Säuren und Basen M. Kresken 1 Säuren und Basen • Die Begriffe „Säure“ und „Base“ (früher Lauge) sind aus Beobachtungen entstanden: - Zitronen, Essig und saure Milch schmecken sauer, was auf den Gehalt an Citronensäure, Essigsäure bzw. Milchsäure zurückzuführen ist. - Dem gegenüber steht der bittere Geschmack von Seifenlaugen. Da Pflanzenasche durch den hohen K + -Gehalt die Basis für die Laugengewinnung (KOH) war, wurde später der Begriff „Base“ auf die ganze Stoffklasse angewendet. Wässrige Lösungen von Basen reagieren basisch oder alkalisch (arab. al-kaelie = Lauge). M. Kresken 2 Säuren und Basen • Wässrige Lösungen von Säuren und Basen leiten den elektrischen Strom. • Die gelösten Stoffe sind Elektrolyte, d.h. in der Lösung liegen Ionen vor. • Säuren und Basen bilden die Ionen meist erst unter dem Einfluss des Wassers. Der Vorgang wird als Dissoziation bezeichnet. M. Kresken 3 Säuren und Basen • Chlorwasserstoff dissoziiert in wässriger Lösung formal in + Wasserstoff-Ionen (H = Protonen) und Chlorid-Ionen (Cl ), die jeweils hydratisiert sind: H2O HCl (gasförmig) + H + Cl - (Salzsäure) + • Natriumhydroxid dissoziiert in Natrium-Ionen (Na ) und Hydroxid-Ionen (OH ), die jeweils hydratisiert sind: NaOH (fest) H2O + Na + OH - (Natronlauge) • Aus den Dissoziationsvorgängen wird sichtbar, dass Säuren + Protonen (H ) und Basen Hydroxid-Ionen (OH ) freisetzen, aber... M. Kresken 4 Säuren und Basen + NH3 + H2O Ammoniak NH4 + OH Wasser Ammonium-Ion - Hydroxid-Ion • Definition von Brønstedt: - Säuren sind Stoffe, die Wasserstoff-Ionen (Protonen, + H -Ionen) abgeben können (Protonendonatoren). - Basen sind Stoffe, die die Wasserstoff-Ionen (Protonen, + H -Ionen) aufnehmen können (Protonenakzeptoren). • Säure-Basen-Reaktionen sind ProtonenübertragungsReaktionen. In wässrigen Lösungen nehmen Wassermoleküle die Protonen auf. H2O + H M. Kresken + H3 O + (Hydronium-Ion; Oxonium-Ion) 5 Experiment Holzverbrennung (enthält CO2) H O (H2CO3) 2 Neutrales Verbrennung PflanzenO2-Verbrauch material (z.B. Holz) Salz + Wasser Asche (enthält K2O) M. Kresken Säure Gas H2O Base (K2CO3) (KOH) 6 Wasser • Wasser ist ein Ampholyt. In geringen, aber messbarem Umfang reagiert es mit sich selbst (Eigendissoziation, Autoprotolyse). H2O + H2O + H3O + OH - (H+ + OH–) • Ampholyte können als Säure oder Base reagieren. • Wie Wasser reagiert, hängt vom Reaktionspartner ab. - Reagiert es mit einem Stoff, der eine größere Protonendonatorstärke als es selbst hat, reagiert es als Base. - Gegenüber der Base Ammoniak überwiegt jedoch seine eigene Protonendonatorstärke. Wasser reagiert als Säure. M. Kresken 7 Massenwirkungsgesetz (MWG) • Im Gleichgewichtszustand der Reaktion A + B C + D sind die Gleichgewichtskonzentrationen der beteiligten Stoffe konstant, da Hin- und Rückreaktionen gleich schnell ablaufen. • Das Verhältnis der Konzentrationen der beteiligten Stoffe führt zu einer für die betrachtete Reaktion