten Menge an iTorA-PhoAs vor. Erst in den letzten 10 Minuten der Reaktion nahm dessen Menge drastisch zu und erreichte den höchsten aufgenommenen Wert nach 25 Minuten (Abb. IV.21B, grüne Linie). Kinetiken, aufgenommen über längere Zeiträume als 25 Minuten, führten zu keiner weiteren Zunahme von iTorA-PhoA (nicht gezeigt). Aus der Kinetik in Abb. IV.21B geht hervor, dass die überwiegende Menge an iTorA-PhoA in einer späten Phase des Transportversuchs entsteht. Seine stärkste Zunahme erfährt es zu einem Zeitpunkt, zu dem der vollständige Transport des Proteins bereits sein Maximum erreicht hat. Möglicherweise stehen diese beiden Beobachtungen in kausalem Zusammenhang zueinander, in einer Weise, dass, wenn der vollständige Transport des TorA-PhoA-Proteins vollständig zum Erliegen kommt, dies die Bildung von iTorA-PhoA zur Folge hat. Eine mögliche Erklärung könnte eine Überlastung der Tat-Translokase der Membranvesikel sein. Dieser Effekt ist bereits bei Überproduktion von Tat-abhängigen Substraten in vivo beobachtet worden (Yahr und Wickner, 2001). IV.4.7. Translokationsarrest findet in der unmittelbaren Nähe von TatA statt Interaktion des pTorA-PhoAs mit den Tat-Proteinen führte zur einer partiellen Resistenz gegenüber Proteinase K, die auch nach Solubilisierung der Vesikel mit Triton X100 erhalten blieb. Diese Beobachtung könnte für eine Solubilisierung von Membranstrukturen sprechen, die das TorA-PhoA-Protein enthalten und in einer schützenden Weise umgeben. In den meisten Modellen des Tat-Transports wird von einer hydrophilen Pore als Komponente der Tat-Translokase ausgegangen, durch die die Passage des Substrates ermöglicht wird. Nach dieser Vorstellung könnte sich die in seinem Transport arretierte Form des TorA-PhoA-Proteins in oder in der Umgebung einer potentiellen Pore befinden. Als Poren-bildende Komponente hat sich das TatA-Protein als wahrscheinlichster Kandidat für diese Funktion herausgestellt, da TatA in homooligomeren, wahrscheinlich ringförmigen Komplexen in der bakteriellen Membran vorliegt. In diversen Studien konnte der TatAKomplex durch Solubilisierung aus der inneren Membran gelöst werden. Dazu kamen verschiedene Detergenzien zum Einsatz, die auch im folgenden Versuch verwendet wurden, um deren Wirkung auf die Protease-Resistenz des iTorA-PhoAs zu testen. 90 IV. Ergebnisse Ox. TorA-PhoA Tat+ INV Proteinase K - + Detergenz - - Triton 1% 1 2 3 C12E9 1% Chaps 50 mM OG 50 mM Triton 2% p TorA-PhoA m i 4 5 6 7 Abb. IV.22: Das potentielle Intermediat tritt in Gegenwart verschiedener Detergenzien auf. TorA-PhoA wurde in einem 200 µl Ansatz in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. TorA-PhoA) statt. Dem Ansatz wurden Tat+-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl des Ansatzes mit 5 % TCA gefällt (1), während 6x 30 µl (2-7) zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). Die Ansätze 3 bis 7 enthielten während der Proteinase K–Behandlung zusätzlich Detergenzien in den angegebenen Konzentrationen (OG: Octylglucosid). Sämtliche Proben wurden durch SDS-Gelelektrophorese (10%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. Oxidiertes TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von Tat+-INVs synthetisiert (Abb. IV.22). Transport wurde durch das Auftreten von Proteinase K-resistenten pTorA-PhoA, mTorAPhoA und iTorA-PhoA nachgewiesen (Abb. IV.22, Spur 2). Durch gleichzeitige Zugabe von 1 % oder 2 % Triton X100 wurden wie erwartet pTorA-PhoA und mTorA-PhoA verdaut, während iTorA-PhoA resistent blieb (Abb. IV.22, Spuren 3 und 7). Dies war auch dann der Fall, wenn statt Triton andere Detergenzien während der Proteinase K-Behandlung zum Einsatz kamen: 1 % Nonaethylenglykol-monododecylether oder C12E9 (Abb. IV.22, Spur 4), 60 mM Chaps (Abb. IV.22, Spur 5) und 60 mM Octylglucosid oder OG (Abb. IV.22, Spur 6). Die verwendeten Konzentrationen entsprachen denen, die für die Solubilisierung von TatAKomplexen aus bakteriellen Rohmembranen verwendet wurden [de Leeuw et al., 2002; Ida Porcelli, Dissertation; McDevitt et al., 2006]. Die Beobachtung, dass auch diese Detergenzien nicht die Protease-Resistenz von iTorA-PhoA aufhoben, kann als Solubilisierung des iTorA-PhoAs aus der Membran gewertet werden, die der von TatAKomplexen ähnelt. Falls iTorA-PhoA tatsächlich von einer durch TatA gebildeten Struktur vor proteolytischem Verdau geschützt wird, sollte in Abwesenheit von TatA dieser Effekt nicht auftreten. Um dieser Annahme nachzugehen wurden im folgenden Versuch INVs benutzt, die aus einem ausschließlich TatBC-überproduzierenden Stamm präpariert wurden, wodurch die Formation eines TatBC-Rezeptors in der Membran gewährleistet ist, die potentielle TatA-Pore allerdings nicht vorhanden ist. Oxidiertes TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von Tat+INVs, ∆TatA-INVs oder ∆Tat-INVs synthetisiert (Abb. IV.23A). ∆TatA-INVs wurden aus einem ausschließlich TatBC-überproduzierenden E. coli-Stamm präpariert. Transportaktivität wurde durch Proteinase K in Gegenwart von Tat+-INVs nachgewiesen (Abb. IV.23A, Spur 2). 91 IV. Ergebnisse A Ox- TorA-PhoA INV Tat+ 1 % Triton X100 ∆Tat ∆TatA - + Proteinase K + + + + p TorA-PhoA m i 1 B 2 Red. TorA-PhoA - Triton 1% 4 5 6 7 8 Ox. TorA-PhoA + - Proteinase K 3 - + + - + Native IP αTat A αTat B αTatC αPho A p m i 15 µl Ansatz 50 kDa 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1x 2x 2x 1x 2x 2x 4x 4x 4x 4x C Red. TorA-PhoA - Triton 1% Proteinase K Ox. TorA-PhoA + - - + + - + αTatA Native IP αTatB αTatC p m i 50 kDa 1 15 µl Ansatz 1x 2 3 4 5 6 2x 2x 1x 2x 2x 6 + αTatA 2x 7 8 9 4x 4x 4x Abb. IV.23: Translokationsarrest findet in der unmittelbaren Nähe von TatA statt. A: TorA-PhoA wurde in vitro in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Den Ansätzen in den Spuren 1-4 wurden Tat+-INVs, den Ansätzen in den Spuren 5 und 6 Vesikel der Innenmembran eines ausschließlich TatBC-überproduzierenden E. coli-Stammes (∆TatA-INV) und den Ansätzen in den Spuren 7-8 ∆Tat-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl jedes Ansatzes mit TCA gefällt, während 30 µl zuerst mit Proteinase K verdaut wurden (Vorläuferprotein: p, reifes Protein: m, Intermediat: i). PK-Verdau der Ansätze in Spuren 3-8 fand in Gegenwart von 1% Triton X100 statt. Sämtliche Proben wurden mittels SDS-PAGE (10%iges Gel) aufgetrennt. B: TorA-PhoA wurde in einem 5x Ansatz (Red. TorA-PhoA) und in einem 21x Ansatz (Ox. TorA-PhoA) in vitro synthetisiert und dabei radioaktiv markiert. Proteinsynthese fand in Gegenwart von 5 mM oxidiertem Glutathion (Ox. TorA-PhoA) oder in dessen Abwesenheit (Red. TorA-PhoA) statt. Jedem Ansatz wurden Tat+-INVs zugesetzt. Nach 30 min wurden 15 µl (1x) des 5x Ansatz (Red. TorA-PhoA) mit TCA gefällt (1), während zweimal 30 µl ( 2 und 3, je 2x) für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) inkubiert wurden. Aus dem 21x Ansatz (Ox. TorA-PhoA) wurden ebenfalls 15 µl (1x) mit TCA gefällt (4), während einmal 30 µl (5, 2x) und einmal 270 µl (6, 18x) für weitere 25 min bei 25°C mit Proteinase K (PK, 0,5 mg/ml) inkubiert wurden. Die Ansätze in den Spuren 3 und 6 enthielten während der Proteinase K–Behandlung 1 % Triton X100. Nach der PK-Behandlung wurden die Ansätze in den Spuren 2, 3, 5 und 30µl aus Ansatz 6 (6, 2x) mit TCA gefällt. Der restliche Ansatz 6 wurde mit 0,5 mM PMSF versetzt um die Proteinase K zu inhibieren. Anschließend wurde der Ansatz in gleichen Teilen à 60µl aufgeteilt und für native Immunpräzipitationen (6-9) mit den angegebenen Antikörpern verwendet. Alle TCA-Pellets sowie die für die Immunpräzipitation verwendete Protein A-Sepharose wurden in SDS-PAGE-Probenpuffer bei 56°C und 1400 rpm für 15 min in einem Thermomixer inkubiert. Sämtliche Proben wurden durch SDS-PAGE (8%iges Gel) aufgetrennt und die radioaktiv markierten Proteine mittels Autoradiographie sichtbar gemacht. C: Wiederholung des Versuchs wie in B beschrieben, mit dem Unterschied, dass die doppelte Menge an Ansatz 6 verwendet wurde um diesen in gleiche Teile à 30µl zu teilen: in Ansatz 6 und Ansatz 6+αTatA. Um die Verschiebung des Signals des radioaktiven Proteins im SDS-Polyacrylamidgel durch den Antikörper zu demonstrieren, wurde dem SDS-PAGE-Probenpuffer des 6+αTatA-Ansatzes die gleiche Menge an TatA-Antikörper zugegeben, wie sie in der Immunpräzipitation mit TatA-Antikörpern im Ansatz 7 enthalten war. 92 IV. Ergebnisse In Gegenwart von 1% Triton X100 wurde Proteinase K-resistentes iTorA-PhoA nur im Fall der Tat+-INVs nachgewiesen (Abb. IV.23A, Spur 4), während in Gegenwart von ∆TatA-INVs oder ∆Tat-INVs die Bildung von iTorA-PhoA nicht zu beobachten war (Abb. IV.23A, Spuren 6 und 8). Die Menge an pTorA-PhoA in den ∆TatA-INVs- oder ∆TatINVs-haltigen Ansätzen wurde durch OmpT-abhängige Pseudoprozessierung deutlich reduziert. Da aus Transportversuchen mit Tat+-INVs bekannt ist, dass bei einer OmpTabhängigen Reduktion des Vorläuferproteins pTorA-PhoA um bis zu 70 % die Bildung