Whidbey und Longhorn: Innovation in zwei Schüben

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ITMAGAZINE
Whidbey und Longhorn: Innovation in zwei Schüben
von Urs Bertschy
9. September 2004 - Gleich zwei grosse Plattform-Releases stehen in Microsofts Fahrplan auf dem Programm.
Was kommt auf Entwickler zu? Entwickler, die auf der Microsoft-Plattform arbeiten, gehen turbulenten Zeiten entgegen. In den kommenden vier
Jahren wollen die Redmonder ihre Entwicklungsplattformen und Tools in zwei Wellen umfangreichen
Neuerungen unterziehen. Für Mitte des nächsten Jahres ist mit Whidbey eine generalüberholte Version von .Net
geplant, die gleichzeitig neue Versionen von Visual Studio und SQL Server nach sich ziehen wird. Für 2006 steht
dann mit der Lancierung der nächsten Windows-Plattform Longhorn, die eine Reihe von grundlegend neuen
Technologien mit sich bringen wird, erneut eine grosse Umwälzung auf dem Programm. Während es sich bei der
Whidbey-Welle, trotz der grossen Zahl an Neuerungen, eher um einen evolutionären Schritt handelt, darf man
die Longhorn-Plattform aufgrund der vielen neuartigen Konzepte getrost als revolutionär einstufen.
Die Whidbey-Welle
Obwohl Whidbey alias .Net Framework 2.0 nur als Evolutionsschritt bezeichnet wird, haben es die Neuerungen
der renovierten .Net-Plattform in sich: Neben den erweiterten Klassenbibliotheken gibt es überarbeitete
Versionen von WinForms und ASP.Net, Spracherweiterungen für C#, C++, J# und Visual Basic sowie Support für
64-Bit-CPUs. Gleichzeitig mit .Net 2.0 werden natürlich auch die Entwicklungstools neu lanciert. Dazu gehören
Visual Studio 2005, das neu auch in preiswerten Express-Varianten auf den Markt kommen wird, sowie die Visual
Studio 2005 Tools for Office (VSTO 2005), für die Office-Programmierung mit .Net. Ausserdem zählt auch der
nächste SQL Server 2005 (Yukon) zur Whidbey-Welle, der aufgrund der Integration der .Net Runtime CLR
zeitgleich auf den Markt kommen wird. Das neue Visual Studio Team System, mit dem sich Visual Studio 2005
um diverse Lifecycle-Tools und Projektmanagementhilfen erweitern lässt, wird kurz nach Whidbey (3. Quartal
2005) auf den Markt kommen.
.Net Framework 2.0
Einer der wesentlichen Bestandteile des Whidbey-Releases ist das .Net Framework 2.0, das von den
Programmiersprachen über die Basisklassen bis hin zu ASP.Net und WinForms überarbeitet und in einigen
Bereichen mit umfangreichen Neuerungen ausgestattet wurde. Das Herzstück des Framework, die .Net-Runtime-Umgebung, sprich Common Language Runtime (CLR), wurde
weiter optimiert und auf Performance getrimmt. Erweiterungen an der CLR betreffen vor allem Neuerungen wie
Generics (zu finden in C#, C++ und VB), Edit-and-Continue-Debugging und Erweiterungen im Bereich Security.
Neu bietet die CLR auch Unterstützung für 64-Bit-Prozessoren von Intel (IA64) und AMD (x64). Da Hardware
und Betriebssysteme von der .Net Runtime abstrahiert werden, müssen Entwickler ihren Code nicht
umschreiben, um von den 64-Bit-Features profitieren zu können. Bestehender Code kann einfach auf ein
64-Bit-System übernommen werden, um den Rest kümmert sich der Just-in-Time-Compiler (JIT) der CLR. Generell erweitert hat Microsoft auch den Umfang und die Features seiner .Net-Sprachen: Während C++ generell
besser an die .Net-Umgebung angepasst wurde, hat C# Spracherweiterungen wie Iterators, anonyme Methoden
und Partial Types erhalten. Visual Basic kommt neu ebenfalls mit der Unterstützung für Partial Types, bietet jetzt
ein Using-Statement zur einfacheren Verwaltung von Ressourcen und erlaubt die Verwendung von expliziten
Array-Grenzen.
Array-Grenzen.