spezifischen Konstante, der Gleichgewichtskonstanten K, deren Wert von der Temperatur abhängt. M. Kresken 8 Massenwirkungsgesetz (MWG) K= [C] • [D] [A] • [B] oder Kc = c(C) • c(D) c(A) • c(B) • C und D sind die Produkte, A und B die Edukte, K die Gleichgewichtskonstante. • Das Produkt der Konzentrationen der Produkte dividiert durch das Produkt der Edukte ist konstant. • Die eckigen Klammern dokumentieren eine Konzentration, (z.B. [A] in mol/L). • Das MWG gibt Auskunft über die Lage eines Gleichgewichtes: - Ein Zahlenwert K > 1 zeigt an, dass die Reaktion auf der Seite der Produkte liegt, die Hinreaktion also überwiegt. - Bei einem Zahlenwert K < 1 überwiegen die Edukte im Gleichgewicht, d.h. die Rückreaktion überwiegt. M. Kresken 9 Ionenprodukt des Wassers + K = - [H3O ] • [OH ] [H2O]2 • Da Wasser im Überschuss vorliegt, ist seine Konzentration (1 L = 55,55 mol) bei einer geringen Eigendissoziation praktisch konstant [1 mol Wasser wiegt 18 g; 1 L Wasser wiegt 1.000 g; 55,55 mol wiegen 1.000 g]. + - [H2O]2 • K = [H3O ] • [OH ] + - Kw = [H3O ] • [OH ] Ionenprodukt des Wassers Kw = 1,0 • 10-14 mol2/L2 + - [H3O ] = 1,0 • 10-7 mol/L = [OH ] M. Kresken 10 pH-Wert + • Der pH-Wert ist der negative Zehnerlogarithmus von [H3O ]. + • In reinem Wasser (bei 22°C) ist [H3O ] = 10-7 mol/L, daher ist der pH-Wert 7. + • Gibt man eine Säure hinzu, wird [H3O ] > 1,0 • 10-7 mol/L. Entsprechend sinkt der pH-Wert auf < 7 und man spricht von einer sauren Lösung. pH, lat. pondus hydrogenii M. Kresken 11 pOH-Wert • Neben dem pH-Wert gibt es auch noch den pOH-Wert. • Der pOH-Wert ist der negative Zehnerlogarithmus von [OH ]. • In reinem Wasser (bei 22°C) ist [OH ] = 10-7 mol/L, daher ist der pOH-Wert 7. • Gibt man eine Base hinzu, wird [OH ] > 1,0 • 10-7 mol/L. Entsprechend sinkt der pOH-Wert auf < 7 und man spricht von einer basischen Lösung. M. Kresken 12 Ionenprodukt des Wassers + - Kw = [H3O ] • [OH ] = 10-14 mol2/L2 pKw = pH + pOH = 14 + + pH = -log10 [H3O ] = -lg [H3O ] - - pOH = -log10 [OH ] = -lg [OH ] M. Kresken 13 Zusammenhang zwischen pH-Wert und pOH-Wert pH-Wert [H3O+] in mol/L [OH-] in mol/L pOH-Wert 14 10-14 100 0 13 10-13 10-1 1 12 10-12 10-2 2 11 10-11 10-3 3 10 10-10 10-4 4 9 10-9 10-5 5 8 10-8 10-6 6 7 10-7 10-7 7 6 10-6 10-8 8 5 10-5 10-9 9 4 10-4 10-10 10 3 10-3 10-11 11 2 10-2 10-12 12 1 10-1 10-13 13 0 100 10-14 14 pH- / pOH-Wert + • Die Konzentration an Hydronium-Ionen (H3O ) oder Hydroxid-Ionen (OH ) lässt sich bei allen verdünnten wässrigen Lösungen als Maß für die Azidität bzw. Basizität einer Lösung verwenden. + • In saurer Lösung überwiegt die Konzentration an H3O , in basischer die an OH . • Solange die Lösungen sehr verdünnt sind, gilt das Ionen+ produkt des Wassers (Kw), d.h., wenn man H3O kennt, lässt sich OH berechnen und umgekehrt. Beispiel: OH - = 10-5 mol/L; pOH = 5 + [H3O ] • 10-5 = 10-14 mol2/L2; pH + 5 = 14 + [H3O ] = M. Kresken 10-14 10-5 = 10-9 