archäologie des wassers - The DAI

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Archäologie Weltweit – Erster Jahrgang – Berlin, im Mai 2013 – DAI
1 • 2013
TITELTHEMA
ARCHÄOLOGIE DES WASSERS
Die technischen, kulturellen und sozialen Wirkungen eines Elements
Titelthema ab Seite 36
Abb.: LengyelToulouse Architekten auf der Grundlage eines 3D-Modells / DAI
www.dainst.org
REPORTAGE
LANDSCHAFTEN
ALLTAG ARCHÄOLOGIE
ÄGYPTEN – HERAUSFORDERUNG
GEGENWART Archäologisches Arbeiten
in Zeiten des Umbruchs
TOR ZU ANDEREN WELTEN Deutsche
und chinesische Archäologen erforschen
Gesellschaften an der Seidenstraße
SCHERBEN BRINGEN GLÜCK Wie in
Pietrele Schicht um Schicht eine antike
Gesellschaft zum Leben erweckt wird
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser,
Was ist Archäologie?
Sonderbare Frage, mögen Sie denken.
Weiß das nicht jeder? Ja und nein. Natürlich ist die Archäologie nach wie vor eine
Wissenschaft, die sich mit den Hinterlassenschaften antiker Kulturen befasst. Aber
sie tut dies heute oft auf andere Art und
mit weiter gefassten Zielen, als ihr Bild in
der Öffentlichkeit es zu zeigen scheint. Mit
Spaten und Pinsel an weit entfernten Orten auf der Suche nach alten Steinen und
Scherben zu graben, ist natürlich auch gegenwärtig noch ein Teil unserer Wissenschaft. Doch die Fragen der Archäologen
und ihre Methoden sind im Verlaufe der
Zeit immer komplexer geworden. Moderne Altertumswissenschaften arbeiten
ebenso mit naturwissenschaftlichen wie
mit sozial- und kulturwissenschaftlichen
Methoden, um Landschaften, Lebensräume und Umwelten antiker Gesellschaften
rekonstruieren zu können. Dazu kommt,
dass die Arbeit des Deutschen Archäologischen Instituts hautnah in die sozialen
und politischen Realitäten seiner Gastländer eingebunden ist.
Was ist das Deutsche Archäologische
Institut?
Das DAI ist eine der größten archäologischen Forschungseinrichtungen weltweit.
Es ist an 20 Standorten und in fast 200 Projekten überall auf der Welt mit Koopera-
PROF. DR. FRIEDERIKE FLESS
Präsidentin des Deutschen
Archäologischen Instituts
tionspartnern präsent: im Mittelmeerraum,
in den Ländern Eurasiens, in Asien, Afrika
und in Südamerika. Es dient der wissenschaftlichen Forschung – in erster Linie.
Aber ein wichtiger Teil der Arbeit des DAI
dient auch der Erschließung und Bewahrung des kulturellen Erbes in seinen Gastländern. Als Forschungseinrichtung im
Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts
ist es daher eine bedeutende Größe der
Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik
der Bundesrepublik Deutschland.
Warum ein neues archäologisches
Magazin?
Mit anderen Worten: Wir haben viel zu erzählen, und das Interesse der Öffentlichkeit an Themen der Archäologie ist eher
noch gestiegen. Grund genug für uns, ein
neues Magazin herauszubringen, das die
wissenschaftlichen Aspekte der Arbeit des
DAI ebenso beleuchtet wie ihre politischen Implikationen, seine Fähigkeit, alte
Rätsel zu lösen ebenso wie die Erkenntnisse aus der Antike für Gegenwart und Zukunft nutzbar zu machen.
Archäologie Weltweit wird drei Mal im
Jahr erscheinen. In Reportagen werden
aktuelle Bedingungen der Arbeit in unseren Gastländern geschildert – den Auftakt
macht Ägypten. Besondere QuerschnittThemen sind jeweils zu einem Titelthema
zusammengefasst – im UNESCO-Jahr des
Wassers ist die Wahl für die erste Ausgabe
naheliegend. Berichte über die Arbeiten
zum Kulturerhalt werden in einer eigenen
Rubrik wie auch an anderen Stellen der
Hefte platziert sein. Vieles andere mehr erwartet Sie in einem ganzen Kosmos archäologischer Themen – Sie brauchen nur
umzublättern.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Ihre
Prof. Dr. Friederike Fless
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 1
EDITORIAL
INHALT
4
DIE STEINMETZE VOM GÖBEKLI TEPE
Arbeiten am ältesten Heiligtum der Welt
INHALT
10
Cultural Heritage
18
ÄGYPTEN – HERAUSFORDERUNG
GEGENWART Archäologisches
Arbeiten in Zeiten des Umbruchs
16
INTERVIEW
Stephan Seidlmayer:
Pessimismus ist keine Option
26
TOR ZU ANDEREN WELTEN Deutsche und
chinesische Archäologen erforschen unbekannte
Gesellschaften an der Seidenstraße
10
REPORTAGE
Ägypten – Herausforderung Gegenwart
Landschaften
Reportage
NACHRICHTEN
18
CULTURAL HERITAGE
Die Steinmetze vom Göbekli Tepe
24
STANDPUNKT
Archäologie und Kulturerhalt
26
LANDSCHAFTEN
Die Seidenstraße: Das Tor zu anderen Welten
34
DAS OBJEKT
Dichter, Flussgott und Schwarzes Meer
36
Titel
Archäologie des Wassers
ARCHÄOLOGIE DES WASSERS
Die technischen, kulturellen und sozialen Wirkungen eines Elements
36
Vor 5000 Jahren
wird zum ersten Mal
Wein angebaut, vor
5000 Jahren entsteht
die erste Stadt.
40
Marib und Tayma:
Weihrauch, Wasser, Wirtschaft
46
Rom und Córdoba:
Wasserluxus in der Antike
52
Dahschur und Nasca:
Fraktale und Klimarituale
60
IM PORTRÄT
60
Iris Gerlach
61
Friedrich Lüth
62
ALLTAG ARCHÄOLOGIE
Scherben bringen Glück: Die Arbeiten in Pietrele
66
Alltag
Archäologie
62
TITELTHEMA
Panorama
SCHERBEN BRINGEN GLÜCK Wie in Pietrele
Schicht um Schicht eine antike Gesellschaft zum
Leben erweckt wird
68
STANDORT
Die Römisch-Germanische Kommission:
Spuren der Jahrtausende
68
PANORAMA
Der erste Wein – Ergebnisse der Archäobotanik
Die erste Stadt – 5000 Megacity Uruk
72
IMPRESSUM, VORSCHAU
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 3
NACHRICHTEN
HINKELARCHIV
Hinkel-Archiv als
Grundlage der
Kooperation zwischen
DAI und QSAP
Friedrich W. Hinkel kannte den Sudan wie
kaum ein anderer. Unermüdlich sammelte
der Bauforscher und Architekt Materialien
über archäologische Plätze und Architektur-Denkmäler des afrikanischen Landes
mit seiner überaus reichen Kulturgeschichte.
IZMIR
MEHR ALS VIERZIG JAHRE arbeitete Friedrich W. Hinkel zu den antiken Kulturen des
Sudan, lange Zeit auch im Auftrag der Sudanesischen Altertümerverwaltung. Seine
Arbeiten zur meroitischen Kultur sind Grundlagenwerke, sein Einsatz zum Erhalt der
Denkmäler – zuletzt an den Pyramiden von Meroë – ist herausragend. Ein wissenschaftlicher Ertrag seiner Arbeiten mündete in der von ihm gegründeten Reihe
„The Archaeological Map of the Sudan“, deren erster Band 1977 erschien, Kataloge und
Supplemente folgten, weitere Bände sind in Arbeit.
Foto: Wolf
2007 starb Friedrich W. Hinkel und hinterließ ein umfangreiches Archiv zur Archäologie und Baugeschichte des antiken Sudan, das 2009 dem Deutschen Archäologischen Institut von Hinkels Erben übertragen wurde mit der Auflage, es zu erschließen und weiteren Forschungen zugänglich zu machen.
Dieses Archiv war Anlass für den Besuch einer Delegation des Qatar-Sudan
Die PYRAMIDEN von Meroë liegen rund
200 Kilometer nordöstlich von Khartoum.
Auf drei Gräberfeldern lassen sich um
die 140 Pyramiden identifizieren, die
für das kuschitische Königshaus und
hohe Beamte errichtet wurden. Sie
wurden meist aus Stein gebaut und
sind teilweise bis zu 30 Meter hoch. Die
Süd- und die Nordnekropole sind unter
anderem als Königsfriedhöfe in der Zeit
vom 3. Jh. v. Chr. bis ins 4. Jh. n. Chr.
genutzt worden. Foto: Wolf
4 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Archaeological Project (QSAP) in der Berliner Zentrale des Deutschen Archäologischen Instituts. Das Projekt, das von der
Qatar Museums Authority finanziert werden, hat das Ziel, Veröffentlichungen, archäologische Feldarbeit und Forschungen
im Nordsudan zu fördern. Ein wichtiges
Augenmerk liegt dabei auf Fragen des Kulturerhalts, der Konservierung und der touristischen Präsentation der Fundstätten.
Die Erschließung des Hinkel-Archivs ist ein
wichtiger Baustein der Arbeiten, insbesondere im Hinblick auf den Bestandserhalt der Pyramiden von Meroë. Auch bei
den anderen Projekten des DAI im Sudan,
in Hamadab und an den Royal Baths von
Meroë, konnte eine Zusammenarbeit verabredet werden. Dank der Aufnahme in
das Projekt können sie ihre Forschungsvorhaben und Konservierungsmaßnahmen zukünftig weiterentwickeln.
Pläne für ein
deutsch-türkisches
Archäologiezentrum
Die ROYAL BATHS VON MEROË sind
ein herausragendes Zeugnis für den
Kulturtransfer zwischen dem im Mittleren Niltal herrschenden Königreich von
Kusch sowie Ägypten und dem Mittelmeerraum. Die Anlage mit einem großen
Wasserbecken wurde in unmittelbarer
Nähe zweier Paläste errichtet. Ein aufwändiges Ausstattungsprogramm zeigt
den Einfluss der mediterranen Kulturen,
wie in der Darstellung des Musikers mit
Panflöte. Das DAI-Projekt wird in Zusammenarbeit mit der National Corporation
for Antiquities and Museums in Khartoum durchgeführt.
Das Gebäude des ehemaligen Generalkonsulats in Izmir wurde über 80 Jahre
lang als berufskonsularische Vertretung
genutzt und ist damit ein bedeutendes
Denkmal der Geschichte der türkischen
Stadt. Nun stellt sich die Frage nach einer
angemessenen Art neuer Nutzung des repräsentativen Gebäudes. Der türkische
Kulturminister schlug bereits 2011 vor,
dass es Ort eines deutsch-türkischen Archäologiezentrums werden könnte. Das
Auswärtige Amt hat daher die Abteilung
Istanbul des Deutschen Archäologischen
Instituts damit beauftragt, Untersuchungen zur Geschichte des Gebäudes und zu
seinem baulichen Zustand durchzuführen. „Diese Arbeiten sollen als Grundlage
einer Umnutzungsplanung dienen, die
auch ein deutsch-türkisches Archäologiezentrum umfassen könnte“, erklärt Martin
Bachmann, stellvertretender Leiter der
Abteilung Istanbul des DAI.
Foto: Onasch
DIE ABTEILUNG ISTANBUL hat zum Projekt eine
Broschüre herausgegeben.
Das Gebäude des ehemaligen deutschen
Generalkonsulats liegt in äußerst prominenter Lage am Kordon, der traditionellen
Flaniermeile und ersten Adresse in Izmir.
Um 1890 wurde es als vornehmes Stadtpalais für den wohlhabenden levantinischen
Geschäftsmann Elzéar Guiffray errichtet.
Das Patrizierhaus ist in den reichen Formen
des ostmediterran geprägten Historismus
gehalten und reihte sich so ebenbürtig in
den Kordon ein, der als Prachtstraße ein
Schaufenster Izmirs zum Meer war.
Bis zum heutigen Tage hat Izmir gravierende städtebauliche Veränderungen erfahren, die insgesamt zur Folge haben, dass
das Gebäude des ehemaligen Generalkonsulats zusammen mit dem griechischen Konsulat das letzte zusammenhängende Ensemble historischer Bebauung
am Kordon bildet, was – über den eigentlichen Gebäudebestand hinaus – seine kulturgeschichtliche Bedeutung ausmacht.
UMNUTZUNG Das Dokumentations- und
Umnutzungsprojekt fand unter der Leitung von
Martin Bachmann statt. Die Bauaufnahme
wurde von den Studierenden des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) Steffen Dengler,
Ulrich Graf und Bertram Künste unter der
Leitung von Dorothea Roos erstellt. Ulrich Graf
arbeitete die Pläne aus, Steffen Dengler
zeichnet für die 3D-Modelle und den Umnutzungsvorschlag verantwortlich.
EIN PRACHTBAU am Kordon, der ersten
Adresse Izmirs
Ein deutsch-türkisches Archäologiezentrum wäre eine hervorragende Plattform
kultureller und wissenschaftlicher Zusammenarbeit beider Länder. „Darüber hinaus
wäre es ein ideales Schaufenster der zahlreichen bedeutenden Ausgrabungen im
Großraum Izmir wie zum Beispiel in Pergamon oder Milet“, sagt Felix Pirson, Leiter
der Abteilung Istanbul des DAI. Außer
Ausstellungsflächen bliebe auch Platz für
Vortragsräume und eine kleine Fachbibliothek.“
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 5
Foto: DAI Orient-Abteilung, Schmidt
NACHRICHTEN
DIE PORTA NIGRA, das 1800 Jahre alte Wahrzeichen der Stadt Trier, muss
saniert werden. Das Architekturreferat des DAI führt im Auftrag des LBB
Rheinland Pfalz die Bauforschung durch.
Fotos: Wulf-Rheidt
PORTA NIGRA
DAI-Bauforschung
arbeitet für den Erhalt
der Porta Nigra
Auf den ersten Blick sieht die Porta Nigra
in Trier nicht aus wie etwas, das bröckeln
könnte. Sie erscheint zwar ein wenig unfertig, weil sie in der Antike wahrscheinlich
nie ganz vollendet wurde, aber immerhin
vermitteln die bis zu sechs Tonnen schweren Steinquader, aus denen sie errichtet
ist, einen Eindruck von Unverwüstlichkeit.
Und tatsächlich gilt das 1800 Jahre alte
stämmige Bauwerk als das am besten erhaltene römische Stadttor nördlich der
Alpen. Doch nun „bröckelt“ das Tor, wie
lokale Trierer Medien im Herbst letzten
Jahres meldeten. Es musste etwas getan
werden. Zunächst einmal wurde das Tor
neu vermessen.
Die Basis für alles Weitere ist die Bauforschung, für die das Architekturreferat des
Deutschen Archäologischen Instituts verantwortlich ist. „Ende 2014 ist jeder Stein
der Porta dokumentiert“, sagt Referatsleiterin Ulrike Wulf-Rheidt. „Tatsächlich ist
über das berühmte Bauwerk recht wenig
bekannt“, fügt sie hinzu. Also dienen die
Arbeiten an der Porta Nigra, die in Kooperation mit der Hochschule RheinMain
(Prof. Dr.-Ing. Corinna Rohn) durchgeführt
werden, der Analyse und Beschreibung aller Bauphasen von der Antike bis zur Ge-
6 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
genwart. Diese umfasst – was viele nicht
wissen – auch die 750 Jahre währende
Nutzung als Kirche. Zum ersten Mal bietet
die detaillierte Bauaufnahme nun eine
verlässliche Basis für eine archäologische,
bauforscherische und kunstgeschichtliche Untersuchung der Gesamtanlage. Dabei soll auch der Frage nachgegangen
werden, ob die Porta Nigra in der Antike
wirklich unfertig blieb und wenn ja, wie
sie hätte aussehen sollen.
Die Arbeiten an der Porta Nigra werden
in Kooperation mit der Hochschule
RheinMain, hier im Bild Prof. Dr.-Ing.
Corinna Rohn, durchgeführt.
Den Namen „Schwarzes Tor“ trägt die Porta nicht zu Unrecht. Die Färbung entstand
durch die Verwitterung des Kordeler Sandsteins, aus dem sie gebaut ist. Im Laufe der
Zeit haben die Umwelteinflüsse mehr als
nur Farbspuren an dem eigentlich sehr
haltbaren Stein hinterlassen. Es gibt Schäden von Abschuppungen, schwarze Verkrustungen, Risse, Brüche und Ablösungen am Quadermauerwerk.
Wenn die ersten Arbeiten abgeschlossen
sind, wird 2014 ein Konzept zur Sanierung
erstellt, bevor die eigentlichen Arbeiten
2015 beginnen können. Dann wird das
Wahrzeichen der Stadt Trier wohl für 10
bis 15 Jahre abschnittsweise hinter einem
Gerüst verborgen sein.
EINZELNE FUNDE KÖNNEN RÄTSELHAFT SEIN,
wenn man sie nicht in ihrem Kontext sieht …
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 7
BÜCHER
keit, Aspekte von Arbeitswelt und Wirtschaft, ihre Möglichkeiten Identifikation
zu schaffen bis hin zu dem Kapitel Archäologie und Neue Medien. Bestellungen an
[email protected]
Die Reihe „Me
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DAI
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ULRIKE EHMIG – RUDOLF HAENSCH
Die Lateinischen Inschriften aus
Albanien (LIA)
Das heutige Albanien war in der Antike
eine Kontaktzone zwischen den Kulturen.
Schon im Hellenismus existierten hier griechische Stadtstaaten, hellenistische Königreiche und indigene Stammesgesellschaften. Noch stärker wurde die Region in der
Römischen Kaiserzeit zu einer Übergangszone; das Gebiet gehörte zu drei römischen
Provinzen: Dalmatia, Macedonia und Epirus. Die bis heute bekannt gewordenen
302 lateinischen Inschriften aus Albanien
werden in diesem Band in Neulesungen
vorgelegt, unter kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten kommentiert und über umfangreiche Indices erschlossen. Verlag Dr.
Rudolf Habelt GmbH
NINA SCHÜCKER (HRSG.)
Integrating Archaeology
Die von der Römisch-Germanischen Kommission im Rahmen des Projekts „Archaeology in Contemporary Europe“ organisierte
Konferenz„Integrating Archaeology. Wissenschaft – Wunsch – Wirklichkeit“ beschäftigte sich mit der gesellschaftlichen Rolle
sowie mit den Möglichkeiten und Chancen
der Altertumswissenschaften. Der aktuelle Band enthält Beiträge zur Rolle der Archäologie in Gesellschaft und Öffentlich-
8 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
FLORIAN KLIMSCHA, RICARDO
EICHMANN, CHRISTOF SCHULER UND
HENNING FAHLBUSCH (HRSG.)
Forschungscluster 2: Wasserwirtschaftliche Innovationen im archäologischen
Kontext: Von den prähistorischen Anfängen bis zu den Metropolen der Antike.
Der Band präsentiert erste Ergebnisse des
DAI Forschungsclusters „Innovationen:
technisch, sozial”, der sich seit 2006 den
Themen Wasserwirtschaft und Metallurgie widmet. Die lebensnotwendige Ressource Wasser stellt in allen Phasen der
Menschheitsgeschichte einen wichtigen
Faktor dar, ihre technische Erschließung
beginnt mit den frühesten Ansätzen zu
komplexen Siedlungsformen und Gemeinschaftsformen. Dabei ist die Nutzung von
Grundwasser über Brunnen die größte
Konstante und Erfolgsgeschichte. Die ersten Beiträge zeigen einfachere Formen
der Wasserwirtschaft, die dem Brunnenbau
vorausgehen. (siehe Titelthema ab S. 36)
GUNNAR BRANDS, MARTIN
MAISCHBERGER (HRSG.)
Forschungscluster 5, Band 2: Lebensbilder. Klassische Archäologen und der
Nationalsozialismus.
Die Beiträge untersuchen das Leben bekannter deutscher und italienischer Klassi-
scher Archäologen des 20. Jahrhunderts.
Die Lebensbilder sind nicht auf die 12 Jahre der NS-Diktatur bzw. die 21 Jahre des
italienischen Faschismus beschränkt, sondern liefern jeweils ganzheitliche Lebensbeschreibungen, die es ermöglichen, Kontinuitäten, Brüche und Entwicklungen
langer Lebenswege zu würdigen. VML
Verlag Marie Leidorf GmbH, Rahden/Westfalen
ALBERT DISTELRATH
Siedeln und Wohnen in einer Ruinenstätte. Ein denkmalpflegerisches Konzept für Herakleia am Latmos / Yerleşim
ve Yaşam Alanı olarak Ören, YeriHerakleia (Latmos) için bir Koruma Konsepti
MIRAS, Band 1
Erforschung und Schutz archäologischer
Stätten sind untrennbar miteinander verbunden. Häufig stehen die archäologischen
Unternehmungen jedoch hinsichtlich der
Erhaltung und Sicherung der antiken Monumente vor Aufgaben, die ihre Möglichkeiten und Kompetenzen überschreiten.
Erfahrungen von verschiedenen Orten
und eine breite Kenntnis von Fallbeispielen sind daher wichtige Voraussetzungen
für eine angemessen auf die Besonderheiten einer archäologischen Stätte reagierende Konzeptfindung. Das Deutsche Archäologische Institut Abteilung Istanbul
hat sich vor diesem Hintergrund entschlossen, eine neue Publikationsreihe mit dem
Namen MIRAS (Management, Instandsetzung und Restaurierung an Archäologischen Stätten in der Türkei) zu eröffnen, in
der solche Fallbeispiele in loser Folge vorgelegt werden sollen.
IKUWA3: Beyond Boundaries. The 3rd International Congress on Underwater
Archaeology, Reihe: Kolloquien zur Vorund Frühgeschichte, Band 17, J. Henderson (Hrsg.)