von iTorA-PhoA immer noch detektierbar ist (nicht gezeigt), ist auch die verbliebene Menge an pTorA-PhoA in dem hier beschriebenen Versuch für die Bildung von iTorA-PhoA ausreichend. Die Tatsache, dass iTorA-PhoA dennoch nicht erkennbar war spricht für die Abhängigkeit der Formation von iTorA-PhoA von überproduzierten Mengen an TatA. Ob iTorA-PhoA tatsächlich zu TatA oder möglicherweise einem anderen Tat-Protein in Kontakt steht, sollte im folgenden Versuch durch native Immunpräzipitationen untersucht werden. Dazu wurden reduziertes sowie oxidiertes TorA-PhoA in vitro in Gegenwart von Tat+-INVs synthetisiert. Transportaktivität wurde wiederum durch Behandlung mit Proteinase K kontrolliert, mit dem Ergebnis, dass wie erwartet keine proteaseresistenten Proteine für das reduzierte TorA-PhoA zu detektieren waren (Abb. IV.23B, Spur 2). Gleiches gilt für einen mit 1 % Triton X100 versetzten Proteinase K-Verdau (Abb. IV.23B, Spur 3). Wie erwartet, war Transportaktivität nur für das oxidierte TorA-PhoA zu beobachten (Abb. IV.23B, Spur 5). Um eine Probe zu erhalten, die nur iTorA-PhoA enthielt, wurde in Gegenwart von 1 % Triton X100 pTorA-PhoA und mTorA-PhoA durch Proteinase K-Behandlung verdaut (Abb. IV.23B, Spur 6). Diese Probe wurde zu gleichen Teilen aufgeteilt und für native Immunpäzipitationen mit Antikörpern gegen TatA, TatB, TatC und PhoA benutzt. Dabei konnte radioaktives Material durch TatA-Antikörper (Abb. IV.23B, Spur 7) sowie durch PhoAAntikörper (Abb. IV.23B, Spur 10) präzipitiert werden. Dies war nicht der Fall mit Antikörpern gegen TatB und TatC (Abb. IV.23B, Spuren 8 und 9). Die Bande der TatA- Immunpräzipitation lief niedriger, als die des iTorA-PhoA in Spur 6. Diese Verschiebung war die Folge einer Überladung des Gels in diesem Bereich durch die große Menge des verwendeten Antikörper (Antikörper-Shift). Darauf deuteten zum einen die Form des Signals in der TatA-Immunpräzipitation hin (Abb. IV.23B, Spur 7), und zum anderen die Tatsache, denselben Effekt auch bei der Positivkontrolle mit Antikörpern gegen PhoA beobachtet zu haben (Abb. IV.23B, Spur 10). Um diese Annahme zu bestätigen, wurde im Prinzip derselbe Versuch wiederholt (Abb. IV.23C). Ausgangsmaterial für die Immunpräzipitationen war wiederum eine Probe, die nur iTorA-PhoA enthielt, da sie in Gegenwart von 1 % Triton X100 durch Proteinase K verdaut wurde (Abb. IV.23C, Spur 6). Doch diesmal wurden dieser Probe, um den Antikörper-Shift zu simulieren, Antikörper zugesetzt, (Abb. IV.23C, Spur 7), wodurch die Bande des iTorA-PhoAs auf die gleiche Höhe gedrückt wurde wie die Bande in 93 IV. Ergebnisse der Immunpräzipitation mit Antikörpern gegen TatA (Abb. IV.23C, Spur 8). Daraus wird deutlich, dass TatA-Antikörper in der Lage sind, iTorA-PhoA zu präzipitieren. Dies bedeutet wiederum iTorA-PhoA muss sich in direktem Kontakt zu TatA befinden. Zusammengefasst lassen die Ergebnisse dieser letzten Experimente den Schluss zu, iTorAPhoA stellt eine transportarretierte Form des TorA-PhoA dar, die in Kontakt zu TatA steht. Erklärt werden könnte dies durch die Vorstellung von einer Protein-schleusenden Pore, die durch TatA gebildet wird und in der sich iTorA-PhoA befindet. Somit wäre iTorA-PhoA das erste Transportintermediat dem nachgewiesen werden konnte. 94 ein direkter Kontakt zu einem der Tat-Proteine V. Diskussion V. Diskussion Die wohl herausragendste Eigenschaft des twin arginine translocation (Tat)–Systems ist die Fähigkeit, Proteine über die Membran zu transportieren, die bereits eine tertiäre bzw. sogar quartäre Struktur ausgebildet haben. Dabei scheint das Tat-System auch in der Lage zu sein, den Faltungszustand des zu transportierenden Proteins zu erkennen und dieses als transportinkompetent abzulehnen, falls das Protein ungefaltet vorliegt. Neben Studien mit natürlichen Tat-Substraten wurde insbesondere mit Tat-abhängigen Fusionsproteinen der Zusammenhang von Faltungszustand und Transportkompetenz in E. coli in vivo untersucht. Überzeugende Ergebnisse lieferten Untersuchungen mit Fusionsproteinen, für deren Tatabhängigen Transport native Faltung durch die Bildung von Disulfid-Bindung im reifen Teil des Proteins Voraussetzung war [DeLisa et al., 2003; Masip et al., 2004; Ribnicky et al., 2007]. Der Mechanismus, der der Erkennung von Faltungszuständen zu Grunde liegt, ist vollkommen unbekannt. Zwar wurden beim prätranslokationalen Reifungsprozess einiger Kofaktor-tragender Tat-Substrate in E. coli spezifische Chaperone identifiziert, die eine Korrekturlese-Funktion ausüben könnten (siehe II. Einleitung), aber nicht essentiell für den Transport dieser Proteine sind. Für den Transport von Proteinen, die eine Tat-spezifische Sequenz tragen, sind in E. coli die Tat-Proteine TatA, B und C nötig und auch ausreichend, weshalb spekuliert wurde, dass eine intrinsische Kontrolle des Substrat-Faltungszustandes (Qualitätskontrolle) durch diese Membranproteine vermittelt werden könnte. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, grundlegende Einblicke in die Interaktionen eines faltungsabhängig-transportierten Tat-Substrates mit den Tat-Proteinen zu erhalten. Grundlage für diese Untersuchungen waren die Ergebnisse einer Studie mit dem Tatabhängigen Fusionsprotein TorA-PhoA, das in E. coli nur dann transportiert wurde, wenn die Bildung der zwei intramolekularen Disulfidbrücken vor der Translokation über die Cytoplasmamembran ermöglicht war [DeLisa et al., 2003]. V.1. Etablierung des Tat-abhängigen in vitro-Transportes von TorA-PhoA TorA-PhoA besteht aus der Signalsequenz des natürlichen Tat-Substrates TorA (Trimethylamin-N-Oxid (TMAO)-Reduktase) sowie dem reifen Teil des Sec-Substrates PhoA (alkalische Phosphatase) aus E. coli. Das reife PhoA besteht aus 450 Aminosäuren und 95 V. Diskussion enthält vier Cyteinreste, aus denen zwei intramolekulare, konsekutive Disulfidbrücken zwischen den Cysteinresten Cys-168 und Cys-178 sowie zwischen Cys-286 und Cys-336 gebildet werden [Bradshaw et al., 1981]. Die Bildung dieser Disulfidbrücken erfolgt nach dem Sec-abhängigen Transport von PhoA im oxidierenden Milieu des Periplasmas [Derman und Beckwith, 1991]. Nach der oxidierenden Proteinfaltung lagern sich zwei PhoA-Einheiten zu einem katalytisch aktiven, Zn2+-haltigen Homodimer zusammen [Wyckoff, 1987]. Im Allgemeinen ist die Bildung von Disulfidbrücken in Proteinen im reduzierenden Cytoplasma nicht möglich. Die reduzierenden Bedingungen werden durch das Thioredoxin- und Glutaredoxin-System aufrechterhalten [Prinz et al., 1997]. Es konnte gezeigt werden, dass durch die Deletion der Gene der Thioredoxin- sowie der Glutathion-Reduktase diese beiden Systeme ausgeschaltet werden und ein E. coli-Stamm mit einem „oxidierenden“ Cytoplasma entsteht, in dem die Formation der Disulfidbrücken des reifen PhoAs erlaubt ist [Bessette et al., 1999]. In solch einem Stamm wird PhoA, versehen mit der Tat-abhängigen Signalsequenz von TorA, Tat-abhängig ins Periplasma transportiert [DeLisa et al., 2003]. Dies ist nicht der Fall in einem Wildtypstamm mit einem reduzierenden Cytoplasma [Delisa et al., 2003; Tullmann-Ercek et al., 2007]. Bildung der Disulfidbrücken und somit Formation einer nativen Faltung ist die Voraussetzung für den Tat-abhängigen Transport von TorAPhoA in vivo [DeLisa et al., 2003]. V.1.1. Faltungszustand von in vitro-synthetisiertem TorA-PhoA In der vorliegenden Arbeit ist es erstmals gelungen ein in vitro-System zu etablieren, in dem ein Tat-abhängiges Protein in Abhängigkeit von seinem Redox- bzw. Faltungszustand transportiert wird. Es konnte gezeigt werden, dass ein in vitro-Transport des Tat-abhängigen Fusionsproteins TorA-PhoA nur unter oxidierenden Bedingungen stattfindet (Abb. IV.2B und 4A). Oxidierende Bedingungen während in vitro-Synthese und -Transport von TorA-PhoA wurden durch die Zugabe von oxidiertem Glutathion (GSSG) etabliert. Die Menge an transportiertem Protein nahm dabei proportional bis zu einer GSSG-Konzentration von 5 mM zu (Abb. IV.2B). Durch Unterschiede in der elektrophoretischen Mobilität des TorA-PhoAs konnte gezeigt werden, dass nur in Gegenwart von 5 mM GSSG das in vitro-synthetisierte TorA-PhoA-Protein vollständig oxidiert vorlag, während in dessen Abwesenheit das Protein teilweise oder vollständig reduziert war (Abb. IV.3A und B). Durch die Anwesenheit von GSSG in dem verwendeten in vitro-System werden Redox-Bedingungen etabliert, die die Bildung von Disulfidbrücken im reifen Teil von TorA-PhoA ermöglichen (oxidiertes TorA-PhoA), wodurch das Protein eine Konformation annimmt, die dem Protein Transportkompetenz verleiht. So wurde bereits in früheren Studien in einem vergleichbaren in vitro-System gezeigt, dass durch GSSG in vitro-synthetisiertes reifes PhoA oxidiert wird, wodurch eine enzymatisch 96 V. Diskussion aktive Form des Proteins erhalten wurde [Akiyama et al., 1992; Akiyama und Ito, 1993]. Dabei erfährt das in vitro-synthetisierte reife PhoA nach der Bildung der