ASP.Net 2.0: Weniger Code
Eines der Hauptziele bei der Überarbeitung von ASP.Net war es, die Codezeilen, die für die Erstellung einer
Webanwendung von Hand programmiert werden müssen, zu reduzieren. Zu diesem Zweck wurden viele
Standardfunktionen, die bei Webanwendungen immer wieder benötigt werden, in Form von sogenannten
Building Blocks zusammengefasst, die sich mit wenigen Mausklicks oder Codezeilen in die eigene Applikation
integrieren lassen. Zu den vorbereiteten Bausteinen zählen Benutzerverwaltung, rollenbasierte Sicherheit,
Personalisierung, Site Navigation und Site Management. In Form der Master Pages bringt ASP.Net 2.0 nun
endlich einen Template-Mechanismus, mit dem Standardelemente wie Header, Footer oder Menüs über eine
komplette Webanwendung hinweg wiederholt werden können. Des weiteren wird ASP.Net 2.0 über ein Portal
Framework verfügen, das nach dem Vorbild von SharePoint mit WebParts und Zonen arbeitet. Microsoft ebnet
damit den Weg, um die Portal-Technologie in seinen Produkten (z.B. Content Management Server oder
Commerce Server) für künftige Versionen mit SharePoint zu vereinheitlichen. Insgesamt wird ASP.Net über rund 40 neue Controls verfügen. Zu den prominentesten Neuzugängen zählen etwa
die Datasource Controls, die den benötigten Code für den Umgang mit Daten noch einmal wesentlich reduzieren.
Interessant ist auch das GridView-Control, das im Gegensatz zum bisherigen DataGrid standardmässig über
eingebaute Sortier-, Paging- und Filterfunktionen verfügt, die ohne eigenes Coding genutzt werden können. Alles in allem soll die Anzahl Codezeilen, die von Hand geschrieben werden müssen, um 50 bis 70 Prozent
geringer ausfallen als bisher. Wie gross diese Reduktion im Endeffekt tatsächlich sein wird, kann nur die Praxis
zeigen und wird wohl je nach Lösung unterschiedlich ausfallen.
Einschneidende Neuerungen gibt es auch bei der Datenzugriffstechnologie ADO.Net. Diese wurde mit Support für
die Neuerungen in SQL Server 2005 ausgestattet, bietet integriertes Paging und kann Operationen und
Verbindungen jetzt auch asynchron abwickeln. Ausserdem wurde die Unterstützung für XML verbessert. Die O/R-Mapping-Technologie ObjectSpaces, die ebenfalls für ADO.Net 2.0 geplant war, wird nun erst mit
Longhorn kommen. Der Grund: ObjectSpace soll enger mit Longhorns Datenspeicher WinFS integriert werden.
WinForms 2.0: ClickOnce vereinfacht Deployment
Nicht ganz so gross wie bei ASP.Net, aber trotzdem beachtlich ist die Zahl an Neuerungen rund um WinForms
ausgefallen. Microsoft hat vor allem Performance und Startup-Zeiten verbessert sowie Windows XP-Themes und
neue Controls (Webbrowser Control, Container für Office-Dokumente etc.) zugefügt. Wie bei ASP.Net 2.0 stand
auch bei WinForms 2.0 die Zielsetzung im Vordergrund, die Anzahl benötigter Codezeilen zu verringern. Die wichtigste Neuerung der Rich-Client-Technologie ist aber zweifelsohne ClickOnce. Hinter diesem Begriff
verbirgt sich Microsofts No-Touch-Deployment-Strategie, mit der das Verteilen von Windows-Applikationen
genauso einfach werden soll wie bei einer Webanwendung. Windows-Programme können so konfiguriert werden,
dass sie sich direkt von einer Website per Klick auf einen Hyperlink starten lassen. Dabei kann der Entwickler
angeben, ob die Applikation direkt vom Server gestartet werden soll oder ob sie für die Offline-Nutzung auf den
Client heruntergeladen und dort installiert werden darf. Die Sicherheit wird dabei über Code Access Security des
.Net Framework geregelt. Eine lokal installierte Anwendung kann angewiesen werden, automatisch nach Updates
zu suchen. Ist eine neue Version vorhanden, wird der Benutzer beim nächsten Start angefragt, ob er den neuen
Release installieren will.
Release installieren will.