Veröffentlichung von Kolloquien zu speziellen Themen der Archäologie des gesamten eurasischen Raumes Verlag Dr. Rudolf
Habelt GmbH
… wie diese Tierfigur in einem 12.000 Jahre alten Heiligtum in der Türkei
HIER FANDEN die Archäologen die Abbildungen von Kranichen und anderen Tieren, die noch viele Rätsel aufgeben. Auf dem Hügel „Göbekli Tepe“,
der weit über die Landschaft hinausragt, schufen Menschen, die Jäger und Sammler waren, in 20 Kreisanlagen ein Heiligtum. Die Pfeiler waren bis zu
5,5 Meter hoch. Sie hatten ein Gewicht von bis zu 10 Tonnen und waren ohne Metallwerkzeuge aus monumental gearbeiteten Werksteinen von
unglaublicher Präzision errichtet. Um das einzigartige Zeugnis menschlicher kultureller Entwicklung angemessen dokumentieren, sensibel erforschen
und schützen zu können, entwickelt die Orient-Abteilung des DAI zusammen mit türkischen Partnern und Spezialisten der Universität Cottbus und
des Global Heritage Fund ein systematisches Site Management. (Siehe auch „Die Steinmetze vom Göbekli Tepe“, Seite 18) Foto: DAI Orient-Abt., Schmidt
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 9
REPORTAGE
KNICKPYRAMIDE
Unbeeindruckt von aktuellen Umbrüchen ragt die Knickpyramide, das pharaonische Pilotprojekt, aus dem Wüstensand. Wegen unvorher-
ÄGYPTEN –
HERAUSFORDERUNG GEGENWART
Archäologisches Arbeiten in Zeiten des Umbruchs
10 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
sehbarer Instabilitäten des Baugrundes musste ihre Form während der Arbeiten angepasst werden. Foto: DAI Kairo
Dahschur ist ein kleines Dorf ca. 30 Kilometer südlich von Kairo,
das in den Morgenstunden verschlafen und ruhig wirkt. Der
sprichwörtliche Esel döst am Straßenrand, und die Händler packen gemächlich ihre Waren aus. Der kleine Flecken hat einer der
großen archäologischen Stätten Ägyptens und zugleich einem
bedeutenden Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts
den Namen gegeben. Dahschur, das sind „Knickpyramide“ und
„Rote Pyramide“, pharaonische Pilotprojekte aus dem Alten Reich,
als zur Zeit Snofrus, Vater des berühmteren Cheops, 2600 v. Chr.
das Konzept Pyramide mitsamt der umliegenden Infrastruktur erfunden wurde.
Später am Tag wird das ruhige Dorf zum Hexenkessel. Ohne die
gebieterische, doch unparteiische Autorität einer Ampel scheinen
sämtliche Fahrzeuge des Dorfes, seien sie motorgetrieben oder
nicht, gleichzeitig auf einen einzigen Punkt zuzustreben: die einzige Kreuzung in der Mitte des Dorfes. Hoffnungslos ineinander
verkeilt stehen sie da, die LKW, die Limousinen, die Geländewagen und Eselskarren. Es hupt ununterbrochen, und wer glaubt,
sich aus seinem Gefährt heraus nicht verständlich machen zu können, steigt eben aus und diskutiert auf der Straße weiter. Wie Mörtel schieben sich Fahrräder, Mopeds und dreirädrige Kleintaxis in
die letzten offenen Fugen und verschließen sie endgültig. Dann
kommen die Männer des Dorfes und beginnen, den Verkehr zu
regeln, was endgültig den totalen Stillstand zur Folge hat.
NORMALITÄT ALS AUFGABE
In den unübersichtlichen Zeiten, in denen Ägypten ein Land im
Dauerumbruch ist und äußere Strukturen erodieren können,
steht Archäologie nicht auf Platz eins der Tagesordnung. „Es gibt
keine Alternative dazu, Normalität aufrecht zu erhalten, so gut
es möglich ist“, sagt Stephan Seidlmayer, Direktor der Abteilung
Kairo des DAI. Das tut auch die ägyptische Antikenbehörde, so
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 11
POPULÄRER KONSENS
Raubgrabungen sind ein drängendes Problem an den meisten
der archäologischen Stätten Ägyptens, ein Problem, das im Moment eher wächst. Es gibt einen internationalen Markt für gestohlene Artfakte – je älter, desto teurer. Die Behörden sind nicht immer so auf dem Posten, wie es hilfreich wäre, und der Archäologe
befürchtet, dass der Mangel an Sorge für das kulturelle Erbe eine
eigene Routine gewinnt.
„Für die archäologische Arbeit braucht man einen populären Konsens“, sagt Seidlmayer. Das heißt, dass man die lokale Bevölkerung
einbinden muss, um etwas zu schützen, ohne das Ägypten nicht
auskommt: seine 5000 Jahre alte Geschichte. Und nicht nur zum
Vergnügen von Touristen auf der Suche nach Bildungserlebnis
oder romantischer Verzauberung, sondern vor allem für sich
selbst. „Ohne die Verankerung in seiner Geschichte kann das Land
sich nicht in der Gegenwart orientieren“, weiß Seidlmayer, der seit
über 40 Jahren in Ägypten arbeitet.
REPORTAGE
gut sie kann. Sie schickt Inspektoren, erteilt Konzessionen, was
Behörden eben so tun. „Normalität“ bedeutet hier aber keineswegs die Gegenveranstaltung zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, wie sie laufend in den deutschen Medien konstruiert werden, in Berichten, die geflissentlich den ganz normalen Alltag in
Kairo ausblenden, der ohne Frage derzeit eine bedrängende
Realität ist. „Wenn es Auseinandersetzungen im Stadtzentrum
gibt, sehen wir das genauso im Fernsehen wie Sie“, sagt Seidlmayer. Die einseitige Berichterstattung der heimischen Medien
betrachten nicht nur die Wissenschaftler und Diplomaten vor
Ort als eine Art Nachtreten gegen jemanden, der sowieso schon
Schwierigkeiten genug hat.
Gut 900 Kilometer südlich von Kairo, in Assuan, gelang es schon
einmal, diesen notwendigen Konsens zu schaffen. Die Stadt
wächst rapide, ihre Bewohner brauchen Wohnraum und Infrastruktur – auch auf Kosten archäologischer Grabungen und Fundstätten. Erste Siedlungsspuren reichen 5.500 Jahre zurück, der
Platz ist hier an der Grenze zu Nubien wichtig, um die frühesten
Handelsbeziehungen zwischen Mittelmeer und Afrika nachvollziehen zu können – Gold, Elfenbein, Edelhölzer und Straußenfedern waren die verhandelten Güter.
Ein Flyer in arabischer Sprache informiert die Bewohner von Assuan
über die Arbeiten des Instituts. „Wir übersetzen außerdem wichtige
Inschriften ins Arabische und erklären spektakuläre Ruinen –
durchaus auch mit dem Ziel, dies alles in die touristischen Wertschöpfungsketten einzubinden“, erklärt Seidlmayer. Hat es funktioniert? „Die Faltblätter wurden uns aus der Hand gerissen.“ Zwar
ist auch Assuan von Raubgrabungen und Plünderungen betroffen, aber inzwischen ist bei der anwohnenden Bevölkerung ein
Bewusstsein dafür entstanden, warum sie ihre Altertümer schützen sollte, ein Bewusstsein, das bei den ins Ausland orientierten
Eliten Ägyptens häufig auch erst noch geschaffen werden muss.
KOOPERATIONEN
Ägyptische Mitarbeiter des DAI Kairo am Grabungsplatz.
I STAU Mittags, wenn das Dorf Dahschur zum Hexenkessel wird,
streben sämtliche Fahrzeuge gleichzeitig auf einen einzigen Punkt
zu und verkeilen sich hoffnungslos ineinander.
dung der Pyramide aber nicht von hier stammen kann“, erklärt
Nicole Alexanian. „Wie ist es also hierhergekommen?“ „Übers Wasser?“ – „Ja, übers Wasser.“
II VERHÖKERT Grabräuber suchen die meisten der archäologischen Stätten Ägyptens heim und verkaufen das Diebesgut auf
einem florierenden internationalen Markt. Foto: DAI Kairo
Es ist nicht viel los am archäologischen Platz Dahschur mit seinen
drei Grabungen, die das DAI dort durchführt. Besucher sind so rar,
dass sich die Touristenkamelführer sofort in drei Sprachen auf jeden stürzen, der vorbeikommt. Doch sie machen nicht im entferntesten das Geschäft ihrer Kollegen in Gizeh mit Cheops-, Chephren- und Mykerinospyramide in normalen Zeiten. Die Leere in
Dahschur hat aber auch einen anderen Grund. Noch bis 1997 war
Dahschur militärisches Sperrgebiet, und die pathetische Atmosphäre, die sich in der Nähe einer Pyramide und in Sichtweite der
nächsten einstellt, ist überlagert von langen Sperrzäunen und patroullierenden Soldaten, die zum Stützpunkt gehören, der nach
wie vor hier seinen Standort hat.
III MITSPRACHE „Für die archäologische Arbeit braucht man
einen populären Konsens.“ – Befragung in Assuan. Foto: DAI Kairo
I
II
III
GESCHICHTSSTUNDE IN DAHSCHUR
kulturweit
„Ich habe mich schon immer für alte Bauwerke interessiert“, sagt Yasmin Katzer, Kunsthistorikerin und
Yasmin Katzer
Denkmalpflegerin, die gerade das Bachelor-Studium an der Otto-Friedrich Universität Bamberg abgeschlossen hat. Das Programm „kulturweit“, durchgeführt von der Deutschen UNESCO-Kommission und gefördert
vom Auswärtigen Amt, führte sie nach Kairo ans DAI. Von Mitte März bis Mitte August 2013 wird sie im
Institut arbeiten, unterstützt die Verwaltung bei der Organsiation, fährt mit zu den Grabungen und
übernimmt Aufgaben in der Redaktion. Ihr eigenes Projekt, das sie im Rahmen des kulturweit-Programms
durchführen muss, ist angeschlossen an ein DAI-Projekt, das gemeinsam mit der Deutschen Schule in Kairo
organisiert wird. Darin werden Ideen entwickelt, wie man altägyptische Themen in den Unterricht einbauen
kann. Die Liebe zur Region hat sie im Elternhaus mitbekommen, und inzwischen lernt sie Arabisch. „Man
lernt hier aber auch viel über sich selbst und die anderen Europäer“, hat sie festgestellt. Der Einsatz in den
DAI-Einrichtungen im Rahmen des kulturweit-Programms dauert sechs Monate. Zu den Einsatzfeldern
gehören Grabungen in den Gastländern sowie die Aufbereitung, Publikation und Präsentation archäologischer Facharchive oder auch Bibliotheks-, Archiv- und Öffentlichkeitsarbeit.
12 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
www.kulturweit.de
Foto: DAI Kairo
Die Archäologin Nicole Alexanian, Grabungsleiterin in Dahschur,
führt eine Schulklasse zu den Pyramiden. Auf dem Programm stehen die Knickpyramide und die Rote Pyramide, die zugehörigen
Tempel und die umgebende Landschaft insgesamt. Die 12- bis
13-jährigen Mädchen besuchen die „Deutsche Schule der Borromäerinnen“ in Kairo. Sie entstammen zum größten Teil der
ägyptischen oberen Mittelschicht und der Oberschicht und erfüllen den Ehrgeiz ihrer Familien, den Wohlstand durch beste Bildung und Ausbildung zu erhalten. In geläufigem Deutsch beantworten sie die Fragen der Archäologin nach der Ursache für den
Knick und die Risse in der Pyramide: „Der Untergrund war instabil“,
antworten sie richtig, und dass die Steine für den Kern des riesigen Bauwerks aus der Nähe stammen müssen, schließen sie aus
wenigen Hinweisen. „Wir wissen, dass das Material für die Verklei-
Derzeit haben die DAI-Archäologen aber mit einem sehr zivilen
Problem zu kämpfen. Auf dem Gelände der 4600 Jahre alten Nekropole entstand fast über Nacht ein moderner Friedhof der Bewohner
des Dorfes Dahschur. „Die Leute wissen zwar, dass es ein archäologischer Platz ist“, sagt Stephan Seidlmayer. „Aber man sieht auf der
Erde nicht unbedingt, was darunter liegt.“ Rückgängig machen
kann man es wohl nicht, aber man kann womöglich eine Ausweitung verhindern – mit dem Assuan-Effekt: „Wir haben schon begonnen, mit den Leuten im Dorf und mit dem Bürgermeister zu
reden, um für die Anwohner eine Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu vermitteln, die sie vielleicht einlenken
lässt“, erzählt Nicole Alexanian. Wenn es wenigstens auch gut fürs
Geschäft wäre, wenn mehr Touristen kämen, wäre es leichter.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 13
REPORTAGE
DAS DEUTSCHE ARCHÄOLOGISCHE INSTITUT
IN KAIRO
Den institutionellen Anfang deutscher Archäologie in
Ägypten machte 1907 das Deutsche Institut für Ägyptische
Altertumskunde, das 1929 dem Deutschen Archäologischen Institut angegliedert wurde. Seit 1957 ist die
Abteilung in einer 30er-Jahre-Villa im Stadtteil Zamalek
Der Ägyptologe
Prof. Dr. Stephan Seidlmayer
ist seit 2009 Direktor der
Abteilung Kairo des Deutschen
Archäologischen Instituts.
untergebracht. In Kooperation mit der ägyptischen Antikenverwaltung und internationalen Partnern erforschen die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DAI Kairo alle Epochen
Ägyptens von der Vorgeschichte bis zur Moderne, seine
Siedlungs- und Landschaftsgeschichte, die Gestaltung und
REISELUST
Die Bibliothek des Instituts besitzt
eine exquisite Sondersammlung
Funktion ritueller Räume und seiner Lebenswelten. Eine
Reiseliteratur. Eine neue Buchreihe
richtet sich an einen zunehmend
wichtige Rolle spielt auch die Erforschung der Rezeption
des Alten Ägypten und ihre Bedeutung für die Identitätsbildung in Ägypten und Europa. Die zweitgrößte archäologi-
größer werdenden Leserkreis, der an
der Forschungs- und Wissenschafts-
sche Fachbibliothek Ägyptens, Archive und eine eigene
geschichte in orientalischen Ländern
interessiert ist. Zugleich wird damit
auch das umfangreiche Archivmate-
Publikationsabteilung machen das Institut zu einem
attraktiven Anlaufpunkt nicht nur der Fachöffentlichkeit.
Regelmäßig veranstaltete Tagungen und öffentliche
rial des Instituts in Kairo zugänglich
gemacht.
Vorträge haben ein großes Publikum, und durch die
Vergabe von Stipendien und die Durchführung von
Lehrveranstaltungen unterstützt es die Qualifikation
Heike C. Schmidt, Westcar on the Nile –
A journey through Egypt in the 1820s,
240 Seiten, 140 Farbabbildungen,
ISBN 978-3-89500-852-8, Reichert Verlag
Wiesbaden, 2011, 49,− Euro
ägyptischer Wissenschaftler und fördert in seinen Projekten
und bei seinen Veranstaltungen Kontakte und Austausch
zwischen ägyptischen und deutschen Forschern.
Am Fuß der Knickpyramide – Aneignung der eigenen Geschichte.
ÄGYPTOLOGIE UND TOURISMUS
Wer mit einem mitteleuropäischen Bildungspaket groß geworden
ist, in dem eine latente Ägyptomanie immer noch fester Bestandteil ist, mag sich wundern über diese Art irdischer Probleme. Gespeist wird dieser Blick auf das Land am Nil aber nicht allein durch
die romantische Anverwandlung, sondern auch durch eine bestimmte Art der Wissenschaft zu Ägypten. „Es ist eine Ägyptologie,
die nicht in Ägypten stattfindet“, weiß Stephan Seidlmayer. Eine
Ägyptologie, die kein Arabisch spricht oder liest, weil sie das alte
Ägypten für etwas Abgeschlossenes hält, das nicht das Geringste
mit der Gegenwart zu tun haben könnte. Man hatte die Hieroglyphen entziffert, die Gräber geöffnet, die Funde sortiert und sich
anschließend in die Bibliothek zurückgezogen. Das DAI Kairo ist
seit 106 Jahren vor Ort. Wer hier arbeitet, hat – eingebettet in den
ägyptischen Alltag – gar keine Chance, den irdischen Problemen
zu entgehen. „Es ist deshalb auch völlig unabdingbar, vor allem
jetzt weiterzumachen und die andere Normalität zu repräsentieren“, sagt Seidlmayer. Die Normalität, in der der Kulturgüterschutz wichtig ist und die darauf hinweist, wie wenig ein Land wie
Ägypten sich ohne seine 5000 Jahre Geschichte in der Gegenwart
orientieren kann. „Pessimismus ist keine Option“, ist Stephan
Seidlmayer überzeugt, auch wenn es manchmal anstrengend ist.
Diese Botschaft vermittelt er auch dem Ausschuss für Tourismus
des Deutschen Bundestages, der zu Besuch in Kairo ist. Tourismus
ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Ägypten und machte vor der Revolution 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus.
14 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
I GESCHICHTSSTUNDE Nicole Alexanian erklärt
Schülerinnen der Deutschen Schule der Borromäerinnen Anlässe und Grundzüge des Pyramidenbaus – als
einen Teil ihrer eigenen Geschichte.
II WARTEN AUF KUNDSCHAFT Der Einbruch des
Tourismus in Ägypten bringt zahllose Menschen um
Lohn und Brot. Die einseitige Berichterstattung der
hiesigen Medien tut ein Übriges, die Schwierigkeiten
noch zu verstärken.
III DAS DAI KAIRO IST in einer Villa aus den
30er-Jahren im Stadtteil Zamalek untergebracht.
I
Der Einbruch ist besonders dramatisch in Zeiten, in denen die
ägyptische Wirtschaft insgesamt schlingert. „Wir können als Wissenschaftler Perspektiven auf kulturellem Gebiet geben“, erklärt
der Archäologe den Abgeordneten. „Und wir können in einem
breit angelegten Erfahrungsaustausch zu Fragen wie Site Management, Kulturgüterschutz und der Vermittlung der touristisch
wichtigen Plätze an die lokale Bevölkerung unsere Expertise bündeln.“ Wie ernst das Thema in Ägypten genommen wird, zeigt die
II
Tatsache, dass der Ausschuss von Premierminister Hescham Kandil empfangen wurde. Der Ausschuss-Vorsitzende, Klaus Brähmig,
zeigt Gespür für die Lage. Er stammt aus Sachsen und gehört einer Generation an, die einen Umbruch erlebt hat, der das Unterste
zu oberst gekehrt hat und die weiß, dass Umbrüche dieser Art
langwierig und anstrengend sind und manchmal auch schmerzhaft sein können. „Diese Signale sind mehr als positiv aufgenommen worden“, weiß Stephan Seidlmayer. „Zum einen, dass Abge-
III
ordnete des deutschen Parlaments zu dieser Zeit nach Ägypten
kommen und dass zum anderen freimütig vermittelt wurde, dass
auch die hoch angesehenen supereffizienten Deutschen auf manchen Feldern mit Problemen zu kämpfen haben.“
Im Dorf Dahschur löst sich nach einiger Zeit der Knoten ganz von
allein, und man fragt sich verdutzt, was genau eigentlich die Ursache für den Stau war.
sw
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 15
INTERVIEW
PESSIMISMUS
IST KEINE
OPTION
nagement archäologischer Plätze bis hin
zur Entwicklung touristischer Besuchskonzepte für einige der großen Denkmälerstätten. Sie wissen, dass der Tourismus
normalerweise einer der stärksten Wirtschaftszweige des Landes ist und nun völlig darniederliegt. Ein wichtiges Projekt ist
auch die Renovierung und der Ausbau des
Museums auf der Nilinsel Elephantine in
der Nähe von Assuan im Süden Ägyptens.
INTERVIEW MIT STEPHAN SEIDLMAYER
ÜBER ARCHÄOLOGISCHES ARBEITEN
IM HEUTIGEN ÄGYPTEN
Als das Auswärtige Amt 2011 die Transformationspartnerschaft mit Ägypten
ins Leben rief, war dies getragen von
einer fast euphorischen Freude über
die Entwicklungen in einigen Ländern
Nordafrikas und des Nahen Ostens. Hat
man sich zu früh gefreut?
Stephan Seidlmayer: Es liegt in der Natur
von Revolutionen, dass sie zu einem Teil
auch von Illusionen getragen sind. Eine der
Illusionen auf unserer Seite mag es gewesen sein zu glauben, dass alles viel schneller
ginge. Aber Prozesse eines derart tiefgreifenden Wandels, wie er derzeit in Ägypten
stattfindet, brauchen ihre Zeit. Das lehren
die Mühseligkeiten ganz praktischer Politik,
das lehrt aber auch die historische Erfahrung. Wir sollten auch nicht der Versuchung
nachgeben, die Probleme, um die es hier
geht, stets nur mit unseren eigenen Begriffen analysieren zu wollen.
Aus unserer Sicht als Deutsches Archäologisches Institut gibt es keine Alternative
zur Fortführung aller Programmkomponenten der Transformationspartnerschaft
mit Ägypten. Tatsächlich müssen wir uns
gerade jetzt als verlässliche Partner erweisen. Entscheidend ist es, die Arbeit auf die
Bedürfnisse des Landes zuzuschneiden.
Zum Beispiel?
Seidlmayer: Als Archäologen sind wir im
Rahmen der Initiative Transformationspartnerschaft vor allem in Projekten engagiert, die der Erhaltung und Erschließung
des kulturellen Erbes dienen, vom Site Ma-
16 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
STEPHAN SEIDLMAYER
DER ÄGYPTOLOGE PROF. DR. STEPHAN
SEIDLMAYER IST SEIT 2009 DIREKTOR
DER ABTEILUNG KAIRO DES DEUTSCHEN ARCHÄOLOGISCHEN INSTI-
leben kann. Das ist aber vollkommen normal. Und wir wissen natürlich auch, dass
die archäologische Arbeit und ihre Notwendigkeiten nicht die Nummer eins auf
der Tagesordnung sind, wenn Fragen der
Existenzsicherung Priorität haben. Die
Probleme sind drängend, und Experten
befürchten, dass die derzeitge ägyptische
Wirtschaftspolitik desaströse Folgen haben kann. In schwierigen Zeiten braucht
man einen langen Atem. Das ist Konsens
bei allen, die hier arbeiten, sei es in der internationalen Archäologie, aber auch –
was uns besonders freut – bei den Angehörigen der deutschen Botschaft in Kairo
und den deutschen Partnereinrichtungen,
mit denen wir eng zusammenarbeiten.
Was hilft dabei, die anstrengenden
Zeiten zu überstehen?
Seidlmayer: Es gibt signifikante Schnittstellen zwischen Ägypten und Deutschland bzw. der westlichen Kultur insgesamt. Der „Westen“ hat viel empfangen
von Ägypten und umgekehrt. Es gibt eine
lange Traditon des gegenseitigen Gebens
und Nehmens – länger und tiefer, als man
denkt. Wir sollten nicht vergessen, dass
wir zusammen auf relativ engem Raum leben und letztlich zum selben kulturellen
System gehören. Kulturkampf-Ideologien
und geschichtsvergessene Orthodoxien
auf beiden Seiten sind nicht nur brandgefährlich, sie sind auch historisch falsch.
Wie eng ist die Verbindung der Ägypter
zu ihrer eigenen Geschichte?