beiden intramolekularen Disulfidbrücken durch GSSG eine Faltung zu einem teilweise Proteaseresistenten Monomer. In Gegenwart von Zn2+ assemblieren zwei Monomere zu einem enzymatisch aktiven Dimer, das vollständig Protease-resistent ist [Akiyama und Ito, 1993]. Sone et al. konnten darüber hinaus zeigen, dass für das Erlangen der enzymatischen Aktivität und der damit verbundenen Dimerisierung nur die Bildung der C-terminalen Disulfidbrücke (Cys-286-Cys-336) nötig ist, Proteaseresistenz dagegen setzt die Bildung beider intramolekularer Disulfide voraus [Sone et al., 1997]. Da die enzymatische Aktivität des in vitro-synthetisierten TorA-PhoAs nicht bestimmt wurde, bleibt unklar, ob die oxidierte Form des Proteins zur Dimerisierung in der Lage ist, was grundsätzlich möglich wäre, da das im in vitro-System enthaltene Mg2+ das für die Dimerisierung benötigte Zn2+ ersetzen kann [Schlesinger und Barrett, 1965]. Obwohl das in der vorliegenden Arbeit in vitro-synthetisierte TorA-PhoA-Protein nachweislich vollständig oxidiert war, konnte dennoch keine Protease-Resistenz, beispielsweise in Abwesenheit von Membranen oder unter Transport-verhinderten Bedingungen, beobachtet werden (Abb. IV.4A, 18B, 19B). Dies weist auf eine nicht-native, aber vollständig oxidierte Konformation des Proteins hin. Eine mögliche Erklärung für die Bildung solch einer Konformation wäre die Formation nicht-nativer Disulfide im reifen Teil von TorA-PhoA. Obwohl diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, neigen im Allgemeinen hauptsächlich Proteine mit zahlreichen, und insbesondere mit nicht-konsekutiven Disulfidbrücken zur Ausbildung von nicht-nativen Disulfidbrücken [Messens und Collet, 2006]. TorA-PhoA dagegen weist nur zwei konsekutive Disulfide auf. Wahrscheinlicher ist, dass der reife Teil von TorA-PhoA native Disulfide enthält, eine native Faltung aber verhindert wird durch die 47 Aminosäuren von TorA am N-Terminus (Abb. IV.1) und/oder den His-Tag am C-Terminus von PhoA, so dass eine Protease-resistente Konformation des oxidierten TorA-PhoA nicht erreicht werden kann. Für diese Annahme sprechen insbesondere die Beobachtungen aus den oben genannten Studien zur Faltung von in vitrosynthetisiertem PhoA, die zeigten, dass das Vorläuferprotein im Gegensatz zu dem reifen PhoA ein schlechtes Substrat der in vitro-Faltung des Proteins darstellt und deshalb in diesen Studien ausschließlich nur der reife Teil von PhoA synthetisiert wurde [Akiyama et al., 1992; Akiyama und Ito, 1993]. Es ist anzunehmen, dass die TorA-Signalsequenz einen ähnlichen Effekt auf die in vitro-Faltung des reifen PhoAs hat wie dessen natürliche, 20 Aminosäuren lange Signalsequenz. Die physiologische Bedeutung der Faltungs-Inhibition durch das Signalpeptid liegt vermutlich in der Aufrechterhaltung der Transportkompetenz Sec-abhängiger Proteine [Park et al., 1988], insbesondere solcher, die wie PhoA SecB– unabhängig exportiert werden. 97 V. Diskussion Bei der Betrachtung des Faltungszustandes des in vitro-synthetisierten TorA-PhoAs ist von Bedeutung, dass zum einen in Gegenwart von GSSG das Protein vollständig oxidiert vorliegt und zum anderen, dass diese Form eine kompaktere Faltung aufweist als die reduzierte Form des Proteins, weshalb eine größere elektrophoretische Mobilität des oxidierten TorAPhoAs zu beobachten ist (Abb. IV.3A). Auf Grund der Proteasesensibilität stellt die kompakte, oxidierte Form des Proteins zwar keine native aber vermutlich eine, der nativen Konformation ähnelnde Konformation dar, die sich von der reduzierten Form des Proteins derart unterscheidet, dass das Tat-System die oxidierte Konformation als transportkompetentes Tat-abhängiges Protein erkennt, während das reduzierte Protein nicht transportiert wird. V.1.2. Der in vitro-Transport des oxidierten TorA-PhoAs ist Tat-abhängig In vitro-Transport von TorA-PhoA wurde nur für das oxidierte Protein in Gegenwart von invertierten Innenmembran-Vesikeln (INVs) eines TatABC-überproduzierenden E. coliStammes nachgewiesen (Abb. IV.4A, 8A, 19B). Resistenz von TorA-PhoA gegenüber Proteinase K auf Grund der Lokalisation im Lumen der Vesikel wurde als Nachweis für Transportaktivität gewertet. Signalpeptidase-spezifische Prozessierung des Vorläuferproteins konnte nicht als Hinweis auf Transport angesehen werden, da eine unspezifische Proteaseaktivität (Pseudoprozessierung) des verwendeten Zellextraktes auftrat und insbesondere in Gegenwart einiger INVs verstärkt wurde. Bezogen auf das Molekulargewicht unterschied sich das Produkt der Pseudoprozessierung in gelelektrophoretischen Analysen praktisch nicht von dem der Signalpeptidase-spezifischen Prozessierung (Abb. IV.4A). Demnach müssen, im Falle des N-terminalen Teils des Proteins, die Spaltstellen beider proteolytischer Aktivitäten nahe beieinander liegen. Tatsächlich weist die TorA- Signalsequenz eine spezifische Spaltstelle für OmpT (outer membrane protease T) unmittelbar vor der Spaltstelle der Signalpeptidase zwischen den Argininen an Positionen 36 und 37 auf (Abb. IV.1) [Dekker at al., 2001]. Da die Pseudoprozessierungs-Aktivität, die durch INVs verursacht wurde, sich durch den Einsatz von Cu2+-Ionen als auch den von Diisopropylfluorphosphat (DPF) signifikant reduzieren ließ (Abb. IV.4B), und beide Substanzen als OmpT-Inhibitoren gelten [Sugimura und Nishihara, 1988; Baneyx und Georgiou, 1990], ist die Pseudoprozessierungs-Aktivität höchstwahrscheinlich einer Kontamination der INVs durch OmpT zuzuordnen. Die Pseudoprozessierungs-Aktivität, die in geringer Intensität auch in Abwesenheit von INVs auftrat (Abb. IV.7B), ergab ein Degradationsprodukt gleicher Größe wie das der potentiellen OmpT-Aktivität. Dies könnte zum einen bedeuten, dass geringe OmpT-Aktivität durch Kontamination des Zellextraktes mit Bestandteilen der äußeren Membran vorlag, oder zum anderen, dass die vermeintliche OmpT-Schnittstelle auch Ziel undefinierter cytoplasmatischer Proteaseaktivität war. Letztere 98 V. Diskussion Vermutung wird unterstützt durch Studien mit anderen TorA-Signalsequenz-haltigen Fusionsproteinen, die von cytoplasmatischem, proteolytischem Verdau der TorA- Signalsequenz berichten [Li et al., 2006; Genest et al., 2006, Sanders et al., 2001]. Auf Grund der beobachteten Pseudoprozessierungsaktivität wurde ausschließlich die Resistenz gegenüber Proteinase K als Nachweis für Translokationsaktivität betrachtet. Auf diesem Wege wurden drei Protease-resistente Spezies beobachtet, die als pTorA-PhoA (Vorläuferprotein), mTorA-PhoA (reifes Protein) und iTorA-PhoA (Intermediat) bezeichnet wurden (Abb. IV.2B). Zwei dieser Spezies repräsentieren transportiertes TorA-PhoA-Protein, das nicht durch die Signalpeptidase prozessiert wurde (pTorA-PhoA), sowie reifes, prozessiertes TorA-PhoA-Protein (mTorA-PhoA), das nach dem Transport durch die Signalpeptidase um die Größe des Signalpeptids verkleinert wurde. Diese Zuordnung wurde mit einer TorA-PhoA-Mutante, deren Signalpeptidase-Spaltstelle fehlt, bestätigt (Abb. IV.19). Darüber hinaus lag ein potentielles Transportintermediat vor (iTorA-PhoA), auf das in Abschnitt V.4. ausführlich eingegangen wird. Es konnte gezeigt werden, dass die Bildung von Protease-resistentem mTorA-PhoA, pTorAPhoA und iTorA-PhoA - und somit der in vitro-Transport von oxidiertem TorA-PhoA - absolut Tat-abhängig erfolgte. Ein Indiz für einen Tat-abhängigen Transport war die Tatsache, dass Transport nur in Anwesenheit von Membranen stattfindet, die aus einem E. coli-Stamm präpariert wurden, in dem TatA, TatB und TatC überproduziert wurden (Abb. IV.4A). Von der Entwicklung eines Tat-abhängigen in vitro-Transport-Systems ist bekannt, dass dieser nur dann erfolgt, wenn Vesikel mit hohem TatABC-Gehalt verwendet werden [Yahr und Wickner, 2001; Alami et al., 2002]. Darüber hinaus fand in Gegenwart von INVs aus einem Tat-Deletionsstamm kein Transport von TorA-PhoA statt, was einen Secabhängigen Transport ausschließt (Abb. IV.4A), da diese Membranen grundsätzlich in der Lage sind, Sec-Substrate zu transportieren (dies wurde standardmäßig mit dem Secabhängigen Substrat OmpA für jede INV-Präparation überprüft). Ein weiteres sehr starkes Indiz für die Tat-Abhängigkeit des TorA-PhoA-Transportes ist die vollkommene Inhibition des Transportes durch den Austausch des hoch-konservierten Arginin-Paares in dem Konsensusmotif der TorA-Signalsequenz durch zwei Lysinreste (KKTorA-PhoA) (Abb. IV.6B und 17B). Aus einer Vielzahl von Studien ist bekannt, dass eine derartige Mutation zur vollkommenen Blockade des Tat-abhängigen Transportes in E. coli in vivo als auch in vitro führt [Cristobal et al., 1999; Stanley et al. 2000; Alami et al., 2002]. Außerdem wurde durch die Zugabe des TorA-Signalsequenz-bindenden Proteins TorD aus E. coli der in vitro-Transport von oxidiertem TorA-PhoA proportional zur verwendeten TorDMenge inhibiert (Abb. IV.5B). TorD ist ein spezifisches TorA-Signalsequenz-bindendes Chaperon, dessen