Visual Studio 2005: RAD und intelligente Hilfen
Das Schwergewicht bei den Neuerungen von Visual Studio 2005 liegt bei der Steigerung der
Entwicklerproduktivität. Microsoft hat sich dazu viele neue Features einfallen lassen, die von besseren
Hilfestellungen über Codevorlagen bis hin zu einer Erhöhung des Control-Angebots reichen. Am meisten von den Hilfe- und Produktivitätsfeatures werden Visual-Basic-Entwickler profitieren können.
Microsoft versucht damit, Visual Basic wieder stärker von C# abzugrenzen und als Sprache für RAD (Rapid
Application Development) zu positionieren. Viele dieser Hilfen stehen bereits im Codeeditor zur Design-Zeit zur
Verfügung. So liefert der Visual-Basic-Editor bei fehlerhafter Syntax ähnlich wie die Rechtschreibprüfung in
Word Vorschläge zum Ausmerzen des Fehlers. Ebenfalls exklusiv für Visual-Basic-Entwickler ist der neue
My-Namespace. Dahinter verbirgt sich eine Reihe von Klassen, die schnellen Zugriff auf häufig benötigte
Funktionen des .Net-Framework (My.Application, My.User oder My.Computer) des aktuellen Projekts (My.Forms,
My.Resources oder My.WebServices) bietet. Viele weitere Neuerungen betreffen sowohl C# als auch Visual Basic. So etwa die Code Snippets, über die auf
Tastendruck eine komplette Codevorlage eingefügt werden kann und damit die manuelle Eingabe von immer
wiederkehrenden Konstrukten automatisiert. Visual Studio 2005 soll mit rund 500 vorgefertigten Code Snippets
ausgeliefert werden. Zudem können Entwickler die Snippet-Bibliothek um eigene Vorlagen erweitern und
gemeinsam im Team nutzen. Ebenfalls in beiden Sprachen stehen Refactoring-Werkzeuge zur Verfügung, mit
denen sich beispielsweise Variablen projektweit umbenennen oder potentielle Kandidaten für Methoden per
Knopfdruck aus dem Code ausgliedern lassen. Im Bereich ASP.Net wird Visual Studio 2005 mit einem wesentlich
besseren HTML-Editor, einem integrierten Webserver (Cassini) und Deployment-Tools ausgerüstet sein.
. Mit MyHelp hat Visual Studio auch ein neues Hilfesystem verpasst bekommen, das via Web-Services-Technologie
nahtlose Integration zwischen Offline- und neuem Online-Content auf MSDN ermöglichen soll. Ausserdem dient
MyHelp auch als Community-Werkzeug: Jedermann kann eigene Codebeispiele, Berichtigungen und Tips
publizieren und damit anderen MyHelp-Usern zur Verfügung stellen.
SQL Server 2005: .Net inside
Der neue SQL Server 2005 (Yukon) wird punkto Neuerungen eines der umfangreichsten Produkt-Updates sein,
das Microsoft je auf den Markt gebracht hat (umfassender Preview in InfoWeek 02/04). Damit liegt es auf der
Hand, dass bei den Innovationen nicht nur Datenbankadministratoren, sondern vor allem auch Entwickler auf ihre
Rechnung kommen werden. Dabei gehört die bereits eingangs erwähnte Integration der .Net Runtime (CLR) in
die Datenbank-Engine zu den wichtigsten Neuerungen. Infolgedessen wird man künftig Datenbankobjekte wie
Stored Procedures, Funktionen (UDFs) oder Triggers nicht nur mit T-SQL, sondern auch mit den .Net-Sprachen
C# oder Visual Basic schreiben können. Die .Net-Integration bringt gleich mehrere Vorteile mit sich: Entwickler
können nicht nur auf die Vorzüge einer objektorientierten Programmiersprache zurückgreifen, sondern können
Datenbankkomponenten jetzt in ein und derselben Sprache wie die übrigen Applikationskomponenten schreiben.