Wie hat man sich denn die konkrete
archäologische Arbeit im Moment vorzustellen?
Seidlmayer: Archäologie ist immer eine
zähe, langfristige, und schwierige Arbeit,
bei der man auch einmal Rückschläge er-
TRANSFORMATIONSPARTNERSCHAFT
Manchmal ist die archäologische Arbeit anstrengend und langwierig.
Materialtransport für das Museum auf der Nilinsel Elephantine. Die
Restaurierung des Museum ist eines der Projekte, die im Rahmen der
Transformationspartnerschaft zwischen Ägypten und Deutschland
gefördert werden. 2012 und 2013 unterstützt das Auswärtige Amt Projekte
deutscher und internationaler Nichtregierungsorganisationen mit einem
Gesamtvolumen von je 30 Millionen Euro, darunter auch Vorhaben des DAI
in verschiedenen Ländern, mit denen Partnerschaften begründet
wurden. Fotos: DAI Kairo
Seidlmayer: Das ist durchaus ein schwieriger Punkt. Eine besonders problematische Komponente dabei ist, dass die
ägyptischen Eliten in ihrer Lebensperspektive stark aus dem Land heraus orientiert sind. Sie legen Wert auf eine westlich
geprägte Ausbildung; manche Familien
sprechen zuhause nur noch Englisch.
Wir sind gerade dabei – ebenfalls im
Rahmen der Transformationspartnerschaft – zusammen mit der Deutschen
Schule in Kairo Unterrichtseinheiten zu
entwickeln, in denen den Schülerinnen
und Schülern ihre eigene Geschichte nahegebracht wird. Dies ist nur ein Beispiel
für die Dinge, die wir im Rahmen unserer Möglichkeiten tun können. Dazu gehört es aber auch, unsere Bibliothek –
immerhin die zweitgrößte archäologische Fachbibliothek Ägyptens – ägyptischen Forschern und Studierenden freizügig zu öffnen.
Ägypten kann gar nicht auskommen ohne
die Besinnung auf seine eigene Geschichte, und es ist nicht frei, sich von diesem
Existenzgrund zu lösen. Die gemeinsame
Arbeit an dieser Aufgabe ist deshalb ein
Schlüsselgebiet, in dem beide Nationen
fruchtbar zusammenarbeiten.
sw
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 17
CULTURAL HERITAGE
SO SOLL DAS SCHUTZDACH für den Göbekli
Tepe in der Türkei aussehen – für die 12000
Jahre alten Kreisanlagen, umrandet von
megalitihischen Pfeilern, die mit Tiermotiven
verziert sind. Fotos: DAI Orient-Abteilung
(o.l.); BTU Cottbus, Schmidt (o.r.; l.)
DIE STEINMETZE VOM GÖBEKLI TEPE
Arbeiten am ältesten Heiligtum der Welt
6000 Jahre vor der Errichtung von Stonehenge, 7000 Jahre vor
dem Bau der Pyramiden schufen Menschen einen Ort, an dem sie
in 20 Kreisanlagen bis zu 5,5 Meter hohe Pfeiler mit einem Gewicht von bis zu 10 Tonnen aufstellten, Pfeiler, die ohne Metallwerkzeuge aus monumental gearbeiteten Werksteinen von unglaublicher Präzision geschaffen wurden, übersät mit Reliefs von
Tieren, darunter Auerochsen, Wildschweine und Füchse, Ibisse,
Kraniche und Geier, Skorpione, Spinnen und Schlangen.
Göbekli Tepe, der „bauchige Hügel“ in der Nähe der südostanatolischen Stadt Şanlıurfa in der Türkei, hält mehr Sensationen bereit,
als man in einem Archäologenleben erforschen kann. Die größte
Sensation aber ist, dass man angesichts der monumentalen stein-
18 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
zeitlichen Anlage mit ihren gewaltigen T-förmigen Pfeilern noch
einmal neu nachdenken muss über die Anfänge dessen, was man
heute unter Zivilisation versteht. Entdeckt wurde der Hügel bereits in den 60er-Jahren, blieb dabei aber unverstanden. 1994 erkannte der DAI-Archäologe Klaus Schmidt als erster, was es mit
dem außergewöhnlichen Platz auf sich hat. Seitdem wird der Göbekli Tepe in einem deutsch-türkischen Gemeinschaftsprojekt
vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) ausgegraben.
Die zahlreichen Tiermotive auf den Pfeilern kamen nicht von ungefähr. Für Jäger und Sammler muss die Gegend ein Paradies gewesen sein. Knochenfunde von Tieren belegen reiche Beute, und
In
jedem Fall schufen die Steinmetze vom
Göbekli Tepe die ältesten architektonisch
ausgestalteten Heiligtümer der Menschheit.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 19
CULTURAL HERITAGE
BESUCHERMAGNET
Der Göbekli Tepe wird von einer jährlich steigenden Zahl von Touristen besucht.
die Archäobotaniker des DAI fanden Spuren wilder Gerste und
wilden Einkorns. Am nördlichen Rand des Fruchtbaren Halbmondes gelegen, bot das Areal so gute Lebensbedingungen, dass es
womöglich Jäger und Sammler von überall her anzog. Inzwischen
ist der Hügel mit Georadar und Geomagnetik untersucht. Mindestens 16 Megalith-Ringe liegen noch verborgen unter der Erde.
In einer späteren Phase hatten die Erbauer des Tempels weitere
kleinere Pfeiler errichtet, die in rechtwinkligen Räumen aufgestellt wurden. Schließlich gaben sie den Ort auf, und erst die Römer nutzen den Hügel mit der guten Aussicht wieder, um darauf
einen Wachtturm zu errichten.
Foto: BTU Cottbus, Schmidt
Klaus Schmidt vermutet, dass es genau dieser weite „Blick“ war,
der die Erbauer des Göbekli Tepe veranlasste, hier ihre Heiligtümer
zu errichten. Weitere Arbeiten vor Ort sind nötig, um den Zweck
der Anlagen genauer zu verstehen. Eine Verbindung zum Totenkult ergibt sich durch den Fund einzelner menschlicher Knochen,
und die Ikonographie des Platzes lässt diese Interpretationsmöglichkeit für die Anlagen zu. Die Darstellung von Armen, Händen
und Kleidungsstücken auf einigen Pfeilern hilft, sie als stark abstrahierte Darstellungen überirdischer Wesen zu verstehen. In jedem
Fall schufen die Steinmetze von Göbekli Tepe die ältesten architektonisch ausgestalteten Heiligtümer der Menschheit.
PRÄZISIONSARBEIT Die Pfeiler des Heiligtums wurden ohne Metallwerkzeuge aus monumental gearbeiteten Werksteinen von unglaublicher Präzision
geschaffen. BTU Cottbus, Schmidt
Prof. Dr. Klaus Schmidt
entdeckte 1994 die
Bedeutung des Göbekli
Tepe. Der Archäologe
leitet die Arbeiten des
DAI vor Ort. Foto: DAI
12000 JAHRE ALTE TIERWELT Tonnenschwere monolithische Pfeiler werden von Mauerzügen, die „Innen“ und „Außen“ temenosartig abgrenzen,
kreisförmig verbunden. Im Zentrum steht ein alles überragendes Pfeilerpaar. Großformatige Reliefs von wilden Tieren halten viele offene Fragen für die
Archäologen bereit.
KULTURREVOLUTION
Die Monumente auf dem Göbekli Tepe sind eine weltweit einzigartige Quelle zur Geschichte
des Umbruchs von jägerischen Gesellschaften zum Bauerntum und lassen diesen Wandel in
gänzlich neuem Licht erscheinen. Da sich östlich des Göbekli Tepe aber die Vulkanlandschaft
Karacadağ erstreckt, die mit Hilfe naturwissenschaftlicher Untersuchungen als Heimat später
kultivierter Getreidearten bestimmt werden konnte, stellt sich auch die Frage, ob die jägerisch
geprägte Kultgemeinschaft des Göbekli Tepe unter Umständen die Kultivierung von Wildgetreide initiiert haben könnte.
Besonders in der älteren Schicht des Göbekli Tepe mit den monumentalen Anlagen zeugen
große Mengen an Tierknochen von großen Festen, die sicher religiös motiviert waren und auch
dem Zweck dienten, eine ausreichende Anzahl an Menschen zum Bau der Anlagen zusammenzuziehen. Das Ausrichten dieser Feste muss das ökonomische System einer jägerischen
Gesellschaft schnell überlastet haben. Möglicherweise lag hierin der Grund zur Erschließung
neuer Ressourcen, ein Vorgang, der schließlich mit der Domestikation von Pflanzen und Tieren
in eine gänzlich neue, nahrungsmittelproduzierende Lebensweise mündete, die die Periode der
Jungsteinzeit charakterisiert. Der Göbekli Tepe bietet damit einen Einblick in einen der
grundlegendsten Wandlungsprozesse der Menschheitsgeschichte.
Klaus Schmidt
Fotos: DAI Orient-Abteilung, Schmidt
20 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 21
CULTURAL HERITAGE
SCHUTZ VOR WIND UND REGEN
Ein Schutzdach soll die Anlage vor Witterungseinflüssen schützen, nachdem sie 12.000 Jahre verborgen unter der
Bislang war man davon ausgegangen, dass nur sesshafte und
gut organisierte Gruppen von Menschen, die zudem Landwirtschaft betreiben, die Zeit und die geeignete Sozialstruktur mit
einer entwickelten Arbeitsteilung gehabt hätten, Tempel zu
bauen – zumal eines solch großen Ausmaßes. Der Göbekli Tepe
zeigt aber, dass es auch umgekehrt gewesen sein kann, dass
nämlich die gemeinsame Anstrengung, ein solches Mammutwerk zu schaffen, erst die Grundlagen für die Entstehung komplexer Gesellschaften legte. Zahlreiche Arbeiter mussten versorgt und untergebracht werden, Holz, Seile und Werkzeug
mussten arbeitsteilig hergestellt, Wasser und Nahrung von Hand
zum Heiligtum getragen und die Werkstücke aus dem nahe gelegenen Steinbbruch herangeschafft werden – eine bemerkenswerte Leistung für Jäger und Sammler.
EIN SCHUTZDACH FÜR DEN GÖBEKLI TEPE
Erst ein kleiner Teil der Anlage ist freigelegt, der größte Teil liegt
noch unter der Erde. Die Konzepte für ihre zukünftige Erforschung
22 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Erde lag. Es wird voraussichtlich im Jahr 2014 fertiggestellt.
Foto: DAI Orient-Abteilung
sehen vor, die Untersuchungen vor allem an den bereits ergrabenen Teilen vorzunehmen und die anderen so lange unberührt zu
lassen, bis sichergestellt werden kann, dass die Bauwerke durch
weitere Freilegung keinen Schaden nehmen.
Um das einzigartige Zeugnis menschlicher kultureller Entwicklung angemessen dokumentieren, sensibel erforschen und vor
allem schützen zu können, entwickelt das DAI nun zusammen mit
seinen türkischen Partnern sowie Spezialisten der Universität
Cottbus und des Global Heritage Fund ein systematisches Site Management, das zudem den Antrag der Türkei, den Göbekli Tepe
auf die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO zu setzen, unterstützen soll. Besonders wichtig ist die Errichtung eines Schutzdaches über der Anlage, um sie vor Wind und Regen zu schützen,
nachdem sie 12.000 Jahre gut geschützt unter der Erde lag. Voraussichtlich im Jahr 2014 kann dieses Schutzdach fertiggestellt
werden. Das Ziel aller Maßnahmen ist, eine Basis und einen Rahmen zu schaffen für eine langfristige Sicherung des Göbekli Tepe
als ein singuläres Erbe der Menschheit.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 23
STANDPUNKT
MITGLIEDER des beratenden Baudenkmalausschusses des
DAI in Yeha. Fotos: Gerlach, Orient-Abteilung des DAI
Der beste Schutz eines Hauses sind ein intaktes Dach, funktionierende Fenster und
Türen, außerdem die Pflege des Putzes,
des Anstrichs und des Raumklimas. Fehlt
dies alles, wird ein Haus schnell zur unbewohnbaren Ruine. Wasser dringt durch
das Dach ins Gemäuer, Holzböden verfaulen, Eisen verrostet, Schimmel durchzieht
das Gemäuer. Am Ende setzt sich der Zerfallsprozess immer weiter und immer
schneller fort.
ARCHÄOLOGIE
UND
KULTURERHALT
Mit diesem Beispiel ist zugleich ein Kernproblem archäologischer Denkmalpflege
angesprochen. Gebäude der frühen Hochkulturen werden fast immer ohne Dach,
ohne Schutz der Mauerkronen, Decken,
Böden und ohne schützenden Putz an den
Mauern ausgegraben. Dann liegen sie
dort – ungeschützt. Und anders als eine
moderne Hausruine werden diese Gebäude intensiv genutzt. Tausende von Touristen nutzen die Ruinen im wahrsten Sinne
des Wortes ab. Im türkischen Ephesos sind
dies jährlich um die 1,5 Millionen Menschen, die auf antiken Straßen und Fußböden laufen, und am liebsten würden sie
auf den Mauerkronen spazieren.
Länder mit hohen Touristenzahlen wie
Ägypten, Griechenland und die Türkei
müssen also Wege finden, wie sie die Ruinen vor Witterungseinflüssen schützen.
Sie müssen sie aber auch für Touristen verstehbar machen und diese gleichzeitig
von den Ruinen fernhalten – zum Schutz
der Touristen und der Ruinen. Die für
Denkmäler zuständigen Behörden der
einzelnen Länder, in deren Verantwortung
diese Aufgaben liegen und liegen müssen,
24 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
DER GROSSE TEMPEL VON YEHA in Äthiopien, im abessinischen
Hochland von Tigray, ist zwar gut erhalten, aber er ist in seinem
Bestand gefährdet. Das DAI untersucht in einer Kooperation mit
der äthiopischen Altertümerverwaltung und der Tourismusbehörde die einzigartige Kultur, die sowohl afrikanische wie auch
südarabische Züge trägt.
Kulturlandschaften zerstört werden, meist
bevor sie erforscht sind. In extremer Form
gilt dies für viele Abschnitte der Küstenregionen des Mittelmeeres.
Die Autorin, Prof. Dr. Friederike Fless,
ist Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts Foto: Lejeune
stehen somit vor einer komplexen Herausforderung. Diese wird dadurch erhöht, das
durch den Bau von Infrastrukturen für die
Touristen, wie Straßen und Hotels, ganze
Welche Rolle und Verpflichtung kommen
dabei aber der Archäologie als Wissenschaft zu? Seit mehr als 20 Jahren sind hier
durch die Abkommen von La Valetta/Malta grundsätzliche Standards formuliert.
Bereits bei der Planung der Grabung gilt
es, sich Gedanken über den Umgang mit
dem Grabungsresultat, das heißt dem ausgegrabenen Denkmal zu machen. Auch
wenn der beste Schutz des Denkmals oftmals das Zuschütten einer Grabung ist, ist
dennoch der Wunsch nach touristischer
Erschließung zu berücksichtigen. Dies gilt
auch für Grabungen des Deutschen Archäologischen Instituts weltweit.
Lösungen können hier nur in einer engen
Zusammenarbeit zwischen den Denkmal-
behörden in den Ländern und den forschenden Archäologen gefunden werden.
Dabei kommt der wissenschaftlichen Archäologie eine wichtige Rolle zu. Es beginnt damit, die Gastländer unserer Forschung dabei zu unterstützen, ihre Kulturlandschaften zu dokumentieren, da erst
das Wissen über die Lage von archäologischen Stätten es erlaubt, sie zu schützen.
Das DAI arbeitet in vielen Ländern mit den
Denkmalbehörden zusammen, alte Archivalien und moderne Satellitenbilder nach
ihren Geokoordinaten in digitalen Systemen (GIS) zusammenzuführen und damit
zu dokumentieren. Für die einzelnen Plätze sind die Ausgräber in der Pflicht, Konzepte zum Schutz und zur Präsentation zu
erarbeiten. Denn erst die Erforschung eines Ortes oder einer Ruine führt zu dem
Wissen, den Platz allgemein verständlich
zu erklären und touristisch zu erschließen.
Die Pflichten des DAI leiten sich auf dieser
Ebene also unmittelbar aus seiner wissen-
schaftlichen Tätigkeit ab. Die Umsetzung
hingegen muss in Kooperation mit und
weitgehend finanziert durch die Denkmalämter der jeweiligen Länder erfolgen. In
den Denkmalämtern muss die Kompetenz
für entsprechende Maßnahmen liegen
und auch weiter ausgebaut werden. Zentraler Ansatz muss dabei sein, dass Teile
der touristischen Einnahmen in den Erhalt
der Attraktionen zurückfließen müssen.
Aber auch das Modell des Verursacherprinzips, wie es in Deutschland praktiziert
wird, könnte hier helfen. Denn wer eine
Pipeline oder ein Hotel baut, sollte die vorhergehende archäologische Arbeit auch
finanzieren.
Um seine Kompetenzen in diesem Bereich
zu stärken, hat das Deutsche Archäologische Institut verschiedene Maßnahmen
getroffen. Es baut die lange und wichtige
Zusammenarbeit im Bereich des Kulturerhalts mit dem Auswärtigen Amt aus. Es hat
den Austausch zu Grundsatzthemen des
Denkmalschutzes intensiviert, wovon eine
Tagung in Ankara im letzten November
ebenso Zeugnis ablegt wie ein Round Table
Gespräch mit Bauforschern und Spezialisten im Bereich Site Management und
Denkmalpflege für den Mittelmeerraum.
Es hat aber vor allem einen beratenden
Baudenkmalausschuss eingerichtet und
mit dem neuen Arbeitsbereich von Friedrich Lüth für Kulturgüterschutz und Site
Management auf die bestehenden Herausforderungen reagiert (s. S. 61). So hoffen wir, unseren satzungsgemäßen Auftrag mit der Perspektive ein Kompetenznetzwerk für Herausforderungen im Bereich des Kulturerhalts aufzubauen, zu erfüllen. Durch die Forschung trägt das DAI
europa- und weltweit zum Erhalt des kulturellen Erbes und zur Pflege der kulturellen Identität in seinen Gast- und Partnerländern bei.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 25
LANDSCHAFTEN
Nah am Pol der Unzugänglichkeit gedeihen Chinas süßeste Trauben, getrocknet
zu den edelsten Rosinen Asiens. Der Weg
dorthin führt durch eine Landschaft wie
geschaffen von übellaunigen Demiurgen,
die nach halb getaner Arbeit hoch oben
Ausguck nahmen auf dem Altai oder im
Tian Shan-Gebirge, um sich feixend zu vergnügen: „Mal sehen, wie weit sie kommen.“ Die nicht enden wollende Eintönigkeit kann das Gemüt verdunkeln, die Vorstellungskraft muss das Äußerste leisten,
um ein Ende der grauen Geröllwüste ins
Bild zu rücken. Selbst das strahlende Blau
des Himmels ist eintönig, die Luft so trocken wie Papier.
Sie kamen weit, und sie kamen von weither. Tatsächlich war jeder einmal irgendwann in der Gegend, sogar die Türken vor
langer Zeit. Aus dem Norden kamen die
Hunnen, aus dem Osten die Han-Chinesen,
um Kontrolle zu gewinnen über die heute
unwirtliche Gegend. Aus chinesischer Sicht
war immer wichtig, wer den Westen regierte. Für sie war er das Tor zu den anderen
Welten, für die aus dem Westen war es der
Weg nach China und zu seinen Schätzen.
Aus Baktrien und Indien kamen sie, um
Handel zu treiben, und das römische Begehren nach chinesischen Seidenstoffen
belebte schon vor 2000 Jahren den transkontinentalen Warenaustausch.
TOR ZU ANDEREN WELTEN
INTERKONTINENTALTRANSFER
Durch endlose Schotterwüsten im
Westen Chinas führte der Weg zu den
reichen Handelsstationen an der
Seidenstraße. Foto: DAI Peking
Deutsche und chinesische Archäologen erforschen unbekannte
Gesellschaften an der Seidenstraße
26 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 27
LANDSCHAFTEN
HÖHLENSTADT
I
RUINENSTADT Jiaohe bei Turfan
II-III
HANDELSSTATION AM RANDE DER
WÜSTE Am Südrand der Taklamakan liegt
Khotan, einst auch eine wichtige Station auf der
Seidenstraße.
Fotos: DAI Peking
INNOVATION Die Konstruktion einer Prothese. Der flache obere Teil diente der Fixierung und ging auf
Höhe des Knies direkt in die Stelze über. Ihr Ende steckte in einem Ziegen- oder Schafshorn, damit es
WOHLTAT In der Oase Turfan spendeten die Weinranken Schatten und die Trauben fielen aus
dem Himmel. Foto: DAI Peking
sich nicht so schnell abnutzte. Ein darüber gezogener Huf eines Pferdes oder eines Esels schützte vor
dem Einsinken in weichen Boden. Tiefe Kerben an den Durchzügen der Lederbänder und Abrieb an
der Kontaktfläche mit dem Knie und Oberschenkel zeugen von langem Gebrauch.
I
II
Polyglotte Händler wie die Sogder, die aus dem Gebiet des heutigen Usbekistan stammten und von der Krim bis nach Korea aktiv
waren, wurden reich und waren zugleich Träger eines lebhaften
kulturellen Austauschs. Ziel und Etappe vieler Karawanen auf dem
Handelsweg, der seit dem 19. Jahrhundert „Seidenstraße“ genannt wird, war eine grüne und blühende Oase, in der die Weinranken Schatten spendeten und die Trauben aus dem Himmel
fielen: Turfan.
III
„Die Vor- und Frühgeschichte des Landes ist nicht nur mit den benachbarten Regionen verbunden“ sagt Mayke Wagner. „Es gibt
alte Verbindungen aus dieser Region über Zentral- und Westasien
bis nach Europa.“ Die verbindenden Elemente klingen aktuell:
Handel und Technologietransfer.
Mayke Wagner, Sinologin und Archäologin, leitet die Außenstelle
des Deutschen Archäologischen Instituts in Peking. Von dort aus
reist sie zusammen mit ihren Kollegen von der Chinesischen Akademie für Kulturerbe in das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang
im äußersten Westen Chinas, das mit 1,6 Millionen Quadratkilometern ungefähr so groß ist wie Deutschland, Frankreich und
Spanien zusammen.