mol/L; pH = 14 – 5 = 9 15 pH- / pOH-Wert Beispiele: + [H3O ] = 10-6 mol/L; pH = -lg-6 = 6 + [H3O ] = 2 • 10-7 mol/L; pH = -lg 2 + -lg 10-7 = -0,3 + 7 = 6,7 + [H3O ] = 102 mol/L; pH = -lg 102 = -2 M. Kresken 16 Stärke von Säuren und Basen • Die Protonendonatorstärke einer Säure dokumentiert sich in wässriger Lösung darin, wie vollständig die Protonenübertragung auf das Wasser abläuft. • Bei Basen kommt es darauf an, wie stark diese Protonen, die vom Wasser kommen, binden. • Um die Stärke einer Säure (HA) oder Base (B) zu definieren, wendet man das MWG auf die jeweiligen Dissoziationsgleichgewichte an: HA + H2O H3O + K = M. Kresken + +A - B + H2O - [H3O ] • [A ] [HA] • [H2O] BH + K = + + OH - - [BH ] • [OH ] [B] • [H2O] 17 Stärke von Säuren und Basen • Da sich die Konzentration an H2O durch die Dissoziation in verdünnter Lösung kaum verändert, wird H2O in die Gleichgewichtskonstante einbezogen. • Man erhält die Säurekonstante Ks bzw. die Basenkonstante Kb in mol/L. Die Werte sind temperaturabhängig. + Ks = M. Kresken - [H3O ] • [A ] [HA] + Kb = - [BH ] • [OH ] [B] 18 pKs-Wert / pKb-Wert • Findet man für die Säurekonstante (Ks) einen großen Wert, so liegt das Dissoziationsgleichgewicht weit rechts, d.h. die Säure ist stark. • Kleine Säurekonstanten (Ks-Werte) deuten auf eine schwache Säure hin. • Bildet man den negativen dekadischen Logarithmus der Ks- und Kb-Werte, so ergibt sich: pKs = – lg Ks pKb = – lg Kb • Der pKs einer Säure und der pKb-Wert ihrer konjugierten Base hängen in wässriger Lösung wie folgt zusammen: pKs + pKb = 14 • Der pKs- bzw. pKb-Wert ist das übliche Maß für die Stärke von Säuren und Basen. Kleine oder negative pKs-Werte zeigen an, dass die Säure stark ist, große Werte, dass sie schwach ist. M. Kresken 19 pKs-Werte einiger Säure-Base-Paare bei 15° C Säurecharakter pKs Säure/konj. Base stark -6 HCl / Cl - -3 H2SO4 / HSO4 -1,7 H3O -1,3 HNO3 / NO3 1,9 HSO4 2,0 H3PO4 / H2PO4 4,8 H3CCOOH / H3CCOO 6,4 CO2 / HCO3 - 7,1 H2S / SH 7,2 H2PO4 9,2 NH4 / NH3 9,4 HCN / CN 10,4 HCO3 / CO3 12,3 HPO4 15,7 H2O / OH mittelstark schwach sehr schwach + Chlorwasserstoff / Chlorid - Schwefelsäure / Hydrgensulfat / H2O Hydronium-Ion / Wasser - - Salpetersäure / Nitrat / SO4 - Hydrogensulfat / Sulfat - 2 - / HPO4 Dihydrogenphosphat / Hydrogenphosphat Ammonium-Ion / Ammoniak - Blausäure / Cyanid 2 3 - / PO4 - Essigsäure / Acetat Schwefelwasserstoff / Hydrogensulfid + 2 - - Kohlendioxid / Hydrogencarbonat - - Phosphorsäure / Dihydrogenphosphat Hydrogencarbonat / Carbonat Hydrogenphosphat / Phosphat Wasser / Hydroxid-Ion pH-Werte im Organismus • Die pH-Werte in Zellen und in der Extrazellulärflüssigkeit werden in engen Grenzen konstant gehalten. • Im Blut schwankt der pH-Wert normalerweise nur zwischen 7,35 + und 7,45. Dies entspricht einer maximalen Änderung der H3O Ionen (H+-Ionen) um etwa 30%. • Der pH-Wert des Cytoplasmas ist mit 7,0 bis 7,3 etwas niedriger als der