Trotz C# und Visual Basic wird auch die Abfragesprache T-SQL weiterleben und insbesondere für
Datenverarbeitungsaufgaben weiterhin erste Wahl bleiben. Eine enge Verwandtschaft zwischen Yukon und
Whidbey wird es auch auf der Ebene der Entwicklungswerkzeuge geben. So wird das Look-and-Feel der neuen
Verwaltungs-Tools des SQL Server 2005 (SQL Server Management Studio und BI Development Studio) stark an
Visual Studio 2005 angelehnt sein. Ausserdem ist Visual Studio 2005 selber mit einer ganzen Reihe von
Visual Studio 2005 angelehnt sein. Ausserdem ist Visual Studio 2005 selber mit einer ganzen Reihe von
Datenbanktools ausgerüstet, so dass man die Entwicklungsumgebung für die Erstellung von
Datenbankanwendungen künftig kaum mehr verlassen muss.
VSTO 2005: Office-Programmierung mit .Net
Erst im letzten Herbst hat Microsoft die Visual Studio Tools for Office 2003 (VSTO) lanciert und damit das
Programmieren von Word und Excel auf Basis des .Net Frameworks mit Managed Code möglich gemacht. Im
Gegensatz zur bisherigen Office-Programmierumgebung VBA, die ebenfalls weiterentwickelt und auch in
künftigen Office-Versionen unterstützt wird, erschliesst VSTO Office-Entwicklern den Zugang zu allen Features
des .Net-Framework. Dazu zählen beispielsweise die .Net-Klassenbibliotheken, modernere Deployment-Verfahren
und bessere Security. Gemeinsam mit dem Release von Whidbey werden auch die Office-Werkzeuge unter der Bezeichnung Visual
Studio 2005 Tools for Office (VSTO 2005) in einer überholten Ausgabe auf den Markt kommen. Eine der
wichtigsten Neuerungen von VSTO 2005 ist die Trennung von Daten und Ansichten in Office-Dokumenten. Daten
werden zu diesem Zweck in sogenannte XML Data Islands ausgelagert und können unabhängig vom
Objektmodell der Office-Anwendung direkt aus dem Programmcode bearbeitet werden. Vereinfacht wurde auch
das Deployment von Office-Lösungen, indem Dokumente und die Komponenten mit dem kompilierten
Programmcode (Assemblies) separat gehalten werden. Die Assemblies lassen sich dann über einen zentralen
Server zur Verfügung stellen und werden, sobald der Benutzer ein Office-Dokument mit hinterlegtem Code
öffnet, automatisch auf den Client in einen Cache geladen. Das hat den Vorteil, dass Änderungen am
Programmcode nur einmal an zentraler Stelle vorgenommen werden müssen und automatisch in allen
Dokumenten auf den Client-Maschinen zur Verfügung stehen. Dank der Caching-Funktion wird dabei auch der
Offline-Betrieb gewährleistet. Über eine neue Serverkomponente wird man Office-Dokumente auch serverseitig manipulieren können, ohne
dabei eine Instanz von Word oder Excel starten zu müssen. Ein Excel-Spreadsheet kann dadurch beispielsweise
mit aktuellen Daten aus einer Datenbank abgefüllt werden, bevor es an den Benutzer ausgeliefert wird.
Microsoft hat auch die Integration zwischen Visual Studio 2005 und VSTO verbessert. So werden Word und Excel
für das Design von Dokumenten direkt in Visual Studio gehostet. Neu ist auch, dass nun alle WinForms-Controls
direkt in den Office-Dokumenten verwendet werden können. Leider beschränkt sich auch VSTO 2005 nur auf Word und Excel. Microsofts Fernziel ist es aber, auch alle übrigen
Office-Applikationen für die Programmierung mit .Net fit zu machen. Wahrscheinlich wird man bereits in Office
12, das für Longhorn geplant ist, mehr .Net-fähige Anwendungen finden.