Die Oase Turfan liegt in einer der tiefsten Senken der Erde, in
nächster Nachbarschaft ihrer höchsten Gebirge – Kontraste, von
denen die Landschaft geprägt ist, aber nicht so kleinteilig, wie
man es aus Europa kennt. Die Wechsel in der Topographie lassen
sich Zeit, sind dann aber umso gewaltiger. 255.000 Menschen leben heute in der Stadt, die meisten von ihnen sind Uiguren. „Wie
alt die Oase ist, wissen wir nicht genau“, sagt die Archäologin. „Es
gibt keine Selbstzeugnisse zur Entstehung, aber in den ältesten
Berichten, die wir kennen, ist schon von einer ‚alten Stadt’ die
Rede.“ Die stammen aus dem 2. vorchristlichen Jahrhundert. Archäologische Funde bezeugen, dass die Turfan-Senke schon vor
gut 3000 Jahren von Bauern besiedelt war.
Was auf den ersten Blick ein weit entlegenes Forschungsgebiet für
deutsche Archäologen zu sein scheint, liegt näher als man denkt:
Das Klima ist äußerst trocken, und wenn einmal Regen fällt, hinterlässt er kaum eine Spur auf der Straße, auch die Kleidung ist
GUTES KLIMA FÜR ARCHÄOLOGISCHES ARBEITEN
28 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
I
II
sofort wieder getrocknet. Das Wasser verdampft in Sekundenschnelle in einer Luft, die keinerlei Sättigung mit Feuchtigkeit hat.
Der Niederschlag beträgt etwa 16 Millimeter im Jahr. Gutes Klima
für die weltberühmten Turfanrosinen und die Bewahrung von
Menschenwerk. An den Handelsstationen der Seidenstraße blieb
vieles erhalten, was andernorts vergeht.
Mayke Wagner erinnert sich noch genau an den Moment, als sie
von einem spektakulären Fund erfuhr, den die chinesischen Kollegen im Jahr 2007 gemacht hatten. Die Sensation war ein athletisch gebauter Mann in den „besten Jahren“, körperlich aktiv bis zu
seinem Tod, obwohl er eigentlich ein Invalide war. Sein Alter:
2.300 Jahre, und er war äußerst gut erhalten. Sein linkes Bein war
so nach hinten und innen verdreht, dass er es nicht mehr gebrauchen konnte, was eigentlich das Ende seiner Existenz bedeutete.
Stock oder Krücke hätten ihm helfen können, aber gleichzeitig
seine Hände beschäftigt, die er zum Arbeiten brauchte. Also konstruierte er ein Stelzbein aus Holz, das er mit Lederriemen an seinem Oberschenkel befestigte – die älteste funktionale Beinprothese der Welt! Der Mann gehörte zu einer Gesellschaft von Bauern und Hirten, die das Turfan-Becken und die östlichen Ausläufer
Foto: DAI Peking
III
IIII PRIMÄRTECHNOLOGIE Die Grundlagenforschung bietet das Fundament für die wissenschaftlich korrekte Rekonstruktionen vollständiger Ausstattungen. Die Methoden zahlreicher
geistes-, natur- und technikwissenschaftlicher
Disziplinen werden für die Rekonstruktion von
Wissen und für die Erforschung der Verfügbarkeit von Ressourcen sowie die Struktur der
Handelsnetze in Ostzentralasien in der Zeit von
ca. 1000 v. Chr. bis 300 n. Chr. genutzt. Zum ersten
Mal werden diese Gesellschaften anhand ihrer
Kleidung charakterisiert. Fotos: DAI Peking
BRIDGING EURASIA
Abgesehen von Terrakottakriegern und Konfuzius
weiß man außerhalb Chinas eher wenig vom
chinesischen Altertum. Das liegt vor allem daran,
dass die meisten Berichte über archäologische
Neuentdeckungen oder Ausstellungen vorwiegend
auf Chinesisch veröffentlicht werden. Das vor
kurzem geöffnete Webportal „Bridging Eurasia“, ein
gemeinsames Vorhaben der Außenstelle Peking des
DAI und der Chinesischen Akademie für Kulturerbe,
ist angetreten, das zu ändern. Ausgewählte Themen
zu Archäologie, Fundkonservierung und Regionalgeschichte in China werden für Wissenschaftler und
Laien außer auf Chinesisch auch auf Deutsch und
Englisch zur Verfügung gestellt. Damit ist Bridging
Eurasia weltweit die einzige Plattform, die aktuelle
Informationen zu Archäologie und Denkmalschutz
in allen drei Sprachen bietet.
www.bridging-eurasia.org
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 29
LANDSCHAFTEN
An
den Handelsstationen der
Seidenstraße blieb vieles erhalten,
was andernorts vergeht.
GEBILDETE INGENIEURE
Man sieht die Spuren des alten Bewässerungssystems überall. Doch auch dessen
Anfänge liegen im Dunkeln wie das Alter der Stadt – niemand weiß genau, wie alt
diese Meisterleistungen der Ingenieurskunst sind. Das Bewässerungssystem von
Turfan ist ein unterirdisches Brunnensystem mit waagerecht in den Berg
gegrabenen Schächten bzw. horizontalen Brunnen. Dadurch kann man das tiefe
Die Sinologin und
Archäologin Prof. Dr.
Mayke Wagner ist
Leiterin der Außenstelle
Peking des DAI. Seit 2000
ist sie Wissenschaftliche
Direktorin der EurasienAbteilung des DAI und seit
April 2010 Honorarprofessorin im Fach Ostasiatische
Kunstgeschichte an der
Freien Universität Berlin.
Grundwasser, das aus dem geschmolzenen Schnee des Tian Shan-Gebirges
stammt, ableiten und in unterirdischen Kanälen, geschützt vor Verdunstung, in
die Oase leiten. Rund 1000 Karez gibt es im Turfan-Becken. Ein Brunnen kann bis
zu 70 Meter tief und ein unterirdischer Kanal rund 10 Kilometer lang sein.
Insgesamt sind die Kanäle von Turfan vielleicht mehrere tausend Kilometer lang,
niemand hat sie bislang ausgemessen.
Als die antiken Ingenieure das Bewässerungssystem bis in ein viel älteres
Gräberfeld erweiterten, fällten sie eine durchaus informierte und durchdachte
Entscheidung. Sie kannten die geologischen Gegebenheiten des Untergrunds –
das Gräberfeld liegt auf einem Schwemmfächer –, wussten, welche Wege das
Wasser nahm und dass es weit unter den Gräbern durchfließt. Sie hatten ein
Problem zu lösen, und das taten sie.
Und sie können womöglich dazu beitragen, Probleme der heutigen Zeit zu lösen.
Denn die moderne Methode der Pumpbewässerung führte zur Versalzung und
Verkarstung des Bodens. So reaktiviert man die alten Systeme, weil man erkennt,
dass es ein der Landschaft und ihren natürlichen Gegebenheiten hoch angepasstes
effizientes Bewässerungssystem ist.
Mayke Wagner
HÖHLENSTADT Tuyugou-Tal bei
Turfan mit den ältesten buddhistischen
Grotten in Ost-Xinjiang, vermutlich
4.-5. Jh. Bei den Freilegungen werden
seit 2010 Wandbilder, Skulpturen und
Textfragmente in vielen Sprachen
entdeckt. Foto: DAI Peking
des Tian Shan zu der Zeit besiedelten, als Alexander der Große
nach Osten und das chinesische Kaiserreich Han zum ersten Mal
nach Westen vorstießen und auf zentralasiatische Gemeinschaften trafen, von denen sehr wenig bekannt ist, weil sie ihre Geschichte nicht aufschrieben.
GEBILDETE INGENIEURE Überall sind die Spuren des alten Bewässerungssystems zu sehen. Doch niemand weiß genau, wie alt
diese Meisterleistungen der Ingenieurskunst sind. Foto: DAI Peking
30 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Nun tun sich Archäologie, Medizin und Geographie zusammen,
um die Lebensweise der antiken Bevölkerung im großen Kontext
nachzuvollziehen, erforschen so die genaue Funktionsweise der
Prothese und versuchen, mögliche Rückschlüsse auf das technische Wissen der Menschen zu ziehen. Die Paläopathologin Julia
Gresky fand heraus, dass das Leiden, welche die äußerst schmerzhafte Deformation des Beines verursachte, die Tuberkulose war,
die in Zentral- und Ostasien im ersten Jahrtausend v. Chr. an verschiedenen Orten auftrat und von Rindern übertragen wird, die
aber in der Region nicht heimisch waren. „Es musste also Handelsbeziehungen und Wanderungsbewegungen gegeben haben“,
sagt Mayke Wagner. „Reiche Getreidefunde in den Gräbern lassen
uns darauf schließen, dass die Gesellschaft, zu der der Mann mit
dem Holzbein gehörte, zumindest teilweise sesshaft gelebt hat“,
korrigiert die Archäologin die bislang gehegte Vermutung.
Das Holzbein ist natürlich eine spektakuläre Ausnahme. Ein anderer Ausdruck technischen Wissens ist uns so nah, dass wir ihre geradezu bestrickende Genialität völlig übersehen. Der Invalide,
seine Angehörigen und Nachbarn wie auch durchreisende Händler trugen Hosen, Röcke und Kaftane, Stiefel, Ledermäntel, Beispiele für eine bahnbrechende Primärtechnologie: Kleidung.
Schafe zu scheren, Fäden zu spinnen, zu einer Fläche zu weben
und dieses zweidimensionale Tuch auf einen dreidimensionalen
– menschlichen – Körper zu übertragen, brauchte Planung, mathematische Kenntnisse und ein hohes Abstraktionsvermögen,
vergleichbar dem in der Architektur. Auch die Kleidung blieb in
dem trockenen Klima gut erhalten, und so konnten an den Handelsstationen der Seidenstraße ganze Ausstattungen des ersten
Jahrtausends v. Chr. häufig vollständig geborgen werden. Geschmückt von prächtigen Farben und reichen Dekoren sind sie
Zeugnisse der Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte der Region
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 31
LANDSCHAFTEN
VERWECHSLUNGSGEFAHR Wenn man nicht genau hinsieht, kann man die Eingänge zu den Gräbern (li.) und zu den …
und Ausdruck kultureller und sozialer Identität, denn eines konnte
man damals wie heute auch noch häufig erkennen: woher jemand kam und welcher Schicht er angehörte.
KLIMA UND HYDROTECHNIK
Bei 16 Millimeter Jahresniederschlag und von Weinranken überschatteten Wegen fragt man sich irgendwann: Woher kommt das
Wasser? Wenn man nicht so genau hinsieht, kann man für bronzezeitliche Grabhügel halten, was in Wirklichkeit der Eingang zu einem „Karez“ ist. Vor allem auf dem 54.000 Quadratmeter großen
Gräberfeld von Yanghai, von dem viele der archäologischen Funde stammen, ist die Gefahr der Verwechslung groß, wenngleich
die Karez-Eingänge im Unterschied zu den Grabhügeln wie an einer
Schnur aufgereiht liegen. Zugang zu lebensnotwendigem Wasser
auf dem Friedhof? Doch was so befremdlich klingt, ist weder ein
Zufall noch ein Versehen. Das alte Bewässerungssystem ist mehr
als intelligent. (s.o. S. 30)
KOOPERATIONEN
Chinas rasante ökonomische Entwicklung hat dazu geführt, dass
Überreste vergangener Epochen in großer Zahl entdeckt und freigelegt werden. Der Bedarf an Archäologen steigt ständig, und die
Zahl der archäologischen Institute, Ausbildungsstätten, Denkmalämter und Museen nimmt stetig zu. Der Erhalt des Kulturerbes be-
… „Karez“, dem Bewässerungssystem (re.), leicht miteinander verwechseln.
Fotos: DAI Peking
sitzt hohe Priorität in China, und eine hoch entwickelte chinesische
Archäologie nimmt sich seiner an. Deren Interesse – besonders
der jüngeren Wissenschaftler mit Auslandserfahrung – an Kooperationen mit internationalen Institutionen wächst stetig. Für Restaurierung, Fundauswertung, Laboranalytik, Paläopathologie, Archäozoologie und Archäobotanik sowie für den Zugang zu internationalen Publikationen werden weltweit Kooperationspartner gesucht.
In Ausnahmefällen öffnet China Archäologen aus dem Ausland
seine Fundstätten, so dass sie an Originalen arbeiten können.
sischen Forscher. Nach deren Schulterminen werden die Kampagnen ausgerichtet.
Derlei Dinge sind aber eher selten Gesprächsthema der chinesischen und deutschen Archäologen, wenn sie abends zusammensitzen. Die Ausbildung der Kinder ist das Topthema für die chine-
ROSINEN Überall in der Stadt stehen die
Trockenhäuser, in denen die Weintrauben zu
den berühmten Turfan-Rosinen reifen. Verkauft
werden sie nach ganz Asien. Foto: DAI Peking
32 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Wenn dann eine Kampagne zu Ende geht, bittet der Chef der Tourismusbehörde von Turfan zum Abendessen. Man möge die Oase
doch bitte freundlich erwähnen, wenn man wieder zu Hause sei.
Aufwändig begrünte Hotels empfangen den Gast. Man serviert
Reis mit gekochtem Lammfleisch und dicke Milch mit Eiswürfeln
und Zucker. Oder einen ganzen Kürbis im Ofen oder Dämpfer gegart, gefüllt mit getrockneten Datteln, Feigen und Aprikosen, den
man gemeinsam auslöffelt.
Tourismus ist ein großes Thema, und man gibt sich große Mühe,
den alten Handelsplatz zu einer modernen Oase des Wohlbefindens zu machen. Das Stadtzentrum glänzt, das neue große Museum ist ein Publikumsmagnet, und in der Vergnügungsmeile erfreuen Wasserspiele den Flaneur. Offene Schwimmbäder und ein
Paddelteich, an dem sich die Jugend trifft, sollen auch die moderne technische Bemeisterung einer knappen Ressource zeigen.
Die Archäologen müssen zurück nach Peking. Natürlich steht ihnen keine wochenlange eintönige Reise auf wankenden Reittieren bevor. Drei Stunden dauert die Autofahrt von Turfan nach
Ürümqi, der Hauptstadt von Xinjiang, noch einmal vier bis fünf
Stunden Flug oder demnächst Schnellzugverbindung nach Peking, weg vom Pol der Unzugänglichkeit. Vom Flughafen fährt
man am besten mit der Airport Express-Bahn und der U-Bahn-Linie 10 Richtung German Centre im Landmark-Komplex. Hier hat
die Außenstelle Peking des DAI ihr Büro.
sw
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 33
DAS OBJEKT
DICHTER, FLUSSGOTT UND SCHWARZES MEER
Wie eine kleine Stadt Anspruch auf Homer erhebt
Foto: Fotoarchiv des Instituts für
Archäologische Wissenschaften,
Abteilung II, Goethe-Universität
Frankfurt/Main; Hintergrundbild:
EpicStockMedia / Fotolia.com
Flussgötter sind ein häufiges Motiv auf den Münzen antiker
Städte. Die Menschen dieser Zeit wussten, was sie den Flüssen
zu verdanken hatten: ihr Trinkwasser, das Wasser für die Bewässerung ihrer Felder und schließlich noch die fruchtbare Erde, die
die Flüsse an ihren Mündungen aufschütteten. Größere Flüsse
wurden als Verkehrswege genutzt; Holz, das in unwegsamen
Bergwäldern geschlagen wurde, konnte über nahe Gebirgsflüsse an die Küste geflößt werden. Dargestellt wurden die Flüsse
häufig in Gestalt reifer Männer in der Blüte ihrer Jahre. In der Regel halten diese menschengestaltigen Flussgötter einen Schilfstängel in ihrem Arm, oft auch ein Füllhorn, das die Fruchtbarkeit,
die sie schaffen, zum Ausdruck bringt. Bisweilen gibt es aber
Münzbilder von Flussgöttern, deren genaue Bedeutung sich erst
durch wissenschaftliche Recherche erschließt. Das gilt auch für
jene Münze, welche die an der kleinasiatischen Schwarzmeerküste gelegene Stadt Amastris, das heutige türkische Amasra, in
der römischen Kaiserzeit prägte.
34 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Auf der Vorderseite der Münze ist der Kopf eines bärtigen Mannes dargestellt, den eine griechische Legende als Homer identifiziert. Auf der Rückseite dieser Münze ist ein Flussgott abgebildet, der lässig sitzt, Körper und Blick nach links gerichtet.
Sein Oberkörper ist nackt, sein Unterleib mit einem Mantel bedeckt. Seinem linken Arm stützt er auf einer Amphora, aus der
Wasser ausfließt; er hält einen Zweig, vielleicht einen Schilfstängel. Auf dem rechten Knie seines hochgestellten Beins ist
ein antikes Saiteninstrument, eine Kithara, zu sehen. Unter
dem Flussgott steht in griechischen Buchstaben „Meles“, darüber der Name der Bürgerschaft, welche die Münze geprägt hat:
‚[Münze] der Amastrianer’.
Die Münze ist ein Reflex der Suche der antiken Menschen nach
der Heimat Homers. Da sich nichts Sicheres über den Geburtsort
des größten griechischen Dichters ausmachen ließ, erhoben
sehr viele Städte, darunter Smyrna, Kyme, Chios, Ithaka, aber
auch Athen und Rom, mit mehr oder weniger überzeugenden
Argumenten den Anspruch, dass Homer bei ihnen geboren worden oder wenigstens auf einer seiner Reisen bei ihnen vorbeigekommen sei. Der Anspruch von Amastris geht darauf zurück,
dass Homer ursprünglich Melesigenes, d.h. ‹der am Meles Geborene›, geheißen habe. Auf dem Territorium von Amastris gab es
einen Fluss, der Meles hieß – und den identifizierten die Amastrianer mit dem Geburtsfluss Homers. Die Kithara auf seinem Knie
ist somit ein Hinweis auf die Dichtkunst Homers. Ihre Lage am
Rande der griechischen Welt hielt die Bürger von Amastris nicht
davon ab, tatsächlich zu behaupten, Homer sei bei ihnen geboren worden. Der Spott, den die Hellenen aus dem Mutterland
und aus dem hochkultivierten Ionien über die ungebildeten und
dummen Griechen von der Schwarzmeerküste auszugießen
pflegten, spornte diese geradezu an, Homer, den Mittelpunkt aller griechischen Bildung, zu einem Landsmann zu machen. Insofern ist diese Münze Anspruch und Provokation zugleich.
Der Autor, der Althistoriker und
Numismatiker Prof. Dr. Johannes Nollé,
ist Wissenschaftlicher Referent an der
Kommission für Alte Geschichte und
Epigraphik des DAI in München
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 35
TITELTHEMA
W
enn man in einem der
wasserreichsten Länder
der Erde lebt, kann einem das Nachdenken über das Element
schwerfallen. Es ist zu leicht, an die Ressource zu gelangen, ohne die gar nichts
geht. Trockene „Jahrhundertsommer“,
die zu Knappheiten führen können, kommen in Deutschland kaum in einem Menschenleben einmal vor. Doch in vielen
Regionen der Erde ist Wasser eine sehr
knappe Ressource. Steigende Nachfrage,
Fragen des Zugangs, der Verteilung und
der Dienstleistungen rund um das Wasser, grenzüberschreitendes Wassermanagement, die Finanzierung von Wasser,
nationale und internationale rechtliche
Rahmenbedingungen sind Fragen, die
im wahrsten Sinne des Wortes die gesamte Menschheit betreffen und immer
drängender werden. Daher erklärte die
Generalversammlung der Vereinten Nationen das Jahr 2013 zum Internationalen Jahr der Wasserkooperation.
ARCHÄOLOGIE DES WASSERS
Die technischen, kulturellen und sozialen
36 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Wirkungen eines Elements
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 37
TITELTHEMA
BRUNNEN
I
Bahnbrechende Innovation und Erfolgsgeschichte.
In den Fels abgeteufter Brunnen des
II
Brunnen in Oulban Beni Murra, einem
präkeramischen Neolithikums. Mylouthkia,
Zypern. Foto: Peltenburg
hyperariden Siedlungsgebiet im östlichen
Jordanien, angelegt von prähistorischen
Foto S. 36/37: Siegel
Hirtennomaden.
III
Profilschnitt durch den frühneolithischen
Brunnen von Mohelnice. Umzeichnung einer
Fotografie von Rudolf Tichy nach Windl 1998
Foto: Gebel
I Blick vom Turm Maysar-25 im Sultanat Oman
auf den nahe gelegenen Damm.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Häser
II Wasser als Schmuck- und Währungslieferant
– Tausende von Perlen aus Molluskenschalen.
Depotfund aus Tall Hujayrat al-Ghuzlan.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Becker
I
II
Wasser ist in allen Phasen der Menschheitsgeschichte ein wichtiger Faktor, seine technische Erschließung beginnt mit den frühesten Anfängen der Entstehung komplexer Siedlungs- und Gesellschaftsformen. Ein streng organisiertes Wassermanagement war
Grundlage der großen Flusskulturen an Nil, Euphrat oder Yangtse,
und das Wasser als Gesellschaftsmacher brachte das Wort von den
„hydraulischen Gesellschaften“ hervor. In den ariden Gebieten der
arabischen Halbinsel ermöglichte die Nutzung der Brunnentechnologie, eingeführt vor rund 6000 Jahren aus der Levante, die Entstehung einer ganz neuen Lebensform, der Oasenkultur. Technische, soziale und kulturelle Innovationen mussten ineinandergreifen, um je wirksam werden zu können.
WASSER UND INNOVATION
Es gehört zu den Selbstzuschreibungen der Moderne, etwas wie
Innovationen in die eigene Zeit zu legen. Dagegen sei die Antike
38 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
GROSSER DAMM VON MARIB
Wasser spielte bei der Entwicklung
gesellschaftlicher Strukturen zu allen
Zeiten eine bedeutende Rolle.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Gerlach
abgeschlossen und ohnehin immer statisch gewesen, ist eine gängige Vermutung. Eine Innovation ist eine Erfindung, die den Markteintritt geschafft hat, erklären moderne Ökonomen. Oder sie ist
etwas, was so selbstverständlich ist, dass wir es gar nicht mehr
wahrnehmen. Die Grundlagen der Nutzung von Wasser in einem
durchschnittlichen mitteleuropäischen Land ist so eine Art Innovation. Wer fragt sich noch, wie es möglich ist, dass Wasser auch
noch in den obersten Etagen von Hochhäusern aus dem Hahn
läuft? Wer will noch wissen, woher es eigentlich kommt, wie es
gesammelt oder gefunden wurde? Ist das alles Regenwasser, oder
kommt es aus Grundwasserbrunnen? Und wenn ja, wie baut man
die? Und woher weiß man überhaupt, wo Wasser sein könnte,
wenn es nicht an die Oberfläche tritt? Und was soll man tun, wenn
plötzlich viel zu viel Wasser da ist und droht, alles mit sich zu reißen? Wer bestimmt schließlich, wo Brunnen oder Wasserleitungen gebaut werden, und wer verwaltet die? Wem gehört knappes
Wasser, und wer darf es an wen verteilen oder verkaufen?