des Blutes. • In Lysosomen (pH 4,5 - 5,5) ist die H3O + -Konzentration einige hundertmal höher als im Cytoplasma. • Extreme Werte findet man im Magen (pH 0,8 - 2) und im Dünndarm (pH > 8). • Da die Nieren Säuren oder Basen ausscheiden können, schwankt der pH-Wert des Urins besonders stark (pH 4,8 bis 7,5). M. Kresken 21 Puffer • Betrag und Konstanz des pH-Wertes im Zytoplasma einer Zelle oder in bestimmten Körperflüssigkeiten wie z. B. dem Blut sind lebenswichtig. • Der pH-Wert beeinflusst z.B. die Aktivität von Enzymen, an deren Aufbau Aminosäuren mit sauren und basischen Gruppen beteiligt sind. • Im Stoffwechsel laufen viele Reaktionen ab, bei denen Protonen freigesetzt oder verbraucht werden. • Dies birgt die Gefahr in sich, dass pH-Änderungen im jeweiligen Milieu eintreten. • Zellflüssigkeiten müssen daher in der Lage sein, stoffwechselbedingte „pH-Stöße“ abzufangen (= zu puffern). M. Kresken 22 Pufferlösungen • Pufferlösungen enthalten Stoffe (Puffersubstanzen), die dafür sorgen, dass sich bei Zugabe von Säuren oder Basen der pHWert einer Lösung nur wenig ändert. • Geeignete Puffersubstanzen sind: - Das Gemisch aus einer schwachen Säure und der konjugierten Base dieser Säure (z.B. Essigsäure/Natriumacetat). - Das Gemisch aus einer schwachen Base und der konjugierten Säure dieser Base (z.B. Ammoniak/Ammoniumchlorid) M. Kresken 23 Acetat-Puffer • Beispiel: Ein äquimolarer 0,2 M Acetat-Puffer liegt vor, wenn in 1 L einer wässrigen Pufferlösung 0,1 mol Essigsäure und 0,1 mol Natriumacetat enthalten sind. • Was passiert, wenn diese Lösung „pH-Stößen“ ausgesetzt wird. - Zugabe von Säure: H 3O + + H3CCOO - H3CCOOH + H2O - Zugabe von Base: OH - + H3CCOOH H3CCOO - + H 2O • In beiden Fällen entsteht neutrales Wasser, daneben entweder Essigsäure oder deren Anion, die beide bereits schon in der Lösung vorhanden sind. • Die Zunahme der Konzentration des einen oder anderen Bestandteils in der Pufferlösung wirkt sich auf den pH-Wert jedoch nur wenig aus. M. Kresken 24 Puffergleichung H 3O H3CCOOH + H2O + Ks = - [H3O ] • [H3CCOO ] umgestellt: + + H3CCOO + [H3O ] = Ks • [H3CCOOH] - [H3CCOOH] - [H3CCOO ] Nach Bildung des negativen dekadischen Logarithmus erhält man: pH = pKs - lg [H3CCOOH] [H3CCOO - ] umgestellt: pH = pKs + lg [H3CCOO - ] [H3CCOOH] Aus der Gleichung wird deutlich, dass der pH-Wert der Pufferlösung vom pKs-Wert der Essigsäure und von dem Verhältnis der Puffersubstanzen (Essigsäure/Acetat) abhängt. M. Kresken 25 Puffersysteme im Blut pH = 6,4 + lg [HCO3 - ] [CO2] • Der Kohlensäure-Puffer ist daran beteiligt, den pH-Wert bei 7,4 konstant zu halten. • Bei Körpertemperatur (37°C) beträgt der pKs-Wert 6,1. • Um den Blut-pH-Wert (7,4) zu erreichen, beträgt das Konzentrationsverhältnis der Puffersubstanzen: pH = 6,1 + lg H 3O M. Kresken + - + HCO3 20 1 = 7,4 CO2 + 2 H 2O 26 Puffersysteme im Blut • Kohlensäure-Puffer • Phosphat-Puffer • Protein-Puffer M. Kresken 27