Roadmap für Whidbey und Longhorn
Visual Studio 2005 Team System
Die erfolgreiche Durchführung von Softwareprojekten verlangt nach optimaler Teamarbeit und dem Einsatz von
modernen Methoden. Mit dem Visual Studio 2005 Team System bringt Microsoft die nun seit langem überfällige
Lösung für das Lifecycle-Management auf den Markt. Das Team System ist eine modulare, aber eng integrierbare
Lösung für das Lifecycle-Management auf den Markt. Das Team System ist eine modulare, aber eng integrierbare
Sammlung von Werkzeugen, die Bereiche wie Modeling, Code Analyzing, Testing, Change Management,
Bug-Tracking und Team-Collaboration abdeckt. Das Team System wird in verschiedenen, sich ergänzenden
Varianten verfügbar sein: • Team Architect: Die auf Architekten zugeschnittene Ausgabe umfasst verschiedene Modeling-Werkzeuge für
Service-orientiertes Systemdesign (SOA) sowie ein Modeling-Tool für das Design von Klassen. Microsoft
verzichtet bei seinen Modeling-Tools auf die Verwendung von UML (Unified Modeling Language), um – gemäss
eigenen Aussagen – die Fähigkeiten von .Net möglichst optimal abbilden zu können. Modellierungswerkzeuge für
andere, aus UML bekannte Diagrammtypen wie Use Cases oder Sequence fehlen noch. Diese will man laut
Microsoft in einer späteren Version wiederum in einer eigenen Variante nachliefern. Das Werkzeug für die
Klassenmodellierung wird auch in Visual Studio 2005 Professional enthalten sein. • Team Developer: Die Developer-Edition ist ebenfalls mit Class-Modeling ausgerüstet, umfasst zudem auch
Werkzeuge für Code Analyse und Profiling. Mit integriert wurde beispielsweise das beliebte Analyse-Werkzeug
FxCop, mit dem sich geschriebener Code auf die Einhaltung von Coding-Standards überprüfen lässt. • Team Test: Die Test-Ausgabe enthält Werkzeuge zum Durchführen von Tests. Dazu zählen Tools für Unit und
Load Testing, Test Case Management und Hilfen für manuelles Testing. • Team Foundation: Bei der Team Foundation handelt es sich um eine Reihe von serverbasierten Collaboration
Tools, die unter anderem Bereiche wie Projektverwaltung, Source Code Management, Task Management und
Reporting abdecken. Ausserdem kann für jedes Softwareprojekt eine Teamsite auf der Basis der Windows
SharePoint Services zur Verfügung gestellt werden. Für die Nutzung der Team Foundation wird mindestens eine
der drei oben genannten Versionen des Team System benötigt.
Die Longhorn-Welle
Der nächste Schub an Neuerungen bei Microsofts Entwicklungsplattformen folgt rund zwei Jahre nach dem
Whidbey-Release in Form eines vollständig überarbeiteten Windows-Betriebssystems, das derzeit unter dem
Codenamen Longhorn entwickelt wird. Microsoft plant Longhorn sowohl in einer Client- als auch in einer
Serverversion auf den Markt zu bringen. Den Client will Redmond 2006 veröffentlichen. Die Serverversion ist für
das folgende Jahr geplant.
WinFX statt .Net Framework
Spätestens nach der Lancierung von Longhorn dürfte die Marke .Net der Vergangenheit angehören. So hat
Microsoft in den letzten Monaten damit angefangen, das .Net-Kürzel von den meisten Produkten zu entfernen.
Jüngstes Beispiel ist Visual Studio 2005, das im Gegensatz zu seinem Vorgänger ohne das .Net-Suffix
auskommen muss. Damit bleibt nur noch das .Net Framework 2.0, das in den kommenden Jahren die Bezeichnung
.Net im Namen tragen wird. Paradoxerweise wird ausgerechnet Longhorn das erste Windows-Betriebssystem
sein, das zu einem grossen Teil auf .Net-Technologie beruhen wird. Der Grund: Die gute alte Win32-API soll allmählich durch das auf Managed Code basierende
WinFX-Programmiermodell abgelöst werden. Um die Rückwärtskompatibilität zu gewährleisten, wird man die
Win32-API parallel auch weiterhin nativ nutzen können. Das .Net Framework 2.0 wird quasi als Subset innerhalb
von WinFX weiter existieren, so dass für Whidbey geschriebene Windows- und Webanwendungen ohne
Anpassung auch innerhalb der Longhorn-Umgebung abgespielt werden können.
Anpassung auch innerhalb der Longhorn-Umgebung abgespielt werden können.