Funktion als Anti-Zielsteuerungs-Chaperon vermutet wird, das so lange an der TorA-Signalsequenz bindet, bis Kofaktor-Insertion und somit Faltung des reifen TorA- 99 V. Diskussion Proteins stattgefunden hat [Dubini und Sargent, 2003; Jack et al., 2001 und 2004]. Der inhibitorische Effekt des TorD kann nur dahingehend interpretiert werden, dass die im Überschuss zugesetzten Mengen an TorD die TorA-Sequenz maskieren, wodurch diese nicht mit dem TatBC-Rezeptor-Komplex in Interaktion treten kann und Transport unterbunden wird. Ein weiteres Charakteristikum des Tat-abhängigen in vitro-Transportes ist die exklusive Energetisierung der Transportes durch den pH-Gradienten an der Membran [Yahr und Wickner, 2001; Alami et al., 2002], wodurch es sich von allen anderen ProteinTransportwegen unterscheidet. Dies gilt auch für den in vitro-Transport des oxidierten TorAPhoAs, da durch den Einsatz von 0,1 mM CCCP der vollständige Transport des Proteins (pTorA-PhoA + mTorA-PhoA) inhibiert werden konnte (Abb. IV.18B und 18C). CCCP ist ein Protonophor, das einen bestehenden Protongradienten zerstört und dadurch den Tatabhängigen Transport von TorA-PhoA inhibiert. Somit deutete die Abhängigkeit eines erfolgreichen Transportes von TorA-PhoA in INVs von 1.: überproduzierten Mengen an Tat-Proteinen in den verwendeten INVs, 2.: der Tatspezifischen Signalsequenz insbesondere deren Doppel-Arginin-Motifes und 3.: einem intakten Protonengradienten, zweifelsfrei auf einen Tat-spezifischen Prozess hin. Die Tatsache, dass nur die vollständig oxidierte Form des Proteins durch das Tat-System transportiert wird, demonstriert die Fähigkeit des in vitro-Tat-Systems zur Erkennung der beiden Redox- bzw. Faltungszustände von TorA-PhoA und bestätigt somit die mit diesem Fusionsprotein gewonnenen in vivo-Daten [DeLisa et al., 2003]. Die erfolgreiche Etablierung des Redox- bzw. Faltungs-abhängigen in vitro-Transportes in der vorliegenden Arbeit ermöglichte die Charakterisierung der Interaktionen beider Konformationen mit dem TatSystem. V.2. TorA-PhoA bindet faltungsunabhängig und TatABC-spezifisch an die Membran Die Etablierung des Tat-abhängigen und Faltungs-abhängigen in vitro-Transportes von TorAPhoA ermöglichte die Charakterisierung der Interaktionen beider konformationeller Zustände des Proteins mit den Tat-Proteinen. Zunächst wurde die Zielsteuerung des Proteins durch Untersuchungen zur Membranbindung von TorA-PhoA charakterisiert. Dabei konnte gezeigt werde, dass das Protein unabhängig von seinem Faltungszustand mit der Membran der INVs assoziierte (Abb. IV.9). Die Tat-abhängige Bindung von reduziertem und somit ungefaltetem PhoA an den TatBC-Rezeptor-Komplex konnte bereits in einer in 100 V. Diskussion vivo-Studie mit dem Tat-abhängigen Fusionsprotein HiPIP-PhoA durch Blaue NativeGelelektrophorese nachgewiesen werden [Richter und Brüser, 2005]. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Membranbindung des Tat-abhängigen Proteins strikt TatABC-abhängig erfolgte, da mit Membranen, die keine Tat-Proteine enthielten eine Assoziation nicht beobachtet wurde (Abb. IV.7 bis 9). Die Tat-spezifische Membranbindung von TorA-PhoA ist nicht nur hinsichtlich des Mechanismus der intrinsischen Qualitätskontrolle von Bedeutung, sondern gibt auch Aufschluss über die Zielsteuerung der Signalsequenz an die Membran. So wurde eine unspezifische Zielsteuerung und Bindung der Signalsequenz von TatSubstraten an die Membran vorgeschlagen, die der initialen Interaktion mit der TatTranslokase vorausgeht. Dieses Modell basiert zum einen auf in vitro-Ergebnissen im bakteriellen als auch im chloroplastidären Tat-System, in denen Tat-abängige Fusionsproteine TatABC-unabhängig und auch unabhängig vom Doppel-Arginin-Motif Bindung mit der Membran eingingen [Brüser et al., 2003; Hou et al., 2006]. Zum anderen wurde Bindung von Tat-abhängigen GFP-Konstrukten an eine proteinfreie Modellmembran, bestehend aus einer unilamellaren Schicht aus Phospholipiden durch Oberflächen-PlasmonResonanz-Spektroskopie beobachtet [Schanmugham et al., 2006]. Die Autoren dieser Studie schlugen ein Modell für die Insertion der Signalsequenz vor, in dem die positiv geladenen Reste der n-Region des Signalpeptids mit den negativen Ladung der MembranlipidKopfgruppen an der Oberfläche der Membran wechselwirken und anschließend die hydrophobe h-Region des Signalpeptids in die Membran inseriert. Das so verankerte Protein könnte durch laterale Diffusion in Kontakt zum TatBC-Rezeptor-Komplex gelangen [Schanmugham et al., 2006], der nachweislich den initialen Kontakt des Tat-Substrates zum Tat-System vermittelt [Cline und Mori, 2001; Alami et al., 2003]. Fraglich bleibt jedoch, ob die Interaktion des Signalpeptids mit einer unilamellaren Membran mögliche Interaktionen mit der Cytoplasmamembran in vivo widerspiegelt. Auf Grund der in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Ergebnisse, kann das Modell einer unspezifische Zielsteuerung des Signalpeptids an die Membran nicht bestätigt werden, da eindeutig gezeigt wurde, dass die Membranbindung von TorA-PhoA ausschließlich TatABC-abhängig erfolgte (Abb. IV.7 bis 9). Eine Erklärung für die Diskrepanz der hier vorliegenden Ergebnisse zu denen in den oben beschriebenen Studien liegt möglicherweise in den unterschiedlichen Versuchsbedingungen. Denkbar wären beispielsweise Unterschiede in der Ionenstärke der verschiedenen Versuchsansätze, wodurch eine mögliche elektrostatische Interaktion der Signalsequenz mit der Membranoberfläche beeinflusst wäre. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass der Austausch des Doppel-Arginin-Motifs gegen zwei Lysinreste in der TorA-Signalsequenz von TorA-PhoA zwar zu einer vollkommenen Inhibition des in vitro-Transportes führte (Abb. IV.6B und 17B), 101 V. Diskussion die Bindung an die Membran dadurch aber nicht beeinträchtigt wurde, sondern im vergleichbaren Maße zu der der Doppel-Arginin-Version des Proteins stattfand (Abb. IV.9D). Interaktion von Tat-abhängigen Proteinen mit dem TatBC-Rezeptor-Komplex, deren DoppelArginin-Motif gegen zwei Lysinreste ausgetauscht wurde, konnte bereits in früheren Studien beobachtet werden [Alder und Theg, 2003; McDevitt et al., 2006]. Allerdings wurden auch gegenteilige Ergebnisse mit solchen Mutanten in vivo als auch in vitro beobachtet [Alami et al., 2003; Richter und Brüser, 2005]. Es wird angenommen, dass das Doppel-Arginin-Motif nicht die einzige Determinante der Tat-spezifischen Zielsteuerung darstellt [Kreutzenbeck et al., 2007]. Die Ergebnisse zur Membranbindung der KK-Version von TorA-PhoA bestätigen diese Annahme. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die TatABC-spezifische Membranbindung des TorA-PhoA-Proteins weder ein Doppel-Arginin-Motif noch eine quasi-native Konformation des oxidierten Proteins voraussetzt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die primäre Zielsteuerung von Tat-Substraten unabhängig von dessen Transportkompetenz erfolgt. Dies könnte bedeuten, dass sich der primären Zielsteuerung von Tat-Substraten ein späterer, spezifischerer Erkennungsschritt anschließt, der über die Transportkompetenz des Substrates entscheidet. Interessanterweise kann die Bindung des oxidierten TorA-PhoA-Proteins an die Membran durch den Einsatz von DCCD verhindert werden (Abb. IV.18C), einem Inhibitor der F1FOATPase, der mit der Carboxylgruppe eines konservierten Aspartatrestes der c- Untereinheiten des F0-Teils der F1FO-ATPase reagiert, und durch kovalente Modifikation dieses Restes den Protonenfluss über die Membran durch den FO-Teil verhindert [Sebald et al., 1980; Hermolin und Fillingame, 1989]. Ursprünglich wurde DCCD in der vorliegenden Arbeit in vitro eingesetzt, um die Hydrolyse von ATP durch die in den INVs vorhandene F1FOATPase und der damit verbundenen Bildung eines für den Tat-abhängigen Proteintransport benötigten Protonengradienten zu verhindern (Abb. IV.18A und 18B). Aus demselben Grund wurde auch das Protonophor CCCP verwendet (Abb. IV.18A und 18B), von dem bereits gezeigt wurde, den Tat-abhängigen Transport zu inhibieren [Alami et al., 2002; Blaudeck et al., 2005]. CCCP war, wie auch DCCD, in der Lage den Tat-abhängigen in vitro-Transport von TorA-PhoA zu inhibieren, zeigte allerdings im Gegensatz zu DCCD keine Hemmung der Membranbindung von oxidiertem TorA-PhoA (Abb. IV.18C). Dies bedeutet, dass die inhibitorische Wirkung von DCCD auf die Membranbindung des Proteins nicht auf der Hemmung der F1FO-ATPase beruhte, was in Einklang zu anderen Befunden steht nach denen die Bindung des Vorläuferproteins an den TatBC-Rezeptor-Komplex pH-Gradient unabhängig verläuft [Cline und Mori, 2001; Alami et al., 2003, Dabney-Smith et al., 2006]. Über die Ursache der verhinderten Membranbindung durch DCCD kann nur spekuliert werden. DCCD ist ein lipophiles Carbodiimid, das nur mit protonierten Carboxylresten in 102 V. Diskussion einer hydrophoben Umgebung eine kovalente Bindung eingeht [von Ballmoos und Dimroth, 2007]. Neben der c-Untereinheit der F1FO-ATPase konnten inhibitorische Effekte von DCCD auch für einen neuronalen Amintransporter [Suchi et al., 1991], einen Na+/H+-Austauscher [Igarashi und Aronson, 1987] sowie einen H+/organischen Kationen-Antiporter der Niere [Kim et al., 1993], als auch für den detoxifizierenden multidrug resistance efflux transporter EmrE aus E. coli [Yerushalmi und Schuldiner, 2000] nachgewiesen werden. All diese Proteine sind pH-Gradient-abhängige Transporter und Membranproteine, in denen eine für den Mechanismus entscheidende und meist in der Membran eingebettete und konservierte Carboxylgruppe durch DCCD kovalent modifiziert und dadurch inaktiviert wird. Als potentielles Ziel einer DCCD-Modifikation im Tat-System, die die Bindung eines Substrates beeinflussen könnte, kommen nur die Komponenten des TatBC-Rezeptor-Komplexes in Frage, und von diesen insbesondere das TatC-Protein, von dem gezeigt wurde, die primäre Erkennungsstelle des Signalpeptids zu besitzen und darüber hinaus diese Funktion auch in Abwesenheit von TatB auszuüben [Alami et al., 2003]. TatC ist mit 248 Aminosäuren das größte der drei Tat-Proteine und besitzt wahrscheinlich eine Topologie mit 6 transmembranen Helices [Mori et al, 2001; Behrendt et al., 2004; Ki et al., 2004]. Vergleichende Sequenzanalysen ergaben, dass sich unter den etwa 120 Aminosäuren, die die 6 Transmembrandomänen bilden, 3 saure Aminosäuren befinden (E170, D211, E227), die ausnahmslos hoch-konserviert sind [Buchanan et al., 2002]. Verschiedene Mutationsstudien lieferten allerdings gegensätzliche Aussagen darüber, ob einer dieser Reste essentiell für die Funktion von TatC ist [Buchanan et al., 2002; Barrett et al., 2005; Holzapfel et al., 2007]. Dennoch stellen diese Aminosäuren in TatC potentielle Reaktionspartner für DCCD dar. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass DCCD auch mit sauren Aminosäuren außerhalb der vorhergesagten Transmembrandomänen reagiert, soll hier noch die erste cytoplasmatische Schleife von TatC hervorgehoben werden. Diese weist als potentiellen DCCD-Reaktionspartner einen absolut konservierten und auch sehr wahrscheinlich essentiellen Glutamatrest an Position 103 auf [Buchanan et al., 2002; McDevitt et al., 2005; Holzapfel et al., 2007]. Zwar ist bekannt, dass die gesamte N-terminale Hälfte von TatC an der Bindung der Signalsequenz beteiligt ist [Holzapfel et al., 2007], doch spielt diese cytoplasmatische Schleife wahrscheinlich eine Rolle in der Erkennung des Doppel-Arginin-Motifes des Signalpeptides [Kreutzenbeck et al., 2007]. 103 V. Diskussion V.3. Erkennung der Faltungszustände von TorA-PhoA durch das Tat-System In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das in vitro-synthetisierte TorAPhoA-Protein Tat-abhängig transportiert wird. Dabei wurde selektiv nur die oxidierte, gefaltete Konformation des Proteins transportiert, wodurch die Fähigkeit des Tat-Systems zur Erkennung von Faltungszuständen und somit von transportkompetenten Konformationen demonstriert wurde. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass das TorA-PhoA TatABCabhängig an die Membran bindet. Diese Interaktion war allerdings unabhängig von der Transportkompetenz des TorA-PhoA-Proteins, was darauf hindeutete, dass die Erkennung von transportkompetenten Konformationen nach dem initialen Kontakt des Tat-abhängigen Proteins an den TatBC-Rezeptor-Komplex erfolgen musste. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, Unterschiede in den molekularen Interaktionen der Signalsequenz beider konformationeller Zustände des TorA-PhoA-Proteins zu den Komponenten des Tat-Systems zu analysieren. Dazu wurde das photoaktivierbare Phenylalaninderivat pBPA (para-Benzoyl-L-Phenylalanin) ortsspezifisch in die Signalsequenz eingebaut. Grundlage für diese Herangehensweise waren die Ergebnisse aus in vitroQuervernetzungsstudien mit dem photoaktivierbaren Quervernetzer Tmd-Phe (Trifluoromethyldiazirino-Phenylalanin) und dem natürlichen Tat-Substrat SufI aus E. coli. Darin konnte gezeigt werden, dass die gesamte Signalsequenz in Kontakt zu TatB steht, während sich Interaktionen von TatC auf den Bereich um das Konsensusmotif beschränken [Alami et al., 2003]. Durch die Inkorporation von pBPA konnten, in Abwesenheit von Membranen, Interaktionen des Konsensusmotifs, als auch der hydrophoben Region der Signalsequenz mit den löslichen Chaperonen FkpA und TorD nachgewiesen werden (Abb. IV.15), wodurch die freie Zugänglichkeit der Signalsequenz demonstriert wurde, wenn diese nicht durch Tat-Proteine erkannt wird. TorD ist ein TorA-Signalsequenz-spezifisches, cytoplasmatisches Chaperon [Dubini und Sargent, 2003; Jack et al., 2001 und 2004], während FkpA ein periplasmatisches Chaperon ist, das in dem für die in vitro-Synthese verwendeten Zellextrakt präparationsbedingt enthalten ist und nachweislich keinen Einfluss auf den in vitro-Transport Tat-abhängiger Proteine hat [E. Holzapfel, Dissertation]. In Anwesenheit von TatABC-haltigen Membranen (Tat+-INV) wurde die Interaktion zu den löslichen Chaperonen verdrängt. Stattdessen konnte für die transportkompetente, oxidierte Konformation des TorA-PhoA-Proteins ein Kontakt der Region um das Konsensus-Motif mit TatC nachgewiesen werden (Abb. IV.13), wodurch die Ergebnisse der oben erwähnten Studie mit dem natürlichen Tat-Substrat SufI bestätigt werden konnten. Kontakt zu TatB allerdings konnte nur für die hydrophobe Region der Signalsequenz nachgewiesen werden (Abb. IV.14), während die Region um das Konsensusmotif nicht in Kontakt zu TatB stand 104 V. Diskussion (Abb. IV.13). Letzteres unterscheidet sich von den erwähnten Ergebnissen mit dem SufIProtein, dessen Region um das Konsensusmotif auch mit TatB interagiert. Die Ursache für diese Diskrepanz ist nicht klar, könnte aber in der unterschiedlichen Reichweite, bedingt durch unterschiedliche molekulare Struktur, der verwendeten Quervernetzer liegen. Das reduzierte, transportinkompetente TorA-PhoA-Protein interagiert mit TatB, im Vergleich zu dem transportkompetenten, oxidierten Protein, in abgeschwächter Stärke (Abb. IV.14). Unterschiede zwischen den beiden konformationellen Formen des TorA-PhoA-Proteins konnten insbesondere in der Interaktion der Region um das Konsensusmotif zu TatC beobachtet werden, da das reduzierte, ungefaltete Protein praktisch keine Interaktion zu TatC aufwies (Abb. IV.13). Dies bedeutet, dass, obwohl das reduzierte, transportinkompetente Protein TatABCabhängig an die Membran bindet, es sich in seiner molekularen Interaktion zum TatBCRezeptor-Komplex von der des oxidierten transportkompetenten Proteins in der Stärke seiner TatB-, aber vor allem TatC-Interaktion unterscheidet. Dies impliziert wiederum, dass der Rezeptor-Komplex in der Lage zu sein scheint, Faltungsunterschiede des Substrates zu erkennen, was sich in einer abgeschwächten Bindung des Signalpeptides an TatB und TatC äußert. Die Beobachtung, dass TatB auch mit der transportinkompetenten, reduzierten Form des TorA-PhoA-Proteins interagiert, zeugt womöglich, im Vergleich zu TatC, von einer geringeren Spezifität der TatB-Interaktionen zu der Signalsequenz des Tat-Substrates. Unterstützt wird diese Annahme von der Beobachtung, das eine TatB-Interaktion auch zu einer transportinkompetenten KK-Mutante von SufI beobachtet wurde, während der Kontakt zu TatC durch den Austausch des Doppel-Arginin-Paares gegen zwei Lysine vollständig inhibiert war [Alami et al., 2003]. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstützen die Vorstellung von einer intrinsischen Qualitätskontrolle des zu transportierenden Substrates durch das Tat-System. Ihnen zufolge muss die Fähigkeit zur Erkennung von Faltungszuständen der Tat-Translokase selbst zugesprochen werden, im speziellen wahrscheinlich dem TatC-Protein. Unklar dabei bleibt allerdings der molekulare Mechanismus der Detektion. Interessant in diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse einer Studie, in der gezeigt werden konnte, dass kurze hydrophile, ungefaltete Proteine Tat-abhängig in E. coli-Zellen transportiert werden, solange keine hydrophoben Sequenzen in dem Protein enthalten waren [Richter et al., 2007]. Diese Effekte wurden dahingehend interpretiert, dass Tat-Substrate grundsätzlich unabhängig von ihrem Faltungszustand transportiert werden und erst durch die Interaktion exponierter hydrophober Sequenzen mit Lipiden der Membran der Transport verhindert wird. Die Autoren schlossen dabei die Existenz einer hydrophilen Pore aus, sondern postulierten eine durch TatA verursachte strukturelle Schwächung der Membran, durch die das Tat-Substrat 105 V. Diskussion hindurch gezogen würde [Richter et al., 2007, Sanders und Brüser, 2003]. Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse ist eher ein Mechanismus zur Verhinderung des Transportes eines nicht-nativen Substrates vorstellbar, der durch die Erkennung hydrophober Seitenketten des ungefalteten Substrates durch den TatBCRezeptor-Komplex zustande kommt. Weiterhin wäre denkbar, dass durch diese Art von Interaktion die Rekrutierung von TatA verhindert würde, wodurch die Assemblierung der vollständigen Translokase und somit der Transport verhindert würde. TatA gilt auf Grund seiner homooligomeren Organisation in TatA-Komplexen der E. coli-Membran, sowie auf Grund der ringförmigen, porenähnlichen Struktur der TatA-Komplexe als potentielle Pore [Porcelli et al., 2002; Oates et al., 2005; Gohlke et al., 2005], die nach der Bildung des Substrat-Rezeptor-Komplexes zur vollständigen Assemblierung der Tat-Translokase rekrutiert wird [Mori und Cline, 2002; Alami et al., 2003; Dabney-Smith et al., 2006]. Diese Vorstellung von einer Substrat-Transportkompetenz-abhängigen Assemblierung wäre darüber hinaus eine mögliche Erklärung dafür, warum die Translokase bei jedem Translokationsvorgang von neuem assembliert und nach vollendetem Transport wieder in die zwei Subkomplexe TatBC-Rezeptor-Komplex und TatA-Komplex dissoziiert. V.4. Charakterisierung eines potentiellen Transportintermediates Wie bereits erwähnt, trat in Anwesenheit von Tat+-INVs während des Tat-abhängigen Transportes von oxidiertem TorA-PhoA neben dem unprozessierten, transportierten pTorAPhoA und prozessierten, transportierten mTorA-PhoA eine weitere Protease-geschützte Spezies mit einer geringeren elektophoretischen Mobilität als mTorA-PhoA auf, die als iTorAPhoA (intermediäres TorA-PhoA) bezeichnet wurde (Abb. IV.2B, 4A, 16). Die Bildung von iTorA-PhoA war dabei abhängig zum einen, von der oxidierten Form des Proteins (Abb. IV.16) und zum anderen, von der Gegenwart der Tat-Proteine der verwendeten Membranen (Abb. IV.4A). Diese Abhängigkeiten ließen vermuten, es handle sich bei iTorAPhoA um ein unvollständig transportiertes TorA-PhoA-Protein, das eine partielle Proteaseresistenz erlangt hatte. Eine kinetische Analyse des in vitro-Transportes ließ die Formation von iTorA-PhoA zu einem Zeitpunkt erkennen, zu dem der vollständige Transport des Proteins bereits sein Maximum erreicht hat (Abb. IV.21). Möglicherweise stehen diese beiden Beobachtungen in kausalem Zusammenhang zueinander, in einer Weise, dass, wenn der vollständige Transport des TorA-PhoA-Proteins zum Erliegen kommt, dies die Bildung von iTorA-PhoA zur Folge hat. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung liefern die Ergebnisse einer Studie, die eine Überlastung bzw. Sättigung der Tat-Translokase durch die Überproduktion 106 V. Diskussion von Tat-abhängigem Substrat in vivo nachweisen konnte [Yahr und Wickner, 2001]. Der gleiche Effekt könnte auch die Ursache für die Formation des iTorA-PhoAs sein. Ein weitere Erklärung liegt möglicherweise in der generellen Begrenzung der Transportkapazität des verwendeten in vitro-Systems, das wie Eingangs erwähnt, nur durch eine Überproduktion der Tat-Proteine zu einem Tat-abhängigen Transport befähigt ist [Yahr und Wickner, 2001; Alami et al., 2002], der beispielsweise für das natürliche Tat-Substrat SufI bei einer Effizienz von ca. 20% liegt [Alami et al., 2002]. Durch Mutation des Doppel-Arginin-Motifs konnte gezeigt werden, dass für die Bildung von iTorA-PhoA neben der Gegenwart der Tat-Proteine, auch ein intaktes Doppel-Arginin-Motif nötig war, da durch die Substitution beider Arginine mit zwei Lysinen die Bildung aller proteaseresistenter Proteine unterbunden wurde (Abb. IV.17B). Auffällig war die Beobachtung, dass die Substitution des ersten der beiden Arginine des Doppel-ArgininMotifs durch Lysin den vollständigen Transport nicht beeinflusste, während die Bildung von iTorA-PhoA signifikant reduziert war (Abb. IV.17B). Offensichtlich ist eine abgeschwächte Interaktion des Doppel-Arginin-Motifs zum TatBC-Rezeptor-Komplex, hervorgerufen durch den Austausch des ersten der beiden Arginine, von besonderer Bedeutung für die Bildung von iTorA-PhoA. Die abgeschwächte Interaktion führt möglicherweise zu einer geringeren Überlastung der Tat-Translokase und somit zu einer verminderten Bildung des iTorA-PhoA. Die Tatsache, dass ohne das Doppel-Arginin-Motif kein iTorA-PhoA gebildet wurde zeigt, dass für die Bildung des iTorA-PhoAs eine produktive Bindung und Erkennung durch den TatBC-Rezeptor-Komplex absolut notwendig ist. Dieses Verhalten würde man nur von einem echten Transportintermediat erwarten. Außerdem wurde dadurch deutlich, dass im Fall des iTorA-PhoAs der Transport an einem Punkt des Translokationsprozesses gestoppt wird, der nach der produktiven Erkennung des Vorläuferproteins durch den Rezeptor-Komplex stattfindet. Um den Moment des Transportarrestes während des Transportvorganges genauer zu definieren, wurde die Abhängigkeit der iTorA-PhoA-Bildung von dem für den Transport notwendigen pH-Gradienten an der Membran untersucht. Als pH-abhängiger Schritt des Translokationsmechanismus gilt die vollständige Assemblierung der Tat-Translokase aus dem Substrat-Rezeptor-Komplex und dem TatA-Komplex und findet somit nach der Erkennung des Tat-Substrates statt [Mori und Cline, 2002; Alami et al., 2003; Dabney-Smith et al., 2006]. Im bakteriellen System wird ein bereits assemblierter TatA-Komplex rekrutiert [Sargent et al., 2001; Alami et al., 2003], während im pflanzlichen Tat-System die Assemblierung des TatA-Komplexes durch die Bildung Substrat-Rezeptor-Komplex ausgelöst wird [Dabney-Smith et al., 2006]. 107 V. Diskussion Durch den Einsatz des Protonophors CCCP oder des F1FO-ATPase-Inhibitors DCCD während eines in vitro-Transportes von TorA-PhoA, wurde der vorhandene Gradient zerstört, bzw. der Aufbau eines Gradienten verhindert. Beide Inhibitoren waren in der Lage, den Transport von TorA-PhoA als auch den des Kontrollproteins SufI zu blockieren (Abb. IV.18A und 18B). Da die Bildung des Transportintermediates nicht durch CCCP beeinflusst wurde, kann davon ausgegangen werden, dass dessen Formation noch vor dem pH-abhängigen Schritt der Translokation stattfand. Anders als CCCP hatte DCCD die Inhibition der Bildung von iTorA-PhoA zur Folge (Abb. IV.18B). Wie bereits ausführlich erläutert, ist dieser Effekt sehr wahrscheinlich auf eine Modifikation der TatBC-Komponenten durch DCCD zurückzuführen, die zu einer Hemmung der Tat-spezifischen Bindung von oxidiertem TorA-PhoA an die Membran führt. Durch Mutation der Signalpeptidase-spezifischen Schnittstellen (AXA) konnte eine TorAPhoA-Version konstruiert werden, die nach erfolgtem Transport nicht prozessiert wurde (Abb. IV.19). Während durch diese Mutation kein reifes TorA-PhoA entstand aber im gleichen Maße Vorläuferprotein Proteaseresistenz erlangte, wurde die Bildung des Intermediates iTorA-PhoA nicht beeinflusst. Demzufolge stammt iTorA-PhoA nicht von der reifen, prozessierten Form des Proteins ab, sondern entstand durch den partiellen proteolytischen Verdau des Vorläuferproteins pTorA-PhoAs, das sich nicht im schützenden Lumen der Membranvesikel befindet. Darüber hinaus wird deutlich, dass die Bildung von iTorA-PhoA vor der proteolytischen Abspaltung des Signalpeptides passieren muss. Die Signalpeptidase-spezifische Prozessierung findet höchstwahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt des Tat-abhängigen Translokationsprozesses statt. So wurde beispielsweise der Transport des reifen Teils des Tat-abhängigen Proteins sogar dann beobachtet, wenn das Signalpeptid während des Transportes kovalent an TatC gebunden war [Gérard und Cline, 2006], wodurch auch verdeutlicht wurde, dass Prozessierung keine Voraussetzung für Transport ist und diese sich deshalb wahrscheinlich erst zu einem sehr späten Zeitpunkt der Translokation ereignet. Die iTorA-PhoA Form ist demnach das Produkt von oxidiertem Vorläuferprotein, das in eine produktive Interaktion mit der Tat-Translokase getreten ist, die über die initiale Bindung durch den TatBC-Rezeptor-Komplex hinaus ging, so dass partielle Proteaseresistenz erlangt wurde. Durch affinitätschromatographische Analyse konnte bewiesen werden, dass im Fall des iTorA-PhoA der His-Tag tragende C-Terminus durch den Verdau durch Proteinase K verloren gegangen ist (Abb. IV.20). Demnach befindet sich der C-Terminus des Proteins nicht in einer Protease-geschützten Umgebung. Dennoch kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass iTorA-PhoA das Produkt eines Verdaus des C-Terminus als 108 V. Diskussion auch N-Terminus ist. Gegen diese Möglichkeit spricht aber die aus unterschiedlichen Studien resultierenden Annahme, die Signalsequenz sei während der Translokation durch den TatBC-Rezeptor-Komplex tief in die Membran inseriert [Gerald und Cline, 2007; Kreutzenbeck et al., 2007], wo diese vor dem proteolytischen Angriff durch eine Protease geschützt wäre. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass sich der ungeschützte C-Terminus auf der cytoplasmatischen Seite der Membran befindet, da nach der Zerstörung der Integrität der Vesikel durch 1% Triton X100 die molekulare Größe von iTorA-PhoA unverändert bleibt (Abb. IV.4A, 16, 20). Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass iTorA-PhoA das Produkt eines partiellen proteolytischen Abbaus durch Proteinase K darstellt, das von einer Population an oxidiertem TorA-PhoA-Protein stammt, welches sich nur in Gegenwart der Tat-Proteine und in Abhängigkeit von dem Doppel-Arginin-Motif der TorA-Signalsequenz bildet. Der Bildung von iTorA-PhoA liegt eine Erkennung des Proteins durch den TatBCRezeptor-Komplex zu Grunde, die nur dann produktiv ist, wenn das erkannte Protein im gefalteten, oxidierten und somit transportkompetenten Zustand vorliegt. Die initiale Bindung des Proteins an den TatBC-Rezeptor-Komplex kann durch DCCD inhibiert werden. Auf Grund der Überlastung bzw. Sättigung der Tat-Translokase wird der Transport eines signifikanten Teils des erkannten, oxidierten Proteins nicht vollständig transportiert. Der Translokationsarrest erfolgt nach der initialen Bindung an den TatBC-Rezeptor-Komplex, jedoch vor dem pH-abhängigen Schritt der Translokation und unabhängig von der Prozessierung durch die Signalpeptidase. Dabei gelangt das Transportintermediat in eine partiell Protease-geschütze Umgebung, die auch nach der Zerstörung der MembranIntegrität durch Triton X 100 erhalten bleibt. Wahrscheinlich ist lediglich der C-Terminus des partiell transportierten Proteins auf der cytoplasmatischen Seite der Membran proteolytischem Verdau ausgesetzt. V.5. Translokationsarrest findet in der unmittelbaren Nähe von TatA statt Interaktion des Vorläuferproteins pTorA-PhoA mit den Tat-Proteinen führte zur Bildung des Transportintermediates iTorA-PhoA, die sich in einer partiellen Resistenz gegenüber Proteinase K widerspiegelte (Abb. IV.4A, 16, 20). Die Protease-Resistenz von iTorA-PhoA wurde auch nach der Zerstörung der Membranintegrität mit dem Detergenz Triton X100 nicht beeinträchtigt (Abb. IV.4A, 16, 22). Auf Grund dieser Beobachtung wurde von einer Solubilisierung von Membranstrukturen durch Triton X100 ausgegangen, die das TorAPhoA-Protein enthalten und in einer schützenden Weise umgeben. Es konnte gezeigt 109 V. Diskussion werden, dass die Protease-Resistenz von iTorA-PhoA nicht auf Triton X100 beschränkt war, sondern auch in Gegenwart von anderen Detergenzien, wie C12E9, CHAPS und Octylglycosid zu beobachten war (Abb. IV.22). Dabei kamen Konzentrationen zum Einsatz, von denen berichtet wurde, in der Lage zu sein, intakte TatA-Komplexe aus der Cytoplasmamembran von E. coli zu solubilisieren [de Leeuw et al., 2002; McDevitt et al., 2006]. Die Resistenz des Transportintermediates gegenüber diesen Detergenzien ähnelte somit der von E. coli TatA-Komplexen. Tatsächlich konnte außerdem gezeigt werden, dass die Bildung von iTorA-PhoA in Gegenwart von Membranen aus einem Stamm, der nur TatB und TatC überproduziert, nicht zu beobachten war (Abb. IV.23A). Überproduzierte Mengen an TatA waren demnach unbedingt für die Formation eines partiell Protease-resistenten Transportintermediates nötig. Darüber hinaus konnte ein direkter Kontakt des Transportintermediates zu TatA durch Präzipitation von iTorA-PhoA mit TatA-Antikörpern nachgewiesen werden (Abb. IV. 23B und 23C). Diese Ergebnisse weisen somit eine TatA-abhängige Formation des Transportintermediates auf, wobei TatA in direktem Kontakt zu iTorA-PhoA steht. Zusammen mit der beobachteten Resistenz von iTorA-PhoA gegenüber proteolytischem Verdau in Gegenwart der verwendeten Detergenzien und unter der Annahme, TatA bildet TatA-Komplexe, die im E. coli-Tat-System die Pore der Tat-Translokase repräsentieren, kann davon ausgegangen werden, dass das Vorläuferprotein in dieser Pore und somit in der Membran während des Transportes stecken bleibt. Das Vorläuferprotein ist dabei vom TatA-Komplex in einer Weise umgeben, dass bis auf den C-Terminus auf der cytoplasmatischen Seite der Membran, das TorA-PhoA-Protein vor proteolytischem Verdau geschützt wird. Da auch der TatBC-Komplex geringe Mengen an TatA-Protomeren aufweist [Bolhuis et al., 2001; McDevitt et al., 2005], kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der TatA-Kontakt von TatA-Protomeren des Rezeptor-Komplexes stammt. Da jedoch Kontakt von iTorA-PhoA zu TatB oder TatC nicht nachgewiesen werden konnte, wird diese Möglichkeit als unwahrscheinlich betrachtet (Abb. IV.23B und 23C). Diese Ergebnisse sind in mehrerer Hinsicht von Bedeutung. Alle Modelle zur Tat-abhängigen Translokation schlagen TatA als die Komponente vor, die die Translokation durch die Membran ermöglicht. Strittig ist allerdings, in welcher Weise dies geschieht. Das gängigste Modell schlägt in Bakterien als auch in Chloroplasten den TatAKomplex als hydrophile Pore der Tat-Translokase vor, durch die das Tat-Substrat hindurchgeschleust wird und sich dem Substratmolekül so anpasst, dass die Membranintegrität erhalten bleibt und ungewollter Ionenfluss dadurch verhindert wird. Diese Annahme basiert im Wesentlichen auf der homooligomeren Organisation von TatA in der Membran [de Leeuw et al., 2001; Porcelli et al., 2002] als auch auf elektronenmikroskopischen Analysen von TatA-Komplexen der E. coli- Membran, die ringförmige Strukturen unterschiedlicher Größen aufweisen [Gohlke et al., 2005]. 110 V. Diskussion Dem gegenüber stehen Nicht-Poren-Modelle eines Transmembrantransportes durch Schwächung der Membranintegrität [Brüser und Sanders, 2003; Dabney-Smith et al., 2006]. Nach der Vorstellung von Brüser und Sanders geht dabei dem eigentlichen Transport eine Insertion des Signalpeptids voraus, dem dann eine Erkennung durch den TatBC-RezeptorKomplex folgt und schließlich durch die punktuelle Ansammlung von TatA- Transmembranhelices um das Substrat eine Schwächung der Membranintegrität es ermöglicht, das Protein durch die Membran zu transportieren, wobei die Membranlipide die Membran ionisch dicht halten [Brüser und Sanders, 2003]. Unterstützt wird die Vorstellung eines Transports durch einen destabilisierten Bereich der Membran von Studien zu einem Transportintermediat des pflanzlichen Tat-Systems, das während des Transportes in der Membran stecken blieb, aber keinen Kontakt zu einem der Tat-Proteine aufwies [Cline und McCaffery, 2007]. Diese Ergebnisse wurden dahingehend interpretiert, dass eine stabile Protein-schleusende Pore wahrscheinlich nicht existiert. Dennoch konnte eine hochdynamische, transiente Pore, die im Fall eines Translokationsarrestes dissoziiert, nicht ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit unterstützen eher die Vorstellung von einer durch den TatA-Komplex gebildeten Pore, die im direkten Kontakt zu dem Substrat-Protein steht und dieses während des Transportes umgibt. Darüber hinaus findet dieser Kontakt in einer Weise statt, die einen stabilen Komplex aus einem Transportintermediat wie iTorA-PhoA mit TatA im Fall eines Translokationsarrestes erlaubt. Tatsächlich wurde ein vergleichbares Transportintermediat bereits im chloroplastidären System beobachtet. Partielle Proteaseresistenz eines Tat-abhängigen, nicht-pozessierbaren Proteins wurde in vitro als direkte Folge einer Interaktion mit dem pflanzlichen Tat-System nachgewiesen [Di Cola und Robinson, 2005]. Allerdings war, anders als bei iTorA-PhoA, die Proteaseresistenz nicht in Anwesenheit von Triton X100 gegeben. Dieser Unterschied könnte sich aus der transienten und instabilen Natur des Tha4-Komplexes ableiten [Dabney-Smith et al., 2006], wodurch ein potentieller Komplex aus Substrat und Tha4-Komplex sensitiver gegenüber der Behandlung mit Detergenzien sein könnte. Darüber hinaus konnte auch im pflanzlichen Tat-System mit einem Fusionsprotein aus dem natürlichen Tat-Substrat 23kDa-Protein und Avidin erreicht werden, dass dieses Konstrukt in der Thylakoidmembran stecken blieb. Die Tatsache, dass dadurch der Transport von 23kDa-Protein ohne Avidin blockiert wurde, spricht für die Blockierung der Tat-spezifischen Pore [Asai et al., 1999]. Ein vergleichbarer Effekt liegt wahrscheinlich auch im Fall der Bildung von iTorA-PhoA vor. Der nachgewiesen Kontakt des Transportintermediates iTorA-PhoA zu TatA ist auch hinsichtlich der Assemblierung der Tat-Translokase aus deren Subkomplexen TatBCRezeptor-Komplex und TatA-Komplex interessant. In vitro-Studien im pflanzlichen als auch im bakteriellen System haben gezeigt, dass die Rekrutierung von TatA zur Assemblierung 111 V. Diskussion der vollständigen, aktiven Translokase abhängig ist von der Bildung des Substrat-TatBCRezeptor-Komplexes sowie eines intakten pH-Gradienten [Mori und Cline, 2002; Alami et al., 2003]. Durch den Einsatz des Protonophors CCCP konnte für den Tat-abhägigen in vitroTransport von TorA-PhoA gezeigt werden, dass der Translokationsarrest vor dem pHabhängigen Schritt des Transportes stattfinden muss (Abb. IV.18B und 18C). Somit sind der Kontakt des Transportintermediates iTorA-PhoA zu TatA und demzufolge auch die Rekrutierung von TatA durch den Substrat-TatBC-Rezeptor-Komplex nicht von einem intakten pH-Gradienten abhängig. Anders als die Bildung des Transportintermediates ist der vollständige Transport des TorA-PhoA-Proteins allerdings pH-Gradient-abhängig. Eine ähnliche Beobachtung wurde in pflanzlichen Tat-System in in vivo-Studien gemacht. Dabei wurde eine nicht-prozessierbare Mutante eines Tat-abhängigen GFP-Proteins verwendet, deren Transport zu 50% unvollständig verlief und dadurch ein durch die Thylakoidmembran Protease-geschütztes Intermediat generierte. Durch den Einsatz des Entkopplers Nigericin konnte gezeigt werden, dass für die Bildung des Intermediates kein pH-Gradient benötigt wurde [Di Cola et al., 2005]. Diese Daten decken sich demnach mit den in der vorliegenden Arbeit erhaltenen Ergebnissen, wonach ein pH-Gradient weder für eine funktionelle Assemblierung des Tat-Translokase noch für die frühe Phase der eigentlichen Translokation des Substrat-Proteins benötigt wird. Lediglich die vollständige Translokation ist pH-abhängig. Demnach ist Energetisierung durch den pH-Gradienten erst zu einem späten Zeitpunkt der Translokation von Bedeutung. 