Wasser aus nahegelegenen Flüssen oder Seen zu schöpfen, ist die
einfachste Methode, sich damit zu versorgen. Wasser, das nur unter der Erde fließt, muss man erst finden, und soll es von A nach B
transportiert werden, ist Technik vonnöten, seien es einfache Gräben, Leitungen oder ausgereifte Druckrohrleitungen – Kenntnisse
ökologischer und hydrologischer Zusammenhänge sind unverzichtbar.
Im 9. Jahrtausend v. Chr. wurde auf Zypern der erste Brunnen gebaut. Die Technologie ermöglichte eine fast explosionsartige Ausweitung von Dauersiedlungen, die nicht unmittelbar an Quellen
und Flüssen lagen. Komplexer werdende Gesellschaften bauten
Kanäle, Aquädukte, Staudämme oder Talsperren und komplexe
Systeme zur Bewässerung von Feldern. Je mehr man anbauen
konnte, umso größer und wohlhabender konnten wiederum die
Gemeinschaften werden. Bei weiterer Ausdifferenzierung von Gesellschaften bildeten sich herrschende Klassen, die das schwer zu
bändigende Element entweder zu Zwecken der Staatsraison oder
für Prachtentfaltung und Machtdemonstration nutzten, indem sie
verschwenderischen Luxus damit trieben. Und nicht wegzudenken ist Wasser aus tausendfach unterschiedlichen Kulten in allen
Gegenden der Erde, die ihre jeweils höheren Wesen um Wohlstand, Fruchtbarkeit und langes Leben baten.
In dieser fachübergreifenden Perspektive untersuchen zahlreiche
Vorhaben des Deutschen Archäologischen Instituts antikes Wassermanagement im Rahmen seiner natürlichen Voraussetzungen
und seiner menschlichen Anverwandlungen. Die Archäologie als
historische Wissenschaft erforscht den kulturellen Rahmen antiker Gesellschaften, ihre kulturwissenschaftlichen Ansätze analysieren den Zuschnitt der unendlich vielen Formen menschlicher
Gemeinschaften, und in der Zusammenarbeit mit zahlreichen Disziplinen der Naturwissenschaften rekonstruiert sie das sensible
Gefüge, in dem Mensch und Umwelt aufeinander einwirken.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 39
TITELTHEMA
SÜDSCHLEUSE des Großen Damms von Marib
Foto: DAI Orient-Abteilung, Gerlach
WEIHRAUCH, WASSER, WIRTSCHAFT
Ausgefeilte Hydrotechnik machte aus einst stillen Oasen
einflussreiche Territorialmächte
Moderne Gartenbewässerung in der Oase von Tayma.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Hausleiter
Marib und Tayma
Das Klima ist sehr trocken, und der Anblick der Oase evoziert
ein Klischee: der Brunnen im Stadtzentrum und Gärten voller
Palmen. Der Beiklang des Wortes „Oase“ produziert leicht die
falsche Vorstellung eines verschlafenen Nests, in dem man allenfalls ein dösendes Kamel trifft. Die Bilder sind schön, romantisch sind die Geschichten eher nicht. Vielmehr sind es
Geschichten über Erfindergeist und technische Innovationen,
über effiziente gesellschaftliche Organisation und internationale Handelsbeziehungen, über Geschäfte und knallharte
Konkurrenz, denn eine Oase brauchte Kundschaft. Die Karawanen zogen durch die Wüste mit Hunderten von Tieren, die
alle paar Tage getränkt werden mussten. Das kostete Geld.
Zog eine Karawane woanders hin, konnte die Oase in Zahlungsschwierigkeiten geraten.
Nichts könnte also falscher sein, als sich die Oasen der Arabischen Halbinsel in der Antike als verschlafene Nester vorzustellen. Vielmehr wurden sie bei anhaltendem Erfolg zu Territorialmächten, die die geopolitischen Koordinaten der Region
neu zogen. Im frühen 4. Jahrtausend v. Chr. breitet sich die
Oasenkultur vom Süden Jordaniens weiter nach Süden und
40 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Südosten aus: auf die Arabische Halbinsel in die ariden Gebiete südlich des Fruchtbaren Halbmonds. Tayma in Nord-WestSaudi-Arabien und Marib im Jemen sind Beispiele für prosperierende Oasen, die einst wichtige Stationen an der Weihrauchstraße waren.
Die Hirten, die im 4. und 3. Jahrtausend in die Oasen kommen,
finden Feld- und Gartenbau vor und Brunnen für Trinkwasser
und Feldbewässerung. Ab dem 2. Jahrtausend werden Tayma
und Marib zu politisch und wirtschaftlich zentralen Orten und
Drehscheiben des Verkehrs und Handels, beide waren in überregionale politische Entwicklungen einbezogen und wurden
von den damaligen „Supermächten“ Ägypten, Assyrien und
Babylonien oder Griechenland und Rom wahrgenommen. Die
dauerhafte, ganzjährige Besiedlung, die Voraussetzung dieser
Entwicklungen war, wurde möglich durch Beherrschung der
grundlegenden Wasserbautechniken.
Die Archäologen des DAI arbeiten seit mehreren Jahren gemeinsam mit Geoarchäologen, Wasserbauingenieuren und
Hydrologen daran, diese frühen Innovationen zu erforschen.
BRUNNEN In den Fels gehauener Schacht eines
Brunnens mit steinernem Aufbau im Zentrum
SCHATTENSEITEN DES REICHTUMS Sedimentpakete im Stauraum des Großen Dammes
von Marib führten vermutlich zu Beginn des 7. Jahrhunderts n. Chr. schließlich zum
der Ruine von Tayma, vermutlich aus nabatäischer Zeit. Foto: DAI Orient-Abteilung, Kramer
endgültigen Dammbruch.
Foto: DAI, Orient-Abteilung, Hitgen
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 41
TITELTHEMA
I DER GROSSE DAMM VON MARIB
Blick vom südlichen Auslassbauwerk (Südbau) zu den
Resten des Dammes und zum Nordbau.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Gerlach
II
SÜDBAU DES GROSSEN DAMMS VON MARIB
Die heute sichtbare Bauphase des Großen Damms
stammt aus dem 6. Jahrhundert n. Chr.
Foto: DAI Orient-Abteilung, Gerlach
I
Marib – Wirtschaftszentum des Reichs von Saba
Die Oase von Marib im heutigen Jemen
war die Lebensader eines bedeutenden
Karawanenreiches des 1. Jahrtausends v.
Chr. Hier entstand eine Hochkultur, die
weit ausstrahlte, reich vom Handel mit
Duftstoffen: Saba. Grundlage ihres Wohlstandes war eine intensive Landwirtschaft,
mit der nicht nur Bewohner, sondern auch
Karawanen versorgt werden konnten. Die
Archäologin Iris Gerlach erforscht den Ursprung und die Entwicklung des sabäischen Reiches mit seinem Zentrum Marib.
Die Besonderheiten der Bewässerungskultur spielen dabei naturgemäß eine herausragende Rolle.
Saba war die bedeutendste Oasenkultur
am östlichen Rand des jemenitischen Hochlandes. Seit dem 8. Jahrhundert v. Chr hatte
sie sich zu einem Territorialstaat entwickelt.
Antike Quellen berichten vom sagenumwobenen Reichtum Sabas. Er manifestierte sich in reichen Tempeln und anderen
Prachtbauten, deren Überreste noch heute
zu sehen sind. Die Kontrolle über den Handel mit Weihrauch und Myrrhe und die
Lage an der Weihrauchstraße waren Quelle des Reichtums – aber nicht seine Grundlage. Die erfolgreiche landwirtschaftliche
Nutzung großer Feldflächen war die eigentliche Basis des Wohlstands. Zwei Mal
im Jahr stürzte der Monsunregen über das
Bergland des Jemen hinab. Die Niederschläge sammelten sich in den Wadis und
ergossen sich als mächtige Sturzfluten in
die Wüstenzonen des Landes – in Wucht
und Masse vergleichbar dem Rheinfall von
Schaffhausen. Solange sie nicht gebändigt waren, richteten sie eher Schaden an
als dass sie Nutzen bringen konnten. Spuren von Bewässerungssystemen finden
42 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
sich bereits im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr.
– in einer Zeit, in der das Klima in der Region deutlich trockener wurde. Erddämme,
Buhnen genannt, leiteten das Wasser aus
der Mitte des Wadistroms auf die Felder
und machten so den Feldbau in bescheidenem Umfang möglich.
Um 1000 v. Chr. formiert sich die sabäische
Kultur, eine neue Steinbearbeitung entwickelt sich, und auch die Bewässerungssysteme werden komplexer. Der „Bau A“ –
wohl noch basierend auf der Buhnentechnik – ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst, bestehend aus Pfeilerkonstruktionen und Schwergwichtsmauern. Die Kalksteinquader sind so geschnitten, dass sie
fugenlos zueinander passen, und sie sind
so genau versetzt, dass sie dem Druck des
Wassers standhalten.
Sicher war der Reichtum der Oase nie. Zum
einen konnte das lebensspendende Wasser bei zu hohen Fluten die Bewässerungsanlagen zerstören, und auch die fruchtbaren Sedimente, die zweimal im Jahr auf
die Felder geschwemmt wurden, hatten
auf Dauer ihre Schattenseiten. Das Bodenniveau in der Oase stieg kontinuierlich um
ca. einen Zentimeter pro Jahr. Dadurch verringerte sich das Fließgefälle im Kanalsystem, das aber nötig war, um auch die Randbereiche der Oase mit Wasser zu versorgen. Damm und Auslässe mussten ständig
erhöht werden – auch der Große Damm
von Marib zeigt sich den Archäologen
heute im Zustand einer späten Bauphase,
die gegen Ende der altsüdarabischen Reiche anzusetzen ist. Bauinschriften aus
dem 4. und 5. nachchristlichen Jahrhundert berichten von den Bauarbeiten.
Ein größeres Problem waren politische
und soziale Veränderungen in der Region.
Die äthiopischen Eroberer des sabäischen
Reiches mussten die Menschen zwangsverpflichten, die überlebensnotwendigen
Instandhaltungsarbeiten am Bewässerungssystem durchzuführen. Ohne einen
starken politischen Konsens wurden im
Laufe der Zeit alle Systeme brüchig – zu
Beginn des 7. Jahrhunderts brach der
Große Damm. Das war das Ende der Oase
Marib.
II
Dr. Iris Gerlach ist Leiterin der
Außenstelle Sana‘a des DAI. Die
Oase Marib wird seit 35 Jahren
von Mitarbeitern der
Außenstelle erforscht.
SCHEMATISCHER PLAN mit den wichtigsten
Funktionselementen des Großen Damms.
DER GROSSE DAMM
Im späten 8. Jahrhundert v. Chr. hatten die Sabäer ihre Fähigkeiten so weit entwickelt, dass sie das
schwierigste Projekt ihrer Bewässerungssysteme in Angriff nahmen und im 6. Jahrhundert v. Chr.
umsetzten. Der Große Damm von Marib ermöglichte eine Vollsperrung des gesamten Wadis, mit
der man nahezu alles Wasser für die Bewässerung der Felder verwenden und damit gleichzeitig die
Anbaufläche deutlich ausweiten konnte. Es ging hierbei nicht um Bevorratung wie bei modernen
Talsperren. Vielmehr wurde gestaut, um den Wasserspiegel anzuheben, das Wasser zu beruhigen
und in Kanäle einleiten zu können. So konnte man die Felder kontrolliert überfluten. Die Sabäer
errichteten dazu einen 600 Meter langen, fast 100 Meter breiten und ungefähr 20 Meter hohen
Erddamm mit Steinstückung.
An den Seiten befanden sich Auslassbauwerke, die man direkt auf dem anstehenden Felsen
errichtete, um die Unterspülung ihrer Fundamente zu verhindern. Die Schwellen dieser Durchlässe
lagen weit über dem Niveau der Felder, aber noch deutlich niedriger als die Dammkrone. Erreichte
das Wasser die Schwellen, strömte es in ein Tosbecken, in dem es sich so weit beruhigte und
verlangsamte, dass es ins Kanalnetz eingespeist werden konnte. Über den Hauptkanal gelangte
das Wasser zum Hauptverteiler, und von dort erreichte es bei einem nur minimalen Fließgefälle von
ein bis zwei Promille das sich immer weiter verzweigende Kanalsystem und schließlich die etwa
einen Hektar großen Felder. Eine einmalige Überflutung von etwa einem halben Meter garantierte
die Ernte. 1000 Jahre lang konnten die Sabäer auf diese Weise die lebensfeindliche Region in eine
fruchtbare Oase verwandeln. Fast 10000 Hektar Ackerland wurden bewirtschaftet. In dieser Zeit
war Marib die größte künstlich geschaffene Oasenlandschaft Südarabiens.
Iris Gerlach
Nach Ueli Brunner, Jemen. Vom Weihrauch zum
Erdöl (Wien/Köln/Weimar 1999) Abb. S. 46
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 43
TITELTHEMA
I
DER BIR HADAJ gilt mit 18 Metern Durchmesser als einer der größten Brunnen der Arabischen Halbinsel.
Er diente zur Bewässerung der Palmoase von Tayma. Das Wasser wurde mit Hilfe von Kamelen aus dem
Brunnen geschöpft. Foto: DAI Orient-Abteilung, Hausleiter
Prof. Dr. Ricardo Eichmann,
Direktor der OrientAbteilung des DAI, leitet seit
2004 das deutschsaudi-arabische Ausgrabungsprojekt in Tayma.
II
III
I KANALANLAGE eines Bewässerungssystems in Tayma. Kanalkreuzung mit
vorgeschaltetem Absetzbecken (wahrscheinlich spätes 1. Jt. v. Chr.). Daneben
III MITARBEITER DES Naturwissenschaftlichen Referats des DAI konnten
zusammen mit Biologen der Freien Universität Berlin in einer Pollenanalyse
sieht man eine antike Feldbegrenzung.
die pflanzliche Besiedlungsgeschichte der Oase Tayma umreißen. Dabei
stellte sich heraus, dass mindestens seit der zweiten Hälfte des 4. Jahr-
II VERMESSUNGSARBEITEN IN TAYMA.
Hausleiter
Grabungsleiter in
Tayma ist PD Dr.
Arnulf Hausleiter
Foto: DAI Orient-Abteilung, Weigel
Foto: DAI Orinet-Abteilung,
tausends v. Chr. in Tayma Wein angebaut wurde.
Abteilung, Eichmann
Foto: DAI Orient-
DIE GESCHICHTE VON TAYMA
Wenn auch die Besiedlung von Tayma im 3. Jahrtausend v. Chr. begann – der Name Tayma wird zum ersten Mal
in einem Text aus dem Gebiet des Mittleren Euphrat erwähnt. Es war die Zeit der Tributpflicht Taymas an den
assyrischen König Tiglatpileser III., der von 745 bis 726 v. Chr. regierte, und Assyrien zu einer Hegemonialmacht
in der Region ausgebaut hatte. Der Text nennt Tayma in Zusammenhang mit einer Handelskarawane, und auch
in späteren, zum Beispiel der biblischen Überlieferung ist von Tayma vor allen als von einem Handelsplatz die
Rede. Wir wissen, dass Tayma auch in neubabylonischer und achämenidischer Zeit an die jeweiligen übergeordneten politischen Einheiten angebunden war, aber trotz neuer keilschriftlicher Textfunde in der Oase und den
bereits bekannten Zeugnissen der Achämenidenzeit ist die genaue Art und Weise dieser Anbindung nur in
groben Zügen bekannt.
Zwischen den Oasen herrschte stets nicht nur ein reger Austausch, sondern auch ein harter Wettbewerb.
Insbesondere während der letzten Jahrhunderte des 1. Jahrtausends v. Chr. war das Verhältnis zwischen Tayma
und der Nachbaroase Dedan (heute Khuraybah) von Konkurrenz geprägt. Und schließlich bemächtigten sich die
Könige der lihyanischen Dynastie von Dedan des politischen Raumes und der Heiligtümer von Tayma, indem sie
Inschriften hinterlegten und in einem Tempel Statuen errichteten. Gleichzeitig ging die Siedlungsgröße der Oase
zurück – ein Zeichen für die Machtverschiebung in der Region. Tayma gelangt unter nabatäischen, dann
römisch-byzantinischen Einfluss. Später spielt Tayma als Ausgangspunkt für die Islamisierung der Levante eine
bedeutende Rolle. Zuvor war hier eine bedeutende jüdische Gemeinde angesiedelt, und noch im 11. Jahrhundert ist Tayma bekannt als ein wohlhabender Ort mit einer großen Stadtmauer.
Ricardo Eichmann
Tayma, ein urbanes Zentrum in der Wüste
Tayma ist eine der herausragendsten archäologischen Fundstätten Saudi-Arabiens und des Vorderen Orients. Von Sesshaften besiedelt seit dem 3. Jahrtausend
v. Chr., kennt man den Ort aus der Bibel
und aus keilschriftlicher Literatur vor allem als Handelsplatz. Aus einer einfachen
Oasensiedlung war im Laufe der Zeit ein
mächtiges Zentrum mit öffentlichen Bauwerken und ausgedehnten Wohngebieten geworden, das sich sogar im 2. Jahrtausend mit einer großen Stadtmauer
eine Grenze gab. Bereits zu dieser Zeit gibt
44 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
es Kontakte mit Ägypten und der Levante.
Später hatte hier der spätbabylonische
König Nabonid (556-539 v. Chr.) für zehn
Jahre seine Residenz – das zeigen Felsinschriften in der Umgebung der Oase.
Im Frühholozän gab es direkt nördlich der
späteren Siedlung einen großen See, der
infolge von Klimaveränderungen ab dem
6. Jahrtausend v. Chr. austrocknete. Er dürfte der Auslöser dafür gewesen sein, dass
Menschen in diese Gegend kamen. Ricardo
Eichmann und Arnulf Hausleiter gehören
zu den ersten ausländischen Archäologen,
die in der Oase Tayma im heutigen SaudiArabien forschen konnten und dies in Kooperation mit der Saudi Commission for
Tourism and Antiquities tun. Ein Glücksfall,
denn Tayma ist ein herausragendes Beispiel für die Entstehung von Oasenkulturen und ihrer Entwicklung zu politisch einflussreichen Regionalmächten.
bzw. einen Quellteich erschlossen wurde.
Dieses Wasser gelangte durch ein feingliedriges System von Kanälen auf die Felder und ermöglichte so zum einen eine
Landwirtschaft, die zahlreiche Menschen
ernährte, zum anderen gewährleistete es
die ausreichende Versorgung von Lasttieren der vorbeiziehenden großen Karawanenzüge.
Die antike Oase Tayma gewann das Wasser, das sie brauchte, überwiegend aus
dem Grundwasser, das durch Brunnen
Die Archäologen untersuchen das ausgefeilte Bewässerungssystem von Tayma zusammen mit Experten der Hochschule Lü-
beck in einer Kombination aus geoelektrischen und geomagnetischen Untersuchungen mit Ausgrabungen und Surveys.
Wie die Brunnen funktionierten, lässt sich
an jenen Anlagen veranschaulichen, die
bis Mitte des 20. Jahrhunderts in der Oase
in Gebrauch waren. Bei den größten Brunnen wurde das Wasser mit Kamelen über
Umlenkräder aus der Tiefe an die Oberfläche befördert – bis schließlich Dieselpumpen diese Arbeit übernahmen. Der größte
Brunnen von Tayma, der „Bir Haddaj“ hat
einen Durchmesser von 18 Metern. Bis-
lang fanden die Forscher in Tayma mehr
als 80 Brunnen. Weshalb die Oase an Bedeutung einbüßte, wollen Archäologen
und Wasserexperten vor dem Hintergrund
des augenscheinlichen Wasserreichtums
jetzt gemeinsam beantworten: Wieviel
Wasser konnten die Brunnen liefern? Wie
hoch war die Nachfließgeschwindigkeit?
Reichte dies auf Dauer für die Karawanen,
die zum Teil Hunderte Kamele mit sich
führten? Oder gab es vielleicht Konflikte
darüber, wer das Wasser an wen verkaufen
durfte?
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 45
TITELTHEMA
SCHNITT DURCH DIE DOMUS SEVERIANA  SCHEMATISCHE REKONSTRUKTION
Die Aussichtsräume öffneten sich zu einem großen Wasserbecken,
das in flavischer Zeit (Ende 1. Jh. n. Chr.) auf einem zweigeschossigen Unterbau errichtet wurde. Abb.: Lehrstuhl für Baugeschichte, Lehrstuhl für Vermessungskunde der BTU Cottbus mit Ergänzungen von Ulrike Wulf-Rheidt, Architekturreferat des DAI Berlin
DAS GROSSE WASSERBECKEN Virtuelles Rekonstruktionsmodell der Domus Severiana in flavischer Zeit (Ende 1. Jh. n. Chr.). Mit dem Wasserbecken im
Blick erhielten die Räume, in denen die luxuriösen Gelage gefeiert wurden, den Charakter einer Villenanlage. Abb.: LengyelToulouse Architekten auf
Grundlage eines 3D-Modells von Armin Müller, Architekturreferat des DAI Berlin
„WASSERPFLANZEN“ Im sogenannten Versenkten Peristyl befand sich ein großes Wasserbecken mit einer Insel, die im 2. Jh. n. Chr. in Form
eines Peltaschildes gestaltet wurde. Die Bepflanzung mit blauen Blumen soll eine Ahnung vom früheren Wasserluxus im Kaiserpalast geben.
Foto: Architekturreferat des DAI Berlin, Pflug
ALLES FLIESST
Wasserluxus in der Antike
Rom und Córdoba
Manchmal scheinen Dinge so zu sein, wie man sie in schlechten Filmen sieht. Römische Kaiser verprassen Vermögen für
sich und ihren Hofstaat in dekadentem Luxus, der keine
Übertreibung scheute. Kalifen nahmen ihre Pflicht zu repräsentieren sehr genau und feierten rauschende Feste, bei denen der Wein in Strömen floss. Sie und ihresgleichen, ob
Herrscher oder einfach nur reich, geboten über Mittel, die
46 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Wasser für den Kaiser
ihnen die Beherrschung eines immer eigenwilligen und
selbst mächtigen Elements erlaubte. In Luxussucht und
Herrscherwahn und um die wenigen Freunde und die vielen
Feinde zu beeindrucken, wollten sie sich nicht mit dem Wasser arrangieren, sie wollten ihm gebieten. In Prachtentfaltung und Machtdemonstration spielt Wasser seit jeher eine
herausragende Rolle.