Die drei Longhorn-Subsysteme
Neben grundlegenden Diensten wie etwa Security, Configuration oder Deployment wird WinFX auch die drei
neuen Longhorn-Kerntechnologien Avalon (Präsentationsschicht), Indigo (Kommunikation) und WinFS
(Datenmanagement) umfassen. Genau diese drei Subsysteme sind es, die die Art und Weise, wie Windows- und
Web-Applikationen für Microsoft-Plattformen künftig konzipiert und programmiert werden, markant verändern: • WinFS: Mit WinFS, das zum Release des Longhorn-Clients nur als Beta vorliegen wird, dürfte Windows gegen
2007 endlich den universellen Datenspeicher erhalten, den Microsoft in einer ähnlichen Form unter der
Bezeichnung Object File System bereits vor mehr als 10 Jahren für Cairo (NT 4.0) versprochen hatte und bis
heute schuldig geblieben ist. WinFS basiert auf Teilen der Datenbanktechnologie des SQL Server 2005 und wird
neben besseren Suchfunktionen und dem «Anheften» von Metadaten an Dokumente auch neuartige
Möglichkeiten wie das Verknüpfen von abhängigen oder verwandten Daten (Dokumente, Personen, E-Mails,
Bilder, Videos etc.) gestatten. WinFS wird ausserdem über eine Rules Engine (Information Agents),
Synchronisation und Replikation zwischen verschiedenen Datastores sowie über eine natürliche Abfragesprache
verfügen. Es ist anzunehmen, dass künftige Versionen diverser Microsoft-Produkte wie etwa der nächste
Exchange-Server (Kodiak), Outlook oder die Windows SharePoint Services auf WinFS als Datenspeicher aufbauen
werden. • Avalon: Hinter dem Codenamen Avalon verbirgt sich das neue Programmiermodell für die Präsentationsschicht
von Longhorn. Avalon soll die Programmierung von Benutzerschnittstellen (Windows und Web), den Umgang mit
Multimedia-Daten und die neuen I/O-Technologien (Video, digitale Tinte, Spracheingabe etc.) vereinheitlichen.
Mit Avalon will Microsoft einen neuen Ansatz etablieren, wie Desktop-Applikationen künftig geschrieben werden
sollen. Dabei treiben die Redmonder das Smart-Client-Konzept konsequent weiter und versuchen, das Beste aus
den Welten der Web- und Rich-Client-Technologien unter einen Hut zu bringen. Avalon-Anwendungen werden
eine funktionsreiche Benutzerumgebung im Stil einer heutigen Windows-Applikation bieten, können aber
gleichzeitig mit Web-spezifischen Merkmalen wie Vorwärts/Rückwärts-Blättern oder Page-History aufwarten.
Zudem können Avalon-Programme wie bei den Web-Applikationen nur diejenigen Applikationsteile auf den Client
laden, die gerade benötigt werden. Benutzerschnittstellen werden in Avalon ähnlich wie bei ASP.Net deklarativ
formuliert und im Code-Behind-Verfahren mit Programmlogik ausgestattet. Die Grundlage dafür bildet die neue
XML-basierte Extensible Application Markup Language (kurz XAML), mit der etwa die Plazierung eines Controls,
das Zeichnen einer Linie oder eine Animation beschrieben werden kann. • Indigo: Indigo ist der neue Kommunikations-Stack in Longhorn und soll alle wichtigen
Kommunikationstechnologien in Longhorn unter einem gemeinsamen Dach vereinen. Dazu zählen alle
Kommunikations-Protokolle, Web-Service-Technologien, die .Net Enterprise Services, .Net Remoting und die
Message Queuing Services. Microsoft zielt mit Indigo vor allem auf den Trend hin zu Service-orientierten
Architekturen (SOA) ab und will dazu die notwendigen Basistechnologien direkt auf Betriebssystemebene
unterstützen. Indigo ist das einzige der drei Subsysteme, das es auch für bisherige Windows-Versionen geben
wird. Offiziell angekündigt ist die Unterstützung für Windows XP und Windows Server 2003. Ausserdem hat
Microsoft durchblicken lassen, dass Indigo möglicherweise bereits vor Longhorn auf den Markt kommen wird. Zeitgleich mit Longhorn wird Microsoft eine neue Version von Visual Studio (Codename Orcas) auf den Markt
bringen, die mit Support für die neuen Technologien des kommenden Betriebssystems ausgestattet ist. Orcas
wird neben vielem anderem neue Design-Tools für Avalon-Oberflächen, ein erweitertes Sicherheitsmodell und
Unterstützung für den neuen Daten-Storage WinFS bringen. Ebenfalls für die Longhorn-Ära ist das Office System
12 geplant, das die Möglichkeiten der neuen Windows-Plattform vollständig ausreizt. Microsoft will Office 12 vor
allem auch als Showcase und Motor nutzen, um die Migration auf Longhorn weiter anzukurbeln.