112 VI. Literaturverzeichnis VI. Literaturverzeichnis Akimaru, J., Matsuyama, S., Tokuda, H., and Mizushima, S. (1991). 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Sequenz des Fusionsproteins TorA-PhoA (in pET28a) 1 61 121 181 241 301 361 421 481 541 601 661 721 781 841 901 961 1021 1081 1141 1201 1261 1321 1381 1441 1501 ATGGCAAACAATAACGATCTCTTTCAGGCATCACGTCGGCGTTTTCTGGCACAACTCGGC M A N N N D L F Q A S R R R F L A Q L G GGCTTAACCGTCGCCGGGATGCTGGGGCCGTCATTGTTAACGCCGCGACGTGCGACTGCG G L T V A G M L G P S L L T P R R A T A GCGCAAGCGGCGACTGACGCTTCTAGACGGACACCAGAAATGCCTGTTCTGGAAAACCGG A Q A A T D A S R R T P E M P V L E N R GCTGCTCAGGGCGATATTACTGCACCCGGCGGTGCTCGCCGCTTAACGGGTGATCAGACC A A Q G D I T A P G G A R R L T G D Q T GCCGCTCTGCGTGATTCTCTTAGCGATAAACCTGCAAAAAATATTATTTTGCTGATTGGC A A L R D S L S D K P A K N I I L L I G GATGGGATGGGGGATTCGGAAATTACTGCCGCACGTAATTATGCCGAAGGTGCGGGCGGC D G M G D S E I T A A R N Y A E G A G G TTTTTTAAAGGTATCGATGCCTTACCGCTTACCGGGCAATACACTCACTATGCGCTGAAT F F K G I D A L P L T G Q Y T H Y A L N AAAAAAACCGGCAAACCGGACTACGTCACCGACTCGGCTGCATCAGCAACCGCCTGGTCA K K T G K P D Y V T D S A A S A T A W S ACCGGTGTCAAAACCTATAACGGCGCGCTGGGCGTCGATATTCACGAAAAAGATCACCCA T G V K T Y N G A L G V D I H E K D H P ACGATTCTGGAAATGGCAAAAGCCGCAGGTCTGGCGACCGGTAACGTTTCTACCGCAGAG T I L E M A K A A G L A T G N V S T A E TTGCAGGATGCCACGCCCGCTGCGCTGGTGGCACATGTGACCTCGCGCAAATGCTACGGT L Q D A T P A A L V A H V T S R K C Y G CCGAGCGCGACCAGTGAAAAATGTCCGGGTAACGCGCTAGAAAAAGGCGGGAGAGGATCG P S A T S E K C P G N A L E K G G R G S ATTACCGAACAGCTGCTTAACGCTCGTGCCGATGTTACGCTTGGCGGCGGCGCAAAAACC I T E Q L L N A R A D V T L G G G A K T TTTGCTGAAACGGCAACCGCCGGTGAATGGCAGGGAAAAACGCTGCGTGAACAGGCACAG F A E T A T A G E W Q G K T L R E Q A Q GCGCGTGGTTATCAGTTGGTGAGCGATGCTGCCTCACTGAATGCGGTGACGGAAGCGAAC A R G Y Q L V S D A A S L N A V T E A N CAGCAAAAACCCCTGCTAGGACTGTTTGCTGACGGCAATATGCCAGTGCGCTGGCAAGGA Q Q K P L L G L F A D G N M P V R W Q G CCGAAAGCAACGTACCACGGCAATATCGACAAGCCCGCAGTTACCTGTACGCCTAATCCG P K A T Y H G N I D K P A V T C T P N P CAACGTAATGACAGCGTACCGACCCTGGCGCAGATGACTGATAAAGCCATTGAATTGTTG Q R N D S V P T L A Q M T D K A I E L L AGTAAAAATGAGAAAGGCTTTTTCCTGCAAGTTGAAGGTGCATCAATCGATAAACAGGAT S K N E K G F F L Q V E G A S I D K Q D CACGCTGCGAATCCTTGTGGGCAAATTGGCGAGACGGTCGATCTCGACGAAGCCGTACAA H A A N P C G Q I G E T V D L D E A V Q CGGGCGCTGGAATTCGCTAAAAAGGATGGCAACACGCTGGTCATAGTCACCGCTGATCAC R A L E F A K K D G N T L V I V T A D H GCCCACGCCAGCCAGATTGTTGCGCCGGACACCAAAGCGCCGGGCCTCACCCAGGCGCTA A H A S Q I V A P D T K A P G L T Q A L AATACCAAAGATGGCGCAGTGATGGTGATGAGTTACGGGAACTCCGAAGAGGATTCACAA N T K D G A V M V M S Y G N S E E D S Q GAACATACCGGTAGTCAGCTGCGTATTGCGGCGTATGGCCCACATGCCGCCAATGTCGTT E H T G S Q L R I A A Y G P H A A N V V GGACTGACCGACCAGACCGATCTCTTCTACACCATGAAAGCCGCTCTGGGGCTGAAAGTC G L T D Q T D L F Y T M K A A L G L K V GACAAGCTTGCGGCCGCACTCGAGCACCACCACCACCACCACTGA D K L A A A L E H H H H H H * TorA-Signalpeptid reifes TorA reifes PhoA Stop-Codon-Position Cysteine in TorA-PhoA klonierungsbedingt eingefügte Aminosäuren MCS des pET28aPlasmids His-tag 125 VII. Anhang VII.2. Abkürzungsverzeichnis Å A Abb. Ac ATP AK Ala Amp AMS APS Arg Asn Asp ATP bis–MGD BSA bzw. bspw. C °C ca. CCCP Ci CTP Cys D Da dATP DCCD dCTP dest. dGTP d.h. DMSO DNA dNTP DPF DTT dTTP dUTP E E. coli EDTA EtOH F FAD G g Gln Glu Gly GSSG 126 Ångstöm Alanin Abbildung Acetat Adenosin-5´-Diphosphat Antikörper Alanin Ampicillin 4´-Acetamido-4´-maleimidylstilbene-2,2´-Disulfonsäure Ammoniumperoxodisulfat Arginin Asparagin Aspartat Adenosin-5´-Triphosphat bis-Molybdopterin-Guanin-Dinukleotid Rinderserumalbumin beziehungsweise beispielsweise Cystein Grad Celsius Circa Carbonylcyanid-m-chlorophenylhydrazon Curie Cytidin-5´-Triphosphat Cystein Asparaginsäure Dalton 3´-Desoxy-Adenosin-5´-Triphosphat Dicyclohexylcarbodiimid 3´-Desoxy-Cytidin-5´-Triphosphat destilliert 3´-Desoxy-Guanosin-5´-Triphosphat das heißt Dimethylsulfoxid Desoxyribonukleinsäure 3´-Desoxy-Nucleosid-5´-Triphosphat Diisopropylfluorphosphat Dithiotreitol 3´-Desoxy-Thymidin-5´-Triphosphat 3´-Desoxy-Uridin-5´-Triphosphat Glutaminsäure Escherichia coli Ethylendiamintetraacetat Ethanol Phenylalanin Flavinadenindinukleotid Glycin Gramm, Milligramm, Mikrogramm Glutamin Glutamat Glycin oxidiertes Glutathion VII. Anhang GTP H h HEPES His i I Ile INV IPTG K Kan kDa l L LB Leu Lys µg µl µM m M M, Met mA MCS MDa mg min ml mM MOPS mRNA N NADP(H) ng nm NTP OD OmpA OmpT p P p.a. PAGE pBPA PEG PEP Phe PhoA PK PMF PMSF PPIase Pro PVDF Guanosin-5´-Triphosphat Histidin Stunde N-(2-Hydoxyethyl)piperazin-N‘-(2-Ethan-Sulfonsäure) Histidin Intermediat Isoleucin Isoleucin Inside-out Innenmembranvesikel Isopropyl-β-D-thiogalactosid Lysin Kanamycin Kilodalton Liter Leucin Luria Broth-Medium Leucin Lysin Mikrogramm Mikroliter mikromolar reif molar Methionin Miliampere multiple cloning site Megadalton Milligram Minute Milliliter millimolar ( N-Morpholino )-Propansulfonsäure messenger RNA Asparagin Nicotinamidadenindinucleotidphosphate (reduziert) Nanogramm Nanometer Nukleosidtriphosphat Optische Dichte outer membrane protein A outer membrane protease T Vorläufer Prolin pro analysi Polyacrylamid-Gelelektrophorese para-Benzoyl-L-Phenylalanin Polyethylenglycol Phosphoenolpyruvat Phenylalanin alkalische Phosphatase Proteinase K proton-motive force Phenylmethylsulfonylfluorid Peptidyl-Prolyl-cis/trans-Isomerasen Prolin Polyvinylidenfluorid 127 VII. Anhang Q R RNA rpm RT S s SDS Ser sog. SRP T Tab. Tat TCA Tea tech. TEMED Tet TF THF Thr TMAO Tmd-Phe TorA Tris tRNA tRNACUA Trp Tyr u UTP UV UZ v/v V V, Val w/w W xg Y z.B. 128 Glutamin Arginin Ribonukleinsäure rotation per minute Raumtemperatur Schwefel, Serin, Sekunde Natriumdodecylsulfat Serin sogenannt signal recognition particle Threonin Tabelle twin arginine translocation Trichloressigsäure Triethanolamin technisch N, N, N‘, N‘-Tetramethylethylendiamin Tetracylin Trigger Faktor Tetrahydrofuran Threonin Trimethylamin-N-Oxid L-4’-(3-[trifluoromethyl]-3H-diazirin-3yl)phenylalanine Trimethylamin-N-Oxid (TMAO)–Reduktase Trihydroxymethylaminomethan transfer-Ribonukleinsäure amber-Suppressor-transfer-Ribonukleinsäure Tryptophan Tyrosin unit(s) Uridin-5´-Triphosphat ultraviolett Ultrazentrifuge volume per volume Volumen Valin weight per weight (Gewicht pro Gewicht) Tryptophan x-fache Erdbeschleunigung Tyrosin zum Beispiel VII. Anhang VII.3. Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Matthias Müller, für die herzliche Aufnahme in seine Arbeitsgruppe, sowie für die Bereitstellung eines spannenden und anspruchsvollen Themas. Sein Ideenreichtum, seine ständige und uneingeschränkte Diskussionsbereitschaft sowie sein motivierender Optimismus waren unerlässlich für die Anfertigung dieser Arbeit. Ebenfalls besonderer Dank gilt auch Dr. Michael Moser und Dr. Evchen Holzapfel, für die erstklassige Einstiegshilfe im Labor und der immer fortwährenden Unterstützung bei Planung, Durchführungen und Interpretation von Experimenten, sowie für eine wunderbare Atmosphäre und eine schöne Zeit im 5.OG. Für eine gute Zusammenarbeit und einem angenehmen, freundlichen Arbeitsklima möchte ich mich außerdem bedanken bei der gesamten AG Müller: Carlo, Diana, Jörg, Michi, Dr. Thuy-Anh Tran-Thi, Silke und ganz speziell auch bei unseren ehemaligen Doktorandinen Carmen und Raluca. Dorothea Trescher, Inge Friese und insbesondere Cornelia Gribben-Pfirrmann danke ich außerdem für die ständige Hilfsbereitschaft in technischen und administrativen Angelegenheiten. Besonders herzlich danke ich meinen lieben Eltern, für die ständige und bedingungslose Unterstützung in der Zeit des Studiums und Dissertation. Mein uneingeschränkter Dank gilt meiner geliebten Frau Sandra, die mir eine nie versiegende Energiequelle und ein Ruhepol zu allen Zeiten dieser Arbeit war. 129