Der Palatin war der Herrschaftsbezirk von Rom, auf dem sich das
Machtzentrum der antiken Welt befand. Das Imperium war die beherrschende Macht im Mittelmeerraum. Das Wort Palast kommt
von Palatin, und genau so muss man sich die Bebauung vorstellen. Die Bauforscherin und Architektin Ulrike Wulf-Rheidt arbeitet
seit 1998 in zahlreichen Projekten zum Palatin, in Kooperation mit
der Soprintendenza Archeologica di Roma und häufig auch mit
den Experten für Baugeschichte und Vermessungskunde des DAIKooperationspartners Brandenburgische Technische Universität
in Cottbus (BTU).
Wasserbau war zwar vor 2000 Jahren nichts Neues im Imperium,
die Aquädukte waren eine bekannte Technologie, und über einen
exklusiven Abzweig eines Aquädukts wurde auch der Kaiserpalast
stetig mit großen Wassermengen versorgt. Mit dem Aquädukt
wurde das Wasser an die höchste Stelle gebracht und dann nach
unten verteilt. Dennoch war es eine enorme technische Herausforderung, das Wasser auf den Palatin hinaufzuschaffen und über
Bleirohrleitungen in das kompliziert verzweigte System einzuspeisen, mit dem die vielen Teilbereiche der Palastanlage versorgt
wurden – und es über Kanäle schließlich wieder abzuleiten. So
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 47
TITELTHEMA
HERRSCHAFTSARCHITEKTUR
Der römische Kaiserpalast auf dem Palatin gehört zu den antiken Bauwerken, die bis in unsere Zeit
das Stadtbild von Rom nachhaltig prägen. Die Überreste bilden noch heute zusammen mit dem
Circus Maximus eine eindrucksvolle Kulisse, die ein wenig von der Pracht der einst über 300 Meter
langen Fassade des Kaiserpalastes erahnen lässt. Doch trotz ihrer Wirkmächtigkeit ist die
Architekturgeschichte der imperialen Anlagen kaum erforscht. Mit Kaiser Augustus begann die
Verwandlung des Palatin vom aristokratischen Wohnviertel zum weitläufigen Palastareal. Der
Die Architektin und
Bauforscherin Prof. Dr.-Ing.
Ulrike Wulf-Rheidt leitet das
Architekturreferat am
Deutschen Archäologischen
Institut.
Name des Hügels wird nicht nur zum Synonym für die Residenz, sondern auch für Herrschaftsarchitektur schlechthin. Doch was ist Herrschaft ohne Beherrschte? Die Stadt Rom ist der Gegenpol
zur Palastarchitektur, nur in der Gegenüberstellung und in Beziehung zueinander und im Kontext
der traditionellen städtisch-aristokratisch geprägten Gesellschaftsverhältnisse und der überlieferten politischen Organisationsstrukturen ist zu verstehen, was ein Palast ist und wie er funktioniert
– und wie der Palatin zu dem wurde, was er schließlich war. Wasser, das nicht für jeden frei und
bequem zugänglich war, ist dabei nicht nur ein technisches Thema. Als Luxusgut spielte es bei der
Inszenierung von Herrschaft und Herrscher eine bedeutende Rolle.
Ulrike Wulf-Rheidt
Das Paradies zu Füßen
ausgefeilt war die Technologie, dass zahlreiche Wasserspiele von
sanft plätschernd bis laut rauschend eingestellt werden konnten.
Es gab Wassertreppen, Springbrunnen, große Wasserbecken und
künstliche Seen, die in den heißen römischen Sommern der Kühlung dienten.
Im „Versenkten Peristyl“ (ein von Säulen umgebener, eingetiefter
Hof ) der Domus Augustana gab es sogar ein Becken, das tief genug zum Schwimmen war – in direkter Verbindung mit den Latrinen. Die Anlagen waren von Statuen gesäumt – regelrechte Wellness-Tempel – die man gemeinsam aufsuchte. Im Hof gab es ein
großes Wasserbecken mit einer künstlich geschaffenen Insel, die
über Brücken erreichbar war. Hier fanden die großen Gelage statt.
In der Domus Severiana hatte man sogar auf einen 20 Meter hohen Unterbau ein weiteres, riesiges Wasserbecken gesetzt, das
unmittelbar bis an die Räume heranreichte. Von diesen Räumen
aus konnten die kaiserlichen Besucher den Blick über die Wasserfläche schweifen lassen und so – abgeschirmt von der lauten und
hektischen Stadt Rom – die Illusion genießen, sich in einer der beliebten Seevillen zu befinden.
Man kennt inzwischen die Palastanlagen des Palatin so gut, weil
es den Bauforschern des DAI gelang, in einer Kombination mehrerer Messmethoden eine umfassende Bauaufnahme des Palatin
duchzuführen und dessen Reste umfassend zu dokumentieren.
Neben traditioneller Tachymetrie mit Reflektor setzten sie auch
reflektorlose Tachymetrie, Photogrammetrie, Laserscanning, aber
auch das bewährte Handaufmaß ein. Nach der computergestützten Aufbereitung stehen die Messdaten auch für dreidimensionale Modelle zur Verfügung, mit deren Hilfe sich Einsichten in die
ehemalige Pracht der Kaiserpaläste gewinnen lassen, die die Ruinen kaum vermuten lassen würden. Tatsächlich war die Entwicklung der kaiserlichen Prachtentfaltung viel komplexer, als man
bisher dachte – inklusive der vielfältigen, ausgeklügelten Wasseranlagen.
48 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Es war zwar nicht der Kalif selbst, dem die Villa gehörte, aber immerhin sein Finanzminister al Durri, genannt „der Kleine“, der, aus
wohlhabender und einflussreicher Familie stammend, den
Wunsch hatte zu repräsentieren. So steckte er ab 965 sein Vermögen in den Bau seiner „Munyat al-Rummaniya“, der „Villa des Granatapfelbaumtals“ in der Nähe von Córdoba. Lang konnte er sich
ihrer aber nicht erfreuen, denn wegen der Veruntreuung von
Staatsgeldern fiel er in Ungnade und konnte sich nur dadurch retten, dass er dem Kalifen die Villa zum Geschenk machte und ein
großes Fest gab.
WEITBLICK Ein leichter Luftzug durchwehte den nach beiden Seiten offenen Saal der Villa. Die Blickrichtung war so gewählt, dass man weder die Stadt
noch den Sitz des Kalifen sah. Montage: Felix Arnold, DAI Madrid
Córdoba war zu dieser Zeit eine mächtige Stadt, die sich großer
Freiheit der Künste und des Handels erfreute, ein geistiges Zen-
In
Al-Rummaniya war ein
großes Wasserbecken das
Glanzstück des Hauses.
KÜHLUNG FÜR MENSCH UND TIER Das große
Becken hatte einen von Bögen getragenen
Umgang, unter den sich Fische in großer
Hitze zurückziehen konnten. Durch den Saal
hindurch öffnete sich der Blick auf das Tal des
Guadalquivir.
Zeichnung: Felix Arnold, DAI Madrid
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 49
„In Al-Rummaniya hatte man mehr“, erklärt der Bauforscher Felix
Arnold, der die Ausgrabung an der Villa leitet. Ein großes Wasserbecken von 50 Metern Länge, 30 Metern Breite und vier Metern
Tiefe war das Glanzstück des Hauses – eines der größten in der islamischen Welt. Die Grube war mit Steinmauerwerk eingefasst,
das anschließend verputzt und poliert wurde. Die Grundlagen der
Bewässerungstechnik kannte man bereits aus römischer Zeit, und
man machte auch kein Hehl daraus, es genau so anzufangen „wie
die Römer“. Dennoch fand sich hier ein besonders ausgeklügeltes
System, das die Archäologen beeindruckte.
Unter dem Saal befanden sich die Abläufe des großen Beckens.
Damit verbanden sich Vorstellungen vom Lebensbaum und vom
Paradies – das lebensspendende Element, das quasi zu Füßen der
Menschen entspringt.
EIN LANDSITZ DER BESONDEREN ART.
Rekonstruktion der Anlage al-Rummaniya bei
Córdoba (965 n. Chr.). Auf drei Terrassen
erstreckte sich eine Olivenplantage, auf der
vierten ein luxuriöse Sommerresidenz.
Zeichnung: DAI Madrid, Arnold
Der Bauforscher Dr.
Felix Arnold leitet die
Ausgrabungen des DAI von
al-Rummaniya. Seit 2011
gehört er der Abteilung Kairo
des DAI an, zuvor war er
Mitarbeiter der Abteilung
Madrid.
WASSERKUNST AM BAU
Das Zusammenspiel diverser Techniken der Wassergewinnung, -speicherung und –verteilung zeigt das große
Können der Planer. Wasser, das bei den winterlichen
Starkregen über einen Bergbach lief, wurde auf geschickte
Weise in das Becken eingeleitet. Eigens zu diesem Zweck
wurde mit großer Wahrscheinlichkeit das Wasser am
Oberlauf des Bachs mittels einer Mauer gestaut, von der
wiederum eine Rinne abging. Die Quellen auf dem
Gelände wurden in Stein gefasst, so dass man leichter
daraus schöpfen konnte. Es gab sogar eine unterirdische
Sickergalerie – ein horizontaler Brunnen, der das Grundwasser aus den nahegelegenen Bergen herführte.
Eine Zisterne lieferte das Trinkwasser, und womöglich
versorgte das große Wasserbecken die Pflanzen. Dieses
Wasserbecken war zudem so etwas wie eine natürliche
Klimaanlage für den großen Festsaal, der zwischen Becken
und tiefer liegendem Garten platziert war und in dem
dadurch immer ein leichter Luftzug wehte. Geschwommen
wurde nicht im Becken, aber die Musiker spielten auf
Booten für die Festgäste auf.
Felix Arnold
50 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Für den täglichen Wasserbedarf reichte eine Bergquelle, die umund eingeleitet wurde. Die Quellen konnten aber nicht genügen,
das paradiesische Gewässer zu speisen. Es war zum großen Teil
Regenwasser aus Starkregenereignissen, die zwar selten eintraten, dann aber heftig. Wie genau das funktionierte, wissen die Archäologen und Bauforscher noch nicht. Im Frühsommer 2013
geht die Arbeit weiter, und eine der Fragen wird sein: Wie wurde
der Garten bewässert?
GRABUNG AN DER
WASSERLEITUNG
Die Archäologen legten
Teile der Wasserleitung
frei, die das große
Wasserbecken in den
Garten entwässerte.
Unter einer mächtigen
Zerstörungsschicht
wurden Reste des
islamischen Gartens
entdeckt.
Foto: DAI Madrid, Arnold
DAS GROSSE WASSERBECKEN HEUTE
Die Mauern waren sorgfältig aus
Quadern gefügt und anschließend mit Kalk verputzt. Ein purpurroter
Anstrich sollte römisches opus signinum vortäuschen, einen wasserdichten
Estrich. Foto: DAI Madrid, Patterson
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 51
TITELTHEMA
trum nicht nur der islamischen Welt. Die ganze Stadt war wie ein
Schachbrett durchgeplant, die Straßen verliefen im rechten Winkel zueinander, Haus, Hof und Garten waren rechteckig und geordnet, und man hatte einen Brunnen im Haus.
TITELTHEMA
I
II
I PROTOTYPEN Die „Knickpyramide“ und die „Rote
Pyramide“ sind pharaonische Pilotprojekte aus dem Alten
Reich, als zur Zeit Snofrus, Vater des Cheops, 2600 v. Chr. das
Konzept Pyramide mitsamt der umliegenden Infrastruktur
erfunden wurde. In Dahschur wurden insgesamt 3,5
Millionen Kubikmeter Baumaterial transportiert und
verbaut. Foto: Foto: DAI Kairo, Härtrich
FRAKTALE UND KLIMARITUALE
Naturwissenschaftliche Antworten auf archäologische Fragen
II DIE SCHARRBILDER oder „Nasca-Linien“ erstrecken sich
über eine Fläche von 500 km2 Foto: DAI KAAK
Dahschur und Nasca
Es war nicht „nur“ eine Pyramide, die man in den Wüstensand stellte. Das wäre schon gigantisch genug, tatsächlich
war es noch sehr viel mehr. Es war Landschaftsarchitektur
in ganz großem Stil, die Pharao Snofru betrieb. Da war
nichts Natürliches mehr, selbst der Aufweg, der zur Pyramide führt – zur ersten der Pyramiden – ist aufgeschüttet, ist
52 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
gestaltete Landschaft, die natürliche Entwicklung des
Landschafts reliefs mit seinen durch Wind und Regen entstandenen Erosionskanälen war unterbrochen worden.
Doch mit normaler Geländemorphologie kann der menschliche Finger abdruck des Reliefs nicht entziffert werden.
Hier helfen Fraktale ...
Ähnlich gigantische Eingriffe in die Erdoberfläche, die so
dimensioniert sind, dass man sie nur aus großer Höhe erkennen kann, dass sie – wie die Pyramiden – Anlass zu überund außerirdischen Spekulationen gaben, führen in die
amerikanische Antike ins südliche Peru. Die riesigen Geoglyphen von Nasca können mit Hilfe elaborierter natur-
wissenschaftlicher Methoden wie Magnetometerprospektion, Geoelektrischer Prospektion oder Photogrammetrie
in ihrer wirklichen Entstehung und Funktion verstanden
werden. Und sie hatten viel weniger mit dem luftigen
Element als vielmehr mit Wasser zu tun, denn in der Kultur,
in der sie entstanden, drehte sich alles um Wasser.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 53
TITELTHEMA
Fraktale Landschaften in Dahschur
Die Pyramide allein macht keinen Forschungsgegenstand mehr in
der modernen Archäologie. Man sieht sie als Teil eines Ganzen, als
Werk von Menschen in einer bestimmten Umwelt, auf die der
Mensch einwirkt und die umgekehrt immer auch ihren Tribut fordert. Archäologen des Deutschen Archäologischen Instituts unter
der Leitung von Nicole Alexanian vom DAI Kairo arbeiten zusammen mit Geowissenschaftlern der Freien Universität Berlin an einer
Landschaftsrekonstruktion des Grabungsplatzes Dahschur.
Fluviale Erosion und menschliche Hand waren die Landschaftsarchitekten in Dahschur. Das Wasser suchte sich viele verzweigte
54 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Wege durch den Boden, die gigantische Baustelle Dahschur schuf
Straßen und Transportwege, die wiederum die natürliche Erosion
verstärken oder aber zusätzliche Materialien aufschütten konnte.
Beide auseinanderzuhalten nach so langer Zeit und unter soviel
Sand, ist nicht immer leicht. Die Geowissenschaftler hatten eine
Idee. Die natürlichen fraktalen Muster der Erosionskanäle führen
zu einer fraktalen Topographie, wenn fluviale Prozesse die Hauptfaktoren bei der Geländeformung sind. So kann auf der Grundlage
eines digitalen Höhenmodells die fraktale Natur der natürlichen
Erosionsrinnen ermittelt werden.
EIN HAFEN FÜR DIE PYRAMIDE  HAFENBECKEN MIT AUFWEG
Zu Snofrus Zeit verlief der Nil etwa 500 Meter weiter östlich. Sehr
wahrscheinlich kam man vom Wasser zum Hafen der Pyramide, der hier
eine echte Funktion hatte, während Hafenanlagen an anderen Pyramiden
oft nur symbolischer Art waren. Vom Hafen führte ein Aufweg zum
Taltempel, ein weiterer von dort zur Pyramide. Da Hafenbecken und die
umliegenden Bauten unter einer sieben Meter dicken Sandschicht liegen,
untersuchten die Archäologen das Gelände zunächst magnetometrisch,
um einen Ausgangspunkt für die Suche zu haben (oben). Foto: DAI Kairo
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 55
TITELTHEMA
DIE KÖNIGLICHEN PYRAMIDEN
VON DAHSCHUR
Tief in der Wüste liegen die Pyramiden des Königs Snofru, die Rote Pyramide
und die Knickpyramide. Ausgedehnte Friedhöfe hoher Beamter befinden sich
in der Nähe, am Wüstenrand die Siedlungen und der Taltempel. Dahschur
wurde von König Snofru in der 4. Dynastie (um 2600 v. Chr.) inauguriert und
fungierte in seiner Regierungszeit als Residenznekropole. Durch das gesamte
Die Archäologin Dr.
Nicole Alexanian von der
Abteilung Kairo des DAI
leitet die Grabungen des
Instituts in Dahschur.
Alte Reich (über 400 Jahre bis 2.200 v. Chr.) hindurch führten Priester den Kult
an seinen Pyramiden durch. Sie bewohnten die Pyramidenstädte am
Fruchtlandrand und wurden in Dahschur begraben. Im Mittleren Reich (12.
und 13. Dynastie, 1.900-1.700 v. Chr.) wurde Dahschur wieder ein königlicher
Begräbnisplatz und auch der Kult am Tempel der Knickpyramide wurde
wieder aufgenommen.
Nicole Alexanian
FRAKTALE LANDSCHAFTEN Im Vergleich erkennt man gut die fraktale Beschaffenheit
der natürlichen Landschaft (u.r.) im Unterschied zu der von Menschen gemachten (u.l.).
Die natürlichen Erosionsrinnen übertragen ihre fraktale Natur, die im digitalen Höhenmodell als selbstähnlicher Baum zu erkennen ist, auf die Oberfläche. Als Fraktal wird ein
geometrisches Muster bezeichnet, das eine gebrochene Dimensionalität und zudem
einen hohen Grad von Selbstähnlichkeit aufweist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein
Objekt aus mehreren verkleinerten Kopien seiner selbst besteht. Abb.: Arne Ramisch,
Freie Universität Berlin, Geowissenschaften
Klimarituale in Südperu
Alles dreht sich um Wasser. Es ist wie „der große Geist“, der über
allem schwebt. Wasser ist das zentrale Thema bei den weltberühmten Geoglyphen in Peru, die nach der unweit liegenden
Stadt auch Nasca-Linien genannt werden. Bis zu 20 Kilometer lange schnurgerade Linien, Dreiecke und trapezförmige Flächen,
große bis riesige Figuren, Abbilder von Menschen, Affen, Vögeln
und Walen sind in wenige Zentimeter tiefen Linien in die Erde geritzt. Viel war schon geschrieben und geraunt über Ziel und Zweck
der gigantischen Kunstwerke, die erstmals in der Zeit der ParacasKultur zwischen 800 und 200 v. Chr. errichtet wurden – viel früher,
als man ursprüngllich angenommen hatte. Um aber ihrem Geheimnis wirklich auf die Spur zu kommen, musste man mit der
Forschung noch einmal von vorn anfangen.
NACHSTELLUNG EINER PROZESSION
auf einer spiralförmigen Geoglyphe
der Nasca-Zeit (200 v. Chr.-600 n. Chr.),
so wie sie wohl einmal als Teil von
Ritualen im Zusammenhang mit
Wasser- und Fruchtbarkeitskulten
stattgefunden haben könnte.
Markus Reindel von der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen (KAAK) des DAI leitet seit 1996 die Arbeiten in
Südperu, die in das große Verbundprojekt „Anden-Transekt“ des
DAI eingebunden sind.
Anders als es bei früheren Untersuchungen der Fall war, hatten
sich die Forscher auf die Suche nach den Siedlungen gemacht, die
zu den Geoglyphen gehören mussten. Ohne kulturellen Kontext
versteht man keine Technik und kann auch ihren Sinn nicht ermit-
56 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 57
TITELTHEMA
I
II
III
I Die Steinhaufen nach der Ausgrabung. Es handelt sich um die Reste von Plattformen, die zur
Nasca-Zeit (200 v. Chr.-600 n. Chr.) für Rituale im Zusammenhang mit Wasser- und Fruchtbarkeitskulten
genutzt wurden.
II
GEOGLYPHEN an einem Berghang bei Palpa, die aufgrund ihrer stilistischen Ähnlichkeit mit Motiven auf Geweben der Paracas-Kultur (800-200 v. Chr.) zugeordnet
werden können.
teln. Und ohne moderne Technik bei den Forschungsmethoden
gehen Archäologen heute nicht mehr ins Feld. In Kooperation mit
der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) wurden photogrammetrische Messungen durchgeführt, um schließlich einen virtuellen Überflug über die gigantischen Scharrbilder
machen zu können.
In der Folge gab eine Sensation die nächste. Reindel und seine
Kollegen fanden Petroglyphen, die älter waren als die Geoglyphen und dieselben Motive schließlich auch auf Textilien, so dass
sie einen weiteren Beleg dafür hatten, dass die Scharrbilder in der
Paracas-Zeit entstanden waren. Darüber hinaus entdeckten sie
Gebäude auf den Geoglyphen und in diesen Gebäuden Opferga-
Der Archäologe Dr. Markus
Reindel leitet die Forschungen
in Südperu in Kooperation mit
einem Team vom Geographischen Institut der Universität
Heidelberg unter Leitung von
Prof. Dr. Bernhard Eitel
Detail einer der stark erodierten Plattformen.
III Reste von Feldfrüchten (Mais), Textilien und Spondylusmuscheln sowie Werkstücken, die als
Opfergaben auf den Steinplattformen niedergelegt wurden. Fotos und Abbildungen: DAI KAAK
ben wie Feldfrüchte, Keramik, Textilien und vor allem Spondylusmuscheln, ein kostbares Handelsgut, das von weither kam und
überall, wo es auftaucht, mit Wasser- und Fruchtbarkeitskulten
verbunden ist. Heute weiß man, dass die Fruchtbarkeitsrituale
durch periodische Klimaschwankungen veranlasst waren.
Wasser ist seit jeher zentral für das gesamte kultische Geschehen
in der Region wie auch für die Besiedlung und die Wanderungsbewegungen. Ändern sich Klima und Landschaft, werden die Siedlungen verlagert. Ist es auf der Höhe unwirtlich, zieht man an die
Küste. Wird es dort zu trocken, verlagert man die Siedlungen wieder in die Berge. Bis auf 5000 Meter Höhe sind die Menschen gezogen und haben sich die natürlichen Bedingungen so gut es
ging zunutze gemacht. Als es in den Bergen wieder trockener
wurde, verstärkte man die Wasserrituale, ritzte mehr Linien und
Figuren, erhandelte mehr Muscheln, doch es wurde immer trockener. Als die Menschen begriffen, dass ihre Mühe vergeblich
war, gingen sie weg.