Express nach Whidbey und Yukon
Im Rahmen des Whidbey-Release wird Microsoft seine Entwicklungswerkzeuge erstmals in den sogenannten
Express-Versionen auf den Markt bringen. Dabei handelt es sich um abgespeckte Varianten von Visual Studio
2005, die speziell für Einsteiger, Hobby-Programmierer und Studenten gedacht sind. Ähnlich wie Borlands
Personal-Versionen werden die Express-Produkte im Preisbereich von 50 bis 100 Dollar angesiedelt sein.
Express-Ausgaben sind in Varianten für Visual Basic, C#, C++ und J# geplant und für die Entwicklung von
WinForms- und Konsolenprogrammen sowie für Klassenbibliotheken geeignet. Ausserdem wird es mit Visual
Web Dev 2005 Express eine Edition geben, die ausschliesslich für die Entwicklung von Web-Anwendungen mit
ASP.Net 2.0 gedacht ist.
SQL Server 2005 Express
Neben den Entwicklungstools wird auch der SQL Server 2005 in einer Express-Variante auf den Markt kommen.
Dabei handelt es sich um eine eingeschränkte Variante des Datenbankservers, welche die aktuelle MSDE
(Microsoft SQL Server 2000 Desktop Engine) ablösen wird. Wie MSDE wird SQL Server Express kostenlos sein
und kann mit eigenen Applikationen frei verteilt (Registrierung notwendig) werden. SQL Server Express wird nur
ein GB RAM adressieren und nur eine CPU nutzen können. Datenbanken können bis zu 4 GB umfassen (bei MSDE
waren es noch 2 GB). Erfreulich ist, dass die Workload-Beschränkung, die bei der MSDE noch vorhanden war, bei
SQL Express wegfällt. Zudem will Microsoft dem MSDE-Nachfolger eine eigene grafische Benutzeroberfläche mit
dem Namen Express Manager verpassen. Diese soll zwar nicht ganz so mächtig wie die SQL Workbench des
grossen Bruders sein, dafür aber umso besser auf die Bedürfnisse von Endusern abgestimmt werden.
Microsoft stutzt Longhorn die Hörner
Kurz vor Redaktionsschluss hat Microsoft umfassende Änderungen im Longhorn-Fahrplan angekündigt. Um den
Windows-XP-Nachfolger wie angestrebt im Jahr 2006 auf den Markt bringen zu können, wird WinFS aus dem
Feature-Set gekippt. Das neue Dateisystem wird für den Longhorn-Client zunächst nur als Betaversion zur
Verfügung stehen und ein bis zwei Jahre später nachgeliefert. Ob Longhorn Server, der 2007 verfügbar werden
soll, bereits mit WinFS ausgerüstet sein wird, ist noch unklar und wird vermutlich davon abhängen, wie Microsoft
mit der Entwicklung des neuen Datenspeichers vorankommen wird. Um weiter Zeit einsparen zu können, haben
sich die Redmonder dazu entschlossen, Longhorn nicht auf einer eigenen Codebasis, sondern auf den Code von
Windows Server 2003 mit Service Pack 1 (angekündigt für das 1. Halbjahr 2005) aufzubauen. Neu ist auch, dass Teile von WinFX, darunter Avalon und Indigo, ab 2006 auch für Windows XP und Windows
Server 2003 verfügbar werden. Dass mit WinFS eines der attraktivsten neuen Longhorn-Features fehlen wird,
schmerzt zwar, erstaunt aber nicht sonderlich. Die Pläne für den neuen Datenspeicher sind derart ambitiös, dass
sie vermutlich den Release des neuen Windows bis 2007/2008 hinausgezögert hätten. Da nun Avalon und Indio
für die bestehenden Windows-Systeme zur Verfügung stehen werden, sind zumindest diese beiden
Longhorn-Technologien für Entwickler um einiges attraktiver geworden. Diese können bereits ab 2006 von einer
breiten installierten Basis profitieren und ab diesem Zeitpunkt Applikationen mit Avalon- und Indigo-Funktionen
auf den Markt bringen.
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