ANDEN-TRANSEKT
Die Forschungen zu den Geoglyphen und deren Erfassung sind eingebunden in das Verbundprojekt
„Anden-Transekt“, in dem die vorspanischen Umwelt- und Kulturentwicklung mit Hilfe modernster
naturwissenschaftlicher und archäologischer Methoden erforscht wird. Das Untersuchungsgebiet liegt an
der Westseite der peruanischen Anden zwischen der Pazifikküste und dem Westrand des Altiplano. In
einem vierdimensionalen Ansatz werden Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt im Verlauf der
präkolumbischen Geschichte analysiert. Wie haben die autochthonen Gesellschaften Südamerikas
naturbedingte Umbruchsituationen bewältigt? Wurden damit schubartig kulturelle Entwicklungen
beschleunigt? Wie gingen daraus neue Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens hervor? Die
modellartigen Rahmenbedingungen in Westperu, unter denen sich diese Prozesse vollzogen haben,
lassen grundsätzliche Erkenntnisse für das Verständnis menschlicher bzw. gesellschaftlicher Entwicklung
erwarten. Geistes- und Naturwissenschaftler arbeiten eng zusammen, um die Menschheits- bzw. Kulturgeschichte und die Umweltgeschichte im Arbeitsgebiet zu erforschen. Eines ist bei allen Forschungen
deutlich geworden: Es geht immer um Wasser.
Markus Reindel
VIRTUELLER ÜBERFLUG In Kooperation mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) konnten die DAI-Archäologen photogrammetrische
Messungen durchführen, um schließlich einen virtuellen Überflug über die gigantischen Scharrbilder machen zu können. Die Photogrammetrie ist eine
Fernerkundungsmethode, bei der aus Fotografien und genauen Messbildern von Objekten ihre räumliche Lage oder ihre Form bestimmt werden.
Geländemodell: ETH Zürich, Lambers
58 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 59
PORTRÄT
1994 war Iris Gerlach zum ersten Mal im
jemenitischen Sana’a, 1997 mit einem Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts im äthiopischen Yeha.
„Schon damals stand ich dort vor diesem
riesigen Monumentalbau und fragte mich,
wie die beiden Regionen wohl in der Antike miteinander verbunden gewesen sein
mochten.“ Wichtige Lebensentscheidungen waren bereits gefallen, das Studium
der Vorderasiatischen Archäologie, Klassischen Archäologie, Assyriologie und Byzantinischen Kunstgeschichte hatte den
Wunsch aus Kinderzeiten erfüllt, Archäologin zu werden. Die Dissertation 1997
„Zentrum und Peripherie. Eigenständigkeit und Abhängigkeit künstlerischen
Schaffens im neuassyrischen Einflussgebiet“ ist schon Ausdruck der Leidenschaft
für Fragen des Ineinandergreifens von Kulturen, ihrer Gedanken, Künste und Handelsbeziehungen. Der Vordere Orient im
Allgemeinen, Südarabien und speziell Jemen im Besonderen sind die Regionen, in
und zu denen Iris Gerlach arbeitet. Der
„riesige Monumentalbau“ ist der Große
Tempel von Yeha im heutigen Äthiopien,
anhand dessen sie Fragen der Baugeschichte, des Kultur- und Techniktransfers
und der überregionalen Beziehungen erforscht.
Seit 2000 ist Iris Gerlach Leiterin der DAIAußenstelle in Sana’a, der Hauptstadt der
Republik Jemen, wo sie auch deswegen
gern arbeitet, weil man hier noch archäologische Pionierarbeit leisten kann. „Das
antike Südarabien spielte in der archäologischen Erforschung alter Kulturen lange
Zeit eine untergeordnete Rolle“, erklärt
Gerlach. Selbst der hohe Klang des Wortes
„Saba“ hat daran lange nichts geändert.
Die sabäische Kultur – entstanden gegen
Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. am östlichen Rand des jemenitischen Hochlands
– in ihrer Entstehung
und Entwicklung nachzuzeichnen, ist einer
der Forschungsschwerpunkte der Archäologin. Doch Iris Gerlach
weiß, dass eine Kultur
nie etwas in sich Geschlossenes mit einer
klaren Kontur ist. „Spu-
ren der sabäischen Kultur finden sich auch
in Äthiopien“, sagt sie. „Durch die Erforschung des äthio-sabäischen Gemeinwesens auf der afrikanischen Seite des Roten
Meeres blickt man anders auf die Ursprungskultur, und im Vergleich miteinander lassen sich beide besser erklären.“
Überregionale Beziehungen gab es zu allen Zeiten, auch wenn man sich heute
kaum vorstellen kann oder will, wie mobil,
ja globalisiert, einzelne Gesellschaften in
der Antike waren, betont die Altertumswissenschaftlerin.
IRIS
GERLACH
Die Archäologin Dr. Iris Gerlach leitet seit
2000 die Außenstelle Sana’a des
Deutschen Archäologischen Instituts im
Jemen. Foto: Wannenmacher
„Bevor man anfängt, etwas zu
beurteilen, sollte man schon eine
Weile in einem Land gelebt haben.“
60 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
„Ich liebe diesen Beruf“, bringt sie das für
sich zum Ausdruck. Einmal eine Grabung
zu leiten, war immer ein großes Ziel. Das
meiste Arabisch hat sie im Feld gelernt –
und wie ist es mit dem Hin- und Herspringen zwischen Berlin und Sana’a? „Nein,
das ist kein Problem“, lacht sie. Man muss
sich einlassen auf das Land, in dem man
arbeitet, man sollte die Diplomatie beherrschen, muss wissen, was geht und was
nicht. „Bevor man anfängt, etwas zu beurteilen, sollte man schon eine Weile im
Land gelebt haben.“
Iris Gerlach ist auch und vor allem als Archäologin in zahlreichen entwicklungsund kulturpolitischen Projekten engagiert. „Das entwicklungspolitische Potential der Archäologie ist noch gar nicht
richtig erkannt“, weiß sie. Vielerorts sind
Grabungslizenzen ohnehin an die Bedingung geknüpft, einen Masterplan für die
Restaurierung von Ruinen zu erstellen
sowie einen Fundplatz touristisch zu erschließen. So werden etwa lokale Kräfte
als Touristenführer geschult. Gemeinsame Workshops zu Restaurierungsmethoden oder Ausgrabungs- und Vermessungstechniken schaffen Nachhaltigkeit.
Beim Bau des Museums in Yeha werden
Steinmetz- und Mörteltechniken als
Handwerk gelehrt. Die Frauen der Region
stellen Keramik in traditioneller Technik
her und erfahren darüber hinaus, wie
man ein Geschäft daraus machen kann.
„Archäologie ist eben nicht nur wichtig
für den Erhalt kultureller Identität“, sagt
Iris Gerlach. „Sie kann auch Beschäftigung fördern und Einkommen für die lokale Bevölkerung schaffen.“
FRIEDRICH
LÜTH
„Kulturgüterschutz“ ist ein sperriges Wort,
die Sache eine schwierige Kunst, weil man
mit einfachen Wahrheiten nicht sehr weit
kommt. „Kulturerbe-Management kann
man nur im internationalen Kontext denken und betreiben“, sagt Friedrich Lüth.
Der Archäologe ist Sonderbeauftragter für
Kulturgüterschutz des Deutschen Archäologischen Instituts, zu dessen Auftrag es
gehört, das kulturelle Erbe weltweit zu erforschen und zu schützen.
Woher aber kommt das Bedürfnis, das kulturelle Erbe zu bewahren? „Es war ursprünglich ein Anliegen von Eliten, die
sich für ihre Familiengeschichten interessieren und dort Selbstvergewisserung
und Legitimation durch Verankerung in
historischer Tiefe suchen“, erklärt Lüth.
1816 gab es hierzulande das erste Denkmalschutzgesetz, das Interesse an Altertümern stieg im 19. Jahrhundert insgesamt,
sei es auf der Suche nach Heimat, sei es im
Bestreben, exotische Abenteuer in fernen
Ländern zu erleben oder sagenumwobene Geheimnisse zu lüften.
Bei Friedrich Lüth hatte die Liebe zu den
alten Dingen in der Schule begonnen. Das
Lüneburger Gymnasium lehrte Latein und
Griechisch, der Ferienjob bei der Ausgrabung in der Heide setzte nach. „Da hat es
gefunkt.“ Das Studium der Vor- und Frühgeschichte war eine leichte Entscheidung.
Dazu kam die Geographie, und die archäologische „Heide“ Lüths wurde immer
größer. „Irgendwann bin ich im Orient
hängengeblieben.“ Er arbeitete viele Jahre
im Libanon und Syrien, im Iran, im Irak,
aber auch in Frankreich, Großbritannien,
Griechenland und Deutschland.
Schließlich wurde der Schwerpunkt seiner
Arbeit die Denkmalpflege. Lüth stand im
Dienst verschiedener Landesdenkmalbehörden, dem Landesamt in MecklenburgVorpommern bis 2006 vor, war von 1993
bis 2006 Vorstand der Landesarchäologen
und ist seit der Gründung des „Europae Ar-
DR. FRIEDRICH LÜTH ist Sonderbeauftragter für Kulturgüterschutz und Site
Management des Deutschen Archäologischen Instituts. Foto: Wannenmacher
schen in ihrer „gebauten Umwelt“, gerade
so, wie sie auch Bewohner einer Kulturlandschaft sind. Und das, was man früher
eben „Denkmalschutz“ nannte, solle man
besser als Management der Veränderungen bezeichnen. „Beim Kulturgüterschutz
geht es auch nicht darum, Momentaufnahmen der Geschichte zu konservieren“,
sagt Lüth. „Die Veränderungen gehören
dazu, und niemand würde ernsthaft wollen, dass alles so aussieht wie vor 2000
Jahren.“ Außerdem sollten ganz irdische
Überlegungen einen allzu romantischen
Blick aufs Alte hier und da korrigieren:
„Wenn man Ruinen erhält und sie unter
Schutz stellt, bedürfen sie der Pflege. Um
das finanzieren zu können, muss man sie
in bestehende Wertschöpfungsketten einbinden.“ Und was man nicht nutzen kann,
muss trotzdem irgendwer bezahlen.
Kulturerhalt ist also nicht
„nur“ Wissenschaft. Kulturerhalt ist immer auch eine –
mitunter brisante – politische, soziale und ökonomische Angelegenheit, die
häufig der Mediation bedarf,
wenn es darum geht, einen
Interessenausgleich zu finden
zwischen den Bedürfnissen heutiger Menschen – wie etwa Wohnraum in wachsenden Städten – und den ebenso berechtigten Wünschen, die Antiken zu erhalten,
die wiederum in vielen der Länder, in denen
das DAI arbeitet, nicht nur ein Anker für die
historische Selbstvergewisserung und Identitätsbildung sind, sondern auch ein eminent
wichtiger Wirtschaftszweig. „Touristische
Konzepte zu entwickeln, spielt an vielen
Grabungsplätzen des DAI eine überaus
wichtige Rolle“, erklärt Friedrich Lüth. „Tourismus ist der viertstärkte Wirtschaftszweig weltweit, das macht also Sinn.“
„Kulturerbe-Management kann
man nur im internationalen
Kontext denken und betreiben.“
chaeologiae Consilium“ (EAC) auf internationaler Ebene im Denkmalschutz engagiert – derzeit auch als Präsident der European Association of Archaeologists (EAA)
zwischen europäischen Einrichtungen in
Straßburg und Brüssel. Hier berät man
sich europäisch, was Lüths Selbstverständnis sehr entgegenkommt. „Es gibt
nicht den einen Weg“, weiß er. „Aber man
kann und sollte sich auf Standards einigen.“ Geht bei alledem nicht der Zauber
der Archäologie im Verwaltungskram unter? „Ich bin sehr zufrieden damit, als Wissenschaftsmanager bezeichnet zu werden“, erklärt er. „Sinn der Sache ist dabei
aber nicht, sich nur mit dem Management
der Angelegenheiten des internen Zirkels
zu beschäftigen. Vor allem ist es wichtig,
auch nach außen zu kommunizieren.“
Den Begriff „Denkmalschutz“ hört er eigentlich nicht so gern. Zu rückwärtsgewandt. „Es ist auch nicht das, was wir heute machen.“ Heute denkt man mehr in
Strukturen, findet er. Man sieht die Men-
Und dabei muss man gar nicht an Pyramiden und Peristyle denken. Das funktioniert auch an der Ostsee. Lüth hat den Vorsitz der Monitoring Group Cultural Heritage des Ostseerats, wo Archäologen im
Rahmen des 12 Jahre währenden SincosProjekts das Unterwasserkulturerbe einer
ganz und gar heimischen Region untersuchten. Friedrich Lüth lacht: „Da war jede
Menge Vineta ...“.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 61
ALLTAG ARCHÄOLOGIE
PIETRELE
Der Siedlungshügel „Măgura Gorgana“ war im 5. Jahrtausend v. Chr. eine imposante
Erscheinung. Der ca. neun Meter hohe Tell ragte auf der untersten Terrasse des
Donautals etwa 15 Meter über das damalige Niveau der Aue hinaus. Der Siedlungshügel war in ein Netz vergleichbarer Siedlungen an der Unteren Donau, Nordostbulgariens und Thrakiens eingebunden. Im 5. Jahrtausend v. Chr. war dieser Raum
durch die dynamische Entfaltung der Kupfermetallurgie geprägt.
Prof. Dr. Svend Hansen ist Direktor der
Eurasien-Abteilung des DAI und Grabungsleiter in Pietrele. Dr. Agathe Reingruber ist
Wissenschaftliche Mitarbeiterin der
Eurasien-Abteilung und koordiniert jedes
Jahr die Vorbereitungen für die
Grabungskampagne.
Erstmals wurden Äxte und Beile sowie zahlreiche Schmuckobjekte aus Kupfer
hergestellt. Zugleich setzte im Balkangebirge und im östlichen Serbien die
bergmännische Gewinnung von Kupfererzen ein. Pietrele war Teil eines überregionalen Austauschnetzes, das sich anhand gleichartiger Artefakte zwischen der
Nordägäis und der Walachei, der Schwarzmeerküste und Oltenien nachweisen lässt.
Die Entfernung bis zum Schwarzen Meer beträgt ca. 200 Kilometer, und ebenso
weit ist es bis nach Varna. Dort wurde in den 1970er-Jahren ein Friedhof freigelegt,
in dessen unterschiedlich reich ausgestatteten Gräbern sich die Herausbildung
sozialer Ungleichheiten zeigt.
Svend Hansen
SCHERBEN BRINGEN GLÜCK
Wie in Pietrele Schicht um Schicht eine antike Gesellschaft
zum Leben erweckt wird
UNTERKUNFT
11,5 TONNEN SCHERBEN ...
davon ausgehen, etwas verstanden zu haben“, sagt Hansen. Es
geht ja nicht „nur“ um ein paar Scherben. „Nein, es geht um die
Rekonstruktion einer antiken Gesellschaft in ihrem kulturellen Zuschnitt und in der Anverwandlung ihres natürlichen Lebensraums.“ Aus der Traum vom schnellen Glück, bei dem die Helden
ins Feld ziehen und mit Schatzkarte und Spaten – oder GPS und
SUV – ins antike Geschehen geradezu hineinstolpern und auch
sofort wissen: „Hier muss es sein ...“ Jeder Grabung gehen mitunter
langfristige und aufwändige Surveys voraus, und wenn die Forschungsgeschichte einer Region, die Anhaltspunkte über mögliche archäologische Stätten liefern könnte, noch nicht sehr ausgeprägt ist, kann das ein aufwändiges Unterfangen sein
Svend Hansen und Agathe Reingruber von der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts erklären die Vorgehensweise der Forscher: „Wir gehen in 10-cm-Schritten nach unten und graben uns bis zum Beginn der Besiedlung vor.“ Das klingt
nach mühevoller Kleinarbeit, und das ist es auch. „Es kann noch
einige Kampagnen dauern, bis wir ‚unten’ sind“, umreißt Agathe
Reingruber den Zeitraum, der noch vor ihnen liegt. Und genauso
lange dauert es, bis man anfängt zu begreifen, was es mit einem
archäologischen „Platz“ auf sich hat. „Nach zehn Jahren kann man
Vor der Phase der 10-cm-Schritte wird in der neu entdeckten Außensiedlung im Norden und Westen des Tells erst einmal mit schwerem Gerät eine meterhohe, fundleere Bodenschicht abgetragen,
erst dann kommen die feineren Instrumente zum Einsatz. Jedes
noch so kleine Stück wandert in eine Fundtüte, die gut verschlossen und beschriftet wird. Perfekte Dokumentation ist das A und O
archäologischer Arbeit: „Wenn ich nicht weiß, woher das Fundstück kommt, kann ich es genau so gut wegwerfen“, sagt Hansen.
Die Stücke werden nicht nur fotografiert, sondern auch gezeich-
Bei 50 Grad im Schatten hören die Thermometer auf zu arbeiten,
doch Schatten ist rar in der südrumänischen Walachei. Es ist Hochsommer, die Zeit, in der die Archäologen Jahr für Jahr in das kleine
Dorf Pietrele kommen. In den Ferien dient die Schule des Ortes als
Grabungshaus. 50 Zelte stehen dann um das einfache Gebäude
herum, für jeden eines, zwei Busladungen Material und technisches Gerät sind herbeigeschafft worden, ebenso die Koffer der
Mitarbeiter, die aus aller Welt kommen: aus Berlin, Sofia, aus Georgien, der Türkei, den USA und je nach Kampagne aus verschiedenen anderen Ländern. Das alles muss koordiniert werden.
62 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
In 50 Zelten, gruppiert um das Schulhaus von Pietrele, wohnen die Archäologen während einer Kampagne. Die Duschen sind selbst gebaut.
ORDNUNGSARBEITEN
Gleich nachdem sie geborgen sind, müssen die Funde sorgfältig dokumentiert werden.
Fotos: DAI – Eurasien-Abteilung
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 63
ALLTAG ARCHÄOLOGIE
PROVISORIUM
Das Schulhaus von Pietrele dient den Archäologen in den Sommerferien als Grabungshaus.
net. Eine Zeichnung ist dem Foto bei der Abbildung bestimmter
struktureller Merkmale der Artefakte überlegen, das Foto ist genauer bei der Wiedergabe von Oberfläche und Farbe. Zwei Mal
wird gewaschen, einmal entsintert, Knochen, Muscheln, Scherben
werden sortiert, gewogen, gemessen, gezählt. Einmal haben zwei
Frauen aus der Gruppe 5200 Muscheln ausgezählt. Doch was auf
den ersten Blick wie dokumentarischer Selbstzweck aussieht, bietet reiche Aufschlüsse über die Lebensweise der antiken Gemeinschaft: die Organisation der Arbeit, die Nahrungsgewohnheiten
und sogar die antike Landschaft, die klimatisch und topografisch
eine ganz andere war als die heutige.
nen Scherben sind in Pietrele bislang gefunden – eine Tonne pro
Jahr – 400.000 Scherben und 1.649 vollständige Gefäße.
Es sind aber nicht nur einzelne Scherben, die die Archäologen finden. Manchmal sind auch ganze Gefäße dabei, manchmal lassen
sie sich auch aus einzelnen Scherben zusammensetzen. 11,5 Ton-
Um halb sieben fährt der Bus die viereinhalb Kilometer vom Dorf zur
Grabung. Gearbeitet wird in zwei Gruppen. Die einen graben, die
anderen dokumentieren, keramische Funde werden sofort bear-
„Das ist nicht so viel, wie es sich anhört“, erklären die Archäologen.
„Man muss sich vor Augen halten, dass alles, was wir heute in Plastikgefäßen, Flaschen, Gläsern, Dosen, Papier und Karton aufbewahren, früher in Keramikgefäßen gelagert wurde.“ Sicher gab es
auch Holz- und Textilbehälter oder Körbe, aber die sind nach 6000
Jahren nun einmal verschwunden.
DER TAG
PAUSE Für das leibliche Wohl sorgt eine Köchin mit einem kleinen
Catering-Betrieb
MATCH Wenn es nicht zu heiß ist, wird in der Freizeit Fußball gespielt.
Fotos: DAI – Eurasien-Abteilung
beitet. Bei der Menge an Material wäre es fatal, die Dokumentationsarbeit auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. „Früher war das
in der Archäologie gang und gäbe“, sagt Hansen. Das konnte vielleicht funktionieren, wenn man ein gutes Tagebuch hatte. Heute
aber ist es Standard, mit der Dokumentation stets à jour zu sein.
AM ANFANG DAS ABENTEUER
Bis 14.30 Uhr wird gegraben, danach ist frei, warmes Abendessen
gibt es um 19 Uhr. „Unsere Köchin ...“ sagen die Archäologen. Was
so kolonial klingen könnte, ist eher die Beschreibung eines kleinen Catering Service. Die Köchin hat zwei Assistenten, wohnt bei
der Schule, wo sie für die 50 Leute auch kocht und das Essen anschließend an Mann und Frau bringt. Auf dem Speiseplan stehen
Kartoffeln und Gemüse, Spiegelei mit Pommes, gefüllte Paprika.
Hähnchenkeule mit Püree, Erbsen und Würstchen, gebackene
Zucchini mit Knoblauchsauce. Das Frühstück besteht aus weißem
Käse zum Brot, Tomate, Paprika, Nutella, Marmelade oder Biomüsli aus dem Drogeriemarkt. Fleisch ist rar, nur an den Wochenenden
wird gelegentlich ein Schaf gegrillt. Ein großes Forschungsinstitut
wie das DAI ist an den Plätzen, an denen es arbeitet, immer auch ein
Arbeitgeber. Die jungen Männer, die als Grabungsarbeiter angeheuert werden, haben in schwierigen Zeiten kaum Chancen, einen guten Arbeitsplatz zu finden. Und haben sie einmal Feuer
gefangen bei der archäologischen Arbeit, geben sie zuhause gern
die Erfolge des Tages zum Besten: „Stellt Euch vor, wir haben heute
ein Superblade gefunden ...“.
Inzwischen laufen die Arbeiten mit einer guten Routine. „Anfangs
war es Abenteuer mit wenig Geld und vielen Hindernissen“, erzählt Agathe Reingruber von den Anfängen. Das Pilotprojekt wurde 2002 durchgeführt, die erste Kampagne 2004, und dann gab es
außer den wissenschaftlichen auch ganz praktische Fragen zu
beantworten: Wie baut man eine Dusche? Was tun, wenn bei Regen der Strom ausfällt? Für den Brunnen mussten die Archäologen 40 Meter tief bohren. „Es war ein Alptraum“, erinnert sich Reingruber. Und wo heute vier Supermärkte und ein großer Drogeriemarkt für den täglichen Bedarf zur Verfügung stehen, gab es anfangs einen winzigen Dorfladen, in dem vorwiegend Schnaps
verkauft wurde.
Einmal pro Kampagne regnet es. Das lindert zwar die hochsommerliche Hitze, aber der Regen hat es in sich. „Sie haben dann vier
Minuten, um von der untersten Donauterrasse auf die oberste zu
kommen“, lacht Svend Hansen. Sonst wird es so schlammig und
glatt, dass Mensch und teures Gerät einfach steckenbleiben. Alle
flüchten so schnell sie können, in die Schule. Die meisten sind
nass geworden und dampfen auf engstem Raum. In solchen Fällen verordnet der Grabungsleiter Pizza in der Kreisstadt.
sw
SPATEN, KELLE, ERSTANSPRACHE
Die Archäologen gehen in 10-cm-Schritten nach unten und graben sich bis zum Beginn der Besiedlung vor. Es wird noch einige Kampagnen dauern, bis
sie „unten“ sind. Am Beginn der Grabungsarbeit kommt mitunter schweres Gerät zum Einsatz, ein Bagger hebt die „Pflugschicht“ ab, nachdem eine
Koordinaten unterteilt, markiert, fotografiert, die Umrisse des Schnitts gezeichnet im Maßstab 1 : 100, die Teilblätter 1 : 20; man darf auch nicht vergessen,
Höhenunterschiede einzutragen, markierte Befunde werden nummeriert und eingezeichnet. Schließlich werden die Stücke beschrieben: ihre Form, die
Sondierungsgrabung, eine geomagnetische Prospektion oder eine Untersuchung mit dem Georadar stattgefunden hat, um festzustellen, ob man an der
richtigen Stelle gräbt und um so wenig wie möglich zu zerstören. Die entstehende rechteckige Grube ist der Grabungsschnitt. Die Schnittkanten werden
per Spaten gerade abgestochen, die Fläche selbst glatt geschoben, und mit „Archäologenkellen“ erfolgt der Feinputz auf der gesamten Fläche des Schnitts.
Ausrichtung, Größe und Lage, die Zusammensetzung und ihre vermutliche Funktion. Die Archäologen nennen dies die „Erstansprache“. Nun wird Schicht
für Schicht abgetragen, wieder werden Koordinaten aufgenommen, nivelliert, gezeichnet und fotografiert. Irgendwann ist erkennbar, was der Fund sein
könnte, die nächste Schicht wird abgetragen – und dann noch einmal ganz genau beschrieben. Das nennen die Archäologen die „Endansprache.
Jeder Schnittleiter führt eine Dokumentationsmappe, in der die einzelnen Grabungsschnitte akribisch festgehalten werden. Es wird gemessen und in
Fotos: DAI Eurasien-Abteilung
64 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 65
STANDORT
SPUREN DER JAHRTAUSENDE
Die Römisch-Germanische Kommission in Frankfurt am Main
Die Römisch-Germanische Kommission wurde 1902 gegründet,
um das römische Erbe und darüber hinaus die gesamte „heimische“ Vorgeschichte Europas zu erforschen. Das bedeutet heute
– nach 110 Jahren Kooperationen in einem immer enger zusammenwachsenden Europa – natürlich etwas anderes als zur Zeit
der Reiche und Empires. Ein gemeinsames Europa also ist der
Hauptforschungsgegenstand der RGK in Frankfurt am Main, die
mit eigener Satzung unter dem Dach des Deutschen Archäologischen Instituts arbeitet. Die ältesten Perioden Europas markieren den zeitlichen Ausgangspunkt der Forschung, die über die
66 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Metallzeiten bis schließlich ins Mittelalter reicht. Ein Schwerpunkt ist die Arbeit zu den großen weit verzweigten Gruppen
der Kelten in Mittel- und Westeuropa; das „römisch“ im Namen
der RGK leitet sich von den Projekten provinzialrömischer Archäologie mit Limesforschung und Kulturaustausch zwischen
den Eroberern aus dem Süden und den ansässigen Gruppen ab.
Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen sowie Institutionen des Denkmalschutzes sind selbstverständlich wie zum Beispiel im größten der internationalen Kooperationsprojekte „ArchaeoLandscapes Europe“,
DIE STANDORTE DES DEUTSCHEN
ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTS
www.dainst.org/de/department/rgk
[email protected]
dem 57 Forschungsinstitute aus 27 Ländern angehören, um das
gemeinsame kulturelle Erbe mit modernsten luftgestützten Forschungsmethoden in den Blick zu nehmen und so letztendlich bewahren zu können.
Ein anderes bedeutendes Projekt ist „Herausbildung und Niedergang des frühbronzezeitlichen Siedlungszentrums von Fidvár bei
Vráble (Südwestslowakei)“, in dem Untersuchungen zu Wirtschaft,
Sozialstruktur und politischer Organisation eines Sozialverbandes
und seines Umfeldes in internationaler Kooperation duchgeführt
werden.
Berlin
Kairo
Bonn
Jerusalem
München
Amman
Frankfurt am Main
Sana´a
Athen
Peking
Istanbul
Baghdad
Rom
Damaskus
Lissabon
Ulaanba_atar
Madrid
Teheran
Das DEUTSCHE ARCHÄOLOGISCHE INSTITUT (DAI)
ist eine wissenschaftliche Einrichtung, die als Bundesanstalt zum Geschäftsbereich
des Auswärtigen Amts gehört. Das Institut mit Zentrale in Berlin und mehreren Kommissionen und Abteilungen im In- und Ausland führt archäologische Ausgrabungen
und Forschungen durch und pflegt Kontakte zur internationalen Wissenschaft. Das
Institut veranstaltet wissenschaftliche Kongresse, Kolloquien und Führungen und informiert die Öffentlichkeit über seine Arbeit.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 67
PANORAMA
DER ERSTE
WEIN
DER DIGITALE PFLANZENATLAS
Der Digitale Pflanzenatlas ist ein seit 2006 laufendes
internationales Projekt, das einen Beitrag zur Identifikation
von Samen, Früchten, unterirdischen Pflanzenteilen,
Stängelfragmenten, usw. leistet. Die Pflanzenteile werden
mit Farbfotos illustriert, die mit Maßstab und wissenschaftli-
Archäobotanische
Aufschlüsse über
5000 Jahre Kultur
1980 feierte die Deutsche Bundespost
„Zwei Jahrtausende Weinbau in Mitteleuropa“ mit einer Briefmarke. Damit gehört
die heimische Region zu den Nachzüglern
bei der Kultivierung der Reben. Auch in
Griechenland, wohin der Kenner gesamteuropäischer Rebenkultivierung gern blickt,
wenn es um Weinkultur geht, sind weder
Anfang noch Ursprung seines Anbaus zu
finden, wie lautstark auch der „Weingott“
Dionysos und sein Gefolge die „wahre“ Geschichte übertönen mögen.
Die wahre Geschichte beginnt wohl im
Übergang vom 4. zum 3. vorchristlichen
Jahrtausend im Gebiet der heutigen Länder Iran und Irak und vor allem im nordwestlichen Jordanien, wo es auch Nachweise für eine frühe Obstbaumkultur gab
– Belege für den Anbau von Oliven sogar
schon seit dem 5. Jahrtausend. Von dort
breitet sich die Weinkultur über Syrien
und die Türkei aus, bis sie im 2. Jahrtausend v. Chr. Griechenland erreicht, um sich
von dort aus über die gemäßigten Zonen
Europas auszubreiten. „Die bislang frühesten eindeutigen archäobotanischen Belege besitzen wir vom Tell Hujayrat al-Ghuzlan in der Nähe von Aqaba im Süden Jordaniens“, sagt Reinder Neef, der das archäobotanische Labor des DAI leitet.
Hier entstand bereits in prähistorischer
Zeit eine ausgeklügelte Oasenwirtschaft
mit einem verzweigten Kanalsystem, das
von einer artesischen Quelle gespeist wird.
Damit konnten größere Flächen in einem
nahezu regenfreien Gebiet landwirtschaftlich genutzt und damit dauerhaft
besiedelt werden. Technische Innovationen und Änderungen in der Sozialstruktur
gehen hier Hand in Hand, und es ist eines
68 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
chen Namen versehen sind. Daneben werden die einheimischen Namen der Pflanzen in mehreren Sprachen aufgelistet. Der Erwerb des Buches berechtigt zum Zugang zu teils
gesicherten Websites des Projekts. Dort werden auch
zusätzliche Daten (Fotos, digitale Messdaten etc.) der
ZUERST SCHIENEN es Traubenkerne zu sein. Aber unter dem Mikroskop erkannten die
archäologisch gefundenen oder „subfossilen“ Samen und
Archäobotaniker, dass es ganze Trauben in getrockneter Form waren: 5600 Jahre alte
Rosinen. Foto: DAI Orient-Abteilung, Eichmann
Früchte zur Verfügung gestellt.
breitungsgebietes vorkommt, können wir
davon ausgehen, dass wir es mit einer kultivierten Form zu tun haben“, sagt Neef –
wilden Wein gab es vor allem im nördlichen Mittelmeerraum, am Schwarzen und
wohl am Kaspischen Meer.
Abb.: Digital Atlas of Economic Plants in
Archaeology
der großen Forschungsthemen in der Archäologie, den Beginn solcher Entwicklungen bestimmen zu können. Hierbei
kann die Archäobotanik verlässliche Indikatoren liefern, wenn zum Beispiel die
Analyse botanischer Makroreste und Pollen für eine bestimmte Region ausschließlich kultivierte Pflanzen aufweist. Eingefügt in den archäologischen und botanischen Gesamtkontext können die Forscher
dann auch bestimmen, ob es sich bei den
Pflanzen um einheimische Wildarten oder
um Kultursorten handelt. „Wenn eine
Pflanze außerhalb ihres natürlichen Ver-
Gefunden wurden diese ältesten Nachweise kultivierten Weins im Jahr 2003 von
den Archäologen der Orient-Abteilung
des DAI. In einem Gefäß waren mehrere
Tausend verkohlte kleine schwarze Kerne
aufbewahrt. „Diese ‚Kerne’ stammen aus
der Zeit zwischen 3800 und 3600 v. Chr.“,
erklärt Neef. Eine Brandkatastrophe hatte
den spektakulären Fund ermöglicht. „Normalerweise werden die meisten Pflanzenreste im Laufe der Jahrtausende zerstört“,
erklärt der Archäobotaniker. „Wenn aber
Pflanzenreste bei einem Feuer durch Mangel an Sauerstoff nicht vollständig zu
Asche verbrennen, weil sie durch andere
Materialien bedeckt werden, gewinnen
wir sehr gutes Untersuchungsmaterial.“
Als die Archäobotaniker den Inhalt des
Gefäßes in Augenschein nahmen, hielten
sie kleinen schwarzen Gebilde zunächst
für Traubenkerne. „Aber was würde es für
einen Sinn machen, auf diese Weise Weintrauben zu lagern?“, fragt Neef. In der mikroskopischen Analyse entdeckten sie
schließlich Fruchtstiele und winzige Stücke der Fruchtschale – wo aber Trauben im
Gefäß keinen Sinn machen, tun Rosinen es
allemal. Ob die Früchte auch in Hujayrat
angebaut wurden, ist nicht klar erwiesen.
„Sicher könnten wir sein, wenn wir auch
Reste vom Holz des Weinstocks gefunden
hätten“, erklärt Neef. Die aber fehlten hier.
Wahrscheinlicher ist, dass die Rosinen ein
Handelsgut aus Mitteljordanien waren.
„Wir wissen, dass es sogar Kontakte bis
zum Nildelta und insgesamt einen intensiven Austausch an Gütern und Denkweisen
gab“, sagt Neef, und Hujayrat al-Ghuzlan
war ein wichtiger Handelsknotenpunkt.
Rosinen lassen sich gut transportieren,
ebenso wie Oliven, Öl oder Wein, wenngleich der nicht so haltbar war wie die anderen Handelsgüter und wohl mit Zusät-
DRS. REINDER NEEF leitet das
Labor für Archäobotanik im
Naturwissenschaftlichen
Referat des DAI.
www.pflanzenatlas.eu
zen versehen werden musste. „Wir wissen
nicht, wie dieser Wein geschmeckt hat“,
sagt Neef. „Aber bestimmt nicht so, wie wir
es heute gewohnt sind.“
Das Labor für
Archäobotanik
Botanische Proben aus 28 Ausgrabungen
in 17 Ländern werden von den Archäobotanikern des DAI bearbeitet. Sie untersuchen bodengelagerte Pflanzenmakroreste
DIE VERGLEICHSSAMMLUNG DES LABORS:
Die Sammlung rezenter Samen und Früchte
enthält momentan ca. 5150 unterschiedliche
Pflanzenarten.
wie Samen, Früchte und Holz, deren Auswertung Aufschlüsse zu Ernährung und
Entwicklung der Kulturpflanzen sowie der
Landwirtschaft, des Handels, der Nutzung
natürlicher Ressourcen und der Umweltverhältnisse in vor- und frühgeschichtlicher Zeit ermöglichen. Pollenanalysen liefern zusätzlich detaillierte Informationen
zur Vegetationsgeschichte und Klimaentwicklung. Der Übergang von Jäger-undSammlerkulturen zur Sesshaftigkeit mit
Ackerbau und Viehzucht und der bislang
wenig erforschte Beginn der Oasenwirtschaft während der frühen Metallzeiten
sind Forschungschwerpunkte des Labors.
Insgesamt lassen sich durch die Rekonstruktion der antiken Flora – seien es wilde
oder kultivierte Arten – Erkenntnisse zu
den Wechselbeziehungen Mensch und
Umwelt gewinnen.
Für die Bestimmung von Pflanzenresten
stehen umfangreiche Vergleichssammlungen zur Verfügung. Die Sammlung rezenter Samen und Früchte enthält momentan
ca. 5150 unterschiedliche Pflanzenarten,
für die Bestimmung der Hölzer gibt es
eine Sammlung von Handstücken und
Dünnschnitt-Präparaten von ca. 250 Holzarten. Auch für die Pollenanalyse steht
eine Sammlung von Vergleichspräparaten
von mehr als 1400 Pflanzenarten zur Verfügung. Dazu kommt außerdem eine
Sammlung aus den 30er-Jahren von Steinfrüchten alter Obstbaumtaxa aus der so
genannten Späth’schen Baumschule.
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 69
„URUK. 5000 Jahre
Megacity“
König Gilgamesch, der jugendliche Halbgott, regiert tyrannisch über seine Untertanen, und deren Klage erreicht alsbald
das Ohr der Götter. Um dem Land und der
Bevölkerung Ruhe zu verschaffen, beschließen die Götter, einen ebenbürtigen
Gefährten für Gilgamesch zu finden. Sie
erschaffen Enkidu, der unter den Tieren in
der Wildnis aufwächst. Als Gilgamesch
von dessen Existenz erfährt, lässt er ihn zu
sich bringen, und die beiden Helden messen sogleich ihre Kräfte. Doch sie müssen
bald feststellen, dass keiner von beiden
die Oberhand gewinnen kann; also beschließen sie, Freunde zu werden. Die Geschichte des Gilgamesch ist hier nicht zu
Ende. Ihren Anfang hat sie in seiner Heimatstadt: Uruk.
Vor 100 Jahren fanden Archäologen die erste Großstadt. Im mesopotamischen Uruk,
dem heutigen Warka, kamen die ersten
Zeugnisse urbanen Lebens ans Tageslicht.
Anlässlich des 100. Jubiläums des Grabungsprojekts präsentieren das Vorderasiatische Museum der Staatlichen Museen
zu Berlin und die Reiss-Engelhorn-Museen
Mannheim in enger Kooperation mit der
Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts und der Deutschen
Orient-Gesellschaft die Sonderausstellung
„URUK. 5000 Jahre Megacity“.
1954 hatte die irakische Antikenverwaltung die Forschungslizenz an das Deutsche Archäologische Institut übertragen.
DER SOGENANNTE PRIESTERFÜRST
wurde um 3000 v. Chr. in einem Topf
deponiert und im Winter 1957/58 so
wieder aufgefunden. Foto: DAI,
Orient-Abteilung, Fotoarchiv
II
3DREKONSTRUKTION des „Gebäudes C“ auf der Basis der archäologischen
Befunde. Unklar bleibt, ob das Gebäude ein- oder zweigeschossig zu rekonstruieren ist. Abb.: Rekonstruktion: artefacts-berlin.de, wissenschaftliches Material: DAI
II
DIE ERSTE
GROSSSTADT
Für die Orient-Abteilung ist es seitdem das
wichtigste Forschungsprojekt im Irak.
Uruk bietet eine beeindruckende Zahl
wichtiger Innovationen, die unser Leben
noch heute bestimmen: Mit der Entwicklung der ersten Großstadt am Ende des 4.
Jahrtausends v. Chr. ging die Entstehung
komplexer Lebens- und Verwaltungsformen einher. Massenversorgung von Menschen mit Lebensmitteln und Alltagsgerät, aber auch die Organisation von Wasser, Importgütern und Knowhow wurden
wichtige Funktionen der Stadt. Hier entstand die erste Keilschrift als Notwendig-
I
keit einer elaborierten Verwaltung, und
vor allem im 4. Jahrtausend v. Chr. spielte
Uruk eine wichtige politische Rolle und
war international weiträumig vernetzt. In
den folgenden mehr als 3000 Jahren ihrer
Existenz war die Stadt ein wissenschaftlich
und religiös bedeutendes Zentrum.
Die Ausstellung
„URUK. 5000 Jahre Megacity“ wird vom 25.
April bis 8. September 2013 im Pergamonmuseum zu sehen sein und vom 20. Okto-
ber 2013 bis 21. April 2014 in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen.
Durch die damals übliche Praxis der Fundteilung gelangten zahlreiche Grabungsobjekte nach Deutschland, wo sie nicht
nur im Vorderasiatischen Museum im Pergamonmuseum, sondern auch in der von
der Universität Heidelberg betreuten
Uruk-Warka-Sammlung des Deutschen
Archäologischen Instituts aufbewahrt
werden. Dank der einzigartigen Kooperation der vier Institutionen werden erstmals Objekte getrennter Sammlungen
den Ausstellungsbesuchern vereint präsentiert. Diese werden durch hochkarätige Exponate unter anderem aus dem British Museum London, dem Ashmolean
Museum der Universität Oxford und dem
Musée du Louvre Paris sowie durch neu
erstellte digitale Rekonstruktionen der
Stadtanlage und einzelner Bauwerke ergänzt. In Berlin, der ersten Station, wird
die Sonderausstellung in einem Teil der
ständigen Ausstellung des Vorderasiatischen Museums im Südflügel des Pergamonmuseums präsentiert werden. Dort
veranschaulichen bereits seit der Eröff-
nung im Jahr 1930 die Rekonstruktionen
von über 5000 Jahre alten Tonstiftfassaden die repräsentative Großarchitektur,
die in Uruk mit den Anfängen großstädtischen Lebens einherging. Im Rahmen der
Sonderausstellung „URUK. 5000 Jahre Megacity“ werden diese frühesten Beispiele
von Großstadtanlagen gemeinsam mit
den neu erstellten virtuellen Rekonstruktionen inszeniert.
Veranstalter: Vorderasiatisches Museum , Reiss-Engelhorn Museen Mannheim , Deutsches Archäologisches
Institut, Deutsche Orient-Gesellschaft
KÖNIG URNAMMA errichtete eine
Zikkurrat im Heiligtum der
Liebes- und Kriegsgöttin Inanna /
Ischtar (21. Jh. v. Chr). Ihr Tempel
stand auf zwei hohen Terrassen.
3D-Rekonstruktion von
artefacts-berlin.de, wissenschaftliches Material: DAI
70 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 71
PANORAMA
I BEISPIEL für die berühmte Architektur der „Uruk-Zeit“: Das „Gebäude C“ (um
3300 v. Chr.) ist nur wenige Ziegellagen hoch erhalten. Foto: DAI, Orient-Abteilung, Fotoarchiv
In der nächsten Ausgabe von Archäologie Weltweit
IMPRESSUM
Archäologie Weltweit
Magazin des Deutschen
Archäologischen Instituts
1. Jahrgang / 1 • 2013
DER STEIN der schwangeren Frau (Hadschar al-Hibla) oder
Stein des Südens (Hadschar al-Qubla) in Baalbek im heutigen
Libanon ist einer der größten Monolithen der Welt. Er und ein
ähnlich großer Stein, der in der Nähe gefunden wurde, gehörten zu einer römischen Großbaustelle im Tempelbezirk von
Baalbek und waren für das Podium des Jupitertempels bestimmt. Der bearbeitete Steinblock ist rund 20 Meter lang, vier
bis gut fünf Meter breit und etwas über vier Meter hoch. Sein
Gewicht wird auf rund 1000 Tonnen berechnet. Den Steinbruch hat er nie verlassen. Foto: Klaus Rheidt
GROSSBAUSTELLEN
Megacities, Weltwunder und andere Monumente
HERAUSGEBER
Deutsches Archäologisches Institut
www.dainst.org
ORGANISATION, TEXT
UND REDAKTION
Wortwandel Verlag
Susanne Weiss (sw)
[email protected]
www.wortwandel.de
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SCHÜTZ BRANDCOM Agentur für
Markenkommunikation GmbH
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www.schuetz-brandcom.de
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Prinzessinnenstr. 30 • 10969 Berlin
www.bleifrei-berlin.de
DRUCK
Königsdruck Produktion
Alt-Reinickendorf 28 • 13407 Berlin
www.koenigsdruck.de
VERTRIEB
Deutsches Archäologisches Institut
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Nicole Kehrer
Podbielskiallee 69–71 • 14195 Berlin
[email protected] • www.dainst.org
72 _ ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT _ 73
In der nächsten Ausgabe von Archäologie Weltweit
GROSSBAUSTELLEN
Megacities, Weltwunder und andere Monumente
ARCHÄOLOGIE WELTWEIT
Orte und Themen in dieser Ausgabe
Ägypten, Kairo, Dahschur
TITELTHEMA Seite 54
Ägypten, Elephantine
Türkei, Göbekli Tepe
Westchina, Turfan
China, Peking
REPORTAGE
INTERVIEW
Seite 16
CULTURAL HERITAGE
LANDSCHAFTEN
LANDSCHAFTEN
Jemen, Marib TITELTHEMA
Italien, Rom TITELTHEMA
Seite 32
Peru, Nasca TITELTHEMA
DAS TITELBILD
Der große Damm der Oase von Marib im
heutigen Jemen ist ein Zeugnis elaborierter
Wasserwirtschaft in extrem trockenen Gebieten.
Der sogeannte Bau A ist ein hydraulisches
Bauwerk aus dem frühen 1. Jahrtausend v. Chr.
Es besitzt drei zur Stromrichtung abgerundete
Pfeiler und dazwischen eine massive Steinmauer, die bei zu hohen Fluten als Überlauf
diente. Luftaufnahme, DAI/Deutsches
Bergbau-Museum Bochum
Seite 44
Seite 48
Spanien, Córdoba TITELTHEMA
Seite 50
Seite 57
Seite 62
Seite 18
Seite 26
Seite 42
Saudi-Arabien, Tayma TITELTHEMA
Rumänien, Pietrele
ALLTAG ARCHÄOLOGIE
Seite 10
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